Mr. Bee und Mr. Lee spielen um AC Milan

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Mr. Bee und Mr. Lee spielen um AC Milan
IM BLICKFELD
Mr. Bee und Mr. Lee spielen um AC Milan
Börsen-Zeitung
Thesy Kness-Bastaroli, Mailand
23 April 2015
961 words
German
BORSZT
8
Copyright 2015. Börsen-Zeitung, Frankfurt
Von Thesy Kness-Bastaroli, Mailand
Börsen-Zeitung, 23.4.2015
Der chinesische Unternehmer Richard Lee mit seiner Seilschaft und der thailändische Banker Bee
Taechaubol peilen beide die Mehrheitsbeteiligung beim Fußballverein AC Milan an. Noch im April soll die
Entscheidung fallen, wer von den beiden zum neuen Großaktionär des einst glorreichen, inzwischen aber
auf Platz Nummer 9 in der Nationalliga degradierten Mailänder Fußballvereins avanciert.
Sicher ist, dass Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi nach 30-jähriger Mehrheitsbeteiligung beim einst
glorreichen Klub sein Engagement verringern will. Leistungsmäßig konnte Milan in den letzten Jahren in
der Serie A und im Europacup nicht mithalten. Deshalb scheint Analysten die Bewertung von 1,1 Mrd.
Euro seitens Berlusconis Familienholding Fininvest etwas übertrieben.
Investitionen in Fußballer
Das US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" nennt einen Wert von knapp 800 Mill. und Mailänder Analysten
sprechen von knapp über 500 Mill. Euro. AC Milan weist Schulden von 250 Mill. Euro auf, hat die
Bilanzsaison 2013/14 mit einem Verlust von 90 Mill. Euro abgeschlossen und will bis zu 300 Mill. Euro in
ein neues Fußballstadion am alten Mailänder Messegelände Portello investieren. Um wieder auf Trab zu
kommen, muss in Spieler investiert werden.
Aber AC Milan ist nicht der einzige italienische Fußballverein, der unter die Fittiche der Asiaten geriet. Vor
zwei Jahren erwarb der indonesische Medienmogul Erick Thohir die Mehrheit von Milans Stadtrivalen FC
Internazionale, kurz Inter genannt. Der Mailänder Erdölmagnat Massimo Moratti kassierte für die 70 %
Inter-Anteile 250 Mill. Euro. Der neue Eigentümer und Fußballfan Thohir hat mit Inter bislang keine allzu
große Freude gehabt: Der 18-fache italienische Meister, der in der Spielsaison 2009 nicht nur den
Meistertitel der Nationalliga, sondern gleichzeitig auch die Champions League gewann und nationaler
Pokalsieger wurde, rangiert inzwischen auf Rang Nummer 10 der Nationalliga. Eine Epoche des einst
glorreichen Mailänder Fußballs ist zu Ende.
Immer mehr italienische Fußballvereine werden ins Ausland verkauft. AS Roma, derzeit Zweiter in der
Nationalliga, wurde vor vier Jahren vom US-Unternehmer Thomas De Benedetto aus Boston erworben.
Die römische Baufamilie Sensi und Unicredit hatten ihre Mehrheitsbeteiligung an dem hoch
verschuldeten, weiterhin börsennotierten Fußballverein De Benedetto zu einem Preis von 70,3 Mill. Euro
überlassen. An der Börse sind derzeit drei Fußballvereine notiert, auch der von der FiatUnternehmerfamilie Agnelli bzw. deren Holding Exor mehrheitlich kontrollierte italienische Meister
Juventus. Dieser avanciert aller Wahrscheinlichkeit nach, im vierten Jahr in Folge, auch in der Spielsaison
2014/15 zum Sieger der Nationalliga. Juventus mit einem geschätzten Umsatz von 302 Mill. Euro zählt zu
Europas reichsten Clubs.
Italien blickt auf China ...
