Und du, was geschieht mit dir?

Transcrição

Und du, was geschieht mit dir?
»Und du, was geschieht mit dir?«
Salvatore Sciarrino (*1947)
12 Madrigali (2007)
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Part I
Quante isole! – Tempo d’altro spazio
Ecco mormorar l’onde – In attesa (non troppo lento)
La cicala! – Andante Rosso, così rosso – Con slancio O lodola – Alto volando
Sole alto – Disteso ma non lento
04:13
04:13
02:51
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03:03
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Part II (a specchio infedele)
Quante isole! – Tempo d’altro mare
Ecco mormorar l’onde –Tempo d’attesa
La cicala! – Andante
Rosso, così rosso – Lentissimo
O lodola – Gocce di parole
Sole alto – Col canto si alterna un tempo stretto
03:59
02:29
02:44
03:07
02:35
03:33
total time
39:00
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Neue Vocalsolisten Stuttgart
Sarah Sun, soprano
Susanne Leitz-Lorey, soprano
Truike van der Poel, mezzo-soprano
Daniel Gloger, counter tenor
Martin Nagy, tenor
Guillermo Anzorena, baritone
Andreas Fischer, bass
World premiere live recording, commissioned by Salzburger Festspiele
Salzburger Festspieldokumente, »Kontinent Sciarrino«
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DAS MEER, DER KLANG, DER SPIEGEL
Anmerkungen zu den 12 Madrigali von Salvatore Sciarrino
D Neben seinen zahlreichen Bühnenwerken hat Salvatore Sciarrino immer wieder
konzertante Vokalwerke geschrieben. Fünf dieser rund zwei Dutzend Stücke
sind mit Chor, weitaus die meisten jedoch für Solostimme und Instrumente
komponiert. Die transparente Zeichnung der vokalen Linie entspricht seinem
Ausdrucksideal offensichtlich besser als die dichte Polyphonie oder gar das
kompakte chorische Tableau. Die Besetzung des Solistenensembles in einer
kammermusikalisch reduzierten Form der Mehrstimmigkeit hat ihn allerdings
schon einmal zu einer bemerkenswerten Komposition angeregt: L’alibi della
parola für vier Singstimmen a cappella. Uraufgeführt wurde sie 1994 in Witten
im Rahmen eines Konzerts des Hilliard Ensemble, das unter dem Motto »Madrigale« stand und von der Programmidee her unterschiedliche Aspekte dieser
Gesangstradition zur Darstellung bringen sollte. Die Bezeichnung »Madrigal«
vermied Sciarrino damals für seine Komposition, doch durch Auswahl und Behandlung der Texte rückte er sie in die Nähe zu den raffiniert-manieristischen
Tendenzen dieser Vokalgattung in der Zeit um 1600. Die Textgrundlage zu
L’alibi della parola ist äußerst heterogen: zwei visuelle Gedichte des Brasilianers Augusto de Campos, ein Fragment von Petrarca und Aufschriften antiker
Vasen. Die komplexe Wort-Ton-Beziehung ist hier von einer Abbildfunktion
psychologischer oder sonstwie realistischer Art weit entfernt. Mit dem Verzicht auf ein affekt-bezogenes Figurenvokabular gehen die vier kurzen Stücke
einerseits deutlich auf Distanz zur Madrigal-Tradition, andererseits nähern sie
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sich ihr mit ihrem artifiziellen Gestus an. Diese Ambivalenz ist charakteristisch
für Sciarrino, der mit Ähnlichkeiten und Asymmetrien, mit Paradoxien und
einem subtil in der Schwebe gehaltenen Geflecht von Bedeutungen gerne sein
Verwirrspiel treibt.
Eine solche Perspektivenvielfalt zeigt sich auch in den 12 Madrigali, komponiert
2007 für vier Männer- und drei bis vier Frauenstimmen (Alt und Mezzosopran können auch von einer einzigen Interpretin gesungen werden). Trotz des
eindeutigen Titels bezieht sich Sciarrino auch hier nur in sehr freier Weise
auf die Gattungstradition. Wieder ist es, neben dem äußeren Merkmal der
A-cappella-Besetzung, in erster Linie die extravagante Beziehung zum Wort,
die an die manieristischen Tendenzen im klassischen Madrigal erinnert. Eine
historisierende Annäherung an die Tradition, etwa im Sinne einer Wiederbelebung der Affektsprache oder gar des Neomadrigalismo der ersten Hälfte
des 20. Jahrhunderts, liegt Sciarrino jedoch fern. Das heißt nicht, wie noch
gezeigt wird, dass er in diesen Stücken nicht ein breites Spektrum an eigenen
Ausdruckswerten oder »Figuren« zur Entfaltung bringen würde.
