Beitrag - Dunja Brill
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Beitrag - Dunja Brill
Auf Tod und Teufel? Das „Böse“ in der Gothic-Subkultur für die Gothic-Szene, deren Musikformen, Kleidungsstile, Symbole und Ideen häufig bewusst mit Grenzüberschreitungen und Tabubrüchen agieren. Die Gothic-Subkultur kam in den frühen 1980er Jahren in Großbritannien auf, im Zuge eines musikalischen Genres, welches ursprünglich als „Post-Punk“ bezeichnet wurde. Charakteristische Merkmale dieses Genres – dessen Protagonisten Bands wie Bauhaus, The Cure und Siouxie & the Banshees einschlossen – waren hallende E-Gitarren, langsame, repetitive Drums und klagender Gesang, verschmolzen zu einem verschwommen und unheimlich wirkenden Sound. Die Songtexte drehten sich um die dunklen Abgründe der menschlichen Seele: Tod, Zerstörung und Hass genauso wie unerfüllte Sehnsucht, Leid und Isolation, vielfach gewürzt mit einer guten Prise Mystik, Magie und Okkultismus. Die Präsentation dieser Musik schloss Elemente theatralischer Performance ein, insbesondere bleiches Make-up mit schwarz geschminkten Augen, schwarze Kleidung und dramatische Gesten. Von den Fans übernommen und weiterentwickelt, wurden diese Elemente der Dunja Brill Die Gothics bilden mit ihrer altertümlich bis futuristisch anmutenden schwarzen Kleidung, ihrer kunstvoll gestalteten Schminke und Haartracht sowie ihrer Vorliebe für mystische bis makabere Accessoires eine auffällige Erscheinung in deutschen und europäischen Städten. Trotz ihrer großen Verbreitung und des vermehrten Chart-Einstiegs von Bands, die in der Gothic-Subkultur verwurzelt sind (zum Beispiel Nightwish, L’Âme Immortelle), umweht diese Szene allerdings aus Sicht des Normalbürgers noch immer ein Hauch des Obskuren, Sinistren und Bösen. Assoziationen zu Satanismus, Schwarzen Messen, Nekrophilie, Blutritualen und Selbstmord sind nicht nur in Berichten der Boulevardpresse, sondern auch in den Köpfen vieler Menschen eng mit dem Begriff Gothic verbunden. Andererseits wird die Szene von vielen Kritikern als pubertärer Melancholiekult psychisch labiler Jugendlicher belächelt, welcher – im Gegensatz zum „politischen“ Punk oder HipHop – kein sozial bedeutsames kulturelles Potenzial besäße. Die Beschäftigung der Gothics mit gesellschaftlich tabuisierten Aspekten der Lebenswirklichkeit wie Tod, Leiden, Okkultismus, psychische Grenzerfahrungen, Krieg und menschliche Grausamkeit kann jedoch einen wichtigen Beitrag zum produktiven kulturellen Umgang mit dem Bösen leisten. Subkulturen und ihre künstlerisch-medialen Ausdrucksformen sind in unserer fragmentierten postmodernen Kultur, für die Holert und Terkessidis gar den Begriff „Mainstream der Minderheiten“1 geprägt haben, von besonderer Relevanz. Subkulturelle Szenen kultivieren typischerweise einen spielerischen Umgang mit Tabuzonen der bürgerlichen Gesellschaft, wodurch sie verborgene und verdrängte Aspekte der Gesamtkultur sichtbar machen. Sie bilden somit „feine Seismographen für ,tabuisierte’ Gegenstände und Handlungen“; 2 an ihren ästhetischen Praktiken und Produktionen lassen sich gesellschaftliche Probleme, Konflikte und Defizite ablesen. Dies gilt natürlich in besonderem Maße 174 Eine Auswahl typischen GothicSchmucks gegenüberliegende Seite Das Böse als Mittel der Selbststilisierung – ein weiblicher Gothic als „schwarze Priesterin“ Selbstinszenierung zu zentralen Merkmalen des Gothic-Stils. Die historischen Bedeutungen des englischen Begriffs „Gothic“ – ein Stil mittelalterlicher Architektur und ein Genre von Horrorromanen der Romantik – sind den modernen Gothics durchaus präsent. Die