Bilder im Vergleich
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Bilder im Vergleich
Bilder im Vergleich Informationen und Unterrichtsbeispiele zur vergleichenden Bildbetrachtung von klassischer und zeitgenössischer Kunst erarbeitet vom Arbeitskreis Kunsterziehung Leitung des Arbeitskreises Elisabeth Mehrl, ISB Mitglieder des Arbeitskreises Jens Knaudt, Renate Stieber, Otmar Wagner Verantwortlich für den Inhalt Jens Knaudt (Autor) 1 Bilder im Vergleich Lehrplan für das Profilfach Kunsterziehung 10.2 Klassische Moderne • Kubismus • Expressionismus • Surrealismus Einblicke in Kunstäußerungen des 20. Jh. • Neue Sachlichkeit • Propagandistische Kunst in totalitären Systemen • Abstrakter Expressionismus • Informel • Pop Art • Land Art • Installation • Performance Systematische Werkbetrachtung • Kunsthistorische Zusammenhänge erkennen • Kunstwerke vergleichen • persönliche Eindrücke und Wertschätzungen formulieren Der Zugang zur zeitgenössischen Kunst ist schwer. Ziel des Kunstunterrichts ist das Erreichen einer Bildkompetenz im Hinblick auf die klassischen Bildwerke, aber auch „auf unbekanntem Terrain“. Die Jugendlichen sollen sich sprachlich wie gestalterisch mit Kunstwerken aller Art und aus allen Epochen auseinandersetzen können. Sie sollen befähigt werden, sich sachgerecht zu Bildwerken zu äußern (erkennbare Thematik und Technik beschreiben und Gestaltungsmittel analysieren) und eine eigene Stellungnahme zu formulieren (Eindruck, Aussage, Wirkung bzw. Deutung). Nicht nur im Blick auf die Abschlussprüfung ist die vergleichende Werkbetrachtung die geeignete Methode. Die Beschreibung, die Analyse aller Gestaltungsmittel und die Deutung der Bildwerke sind in den vorangegangenen Jahren vertieft worden. Eine Gegenüberstellung von klassischen und zeitgenössischen Werken wird also durch die Anwendung der erlernten und trainierten Mittel der Bildbetrachtung erleichtert (vgl. Arbeitsheft „Bilder lesen und verstehen“, ISB 2011). Der Zugang zur zeitgenössischen Kunst wird möglich, wenn es gelingt, einen Zusammenhang sowohl mit der Lebenswelt der Jugendlichen, als auch mit ihren bisherigen Kenntnissen und Erfahrungen herzustellen. Claude Monet, Heuschober, 1891 Mario Merz: Dreier-Iglu, 1985 (Meisterwerke der Kunst Mappe 50/ 2002) 2 Bilder im Vergleich Eine Werkbetrachtung befasst sich grundsätzlich mit der Beschreibung, der Analyse der Gestaltungsmittel und der Deutung. Ein Vergleich kann folgende Formen haben: Klassische Kunst Vergleichskriterium Zeitgenössische Kunst z. B. Leonardo da Vinci: „Mona Lisa“ Thema z. B. Porträt, Landschaft, Stillleben z. B. Andy Warhol: „Marylin“ z. B. Flegel: „Stillleben mit Kirschen“ Technik z. B. Claes Oldenburg: z.. „french fries an ketchup“ z. B. Claude Monet: „Heuschober“ Gestaltungsmittel Farbe, Form, Raum, Licht, Komposition z. B. Mario Merz; „Dreier-Iglu“ z. B. Adolph v. Menzel: „Flötenkonzert Friedrichs II. In Sansscouci“ Deutung/Aussage z. B. Rebecca Horn: „Der Schildkrötenseufzerbaum“ Aufgabenformen und Anforderungen Bei einem Vergleich liegt die Beantwortung in einer tabellarischer Übersicht nahe, wenn es um die sichtbar ablesbaren Unterschiede geht oder die unterschiedliche Bildwirkung. Gemeinsamkeiten können auch in einem zusammenhängenden Text formuliert werden. Eine persönliche Stellungnahme der Jugendlichen zu Kunstwerken ist ausdrücklich gewünscht – und auch gefordert. Die Würdigung bzw. Wertung bezieht sich auf eine fundierte Äußerung, die einen Bezug zu den oben genannten Kriterien bzw. Fachbegriffen herstellt. Jede Meinung muss fachlich begründet sein. Georg Flegel, Stillleben mit Kirschen, 1635 (Meisterwerke der Kunst, Mappe 35/1987) Claes Oldenburg, French Fries and Ketchup, 1963 (Meisterwerke der Kunst, Mappe 52/2004) Ein Nachstellen des Bildmotivs - oder der Vergleich mit einem eigenen passenden Bild wie im nebenstehenden Beispiel - schärft den Blick für die Vergleichskriterien. Das eigene Tun erleichtert die