Klänge als Signale
Als Texte wählte Sciarrino sechs Haikus des japanischen Dichters Matsuo
Bashō (1644–1694). Die Dreizeiler, die er selbst ins Italienische übertrug, kreisen alle um das Thema Natur: das Meer, die Inseln, die Wellen, die Felsen, die
Zikaden, die Lerchen. Das Wahrnehmungsorgan, in dem diese elementaren
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Aussagen ihren Widerhall finden, ist der Klang selbst. Der meditative Text und
die sparsame, klare Zeichensprache der Musik verschmelzen zu einer neuen
Einheit. Es entsteht eine in hohem Maß objektivierte Form der Darstellung,
aus der sich der Komponist mit seinen subjektiven Empfindungen weitgehend
zurückzieht und das Wechselspiel von Text und Musik wie aus der Ferne beobachtet. Auf die 12 Madrigali trifft ganz besonders zu, was der Komponist im
Allgemeinen über sein Verhältnis zum Material sagt: »In der westlichen Kultur
soll die künstlerische Sprache die Subjektivität des Künstlers zum Ausdruck
bringen. Er sagt: ›Dies ist, was ich empfinde, und diese Empfindungen gebe
ich an dich weiter.‹ Aber ich sehe das anders. Ich sage nicht: ›Das sind meine
Klänge‹, sondern ich sage: ›Das sind die Klänge, die ich aufregend finde. Und
du, was geschieht mit dir?‹ Meine Klänge sind nicht einfach Klänge, sondern
Signale. Es sind Signale der Kommunikation zwischen den Menschen, sie beziehen sich auf die Umwelt, die menschliche Aktivität, den Tag und noch mehr
die Nacht – auf die Wirklichkeit ganz allgemein.«
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Sciarrino hier mit der konzentrierten Bildersprache der japanischen Haikus befasst hat. Seine frühen Vokalkompositionen
bis zu seinem ersten Bühnenwerk Amore e Psiche (1971/72) waren fast ausschließlich Haiku-Vertonungen – als ob er schon damals nach Modellen gesucht hätte,
an denen er für seine spätere reduktive Musiksprache hätte Maß nehmen können. Texte von Matsuo Bashō liegen unter anderem der dreiteiligen Komposition Aka Aka to für Sopran und zwölf Instrumente zugrunde, die 1968 in Palermo
unter der Leitung von Gianpiero Taverna uraufgeführt wurde (mit der Solistin
Michiko Hirayama, die sich auch als Scelsi-Interpretin einen Namen machte).
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Eine neue Ökologie des Klangs
Der Partitur der 12 Madrigali stellt Salvatore Sciarrino einen ausführlichen
Kommentar voran, in dem er weniger auf die spezifische Machart der Stücke
eingeht als auf grundsätzliche Aspekte seiner vokalen Musiksprache, die in
diesen Stücken, wie er schreibt, eine neue Qualität erreicht hat. Die genaue
Darlegung seiner kompositorischen Mittel repräsentiert einen hohen Stand der
künstlerischen Selbstreflexion, manche Aussagen haben den Charakter eines
künstlerischen Manifests. Es lohnt sich, hier einige Kerngedanken daraus zu
zitieren: In einem radikalen Akt des Denkens führt er die Problematik der
Vokalkomposition auf die elementarsten Voraussetzungen zurück. Der Gesang,
diese »geheimnisvolle und kraftvolle Einheit von Klang und Wort«, entsteht
für ihn nicht einfach dadurch, dass man »für Stimme komponiert«. Vorher
muss man »das Denken reinigen und den Intervallen ihre Transparenz zurückerobern, die von Bergen von Gesängen, von Musik aus der ganzen Welt
zugeschüttet wurden – von all diesen gigantischen Müllhaufen, zwischen denen
wir leben«. Und er fordert eine neue Ökologie des Klangs, geboren aus einem
neuen Bewusstsein: »Ökologie des Klangs heißt sicher Rückkehr zur Stille, aber
ganz besonders auch die Wiedergewinnung eines Ausdrucks ohne Gefühlskälte und ohne Rhetorik.Wenn sich die Stimme dem Schweigen anvertraut hat,
bleiben nur noch Mund, Mundhöhle und Speichel. Die sich öffnenden Lippen,
Grenze zu einer dunklen Leere, zum Durst und zum Hunger.«
Im Zentrum der musikalischen Kommunikation steht für Sciarrino der Hörer.
Zur Umschreibung des Verhältnisses zwischen Musik und Hörer greift er auf
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eine talmudische Spruchweisheit zurück: »Wann, wenn nicht jetzt? Wo, wenn
nicht hier? Wer, wenn nicht du? – Das sagt meine Musik zu dem, der ihr zuhört.
Sie fordert zur Begegnung auf und lädt ihn ein: Öffne den Geist, schärfe das Bewusstsein. Oder ganz einfach: Folge mir! Ich führe den Hörer in meine Musik
hinein, um mit kleinsten Ereignissen seine Aufmerksamkeit zu erregen.«
Der ungetreue Spiegel
Die Großform der 12 Madrigali ist dadurch bestimmt, dass jedes der sechs
Haikus zweimal vertont wird. So entstehen sechs verwandte Paare, die einander aber nicht unmittelbar zugeordnet, sondern zu einer Folge von zweimal
sechs Stücken gebündelt sind. Die zweite Hälfte verhält sich zur ersten in der
Art eines »ungetreuen Spiegels« (»a specchio infedele«), und das in doppelter
Hinsicht: Erstens ist die zweite Sechserserie nicht der Krebs der ersten, sondern
ihre lineare Wiederholung, und zweitens sind auch die einzelnen Madrigale
keineswegs detailgenaue Spiegelbilder voneinander; die Zweitversionen sind
Neuerzählungen, die dieselbe Geschichte auf andere Weise und mit teilweise
anderen Mitteln noch einmal zur Darstellung bringen.
