Er gab in Herr der Ringe den Ton an
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Er gab in Herr der Ringe den Ton an
31 4. August 2016 Ehrungen Er gab in Herr der Ringe den Ton an Oscarpreisträger Howard Shores Musik untermalt unzählige Hollywood-Perlen Drei Oscars hat seine Filmmusik schon geholt, nun zeichnet auch Locarno den Kanadier Howard Shore aus, mit dem Vision Award Nescens: Das ist so etwas wie der Technikerpreis des Festivals. Bei Shore bedeutet dies Musik. Nicht nur in Herr der Ringe, er hat auch zur bedrückenden Ambiance in Das Schweigen der Lämmer den Klangteppich gelegt oder zu Martin Scorseses Leinwandmärchen Hugo. Die letzteren beiden Filme sind zusammen mit Ed Wood sowie Videodrome von David Cronenberg in Locarno zu sehen. Komponist Shore, der diesen Herbst 70 Jahre alt wird, hat in den letzten zwanzig Jahren wohl jeden Preis abgeräumt, der für Filmmusik vergeben weit, weit über 70 Preise sind es inzwischen. Seine Karriere startete Auch die Musik in Hugo ist von ihm er allerdings als Saxophonist bei der kanadischen Jazz-Rock-Band Lighthouse, die vor allem in der Heimat und in den Anfängen der Hippie-Zeit erfolgreich war. Danach war er lange am US-Fernsehen zu sehen, wo er während fünf Jahren die Band der legendären Show Saturday Night Live leitete. Im Filmgeschäft kam er zunächst hauptsächlich als Dirigent zum Zuge. Mit seinem Landsmann David Cornenberg arbeitet er seit 40 Jahren und 15 Filmen zusammen, aber ganz Hollywood scheint nach seinen Klängen zu gieren. 1991 trug er erstmals seinen Teil zu einem – fünffach – oscargekrönten Film (Das Schweigen der Lämmer) bei. Daraufhin wechselte er mit Mrs. Doubtfire das Fach, die Komödie holte aber ebenso einen Oscar wie daraufhin Ed Wood oder zuletzt Aviator und Hugo von Scorsese sowie Spotlight. Kaum einer kann Shore in dieser Hinsicht Roger Corman der Mentor von Francesco Welti Noch einmal gibt Mario Adorf den Bösewicht, der ihn vor über 50 Jahren im ersten WinnetouFilm nicht nur bei Knirpsen verhasst machte: 2016 mimt er im Remake Winnetou & Old Shatterhand wieder den gemeinen und gierigen Santer, der einst Winnetous schöne Schwester Nscho-tschi erschoss. Töten kann Adorf gut. Schon in Nachts, wenn der Teufel kam (1957) mordete er Frauen, eine Rolle, die ihm den Durchbruch brachte. Als Sohn einer Deutschen und eines Süditalieners in Zürich geboren, pendelte Adorf schauspielerisch früh zwischen dem Süden und Norden. Ebenfalls 1957 drehte er mit Marcello Mastroianni (La ragazza della salina) und ist bei Luigi Comencini in A cavallo della tigre Hauptdarsteller an der Seite von Nino Manfredi. Western und populäre Unterhaltungsfilme prägten seine 1960er-Jahre. Die 1970er beginnt er in Italien, dem Bösen bleibt er treu. Wie wenn er in Il delitto Matteotti (1973) Benito Mussolini verkörpert. Spätestens 1975 wechselt er jedoch die Seiten und auch in Deutschland ins anspruchsvolle Fach. Volker Schlöndorff und Margarethe von Trottas Klassiker Die verlorene Ehre der Katharina Blum zeigt ihn als Kommissar. In Die Blechtrommel als Vater des kleinen Sonderlings Oskar Matzerath, der nicht mehr wachsen will. Der Film erhält es als erster Deutscher Beitrag den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Rainer Werner Fassbinder will Adorf daraufhin mit Barbara Sukowa und Armin Müller-Stahl für Lola. Die Deutschen gehen seltener ins Kino, also zeigt sich Adorf vermehrt auf dem kleinen Bildschirm, wie in der Serie Kir Royal, ein Abräumer, in dem er den Generaldirektor verkörpert. Bei Gianni Amelio (I ragazzi di via Panisperna) darf es sogar ein Minister sein. Adorf ist äusserst fleissig, macht Abstecher nach Frankreich – beispielsweise zu Claude Chabrol. Haupt- und Nebenrollen gezählt, dreht er kaum je weniger als sechs bis sieben Filme pro Jahr. Erst im sechsten und siebten Jahrzehnt das Wasser reichen, nicht einmal Ennio Morricone. Der ganz grosse persönliche Erfolg kam für ihn mit der Herr der Ringe- sowie der HobbitReihe, die ihm seine eigenen Oscars einbrachten. Ans Aufhören denkt er nicht. Ihn interessiert, möglichst unterschiedliche Geschichten zu vertonen, andere Emotionen anzusprechen, Techniken einzusetzen. Neben seiner Filmmusik schrieb Shore, der nach eigenen Angaben im zarten Alter von zehn Jahren zu komponieren begann, auch eine Oper (The Fly) oder etwa ein Klavierkonzert für Starpianist Lang Lang. Die Konzertmusik ist ein zweites, anspruchsvolles