Wildpark Enghagen: Geschäfte mit dubiosen Tierhändlern

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Wildpark Enghagen: Geschäfte mit dubiosen Tierhändlern
Wildpark Enghagen: Geschäfte mit dubiosen Tierhändlern
Zwischenlager eines europaweiten Tierhändlerringes?
(Stand 27.06.2012)
„Josef Streicher hat zuvor als Tierhändler gearbeitet.“
(2)
Im Dezember 2006 veröffentlicht die
deutsche Tageszeitung „Freie Presse“
einen Bericht über die Abgabe zweier
europäischen Wölfen aus dem Tierpark
Hirschfeld an einen „Tierpark HerneSpielfeld“ in Österreich.
Im Zeitungsartikel heißt es:
„Die zwei Welpen aus dem am 28. Mai geborenen fünfköpfigen Nachwuchs wurden auf die Reise nach
Österreich geschickt, wo sie im Tierpark Herne-Spielfeld ihr neues Domizil erwartet.“ (1)
Eigentlich ist so eine Abgabe an einen österreichischen Tierpark nichts Ungewöhnliches, wenn es da nicht ein
Problem gäbe. Österreich hat keinen „Tierpark Herne“! Aber wohin sind die Wölfe dann tatsächlich verbracht
worden? Im Zeitungsartikel heißt es dann etwas genauer:
„Dann ging die Post ab zum 500 Kilometer entfernten Herne-Spielfeld. Den Transport hatte Josef Streicher, ein Landwirt aus dem Alpenland, übernommen, der auf solche Tierbeförderungen spezialisiert ist.
Er betreibt selbst einen Tierpark Neukirchen im Dreieck Linz, Salzburg und Passau.“ (1)
Josef Streicher, der Monate später (im Februar 2007) den Wildpark Enghagen übernehmen wird, hat diesen
Transport durchgeführt. Wir fragten 2006 telefonisch nach, wo denn die Wölfe tatsächlich verblieben sind. Herr
Streicher gab damals keine Auskunft.
Weiter heißt es im Zeitungsartikel:
„Froh ist Ramona Demmler, dass sie jetzt zwei von den fünf Wolfswelpen abgeben konnte. Vor allem
aber freut sie sich darüber, dass der neue Besitzer, Chris Bievenu, nicht nur den Rüden, sondern auch
eine Fehe genommen hat.“ (1)
Wir fragen bei der Chefin des Tierparkes Hirschfeld, Ramona Demmler, nach: Wo sind die Wölfe denn nun gelandet? Erst nach langem Zögern erfahren wir mehr. Die Wölfe wurden von Herrn Streicher (Zwischenhändler) gekauft und dann an das belgischen Tierhandelsunternehmen „Herne Breeding Centre“ weiter verkauft. Die zwei
Wölfe (1,1), zwei Geschwister, sind also nicht in einem seriösen Tierpark gelandet, wie man der Öffentlichkeit
vorgemacht hat, sondern wieder nur bei einem weiteren Tierhändler. Chris Bievenue ist Besitzer des „Herne
Breeding Centre“.
Wir fragen auch telefonisch beim Center in Belgien nach, was denn nun mit dem Wolfspaar geschieht? Herr Bievenue sagt uns am Telefon, er wolle mit dem männlichen und weiblichen Wolf eine Zucht beginnen. Als wir die
Glaubwürdigkeit seines Vorhabens direkt in Frage stellten, da beide Geschwister sind, legt Herr Bievenue plötzlich
auf. Später will er, so schriftlich, von uns nicht mehr belästigt werden. Was mit den zwei Wölfen wurde, ist bis
heute nicht mehr zu ermitteln. Wir vermuten Schlimmeres.
Wir fragen nochmals beim deutschen Tierpark nach und wollen wissen, warum im Zeitungsartikel nur die Rede
von einem Österreichischen Tierpark in Neukirchen ist, den es als einen öffentlich zugänglichen Tierpark aber
auch so nicht gibt. Frau Demmler berichtet schließlich, dass Herr Streicher die Wölfe erst für sich kaufen wollte
aber dann bei der Abholung meinte, die Wölfe sind doch für jemanden anderen. Trotz der vielen offensichtlichen
Ungereimtheiten gab Frau Demmler ihre Wölfe dennoch ab.
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Nochmals aus dem Zeitungartikel:
„In den Tierparks sind nur Rüden gefragt, Mit den Weibern ist das nämlich ziemlich schwierig.“ (1)
Auf unsere Frage nach ihrer moralischen Verantwortung für das spätere Wohlbefinden der Individuen, wehrt sich
Frau Demmler und weist jede Verantwortung und Kritik von sich.
Sie sagt (Gedächtnisprotokoll): „Herr Streicher hat einen Wildpark. Das habe ich im Internet recherchiert ... und
er ist Mitglied im Wildgehege-Verband.“ Auch wir prüfen nach, ob Herr Streicher mit einem Wildpark im Verband
aufgelistet ist. Und tatsächlich.
