Kreiswehrersatzämter werden aufgelöst ( PDF , 47,3 kB, 7 Seiten)

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Berlin, 25. November 2012
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44/2012
Kreiswehrersatzämter werden aufgelöst
Am 30. November werden die Kreiswehrersatzämter in Deutschland aufgelöst. An ihre
Stelle treten 16 Karrierecenter und 110 Karriereberatungsbüros der Bundeswehr,
Von 1957 bis 2010 sind über 20 Millionen Musterungen an Kreiswehrersatzämtern der
Bundeswehr durchgeführt worden. Kaum jemand aus der bundesdeutschen
Bevölkerung kannte es nicht, das Kreiswehrersatzamt seiner Stadt oder seines
Raumes.
Mit der Auflösung geht eine Ära zu Ende. „Ich möchte den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern, die über viele Jahre und Jahrzehnte gewissenhaft und beständig ihren
Dienst in den Kreiswehrersatzämtern versahen, für ihren Einsatz und ihre Arbeit
herzlich danken“, so der Bundesminister der Verteidigung, Thomas de Maizière, der
selber in Bonn gemustert worden ist.
Die Auflösung der zuletzt noch 52 Kreiswehrersatzämter und der fünf Zentren für
Nachwuchsgewinnung zum gleichen Zeitpunkt bedeuten gleichzeitig den Startschuss
für die 16 Karrierecenter der Bundeswehr. Mit diesen präsentiert sich die Bundeswehr
erstmals als ein Arbeitgeber für alle Bewerber. Bisher kümmerten sich diese Stellen um
die gleiche Gruppe junger Menschen: die Kreiswehrersatzämter um die Wehrpflichtigen,
die Zentren für Nachwuchsgewinnung um die Zeitsoldatenbewerber und die zivile
Wehrverwaltung um Interessenten für zivile Laufbahnen. Das erste Mal seit Gründung
der Bundeswehr im Jahr 1955 werden Bewerberinnen und Bewerber für militärische
und zivile Laufbahnen nun unter einem Dach geprüft und beraten.
„Wir stehen heute in Konkurrenz zu anderen Arbeitgebern bei der Suche nach den
Besten.
Mit
den
Karrierecentern
und
den
110
ihnen
unterstellten
Karriereberatungsbüros treten wir als einheitlicher Arbeitgeber auf. Damit positionieren
wir uns besser als zuvor“, so der Minister.
Die Zahl der Kreiswehrersatzämter hat sich im Laufe der Jahrzehnte entsprechend der
Personalstärke der Bundeswehr verändert. Die meisten Kreiswehrersatzämter gab es
nach der Wiedervereinigung – da waren es 123. Die ersten Einberufungen zum
Grundwehrdienst, der damals 12 Monate betrug, erfolgten zum 1. April 1957. Seit
diesem Zeitpunkt wurden rund 8,5 Millionen Wehrpflichtige zur Ableistung ihres
Grundwehrdienstes einberufen. Im Vorgriff auf die Aussetzung der Wehrpflicht hatte die
Bundeswehr auf Basis des Wehrpflichtgesetzes letztmals zum 1. Januar 2011
einberufen.
Beigefügt erhalten Sie

ergänzende Informationen zu Kreiswehrersatzämtern,

ergänzende Informationen zu Karrierecentern sowie

eine Anekdotensammlung von ehemaligen Mitarbeitern der
Kreiswehrersatzämter.
Ergänzende Informationen zu Kreiswehrersatzämtern
Wie viele Kreiswehrersatzämter gibt es?
Die Zahl der Kreiswehrersatzämter hat sich im Laufe der Zeit mehrfach verändert.
Heute (November 2012) gibt es noch 52. Die meisten Kreiswehrersatzämter gab es
unmittelbar nach der Wiedervereinigung Deutschlands mit 123.
Wie viele Musterungen wurden durch die Kreiswehrersatzämter durchgeführt?
Die Kreiswehrersatzämter haben von 1957 bis Ende 2010 mehr als 20 Millionen
Musterungen durchgeführt. Im Vorgriff auf die zum Juli 2011 geplante Aussetzung der
verpflichtenden Einberufung zum Grundwehrdienst wurden Wehrpflichtige letztmals im
Dezember 2010 zur Musterung geladen. Untersuchungen auf Tauglichkeit und Eignung
für den Wehrdienst erfolgen seit Januar 2011 ausschließlich auf freiwilliger Basis.
