Helfen, aber wie? - Blaues Kreuz Wien

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Helfen, aber wie? - Blaues Kreuz Wien
Helfen, aber wie?
Wie kann ich dem
Alkoholkranken helfen?
Zusammengestellt von
Hermann HOFSTETTER
Helfen, aber wie?
Sie versuchen, dem Kranken zu helfen und werden dabei
unwissentlich zu einem Verbündeten der Abhängigkeit
Hilfsangebote für Alkoholiker gibt es sehr viele. Sie reichen von den Hausärzten,
Suchtberatungsstellen, Krankenhäuser, Psychologen bis hin zu Selbsthilfeeinrichtungen, wie
Wohngemeinschaften, Anlaufstellen, Freizeitangeboten, Gesprächsgruppen der Selbsthilfe
und auch ambulante und stationäre Therapieangebote und Therapieeinrichtungen.
Das Hilfsangebot für Alkoholiker ist breit gefächert. Welche Hilfe für einen Alkoholiker das
Richtige ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Jeder abhängige Mensch ist ein Individuum und
brauch eine spezielle auf ihn zugeschnittene Behandlungsform. Das hängt auch von seinen
bisherigen Lebensumständen ab. Nicht jeder Alkoholkranke ist sozial isoliert und kann
einfach so ein neues Leben beginnen.
Die Nüchternheit sollte zwar immer an erster Stelle stehen, dennoch spielen die
vorhandenen Lebensumstände eine Rolle. Sind die Familienangehörigen bereit, dem
Alkoholiker zu helfen, dann sollten sie zum Beispiel von der Therapieeinrichtung mit
einbezogen werden, denn ein trockener Alkoholiker verändert nicht nur seine
Lebensumstände, sondern auch oft seine ganzen Verhaltensweisen, was sich wiederum auf
sein soziales Umfeld, wie auch auf die Familie bis hin zu seinem Arbeitsplatz auswirken
kann. Deshalb sollten auch Familienangehörige bereit sein und sich im klaren darüber sein,
das auch auf sie einige Lebensveränderungen zukommen, wenn sie dem Alkoholiker helfen
möchten.
Hilfe für Alkoholiker ist eine Aufgabe, die das gesamte Umfeld des Betroffenen betrifft, denn
nur nicht trinken und das alte Leben weiterführen, reicht nicht aus, um dauerhaft nüchtern zu
bleiben. Allerdings ist auch anzumerken, dass ein Alkoholiker selbst selten weiß, welche
Hilfe für ihm die Richtige ist. Meist möchte er so wenig Veränderungen, wie möglich und
strebt eine ambulante Entgiftung, Therapie oder den Besuch einer Selbsthilfegruppe an.
Wenn ein Alkoholiker Hilfe möchte, heißt es ja, wenn er es ehrlich meint, dass er oder sie
selbst nicht mehr weiter weiß und Hilfe möchte. Das heißt aber auch, das seine bisherigen
Wege, sollte er oder sie schon selbst öfter versucht haben mit dem trinken aufzuhören, nicht
die richtigen Wege gewesen sein konnten. Deshalb sollte bei der Hilfe für Alkoholiker darauf
geachtet werden, dass andere Wege gegangen werden.
Die Angst des Alkoholikers, sich seiner Alkoholkrankheit zu stellen, diese Erfahrung haben
viele alkoholkranke Menschen gemacht, aber erkannt hat, dass er oder sie alkoholkrank ist,
wird neue Wege gehen und jede Hilfe annehmen. Deshalb ist handeln wichtig und nicht nur
das Reden. Ist der Alkoholiker nicht zum handeln bereit, wie zum Beispiel die Entgiftung
unter ärztlicher Kontrolle und eine eventuelle Therapie, kann das bedeuten, dass die Einsicht
noch nicht wirklich vorhanden ist.
Dies resultiert aus der noch nicht wirklich gereiften Erkenntnis, dass er wirklich
alkoholabhängig ist und noch nicht unbedingt zu wirklichen Lebensveränderungen bereit, die
aber eine dauerhafte Nüchternheit voraussetzen.
Wie kann ich dem "nassen" Alkoholkranken helfen?
