Veterinärmedizinische Fakultät - Klinik für Vögel und Reptilien
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Veterinärmedizinische Fakultät - Klinik für Vögel und Reptilien
UNIVERSITÄT LEIPZIG Veterinärmedizinische Fakultät Klinik für Vögel und Reptilien Macrorhabdus ornithogaster Macrorhabdus ornithogaster – was ist das? Bei Macrorhabdus ornithogaster handelt es sich um Hefepilze. Früher nahm man an, dass es sich bei diesem Erreger aufgrund seines Erscheinungsbildes um ein Bakterium handelt; deswegen ist diese Art von Hefepilzen auch irreführend unter der Bezeichnung “Megabakterien” bekannt. Der Erreger besiedelt den Verdauungstrakt von infizierten Vögeln, insbesondere die Ausführungsgänge der Salzsäure produzierenden Drüsen im Drüsenmagen. Dadurch kommt es zu einem Anstieg des pH-Wertes. Der betroffene Vogel kann seine Nahrung nicht mehr richtig verdauen und dementsprechend auch nicht genügend Nahrungsbestandteile und Energie aufnehmen. Im weiteren Verlauf der Erkrankung kann es durch die Minderversorgung zu einer Gewichtsabnahme und Schwäche des Vogels kommen. Im Zuge der Erkrankung wird die Immunabwehr des Darmes herabgesetzt. Die Folge ist häufig eine zusätzliche Besiedlung des Darmes mit schädlichen Bakterien. Diese können bei Überwindung der Darmbarriere zu einer bakteriellen Infektion des gesamten Körpers führen. Des Weiteren kann es im Darm und Drüsenmagen zu tiefgreifenden Schleimhautschädigungen kommen. Eine Macrorhabdiose verläuft meistens in Schüben. Lange Zeit können infizierte Vögel ohne Symptome und Beeinträchtigung ihres Allgemeinbefindens bleiben. Häufig bricht die Krankheit in Folge eines schwächenden Ereignisses (etwa eine andere Erkrankung, eine starke Mauser, Eiablage, Jungtieraufzucht, Stress durch Partnerverlust, Neuverpaarung oder Umgebungswechsel) aus. Bei erkrankten Vögeln werden hauptsächlich folgende Symptome beobachtet. Häufige klinische Anzeichen - Gewichtsverlust bei erhaltener bzw. gesteigerter Futteraufnahme - Würgereiz und Erbrechen - Ausscheidung unverdauter Körner mit dem Kot - schwarz verfärbter Kot (Anzeichen von Blutungen im Verdauungsapparat) - deutlich gestörtes Allgemeinbefinden Ist eine Macrorhabdiose ansteckend? Eine Ansteckung anderer Vögel, besonders durch gegenseitiges Füttern oder Koprophagie (Kotfressen) ist prinzipiell möglich. Allerdings wird der Erreger mitunter auch als Zufallsbefund bei gesunden Tieren nachgewiesen, die zeitlebens symptomlos bleiben können. Die alleinige Übertragung des Hefepilzes von einem Vogel auf den anderen bedeutet also nicht automatisch, dass dieser auch daran erkranken wird. Genauso wenig wird ein infizierter Vogel in einer Gruppe den Erreger zwangsläufig auf die restlichen Tiere übertragen. Eine Infektion mit Macrorhabdus ornithogaster ist nicht gleichbedeutend mit einer Erkrankung; der Erreger kann mitunter auch bei symptomfreien Vögeln nachgewiesen werden und muss in diesem Fall auch nicht zwangsläufig behandelt werden. Jungtiere allerdings, deren Immunsystem sich noch in der Entwicklung befindet, können eine Infektion mit Macrorhabdus ornithogaster meist noch nicht abwehren. Aus diesem Grund sollten mit Macrorhabdus infizierte Vögel nicht zur Zucht eingesetzt werden. Universität Leipzig Klinik für Vögel und Reptilien An den Tierkliniken 17, 04103 Leipzig Telefon: (0341) 97-38405 Telefax: (0341) 97-38409 E-mail: [email protected] Generell sind alle Papageienvögel gegenüber einer Macrorhabdiose empfänglich, betroffen sind jedoch vor allem Wellensittiche. Auch Kanarienvögel und Prachtfinken können sich infizieren. Für Menschen und andere Haustiere