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summa cultura |
PDF - AUSGABE
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Nr. 36/2006
|
www.summacultura.de
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Kulturmagazin für:
........................................
Dr. Max Mustermann
Die besten Kritiken der Woche F F F F F
Film
Valeska Grisebach
»Sehnsucht«
Die schlechtesten Kritiken der Woche F F F F F
Oper
Klaus Umbach »Wahnfried«
Das größte Medienecho Kunst & Ausstellung
Pfiffl Medien
Das »Grüne Gewölbe« in Dresden
.........
Wochenüberblick
36. WOCHE
|
4. September - 10. September 2006
Inhalt
Literatur
M. Blecher »Vernarbte Herzen«
F F F F F/ Philip Roth »Jedermann«
F F F F F/ Film
Valeska Grisebach »Sehnsucht«
F F F F F/ Kunst & Ausstellung
»ENTRY 2006 - Wie werden wir morgen leben?«
F F F F F/ »Gottfried Böhm - Felsen aus Beton und Glas«
F F F F F/ Das »Grüne Gewölbe« in Dresden
F F F F F/ Oper
Robert Wilson inszeniert »Deafman Glance/Erwartung«
F F F F F/ Klaus Umbach »Wahnfried - ein deutsches Stammlokal«
F F F F F/ Kulturnachrichten
Die 63. Filmfestspiele von Venedig
Das Wichtigste der Woche
..................................................................................................................................................................
Summa-Meter
Medien-Echo
Durchschnittliche Bewertung durch
Maß für Häufigkeit & Umfang der
die Kritk in den von
Besprechungen in den von
Summa Cultura erfassten Medien.
Summa Cultura erfassten Medien.
Von
bis
FFFFF = Verriss
FFFFF = Enthusiasmus.
Von = relativ geringe Resonanz ("relativ", da Summa Cultura
ausschließlich die ohnehin meistbesprochenen Werke betrachtet)
bis
= sehr hohe Resonanz.
.........
Literatur
M. Blecher »Vernarbte Herzen«
w w w. s u m m a c u l t u r a . d e
Titel, Vernarbte Herzen
Autor, M.(ax) Blecher
Genre, Roman
Verlag, Suhrkamp
Seiten, 150 Seiten
ISBN, 3-518-22399-2
Preis, 14,80 Euro
36. Woche | 2006
.........................
Melancholischer Sanatoriumsroman mit autobiografischen Zügen
SUMMA-METER
FFFFF
MEDIEN-ECHO
© Suhrkamp
Inhalt
Besonderheit
Ein Leben in Gips. Emanuel, ein 21-jähriger rumänischer Student,
Porträts aus dem Sanatorium. Neben der Figur des Emanuel, die
hat gerade in Paris sein Chemie-Studium begonnen, als er mit
einer schrecklichen Diagnose konfrontiert wird: Knochentuberkulose. Von seinem Arzt erfährt er, dass in seiner Wirbelsäule
ein Stück Knochen fehlt: Es ist zernagt worden ... von Mikroben
weggenagt. Zur Behandlung seiner Krankheit verbringt Emanuel fast ein Jahr in dem kleinen französischen Seebad Berck. Im
dortigen Sanatorium trifft er auf eine seltsame Welt von Kranken,
die ihr Leben eingegipst und in fast vollständiger Immobilität verbringen.
stark autobiografische Züge aufweist, zeichnet Autor M. Blecher
eine Reihe einfühlsamer Porträts von den Insassen des Sanatoriums. Da ist etwa die inzwischen genesene Solange, die nun im
Sanatorium arbeitet und zur Geliebten Emanuels wird, mit der
er sich auf seinem Zimmer trifft oder im Winter mit der Kutsche
ans Meer fährt. Zu den porträtierten Kranken aus Fleisch und
Gips gehören auch Emanuels Freund Quitonce, der früher auf
pornografischen Fotografien posierte, und die schöne Isa, die
ihre Pflegerin gern beim Kartenspiel betrügt.
Kritikenspiegel
Ergreifend. Tief berührt und insgesamt sehr beeindruckt zeigen
sich die Kritiker von M. Blechers zweitem Roman Vernarbte Herzen . Andreas Breitenstein (NZZ) ist besonders von der vor Staunen und Schrecken erweiterten Wahrnehmung fasziniert, die
für Blechers Prosa typisch sei. Das mit einer lakonisch-kühlen
Sprache erzählte Buch, das alle Psychologisierung vermeide,
sei der Versuch, angesichts des Äussersten ... die Fassung zu
bewahren ... Es gibt nur wenige Romane, die dem Tod so zärtlichbrutal ins Auge sehen wie dieser. Auch Hans-Peter Kunisch (SZ)
ist beeindruckt von diesem Roman, der fast 70 Jahre nach dem
Tod des Autors nun ins Deutsche übersetzt wurde. Blechers
Stärken , bemerkt Kunisch, sind die sinnliche Genauigkeit, die
verzweifelte Verrücktheit seiner Beschreibungen, die entsetzlich geradlinig und manchmal verzweifelt lustig seien. Vor allem
die ebenso poetische wie direkte Sprache des Autors verhelfe
dem Buch zu einer Schönheit, die es mit der Wirklichkeit auf
eigene Weise aufzunehmen versucht . Eine Entdeckung und
einen jugendfrischen Klassiker sieht Georg Diez (Die Zeit) in
Vernarbte Herzen : das Buch sei ein grandioser Roman ...
ein Schmerzensbuch, das lakonisch ist und unsentimental bis zur
Ehrlichkeit . Blechers Beschreibung des langsamen körperlichen
Verfalls habe jenseits aller artifiziellen Bedeutsamkeit etwas so
Existenzielles, dass jeder einzelne Satz zu einem Lebensbeweis
wird . Sichtlich ergriffen zeigt sich auch Ernst Osterkamp (FAZ)
vom erzählerischen Wunder dieses Romans , das vor allem auf
einer unsentimentalen Klarheit des Blicks beruhe, die die Situation des Kranken in hellstes Licht taucht . Nach der Lektüre
des mit klarster Präzision und heller Melancholie erzählten
Buchs kann sich der Rezensent gar nicht mehr vorstellen, es
jemals nicht gekannt zu haben .
Biografisches
M. Blecher, 1909-1938, ist ein jüdisch-rumänischer Schriftsteller
der Vorkriegsmoderne. Als Max L. Blecher in Botosani geboren,
wuchs der Sohn von Fabrikbesitzern zunächst in der rumänischen Provinz auf, bevor er in Paris ein Medizinstudium aufnahm. Bereits im Alter von 19 Jahren erkrankte er jedoch an
Knochentuberkulose. Die schwere Krankheit führte dazu, dass
Blecher viele Jahre qualvoll in Sanatorien verbringen musste, bis
er 1938 im Alter von nur 29 Jahren starb. 1934 veröffentlichte
er einen Gedichtband. Im Jahr 1936 erschien sein erster Roman
Aus der unmittelbaren Wirklichkeit , 1937 folgte Vernarbte
Herzen . Blechers Werk wurde zu seinen Lebzeiten vor allem in
Avantgardekreisen rezipiert, geriet später jedoch in Vergessenheit. Erst in den 1970er Jahren wurde M. Blecher wiederentdeckt
und als Klassiker der osteuropäischen Moderne gewürdigt.
Ähnliche Werke
Auf den ersten Blick erinnert M. Blechers Roman einer Krankengeschichte unweigerlich an Thomas Manns Zauberberg (1924),
mit dem das Buch bereits nach seinem Erscheinen 1937 verglichen wurde. Beide Romane spielen gröÿtenteils in Sanatorien
und thematisieren jeweils eine Art existenzieller Verunsicherung
im Angesicht des Todes. Doch geht es M. Blecher nicht in erster
Linie um abstrakte metaphysische Reflexionen, wie sie Thomas
Manns Roman - eine Parabel über den Niedergang des europäischen Bürgertums - kennzeichnen. Vielmehr erweist sich die
Krankheit in Vernarbte Herzen als ganz konkreter und unmittelbar körperlicher Verfall, den der rumänische Autor selbst
erlebte und dessen Auswirkungen auf die sinnliche Wahrnehmung er in einer kaum zu übertreffenden Eindringlichkeit zu
beschreiben vermag.
ah
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Literatur
Philip Roth »Jedermann«
w w w. s u m m a c u l t u r a . d e
36. Woche | 2006
Titel, Jedermann
Autorin, Philip Roth
Genre, Roman
Verlag, Hanser
Seiten, 160 Seiten
ISBN, 3-446-20803-8
Preis, 17,90 Euro
.........................
