So groß wie eine Männer- hand kann der

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So groß wie eine Männer- hand kann der
So groß wie eine Männerhand kann der Tatzenabdruck
eines Jaguars sein. Wer
die Großkatze sehen will, braucht
Geduld. Ihrer Spur folgt
man in der weglosen Wildnis am
sichersten vom Boot aus (li.)
Der Jaguar drückt dem brasilianischen Pantanal seinen Stempel auf:
Dort dreht sich alles um Südamerikas größte Wildkatze. Auf unserer
Reise in ein Reich aus Wasser, Savanne, Sumpf und Regenwald sind wir
seiner Spur gefolgt und haben nicht nur den erhabenen Hector gefunden,
sondern auch einen Naturreichtum, der selbst Forscher staunen lässt
Wildnis mit Samtpfoten
VON PETRA SCHAEBER (TE X T)
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Leckerbissen
Wer solche Zähne hat, lässt
sich nicht auf der Nase
herumtanzen. Es sei denn, der
Gegner ist so klein wie
dieses Insekt oder so groß wie
ein Jaguar. Der nämlich
schätzt den Kaiman als Mahlzeit. Für das Schauspiel vom
Fressen und Gefressenwerden
bietet der Ufersaum der
Flüsse eine grandiose Kulisse
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Fleckenteppich
Tümpel in Grün und Blau
zieren als Farbkleckse
die Landschaft im südlichen
Pantanal. In der Trockenzeit ähnelt das Seenmuster
von Nhecolândia den
Ringflecken im Jaguarfell;
während der Regenzeit
steht hier alles unter Wasser
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D
Die Köchin klopft an die Kajütentür. „A onça“,
ruft Cida aufgeregt, „rápido!“ Ein
Jaguar, nur
500 Meter flussaufwärts. Wir springen aus den
Kojen, packen Kameras und Ferngläser und rasen
in einem flachen Aluminiumboot los. Nebelschwaden schweben über dem schlammbraunen Wasser. Am
Ufer reißen im ersten Sonnenlicht Kaimane ihre
Mäuler auf. Brüllaffen grollen in den Bäumen. Ein Schwarm
grüner Papageien kreischt aufgescheucht. Wir nehmen es kaum
wahr, so sehr sind wir auf die erste Begegnung mit der Raubkatze
fixiert. An der Biegung des Rio Três Irmãos wartet unser Späher.
Der Jaguar aber, ein Jungtier, ist bereits im Galeriewald verschwunden.
Charles Munn begrüßt uns mit einem Kaffee, als wir wieder
an der „Pira Miuna“ festmachen – und mit Trost: „Wir werden
schon einen Jaguar für euch finden.“ Der 55-jährige Amerikaner
zählt zu den weltbesten Ornithologen, Amazonasexperten und
Großkatzenkennern. Wir stehen auf dem Oberdeck des zweistöckigen Flussdampfers, der als unser Speisesaal und logistisches
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Zentrum neben dem Camp des „Jaguar Research Center“ im Urwald ankert. Nur drei Armlängen entfernt in den Bäumen warten
Kapuzineräffchen auf eine Gelegenheit, Bananen, Melonen oder
Papaya vom Frühstücksbuffet zu stibitzen. Es ist sechs Uhr morgens, und Charles Munn schwärmt von der gefleckten Katze, die
ihn und uns in diese amphibische Landschaft gelockt hat.
Wohl nirgendwo sind die Chancen besser, Jaguare zu sichten,
als im Pantanal, dem Feuchtgebiet im Herzen Südamerikas, das
größtenteils zu Brasilien gehört. 4000 bis 7000 der Raubtiere
sollen in der mit Flüssen geäderten Wildnis aus Wäldern, Seen
und Savannen leben, die dreimal so groß wie Dänemark ist
und bedroht wird von Rinderfarmen und illegalen Siedlungen,
von Wilderern und Holzfällern. Es ist einer der artenreichsten
Lebensräume der Erde, in dem der Jaguar die gleiche Rolle einnimmt wie der Löwe in Afrika – als König der Tiere.