Wie viele Wehrpflichtige wurden zum Grundwehrdienst einberufen?
Die Einberufung zum Grundwehrdienst (GWD) erfolgte erstmals zum 1. April 1957. Seit
diesem Zeitpunkt wurden rund 8,5 Millionen Wehrpflichtige zur Ableistung des GWD
einberufen. Letztmalig erfolgten Einberufungen auf der Basis des Wehrpflichtgesetzes
zum 1. Januar 2011. Die meisten Wehrpflichtigen wurden im Jahr 1973 einberufen
(rund 230.000), die wenigsten in 2010 (rund 57.500). Zwar wurden in 2011 nur rund
11.500 Wehrpflichtige herangezogen, in diesem Jahr gab es aber lediglich einen Termin
für verpflichtende Einberufungen (Januar).
Welche
Geburtsjahrgänge
herangezogen?
wurden
erstmals
zum
Grundwehrdienst
Die ab dem 1. Juli 1937 geborenen Wehrpflichtigen unterlagen der Wehrpflicht und
konnten zur Ableistung des GWD herangezogen werden. Die Jahrgänge zuvor
gehörten zu den sogenannten „weißen Jahrgängen“, die nicht herangezogen werden
durften.
Wie entwickelte sich die Dauer des Grundwehrdienstes seit 1. April 1957 bis zur
Aussetzung der verpflichtenden Einberufung zum Grundwehrdienst?
01.04.1957 - 31.03.1962
01.04.1962 - 30.06.1962
01.07.1962 - 31.12.1972
01.01.1973 - 30.09.1990
01.10.1990 - 31.12.1995
01.01.1996 - 31.12.2001
01.01.2002 - 31.12.2010
01.01.2011 – 30.06.2011
12 Monate
15 Monate
18 Monate
Die ab 01.10.1971 Einberufenen hatten nur noch 15
Monate GWD zu leisten. Sie wurden nach 15
Monaten GWD vorzeitig entlassen.
15 Monate
Die ab 01.10.1989 Einberufenen hatten nur noch 12
Monate GWD zu leisten. Sie wurden nach 12
Monaten GWD vorzeitig entlassen.
12 Monate
Wehrpflichtige, die am 31.12.1995 10 Monate oder
länger GWD geleistet hatten, wurden entlassen; für
die übrigen Wehrpflichtigen wurde die Dienstzeit auf
10 Monate neu festgesetzt.
10 Monate
9 Monate
Für die zum 01.07.2010 und 01.10.2010 einberufenen
Wehrpflichtigen bestand – im Vorgriff auf die zum
01.01.2011 geplante Verkürzung des GWD auf 6
Monate – die Wahlmöglichkeit einer Entlassung aus
dem Wehrdienst nach 6 Monaten Dienstleistung von
insgesamt 9 Monaten.
6 Monate
Zum 1. Januar 2011 wurde letztmalig Wehrpflichtige
auf verpflichtender Basis zur Ableistung des GWD
einberufen.
Grundwehrdienst in der ehemaligen DDR:
Vor dem 01.05.1962 war der Wehrdienst freiwillig.
01.05.1962 – 30.04.1990
Mai 1990 bis 2. Oktober 1990
18 Monate
12 Monate
Zum 2. Januar 1991 wurden erstmals Wehrpflichtige aus dem Beitrittsgebiet zum
Grundwehrdienst in der Bundeswehr einberufen.
Ergänzende Informationen zu Karrierecentern
Es werden insgesamt 16 Karrierecenter eingerichtet werden, acht von ihnen werden
über die Fähigkeit zum Assessment verfügen, d.h. hier werden Bewerber auf ihre
Befähigung und Eignung geprüft. Diesen acht Karrierecentern mit Assessment werden
rund 110 Karriereberatungsbüros der Bundeswehr unterstellt, die in größeren Städten
eingerichtet werden.
Sowohl die Karrierecenter als auch die Karriereberatungsbüros sind mit zivilen wie
militärischen Karriereberatern besetzt. Sie dienen Interessenten sowohl der
militärischen wie der zivilen Laufbahn in der Bundeswehr als erste Ansprechpartner und
können umfassend über die Karrieremöglichkeiten informieren.