Subkultur bedient sich großzügig aus dem Fundus dieser und anderer Epochen der Kulturgeschichte, und ihre Anhänger verehren mittelalterliche Musik, romantische Dichtung und die schönen Künste häufig genauso wie aktuelle Szene-Stars. Auch fantastische Elemente werden in die Musik, Texte und Kleidung integriert, und spätestens seit Anfang der 1990er Jahre finden sich verstärkt auch futuristische Versatzstücke in der Gothic-Szene. Musik und Kleidung der Szene präsentieren sich heute sehr vielfältig. Gothic hat sich von einer relativ geschlossenen Subkultur zu einer Gemeinschaft überlappender Subgruppen entwickelt, die sich trotz der gemeinsamen Nenner „schwarz“ und „düster“ in Kleidungs- und Musikstilen teils stark unterscheiden. 3 175 Gothic-typische Kleidung umfasst ein breites Spektrum: von historischen Stilen, insbesondere mittelalterlich oder viktorianisch inspirierter Kleidung (zum Beispiel Korsette, opulente Kleider, Piratenhemden, Kutschermäntel), über mystisch-fantastische Elemente, meist aus magisch-okkulten Traditionen oder Vampirsagas (zum Beispiel „Hexenröcke“, religiöse Gewandungen, DraculaCapes), bis hin zu Cyber- und Fetisch-Stilen, größtenteils aus der Techno-Szene und S / M-Szene übernommen (zum Beispiel UV-Licht reflektierende Accessoires, knappe Lackkleidung, hochhackige Plateaustiefel). Unverkennbar spielen Symbole des Okkulten, Angstbesetzten und Bösen bei der Selbststilisierung der Gothics eine Schlüsselrolle. Ob als Aufdruck auf Kleidungsstücken, als Designelement von Einrichtungsgegenständen, als Schmuckanhänger oder als Tatoo-Motiv, das Böse ist in der Szene allgegenwärtig. In Form von magischen Kultzeichen wie Pentagrammen oder umgedrehten Kreuzen, angstbesetzten Tieren wie Fledermäusen oder Spinnen, Insignien des Todes wie Schädeln oder Gebeinen und teils auch Waffen, Blut oder Teufelsfratzen prangt es auf T-Shirts und Taschen, auf Kerzenständern und Aschenbechern, an Ketten und Ohrringen. Gothics sind sich der ursprünglichen Bedeutungen der von ihnen adaptierten Symbole meist zumindest in groben Zügen gewahr und spielen durchaus bewusst mit ihnen. Allerdings übernehmen sie diese selten vollständig. Vielmehr verarbeiten Gothics den Symbolvorrat verschiedener Kulturen, religiöser Strömungen und Epochen zu individuellen Ensembles, in denen neben kulturhistorischen und subkulturellen auch persönliche Bedeutungen einen symbolischen Ausdruck finden. Ein solch eklektischer Gebrauch von Symbolen entspricht der in der Subkultur üblichen Haltung zu spirituellreligiösen Fragen. Im Gegensatz zum weit verbreiteten Vorurteil, Gothics hätten eine starke Affinität zum Satanismus, sind praktizierende Satanisten in der Szene eine Seltenheit. 4 176 Zwar gibt es ein starkes Interesse an theoretischer Auseinandersetzung mit okkulten Lehren, welches auch satanistische Autoren wie Aleister Crowley zu beliebtem Lesestoff in Gothic-Kreisen macht. Ansonsten herrschen in der Szene jedoch atheistische Überzeugungen, ein starkes Interesse an heidnischen, naturreligiösen Ideen sowie eine Tendenz zur Bildung individueller Patchwork-Religionen vor. Spezifische Glaubenssysteme und ihre Vorstellungen von „Gut“ und „Böse“ dienen zwar als Rohmaterial für solche Privatreligionen, die Helsper als „okkult-religiösphilosophische Bricolage“ bezeichnet. 