Roman über Krankheit, Hoffnungslosigkeit und Tod
SUMMA-METER
FFFFF
MEDIEN-ECHO
© Hanser Verlag
Inhalt
Besonderheit
Jedermann beginnt mit der Beerdigung seines namenlosen Protagonisten, der der Verstorbene
als Erzähler beiwohnt. Es folgt eine Rückblende auf ein eher
durchschnittliches Leben, das geprägt war von der Angst vor
dem Tod. Die letzte Lebensphase - das Alter - nimmt den gröÿten
Raum des Romans ein. Bei Roth wird diese zu einem langsamen und schmerzhaften körperlichen Verfall, das Leben gerät
zur Krankenakte. Die Rente ist hier kein langer Urlaub, sondern
eine lange physische und psychische Qual; das Sein wird zu einer
Aneinanderreihung körperlicher Fehlfunktionen.
Tiefer Pessimismus. Es sind die hässlichen Seiten des Alters, die in
Das Leben als Krankenakte.
Kritikenspiegel
Geniales Alterswerk. Das Feuilleton ist sich einig, dass Philip Roth
mit Jedermann ein ganz groÿer, wenn auch äuÿert verstörender Wurf gelungen ist. So spricht Andrea Köhler (NZZ) auch von
einem erbarmungslosen und gleichwohl bewegenden Buch .
Und Gerrit Bartels (taz) fragt sich: Ein Leben reduziert auf eine
Krankenakte? Roth kennt da nichts. Doch wäre er nicht einer der
gröÿten amerikanischen Erzähler, würde er ... nicht die Lücken
in der Krankenakte mit sparsamen, aber hinreiÿenden Erinnerungen an Jedermanns Leben auffüllen ... und hintersinnig groÿe
Sätze platzieren . Edo Reents (FAS) ist nicht völlig überzeugt und
nennt Roths Erzählung vielleicht nicht die geistreichste, aber
sicher die zwingendste, jede Beschwichtigung drauÿen lassende
Meditation [über den Tod als physische Vernichtung], die man
sich vorstellen kann und wohl auch je in Romanform dargeboten
wurde . Noch weiter geht Elmar Krekeler (Die Welt), der Jedermann schlicht für atemberaubend hält: Noch einmal und
so konzentriert, so bedrückend wie noch nie spielt Roth ein Leben ohne Metaphysik ... durch und schaffe einen moribunden
Reigen , der sich so lese, wie der Kopfsatz der späten B-Dur
Sonate Schuberts klingt . Völlig begeistert ist auch Volker Hage
(Der Spiegel), der Roth zugesteht, ein geniales Alterswerk , eine
grandiose Erzählung und ein literarisches Fest geschaffen zu
haben, das eindringlich wie kaum ein Werk der Literatur den
Kampf gegen die Sterblichkeit schildere. Jordan Mejias (FAZ)
fasst schlieÿlich zusammen: Philip Roth verknappt das Leben
zur Krankheitsgeschichte, aber er mystifiziert nichts, er überzeichnet nichts, er karikiert nicht, er schildert souverän, ja sogar
elegant und doch in unerbittlicher Schärfe . Und in Anbetracht
des gelungenen Buches bemerkt der Kritiker: Roth, das also ist
die gute Nachricht, geht es ausgezeichnet.
Philip Roths neuem Buch im Vordergrund stehen: Die 22 gesunden Jahre des Protagonisten, zwischen dessen beinahe tödlichem
Blinddarmdurchbruch im Alter von 35 und seiner ersten Herzoperation, behandelt Roth in gerade sieben Zeilen. Der Rest ist
durchzogen von einem tiefen Pessimismus: Es gibt keinen Trost
für das erlebte Leid, keine Erklärungen, wie es zu ertragen wäre,
und keine Hoffnung auf Erlösung. Dennoch bemerkt Volker Hage
(Spiegel), dass das Buch bei aller Düsternis zugleich auch eine
Feier des Lebens sei.
Biografisches
Philip Roth, *19.03.1933 in Newark, New Jersey, ist ein USamerikanischer Autor und gilt als einer der gröÿten lebenden
Schriftsteller weltweit. Aufgewachsen als Sohn jüdischer Eltern, studierte Roth bis 1955 englische Literatur. Schon kurz
nach seinem Abschluss begann Roth - neben einer Lehrtätigkeit
an verschiedenen US-amerikanischen Universitäten - mit dem
Schreiben. Bereits sein erstes Buch Goodbye, Columbus (1959)
bescherte ihm gröÿere Aufmerksamkeit. Seinen internationalen
Durchbruch erzielte er zehn Jahre später mit Portnoys Beschwerden (1969), nicht zuletzt aufgrund der freizügigen Beschreibung expliziter Sex-Szenen, die ein Markenzeichen Roths
werden sollten. Zahlreiche erfolgreiche Romane folgten, die
Roths Ruf als einen der wichtigsten US-amerikanischen Autoren
festigten, darunter Operation Shylock (1993), Der menschliche Makel (2000) und Verschwörung gegen Amerika (2005).
Roth gewann verschiedene internationale Literaturpreise und
gilt seit Jahren als Anwärter auf den Literaturnobelpreis.
Ähnliche Werke
Ein wiederkehrendes Thema der oft autobiografisch gefärbten
Bücher Roths sind die sexuellen Beziehungen älterer Männer
zu weit jüngeren Partnerinnen. So etwa in Sabbaths Theater
(1995) und in Das sterbende Tier (2001). Anders als in Jedermann bietet der Sex hier jedoch eine Art Erlösung - wenn
hinter ihm auch zumeist tiefe Trauer lauert. Kürzlich legte John
Updike mit Landleben ebenfalls einen Roman vor, in dem der
Held, der sein Heil stets in fleischlichen Gelüsten suchte, sein
Leben Revue passieren lässt. Und auch Martin Walser lieferte
mit Angstblüte jüngst einen Roman ab, der vom Alter, Sex und
dem Aufbegehren gegen den Tod handelt.
rg
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Film
Valeska Grisebach »Sehnsucht«
w w w. s u m m a c u l t u r a . d e
Titel, Sehnsucht
Regie, Valeska Grisebach
Drehbuch, Valeska Grisebach
Darsteller, Andreas Müller, Ilka Welz,
Anett Dornbusch, Jan Günzel, Harald Kuchenbecker, Ilse Lausch, Erika Lemke, Viola Hoffmann, Petra Lemke, Bernd Liske,
Petra Müller, Detlef Baumann, Doritha
Richter, Hartmut Schliephacke, Bernd
.........................
Studie über das Leben auf dem Land, die Liebe, Sehnsucht und Verlangen
36. Woche | 2006
Website
Wachsmuth, C
Land, Deutschland
SUMMA-METER
Verleih, Piffl Medien
FFFFF
Länge, 88 Minuten
MEDIEN-ECHO
© Pfiffl Medien
Inhalt
Besonderheit
Liebe auf der Probe. Markus (Andreas Müller) und Ella (Ilka
Sehnsuchtsforschung. Am Anfang von Sehnsucht standen rund
Welz), beide Anfang Dreiÿig, leben in Zühlen, einem kleinen Dorf
in der brandenburgischen Provinz. Seit Kindertagen sind sie ein
unzertrennliches und unschuldiges Paar, das sich mit seltener
Selbstverständlichkeit liebt. Eines Morgens wacht Markus nach
einer durchzechten Nacht in der Wohnung einer fremden Frau
auf. Es ist der Anfang einer neuen, anderen Liebe. Doch seine Affäre ist nicht mit seinem bisherigen Leben vereinbar, auch wenn
sie seine Liebe zu Ella nicht schmälert. In seiner Verzweiflung
versucht er, sich das Leben zu nehmen.