Einem "nassen" alkoholkranken Menschen zu sagen, er soll aufhören zu trinken, ist ebenso
unsinnig, wie einem Asthmatiker zu sagen, er solle aufhören zu husten.
Zunächst sollte Ihnen aber klar sein, dass der Alkoholkranke in jedem, der ihm helfen will
einen Gegner sieht, der ihm seinen Alkohol wegnehmen will. Rechnen Sie in jedem Fall mit
zum Teil aggressiver Gegenwehr! Erst wenn der Betroffene selbst erkannt hat, dass er ein
Alkoholproblem hat, ist er bereit sich helfen zu lassen und etwas zu unternehmen.
Diese Einsicht wird aber nur erreicht, wenn der Betroffene an den Folgen seiner Trinkerei
mehr leidet, als der Alkoholkonsum ihm andererseits noch Lustgewinn oder Trost verschafft.
Erst unter diesem Leidensdruck wird er bereit sein, sich helfen zu lassen.
Bis zu dieser Erkenntnis des Alkoholkranken haben Sie es in der Angehörigenrolle sehr
schwer. Wenn Sie erkannt haben, dass ein Ihnen nahe stehender Mensch ein
Alkoholproblem hat, sollten Sie folgende Punkte beachten:
Suchen Sie für sich selbst eine Beratungshilfe (z.B. Sucht- oder
Familienberatungsstelle, Selbsthilfegruppe). Dort können Sie offen über Ihre
Probleme sprechen und bekommen fachlichen Rat.
Informieren Sie sich über die Alkoholkrankheit! Je mehr Sie über die Krankheit
wissen, umso besser können Sie mit ihr umgehen, auch als Angehörige/r.
Informieren Sie den behandelnden Arzt des Alkoholkranken über Ihre
Beobachtungen und äußern Sie Ihren Verdacht hinsichtlich der Alkoholkrankheit. Das
hat nichts mit Verrat zu tun, sondern ist eine Möglichkeit, dem Betroffenen zu helfen.
Machen Sie keine Vorwürfe mehr, denn der Kranke macht sich diese selbst. Ständige
Vorwürfe führen zu Aggressionen und können das Trinken verstärken.
Vermeiden Sie es, den Alkoholkranken zu kontrollieren. Das bringt nichts und reibt
nur unnötig Ihre Nerven auf. Schlimmstenfalls ruft das Trotzreaktionen seitens des
Alkoholkranken hervor. Auch das Zuteilen von gewissen Alkoholmengen ist sinnlos,
das führt allenfalls vermehrt zum heimlichen Trinken. Wenn Sie dem Alkoholkranken
seinen Stoff entziehen (durch wegschütten oder verstecken), wird er sich neuen
Vorrat besorgen und/oder auch sehr aggressiv darauf reagieren.
Lügen oder vertuschen Sie nicht! Fehlt der Alkoholkranke beispielsweise bedingt
durch seine Trinkerei am Arbeitsplatz oder versäumt er andere Termine, ist das sein
Verschulden. Solche "Rettungsaktionen" Ihrerseits machen es dem Süchtigen leicht,
weiterzutrinken, da er ja keine unangenehme Erfahrungen durch sein Trinken macht.
Er muss selber für solche Ausfälle gerade stehen, das verschärft den Leidensdruck.
Versorgen Sie den Alkoholkranken nicht mit Alkohol! Wenn der Betroffene trinken
will, muss er selber dafür sorgen! Auch das verschärft unter bestimmten Bedingungen
den Leidensdruck enorm, beispielsweise wenn der Betroffene sich nach einem
Alkoholexzess sehr schlecht fühlt und das wiederum mit Alkohol bekämpfen will.
Auch wenn es schwer fällt, versuchen Sie in allen Situationen sachlich zu bleiben.
Finden Sie das richtige Maß - verhalten Sie sich nicht zu nachgiebig, aber auch nicht
zu ablehnend. Der Alkoholkranke muss aus Ihrem Verhalten heraus erkennen und
spüren, dass er Ihre Unterstützung hat, wenn er etwas gegen seine Krankheit
unternimmt.