Und wie es bei den Royals nun mal so ist: Alle Welt redet über
sie. Jeder hat einen von ihnen schon mal irgendwo persönlich
gesehen oder kennt jemanden, der weiß, wo er sich rumtreibt,
oder hat zumindest eine haarsträubende Geschichte gehört. Wir
werden Edinho treffen, der sich als Jugendlicher auf der nächtlichen Jagd nach Fischködern vor ihnen fürchtete. Und den Barbesitzer Oscar, der Touristen mit gruseligsten Jaguar-Märchen an
den Tresen lockt. Und die robuste Köchin Cida, vor der sich die
Raubtiere angeblich ebenso erschrecken wie sie sich vor ihnen.
So begegnen wir dem Jaguar auf unserer Reise täglich: in Erzählungen. Bis wir ihn fast für ein Phantom halten.
Wegen ein paar Kaimanen,
die Sonne tanken (li. Seite), verzichtet ein Pantanal-Cowboy (o. Mi.) noch lange nicht
auf die Erfrischung im Rio
Taquari. Weniger Mutige
dürften eine Begegnung mit
Papageien oder verspielten
Riesenottern (re.) vorziehen
Charles Munn hat sich dem Schutz der großen Katze verschrieben. Er organisiert geführte Touren durch ein 3000 Hektar
großes Jaguar-Refugium, das er aus den Tourismus-Einnahmen
finanziert. Es liegt im Naturpark Encontro das Águas, in dem
die Flüsse Rio Cuiabá, Rio Piquiri und Rio Três Irmãos zusammenfließen. Die „Pira Miuna“ ankert neben einem Zeltcamp für
Forscher und Touristen auf einer Insel in Munns privatem
Schutzgebiet. „In nicht einmal drei Monaten hatten wir hier 125
Jaguar-Sichtungen“, sagt der Biologe stolz, der mit seinen glatten
Gesichtszügen und den grauen Strähnen im Haar den Charme
eines gereiften Hugh Grant ausstrahlt.
Als Enkel eines Wettmaschinen-Millionärs aus Florida könnte
Charles Alexander Munn III mit seiner Familie ein komfortables
Leben führen. Doch den Ornithologen zog es nach dem Studium
in Princeton und Oxford nach Peru, wo er über Amazonasvögel
promovierte. Er forschte in Südamerika für die Wildlife Conservation Society und gründete mehrere Naturparks. Um das JaguarProjekt aufzubauen, zog er mit seiner Frau, der deutsch-peruanischen Ökologin Mariana Valqui, und den drei Kindern für
anderthalb Jahre ganz ins Pantanal. „Aber es geht mir hier nicht
nur um die Tiere. Ich habe gelernt“, sagt Munn und nickt seinem
jungen Bootsführer zu, „dass Naturschutz am besten funktioniert,
wenn auch die Menschen davon profitieren, die dort leben.“
Der 21-jährige Edinho wurde nur Kilometer vom Camp in
Porto Jofre geboren, zwei Handvoll Holzhütten und Lehmziegelhäusern am Ufer des Rio Cuiabá. Hier, mitten in der Wildnis,
endet die 147 Kilometer lange „Transpantaneira“, die auf einem
Damm und über 120 Brücken durch den unzugänglichen Süden
des Bundesstaates Mato Grosso getrieben wurde. Bevor Charles
Munn ihn anheuerte, verdiente Edinho sein Geld mit Fischködern, die er an Angler verkaufte. „Ich musste nachts bis zur Brust
durchs Wasser waten und habe Krebse und Schnecken gesam-
melt, Piranhas und Schlangen gefangen“, erzählt der schmächtige
Bursche. Eine harte Arbeit. „Man wird von Insekten und Blutegeln gequält, und irgendwann schlottert man vor Kälte.“ Und
dabei immer die Angst, irgendwo im Wald könnte sich ein Jaguar
verbergen, der bis zu 1,80 Meter lange und 140 Kilo schwere Jäger,