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Internetseite „Deutscher-Wildgehege-Verband e. V.“ (vom 17.02.2012)
Satelliten-Foto: Google Earth 2012
Internetseite „Deutscher-Wildgehege-Verband e. V.“ (vom 17.02.2012)
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Auf der Verbandshomepage und in deren Liste der Verbandsmitglieder findet man das „Tier- und Wildgehege“
von Herrn Streicher. Der Eindruck von Glaubwürdigkeit und Seriösität ist gegeben. Doch die Realität sieht ein
wenig anders aus.
Bei unserer Recherche finden wir unter der im Gehegeverband angegebenen Adresse, „Pichl 71 in 4850 Puchkirchen“, nur eine sehr nahe Verwandte von Herrn Streicher.
Pichl 71
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Puchkirchen
Satelliten-Foto: Google Earth 2012
Sucht man im Internet weiter, findet man weitere Adressen von Herrn Streicher. Wie diese hier:
Auch zu dieser Adresse hilft uns das Internet weiter. In unmittelbarer Nähe des Hauses der nahen Verwandten,
deren Adresse beim „Wild- und Gehegeverband“ angegeben ist, finden wir die von der Behörde angegebene
Adresse mit dem Straßennamen „Kolopfern“.
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Kolopfern 2
Pichl 71
Satelliten-Foto: Google Earth 2012
Doch findet man nun dort das eigentliche öffentlich zugängliche „Tier- und Wildgehege Kolopfern“ vom Herrn
Streicher, auf das sich der Tierpark Hirschfeld als eine seriöse Adresse berief?
Auf Nachfrage in der Nachbarschaft erhalten wir immer wieder dieselbe Antwort. Ein typisches „Tier- und Wildgehege“ gibt es hier nicht. Herr Streicher hat lediglich, wie jeder österreichische Landwirt, ein paar Tierweiden.
Ist eine „Tierweide“, als ein seriöser Tierpark zu bewerten? Ein Tierpark, auf den sich der Tierpark Hirschfeld bei
der Abgabe seiner zwei Wölfe letztendlich nur durch eine Verbandmitgliederliste berief. Und auch der Tiergarten
Heidelberg hielt den „Tierpark Kolopfern“, an den er 2006 zwei Rohrkatzen abgab, offenbar für seriös.
Verein der Tiergartenfreunde „Zoo aktuell“ 3/ 2006
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Fragwürdige Geschäftspartner
Bereits 2004, also zwei Jahre vor dem Wolfsdeal mit dem Tierpark Hirschfeld, warnte
der europäische Zooverband (EAZA) bereits vor Tierhandelsgeschäften mit Chris Bievenue´s vom „Herne Breeding Centre“. Denn besonders bezeichnend waren Herr Bievenue Aussagen, bei einer verdeckten Recherche einer englischen Tageszeitung, zum
Weiterverkauf des von ihm erworbenen Nachwuchses aus europäischen Zoos:
„Mir ist egal, was mit den Tieren passiert, ich verkaufe sie nur. Was der Käufer dann mit
ihnen macht, selbst wenn er sie isst, geht mich nichts an.“
Klicken Sie auf das Bild! (PDF)
Doch diese Warnungen waren offenbar für Herrn Streicher kein Hindernis, Tierhandelsgeschäfte mit Herrn Bievenue zu bestreiten. Aber nicht nur zu diesem fraglichen Tierhändler hatte Herr Streicher Kontakt.
Auch zum dubiosen deutschen Tierhändler Werner Bode pflegte Herr Streicher offensichtlich enge Bande, wie der
Auszug aus einem Zuchtbuch zeigt. Und wieder taucht als Name „Tier- und Wildgehege Kolopfern“ auf.
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Zu Herrn Bodes „bedeutende“ und ebenso fragwürdige Rolle im deutschen Tierhandel gibt es
viel mehr zu schreiben. Doch dies würde diesen Platz hier sprengen. Nur so viel, Herr Bode
hatte vor einigen Jahren nachweislich Kontakt zu einem belgischen und deutschen Zootierschlachter. Und immer wieder verschwanden Tiere aus deutschen Zoos (Zoo und Tierpark
Berlin), nachdem sie Herr Bode übernahm, spurlos.
Über die Geschichte und Tätigkeit von Tierhändler Werner Bode haben wir bereits in einer
ausführlichen Dokumentation berichtet. HIER können Sie in der Dokumentation nachlesen
und sich ein eigenes Bild machen.
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Heute
Offenbar ist Herr Streicher weiterhin aktiv im Handel mit Tieren. Denn bei unserem Besuch Anfang 2012 haben
wir in einem Verschlag etliche Transportboxen vorgefunden.
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Wir von EndZOO meinen, dass der neuerworbene „Tierpark Enghagen“ als neuer Name für vormals „Kolopfern“
und Herrn Streichers Tierhandel durchaus dienlich ist. Und wir glauben auch, dass noch so manch andere zoologische Einrichtung, wie der Tierpark Hirschfeld 2006, sagen wird:
„Ich habe geprüft ob Herr Streicher real ist.“
Quellenangaben:
(1)
Freie Presse Zwickauer Land, „Zwei Wolfswelpen gehen auf Reisen“, vom 29.12.2006
(2)
Oberösterreichische Nachrichten vom 31.12.2009
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