Versuchen Sie Streitsituationen zu vermeiden. Das ist in der Praxis nicht einfach,
zumal der Alkoholkranke oft gerade mit dem Streit sucht, der ihm zu helfen versucht.
Enttäuschungen und Verletzungen schmerzen sehr, dennoch versuchen Sie mit der
Einstellung "Ein Kranker kann mich nicht kränken" zu leben.
Viele alkoholkranke Menschen haben bedingt durch ihren Alkoholkonsum finanzielle
Probleme. Machen Sie dem Betroffenen bewusst, dass er Schulden hat, jedoch
übernehmen Sie diese auf keinen Fall. Das würde sein Fehlverhalten vertuschen und
keine Hilfe für den Betroffenen sein, weil er durch seine Alkoholabhängigkeit neue
Schulden verursachen wird. Sie selber lassen sich dadurch in diesen Teufelskreis
reinziehen.
Sprechen Sie mit Ihren Angehörigen (Kindern, Verwandten, Freunden) sachlich über
die Alkoholkrankheit, damit Verständnis und nicht Verachtung für den Alkoholkranken
entsteht. Machen Sie den Alkoholkranken nicht zum Sündenbock der Familie, das
würde nichts an der Situation ändern.
Ist Ihr Lebens- oder Ehepartner der/die Betroffene, dann machen Sie sexuellen
Kontakt von Nüchternheit abhängig! Sie vermeiden damit Enttäuschungen und
Erniedrigungen.
Wenn Sie Schritte androhen, etwas zu unternehmen, seien Sie in Ihrem Handeln
konsequent! Ein ständiges Androhen von irgendwelchen Konsequenzen Ihrerseits
wird nicht ernst genommen. Wenn der Alkoholkranke keine Konsequenzen zu
befürchten hat, wird er sich nicht ändern.
Sprechen Sie mit dem Alkoholkranken über die Alkoholkrankheit und
Hilfsmöglichkeiten, nur wenn er nüchtern ist oder zumindest einen nüchternen
Eindruck macht.
Denken Sie bei allem auch an sich selbst. Unternehmen Sie Dinge, die Ihnen Spaß
machen (Hobbies, Sport etc.). Üben Sie Gelassenheit durch Entspannungsmethoden
oder autogenes Training.
Wenn Ihr trinkender Partner nicht einsichtig wird und sich die Situation immer weiter
verschärft, machen Sie Ihre Trennungsabsicht deutlich (z.B. nachdrücklich durch
einen Anwalt). Weisen Sie darauf hin, dass Sie bei Ihrem Partner bleiben werden,
wenn er Hilfe annimmt und sich behandeln lässt.
Auch hier ist Konsequenz wichtig und notwendig, denn ständiges Drohen wird nicht
ernst genommen.
Da ein Alkoholiker oft sein neues Leben noch nicht überblicken kann, die Angehörigen auch
nicht so genau wissen, wie sie dem Alkoholkranken helfen können, wäre es gerade für diese
ratsam, eine Selbsthilfegruppe für Angehörige zu besuchen.
Auch wenn Sie denken: „Wozu soll das gut sein?“. Sie werden erstaunt erfahren, was es
noch alles gibt, was Sie bisher noch nicht wussten und sie werden Mitmenschen dort treffen,
die genau wissen, wovon Sie reden, wovor Sie jetzt Angst haben und Ihnen Informationen
und gute Tipps geben, wie man das alles miteinander durchsteht.
Wie kann ich dem "trockenen" Alkoholkranken helfen?
Den Entschluss zum alkoholabstinenten Leben kann der Betroffene letztlich nur selbständig
und alleine fassen. Als Angehörige haben Sie jedoch die Möglichkeit ihm in seiner Abstinenz
unterstützend zu helfen.
Leben Sie gemeinsam mit Ihrem Partner alkoholabstinent! Wenn Sie mit Ihrem Partner
gemeinsam auf Alkohol verzichten, zeigen Sie damit Einfühlungsvermögen und Verständnis.
Sie meiden gemeinsam den Stoff, der zuvor Ihr gemeinsames Leben vergiftete.