Sciarrino greift dabei auf das Verfahren in seinen frühen Haiku-Vertonungen
Aka, Aka to I, II, III zurück, die ebenfalls Mehrfachversionen – in diesem Fall
drei – desselben Gedankens darstellen. »Wie Sehnsucht, viermal komponiert«,
sagt er mit Blick auf Beethoven, der Goethes Lied der Mignon gleich viermal
hintereinander auf völlig verschiedene Weise in Musik gesetzt hat. In dem Ver8
fahren zeigt sich eine interessante Abwandlung des Variationsgedankens. Die
traditionelle Variationenform ist hierarchisch strukturiert; die einzelnen Teile
sind immer nur »Veränderungen« des Grundgedankens und stehen in direkter
Abhängigkeit zu ihm. In Sciarrinos – und auch Beethovens – Verfahren der
Mehrfachvarianten gibt es hingegen kein zentrales Thema als Bezugspunkt.
Sie stehen gleichberechtigt nebeneinander, sind also parataktisch (bei- bzw.
nebenordnend) und nicht hypotaktisch (unterordnend) zusammengestellt.
Überblick über die einzelnen Madrigale
Wie diese Varianten aussehen, sei am Beispiel der Madrigale Nr. 1 und 7 kurz
dargestellt. Ihr Text lautet: »Quante isole! / In frantumi / lo specchio del mare«
(Wie viele Inseln! / Zerbrochen / der Spiegel des Meeres). Schon die enigmatischen Tempoangaben bilden ein asymmetrisches Paar: »Tempo d’altro spazio«
(Tempo des anderen Raumes, Nr. 1) und »Tempo d’altro mare« (Tempo des
anderen Meeres, Nr. 7); ganz nebenbei werden damit auch Assoziationen an
Luigi Nonos utopische »altri spazi« wach. Im ersten Madrigal wird der Ausruf
»Quante isole!« bis etwa in die Mitte des Stücks von den drei Frauenstimmen
in sehr langen Notenwerten mehrfach wiederholt, in einem Unisono, das sich
nur an wenigen Stellen kurz auffasert. Die Männerstimmen wiederholen diese
Worte zunächst nur mit ganz kurzen, fragmentarischen Einwürfen. Im Madrigal Nr. 7 vertauschen Frauen und Männerstimmen die Rolle in der Art des
doppelten Kontrapunkts: Die lange gehaltenen Töne »Quante isole« werden
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von Bass, Bariton und Tenor gesungen, und die Einwürfe kommen von den
Frauen; diese sind nun aber nicht mehr kurz und abgerissen, sondern ebenfalls
in langgezogenen Notenwerten gehalten: ein ungetreuer Spiegel.
Eine deutliche Asymmetrie ist auch beim Vergleich der zweiten Hälften der
beiden Madrigale zu beobachten. Zum Text »in frantumi lo specchio del mare«
kräuseln sich hier die Lineaturen, und schließlich zerbricht die ruhige Oberfläche in kleine Motivfragmente. In Madrigal Nr. 1 geht dieser Prozess von den
Männerstimmen aus und kommt erst nach und nach in Gang. In Madrigal Nr.
7 geht er von den Frauenstimmen aus, was zunächst dem Symmetriegedanken
entspricht, doch er setzt viel früher ein und führt dann schnell zu einer alle
Stimmen erfassenden Erregung. Dieser bewegte Ausdruck dominiert nun über
lange Strecken das Klangbild; die Polarität von Ruhe und Erregung wird nicht
mehr wie in Nr. 1 in zeitlicher Folge, sondern simultan dargestellt. Das bedeutet:
Während im Madrigal Nr. 1 noch ein ungefähres Gleichgewicht zwischen der
ersten und zweiten Hälfte bestand, verschiebt sich in Nr. 7 der Schwerpunkt
auf die zweite Hälfte, in der es zur dramatischen Austragung der Gegensätze
kommt. Diese Auseinandersetzung geschieht, charakteristisch für den Großteil dieser Stücke, in den sehr leisen Registern, und nur gelegentlich fährt ein
plötzlicher Forte-Akzent dazwischen.
Ähnliche Formen von falscher Spiegelung lassen sich auch bei den anderen
Madrigalpaaren beobachten. So in Nr. 2 und Nr. 8, »Ecco mormorar l’onde /
è ritmo / di vento profumato« (Hier das Murmeln der Wellen / ist Rhythmus /
des duftenden Windes): Das zweite Madrigal setzt tatsächlich leise murmelnd
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ein, mit einer Folge von Soli, die um den Zentralton E kreisen. Das achte hingegen beginnt mit dem kompakten, wiederholten Schrei aller Stimmen: »Ecco!«
Und während im ersten der beiden Madrigale die Zeilen 2 und 3 kaum vertont
sind und das Wort »ritmo« in lautmalerische, mit den Händen erzeugte Akzentfolgen aufgelöst wird, geben sie im zweiten Madrigal den Anstoß zu einem
exponierten Sopransolo von beträchtlicher Länge.