200 Interviews, die Regisseurin Grisebach mit Frauen und Männern um die Dreiÿig führte. In den Gesprächen fragte sie nach den
Zukunftsvorstellungen als Kind, nach der aktuellen Lebenssituation und danach, was von den Kindheitsträumen übrig geblieben
ist. Diese Interviews, so die Regisseurin, berührten sie sehr, da
zum Teil wild, zum Teil auf sehr lakonische Weise soviel Sehnsucht im scheinbar geordneten Leben steckte. Auf diese Weise
inspiriert, begann sie, einen Film zu drehen, in dem hauptsächlich
Laienschauspieler zum Einsatz kommen.
Kritikenspiegel
Großes Kino. Die Kritiker sind sich einig, einen bewegenden, intensiven und dabei völlig unprätentiösen Film gesehen zu haben.
Sichtlich angetan bemerkt Rainer Gansera (SZ) stellvertretend
für seine Kollegen: Ein kleines Wunder ist dieser Film ... Ein
Film, wie man ihn sich erträumt, ein stilles, konzentriertes Kino,
das viel zu selten geworden ist. Peter Körte (FAS) lobt besonders den unaufdringlichen Regiestil: Valeska Grisebach erzählt
diese im Kern melodramatische Geschichte, wie man es einfacher und zwingender nicht tun könnte. Die Bilder sind genau,
weil sie das richtige spezifische Gewicht haben. Cristina Nord
(taz) ergänzt: Die Regisseurin reduziert, entschlackt, verknappt,
wo immer sie kann. Dabei erwirkt sie ein feines Gleichgewicht.
Denn weder lässt sie zu, dass die Beobachtung des Alltags die
Gefühle denunziert, noch ordnet sie den Alltag dem melodramatischen Überschuss unter. Birgit Glombitza (Die Zeit) hebt in
diesem Meisterwerk besonders die Leistung der Laiendarsteller hervor: Das Ensemble ... lässt mit schüchterner Intensität
den ganzen Film über etwas durch die Oberfläche scheinen, was
man wohl nur mit dem groÿen Wort Wahrhaftigkeit beschreiben kann. Michael Kohler (FR) stimmt dem zu: Sehnsucht
ist ein Film von zuweilen bezaubernder Schlichtheit, der seinen
einsilbigen Charakteren keine Bedeutung souffliert, sondern sie
einfach sein lässt . Und Matthias Heine (Die Welt) hält fest:
Ein bisschen schade ist nur, dass all die Beharrlichkeit, mit der
bei 'Sehnsucht' voyeuristische Klischees vermieden wurden, zu
böser letzt doch vergeblich war: Anschauen werden ihn sich doch
nicht die normalen Leute vom Lande, sondern bloÿ die Groÿstadtkunstkinoklientel. Alles andere wäre ein Wunder. Aber eins,
das dieser schöne herzzerreiÿende Film mehr als verdient.
Biografisches
Valeska Grisebach *1968 in Bremen, ist eine deutsche Regisseurin
und gilt seit der diesjährigen Berlinale als eines der hoffnungsvollsten Nachwuchstalente des deutschen Films. Sie studierte
zunächst Philosophie und Germanistik in Berlin, München und
Wien, wechselte jedoch 1993 an die Wiener Filmakademie. Während ihres Filmstudiums drehte Grisebach zunächst die Dokumentarfilme Sprechen und Nichtsprechen (1995), In der
Wüste Gobi (1997) und Berlino (1999). 2001 schloss sie
ihr Studium mit ihrem ersten Spielfilm Mein Stern ab, der von
Jugendlichen und ihren Wünschen an der Schwelle zum Erwachsenwerden erzählt. Der Film wurde unter anderem mit dem First
Steps-Award 2001 und als bester Film auf dem Filmfestival Turin
2002 ausgezeichnet. Mit Sehnsucht , ihrem zweiten Spielfilm,
spielte sich Grisebach auf der diesjährigen Berlinale auch in die
Herzen der deutschen Kritiker.
Ähnliche Werke
Stilistisch wird Valeska Grisebach der sogenannten Berliner Schule zugerechnet, einem noch jungen Regiestil deutscher Filmemacher, der besonders in Frankreich unter dem Namen Nouvelle
Vague Allemande erfolgreich ist. Der diskrete Realismus der
Berliner Schule hat keine festgelegten Regeln, zeichnet sich jedoch durch eine unspektakuläre und zurückgenommene, dennoch äuÿerst akribische Inszenierung aus, bei der die Beobachtung der Figuren im Vordergrund steht. Jüngste Beispiele sind etwa Henner Wincklers Lucy , Christoph Hochhäuslers Falscher
Bekenner und Benjamin Heisenbergs Schläfer . Trotz allen
Kritikerlobs liefen die Filme der Berliner Schule bisher jedoch
eher mäÿig an den Kinokassen.
rg
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Kunst & Ausstellung
»ENTRY 2006 - Wie werden wir morgen leben?«
w w w. s u m m a c u l t u r a . d e
36. Woche | 2006
Titel, Entry 2006
Thema, Weltdesignausstellung
Läuft noch bis, 03. Dezember 2006
Öffnungszeiten, täglich von 10-20 Uhr
Preise, 8,50/5,50 ermäÿigt
.........................
Große Designausstellung über die Gestaltung der Zukunft in der Essener Zeche Zollverein
Weltkulturerbe Zollverein
Gelsenkirchener Straÿe 181
45309 Essen
Telefon
+49(0)201-8 30 36 36
Info
Karten bestellen
SUMMA-METER
FFFFF
MEDIEN-ECHO
© Zollverein Essen
tus als Kulturhauptstadt Europas im Jahr 2010 vor. In der frisch
renovierten Zeche Zollverein zeigt sie die Designausstellung Entry 2006 und rückt Visionen und Utopien, aber auch gegenwartsnahe Einfälle ins Blickfeld. Sie bündelt die Ideen zur Gestaltung
unserer Zukunft, dabei geht es nicht allein um den ästhetischen
Aspekt. Zukünftiges Design muss sich auch neuen Lebensformen
anpassen, aber wie werden diese aussehen? Beispiele des BANGDesigns zeigen, wie Gestaltung aus Bits, Atomen, Neuro- und
Gentechnik zukünftig aussehen kann.
Besonderheit
4 plus 1. In fünf Bereiche ist die Schau unterteilt, die thematisch locker nebeneinander stehen. In vier Ausstellungsteilen
werden spezifische Aufgaben des Designs vermittelt. So findet
man Stadtvisionen und Wohnraumentwicklungen unter den Bezeichnungen Talking Cities und Open House . Der Bereich
Groundwell erzählt von futuristischen Landschaftsarchitekturen und Second Skin von neuen Materialien. Der fünfte Teil
Entry Paradise beschäftigt sich weitläufiger mit Geschichte und
Zukunft des Designs, deren Aufgabe und Verantwortung. Auÿerdem geht dieser auch ethischen Fragen nach.
Kritikenspiegel
Hintergrund
Aufregend bis konfus. Bis auf einige Ausnahmen sind die Rezen-
Industriekomplex Zollverein. Die Ausstellung
Inhalt
Designvisionen. Essen bereitet sich intensiv auf ihren neuen Sta-
senten von dieser Ausstellung vollauf begeistert. Ambivalenz,
Hellseherei und Hochrechnung prägt die fulminant inszenierte
Essener Design-Ausstellung Entry 2006 . Sie fragt: Wie werden wir morgen leben? Und gibt Antworten, die heute nachdenklich machen, obwohl sie erst morgen nachprüfbar werden , kommentiert Gerhard Matzig (SZ). Er beschreibt die Schau darüber
hinaus als interdisziplinäres Forum, Urbanismus-Kongress,
Design-Ausstellung, Architektur-Messe und Ideenbazar für die
Neuerfindung des Alltags und findet: Nie zuvor mochte man
ein Event so gern ein Event nennen. Hanno Rauterberg (Die
Zeit) sieht dies ähnlich und schreibt von einer aufregenden Entdeckungsreise und einer groÿartigen Ausstellung : Sie leitet
uns durch Kunst, Architektur, Design, durch Landschaften längst
verworfener Sozialutopien, hinab in die Fantasiewelten der Biotechniker, hinein in die idealen Wohnwelten von übermorgen.