Alkoholkranke werden zwar selten die Mitabstinenz ihrer Angehörigen verlangen, sind aber
dankbar, wenn diese ihnen selbstverständlich entgegengebracht wird und sie damit nicht
alleine sind.
Sorgen Sie dafür, dass genügend und verschiedene alkoholfreie Getränke im Hause
sind. Meiden Sie Alkoholvorräte im Haus! Machen Sie es zur Selbstverständlichkeit,
dass es bei Ihnen keinen Alkohol gibt. Gastlichkeit kann man auch zeigen, indem
man leckere alkoholfreie Drinks anbietet.
Sollte bei einer Feierlichkeit in Ihrem Haus doch Alkohol angeboten werden, sorgen
Sie dafür, dass angebrochene Flaschen und Reste so schnell wie möglich entsorgt
werden.
Meiden Sie Vorwürfe, die die Zeit vor der Abstinenz betreffen. Ziehen Sie einen
Schlussstrich unter die Ärgernisse der Vergangenheit, denn diese Wunden dürfen
nicht immer wieder aufgerissen werden. Schauen Sie nach vorne und nicht zurück.
Schließen Sie sich gemeinsam einer Selbsthilfegruppe für Betroffene und Angehörige
an. Das ist sowohl für den Betroffenen, als auch für Sie nahezu lebensnotwendig! Sie
laufen so nicht in Gefahr in die Isolation zu geraten, Sie lernen neue Freunde kennen,
die Ihre Sorgen und Probleme teilen und ebenfalls abstinent leben. Sie brauchen die
Gemeinschaft der abstinenten Gruppe, um Erfahrungen der anderen aufzunehmen
und eigene Fehler zu vermeiden. Beispielsweise würde ein zu besorgtes und
beschützendes Verhalten den trockenen Alkoholkranken beeinträchtigen und
bedrücken.
Üben Sie wieder echte Partnerschaft ein! Während der Trinkzeit des Betroffenen war
es notwenig, dass Sie alle Angelegenheiten regelten und häufig Entscheidungen
alleine treffen mussten. Sie fühlten sich für den Kranken mitverantwortlich. Der
Partner ist jetzt aber nüchtern und Sie können alles gemeinsam besprechen und
regeln. Ihr trockener alkoholkranker Partner muss seine Erfahrungen selber machen
können, dazu gehören auch schmerzliche Erfahrungen. Erst dann kann er lernen, wie
er mit Enttäuschungen, Angst und anderen unguten Gefühlen umgehen kann, ohne
gleich wieder zur Flasche zu greifen. Sie als Angehöriger müssen lernen, Ihrem
Partner nichts von seinen Aufgaben abzunehmen, auch dann nicht , wenn Sie
meinen, dass Sie es vielleicht besser machen würden. Darüber hinaus müssen Sie
lernen, sich wieder um Ihr Leben zu kümmern, anstatt auf das Ihres Partners
aufzupassen.
Nehmen Sie sich Zeit für Gespräche. Sprechen Sie offen über Gefühle, Probleme,
Sorgen, Ängste und Hoffnungen. Das schafft eine Vertrauensbasis, die durch die
Trinkerei zerstört wurde. Achten Sie bei Meinungsverschiedenheiten darauf, sachlich
zu bleiben. Versuchen Sie sich gegenseitig zu verstehen.
Machen Sie eine innerliche Inventur. Fragen Sie sich, was Ihnen fehlen wird, wenn
der Abhängige nicht mehr abhängig ist. Sollten Sie sich über Jahre hinweg daran
gewöhnt haben, Dinge zu tun, die die alkoholabhängige Person jetzt wieder selbst
tun will, so heißt das nicht, dass Sie sich automatisch dabei wohlfühlen.
Co-Abhängigkeit
Der Begriff Co-Abhängigkeit ist abgeleitet von "Co-Dependency"
und wird häufig undifferenziert benutzt. In erster Linie sind
Personen gemeint, die ein zwanghaftes Bedürfnis nach
Zuwendung, Aufmerksamkeit und Bestätigung haben und ihr
gesamtes Selbstwertgefühl von den Reaktionen ihrer Umwelt
abhängig machen. Häufig wird er im Bereich der
Abhängigkeitserkrankungen verwendet, dort bezieht er sich auf
Menschen, die mit Abhängigen zu tun haben, als Angehöriger,
Freund oder professioneller Helfer. In Fachkreisen wird auch von
"Angehörigen von Suchtkranken" gesprochen.