ist der Erreger völlig ungefährlich. Wie wird behandelt? Ob und wann eine Behandlung nötig ist, wird im Einzelfall entschieden. Eine Therapie erfolgt in der Regel bei klinisch erkrankten Vögeln und/oder bei starkem Befall. Der einzige gegen Macrorhabdus ornithogaster als wirksam getesteter Wirkstoff ist Amphotericin B. Dies ist in Form einer flüssigen Suspension erhältlich, die bei Macrorhabdiose über 28 Tage hinweg zwei Mal täglich direkt in den Schnabel eingegeben werden muss. Die Therapie mit Amphotericin B ist im Allgemeinen gut verträglich. Der Wirkstoff ist zwar potentiell leber- und nierenschädigend, wirkt aber überwiegend direkt im Verdauungstrakt und gelangt bei intakter Darmschleimhaut kaum in den Blutkreislauf. Diese ist allerdings durch die Macrorhabdiose oft schon stark geschädigt, weshalb es wichtig ist, die Organe des Patienten in den ersten Tagen der Therapie mit Infusionen zu unterstützen, bis sich die Darmschleimhaut regeneriert hat. Bei Sekundärinfektionen (zusätzlichen bakteriellen Infektionen) ist außerdem eine Behandlung mit einem Antibiotikum nötig. Bereits stark abgemagerte und geschwächte Vögel werden bei uns in der Klinik anfangs mit leicht verdaulichem Spezialfutter zwangsernährt, da sie in diesem Zustand normales Körnerfutter kaum noch verdauen können. Wegen dieser unterstützenden Maßnahmen ist im Allgemeinen für den Beginn einer Therapie ein Klinikaufenthalt notwendig. Sobald sich der Zustand des Patienten ausreichend stabilisiert hat und der Besitzer in der Lage ist, das Medikament einzugeben, kann die Behandlung zu Hause zu Ende geführt werden. Eine Behandlung über das Trinkwasser ist nicht möglich, da das Medikament nicht wasserlöslich ist. Zudem trinken Vögel aus trockenen Klimazonen, wie zum Beispiel Wellensittiche, sehr wenig und unregelmäßig, was eine genaue Dosierung unmöglich machen würde. Was muss nach der Therapie beachtet werden? Leider ist eine komplette Erregerelimination nicht möglich. Dies bedeutet, dass der Vogel zeitlebens infiziert bleibt, auch wenn er nach der Therapie wieder symptomfrei ist. Im besten Fall kann der Vogel auch für den Rest seines Lebens symptomfrei bleiben. Oft kommt die Krankheit aber nach stressenden oder schwächenden Situationen erneut zum Ausbruch, was eine wiederholte Behandlung nötig machen kann. Von großer Wichtigkeit sind deshalb bei Macrorhabdus–Patienten optimale Haltungsbedingungen und Vermeidung von Stress. Mit Macrorhabdus ornithogaster infizierte Vögel sollten regelmäßig gewogen werden, um einen erneuten Gewichtsverlust rechtzeitig zu erkennen. Die bereits aufgeführten Symptome können Anzeichen eines eventuellen Neuausbruches einer Macrorhabdiose sein und somit eine erneute Vorstellung beim Tierarzt nötig machen. Das Wachstum von Macrorhabdus ornithogaster wird durch Zucker begünstigt. Deshalb sollten infizierte Vögel eine zuckerarme Ernährung erhalten. Vermieden werden sollten Nahrungsmittel wie süßes Obst und zuckerhaltige Ergänzungsfuttermittel wie „Knabberstangen“ oder „Kräcker“. Darüber hinaus sollte darauf geachtet werden, dass die verwendete Körnermischung keinen versteckten Zucker oder Honig enthält. Zwar enthalten Vitamin- und Mineralstoffpräparate wie bspw. Korvimin-ZVT® kleine Mengen an Zucker, diese sind jedoch sehr gering, so dass auf eine regelmäßige Gabe solcher Mittel nicht verzichtet werden muss. Bei weiteren auftretenden Fragen oder Problemen können Sie uns persönlich kontaktieren. Universität Leipzig Klinik für Vögel und Reptilien An den Tierkliniken 17, 04103 Leipzig Telefon: (0341) 97-38405 Telefax: (0341) 97-38409 E-mail: [email protected]