5 Mit Ausnahme einiger weniger Gothics, die sich auf konkrete Strömungen historischen und modernen Heidentums (zum Beispiel die Wicca-Lehre) berufen, werden religiöse oder magische Lehren aber kaum je als Ganzes angenommen. Privater Altar einer WiccaAnhängerin – ein Patchwork spiritueller Strömungen und Epochen gegenüberliegende Seite Das Kreuz als Tatoo-Motiv Der Gebrauch des christlichen Kreuzes, eines der beliebtesten Schmucksymbole der Gothics, illustriert diesen selektiven, kreativen Umgang mit Symbolen und ihren kulturell-religiösen Bedeutungen. Zwar gibt es in der Szene vereinzelt auch gläubige Christen, die das Kreuz primär als konventionelles Glaubenssymbol tragen; der Sänger der bekannten Gothic-Band Lacrimosa ist zum Beispiel bekennender Christ. Zumeist wird das Kreuz von Gothics jedoch nur indirekt mit seinen ursprünglichen religiösen Bedeutungen verbunden. Aufrecht getragen fungiert es hauptsächlich als Todessymbol, welches – wie Totenschädel und Gebeine – im Sinne des mittelalterlichen „Memento Mori’“ (bedenke, dass du sterblich bist) an die Endlichkeit allen irdischen Seins gemahnen soll. Damit verbindet sich ein allgemeiner Weltschmerz, ein Hang zur Melancholie und Nachdenklichkeit, der ein zentraler Bestandteil des Lebensgefühls der Gothics ist. 177 Im Sinne der Existenzphilosophie wird die bewusste Auseinandersetzung mit der Unwägbarkeit und Vergänglichkeit der menschlichen Existenz als Wert an sich betrachtet, als heroischer Blick in den Abgrund des Seins. Das stilisierte Leiden-an-der-Welt der Gothics, welches zudem gerade von älteren Szene-Vertretern häufig mit einem kräftigen Schuss Ironie und Sarkasmus garniert wird, mag zuweilen pathetisch wirken. In einer Gesellschaft, die essenzielle Lebensrealitäten wie Tod, Altern und Verfall hinter die Türen von Heimen und Krankenhäusern verbannt und an die Stelle philosophischer Sinnsuche ein kollektives Glaubensbekenntnis ans Höher-Schneller-Weiter der technischen Machbarkeit setzt, bietet es allerdings einen kulturell bedeutsamen Kontrapunkt. Auch das Tragen des umgedrehten Kreuzes – ursprünglich ein satanistisches Zeichen, das die Umkehrung aller christlichen Werte, also eine Verkehrung von Gut in Böse symbolisiert – ist differenziert zu betrachten. Für einige Gothics stellt es vor allem ein plakatives Element der Provokation dar, das eine Negation bestehender gesellschaftlicher Werte anzeigt und bürgerliche Sensibilitäten schockieren will. Viele hingegen verwenden das Symbol mit komplexeren Hintergedanken. Hier symbolisiert es nicht das „Böse“ an sich, sondern eine generelle Ablehnung doktrinärer Religionen und ihres simplen Gegensatzes zwischen „Gut“ und „Böse“. Zum einen bedingt die in der Szene übliche Auseinandersetzung mit philosophischen und spirituellen Systemen aus verschiedenen Epochen und Kulturen, in denen Gut und Böse häufig nicht als Gegensätze sondern als zwei Seiten einer Medaille auftreten, eine Ablehnung des für monotheistische Religionen typischen Dualismus von „Gott“ und „Teufel“. Zum anderen wird auch der platte Satanismus, der auf einer bloßen Umkehrung dieses Dualismus beruht, für zu einseitig befunden. Vielmehr werden die religiös-moralischen Kategorien „Gut“ und „Böse“ sowie ihre dichotome Konzeption selbst in Frage gestellt. Wenn ein Gott nahezu seine gesamte Schöpfung aus Wut über den Ungehorsam der Menschen durch eine Sintflut grausam vernichtet, wenn ein Gott nach dem Prinzip der Kollektivschuld ganze Landstriche mit schrecklichen Plagen überzieht, wozu braucht es dann noch einen Teufel? Die hier am Beispiel des Kreuzes verdeutlichten Themen werden oft auch in der Gothic-Musik aufgegriffen. Genau wie die Kleidungsstile sind die unter dem Dach der Subkultur vereinten Musikgenres sehr vielfältig, wobei generell eine düstere, entweder melancholisch oder aggressiv getönte Stimmung vorherrscht. Moderne Gothic-Musik umfasst ein breites Spektrum an Sounds und