Ferner wird der Begriff häufig in Verbindung mit Beziehungssucht, Romanzensucht und
Sexsucht verwendet. Bei allen drei Gruppen gibt es untereinander Überschneidungen. CoAbhängige müssen aber weder in Beziehungen leben noch müssen ihre Angehörigen
Suchtproblematiken aufweisen.
Symptome von Co-Abhängigkeit
Co-Abhängige orientieren sich in ihrem Handeln an anderen. Manche Co-Abhängige machen
andere Menschen zum Mittelpunkt ihres Lebens. Ihr eigenes Leben scheint ihnen
unbedeutend und langweilig. Das Gefühl von Bedeutung erfahren sie in den Reaktionen ihrer
Umwelt. Sie sind süchtig nach Anerkennung und opfern alles dafür, was bis zur völligen
Selbstverleugnung gehen kann. Es wird immer die Opferrolle in Beziehungen (zu Partnern,
Kollegen, Familienangehörigen und anderen) gesucht; meist eine Helfer-Rolle in
aussichtsloser Position. So kommt es häufig vor, dass Co-Abhängige in Beziehungen zu
süchtigen Menschen geraten, die sie „retten“ wollen. Dabei sehen sie sich meist als Märtyrer.
Nicht selten ketten sie ihr eigenes Schicksal an das eines Anderen, möglichst ein „Verlierer“,
mit dem sie dann mit „Wehenden Fahnen“ untergehen können. So kommt es z. B. zur
völligen Überschuldung bei dem Versuch, einem Heroinsüchtigen zu helfen, oder zum
Burnout bei dem Versuch, die Firma durch Überstunden und völlige Verausgabung zu retten.
Da die Co-Abhängigkeit auch eine psychosomatische Erkrankung ist, können die
körperlichen Symptome sehr vielfältig sein. Zum schon erwähnten Burnout über Adipositas
(Fettsucht), Migräne , Beziehungssucht , Magersucht und Angstneurosen gibt es vielfältige
Formen. Häufig ist es sehr schwer, die eigentliche Problematik dahinter zu erkennen.
Wann ist ein Mensch ein Co-Abhängiger?
Viele der oben genannten Symptome und Verhaltensweisen sind auch bei gesunden
Menschen anzutreffen. Pathologisch ist es dann, wenn die Lebensqualität massiv
beeinträchtigt ist, das Handeln als zwanghaft erlebt wird und letztlich auch die physische
Gesundheit bedroht ist. Es verhält sich ganz ähnlich wie beim Alkoholismus : Das Gläschen
zum Essen ist noch nicht das Problem. Erst wenn es zum Zwang wird, ist es
höchstwahrscheinlich eine Erkrankung.
Ursache für Co-Abhängigkeit
Die Ursachen sind wie bei den meisten psychischen Erkrankungen schwer auszumachen.
Alles spricht aber für das multifaktorielle Modell , also eine Mischung soziologischer
Ursachen, kognitiver Ursachen und genetischer Dispositionen. Meist kommen Co-Abhängige
aus dysfunktionalen Familien, was aber nicht immer der Fall sein muss. Allen gemein ist aber
ein mangelndes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen .
Therapie von Co-Abhängigkeiten
Es gibt kein allgemeingültiges Verfahren. Viele Co-Abhängige finden eine bessere
Möglichkeit, mit sich und ihrem Leben umzugehen, indem sie in Selbsthilfegruppen gehen,
Kuren in psychosomatischen Kliniken oder ambulante Therapien machen. Einige können
dann ein selbstbestimmteres und erfüllteres Leben erreichen. Dieses bedarf meist langer
Jahre der Auseinandersetzung mit sich und dem eigenen Verhalten. Für einige bleibt dies ein
lebenslanger Prozess. Ohne Hilfe sehen nicht wenige Co-Abhängige im Suizid ihre einzige
Lösung oder gehen an den körperlichen Symptomen ihrer Krankheit zu Grunde.