Sie ist mal kühn visionär, dann kühl analytisch und plötzlich
tolldreist anarchisch ... Schöner lässt sich nach der Zukunft
wirklich nicht greifen. Klaus Englert (NZZ) hingegen hat eine
konfus konzipierte Megaveranstaltung gesehen und bemängelt
das fehlende klare, einprägsame Konzept. Und auch Michael
Kohler (FR) kritisiert: Die Schau bleibt auf teils ernüchternde,
teils tröstliche Weise im Heute stecken - und manchmal auch in
den Utopien von gestern ... Die Kristallkugel der Kuratoren bleibt
vorwiegend neblig. Immerhin fühlte sich Kohler von der Ausstellungskonzeption gut unterhalten . Eine gewisse Unbeseeltheit
durchzieht die 'Entry' , schreibt Andreas Rossmann (FAZ), und
eine Absenz des Weiblichen - obwohl gerade Letzteres ein
entscheidender Faktor für den Wandel von der Industrie- zur
Kulturgesellschaft sei.
Entry 2006 findet im Gebäude der Kohlenwäscherei des Schachtes XII statt;
die Renovierung und den Umbau übernahm der niederländische
Star-Architekt Rem Koolhaas. Der gesamte Industriekomplex
ist allerdings weitaus gröÿer und gliedert sich in drei Bereiche:
Schacht 1/2/8, Schacht XII und die Kokerei. 1928, etwa achtzig
Jahre nach der Abteufung des ersten Stollens, entwarfen die
Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer das kubische Ensemble von Schacht XII und erschufen damit einen Meilenstein
der Industriekultur. In den Hochzeiten des Bergbaus förderten
dort etwa 5000 Arbeiter über drei Millionen Tonnen Kohle pro
Jahr. 1986 bedeutete die Schlieÿung der Zeche auch das Ende des
Bergbaus in Essen. In flieÿendem Übergang entwickelte sich das
Bergwerk danach zum Kulturstandort und wurde 2001 von der
Unesco mit in die Liste der Weltkulturerbestätten aufgenommen.
Weitere Informationen
Essen wird im Jahr 2010, als Repräsentant des Ruhrgebietes,
neben Istanbul und dem ungarischen Pécs Kulturhauptstadt
Europas sein. Der dezentrale urbane Groÿraum hatte die Bewerbung unter das Motto Kultur durch Wandel - Wandel durch
Kultur gestellt und konnte die siebenköpfige Jury mit seinem
Konzept überzeugen. Die Zeche Zollverein ist hier das Vorzeigebeispiel für den Weg von industrieller Ödnis hin zu kultureller
Vielfalt, mit der das Ruhrgebiet auch sonst glänzen kann. Etwa mit dem Folkwang Museum in Essen, den Oberhausener
Kurzfilmtagen, dem Jazzfestival in Moers oder auch mit der
RuhrTriennale. Bis zum Jahr 2010 werden unzählige kulturelle
Projekte finanziert und der Designstandort Essen weiter ausgebaut werden.
cd
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Kunst & Ausstellung
»Gottfried Böhm - Felsen aus Beton und Glas«
Titel, Felsen aus Beton und Glas
Architekt, Gottfried Böhm
Kurator, Wolfgang Voigt
Eröffnung, 25. August 2006
Läuft noch bis, 05. November 2006
Öffnungszeiten, Di, Do-So 11-18 Uhr, Mi
11-20 Uhr, Montags geschlossen
Katalog, Jovis-Verlag, Hrsg. Wolfgang
Voigt
.........................
Werkschau des großen deutschen Architekten in Frankfurt am Main
w w w. s u m m a c u l t u r a . d e
36. Woche | 2006
Deutsches Architekturmuseum
Schaumainkai 43
60596 Frankfurt am Main
Telefon
+49 (0)69-212 38844
Info
Preis Katalog, 32,00 Euro
SUMMA-METER
FFFFF
MEDIEN-ECHO
© DAM Frankfurt am Min
Inhalt
Umfassend. Felsen aus Beton und Glas heiÿt die Retrospektive
zu Gottfried Böhm im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt
(DAM). Grundlage der Ausstellung sind Skizzen und Zeichnungen, die Böhm dem DAM zu diesem Zweck überlieÿ. Fotos der
Bauten konfrontieren die Zeichnungen von Gottfried Böhm mit
der Wirklichkeit. Modelle veranschaulichen die Entwürfe der Gebäude. Das DAM produzierte zusammen mit Böhm eigens einen
Film für die Ausstellung. Die Schau wird auÿerdem aus dem
Nachlass von Gottfried Böhms Vater, Dominikus Böhm, ergänzt.
Kritikenspiegel
Eines Böhms würdig. Die Kritik würdigt einstimmig das herausra-
gende Lebenswerk von Gottfried Böhm. Dieter Bartetzko (FAZ)
nennt ihn einen Mann von unbändigem Gestaltungswillen, der
sich trotzdem zu bezähmen weiÿ . Diejenigen, die auch auf die
Schau eingehen, äuÿern sich positiv: Felsen aus Beton und
Glas sei eines Gottfried Böhms würdig. Die Stärke der Retrospektive sei die Darstellung seines Werks in seiner gesamten
Bandbreite. Dies betont vor allem Oliver Herwig (SZ): Was sonst
die Schwachstelle jeder Architekturausstellung ist, das Eigentliche, den gebauten Raum, nicht oder nur indirekt über Pläne,
Fotos oder Modelle zeigen zu können, wandelt sich bei einem
Zeichner wie Gottfried Böhm zum Vorteil. Die Entwicklung des
Künstlers lässt sich Blatt für Blatt verfolgen - oder vielmehr die
unglaubliche Konstanz des Werks. Rund 300 Modelle und Kohleskizzen bietet die Schau auf... Wer die Ausstellung durchwandert, erkennt, wie konsequent Böhm seine Linie fortsetzt. Jörg
Biesler (Dradio Kultur) pflichtet Herwig bei: Die Retrospektive
zeigt gediegen die berühmten Gebäude wie die Wallfahrtskirche Maria Königin in Neviges, die Züblin-Hauptverwaltung in
Stuttgart oder die Deutsche Bank in Luxemburg... Die Ausstellung zeigt auch die frühe, konstruktiv sehr experimentelle Zeit
Böhms. Christian Thomas (FR) überzeugte der Aufbau von Felsen aus Beton und Glas : Nicht weniger als 27 DAM-Etappen
werden dem Besucher eröffnet... Die Retrospektive nutzt zwei
Etagen des Hauses. Thomas (FR) lobt besonders, dass Böhms
Reichstagsentwurf Beachtung fand: So wird das DAM zu einem Gedächnisort, der daran erinnert, das Böhm bereits vor der
Wiedervereinigung eine Reichstags-Vision hatte.
Besonderheit
Visionäres. Die Ausstellung führt mittels der Modelle und Fotos nicht nur bekannte und Wirklichkeit gewordene Ideen des
Architekten vor. Sie weiÿ den Besucher auch zu überraschen:
So entwarf Gottfried Böhm bereits 1985 in einem streng vertraulichen Auftrag Helmut Kohls die Erneuerung des Berliner
Reichstags mitsamt Kuppel. Er erdachte eine achteckige gläserne
Konstruktion. Die Idee einer gläsernen Kuppel für den Reichstag wurde bekanntlich verwirklicht, allerdings über zehn Jahre
später in der Version Sir Norman Fosters.
