Russian Perspective on Eco
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Russian Perspective on Eco
Ecology I Russian Eco-Fashion Russian Perspective on Eco-Fashion Während sich in Deutschland schon seit Jahren Produkte mit der Kennzeichnung „Bio“ und „Öko“ bestens verkaufen, kennt die russische Sprache für diese Begriffe nicht einmal eine Übersetzung. Das ist bezeichnend dafür, wie die Masse der Russen zum Thema „Ökologische Produkte“ oder gar „Ökologische Mode“ steht. Und auch wenn die Bedürfnisse wohlhabender Russen nach Bio-Lebensmitteln langsam beginnen sich auszudehnen, so bleibt die Öko-Mode doch noch immer außerhalb des „Relevant Set“ der Konsumenten. Wer die russischen Einkäufer gut kennt, der weiß, dass Polyester-Waren eher vermieden und Naturfasern bevorzugt werden – doch damit endet das ökologische Verständnis bei den meisten russischen Kunden auch schon. Genauso ist und bleibt das Herkunftsetikett „Made in China“ den Russen ein Dorn im Auge und erschwert den Verkauf der Ware auf der Fläche. Oft wird dieser Hinweis auf das Herstellungsland einfach aus den Waren herausgeschnitten, denn bei den russischen Endkonsumenten dominiert die Meinung, dass alles, was aus China kommt, gefakt und „unsauber“ – das heißt aus für die menschliche Gesundheit gefährlichen Materialien – produziert wird. Stolz ist man hingegen auf russische Fabrikationen: Russischer Baumwolle und russischem Leinen schenkt der Verbraucher Vertrauen und setzt die Materialien mit Öko-Stoffen gleich. Die chemische Behandlung der Pflanzen interessiert weniger, denn die Tatsache, dass die Pflanzen in Russland aufwachsen, wirkt bereits beruhigend. Offiziellen Aussagen zufolge sind 50 % der in Russland verkauften Textilien geschmuggelt. Inoffiziell spricht man sogar von 90 %. Das heißt aber nicht, dass sämtliche in Russland verkauften Textilien ungenügende Qualität aufweisen, sondern lediglich, dass der Transport und die Entzollung der Ware vor Ort nicht transparent sind. Sämtliche Importe müssen nach den russischen Normen zertifiziert werden. Es gibt unzählige Zertifizierungsstellen und noch mehr Regelungen, die in regelmäßigen Zeitabständen abstrusen Neuerungen unterliegen. Man verlässt sich auf inkompetente Aussagen seitens der Zertifizierungsstellen, weiß aber von vornherein, dass man sowohl beim Zoll als auch im Verkauf Schmiergeld zahlen wird, falls eine Kontrolle auftaucht. Russische Zertifikate kann man, wenn man will, als eine Eintrittskarte in den russischen Markt sehen. Es gibt auch bereits freiwillige ÖkoZertifikate und entsprechende Etiketten auf Bio-Lebensmitteln.Wegen der Korruption in Russland glaubt der Konsument solchen Etiketten nicht mehr. Allerdings sind die Gesetze und Regelungen so gestaltet, dass selten nur der offizielle Weg eingeschlagen werden kann: Zoll und Transport machen die VK-Preise in Russland wettbewerbsunfähig, Zertifizierungsbedingungen sind extrem aufwendig und zwingen den Lieferanten, seine Whereas in Germany “organic” and “eco” products have been selling like hot cakes for years now, the Russian language does not even know how to translate these terms. This is indicative of how Russian trade fairs view “ecologically-friendly products” or even “eco-fashion”. And even if the demand of affluent Russians for organic food is slowly increasing, eco-fashion still remains outside of the consumers’ relevant set. Those who are familiar with Russian buyers know that polyester garments tend to be avoided and natural fibres are preferred – but that is where the understanding for anything eco-friendly already ends among most Russian consumers. The same applies to the “Made in China” label of origin, which is a thorn in the side of many a Russian and makes it difficult to sell merchandise on the retail space. A label like that is frequently simply removed from the garment, as among Russian end consumers the opinion dominates that everything originating from China has been pirated and is not “clean” – meaning made of materials hazardous to man’s health. However, Russians are proud of their national production: Russian cotton and Russian linen enjoy the trust of consumers and are given the same status as eco-fabrics. The chemical treatment of plants is of minor interest since the fact that the plants are cultivated in Russia already has a soothing effect on their minds. According to official statements, 50 % of garments sold in Russia have been smuggled. Inofficially, this rate even 44 I fashion today I 3.2008 reaches 90 %. But that does not mean that all textiles sold in Russia are of poor quality, but merely that the transport and domestic customs clearance are not transparent. All imports must be certified according to Russian standards. There are numerous certification agencies and even more rules which at regular intervals are subject to abstruse improvements. The certification agencies rely on the incompetent statements, well knowing in advance that bribes will have to be paid at customs as well as in retailing in case anybody checks. Russian certificates are like admission tickets to the Russian market. There are voluntary eco-certificates and the respective labels on organic food. But because of the corruption in Russia, consumers do not give much credence to such labels any more. However, the laws and regulations have been designed as such that the official route is a tricky one to pursue: Customs and transport make sales prices in Russia practically unaffordable; the terms and conditions for certification are extremely elaborate and force suppliers to disclose their most important company secrets (for example, all partnering factories must be listed, including contact data). As a result, end consumers in Russia are not so much interested in the ecological cultivation and production of the goods, but rather if the products are contraband or not. Ecology I Russian Eco-Fashion wichtigsten Firmengeheimnisse preiszugeben (zum Beispiel muss man alle