Die Nummern drei und neun (Zirpen der Zikaden) heben sich von den anderen Stücken insofern ab, als sie am ehesten dem polyphonen Satztyp entsprechen. Vorherrschend sind sonst eine vielfältig aufgebrochene und ausfasernde Monodie, rhythmisierte Akkorde, komplex übereinandergeschichtete
Kleinmotive oder hoquetusartige Gebilde. Doch in diesen beiden Nummern
benutzt Sciarrino die in sich selbst schon musikalische Silbenfolge »Ah, la cicala«, um ein polyphones Liniengeflecht zu erzeugen, bei dem die Stimmen in
Engführung einsetzen und einen Tonraum von bis zu drei Oktaven ausfüllen.
Die rhythmisch diffizile Kleinmotivik ist in beiden Madrigalen wieder auf ganz
unterschiedliche Weise ausgearbeitet.
Die Madrigale Nr. 4 und Nr. 10 unterscheiden sich grundlegend durch ihr
Tempo. Das Bild der in ihrer Kraft nachlassenden roten Herbstsonne wird
einmal »mit Schwung«, einmal im Tempo »sehr langsam« beschworen. Zum
»lentissimo« kommt in Nr. 10 auch noch eine zunehmende Ausdünnung des
Satzes, indem am Schluss nur noch kurze Soli über sehr langen Abwärtsglissandi der tiefen Stimmen zu hören sind.
Thema der Madrigale Nr. 5 und Nr. 11 ist der Gesang der Lerche. In Nr. 5
(»hochfliegend«) wird der Text, zu Vokalisen aufgelöst, in eine Folge von
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kurzen Melodiefragmenten transformiert. In Nr. 11 (»Tropfen von Wörtern«)
geschieht genau das Gegenteil: Der Text wird in weit auseinander stehenden,
staccatoartigen Akkorden, die jeweils durch eine einzige gehaltene Stimme
miteinander verbunden sind, skandiert. Erst gegen Schluss wird er im Sopran
in lautmalerisch tirilierender Weise zur Melodie.
Hervorstechendes Merkmal in den Madrigalen Nr. 6 und Nr. 12 sind die ostinaten Rhythmen, die ihnen einen strengen Charakter verleihen und mit den
melodischen, rhythmisch freieren Partien einen gespannten Kontrast bilden.
In Madrigal Nr. 12, das den Zyklus beschließt, findet zugleich ein Identitätstausch statt, der ganz im Sinn von Bashōs Zen-Lyrik ist: Das in endlosen
Sechzehntel-Ostinati sich artikulierende »Meer von Zikaden« erstarrt zu einer
felsengleichen Struktur, während am Schluss zu den Worten »bevono le rocce«
(es trinken die Felsen) sich der Sopran mit einer empfindsamen Melodielinie
in die Höhe schwingt: Der Unterschied von organischer und anorganischer
Materie verschwimmt.
Max Nyffeler
Max Nyffeler, geboren in Wettingen / Schweiz, war
Rundfunkredakteur und Verlagsmitarbeiter und lebt
heute als freiberuflicher Publizist in München.
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Sein Arbeitsschwerpunkt ist die Musik des 20. und
21. Jahrhunderts. Im Internet publiziert er unter
www.beckmesser.de
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SALVATORE SCIARRINO
Salvatore Sciarrino (*1947 in Palermo) ist stolz darauf, nicht durch irgendeine
musikalische Schule gegangen zu sein, sondern sich ganz frei entwickelt zu
haben. Schon mit zwölf Jahren begann er als Autodidakt zu komponieren. Sein
erstes öffentliches Konzert fand 1962 statt. Aber Sciarrino betrachtet die Arbeiten vor 1966 als noch unreife Gesellenstücke, denn erst ab diesem Zeitpunkt
zeigt sich sein eigentlicher Personalstil.
Etwas ganz und gar Eigenes charakterisiert diese Musik: Sie führt zu einer
ganz neuen Art des Hörens und dazu, in einem spannungsvollen, aufregenden
Prozess sich der Realität und seiner selbst bewusst zu werden. Und auch heute
noch, nach vierzig Jahren des Komponierens und angesichts eines umfangreichen Katalogs, zeigen Sciarrinos Kompositionen eine erstaunliche künstlerische Weiterentwicklung. Nach dem klassisch-altsprachlichen Gymnasium und
einigen Jahren an der Universität seiner Heimatstadt Palermo zog Sciarrino
1969 nach Rom und 1977 nach Mailand. Seit 1983 lebt er in Umbrien. 1969–2004
wurden seine Werke bei Ricordi verlegt; seit 2005 wird sein Werk exklusiv bei
Rai Trade veröffentlicht.
Sciarrinos umfangreiche Diskographie umfasst mehr als 80 CDs, die in der
ganzen Welt bei den besten Labels erscheinen und häufig besprochen, empfohlen und ausgezeichnet werden. Neben den meisten Libretti zu seinen eigenen
Musiktheaterwerken hat Sciarrino eine Vielzahl von Artikeln, Aufsätzen und
Texten verschiedenster Art geschrieben. Eine Auswahl erschien in dem SamSalvatore Sciarrino
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melband Carte da suono (Cidim – Novecento 2001). Von Bedeutung ist sein
interdisziplinäres Buch über die musikalische Form: Le figure della musica, da
Beethoven a oggi (Ricordi 1998).