Biografisches
Gottfried Böhm, *23.01.1920 in Offenbach, gilt als bedeutendster
deutscher Architekt der Gegenwart. So erhielt er als einziger
Deutscher den Pritzker Preis, den sog. Architektur-Oscar. Böhm
wurde in eine Dynastie von Architekten hineingeboren, und so
studierte auch er Architektur an der Technischen Hochschule
München. Sein frühes Werk galt bis in die 1960er Jahre fast ausschlieÿlich dem Wiederaufbau und Neubau von Kirchen. Hierin
prägte ihn sein Vater Dominikus, ein berühmter Kirchenbaumeister. Das bekannteste Werk dieser Zeit ist die Wallfahrtskirche in
Neviges, ein expressionistischer Bau aus Sichtbeton. Nach einem Aufenthalt in Amerika in den 1950er Jahren zeigt sich an
seinen Gebäuden der Einfluss von Mies an der Rohe: Er baut
nun leichter, verwendet zunehmend Glas. Eigene Akzente setzte
Böhm danach im Wohnungsbau (Köln-Chorweiler 1969-75) und
in zahlreichen öffentlichen Bauten. Er entwickelte das Konzept
des eingehausten Stadtraums in Passagen, Foyers und Hallen.
Ein Beispiel dafür ist das Züblin-Haus in Stuttgart. Auch heute
noch, mit 86 Jahren, ist er tätig. Sein neuestes Bauwerk, das
Hans-Otto-Theater in Potsdam, wird Ende September eröffnet.
Weitere Informationen
Die Ausstellung Felsen aus Beton und Glas ist die Fortführung
der Ausstellung Raum ist Sehnsucht , die sich Dominikus Böhm
widmete. Diese war im Juni 2005 im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt und von September bis Dezember 2005 im Kölner
Museum für Angewandte Kunst zu sehen. Dominikus Böhm war
einer der wichtigsten Kirchenbaumeister der Nachkriegszeit. akr
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Kunst & Ausstellung
Das »Grüne Gewölbe« in Dresden
w w w. s u m m a c u l t u r a . d e
36. Woche | 2006
Titel, Historisches Grünes Gewölbe
Thema, Die Schatzkammer Augusts des
Starken
Architekt, Daniel Pöppelmann
Eröffnung, 15. September 2006
Öffnungszeiten, Mi-Mo 10-19 Uhr
Preis, 12 Euro Euro (nur Vorverkauf!)
Katalog,
Die barocke Schatzkammer.
Das Grüne Gewölbe zu Dresden , Deut-
.........................
Wiedereröffnung der weltberühmten Schatzkammer
Residenzschloss Dresden
Grünes Gewölbe
Taschenberg 2
D-01067 Dresden
Kartentelefon
+49(0)351/49 14 2000
Karten bestellen
scher Kunstverlag, München und Berlin
Preis Katalog, 24,90 Euro
SUMMA-METER
FFFFF
MEDIEN-ECHO
© Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Inhalt
Besonderheit
Schatzkammer. 61 Jahre nach seiner Zerstörung ist in Dresden
Besucheransturm. Seit am 08. September 2004 das Neue Grüne
am 01. September das berühmte Grüne Gewölbe wiedereröffnet worden. Die restaurierte Schatzkammer im Erdgeschoss
des Westflügels des Dresdner Schlosses umfasst acht prunkvolle Säle, darunter das Bernsteinkabinett, das Weiÿsilberzimmer,
der Pretiosensaal und das Juwelenzimmer. Insgesamt sind mehr
als 3000 Ausstellungsstücke in dem barocken Prunkbau zu bestaunen, mit dem August der Starke zwischen 1723 und 1730
seine Vision vom barocken Gesamtkunstwerk als Ausdruck von
Reichtum und absolutistischer Macht realisierte.
Gewölbe im Westflügel des Dresdner Schlosses fast 1100 Exponate aus dem Werkbestand der bedeutenden Sammlung präsentiert werden, haben bereits mehr als eine Million Besucher
den Rundgang durch die zehn Räume angetreten. Und auch für
die nun eröffnete originale Schatzkammer Augusts des Starken
sind bereits 40.000 Besucher-Tickets vorbestellt. Einem allzu
groÿen Touristenansturm sind jedoch Grenzen gesetzt. Die Zahl
der Besucher ist auf 100 pro Stunde limitiert, um die Kunstwerke
vor einer zu groÿen Belastung zu schützen.
Kritikenspiegel
Hintergrund
Die Wiederkehr eines Weltwunders. Regelrecht verzückt reagiert
Das Grüne Gewölbe. Zwischen 1723 und 1730 lieÿ sich August der
das Feuilleton auf die Wiedereröffnung des Grünen Gewölbes in Dresden. Gottfried Knapp (SZ) zeigt sich begeistert: Es
klingt ein wenig aufschneiderisch, wenn man behauptet, dass
Deutschland in diesen Tagen eines seiner Weltwunder zurückerhält. Doch anders kann man das Ereignis, das in Dresden
zu feiern ist, kaum charakterisieren. Kein Bauwerk, kein Museum in Deutschland ist seinen konkurrierenden Mitbewerbern
auf internationaler Ebene so deutlich überlegen. Sowohl die
ausgestellten Kunstwerke als auch das Gebäude selbst lieÿen alle anderen kaiserlich-königlich-fürstlichen Kunst- und Wunderkammern dieser Erde zumindest partiell arm aussehen . Ebenso
enthusiastisch ist Emanuel Eckardt (Die Zeit): Die Vielfalt des
Schatzes ist ohne Vergleich ... Meisterwerke, zauberhaft, verspielt, verwirrend im Reichtum an Fantasie, in ihrer Eleganz und
tänzerischen Schwerelosigkeit. Von einem Wunder spricht
auch Ulrike Knöfel (Der Spiegel) in Bezug auf die Wiedereröffnung des Gewölbes und erfreut sich an der Rückkehr des barocken Prunks - einem regelrechten städtischen Veredelungsprogramm . Beruhigt zeigt sich Dieter Bartetzko (FAZ), dass man
in Dresden nicht einer von Ehrfurcht und Ehrgeiz diktierten
Wiederauferstehung erstickender Überfülle begegnet, und sich
dem Besucher dennoch ein atemberaubendes Spektakel offenbart, das Nervenkitzel und Überwältigtsein garantiere.
Dieses Gefühl resultiert laut Johannes Wendland (FR) damals
wie heute nicht zuletzt aus der dargebotenen Fülle und deren Aufstellung: Die Sammlung ist in den Sälen so arrangiert, dass sich
das einzelne Objekt, so herausragend es auch ist, dem Ensemble
unterordnet. Überfluss als ästhetisches Prinzip - man könnte das
in Szene gesetzte Gesamtkunstwerk auch Barock pur nennen.
Starke, sächsischer Kurfürst und König von Polen, von seinem
Oberlandbaumeister Daniel Pöppelmann, der auch den Dresdner Zwinger errichtete, eine prächtige Schatzkammer in seinen
Palast bauen, die schon bald nach ihrer Fertigstellung aufgrund
ihrer glanzvollen Ausstattung und Gestaltung zum Mythos werden sollte. In ihr versammelte der prunkliebende Herrscher die
Kunstgegenstände, Juwelen- und Schmuckartikel, die er selbst
und seine Vorfahren seit der Renaissance nach Dresden gebracht
hatten. Acht Säle umfasst diese Wunderkammer , die ihren Namen ihrer ursprünglichen malachitgrünen Wandfarbe verdankt.
Bereits 1732 wurde sie zu einem öffentlichen Museum. Zahlreiche Kriege überstand die Schatzkammer unbeschadet, erst der
Zweite Weltkrieg forderte sein Opfer. Bereits 1938 hatte man
die Sammlung geschlossen, 1942 sämtliche Objekte ausgelagert.
Nach Kriegsende wurden sie in die damalige Sowjetunion verschleppt, kehrten jedoch schon ab 1955 nach Dresden zurück.
Dort waren sie lange Zeit im Albertinum ausgestellt, bis ein Groÿteil von ihnen 2004 zunächst in das Neue Grüne Gewölbe im
Dresdner Schloss zurückkehrte.