Atmosphären: von sanften, introvertierten Stilen mit Einflüssen aus Folk und Klassik (Neo-Folk und Neo-Klassik) über Rock- oder Metal-Genres (Gothic Rock und Gothic Metal) bis hin zu harschen, martialischen Spielarten elektronischer Musik (Electro and Industrial). Angesichts der teils extrem verschiedenen Klangbilder dieser Gothic-Genres unterscheiden sich natürlich auch die in Songtexten und Tonträger-Artwork verarbeiteten Sujets. Während die lyrisch-melancholische Neo-Klassik, die häufig mit engelsgleichen Frauenstimmen arbeitet, bevorzugt Themen wie Vergänglichkeit, Sehnsucht und Leid in mystisch oder romantisch verklärter Form zelebriert, widmen sich die härteren Genres im Metal- und Electro-Bereich vornehmlich der fast schon hyper-realen Darstellung von Krieg, Zerstörung und Gewalt. In diesen Genres kommen meist „growlige“, geschrieene oder elektronisch verzerrte Männerstimmen zum Einsatz, die dämonisch anmuten. Bestimmte Formen des Gothic Metal operieren zudem mit einem Gegensatz zwischen den beschriebenen weiblichen und männlichen Stimmvarianten – ein recht plakatives aber wirkungsvolles akustisches Spiel mit Gut und Böse, für das die Gothic-Musikpresse den Begriff „the Beauty and the Beast“’ geprägt hat. 178 Mystische, spirituelle oder philosophisch-religiöse Themen tauchen praktisch in allen Subgenres der Gothic-Musik auf, wenn auch teils sehr unterschiedlich verpackt. Die britische Gothic-RockBand Fields of the Nephilim 6 war Ende der 1980er eine der ersten Bands der Szene, die sich in Songtexten und Artwork intensiv mit bestimmten magischen und religiösen Strömungen beschäftigt hat. Der szenetypische Hang zum mystisch-religiösen Patchwork tritt auch hier zu Tage: die Band mischt alte Legenden der Sumerer, einer frühen mesopotamischen Hochkultur, mit Zitaten moderner Magier wie Aleister Crowley oder Austin Osman Spare und Inspirationen des MystikHorror-Schriftstellers H.P. Lovecraft. Auch ernsthafte philosophische Auseinandersetzungen mit religiösen Mythen und Konzepten sind in den experimentelleren Nischen des Gothic zu finden. So hat die österreichisch-schweizerische Gruppe Elend eine Alben-Trilogie 7 über Luzifer veröffentlicht, die dessen Verbannung vom Status des höchsten Engels zum Höllenfürsten durch Gottes Hand verarbeitet; eine Legende, die so zwar nicht in der Bibel, wohl aber in den Apokryphen (außerkanonische frühchristliche Schriften) auftaucht und die schon John Milton in „Paradise Lost“ aufgriff. Die Trilogie erzählt die Geschichte aus der Perspektive des gefallenen Engels. Im Gegensatz zu der im Black Metal – einer explizit satanistischen Metal-Variante, die in Gothic-Kreisen eher selten gehört wird – üblichen Verehrung des Teufels und des Bösen wird Luzifer allerdings als gebrochener Held mit äußerst menschlichen Emotionen porträtiert. Erst der Schmerz über die ungerechte Behandlung durch seinen Schöpfer gebiert seine Wut und Bosheit; ein klassisches Gothic-Motiv, welches auch der vielleicht bekanntesten Gothic-Novelle, Mary Shelleys Frankenstein, ihre die Grenzen zwischen Gut und Böse verwischende Dramatik verleiht. gegenüberliegende Seite Das Böse als Designelement – Gargoyle an einem Kerzen ständer Härtere elektronische Spielarten der Gothic-Musik haben für derlei romantisierte Betrachtungen meist keinen Sinn. Der in Gothic-Clubs derzeit besonders angesagte Electro-Industrial widmet sich – passend zu seinen harten, hämmernden Beats und extrem verzerrten Sounds – gerne historischen oder aktuellen Aspekten moderner Kriege bzw. Vernichtungswaffen und Formen der Gewaltausübung. In Artwork und Textelementen werden hier oft auch historische Quellen verwendet, um der Darstellung eine stärkere Unmittelbarkeit und Realitätsbezogenheit zu verleihen. Fotos von ausgemergelten KZ-Opfern, Gebeinen, Leichenteilen und Schlachtfeldern sind beliebte Cover-Motive, zum Beispiel bei frühen Tonträgern des Projekts Wumpscut. 