„Nur Profil macht Profit“

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„Nur Profil macht Profit“
Wirtschaft aus der Region
Sonntag, 14. März 2010
Lexikon
AUS DEM WIRTSCHAFTSLEBEN
Ein Fernglas ist ein tragbares, in der Regel freihändig
verwendbares
Fernrohr.
Ferngläser sind überwiegend
als binokulare Ausführungen
auf dem Markt, die es ermöglichen, Objekte mit beiden
Augen über getrennte Strahlengänge zu beobachten.
Binokulare werden einerseits in einfacher Linsenbauweise als Theatergläser
(Operngläser) angeboten, andererseits
als
Prismenferngläser, die umgangssprachlich auch Feldstecher
genannt werden.
Metro verkauft Zentrum
Gieß e n (ga). Das Einkaufszentrum im Gießener Gewerbegebiet West mit den Hauptmietern Saturn und Real ist für
30 Millionen Euro verkauft worden. Erworben hat es der
Einzelhandelsfonds Herald von Henderson Global Investors. Verkäufer der knapp 18 000 Quadratmeter großen Immobilie ist die Metro-Gruppe. Diese hatte im Sommer 2006
sämtliche SB-Warenhäuser von Wal-Mart abgekauft als der
weltgrößte Einzelhandelskonzern seine deutschen Aktivitäten aufgab. Zwischenzeitlich hatte die Metro-Gruppe das
Konzept für das Objekt grundlegend geändert und neben
den Hauptmietern 14 kleinere Geschäfte angesiedelt. Henderson Global Investors wurde 1934 gegründet und ist laut
Darstellung auf der eigenen Internetseite „heute eine weltweit führende unabhängige Vermögensverwaltungsgesellschaft“. Das Unternehmen biete seinen Kunden Zugang „zu
erfahrenen Investment-Profis, die eine breite Palette von
Anlageklassen vertreten, darunter Aktien, Renten, Immobilien und Beteiligungskapital“. Henderson Global Investors
gehört nach eigener Aussage mit einem verwalteten Vermögen von 63,1 Milliarden Euro und weltweit etwa 940 Mitarbeitern zu den größten Anlageverwaltern Europas.
■ Mit dem Glas in
die Ferne schauen
Daneben gibt es kleine,
fernrohrartige Monokulare
sowie die größeren, aus Gewichts- und Konstruktionsgründen überwiegend mit
Stativ zu verwendenden
Spektive.
Das Wort Fernglas wird
von vielen Herstellern als
übergeordneter Begriff verwendet, um unterschiedliche
optische Gerätetypen mit binokularer und monokularer
Konstruktion zu kennzeichnen. Im Fachhandel wird der
Begriff häufig auf die binokularen Prismenferngläser beschränkt.
Die auch heute noch umgangssprachlich verbreitete
Bezeichnung Feldstecher ist
historisch aus den im 19. Jahrhundert verwendeten Sehund Beobachtungshilfen, wie
sie auch beim Militär verwendet wurden, hervorgegangen.
So nannte man im 19. Jahrhundert Gläser, mit deren
Hilfe man auf Entfernung
schärfer als ohne Hilfsmittel
sehen konnte, häufig „Stechbrillen“, einfache „Operngucker“ darüber hinaus auch
„Stecher“.
Ein vornehmerer Begriff
war „Lorgnette“.
(red)
■ Artikel auf dieser Seite
PVA TePla
steigert
Ergebnis
We tten be rg (red). Die PVA
TePla AG in Wettenberg (Kreis
Gießen), spezialisiert auf den
Bau von Hochtemperatur-Vakuum-Systemen und Kristallzuchtanlagen, hat das Konzernergebnis vor Zinsen und
Steuern (EBIT) auf 16,6 Millionen Euro (Vorjahr 15,0 Millionen Euro) gesteigert.Die EBITMarge, das Verhältnis von Gewinn zu Umsatz, konnte somit
nach Konzernangaben „deutlich auf 12,3 Prozent gegenüber
8,9 Prozent im Vorjahreszeitraum gesteigert werden“. Das
Ergebnis liegt am oberen Ende
der von der PVA TePla veröffentlichten Prognose (diese Zeitung berichtete).