Er hat an den Konservatorien von Mailand (1974–83), Perugia (1983–87) und
Florenz (1987–96) unterrichtet. Parallel dazu hat Sciarrino zahlreiche Fortbildungskurse und Meisterklassen in Komposition gegeben; hingewiesen sei
besonders auf die Kurse 1979–2000 in Città di Castello. 1978–80 war er künstlerischer Leiter des Teatro Comunale di Bologna. Er gehört der Accademia di
Santa Cecilia in Rom, der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München und der Akademie der Künste in Berlin an und wurde mit zahlreichen
Preisen ausgezeichnet. Zuletzt wurden ihm der Preis Prince Pierre de Monaco
(2003) und der namhafte Premio Internazionale Feltrinelli (2003) verliehen;
2006 erhielt er als Erster den neu begründeten Musikpreis Salzburg.
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NEUE VOCALSOLISTEN STUTTGART
1984 als Ensemble für zeitgenössische Vokalmusik unter dem Dach von »Musik
der Jahrhunderte« gegründet, sind die Neuen Vocalsolisten Stuttgart seit dem
Jahr 2000 ein künstlerisch selbstständiges Kammerensemble für Stimmen. Die
sieben Konzert- und Opernsolisten – vom Koloratursopran über den Countertenor bis zum tiefen Bass – bringen in Eigenverantwortung ihre künstlerische
Gestaltungskraft in die kammermusikalische Arbeit sowie in die Zusammenarbeit mit Komponisten und anderen Interpreten ein. Ein Pool spezialisierter
Sänger und Sängerinnen ergänzt je nach der erforderlichen Besetzung das
Basisteam. Zu den Partnern der Neuen Vocalsolisten zählen einerseits Spezialistenensembles und Rundfunkorchester, andererseits Opernhäuser und die
freie Theaterszene, elektronische Studios sowie zahlreiche Veranstalter internationaler Festivals und Konzertreihen für Neue Musik.
Im Zentrum des Interesses steht die Recherche: das Erforschen neuer Klänge,
neuer Stimmtechniken und vokaler Artikulationsformen, wobei dem Dialog
mit Komponisten eine große Bedeutung zukommt. In jedem Jahr werden etwa
20 Werke von den Neuen Vocalsolisten uraufgeführt. Das Musiktheater und die
interdisziplinäre Arbeit mit Elektronik, Video, bildender Kunst und Literatur
gehören ebenso zum Ensemblekonzept wie die Collage von kontrastierenden
Elementen Alter und Neuer Musik.
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12 Madrigali
12 Madrigale
12 Madrigals
Quante isole!
In frantumi
lo specchio del mare
Wieviele Inseln!
Zerbrochen
der Spiegel des Meeres
How many islands!
Shattered
the mirror of the sea
Ecco mormorar l’onde
è ritmo
di vento profumato
Hier das Murmeln der Wellen
ist Rhythmus
des duftenden Windes
This murmur of waves
rhythm
of the scented wind
La cicala!
Assorda nella voce
un’aura di campane
Die Zikade!
Sie betäubt im Laut
ein Lufthauch von Glocken
The cicada!
Deafening in sound
an aura of bells
Rosso, così rosso
il sole fugge
vento d’autunno
Rot, so rot
flieht die Sonne
Herbstwind
Red, so red
the sun takes flight
autumn wind
O lodola
non basta al canto
un lungo giorno
O Lerche
dem Gesang reicht nicht
ein langer Tag
Oh skylark
the song is not done
in a long day
Sole alto
mare di cicale
bevono le rocce
Hoch stehende Sonne
Meer von Zikaden
es trinken die Felsen
Empyrean sun
sea of cicadas
the rocks are drinking
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Matsuo Bashō (1644–1694)
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THE SEA, THE SOUND, THE MIRROR
Notes on Salvatore Sciarrino’s 12 Madrigali
E In addition to numerous works for the stage, Salvatore Sciarrino has written a
number of vocal works for concert performance. Five of these two dozen or so
pieces feature a chorus, but most of them are for solo voice and instruments.
The transparent drawing of the vocal lines is evidently more in keeping with
ideal of expression than dense polyphony or even the compact choral tableau.
Writing in a form of polyphony reduced to the chamber music dimensions of
an ensemble of soloists did once inspire him to write a remarkable composition: L’alibi della parola (The alibi of the word) for four voices a cappella. It was
premiered in Witten in 1994 as part of a concert by the Hilliard Ensemble whose
theme was “Madrigals”; the idea behind the concert program was to present
various aspects of this vocal tradition. At that time, Sciarrino avoided the term
madrigal as a label for his composition, but in the selection and treatment of
his texts his work was close to the refined, mannerist tendencies of this vocal
genre in the period around 1600. The texts on which L’alibi della parola was
based are extremely heterogeneous: two visual poems by the Brazilian writer
Augusto de Campos, a fragment by Petrarch, and inscriptions from ancient
vases. The complex relationship of words and sounds here is far removed from
a reproductive function of a psychological or any other realistic manner. By
dispensing with an affective figural vocabulary, the four brief pieces clearly
maintain a distance from the madrigal tradition, on the one hand, while, on
the other hand, coming close to it in terms of its artificial gesture. This ambiva20
lence is characteristic of Sciarrino, who likes to play his game of vexation with
similarities and asymmetries, with paradoxes and a web of meanings that is
subtle held in suspension.