8 Auch 179 Waffensysteme, Plakate und Soldaten der zwei Weltkriege finden sich häufig im Artwork von Industrial-Veröffentlichungen, zum Beispiel beim schon in der Namenswahl eindeutigen Projekt Feindflug. 9 Die teilweise aus dem Kontext gerissene und nicht ausreichend reflektierte Verwendung solcher historisch vorbelasteter Elemente zu Provokationszwecken ist ohne Zweifel kritikwürdig.10 Wenn jedoch die Electro-Band Skinny Puppy 11 in Texten und Artwork brutal die Grausamkeit von Tierversuchen zur Schau stellt, wenn die Industrial-Band Winterkälte 12 die zerstörerische Ausbeutung von Mensch und Umwelt im post-industriellen Zeitalter thematisiert, so kann dies als Versuch der Bewusstmachung gemeinhin verdrängter gesellschaftlicher Missstände betrachtet werden. Anmerkungen 1 Holert und Terkessidis 1996 2 Richard 1995: 98 3 vergleiche Brill 2006 4 Farin 2001, Schmidt und Neumann-Braun 2004 5 Helsper 1992: 295 6 Fields of the Nephilim: The Nephilim (CD, 1988, Rebel Records); Elysium (CD, 1990, Beggars Banquet) 7 Elend: Leçons de Ténèbres (CD, 1994, Holy Records); Les Ténèbres du Dehors (CD, 1996, Holy Records); The Umbersun (CD, 1998, Music for Nations) Literatur 8 Wumpscut: Dried Blood (EP, 1994, Beton Kopf Media); Gomorra (EP, 1995, Beton Kopf Media) 9 Feindflug: Volk und Armee (CD, 2005, Black Rain) 10 vergleiche Brill 2007, Speit 2002 11 Skinny Puppy: VIVIsectVI (CD, 1988, Nettwerk) 12 Winterkälte: Structures of Destruction (CD, 1998, Hands) Brill, Dunja: Subversion or Stereotype? The Gothic Subculture as a Case Study of Gendered Identities and Representations, Gießen 2006 Brill, Dunja: „Operation Tough Guy“. Die Performanz und mediale Repräsentation von Männlichkeit in der Electro- und Industrial-Szene, in:s Waltraud Ernst, Martina Oster und Marion Gerards (Hrsg.): Performativität und Performance. Geschlecht in Musik, Bildender Kunst, Theater und Neuen Medien, Hildesheim voraussichtlich 2007 Farin, Klaus: Die Gothics. Interviews, Fotografien, Berlin 2001 Holert, Tom und Terkessidis, Mark: Mainstream der Minderheiten. Pop in der Kontrollgesellschaft, Berlin1996 Richard, Birgit: Todesbilder. Kunst, Subkultur, Medien, München 1995 Schmidt, Axel und Klaus Neumann-Braun: Die Welt der Gothics. Spielräume düster konnotierter Transzendenz, Wiesbaden 2004 Speit, Andreas: Ästhetische Mobilmachung. Dark Wave, Neofolk und Industrial im Spannungsfeld rechter Ideologien, Münster 2002 Die Gothics kultivieren auf ästhetischer und ideeller Ebene eine intensive Beschäftigung mit gesellschaftlich tabuisierten Aspekten von Leben und Kultur. Ihr Interesse an okkulten oder heidnischen Symbolen und Praktiken, ihre Faszination für Tod und Verfall, ihr Spiel mit psychischen Grenzerfahrungen und Abgründen sowie ihre teils schonungslose Zurschaustellung menschlicher Grausamkeiten halten unserer Gesellschaft und ihrer scheinbar heilen, technisch kontrollierbaren Welt einen Zerrspiegel vor. Genauer betrachtet trägt die in der Gothic-Subkultur stattfindende Auseinandersetzung mit dem Bösen also durchaus den Keim des Guten in sich. Sie leistet quasi eine Aufarbeitung des kollektiv Verdrängten, indem sie unterschwellig brodelnde gesellschaftliche Problemlagen, Konfliktpotenziale und Defizite ins kulturelle Bewusstsein hievt. 180 Das Böse als Raumdekoration – Regal im Zimmer eines Gothics 181