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Reiniger verdienen mehr
„Familienkapitalismus“
als Erfolgsmodell: Unternehmensberater Arnold
Weissman vertraut in die Fähigkeiten des
Mittelstands.
(Foto:
Volkmar)
„Nur Profil macht Profit“
Unternehmensberater fordert Mittelstand zur Veränderung auf
VON WERNER VOLKMAR
Solm s. „Schlechte Zeiten
sind und waren schon immer
gute Zeiten für Unternehmer,
die den Mut hatten voranzuschreiten.“ Diese These vertritt
Unternehmensberater Arnold
Weissman aus Nürnberg. Er
hat auf Einladung der Industrie- und Handelskammer
(IHK) Lahn-Dill vor 45 Mittelständlern im Kloster Altenberg
(Solms) gesprochen.
Dabei stand das Thema
„Agenda 2020 – was die besten
Unternehmen von morgen können müssen“ im Zentrum. Die
„Erfolgsparameter“ präsentierte Weissman, Professor für Unternehmensführung in Regensburg und Spezialist für Familienbetriebe, als Buffet.
„Hier können Sie sich bedienen und nehmen Sie nur, was
Ihnen schmeckt.“ Dazu gehörten jedoch Regeln: „Nur wer
Nutzen bietet, wird Nutzen
ernten“, „Wachstum ist wichtig, aber nicht um jeden Preis“
oder „Klare Ziele setzen und
die Mitarbeiter mit ins Boot
nehmen“.
Die Finanzkrise habe sich
zur handfesten Wirtschaftskrise entwickelt, sagte der Referent. „Wir haben aber in
Deutschland über 1400 Weltmarktführer, vorzugsweise familiengeführte Unternehmen,
und die ganze Welt beneidet
uns um die Erfolgsmodelle Mit-
telstand und Familienkapitalismus“, führte der Chef des
Strategieberaters Weissman &
Cie aus. Er sieht darin Schwächen – aber auch Stärken.
Denn während Konzerne Fehlentscheidungen durch neues
Geld kompensierten, ende das
für Mittelständler meist in der
Insolvenz.
Sie sollten deshalb realistisch im Ansatz und für die Mitarbeiter verständlich sein.
„Bringen Sie nur zu Papier, was
Sie richtig können und mit ganzem Herzen betreiben wollen“,
so Weissmans Appell. Wer
nicht erkenne, dass die Austauschbarkeit seiner Produkte
der größte Erfolgsverhinderer
sei, habe auf schwieriger werdenden Absatzmärkten keine
Chance.
„Nur Profil macht Profit“, so
lautet der Leitspruch des Beraters. Er spricht sich deshalb für
klare Unternehmensleitbilder
aus. „Manch einer wird dies belächeln oder als das übliche Geschwafel über Werte, Verantwortungsbewusstsein oder Gedöns abtun. Doch die Praxis
zeigt, große Unternehmen geben jährlich erhebliche Summen für ihre Imagewerbung
aus, um den Markt aber auch
den qualifizierten Nachwuchs
auf sich aufmerksam zu machen“, analysiert der Hochschullehrer.
„Mittelständler erscheinen
hier meist ohne Perspektive
und ziemlich verstaubt“, sagt
Weissman. Auch Audi habe
über 20 Jahre gebraucht, um
aus einer Blechschüssel ein Auto der Luxusklasse zu machen,
so der eloquente Redner. Doch
heute verbinde man die Marke
automatisch mit dem Slogan
„Vorsprung durch Technik“,
ohne diese Eigenschaft noch
groß in Frage zu stellen.
Die Kunst der Differenzie-
Karriere
Arnold Weissman übernahm noch im Studium der Betriebswirtschaftslehre die Firma der Eltern. Parallel schloss
er 1979 sein Studium ab, promovierte und wurde 1987 zum
Professor an die Hochschule
Regensburg berufen. Dort
lehrt er Unternehmensführung für Familienunternehmen. 1987 war auch das Grün-
dungsjahr für Weissman & Cie
mit Sitz in Nürnberg. Seit 2002
ist er zudem als Dozent für die
Boston Business School tätig
und leitet das Kompetenzcenter Strategie, Sankt-GallenManagementprogramm. Seit
2009 ist er Beiratsvorsitzender
bei Weissman & Cie und Geschäftsführer des Weissman
Instituts.