This sort of diversity of perspectives is also revealed in his 12 Madrigali, composed in 2007 for four male and three to four female voices (the alto and mezzosoprano parts can be sung by a single performer). Despite his unambiguous
title, Sciarrino refers to the tradition of the genre only very freely here. Once
again, in addition to the external feature of its a cappella ensemble, it is primarily the extravagant connection to the word that recalls the mannerist tendencies of the classical madrigal. A historicizing approach to the tradition – in the
sense of a revival of affective language or even of the neomadrigalismo of the
first half of the 20th century – is far from Sciarrino’s intention. As we will show,
that certainly does not mean that he fails to unfold a broad spectrum of his
own expressive values or “figures” in these pieces.
Sounds as Signals
For the texts, Sciarrino chose six haiku by the Japanese writer Matsuo Bashō
(1644–94). The three-line poems, which Sciarrino translated into Italian himself, revolve around themes from nature: the sea, islands, waves, rocks, crickets,
larks. The organ of perception in which these elemental statements find their
echo is sound itself. The meditative text and the sparse, clear sign language of
the music fuse into a new unity. The result is a highly objectified form of depic21
tion from which the composer largely pulls back with his subjective emotions
and observes the interplay of text and music as if from a distance. What the
composer has said of his relationship to the material in general is particularly
true of his 12 Madrigali: “In Western culture, artistic language is supposed to
express the artist’s subjectivity. He says: ‘This is what I feel, and I pass these
feelings on to you.’ But I see it differently. I do not say: ‘These are my sounds,’
but rather: ‘These are sounds I find exciting. And you, what happens with you?’
My sounds are not simply sounds but rather signals. They are signals of communication between people; they refer to the environment, to human activity,
to day and even more to night – to reality in general.”
This was not the first time that Sciarrino worked with the concentrated imagistic language of Japanese haiku. His early vocal compositions up to his first
work for the stage, Amore e Psiche (1971–72), were nearly all haiku settings – as
if he were already looking for models against which his later reductive musical
idiom could be measured. Texts by Matsuo Bashō are the basis for, among other
works, the three-part composition Aka Aka to for soprano and 12 instruments,
which was premiered in Palermo in 1968 under the direction of Gianpiero
Taverna (with the soloist Michiko Hirayama, who also made a name for herself
as a Scelsi interpreter).
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A New Ecology of Sound
Salvatore Sciarrino prefaced the score of 12 Madrigali with an extensive commentary in which he did not so much discuss the specific construction of the
pieces as fundamental aspects of his idiom of vocal music, which, as he wrote,
achieved a new quality in these pieces. This precise explanation of this compositional means represents a high degree of artistic self-reflection; many of his
statements have the character of an artistic manifesto. It is worth citing several
of its core ideas here:
In an act of radical thinking, he traced the problems of vocal composition
back to its most elementary premises. Song, this “mysterious and powerful
unity of sound and word,” does not, in his view, result simply from “composing for voice.” First, it is necessary to “purify thinking and recapture from the
intervals the transparency that is filled up by mountains of songs, by music
from the whole world – by all these gigantic garbage dumps amid which we
live.” And he called for a new ecology of sound, born of a new consciousness:
“ecology of sound certainly means a return to silence but also and especially
the regaining of a form of expression without emotional coldness and without
rhetoric. When the voice is entrusted to silence, all that remains is the mouth,
the oral cavity and saliva. The opening lips, boundary to a dark void, to thirst
and to hunger.”
For Sciarrino, the focus of musical communication is the listener. To describe
the relationship between music and the listener he fell back on a saying from
the Talmud: “If not now, when? If not here, where? If not you, who? – That
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is what my music says to anyone listening to it. It calls for an encounter and
invites the listeners: Open your minds, sharpen your consciousness. Or simply:
Follow me! I lead listeners into my music in order to attract their attention
with the tiniest of events.”
of the basic idea and is directly dependent on it. In Sciarrino’s – and Beethoven’s –
procedure of multiple variants, by contrast, there is no central theme as a point
of reference. They stand side by side as coequals, and hence are compiled paratactically (coordinating) and not hypotactically (subordinating).
The Unfaithful Mirror
Brief Overview of the Individual Madrigals
The large-scale form of 12 Madrigali is determined by the fact that each of the
six haiku is set twice. This results in six related pairs, yet they are not placed
together but instead grouped into a series of two times six pieces. The second
half relates to the first like an “unfaithful mirror” (“a specchio infedele”), in
two respects: First, the second series of six is not the retrograde of the first
but its linear repetition; second, the individual madrigals are by no means
detailed reflections of one another; the second versions are retellings that offer
the same story in a different way and present it again, sometimes using different means.
Sciarrino took up again the procedure of his early haiku settings Aka, Aka to I,
II, III, which were also multiple versions – in that case three – of the same idea.