Alle Kreiswehrersatzämter (KWEA) werden zum 30. November 2012 formal aufgelöst.
Die KWEA Kiel, Schwerin, Dresden, Magdeburg, Kassel, Saarlouis und Nürnberg
werden als Karrierecenter ohne Assessment weitergeführt. Ein weiteres wird in
Potsdam errichtet. In diesen Karrierecentern finden keine Eignungsprüfungen statt. Sie
verfügen
lediglich
über
ein
Dezernat
Wehrersatz,
das
sich
mit
Dienstleistungsüberwachung und Angelegenheiten der Reservisten befasst, und ein
Dezernat des Berufsförderungsdienstes.
An Standorten, an denen sich derzeit ein KWEA und ein Zentrum für
Nachwuchsgewinnung (ZNwG) befinden (Berlin, Hannover, Düsseldorf und München),
werden beide zu einem Karrierecenter mit Assessment zusammengeführt. An den
bisherigen KWEA-Standorten Stuttgart und Erfurt sowie am bisherigen ZNwG-Standort
Wilhelmshaven entstehen ebenfalls Karrierecenter mit Assessment. Ein weiteres wird in
Mainz errichtet.
Diejenigen KWEA, die künftig nicht als Karrierecenter weiterarbeiten, werden ab dem
1. Dezember 2012 zunächst als Außenstelle eines Karrierecenters weitergeführt. Sie
befassen sich lediglich mit Aufgaben aus dem Bereich der Reservisten und der
Dienstleistungsüberwachung.
Bis zu Beginn des 3. Quartals 2013 wird ein Zentralserver eingerichtet sein, der alle
heute auf dezentralen Servern der KWEA gespeicherten Personaldaten aufnimmt. Auf
den Zentralserver werden alle 16 Karrierecenter Zugriff haben, so dass nach erfolgter
Datenübertragung auch die Aufgaben aus dem Bereich der Reservisten und der
Dienstleistungsüberwachung durch die Karrierecenter wahrgenommen werden können.
Danach haben die Außenstellen der Karrierecenter keine Aufgabe mehr und können
endgültig geschlossen werden. Dies wird im 2. Halbjahr 2013 der Fall sein.
Die in den KWEA noch vorhandenen rund 5,5 Millionen (Papier-)Altakten werden bis
Mitte 2013 in ein zentrales Aktenlager nach Willich (NRW) überführt.
Anekdotensammlung ehemaliger Mitarbeiter in Kreiswehrersatzämtern
Thema: Auch wir waren nicht nur unfehlbar
Der junge Mann wurde von der Arzthelferin in das kleine Zimmer mit der Hörkabine
gebracht. Dort erfolgte eine normale Hörprüfung in der geschlossenen Kabine. Der
Befund wurde von der Arzthelferin auch ordnungsgemäß ausgedruckt, der Raum
wieder verschlossen und die verdiente Mittagspause angetreten. Dumm nur, dass der
junge Mann in der Hörkabine vergessen wurde. Trotz Klopfens erinnerte sich die
Arzthelferin erst 30 Minuten später an den Eingeschlossenen. Erst dann befreite sie ihn.
Ihrerseits würdigte sie ausdrücklich, dass der „ Klaustrophobietest“ gut bestanden
worden wäre….
Thema: Musterungsarzt und Verständigungsschwierigkeiten bei Wehrpflichtigem
mit Migrationshintergrund
Aus der Gruppe der wartenden Wpfl. wurde der junge Mann aufgerufen und gebeten,
mit dem ihm in die Hand gedrückten Plastikbecher den WC Bereich aufzusuchen und
den Becher zur „Urinprobe“ zu füllen.