(red)
rung ist laut Weissman auch
bei der Käuferanalyse gefragt.
„Es heißt zwar so schön ,Der
Kunde ist König’. Doch bei aller Kundenorientierung darf
ich als Unternehmer auf keinen Fall den Fehler begehen,
allen Kunden auch das gleiche
Angebot zu machen und das
gleiche Maß an Zuwendung zu
schenken“, sprach er offen.
„Denn wenn man eine Sache
gut machen will, kann man sie
nicht für jeden tun.“
■ Leitbilder für
Betriebe sind
kein „Gedöns“,
Blick gilt den
Mitarbeitern
„Eine Wirtschaft, die demografisch schrumpft, kann nicht
quantitativ wachsen“, forderte
er dringend sich von irrealen
Wachstumsvorstellungen zu
verabschieden und den Blick
auf die Mitarbeiter zu lenken.
„Gib Deinen Mitarbeitern alle
Informationen und Du kannst
nicht verhindern, dass sie Verantwortung übernehmen.“
Familienbetrieben riet er
nicht zuletzt: „Arbeiten sie mit
einer Familienverfassung, die
alle Angelegenheiten zwischen
Familie und Unternehmen regelt, sonst könnten sie ihr blaues Wunder erleben. Und sichern sie sich die Unabhängigkeit von den Banken.“
We tzlar (red). Mehr in der Lohntüte: Die rund 3960 Gebäudereiniger im Lahn-Dill-Kreis bekommen mehr Geld.
„Jede Reinigungskraft muss ab sofort mindestens 8,40 Euro
pro Stunde verdienen. Das macht pro Arbeitstag zwei Euro
mehr aus“, sagt Peter Manns von der Gebäudereiniger-Gewerkschaft IG Bau Mittelhessen. Der Bezirksverbandsvorsitzende weist zudem darauf hin, dass der neue Mindestlohn für Fassaden- und Glasreiniger ebenfalls gestiegen ist –
auf 11,13 Euro pro Stunde. Bereits zum Jahresbeginn sind
nach Angaben der IG Bau auch die Tariflöhne in der Gebäudereinigung gestiegen: „Bei einer Reinigungskraft, die Vollzeit arbeitet, müssen jetzt über 40 Euro zusätzlich auf dem
Lohnzettel stehen. Ein Fensterputzer hat sogar gut 56 Euro
mehr pro Monat“, sagt Peter Manns. Ob das Geld auch tatsächlich auf dem Lohnkonto lande, sollten die heimischen
Gebäudereiniger jetzt jedoch checken: „Einige Chefs werden einfach vergessen haben, die Lohnauszahlung anzupassen“, so Peter Manns.
NAMEN & NACHRICHTEN
Ritzenhoff folgt auf Hund
Mar bu rg (gro). Andreas
Ritzenhoff (Foto), Geschäftsführer der Seidel GmbH &
Co. in Marburg, ist neuer
Nanotechnologie-Beauftragter des Landes Hessen. Ritzenhoff ist Nachfolger von
Helmut Hund, Chef des
gleichnamigen Wetzlarer
Optik- und Feinmechanikunternehmens. Hund gehörte bereits unter SPD-Ministerpräsident Holger Börner
(1976 bis 1987) dem damaligen Technologie-Beirat des Landes an. Im Alter von 61 Jahren hat der Wetzlarer Anfang dieser Woche sein Amt abgegeben. Der Nanotechnologie-Beauftragte soll helfen, die
wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Potenziale der Nanotechnologie besser zu nutzen, etwa um neue Technologien zügig in marktreife Produkte und Verfahren umzusetzen.