Ähnliche Werke
Bereits am 30. Oktober 2005 ist in Dresden die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Frauenkirche eingeweiht worden. Mit dem Grünen Gewölbe ist somit binnen Jahresfrist ein weiterer barocker
Prunkbau wiedererrichtet worden, der nicht nur einen Eindruck
vom einstigen Glanz der Elbmetropole vermittelt. Für Sachsens
Ministerpräsident Georg Milbradt stehen beide Projekte vielmehr symbolisch für den geistigen und ideellen Wiederaufbau
Sachsens .
sr
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Oper
Robert Wilson inszeniert »Deafman Glance/Erwartung«
Titel, The Murder from Deafman Glance Erwartung
Komponist, Arnold Schönberg
Musikalische Leitung, Daniel Barenboim
Inszenierung, Robert Wilson
Bühnenbild, Serge von Arx
Kostüm, Moidele Bickel
Besetzung, Anja Silja und Robert Wilson
Termine, 02./03./10. September 2006
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Doppelte Moderne an der Berliner Lindenoper
w w w. s u m m a c u l t u r a . d e
36. Woche | 2006
Staatsoper Unter den Linden
Unter den Linden 7
D-10117 Berlin
Kartentelefon
+49(0)30 - 20354555
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SUMMA-METER
FFFFF
MEDIEN-ECHO
© Staatsoper unter den Linden
Inhalt
Besonderheit
Doppelmord. Zum Auftakt der Spielzeit und als sein Debüt an der
Mit und ohne Musik. Gemeinsam ist beiden Werken der Mord
Berliner Staatsoper Unter den Linden präsentiert sich Theaterlegende Robert Wilson mit gleich zwei Arbeiten an einem Abend:
sein eigenes Werk, The Murder from Deafman Glance (1969),
eine stille Performance ohne Musik und Sprache, die den Mord
einer Mutter an ihren beiden Kindern schildert. Dem zur Seite
stellt er Arnold Schönbergs Monodram Erwartung (1909), in
dem eine Frau - dargestellt von Anja Silja - nach angstvollem
Warten ihren Geliebten ermordet auffindet. Die musikalische
Leitung des Abends liegt in den Händen von Daniel Barenboim.
als Ausgangspunkt der Bühnenhandlung. Doch während Arnold
Schönberg in diesem Stück, einem Hauptwerk des musikalischen
Expressionismus, den Angsttraum seiner Protagonistin durch
eine klangliche Komponente zu verdeutlichen versucht, verlässt
sich Robert Wilson in seiner Performance ganz auf die Kraft
der Bilder. Deafman Glance entstand durch seine Zusammenarbeit mit dem tauben Jungen Raymond Andrews, der ihn zu
seinem fast siebenstündigen Gesamtwerk ohne Musik und Worte
anregte. In Berlin ist der Prolog zum 4. Akt zu sehen.
Kritikenspiegel
Biografisches
Robert Wilson, *04.10.1941 in Waco, Texas, ist eine der überragenden Figuren des zeitgenössischen experimentellen Theaters und
hat sich nicht nur als Regisseur, sondern auch als Autor, Bühnenund Kostümbildner international einen Namen gemacht. Wilsons
Arbeiten kombinieren eine Vielfalt künstlerischer Medien wie Bewegung, Tanz, Licht, Design, Skulptur, Musik und Text zu einer
Einheit. Nach einem Studium in seiner Heimat ging Wilson 1963
nach New York und wurde zu einem der Hauptakteure in Manhattans aufkeimender Avantgarde-Szene. Nach ersten Arbeiten
wandte er sich dem Operngenre zu und schuf zusammen mit
dem Komponisten Philip Glass die monumentale Oper Einstein
on the Beach (1976), die weltweit Anerkennung fand und die
konventionelle Sicht auf diese erstarrte Kunstform veränderte.
In Zusammenarbeit mit international bekannten Autoren und
Darstellern schuf Wilson weitere zahlreiche, bedeutende Arbeiten. Mit seiner ganz eigenen formalen Sprache hat er auch im
Bereich der Musiktheaterregie Maÿstäbe gesetzt. Wilsons Arbeit
ist fest verwurzelt in der bildenden Kunst und seine Zeichnungen, Möbel-Entwürfe und Installationen wurden international in
Museen und Galerien ausgestellt. Umfangreiche Retrospektiven
seines Werks waren im Centre Georges Pompidou in Paris und
im Boston Museum of Fine Arts zu sehen.
Gelungener Auftakt. Die Kritik attestiert der Berliner Lindenoper
einen ausgesprochen gelungenen Einstieg in die neue Spielzeit.
Laut Niklaus Hablützel (taz) glückte ihr durch die ungewöhnliche
Stückwahl ein Bekenntnis zur Radikalität an den Grenzen des
theatralisch Möglichen . Diese belege eindrücklich, dass die
letzten ästhetischen Revolutionen von Bedeutung [zwar] schon
einige Zeit zurückliegen , es sich aber durchaus lohne, sie in
Erinnerung zu rufen , um letztlich zu erkennen: Die Moderne lebt. Gleiches gilt, so Georg-Friedrich Kühn (FR), auch für
Robert Wilson selbst: Hier, in der Rückschau, versteht man
nun wieder die Impulse seines Theateransatzes, der sich in den
Jahren zu einer ästhetizistischen Repetiermaschine entleert hatte. Daneben sei es vor allem Anja Silja und deren überwältigende Bühnenausstrahlung , die der Aufführung Kraft verleihe
und der Lindenoper einen unerwartet glücklichen Saisonauftakt bereitet habe. Für Martin Wilkening (FAZ) stellt der Abend
hingegen nur im Falle der Schönberg'schen Erwartung einen
Glücksfall dar: Selten ist im Musiktheater ein solcher Einklang zwischen Bühne, Darsteller und Musik zu erleben, wie er
sich hier auf ganz unangestrengte Weise einstellt... Anja Silja ist
nach drei Jahrzehnten, in denen sie diese Rolle auf der Bühne
verkörperte, immer noch eine Idealbesetzung. Weniger überzeugend empfand er Robert Wilsons Pantomime: Gänzlich ohne
Musik und Text wirke diese doch eher selbstgefällig und flach .
Anders sah es Wolfgang Schreiber (SZ): Dieser Abend, bestückt
mit zwei Inkunabeln experimenteller Moderne und wie nach dem
Goldenen Schnitt gearbeitet, präzise, hochverdichtet, angenehm
kurz - die Berliner Staatsoper hat ihre Saison zwar nicht tollkühn
innovativ begonnen, jedoch inhaltlich und formal jede schöne
Opernbequemlichkeit beherzt vermieden.
Weitere Informationen
Mit seinem Monodrama Erwartung verfolgte Schönberg die
Absicht, das, was sich in einer Sekunde seelischer höchster Erregung abspielt, sozusagen mit der Zeitlupe auf eine halbe Stunde
ausgedehnt, darzustellen . Ähnlich erstarrt wirken die Bewegungen in Wilsons Performance - auch hier scheint das Bühnengeschehen in Zeitlupe abzulaufen.
sr
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Oper
Klaus Umbach »Wahnfried - ein deutsches Stammlokal«
Titel, Wahnfried - ein deutsches Stammlokal
Libretto, Klaus Umbach
Musik, Richard Wagner
Musikalische Leitung, Moritz Eggert
Inszenierung, Markus Dietze
Bühnenbild, Magdalena Gut
Kostüm, Tina Carstens
Besetzung, Alan Titus, Raphaela Crossey,
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Wagner-Persiflage auf der RuhrTriennale
w w w. s u m m a c u l t u r a . d e
36. Woche | 2006
Jahrhunderthalle Bochum
Viktoriastraÿe 10
D-44787 Bochum
Kartentelefon
+49(0)700 - 20023456
Dietmar Mues, Jona Mues, Klaus Philipp
Termine, 27./29./31. August 2006
SUMMA-METER
FFFFF
MEDIEN-ECHO
© Mara Eggert
Inhalt
Gefolgschaft. Im Auftrag der RuhrTriennale nimmt Ex-Spiegel-
Redakteur Klaus Umbach in Wahnfried - ein deutsches Stammlokal Richard Wagners Gefolgschaft aufs Korn. Bill Applepie verkörpert vom renommierten Wagner-Sänger Alain Titus - reist
nach Bayreuth und lernt dort die Gesellschaft der Wagnerianer
kennen: darunter dessen Witwe Cosima und verschiedene andere
Nachkommen, auÿerdem Friedrich Nietzsche, Anton Bruckner
und Mathilde Wesendonck. Im Mittelpunkt des Abends steht ein
Schnelldurchlauf durch den Ring des Nibelungen - initiiert
von Adolf Hitlers Frage: Wollt Ihr die totale Probe?