Nach etwas längerer Wartezeit erschien er wieder aus der Toilette mit vor Anstrengung
hoch rot angelaufenem Kopf und reichte der Laborantin den gefüllten Becher: Der Inhalt
war allerdings nicht flüssig. Die Zielsicherheit war bemerkenswert, hat aber
offensichtlich einige Anstrengungen erfordert…
Thema: Musterungen in der Karnevalszeit in Köln
Es ist mehr als einmal vorgekommen, dass die Karnevalsjecken nach durchgezechter
nächtlicher Feier direkt aus der Kölner Alt- oder Südstadt morgens zur Musterung
erschienen. Dann wurden die Sitzplätze der Wartezimmer kurzerhand als
Ausnüchterungs- und Schlafstätte umfunktioniert. Unnütz zu erwähnen, dass eine
Musterung bei nicht unerheblichem Restalkohol gepaart mit hohem Schlafbedürfnis
nicht möglich war und zu einem späteren Termin wiederholt werden musste. Aber man
hatte ja die notwendige Bescheinigung für den Arbeitgeber…
Thema: Herr Wehrpflichtiger war eine „Frau Wehrpflichtiger“
Immer wieder kam es vor, dass ärztliche Kollegen dem Patienten Peter Müller zur
Identität von Petra Müller verholfen hatten, die Meldebehörden aber dem
Kreiswehrersatzamt weiterhin den männlichen Bürger meldeten. Dieser (diese) wurde
dann zur Musterung geladen. Üblicherweise kam dann der Musterungsbeamte zum Arzt
und verkündete, dass im Wartezimmer Frau Petra Müller mit high-heels, kurzem Rock
und hübscher Handtasche auf die Musterung warten würde…der Arzt hat dann ihre
Untauglichkeit als männlicher Wehrpflichtiger attestiert…
Thema: Musterung und Simulation
Immer wieder gerne gesehen waren all jene Wehrpflichtigen, die so schwer litten, dass
sie sich noch nicht einmal aufgrund schwerster orthopädischer Schmerzen anfassen
und schon gar nicht untersuchen lassen konnten. Gehen oder Stehen waren unmöglich.
Wie sie morgens in ihre Kleidung gekommen waren und den Weg zum
Kreiswehrersatzamt bewältigt hatten, ist bis heute ein medizinisches Rätsel
geblieben….
Thema: Musterung und Beweispflicht
Eine psychische Störung manifestierte ein Wehrpflichtiger eindrucksvoll dadurch, dass
er kurzerhand den Brieföffner der Musterungsärztin ergriff und sich damit mehrfach in
seine linke Hand stach, so dass der Arbeitsplatz hinterher an einen Notoperationstisch
erinnerte. Musterungsärztin und anwesende Arzthelferin zeigten sich beeindruckt. Man
berücksichtigte das Verhalten des Wehrpflichtigen bei der Tauglichkeitsentscheidung.
Thema Missverständnisse und Bedarfsdeckung
Früher waren die Kreiswehrersatzämter auch für die Materielle Bedarfsdeckung
zuständig, d.h. für den sog. V-Fall wurden nach den Leistungsgesetzen beispielsweise
Dienstleistungen, Unterkünfte und Gerät (LKW, Bagger, Kräne usw.) zum Teil von
Privatfirmen in Anspruch genommen.
Dies erfolgte selbstverständlich nach
Rücksprache mit der IHK, der HWK und sonstigen Interessenvertretungen, damit das
Unternehmen nicht in seiner Existenz gefährdet würde. Der betroffene Unternehmer
erhielt einen Bescheid über die Geräte, die er im V-Fall zur Verfügung stellen musste
(d.h. nicht sofort). Dieses "nicht sofort" wurde allerdings oft überlesen....
Ein Busunternehmer, der einen solchen Bescheid über einen seiner Busse erhalten
hatte, rief erbost im Kreiswehrersatzamt an und erklärte dem verdutzten
Fachgebietsleiter in höchster Erregung: "Mich habt Ihr schon gehabt (als
Wehrpflichtigen), meinen Sohn habt Ihr schon gehabt (als Wehrpflichtigen), meine
Busse bekommt Ihr nicht. Wenn Ihr noch etwas von mir haben wollt, nehmt meine
Frau!"
Thema: Einberufung bei Unabkömmlichkeit
…und dann war da noch der Jungbauer, der zum Einberufungstermin seine Kuh
mitbrachte und vor dem Kasernentor ankettete. Zuhause wäre niemand in der Lage,
das Tier während seiner Wehrdienstzeit zu versorgen. Der Unabkömmlichkeitsantrag
war abgelehnt worden…
Noch einmal Tiere
… doch diesmal der Schäfer, der vier seiner Schafe zum Musterungstermin an Leinen,
aber auch auf dem Arm anschleppte um so „beim Amt“ klarzumachen, warum er
keinesfalls „gezogen“ werden kann. Es ist nicht mehr überliefert, ob ihm seine Schafe
bei der Erreichung seines Zieles geholfen haben…

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