Dafür gilt es als wichtig, den Dialog zwischen Wirtschaft,
Forschung und Gesellschaft zu fördern. Die Firma Seidel gehört zu den Weltmarktführern für Design-Teile aus Aluminium und Kunststoff. An den drei Standorten in Marburg,
Dreihausen und Fronhausen beschäftigt Seidel rund 650
Mitarbeiter. Am Standort Fronhausen eröffnete Seidel 2007
ein Forschungszentrum für Nanotechnik.
(Foto: Archiv)
Ansprechpartner
Redaktion Wirtschaft aus der Region:
Ralph Menz und Mika Beuster
✆ (0 64 41) 95 95 95, Fax: (0 64 41) 95 92 92, Mail: [email protected]
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Gute Nachrichten
Top-Fernglas 2010 trifft auf Hightech von 1915
Leica Camera tauscht alt gegen neu für den Aufbau eines Archivs / 40 Gläser und Kuriositäten eingereicht
Solm s (gro). Silke Stahl hat einen guten Tausch gemacht: Für
die Abgabe eines Leitz-Fernglases aus dem Jahr 1915 erhielt sie
ein Fernglas neuester Generation: ein Leica Ultravid 10x42 HD
zum Preis von 2050 Euro. Die Leica Camera AG hatte zum Aufbau
eines Archivs das älteste Leica-Fernglas gesucht.
40 Ferngläser und zwei alte
Leitz-Zielfernrohre
wurden
nach dem Aufruf in dieser Zeitung am Leica-Camera-Firmensitz in Solms eingereicht. Das
„Binoli“ von Silke Stahl aus
Hüttenberg-Rechtenbach
(Lahn-Dill-Kreis) stellte sich als
das älteste heraus, dicht ge-
klärt Michael Agel, Leica-Sprecher mit Schwerpunkt Sportoptik. Nach heutigen Maßstäben
bietet das „Schätzchen“ im
leicht angeschlagenen Messing- und Vulkanit-Mantel
folgt von zwei weiteren Glä- Sechsfachvergrößerung bei eisern aus dem Jahr 1915. An- nem Objektivdurchmesser von
hand der Seriennummer wur- 24 Millimetern (6x24).
de das Auslieferungsdatum 18.
Januar 1915 festgestellt. Das
■ Archiv mit bei
Unternehmen produziert seit
Umzug aufgebaut
1907 serienmäßig Ferngläser.
„Für die damalige Zeit war
Zum Vergleich bringt es das
das ein Hightech-Gerät“, ertopmoderne Ultravid auf
10x42. Der „Oldie“ schlummerte bei Silke Stahl auf dem Dachboden. Wer das „Binoli“ einst
angeschafft hatte und durch
wie viele Hände es gegangen
ist, weiß die 43-Jährige nicht. In
Betracht komme ihr Großvater, der Schäfer gewesen sei.
Mit Hilfe der Tausch-Aktion
hat man bei Leica viele interessante Eindrücke gewinnen können, berichtet Agel. Unter an-
derem durch zwei Weltkriege
klafften im Unternehmen bei
den älteren Gläsern große Lücken. Viele Gläser seien nicht
mehr vorhanden und nur noch
aus Büchern bekannt, so Agel.
Die Altersspanne der 40 eingereichten Gläser reiche von 1915
bis in die 50er Jahre. Seltenheitswert hätten unter anderem Marinegläser aus dem
Krieg. Auch ein „Fremd-Glas“
aus dem Hause Hensoldt verirrte sich unter die Bewerber
um das älteste Leica-Glas, enttarnt letztlich nur anhand des
im Kriege verwendeten Herstellercodes bmj statt beh für
Ernst Leitz. Interessant für den
Kenner war auch ein monukulares Glas ohne Seriennummer. Agel tippt auf ein Muster
oder einen Prototypen. Leica
Camera plant, ein Fernglas-Archiv aufzubauen, eine Art
Stammbaum, der im Werk geDrei, zwei, eins – meins: Silke Stahl gab ihr „Binoli“ von 1915 ab und erhielt dafür im Gegenzug von
zeigt werden soll.
Michael Agel ein nagelneues Leica Ultravid 10x42 HD.
(Foto: Gross)
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