der mit seinem braungelben, dunkel gefleckten Fell schon bei Tag
kaum zu orten ist. „Gegen den Jaguar hast du ohne Schusswaffe
und Hunde keine Chance“, sagt Edinho. „Sie greifen einen zwar
normalerweise nicht an. Aber manchmal kommt es doch vor.“
NACH DEM FRÜHSTÜCK STEIGEN WIR WIEDER IN DIE ALUMINIUMBOOTE UND SUCHEN IM IRRGARTEN DER WASSERLÄUFE
Mit dem flachen Bootsrumpf kommen
wir weit in den Urwald hinein. Tiefer als ein, zwei Meter kann
man nicht in das dichte Grün an den Ufern spähen. Zwischen
Oktober und März regnet es hier so viel, dass das Wasser bei dem
geringen Gefälle nicht ablaufen kann und alles überflutet. Säugetiere flüchten sich auf die wenigen Anhöhen, und zwischen Bäumen und Büschen suchen Fische Nahrung. Erst ab April sinkt
der Pegel, dann mästen sich Riesenotter, Kaimane und Vögel an
Fischen, die aus Tümpeln nicht den Weg in die Flüsse fanden. Wir
hören ein dumpfes Husten. „Ein Kaiman“, flüstert Charles Munn,
„übrigens auch eine Jaguarbeute.“ Am Ufer sitzen Capybaras, die
aussehen wie große Meerschweinchen. Schlangenhalsvögel
trocknen ihre Schwingen auf einem rosa blühenden Ipê-Baum.
Ein Schwarzbussard bringt einen Fisch in Sicherheit.
Von der menschenleeren Region und ihren Jaguaren berichteten Reisende schon vor fast 200 Jahren. Eine Expedition des
deutschen Barons Georg Heinrich von Langsdorff zum Amazonas
führte ebenso hierher wie rund hundert Jahre darauf die von
Theodore Roosevelt. Der begeisterte Jäger und spätere US-Präsident schwärmte vom Pantanal und der Pirsch auf die Großkatze:
NACH DER RAUBKATZE.
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Die Seerosenblätter
in Mato Grosso wirken wie
Tabletts. Hier bedienen
sich auch hungrige Jaguare.
Wasserscheu sind
die Großkatzen nämlich
nicht: Als exzellente
Schwimmer schnappen sie
sich auch Fische
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Nasskatze
Die Ipê-Bäume prassen mit
ihren trompetenförmigen
Blüten in Pink (li.). Immer weiter dringen Menschen mit
ihren Booten und manchmal
auch per Rad in die Wildnis
vor – am Rio Cuiabá aber leben
Jaguare bislang noch weitgehend ungestört (re. Seite)
„Jaguare“, schreibt er in seinem Buch „Through the Brazilian Wilderness“, „sind hier einfacher zu treffen als Löwen in Afrika.“ Die
Jagd auf die geschützte Art ist längst verboten, doch darum scheren sich die Rinderzüchter nicht, wenn sie ihr Vieh durch die
Großkatze bedroht wähnen.
„Bei uns funktioniert der Schutz dieser wundervollen Tiere
zum Glück“, sagt Charles Munn. Er kennt einige der Jäger persönlich. Das war hier einmal ein normaler Beruf. „Die Leute lernen aber langsam, dass sie auch mit Touristen Geld verdienen
können, die lebende Jaguare sehen wollen.“
Nach ein paar Stunden Streifzug mit dem Boot haben wir
eine Überdosis Pantanal abbekommen. Als hätten wir nicht nur
Millionen Nuancen von Grün gesehen, sondern auch sämtliche
2000 Pflanzen-, 350 Vogel- und mehr als 150 Säugetierarten, alle
Frosch- und 90 Reptilienspezies und das gesamte Spektrum der
rund 500 Schmetterlingsvarianten der Region, Kaimane, JabiruStörche mit ihren roten Halskrausen, die Schlangen aus dem
Sumpf zupfen. Alles, nur keinen Jaguar.