“Like Sehnsucht, composed four times,” he said, with reference to Beethoven,
who set Goethe’s Lied der Mignon four times in completely different ways. This
procedure is an interesting adaptation of the idea of a variation. The traditional
variation form is structured hierarchically; the each part is merely a “variation”
What these variations look like can be briefly described using the example of
Madrigals Nos. 1 and 7. The text of both is: “Quante isole! / In frantumi / lo
specchio del mare” (How many islands! / Broken / the mirror of the sea). Even
their enigmatic tempo indications make them an asymmetrical pair: “Tempo
d’altro spazio” (Tempo of the other space) for No. 1 and “Tempo d’altro mare”
(Tempo of the other sea) for No. 7; quite incidentally, this also evokes association with Luigi Nono’s utopian “altri spazi” (other spaces). In the first madrigal,
the exclamation “Quante isole!” is repeated up to about the middle of the piece
several times with very long note values by the three female voices, in a unison
that comes apart briefly at just a few points. At first the male voices repeat these
words only as very brief, fragmentary interjections. In Madrigal No. 7, the male
and female voices exchange roles in a kind of double counterpoint: the long
held notes of “Quante isole” are sung by bass, baritone, and tenor, and the interjections come from the women. Now, however, the interjections are no longer
brief and disconnected but also long held notes: an unfaithful mirror.
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A clear asymmetry can also be observed by comparing the two halves of the
madrigals. On the text “in frantumi lo specchio del mare,” the lines get all
curly, and finally the calm surface breaks down into small motivic fragments.
In Madrigal No. 1, this process is initiated by the male voices and gets going
only gradually. In Madrigal No. 7, it is initiated by the female voices, which
is in keeping with the idea of symmetry, but it begins much earlier and then
quickly leads to an excitement that seizes all the voices. This animated expression now dominates the sound image for long stretches; the polarity of calm
and excitement is not longer depicted in temporal sequence as in No. 1 but
rather simultaneously. That means that whereas in Madrigal No. 1 there is still
an approximate balance between the first and second halves, in No. 7 the focus
shifts to the second half, in which the antitheses are dramatically emphasized.
Characteristically for the majority of these pieces, this conflict occurs in very
quiet registers, with only the occasional, sudden forte accent intervening.
Similar forms of untrue reflection can be observed in the other pairs of madrigals as well. For example, in Nos. 2 and 8, “Ecco mormorar l’onde / è ritmo / di
vento profumato” (Here the waves’ murmur / is rhythm / of perfumed wind):
The second madrigal does indeed begin quietly murmuring, with a sequence
of solos circling around the central note of E. The eighth, by contrast, begins
with a compact, repeated cry of all the voices: “Ecco!” And whereas in the first
of these two madrigals lines 2 and 3 are barely set at all, and the word “ritmo” is
broken down into onomatopoetic sequences of accents produced by the singers’
hands, in the second madrigal these lines provide the impetus for an emphatic
soprano solo of considerable length.
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Numbers three and nine (Chirping of the crickets) are distinct from the other
pieces in that they correspond most to a polyphonic type of writing. The other
pieces are dominated by a variously refracted and frayed monody, rhythmic
chords, complexly layered small motifs, and hocketlike shapes. In these two
numbers, however, Sciarrino uses the already musical sequence of syllables of
“Ah, la cicala” to produce a polyphonic web of lines in which the voices enter
in stretto and fill out a pitch space of as much as three octaves. The rhythmically complex set of tiny motifs in both madrigals is once again worked out in
completely different ways.
Madrigals Nos. 4 and 10 are fundamentally different in tempo. The image of the
red autumn sun losing its power is evoked once “with momentum” and once
“very slowly.” In addition to this “lentissimo,” the writing of No. 10 becomes
increasingly thin, so that at the end all that is heard are brief solos on very long
downward glissandi in the deep voices.
The theme of Madrigals Nos. 5 and 11 is the singing of larks. In No. 5 (“highflying”) the text, broken down into vocalises, is transformed into a series of brief
melodic fragments. In No. 11 (“Drops of words”), precisely the opposite occurs:
the text is chanted in widely separated, staccatolike chords that are connected
by a single held voice. Only toward the end does it become an onomatopoetically trilling melody in the soprano part.
The most prominent feature of Madrigals Nos. 6 and 12 is the ostinato rhythms
that lend them a strong character and create an exciting contrast with the melodic, rhythmically free parts. In Madrigal No. 12, which concludes the cycle,
there is an exchange of identities that is very much in the spirit of Bashō’s Zen
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poetry: The “sea of crickets” articulated in endless ostinatos of sixteenth notes
ossifies into a rocklike structure, while at the end, on the words “bevono le
rocce” (the rocks drink), the soprano swings into the heights with a sensitive
melodic line: the difference between organic and inorganic matter blurs.
Max Nyffeler
Max Nyffeler, born in Wettingen, Switzerland, lives in
Munich as a freelance journalist focusing on the music
of the 20th and 21st centuries. He was a radio producer
in Munich and Zurich, chief press officer for the Swiss
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cultural foundation Pro Helvetia, and artistic director
of the Ricordi Verlag in Munich. He publishes on the
Internet at www.beckmesser.de
SALVATORE SCIARRINO
Salvatore Sciarrino (*Palermo, 1947) likes to boast that he was born free and not
in a school of music. Self-taught, he began to compose when he was twelve. His
first public concert was given in 1962. But Sciarrino considers what he wrote
before 1966 as immature works of apprenticeship, for it is then that his personal
style came to the fore.