Beurteilung des Bildausschnitts oder des Betrachterstandpunkts, die genaue Wahrnehmung von Farbigkeit und Textur oder auch die Würdigung der Absicht des Betrachters. Griechisches Frühstück, 2011 3 Bilder im Vergleich Besonderheiten moderner Kunstformen Viele Werke der Moderne, z. B. Pop Art, Abstrakter Expressionismus und Informel, sind in den traditionellen Darstellungsformen ausgeführt. Während der Vergleich von Zeichnungen, Gemälden und Fotografien, Plastiken, Objekten und Architektur den Schülern bereits bekannt ist, stellen andere Kunstäußerungen des 20. und 21. Jahrhunderts etwas Ungewohntes dar, z. B. Installation, Performance oder Land Art. Diese Kunstäußerungen erschließen sich nicht so leicht wie ein Gemälde, weil sich der gedankliche Hintergrund und die künstlerische Aussage nicht immer gleich ablesen lassen. Hier ist zusätzliche Information nötig. Installation: Anordnung von mehreren Objekten, die in den Raum greift und auf einen bestimmten Ort und/oder eine Situation Bezug nimmt. Dabei können auch Licht und Klang zum Einsatz kommen. In der abgebildeten Installation sind aus den Trichtern Stimmen von Menschen zu hören, die von einem schrecklichen Ereignis aus ihrem Leben erzählen. Sie werden von jedem gehört, der sich ihnen widmet. Die Installation ähnelt dem Environment: Ein dreidimensionales Objekt ist so aufgestellt, dass es vom Betrachter um- bzw. begangen werden kann. So entsteht ein Zusammenhang von Objekt und Umgebung. Rebecca Horn, Der Schildkrötenseufzerbaum, 1994 (Meisterwerke der Kunst, Mappe 53,2005) Land Art: Kunstform, bei der die Landschaft selbst und ihre Bestandteile wie Pflanze, Stein, Wasser ge- und benutzt werden. Der Mensch setzt sich direkt mit der Natur auseinander, sein Werk ist dabei in der Regel ebenso vergänglich wie die natürliche Umgebung, in der es sich befindet und aus der es gemacht ist. Die Gestaltung ist den Gegebenheiten der Natur unterworfen. Das Werk kann deshalb nur vor Ort oder in Fotografie und Film gesehen werden. Robert Smithson, Spiral Jelly, 1970 (Meisterwerke der Kunst, Mappe 39,1991) Performance: handlungsbetonte und damit im Gegensatz zur Installation - vergängliche künstlerische Darbietung an einem bestimmten Ort in einer bestimmten Zeit. So gibt es zu der nebenstehenden Performance von Joseph Beuys Fotoserien und Filmaufnahmen, die zeigen, wie der Wolf sich in dieser Situation verhält und wie er dem „Hirten“ den Mantel wegreißt. Joseph Beuys, Performance „Coyote“, 1974 (Meisterwerke der Kunst, Mappe 55,2007) 4 Bilder im Vergleich Meret Oppenheim „Frühstück im Pelz“, 1936 Hintergrundinformationen zur Verfügung zu stellen ist sinnvoll und fördert zudem fächerübergreifend den Umgang mit Texten. Dabei sollten jedoch ausschließlich fachlich fundierte Quellen herangezogen werden. Um den Jugendlichen einen angemessenen Zugang zu ermöglichen, der ihrem Bildungsstand entspricht, ist es erforderlich, ihnen eine Art Fragenkatalog für die Erschließung des Kunstwerks an die Hand zu geben. Er ist in dieser Art für jedes Werk brauchbar, ob Gemälde oder Plakat, Grafik oder Installation. Fragenkatalog 1 Erster Eindruck Was fällt dir ein, was fällt dir auf? 2 Beschreibung Was ist zu sehen? Was fällt besonders auf? In welcher Technik ist es gemacht? 3 Analyse der Gestaltungsmittel In der Abfolge oder Herangehensweise ist bei jedem Kunstwerk wichtig, dass zunächst ein „erster Eindruck“ formuliert wird. Wie naturgetreu ist es gemacht? Wie ist die Farbigkeit? Wie ist die Anordnung im Raum? Die systematische Betrachtung kann den ersten Eindruck bestätigen, möglicherweise aber auch erweitern oder verändern. 4 Absicht und Deutung Die Beschreibung der Absicht des Künstlers bezieht in der Regel Hintergrundwissen mit ein; die in der Analyse genannten Gestaltungsmittel werden in einen sachlichen Zusammenhang gestellt mit der künstlerischen Absicht. Die Wirkung ist immer subjektiv, sollte sich aber mit Verweis auf die Gestaltungsmittel sachlich begründen lassen. Welche künstlerische Absicht verfolgt der Künstler? Welche Mittel setzt er ein, um dies zu erreichen? Welche Wirkung hat es auf mich/ auf den Betrachter und wie lässt sich das begründen? 