„Wenn es kühl und nass ist, verstecken sie sich im Dickicht“,
erklärt Munn zerknirscht und lässt Edinho das Boot zurück zum
Camp steuern. Genug für heute. Vorgestern in Cuiabá, der Provinzhauptstadt von Mato Grosso, zeigte das Thermometer noch
38 Grad, und der Asphalt war weich wie Gummi. Doch hier ist
die Temperatur inzwischen auf 15 Grad gefallen. Zwischen Juni
und August ziehen schon mal Kaltfronten durchs Pantanal.
Cida, unsere Köchin, hat Wasser für die Duschen im Inselcamp erhitzt. Es war ihr wie immer ein wenig unheimlich, an
Land zu gehen. Erst neulich kam ihr auf dem Weg zwischen den
Zelten ein Jaguar entgegen. Erschrocken waren sie beide, sagt sie.
Doch alles ging gut.
In der Kombüse der „Pira Miuna“ duftet schon das Abendessen. Am Morgen hat einer der Kähne angelegt, denen wir unter114
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wegs manchmal begegnen. Tagelang sind die wild aussehenden
Männer mit ihren schwimmenden Holzhütten unterwegs, um bis
zu 25 Kilo schwere Dourados und kämpferische Pacus zu angeln.
Vom Fischreichtum der Flüsse leben hier viele: Wichtiger als
Fischerei ist im Pantanal nur die Rinderzucht.
Stolz schleppt Cida ihre Platten mit frischem Fisch heran.
Zartes, weißes Fleisch, fast ohne Gräten, gegrillt oder in einem
Kokosmilchsud gekocht. Dazu reicht die rundliche Köchin Reis,
braune Bohnen und eine Chilisauce, die einem trotz der Kühle
den Schweiß aus den Poren treibt. Später serviert sie Caipirinhas,
brasilianischen Zuckerrohrschnaps mit viel Limonensaft und
Zucker. „Das hilft auch gegen die Kälte“, behauptet sie.
Auf dem Hausboot diskutieren die Experten über die Raubkatzen-Population. An den Wänden des Aufenthaltsraumes hängen Fotos von Hector, Wilson, Geoff und anderen Jaguaren, die
Biologen und Guides anhand ihrer Fellzeichnung identifiziert
haben. Die Birdwatcher unter den Gästen haken zufrieden lange
Vogellisten ab: Olivenscharben und Schopfkarakaras, Mangrovenreiher und Rotstirn-Blatthühnchen, Blaukehlenguans, Rallenkraniche und Rotbrustfischer – für Vogelliebhaber ist das Pantanal so etwas wie eine Kiste voller Spielzeug für Kinder.
Kein Wetter für
eine lange Safari durch die Wasserwildnis. Wir fahren nach Porto
Jofre. Charles Munn will Oscar, das Schlitzohr, konsultieren. Er
ist im Pantanal aufgewachsen und kennt jeden.
Nach zwei Tagen Dschungeleinsamkeit kommen uns die drei
Dutzend Häuser am Ende der Transpantaneira wie eine Stadt vor.
Immerhin gibt es hier ein Hotel mit schmucken Bungalows und
eine kleine Piste, auf der Flugzeuge mit Anglern aus São Paulo
landen. Zwischen März und Oktober knattern sie über die Flüsse,
an Bord Styroporboxen voll gut gekühlter Bierdosen und EisDER NÄCHSTE TAG BEGINNT GRAU UND KÜHL.
würfeln für den Whisky. So etwas – wie überhaupt alles, was bar
bezahlt wird – organisiert Oscar. Er betreibt die einzige Bar im
Ort, eine Holzhütte mit Moskitogittern, und ist, wie sich herausstellt, Edinhos Vater. Der 50-Jährige hat Hände wie Pranken, eine
breite Nase, ein Stoppelbart rahmt das braungebrannte Gesicht.
Wenn er lacht, wogt sein gewaltiger Bauch.
Oscar merkt sofort, dass alle nach Jaguar-Geschichten lechzen: Also erzählt er die vom Angler-Duo, von dem man nur noch
zwei Paar Gummilatschen fand. Oder die über Detinho, den alle
nur noch resto de onça – „Rest des Jaguars“ – nennen, seit er bei
der Vogeljagd von einem Jaguar angegriffen wurde und nur überlebte, weil sein kleiner Hund die Raubkatze todesmutig ablenkte.