Co-Abhängigkeit im Zusammenhang mit Abhängigkeitserkrankung
In diesem Fall wird unter Co-Abhängigkeit verstanden, dass neben der abhängigen Person
noch weitere Personen in die Abhängigkeit verwickelt sind. Im Umfeld der Alkoholkrankheit
kennt man die Aussage, dass zu jedem der trinkt auch mindestens einer gehört, der es
zulässt . In manchen Kreisen wird auch der Begriff Co-Alkoholiker in diesen Zusammenhang
benutzt.
Es stellt sich also die Frage, warum jemand die Beziehung zu einem Abhängigen nicht
beendet, sondern sogar unterstützt, indem er ihm immer wieder sein Suchtmittel mitbringt
oder mit Geld dafür aushilft. Die andere Variante ist die, dass Angehörige mit allen Mitteln
versuchen, den Abhängigen zu manipulieren. Das Suchtmittel wird versteckt oder
weggeworfen, der Abhängige wird regelmäßig mit Vorhaltungen konfrontiert. Co-Abhängige
versuchen so, Einfluss zu nehmen und die Situation nach ihren Vorstellungen zu gestalten.
Gründe können sein, dass der Co-Abhängige damit seine partiellen Minderwertigkeitsgefühle
kompensieren oder soziale Anerkennung erhalten will (siehe auch Helfersyndrom ). Diese
Aussage trifft allerdings nicht immer zu und die Motivation einer Mutter, die z. B. ihr Kind vor
dem Untergang durch Drogen retten will, kann auch eine andere sein. Jedoch bleibt auch
hier der Einflussbereich begrenzt, letztlich sind es die Abhängigen, die innerlich bereit sein
müssen, Hilfe anzunehmen und von sich aus etwas an der Situation ändern zu wollen, um
das selbstzerstörerische Verhalten zu beenden. Das manipulative Verhalten von Abhängigen
verstrickt fast immer alle in Co-abhängiges Verhalten, die längere Zeit im unmittelbaren
Umfeld mit ihnen leben. Diese „Hilfsbereitschaft“, die auch fatal für beide Seiten enden kann,
wird von außen häufig mit Anerkennung gesehen, weshalb der Co-Abhängige häufig seine
Rolle bei der Unterhaltung der Abhängigkeit nicht erkennt.
Deshalb ist es bei der Behandlung von Abhängigen sinnvoll und wichtig, auch dessen
Bezugspersonen (Partner, Familienangehörige, ...) mit in die Therapie einzubeziehen. So
können sie erkennen, welchen Schaden sie genommen haben, welche Rolle sie
übernahmen in diesem destruktiven Verhaltenskontext und wodurch sie die Abhängigkeit
(latent) unterstützt haben. Viele der Selbsthilfegruppen verschiedener Abhängigkeiten bieten
auch Hilfen (in eigenen Selbsthilfegruppen) für Angehörige oder Partner an.
Neben dem Partner leiden auch Kinder einer Beziehung mit einem Abhängigen nicht
unerheblich. So finden typischerweise immer wieder erhebliche Ausgrenzungen statt,
besonders wenn es lautstarke und/oder rabiate Auseinandersetzungen gibt (nicht selten über
Kleinigkeiten). Diesen stehen die Kinder meist sehr hilflos gegenüber. Dies verhindert oft das
Erlernen entsprechender Kompetenzen - z. B. die Beurteilung, wann und wie auf einen
Anlass adäquat zu reagieren ist. Diese soziale Unsicherheit ist oftmals wiederum Ursache für
die Abhängigkeitserkrankung der Kinder - ebenso wie die (noch immer nicht zweifelsfrei
nachgewiesene) genetische Disposition.
Beratung, Betreuung, Hilfe und Unterstützung finden Sie beim Blauen Kreuz.
Blaues Kreuz Wien und Wien - Umgebung, 1140 Wien, Felbigergasse 60/1
Telefon: 0699 14651902, e-mail: [email protected], Internet: www.alkoholhilfe.at
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