Rechtliche Anforderungen an den Bildschirmarbeitsplatz
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Rechtliche Anforderungen an den Bildschirmarbeitsplatz
Rechtliche Anforderungen an den Bildschirmarbeitsplatz In den letzten Jahren wurde viel über rechtliche Regelungen rund um den Bildschirmarbeitsplatz geredet. Als die langersehnte Bildschirmarbeitsverordnung dann mit fast vier Jahren Verspätung endlich kam, war dies kaum jemandem eine Mitteilung wert. Die folgenden Fragen und Antworten sollen Ihnen deshalb die aktuelle Rechtslage verdeutlichen. Allgemein Welche Richtlinien, Gesetze und Verordnungen existieren zu Bildschirmarbeitsplätzen? Die Rahmenrichtlinie 89/391/EWG "Arbeitsschutz" vom 12. Juni 1989 ist die grundlegende Gemeinschaftsregelung für den betrieblichen Arbeitsschutz mit den Pflichten der Arbeitgeber sowie Rechten und Pflichten der Arbeitnehmer. Zentrale Aspekte sind Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer. Eine Konkretisierung dieser Rahmenrichtlinie erfolgt in 13 Einzelrichtlinien zu bestimmten Themen oder für bestimmte Branchen. Die 5. Einzelrichtlinie ist die "Bildschimrichtlinie" 90/270/EWG vom 29. Mai 1990. Die EU-Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, die Arbeitsschutzrichtlinien in nationales Recht umzusetzen. Nach langer Verzögerung trat das sogenannte "Arbeitsschutzgesetz" (ArbSchG) als Umsetzung der Rahmenrichtlinie am 21. August 1996 in Kraft. Dieses Gesetz stellt eine Ermächtigungsgrundlage für Rechtsverordnungen in Deutschland, insbesondere zur Umsetzung der EU-Einzelrichtlinien, dar. Die "Bildschirmarbeits-Verordnung (BildscharbVO)" stellt nun als Bestandteil (Artikel 3) der Verordnung zur Umsetzung von EG-Einzelrichtlinien zur EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz vom 21. November 1996 die Umsetzung der Einzelrichtlinie 90/270/EWG dar. Sie trat am 20. Dezember 1996 in Kraft. Wer ist von diesen Richtlinien, Gesetzen und Verordnungen betroffen? EU-Rahmenrichtlinie 89/392/EWG "Arbeitsschutz" Die Richtlinie findet Anwendung auf alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche. Damit sind nahezu alle Arbeitsplätze betroffen. Ausnahmen: spezifische Tätigkeitsbereiche im öffentlichen Dienst, z. B. bei den Streitkräften, der Polizei und beim Katastrophenschutz. EU-Richtlinie 90/270/EWG "Bildschirmrichtlinie" Die Richtlinie findet Anwendung auf alle Bildschirmarbeitsplätze. Ausnahmen: Registrierkassen, Geldautomaten, Fahrer- bzw. Bedienerplätze von Fahrzeugen und Maschinen, u.ä. Arbeitsschutzgesetz "ArbSchG" Das Gesetz gilt in allen Tätigkeitsbereichen. Hausangestellte in privaten Haushalten und Beschäftigte auf Seeschiffen sind jedoch nicht betroffen, ebenso Betriebe, die dem Bundesberggesetz unterliegen. Bildschirmarbeits-Verordnung "BildscharbVO" (Artikel 3 der Artikelverordnung) Diese Verordnung gilt für die Arbeit an Bildschirmgeräten. Ausnahmen: Registrierkassen, Geldautomaten, Fahrer- bzw. Bedienerplätze von Fahrzeugen und Maschinen, u.ä. Die Verordnung gilt jedoch nicht in Betrieben, die dem Bundesberggesetz unterliegen. Für deutsche Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist das Arbeitsschutzgesetz "ArbSchG" und die Bildschirmarbeits-Verordnung "BildscharbVO" rechtsverbindlich. Rechte und Pflichten Welche Rechte und Pflichten hat der Arbeitgeber? Grundpflichten des Arbeitgebers sind u.a. Rechte und Pflichten Welche Rechte und Pflichten hat der Arbeitgeber? Grundpflichten des Arbeitgebers sind u.a. "die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernde Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben". "zur Planung und Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes hat er für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen" "Kosten für Maßnahmen nach diesem Gesetz darf der Arbeitgeber nicht den Beschäftigten auferlegen." "Er hat die Tätigkeit der Beschäftigten so zu organisieren, daß die tägliche Arbeit an Bildschirmgeräten regelmäßig durch andere Tätigkeiten oder durch Pausen unterbrochen wird, die jeweils die Belastung durch