5 Bilder im Vergleich Hier liegen drei Kunstwerke mit drei völlig unterschiedlichen Landschaftsauffassungen aus verschiedenen Kunstrichtungen vor: Land Art, Expressionismus und Romantik. Vergleichbar sind sie zum Beispiel in Hinblick auf Farbgebung und Raumwirkung, Bildaufbau und Wirklichkeitsnähe. Dabei lassen sich Ähnlichkeiten und Unterschiede aufzeigen. Mögliche Aufgabenstellung: Erstelle eine Übersicht zu Ähnlichkeiten und Unterschieden der drei Landschaftsdarstellungen hinsichtlich 1 Bildinhalt 2 Analyse der Gestaltungsmittel Form Farbe Raumwirkung Komposition Caspar David Friedrich, Der einsame Baum, 1822 (Meisterwerke der Kunst,Mappe 01,1953) 3 Wirkung auf den Betrachter Nutze dazu die Tabelle mit Informationen zu Christos Kunstwerk auf Seite 7. Im Gegensatz zur Landschaftsmalerei von Karl Schmidt-Rottluff und Caspar David Friedrich ist die raumgreifende Land Art von Christo für die Schüler eine wenig bekannte Kunstform, zumal das reale Kunsterlebnis in der Abbildung nicht nachzuvollziehen ist. Karl Schmidt-Rottluff, Pommersche Moorlandschaft, 1931 (Meisterwerke der Kunst, Mappe „Kunst in der Verfolgung“, 1987) Um sich dem Werk zu nähern, bieten sich zusätzlich zum Fragenkatalog auf Seite 5 und den Hintergrundinformationen auf Seite 4 dem Werk angepasste Leitfragen an: • Was verändert sich durch den Talvorhang in der Natur? • Was wird hervorgehoben, was wird verdeckt? • In welchem Verhältnis steht die Farbe Orange des Vorhangs zu den Farben der Natur? • Welche Wirkung soll beim Betrachter erreicht werden? Christo und Jeanne-Claude, Valley Courtain 1970-1972 (Meisterwerke der Kunst, Mappe 54, 2006) 6 Bilder im Vergleich Unterrichtsbeispiel In der hier dargestellten Art werden Bildvergleiche in den Abschlussprüfungen Kunst vorgelegt. Ein übergeordnetes Thema, wie hier „Musik“, erleichtert den Zugang zu Bildanalyse und Deutung. Bildvergleich Malerei des Realismus – Rauminstallation im 20. Jahrhundert Rebecca Horn, Der Schildkrötenseufzerbaum, 1994 (Meisterwerke der Kunst, Mappe 53,2005) Aufgabenstellung Adolph v. Menzel, Flötenkonzert Friedrichs II. in Sanssouci, 1852 (Meisterwerke der Kunst, Mappe 53, 2005) Ihnen liegen die Reproduktionen von zwei Kunstwerken vor, die sich mit dem Thema Musik befassen. 1) Beschreiben Sie für die Rauminstallation den Einfluss von Größe und Aufbau auf die Wirkung für den Betrachter. 2) Vergleichen Sie in einer tabellarischen Darstellung beide Kunstwerke hinsichtlich Bildaufbau und Bildwirkung. Gehen Sie dabei auch auf den jeweiligen Bezug des Werks zur Musik ein. 7 Bilder im Vergleich Unterrichtsbeispiel In diesem Fall bieten sich als Vergleichskriterien zum Beispiel die halbkugelige Form an, aber auch die Einbeziehung von Lichtstimmung oder Lichtwirkung. Bildvergleich Malerei des Impressionismus – Rauminstallation des 20. Jahrhunderts Mario Merz: Dreier-Iglu, 1985, Dreiteilige Iglu-Installation aus Eisen, Glas, Schraubzwingen, Stein, Reisig, Neonlicht, max. Höhe 440 cm, max. Durchmesser 800 cm; Wilhelm-Lehrbruck-Museum, Duisburg (Meisterwerke der Kunst Mappe 50/ 2002) Aufgabenstellung Ihnen liegen die Reproduktionen von zwei Kunstwerken vor, die sich sehr unterschiedlich mit den Thema Raum und Licht befassen. 1) Vergleichen Sie die beiden Kunstwerke hinsichtlich des Umgangs mit dem Raum und der Lichtführung. 2) Beschreiben Sie die Wirkung der Installation auf den Betrachter. Claude Monet, Heuschober, 1891 3) Ein Heuschober ist kein Iglu. Erläutern Sie Ähnlichkeiten und Unterschiede der Gebilde. 4) Wie unterscheidet sich die Absicht des impressionistischen Malers Claude Monet von der Zielsetzung von Mario Merz? Lesen Sie dazu die Hintergrundinformationen (vgl. Meisterwerke der Kunst 50/2002-12) genau durch. 8