Kritikenspiegel
Kalauer. Wenig begeistert ist das Feuilleton von Klaus Umbachs
Bayreuth-Satire. Auch wenn diese, laut Guido Fischer (FR),
durchaus einen gewissen Pfiff ausstrahle, habe Umbach die ihm
gebotene Chance, seiner Hassliebe zu Richard Wagner freien
Lauf zu lassen , nicht genutzt. In einer musiktheatralischen
Geisterbeschwörung ... verwandeln sich ... die Wagners & Co.
in eine Bayreuther Klimbim-Familie, in der es reichlich RosaSchlüpfer-schlüpfrig zugeht und gekalauert wird . Andreas Rossmann (FAZ) spricht gar von einem Wahnfriedhof , auf dem
die Geister der Vergangenheit erwachen und das WagnerMuseum ... zum schrillen Panoptikum wird. Grundsätzlich sei
die Idee Umbachs zwar reizvoll, doch den Durst, der damit geweckt wird, kann der grelle Cocktail nicht stillen..., ein Klischee
reiht sich ... ans nächste... Der Ambivalenz, von Wagner fasziniert
und von dem Kult um ihn abgestoÿen zu sein, hat er sich nicht gestellt. Tatsächlich ist es laut Regine Müller (taz) ziemlich leicht,
sich über Richard Wagner lustig zu machen , doch bleiben in
diesem Fall Sinn und Dramaturgie des Abends ... schleierhaft .
Auch die nervös überdrehte Schauspielertruppe rettet die schwachen, wenig witzigen, kalauernden und dabei enorm schlau sein
wollenden Texte nicht... Ohne Wagner-Kenntnisse versteht man
nichts und als Wagnerianer hat man schon weitaus geistreichere
Verhohnepipelungen gesehen. Auch Stefan Keim (Die Welt) erlebte einen gescheiterten Abend, der sein groÿes Thema kraftlos
verschenkt . Wenn die Figuren ein bisschen Pointenpingpong
spielen und die albernen Alliterationen aus Wagners Texten karikieren, hat das noch Charme. Aber dann hakt Umbach wie in
einem Grundseminar für Musikwissenschaft alle Punkte ab, die
einem zu Wagner so einfallen. Das schlappe Ergebnis: ein
Parsi-Fall ins Bodenlose .
Besonderheit
Wagnerianer. Als Wagnerianer verstanden sich schon zu Lebzeiten des Komponisten die Mitglieder einer losen, zumeist nicht
institutionell verbundenen Clique, die sich der Pflege des meisterlichen Werkes und nach dessen Tod auch seines künstlerischen
Andenkens verschrieben hat. Zunächst angeführt von Wagners
Witwe Cosima, fühlten sich schon bald zahlreiche Intellektuelle
aufgrund ihrer geistigen Nähe zu Wagner diesem beinah sektenhaft anmutenden Zirkel angehörig. Nicht nur so prominente
Persönlichkeiten wie Thomas Mann gehörten zu ihnen, sondern
auch die vielen, alljährlichen Festspiel-Pilger.
Biografisches
Klaus Umbach, *1936 in Waldbröl, ist einer der bekanntesten
deutschen Musikjournalisten. Nach einem Studium der Rechtswissenschaft in Köln, Freiburg/Breisgau und München wechselte
er nach dem Staatsexamen zum Journalismus und arbeitete zunächst als Textredakteur bei EMI Electrola und in der Musikabteilung der Deutschen Welle. 1969 wechselte er ins Kulturressort
des Nachrichtenmagazins Der Spiegel und war dort mehr als 30
Jahre für die Berichterstattung über alle Bereiche der klassischen
Musikszene verantwortlich. 1990 veröffentlichte er sein bekanntestes Buch: Die Geldscheinsonate , in dem er die Geschäfte
und Machenschaften der Klassik-Branche aufzuzeigen versucht.
1995 erschienen seine Biographischen Reportagen über den
Dirigenten Sergiu Celibidache. Immer wieder hat er sich als Kritiker Richard Wagners und des Bayreuther Kunstbetriebs einen
Namen gemacht. Wahnfried - ein deutsches Stammlokal ist
ein Auftragswerk der RuhrTriennale und Umbachs erster Ausflug
in die Bühnenschriftstellerei.
Bezugspunkte
Satirische aber vor allem auch kritische Auseinandersetzungen
mit dem weit verbreiteten Wagner-Kult gibt es viele. Vor allem
das Verhältnis Adolf Hitlers zu seinem musikalischen Idol Richard Wagner ist immer wieder Gegenstand musikhistorischer
Forschung. Vor allem die Frage, inwieweit Hitler Anregung und
Legitimation für sein Handeln aus dem Werk des antisemitischen
Komponisten zog, ist häufig Ausgangspunkt hitziger Diskussionen. Eine besonders pointierte Meinung, nach der Wagner eine
Ursache für das Aufkommen des Dritten Reichs ist, vertritt
Joachim Köhler in seiner Studie Wagners Hitler - Der Prophet
und sein Vollstrecker (1997).
sr
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Kulturnachrichten
w w w. s u m m a c u l t u r a . d e
Die 63. Filmfestspiele von Venedig
36. Woche | 2006
Internationales Kino am Lido
Seit 1932 zieht es fast jedes Jahr Filmfreunde und Kinoenthusiasten, Schauspieler und Regisseure zwischen Ende August
und Anfang September nach Venedig. Als Teil der Biennale di
Venezia - jener internationalen Kunstausstellung, zu der die Lagunenstadt seit 1895 im Zweijahresturnus einlädt - finden dort
die ältesten und traditionsreichsten Filmfestspiele Europas statt.
Im Mittelpunkt des bereits zum dritten Mal von Marco Müller
verantworteten cineastischen Rummels steht der Wettbewerb
um den Goldenen Löwen - einer dem tierischen Wahrzeichen
der Stadt nachempfundenen Auszeichnung für den besten Film
des Jahres. Begleitet wird dieses Festivalgeschehen von einem
umfangreichen Rahmenprogramm, das sich am Lido seit jeher
von den Einflüssen Hollywoods abzugrenzen und eine bewusst
internationale Alternative aufzuzeigen versucht.
Warten auf den Löwen. Am 09. September wird Film-Diva Catherine Deneuve in ihrer Rolle als Jury-Präsidentin den Sieger des
Goldenen Löwen bekannt geben. Eröffnet hat das Rennen um den
begehrten Hauptpreis des Wettbewerbs Brian de Palmas Literaturverfilmung The Black Dahlia - ein laut Christina Nord (taz)
geradlinig-harter Film noir , der allerdings kaum überzeugen
konnte und für Peter Zander (Die Welt) etwa reines Genre-Kino
[ist], das zuweilen am eigenen Bombast erstickt . Überhaupt bot
das Festivalprogramm laut Daniel Kothenschulte (FR) Zumutungen jeder Art . Eine erfreuliche Ausnahme dürfte Alfonso
Cuaróns Science-Fiction-Drama The Children of Men darstellen, das Wolfgang Höbel (Spiegel online) als sensationellen
Coup feiert. Einen Goldenen Löwen - den für sein Lebenswerk hatte schon vor seiner Anreise Kultregisseur David Lynch sicher,
der in Venedig auÿer Konkurrenz seinen neuen Film Inland
Empire vorstellte. Dieser konnte die Kritiker zwar überzeugen,
© La Biennale di Venezia
hat sie letztlich aber auch ratlos zurückgelassen. Wie in ein Labyrinth , wie in einen Traum, wo die Geräusche der Auÿenwelt
sich in den Schlaf drängen und man ihnen ohnmächtig ausgeliefert ist, weil sie sich nicht abstellen lassen , fühlte sich Michael
Althen (FAZ) versetzt. Doch trotz der verzweifelten Suche nach
einem inneren Zusammenhang strahlten die Bilder eine unbestreitbare Faszination aus. Im Vorfeld ebenso als Höhepunkt
gehandelt wurde die Weltpremiere von Oliver Stones World
Trade Center . Doch gerade aufgrund solcher Filme droht Venedigs Traditionsfestival, so Petra Reski (Die Zeit), die Gefahr
aus Rom, wo am 12. Oktober mit dem Feste del Cinema ein
üppig budgetiertes Gegenfestival startet: Kultur scheine nämlich
in Venedig nur noch in Form von Wasserglasmusik aus Nowosibirsk, Karnevalsmasken und Disney-Filmproduktionen gefragt
zu sein.