There is something truly special about this music: it induces a different way of
listening, projecting a thrilling awareness of reality and of the self. And after
forty years his huge catalogue of compositions is still in a phase of astonishing
creative development. After completing his schooling and a few years of university in his home town, he moved first to Rome in 1969 and then to Milan in
1977. Since 1983 he has been living in Umbria. He published for Ricordi from
1969 to 2004. From the very next year exclusive rights passed to Rai Trade.
His discography is particularly large: around 80 CDs, issued by the major international labels, have been acclaimed and often awarded prizes. As well as
the librettos of his own works of music theatre, Sciarrino has written many
articles, essays and texts of various kinds; some have been chosen and collected in Carte da suono (Cidim – Novecento, 2001). Also important is his
interdisciplinary book on musical form: Le figure della musica, da Beethoven
a oggi (Ricordi, 1998).
He has taught at the conservatories of Milan (1974–83), Perugia (1983–87) and
Florence (1987–96). He has also held courses of specialization and master classes: particularly worth mentioning are those of Città di Castello from 1979 to
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2000. Between 1978 and 1980 he was artistic director of the Teatro Comunale
of Bologna. An Academician of Santa Cecilia (Rome), Academician of the Fine
Arts of Bavaria and Academician of the Arts (Berlin), he has won numerous
prizes, the most recent ones being the Prince Pierre de Monaco (2003) and the
prestigious Premio Internazionale Feltrinelli (2003). He is also the first winner
of the new Musikpreis Salzburg (2006).
Neue Vocalsolisten Stuttgart
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NEUE VOCALSOLISTEN STUTTGART
The Neue Vocalsolisten Stuttgart was established as an ensemble specializing
in the interpretation of contemporary vocal music in 1984. Founded under the
artistic management of “Musik der Jahrhunderte,” the vocal chamber ensemble has been artistically independent since the year 2000. Each of the seven
concert and opera soloists, with a collective range reaching from coloratura
soprano, to countertenor to basso profondo, shapes the work on chamber music and the collaboration with the composers and other interpreters through
their distinguished artistic creativity. According to the musical requirements
a pool of specialist singers complements the basic team. The partners of the
Neue Vocalsolisten are on the one hand specialist ensembles and radio orchestras, on the other opera houses and the free theater scene, electronic studios
and countless organizers of contemporary music festivals and concert series
throughout the world.
The ensemble’s chief interest lies in research: exploring new sounds, new vocal
techniques and new forms of articulation, whereby great emphasis is placed
on establishing a dialogue with composers. Each year, the ensemble premieres
about twenty new works. Central to the group’s artistic concept are the areas
of music theater and the interdisciplinary work with electronics, video, visual
arts and literature, as well as the juxtaposition of contrasting elements found
in early and contemporary music.
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Also released by col legno:
— Salvatore Sciarrino, Lohengrin, 2008 (WWE 1CD 20264)
— Salvatore Sciarrino, La Bocca, I Piedi, Il Suono, 2004 (WWE 1CD / DVD 20701)
— Salvatore Sciarrino, Fabbrica degli incantesimi, 1995 (WWE 1CD 31884)
— Donaueschingen 2005, Stroppa, Sciarrino, Hagen, Ospald, 2006 (WWE 1CD 20246)
Salzburger Festspieldokumente released by col legno:
— Luciano Berio Un Re in ascolto, 1997 (WWE 2CD 20005)
— Friedrich Cerha, Spiegel, 1997 (WWE 2CD 20006)
— György Kurtág, Portraitkonzert, 1994 (WWE 2CD 31870)
— Luigi Nono, Das atmende Klarsein, 1994 (WWE 1CD 31871)
— Salzburger Festspieldokumente 1993, Winkler, Varèse, Feldman, 1994 (WWE 1CD 31872)
©+
2009 col legno Beteiligungs- und Produktion GmbH
Distribution See our website www.col-legno.com
Producer Stefanie Schurich, Andreas Schett
Executive Producer Salzburger Festspiele, ORF Salzburg (Austria)
Recording Date August 3, 2008
Recording Location Kollegienkirche Salzburg (Austria)
Recording Producer Hannes Eichmann, ORF Salzburg (Austria)
Unit Manager Stephan Höllwerth
Sound Editor Reinhard Prosser
Mastering Harald Gstrein, ORF Salzburg (Austria)
Publisher Edizioni Musicali RAI Trade, Roma / Milano (Italy)
Text Max Nyffeler
Translators Steven Lindberg (Text by Max Nyffeler),
Salvatore Sciarrino (I) / Astrid Tautscher (E) (6 haikus by Matsuo Bashō)
Photography Mauro Fermariello (Sciarrino), Telemach Wiesinger (Neue Vocalsolisten Stuttgart)
Design Concept Circus. Büro für Kommunikation und Gestaltung, Innsbruck, www.circus.at
Typesetting & Layout Circus

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