Standbein geworden. Am 12. August findet im PalaVideo eine Masterclass mit Howard Shore statt. fwe Einer von vielen italienischen Filmen mit dem Preisträger: A cavallo della tigre mit Nino Manfredi und Adorf läuft am Donnerstag Karrierepreis für Mario Adorf, Begleiter durch 60 Jahre Filmgeschichte MARIO WAR NIE DER TYPISCHE DEUTSCHE seiner Schauspielkarriere beschränkt er sich der unermüdliche 85-Jährige auf drei Filme pro Jahr. Dramen, aber ebenso Komödien wie zuletzt Altersglühen (2014), Speed Dating mit Senta Berger. Mit deutschen Filmpreisen wurde er geradezu überschüttet. Locarno ehrt ihn mit dem Karrierepreis, was Festivaldirektor Carlo Chatrian folgendermassen begründete: “Die diesjährige Retrospektive zum deut- schen Film ist eine wunderbare Gelegenheit, diesen ausserordentlichen Schauspieler zu ehren. Einen Mann, der sich im Autorenfilm ebenso wohl fühlt wie im populären Fach, im Drama ebenso wohl wie in der Ko- mödie: kurz einen Mann, der mit seiner Präsenz nicht nur den deutschen Film, sondern das gesamte europäische Kino geprägt hat, als sei er eine Brücke zwischen Kulturen, Epochen und Ausdrucksformen.” Die Retrospektive stöbert Perlen und populäre Werke aus der Nachkriegszeit auf Nach Italien im Jahr 2014 legt die Festival-Retrospektive nun den Fokus auf das nördliche Nachbarland Deutschland. Sie umfasst 73 Filme aus der Ära des Kanzlers Konrad Adenauers (1949-1963). Es war eine erfolgreiche Zeit: In den 1950ern erreichten die deutschen Kinos Besucherzahlen wie nie mehr. Bis zu 817 Millionen (1956) wurden gezählt, ein Mehrfaches als heute. Im folgenden Jahrzehnt endete das deutsche Kinowunder, die Zahlen brachen ein. Eine Zeit 73 Filme zur Auswahl der leichten Muse? Nur bedingt. Der Überblick über die Werke aus den Nachkriegsjahren zeigt ein differenzierteres Bild. Spannende Projekte entstanden nicht zuletzt, weil es für etliche Kulturschaffende nach Jahren im Exil eine Zeit der Rückkehr in ein freies Deutschland war. Das gab dem Filmgeschäft neue Impulse. Zudem förderte der Wegfall der monopolistischen Strukturen der Vorkriegs- und Kriegszeit vorerst die Vielfalt. Einerseits kann sich das ältere Filmpublikum also auf ein Wiedersehen mit populären Produktionen freuen, mit denen es aufgewachsen ist. Anderseits zeigt die Retrospektive neben Heimat-, Arzt-, Ferienfilme, Komödien und Krimis anspruchsvollen Genrefilms oder auch Werke aus der ehemaligen DDR. Edgar Reitz, der nach wie vor sehr aktive Regisseur, gehört wie Mario Adorf zu den Gästen aus Deutschland des diesjährigen Festivals. Mit Kollegen wie Fritz Lang und Robert Siodmak gehörte er zu jenen, die in dieser Zeit des Übergangs Akzente setzte. Das Retrospektive-Kino ist das Ex-Rex. fwe 90 Jahre alt ist Roger Corman diesen April geworden und hat nach über 400 Filmen als Produzent noch immer nicht genug. Doch auch als Regisseur ist er in jungen Jahren fleissig gewesen, hat hauptsächlich in den 1960er und 70er Jahren fünf Dutzend eigene Filme hergestellt, darunter auch ein bahnbrechendes Werk wie The Little Shop of Horrors (1960). Locarno ehrt ihn als Erneuerer insbesondere, was Produktionsmethoden und Eigenständigkeit betrifft, als einen Förderer von Regietalenten wie Francis Ford Coppola, Martin Scorsese, Jonathan Demme, James Cameron und Ron Howard, von Schauspielstars wie Jack Nicholson, Charles Bronson, Robert De Niro, Sandra Bullock oder Boris Karloff. Eine Art Mentor also, der billig und schnell Filme produzierte, ohne je Geld zu verlieren. Mit wenigen Ausnahmen wie etwa Death Race (2008), der 75 Millionen Dollar einbrachte, ohne beeindruckenden MillionenBudgets oder -gewinne. Mal mietete er sich ein gebrauchtes Filmset und entwarf flugs einen passenden Film dazu, dann liess er von der selben Crew zwei Filme gleichzeitig drehen, ritt auf gerade populären Wellen von Filmgenres mit und verfremdete erfolgreich Western oder Horrorfilme. Seine Serie von Verfilmungen von Werken Edgar Allen Poes gelten heute als Klassiker. 2009 erhielt er einen Ehrenoscar. Stets blieb er unabhängig, reagierte auf Trends, wie als er in Indien einen Ableger gründete. Am Dienstag, 9. August, kann man ihn im Forum erleben. Aus seinem Werk als Regisseur zeigt das Festival als Hommage zudem zwei alte Filme, The Intruder (1962) und Masque of the Red Death (1964), über einen Prinzen, der vor dem “Roten Tod” in sein Schloss flieht und die Bauern in der Gegend terrorisiert. fwe