Die alte Dame, wie der Turiner Verein auch genannt wird, hat im letzten Jahr massiv (50 Mill. Euro) in neue
Spieler investiert und plant diese Strategie fortzusetzen. Die Börsenkapitalisierung von Juventus macht
319 Mill. Euro aus. Damit übertreffen die Turiner, auch was die Finanzkraft betrifft, ihre zwei römischen
Fußballgegner. AS Roma weist eine Kapitalisierung von 211 Mill. und Stadtrivale Lazio von 57 Mill. Euro
auf. Die Mehrheit des Lazio-Kapitals wird vom mehrfach verurteilten Großgrundbesitzer und
Bauunternehmer, dem Lazio-Präsidenten Claudio Lotito, kontrolliert.
"Wir blicken mit großem Interesse auf den chinesischen Markt", ließ Berlusconi-Tochter und AC-MilanGeschäftsführerin Barbara Berlusconi kürzlich wissen. Dies lässt ahnen, dass die Unternehmerfamilie
Berlusconi, die über Fininvest knapp 90 % von AC Milan kontrolliert, dem chinesischen Bieter aus
Hongkong, Richard Lee und seiner Seilschaft, den Vorrang gibt. Die Frage ist jedoch, welcher der beiden
Interessenten, Mr. Lee oder Mr. Bee, der ebenfalls gemeinsam mit chinesischen Investoren und einer
Finanzgesellschaft aus Singapur die Mittel auftreiben will, finanzkräftiger ist.
"Die Marke Milan hat ein riesiges Potenzial auf dem asiatischen Markt", wurde der thailändische Broker
Taechaubol von italienischen Medien zitiert. Er kündigte vergangenen Sonntag an, den Deal mit
Berlusconi bis zum 26. April unter Dach und Fach bringen zu wollen. Das wird schwierig sein. Die Frage in
Mailand ist, ob der thailändische Banker und Immobiliengigant die nötigen Mittel aufbringt. Angeblich will
er auf Raten kaufen: erst 20 % Anteile, um diese dann stufenweise auf 65 % aufzustocken. Hingegen will
Mr. Lee 75 % erwerben und mit der Marke des Fußballklubs in China Geschäfte machen. Doch er lässt
sich mit seiner Offerte Zeit. Sollten Mr. Bee und Mr. Lee nicht die nötigen finanziellen Mittel aufbieten, so
könnte die Due Diligence auch anderen Interessenten frei stehen: etwa der chinesischen Dalian Wanda
Group, die primär an dem neuen Stadion interessiert ist.
Das Bankhaus Lazard sondiert bereits seit einem Jahr etwaige Interessenten für den Fußballklub.
Angeblich waren anfänglich auch arabische Fonds an AC Milan interessiert, diese haben sich
zurückgezogen. Wie dem auch sei, in Mailand herrscht derzeit ein starker asiatischer Südost-Wind. Nicht
nur am Fußballmarkt. Auch bei Immobilien. Palazzo Broggi, einstiger Sitz der größten italienischen Bank
Unicredit, wurde nach monatelangen Verhandlungen vom chinesischen Konglomerat Fosun
übernommen. Mit 345 Mill. Euro überboten die Chinesen die arabischen Interessenten. Fosun hat vor
kurzem auch 35 % Anteile an dem Herrenmode-Hersteller Caruso erworben und sich die
Mehrheitsbeteiligung beim Club Med gesichert. Laut einer KPMG-Studie haben die Chinesen in den
letzten Jahren über 10 Mrd. Euro in Italien investiert. Allein im Jahr 2014 wurden 13 Deals im Wert von 4,9
Mrd. Euro geschlossen. Damit lag Italien - nach Großbritannien - an zweiter Stelle als der von den
Chinesen bevorzugte Investitionsstandort.
... und China auf Italien
Die Mode-und Designmetropole Mailand dürfte bevorzugtes Ziel der Chinesen sein. So hat die
Unternehmerin Zho Chongyun hier die renommierte Modefirma Krizia übernommen. Und während der
Weltausstellung Expo in Mailand sind die Chinesen mit zwei gigantischen Pavillons am Messegelände und
einem im Mailänder Stadtzentrum der größte ausländische Aussteller. Eine Million Eintrittskarten wurden
bislang in China für die Expo 2015 gekauft. Bei der Ratingagentur Dagong Europe heißt es, dass alle
renommierten Brands "made in Italy", insbesondere im Design-, Sport- und Nahrungsmittelsektor,
wachsende Attraktion auf die chinesischen Investoren ausüben.
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