Von Oscar hatte auch Charles Munn zum ersten Mal von den
vielen Jaguaren in der Region gehört. Das war im August 2005.
Der Barbesitzer versprach dem Amerikaner einen Jaguar pro Tag
und verlangte dafür 1000 Dollar täglich. „Wir hörten zweimal
einen Jaguar im Dickicht. Das war’s“, erzählt Munn und grinst
Oscar an. „Er hat mir nicht mal Rabatt gegeben.“
Und doch zog der Biologe mit seiner Familie von Baltimore
ins Pantanal. Zuerst verwandelten sie die Fazenda Santa Tereza,
eine große Rinderfarm, in das „Pantanal Wildlife Center“, eine
der schönsten Lodges der Region, ein Stück abseits der Transpantaneira. Und von dort organisierten sie das „Jaguar Research Center“, das Zeltcamp auf der Flussinsel im Naturpark mitsamt den
Guides, Bootsfahrern wie Edinho und Köchin Cida, die glücklich
sind, dass sie hier Arbeit gefunden haben.
„Ich hatte Spurenleser angeheuert, die den besten Platz für
unser Schutzgebiet fanden und mir zeigten, wie wenig die Jaguare
sich hier an Booten stören, wenn man vorsichtig ist“, erzählt
Charles Munn. Früher hatten diese Männer von illegalem Tierfang gelebt. Heute verdienen sie ihr Geld mit dem Tourismus.
„Das spricht sich herum“, sagt der Biologe. „Ich glaube, wir haben
eine Chance, diese Wildnis zu bewahren.“
Oscar nickt freundlich und sagt für den nächsten Tag besseres
Wetter voraus. Wir sind skeptisch. Doch tatsächlich lugt am Morgen die Sonne über die Baumwipfel. Edinho macht das Boot startklar. Am Ufer steht wie erstarrt ein Silberreiher und späht nach
Beute. Auf einer Sandbank wärmen sich nach der kühlen Nacht
Iguanas, giftgrüne Leguane. Edinho steuert unseren Kahn durch
tief hängende Äste. Mit einem dumpfen Schlag prallen wir gegen
etwas Hartes. Wir zucken zusammen. Edinho grinst. „Nichts
Schlimmes. Nur ein Krokodil.“
Plötzlich quäkt das Funkgerät. „100 Meter vom Camp entfernt.“ Edinho reißt das Boot herum und jagt flussabwärts. Dann
drosselt er den Motor, und wir treiben mit der trägen Flut. Dort,
wo sich eine Lichtung wie ein Fenster zum Fluss öffnet, liegt die
Raubkatze im Sand. Es ist ein Prachtexemplar mit gewaltigen
Pranken. Seine Vorderläufe sind kräftig wie junge Baumstämme.
„Das ist Hector“, raunt Charles Munn. Vielleicht 25 Meter trennen uns. Wir können die Muskeln unter dem gefleckten Fell
zucken sehen.
Hector blickt ungerührt zum anderen Ufer. Seine puscheligen Ohren drehen sich hin und her. Dann leckt er hingebungsvoll die rechte Tatze. Wir halten den Atem an und fotografieren,
Charles Alexander Munn III lächelt. Wieder einmal hat er seine
Mission erfüllt.
UNSER ERSTER JAGUAR HÄLT HOF WIE EIN KÖNIG. Irgendwann
erhebt er sich und verschwindet gemächlich im Dschungel. Wir
haben kein Zeitgefühl mehr. Dauerte die Audienz 20 Minuten,
eine Stunde?
Noch Tage später blitzen die Bilder immer wieder durch unsere Köpfe. Aber auch ganz andere: Die spielenden Riesenotter. Der
Fuchs mit dem Krebs im Maul. Der Tapir, der im Dickicht der
Tarumã-Bäume aus dem Fluss trinkt. Der lange Schweif des Großen Ameisenbären. Was für eine Wildnis. Auch ohne Hector.