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A rch i te k tu r
Musical
Brückenstreit in Dresden
Bestes Film-Musical gekürt
Weg durch die Instanzen. Im Streit um den Bau Waldschlöÿchenbrücke hat das Dresdner Kommunalparlament beschlossen,
wenn nötig bis vor die Verfassungsgerichte zu gehen. Ein neu
beantragter Bürgerentscheid fand nicht die nötige Zwei-DrittelMehrheit. Zudem forderte die UNESCO Vermittlungsgespräche
mit der Stadt. Zuletzt hatte das Regierungspräsidium Dresdens
vor dem Oberverwaltungsgericht Beschwerde eingereicht gegen
den Stopp der Auftragsvergabe für die umstrittene Elbquerung.
Abstimmung. Das amerikanische Musical Singin' in the Rain
(1952) führt nach einer Einschätzung des renommierten American Film Institute die Liste der besten Musical-Filme aller Zeiten
an. Auf den weiteren Plätzen folgen West Side Story (1961),
The Wizard of Oz (1939), The Sound of Music (1965) und
Cabaret (1972). Unter den besten 25 Filmen konnten sich
auch neuere wie der Oscar-prämierte Film Chicago (2002)
sowie Moulin Rouge (2001) platzieren.
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L i te ra tu r
Ja z z & Po p
Ehrung für Imre Kertész
Dewey Redman gestorben
Ernst-Reuter-Plakette. Der ungarische Literaturnobelpreisträger
Imre Kertész ist mit der Berliner Ernst-Reuter-Plakette ausgezeichnet worden. Kertész' enger Bezug zu Berlin, wo er zuletzt
an seinen Roman Liquidation arbeitete, sei ein Zeichen für
Versöhnung und Dialog, das er als Überlebender von Auschwitz
und Buchenwald gesetzt habe. Zu den bekanntesten Werken
des 1929 geborenen Budapesters gehört sein autobiografischer
Roman eines Schicksallosen (1996).
Pionier des Free Jazz. Der amerikanische Jazz-Saxofonist Dewey
Redman ist im Alter von 75 Jahren in New York gestorben. Der
gebürtige Texaner galt als einer der facettenreichsten Improvisatoren des Free Jazz. Er spielte unter anderem mit Charlie
Haden, Keith Jarrett und Ornette Coleman, mit dem ihm seit
High-School-Zeiten eine enge Freundschaft verband. Zusammen
spielten beide unter anderem die Alben New York Is Now! ,
Love Call und Science Fiction ein.
sr
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Kulturnachrichten
w w w. s u m m a c u l t u r a . d e
36. Woche | 2006
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Ku n s t & Au s s te l l u n g
»Der Schrei« ist zurück
Munch-Raub aufgedeckt. Vollkommen unerwartet hat die norwegische Polizei in der vergangenen Woche bekannt gegeben,
die im August 2004 gestohlenen Gemälde Der Schrei und
Madonna von Edvard Munch ausfindig gemacht zu haben.
Presseberichten zufolge sollen Information über den Verbleib
der Kunstwerke im Tausch gegen Hafterleichterungen geliefert
worden sein. Die Polizei konnte dann die weltberühmten Bilder
des norwegischen Expressionisten am 31. August 2006 sicherstellen. Die Echtheit der kaum beschädigten Werke wurde vom
Munch-Museum bestätigt. Bereits Anfang des Jahres wurden
drei Tatbeteiligte zu acht, sieben und vier Jahren Haft verurteilt.
© Munch-museet
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Klassik
Ku n s t & Au s s te l l u n g
Bach-Handschriften entdeckt
Krefeld plant Gemälde-Verkauf
Sensationeller Fund. Einen sensationellen Handschriftenfund ha-
Protest. Die Pläne der Stadt Krefeld, das Monet-Gemälde Parla-
ben zwei Leipziger Musikwissenschaftler in der Weimarer Anna Amalia Bibliothek gemacht. Bei den aufgefundenen Schriftstücken handelt es sich um die frühesten Manuskripte Johann
Sebastian Bachs. Noch während seiner Ausbildung hätte dieser
zwei bedeutende Orgelwerke von Dietrich Buxtehude und Johann
Adam Reinken zu Studien- und Aufführungszwecken abgeschrieben. Die in Tabulaturschrift gehaltenen Handschriften geben
Aufschluss über Bachs musikalischen Werdegang und belegen
die ausgesprochene Kunstfertigkeit, über die er als Komponist
und Interpret bereits in Jugendjahren verfügte.
mentsgebäude in London (1904) zu verkaufen, stoÿen auf breite
Kritik. Das Werk des impressionistischen Künstlers ist seit fast
hundert Jahren im Besitz des örtlichen Kaiser Wilhelm Museums
und gehört zu den Prunkstücken der Sammlung. Da das Bild bei
einer Versteigerung bis zu 20 Millionen Euro einbringen könnte, erwägen Vertreter der Stadt dessen Verkauf, um das stark
sanierungsbedürftige Museumsgebäude zu erhalten. Kritiker befürchten, dass ein solches Beispiel Schule machen könnte und
verweisen auf einen Ehrenkodex des Deutschen Museumsbundes, der derartig motivierte Verkäufe grundsätzlich ausschlieÿt.
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Ja z z & Po p
MTV Video Music Awards vergeben
Newcomer. Vor allem für zahlreiche Newcomer verlief die dies-
jährige Verleihung der MTV Video Music Awards in New York
erfreulich. Den begehrten Preis für das Video des Jahres errang
die Punkband Panic! At The Disco für ihren Song I Write Sins
Not Tragedies . Die Auszeichnung Best Female Video ging an
Kelly Clarkson, für das beste Popvideo wurde Pink mit Stupid
Girls ausgezeichnet. Der britische Schmusesänger James Blunt
gewann für You're Beautiful den Preis für das Best Male
Video . Shakira bekam einen Preis für die beste Choreografie in
Hips Don't Lie . Pop-Ikone Madonna ging hingegen leer aus.
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© Wikipedia
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Film
Oper
Glenn Ford gestorben
Astrid Varnay gestorben
Hollywood-Legende. Mit Glenn Ford ist in der vergangenen Woche einer der letzten Leinwandhelden aus Hollywoods Goldenen
Jahren im Alter von 90 Jahren gestorben. Mit Rollen in mehr
als 100 Filmen, in zahlreichen Bühnenstücken und Fernsehserien
war Ford jahrzehntelang einer der meistbeschäftigten Darsteller
Hollywoods. Der gebürtige Kanadier feierte 1946 seine ersten
groÿen Erfolge an der Seite von Betty Davis und Rita Hayworth.
In Saat der Gewalt (1955) spielte Ford einen Lehrer, der sich
gegen rebellierende Schüler durchsetzen muss. Der Film verdankte einen Teil der Popularität auch dem seinerzeit sensationellen
Titelsong: Bill Haleys Rock Around the Clock .
Wagner-Diva. Die Opernsängerin Astrid Varnay ist am vergange-
nen Montag im Alter von 88 Jahren in München gestorben. Die
in Stockholm geborene Tochter eines ungarischen Tenors gehörte zu den bedeutendsten Interpretinnen der Werke von Richard
Wagner und Richard Strauss. Über zwei Jahrzehnte hat sie das
musikalische Profil der Bayreuther Festspiele geprägt und feierte
vor allem als Ortrud in Lohengrin Triumphe. 1941 erlebte sie
mit der Verkörperung der Sieglinde in Wagners Walküre ihren
internationalen Durchbruch an der New Yorker Metropolitan
Opera. Nach 1970 sang sie vermehrt Strauss-Partien wie Klytämnestra aus Elektra oder Herodias aus Salome .
sr
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