Partner-Fabriken in Fernost mit Kontaktdaten auflisten). So kommt es, dass sich Endverbraucher in Russland weniger für ökologischen Anbau und ökologische Produktion der Ware interessieren, sondern vielmehr dafür, ob es sich um Schmuggelware handelt. Der neue russische Präsident Dimitri Medwedew kündigte an, dass der Wiederaufbau der Leinenproduktion sowie russischer Nähebetriebe und Webereien eine absolute Priorität für die Branche habe und staatliche Subventionen bekommen werde. Man möchte eine russische Alternative zur importierten Warenflut schaffen. Ökologische Aspekte bleiben dabei allerdings auf der Strecke. Andere Probleme müssen zunächst beseitigt werden: Die technischen Ausrüstungen wurden in den noch existierenden Fabriken seit 50 Jahren nicht mehr erneuert und kaum gewartet; Berufe wie Weber, Spinner, Näherin müssen neu erlernt werden und Lein- und Baumwollpflanzen (die inzwischen komplett aus dem Ausland kommen) erst einmal wieder wachsen. Angesichts der immer häufigeren Fälle der Kindervergiftungen in den Kitas, Sommercamps und Krankenhäusern durch mangelhafte und unsaubere Lebensmittel wäre man bereits froh, wenn man nicht vergiftet wird. Hinsichtlich der Bekleidung möchte man zwar keine „giftige“ Ware tragen, aber ob die Teile wirklich aus dem ökologischen Anbau stammen und fair produziert wurden, interessiert die wenigsten Russen. Geschweige denn, dass die wenigsten sie bezahlen könnten. Ergebnisse einer Befragung durch die St. Petersburger Öko-Union haben ergeben, dass sich nur 9 % der Verbrau- Russia’s new president, Dimitri Medvedev, announced that rebuilding the domestic linen production as well as the Russian sewing and weaving trade is an absolute priority for the industry and will receive state subsidies. The aim is to create a Russian alternative to the imported influx of goods. Ecological aspects, however, will fall by the wayside. Other problems are more pressing, such as the fact that the technical equipment has not been renewed at existing factories for 50 years, let alone maintained; professions like weavers, spinners, seamstresses need to be newly trained, and linen and cotton plants (which in the meantime are sourced in their entirety from abroad) will have to grow. In view of the growing number of cases among children suffering from poisoning at day-care centres, summer camps and hospitals due to poor quality and contaminated food, people are happy to not be poisoned. When it comes to clothing, they do not want to wear “toxic” garments, but whether the items really originate from an ecologicallyfriendly cultivation or not or are produced under fair terms, is of little to no interest to most Russians, even if people could afford them. The findings of a survey conducted by the St. Petersburg eco union showed that a mere 9 % of consumers are interested in the protection of nature. For 50 % of those interviewed, their own health is important, but only 39 % make a connection between the conservation of nature and their cher für den Naturschutz interessieren. Für 50 % der Befragten ist die eigene Gesundheit wichtig, aber nur 39 % bringen Naturschutz und die eigene Gesundheit in Zusammenhang. Man merkt, dass die potenzielle Öko- Konsumentenschicht ziemlich dünn ist. Da das Land groß und an Naturschätzen und Rohstoffen reich ist, haben viele Landsleute eine unverantwortliche und verschwenderische Einstellung zur Natur. Öko-Mode, wie man sie in Europa kennt, passt von der Ästhetik und dem Design wenig in das Vorstellungsbild einer durchschnittlichen russischen Konsumentin. Man kann sich als Russe auch kaum vorstellen, ein Kleid aus einer recycelten Plastikflasche zu tragen.„Das dürfen wir unseren Kunden gar nicht verraten“, sagt eine Kundin von Frau Frickel, die deutsche Designer in Russland vertritt. Die russische Modemacherin Alena Akhmadulina hat Anfang dieses Jahres eine coole Öko-Tasche für den WWF Russland in einer limitierten Auflage von 1.000 Stück entwickelt. Der Erlös sollte für den Erhalt der Parkanlagen in Russland verwendet werden. Die grüne Einkaufstasche mit der roten Retro-Aufschrift „Für eine saubere Heimat“ hatte einen eindeutig sowjetischen Touch. Nichtsdestotrotz war die Tasche in einigen wenigen Stunden ausverkauft. Das höchst begehrte Objekt wurde auf der Millionärsmesse in Moskau für den Preis von 3.200 EUR präsentiert. Handelt man beim Kauf einer solchen Tasche ökologisch – oder nur modebewusst? Trotz Bemühungen einiger Designer ist der Bedarf nach Öko-Mode in Russland noch nicht geweckt. Es gibt zahlreiche Bausstellen in diesem Land und im individuellen Leben. eb own health. One can see that the prospective group of ecofollowers is rather small. Since the country is large and rich in natural resources and raw materials, many fellow Russians tend to take an irresponsible and wasteful attitude towards nature. Eco-fashion, as known in Europe, hardly fits into the mindframe of the average Russian consumer in terms of its sense of aesthetic and design. As a Russian, it is difficult to imagine wearing a dress made of recycled plastic bottles. “We could not possibly tell our buyers that”, says a customer of Mrs. Frickel, who represents German designers in Russia. At the beginning of this year, the Russian fashion maker Alena Akhmadulina had designed a limited edition of a cool eco bag for the WWF Russia, of which only 1,000 were produced. The proceeds were to be used to maintain the parks in Russia.The green shopping bag with a red retro lettering saying “For a clean home” had a definite Soviet touch. Nevertheless, the bag was sold out in a few hours. The highly coveted item was presented at the millionaires’ fair in Moscow for the price of EUR 3,200. Is the trading of such bags ecologically-conscious or fashion forward? In spite of some efforts by certain designers, the demand for eco fashion in Russia has not yet been triggered. The country and people’s lives are in dire need of improvements. fashion today I 3.2008 I 45