die Arbeit am Bildschirmgerät verringern". "Er hat die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen." Den ersten und wichtigsten Schritt stellt hierbei eine Arbeitsplatzanalyse dar, die der Arbeitgeber durchzuführen hat. Gegebenenfalls sind hiernach entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Sind mehrere gleichartige Arbeitsplätze vorhanden, so muß diese Analyse stellvertretend nur für einen Arbeitsplatz durchgeführt werden. Das Ergebnis dieser Analysen muß dokumentiert werden. Diese Dokumentation muß bis spätestens 21. August 1997 vorliegen. Von der Dokumentationspflicht ausgenommen sind Betriebe mit weniger als 10 Mitarbeitern. Eine Arbeitsplatzanalyse kann auch mit "einfachen Mitteln" durchgeführt werden. Dies bedeutet: • es sind keine externen Firmen oder wissenschaftliche Untersuchungen notwendig • Sicherheitsfachkräfte/Betriebsärzte können z.B. solche Analysen durchführen. Empfohlen wird die Aufstellung eines entsprechenden Projektteams, bestehend z. B. aus Betriebsarzt, Sicherheitsfachkraft, Betriebsrat, etc. • im wesentlichen ist ein Soll-Ist-Vergleich (Check-Liste), mindestens gemäß den Bestimmungen des Anhangs BildscharbV0 erforderlich. Jedoch können andere Empfehlungen berücksichtigt werden (wie der Entwurf "Gestaltungsregeln" der Berufsgenossenschaften). Zu diesem Thema sind bereits von einigen Instituten umfassende Check-Listen und Analyseverfahren erstellt worden. Welche Rechte und Pflichten hat der Arbeitnehmer? Der Arbeitnehmer • hat das Recht auf eine ärztliche Untersuchung der Augen und des Sehvermögens, vor Aufnahme der Tätigkeit und anschließend in regelmäßigen Zeitabständen, sowie beim Auftreten von Sehbeschwerden, die auf die Arbeit am Bildschirmgerät zurückgeführt werden können. • hat das Recht auf spezielle Sehhilfen für die Arbeit an Bildschirmgeräten, wenn die Ergebnisse einer Untersuchung (s.o.) ergeben, daß spezielle Sehhilfen notwendig und normale Sehhilfen nicht geeignet sind. • ist verpflichtet, nach seinen Möglichkeiten, sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers, für seine Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen. • hat insbesondere Maschinen, Geräte, Werkzeuge, Arbeitsstoffe, Transportmittel bestimmungsgemäß zu verwenden. Begriffserläuterungen Was ist ein Bildschirmgerät? "Ein Bildschirmgerät ist ein Bildschirm zur Darstellung alphanumerischer Zeichen oder zur Grafikdarstellung, ungeachtet des Darstellungsverfahrens." Damit sind Monitore mit einer Bildröhre (Braun'sche Röhre) genauso betroffen wie moderne LCD-Displays, künftige Plasmabildschirme, etc. Was ist ein Bildschirmarbeitsplatz? "Ein Bildschirmarbeitsplatz ist ein Arbeitsplatz mit einem Bildschirmgerät, der ausgestattet sein kann mit • Einrichtungen zur Erfassung von Daten, • Software, die den Beschäftigten bei der Ausführung ihrer Arbeitsaufgaben zur Verfügung steht, • Zusatzgeräten und Elementen, die zum Betreiben oder Benutzen des Bildschirmgerätes gehören, oder • sonstigen Arbeitsmittel, sowie die unmittelbare Arbeitsumgebung." Was sind Beschäftigte? "Beschäftigte im Sinne dieser Verordnung sind Personen, die gewöhnlich bei einem nicht unwesentlichen Teil ihrer normalen Arbeit ein Bildschirmgerät benutzen". Dies wird nicht weiter konkretisiert. Ein guter Ansatz zur Beurteilung von "nicht unwesentlicher Teil" ist die Übernahme der niederländischen Definition von ca. 2 Stunden. Jedoch dient diese Zeitangabe lediglich zur groben Orientierung. Sonstiges Welche Bildschirmgeräte müssen bis wann ersetzt werden? Nach einer Arbeitsplatzanalyse, d. h. z. B. nach einem Soll-Ist-Vergleich gemäß Anhang der BildscharbV0, kann die Einleitung von Maßnahmen zum Arbeitsschutz erforderlich sein und damit ggf. der Austausch von Bildschirmgeräten. Ein Anhaltspunkt, ob Bildschirmgeräte diesen Anforderungen der BildscharbV0 entsprechen, ist die Zertifizierung nach "TÜV Ergonomie geprüft". Sind bestehende Bildschirmgeräte nach den entsprechenden Kriterien geprüft und zertifiziert, so werden diese auch künftig den Forderungen der BildscharbV0 entsprechen. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, daß eventuell Grafikkarte und/oder Treiber angepaßt/ersetzt werden müssen. Zudem gilt: Alle Bildschirmgeräte, die "Leben oder Gesundheit" des Arbeitnehmers gefährden, müssen umgehend ersetzt werden. Geräte, die nicht "Leben oder Gesundheit" gefährden, aber den ergonomischen Anforderungen nicht genügen, müssen bis zum 31.12.1999 ausgetauscht werden. Welche Größe müssen Bildschirmgeräte haben? Der Anhang der BildscharbV0 definiert: "Die auf dem Bildschirm dargestellten Zeichen müssen scharf, deutlich und ausreichend groß sein sowie einen angemessenen Zeichen- und Zeilenabstand haben". Eine Bildschirmgröße ist hier also nicht rechtsverbindlich gefordert. EIZO empfiehlt den Einsatz von 17 Zoll-Geräten bei der Verwendung von "Windows" oder ähnlichen grafischen Benutzeroberflächen. Welche Zertifizierungen sind für ein Bildschirmgerät notwendig? Verbindliche Vorschriften für die Zertifizierungen existieren in der BildchirmarbVO nicht ausdrücklich. Bildschirmgeräte, die nach MPR II geprüft und zertifiziert sind, dürften jedoch den Mindestanforderungen der Richtlinie und den Empfehlungen der Berufsgenossenschaften im Entwurf zur "UVV-Bildschirmarbeit" genügen. Geräte, die die TCO 99-Plakette tragen, sind nach derzeit strengsten Grenzwerten geprüft und erfüllen die Forderung der Richtlinie in jedem Fall. Ausblick Was ist die Rechtsgrundlage für eine Unfallverhütungsvorschrift? Neben den staatlichen Vorschriften existieren im Bereich des Arbeitsschutzes auch solche der Berufsgenossenschaften und zwar hauptsächlich Unfallverhütungsvorschriften, aber auch Sicherheitsregeln oder sogenannte berufsgenossenschaftliche Grundsätze. Die Berufsgenossenschaften sind Einrichtungen der Selbstverwaltung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern mit öffentlich-rechtlichem Charakter. Für die Unternehmen besteht eine Pflicht zur Mitgliedschaft in der jeweils zuständigen Berufsgenossenschaft. Sie ist unter anderem eine Versicherung zugunsten des Arbeitnehmers z.B. bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Die Berufsgenossenschaften sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und nach Branchen gegliedert. Gesetzliche Grundlage der Arbeit der Berufsgenossenschaften ist die Reichsversicherungsordnung (RVO) und hier insbesondere § 708 Abs. 1 RVO. Dieser besagt: "Die Berufsgenossenschaften erlassen Vorschriften über: 1. Einrichtungen, Anordnungen und Maßnahmen, welche die Unternehmer zur Verhütung von Arbeitsunfällen zu beachten haben, sowie die Form der Übertragung dieser Aufgaben auf andere Personen, 2. das Verhalten, das die Versicherten zur Verhütung von Arbeitsunfällen zu beachten haben, 3. ärztliche Untersuchungen von Versicherten, die vor der Beschäftigung mit Arbeiten durchzuführen sind, deren Verrichtung mit außergewöhnlichen Unfall- oder Gesundheitsgefahren für sie oder Dritte verbunden ist, 4. die Maßnahmen, die der Unternehmer zur Erfüllung der sich aus dem Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit ergebenden Pflichten zu treffen hat. Die Vorschriften werden von der Vertreterversammlung beschlossen." Die Berufsgenossenschaften werden also zum Erlaß von Unfallverhütungsvorschriften (UVVs) ermächtigt. Diese können Bestimmungen zu den Themen der Nrn. 1 bis 4 enthalten und sind für Arbeitgeber und -nehmer verbindlich. Erarbeitet werden UVVs in den sogenannten Fachausschüssen, in denen die einzelnen Berufsgenossenschaften vertreten sind. Die Mitglieder entsenden hierzu folgende Institutionen: Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, Hersteller und Anwender von technischen Arbeitsmitteln. Hinzu kommen Experten der Berufsgenossenschaften bzw. der Gewerbeaufsicht und andere Experten. Beschlossen wird eine UVV von der paritätisch zusammengesetzten Vertreterversammlung der jeweiligen Berufsgenossenschaft (je zur Hälfte Arbeitgeber- und Versichertenvertreter). Zudem bedarf eine UVV nach Anhörung der Bundesländer der Zustimmung des Bundesarbeitsministers (§ 709 RVO).