und Motorradrennen
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und Motorradrennen
Walchensee ZIEL km St. 72 START km 67 123456789 123456789 123456789 123456789 123456789 123456789 123456789 Kochel-See Plätze für Zuschauer Höhe in m über der Nordsee Steigung der Bergrennstrecke vom Start (km St. 67) bis zum Ziel (km St. 72) = 250 m Die Geschichte der Kesselbergstraße Als vor etwa 12 000 Jahren die letzte Eiszeit zuende ging, und damit die weit bis ins heutige Alpenvorland hinaus reichenden Gletscher schmolzen, blieb in einem tiefen Einbruch hinter dem Herzogstand der Walchensee zurück. Das im Einschnitt zwischen Herzogstand und Jochberg ablaufende Wasser bildete 250 Meter weiter unten den Kochelsee. Ein bis heute durch die Felsformationen vom Walchensee her durchsickernder Bach stürzt über die Kanten und wäscht beim Auftreffen regelrechte Wannen und Kessel aus. Die Bewohner der beiden Seeufer sprachen deshalb vom Kesselberg. Über den 858 Meter hohen Sattel eröffnete sich der günstigste Aufstieg zum Walchensee, der Saumpfad stellte zugleich die kürzeste Verbindung nach Tirol und weiter nach Italien dar. Bereits 1356 wurde in Kochel deshalb eine Poststation eingerichtet, doch mit dem Ausbau des Weges zu einer Straße sollte es noch bis zum Jahr 1492 dauern. Der Münchener Ratsherr Heinrich Parth war mit dem Auftrag von Herzog Albrecht und den Grundherren vom Kloster Benediktbeuern zum Walchensee gekommen, mögliche Erzabbaustätten zu erkunden. Damit hatte er zwar kein Glück, er erkannte aber die Chancen für eine neue Verkehrsverbindung von der Landeshauptstadt aus nach Süden. Herzog und Abt willigten ein, womit unter der Leitung von Heinrich Parth 1492 die Errichtung der ersten Kesselbergstraße in Angriff genommen werden konnte. Drei Jahre später war das Werk vollendet, die relativ breit geführte Sandstraße ordentlich befestigt und mit schweren Fuhrwerken befahrbar. Doch so einfach liefen die Transporte der Waren über den Kesselberg noch nicht ab. Es galt zunächst einmal bergauf für kräftigen Vorspann zu sorgen, die bis zu zwei Tonnen schweren Wagen mußten mit 16 oder gar 24 Pferden gezogen werden. Bergab wollte sorgsam gebremst sein, damit beispielsweise die vollen Weinfässer aus Italien heil zum Kloster oder in die Stadt gebracht werden konnten. Die Paßstraße verlief noch nicht in weiten Kurven am Hang entlang, sie wies stattdessen einige gehörige Steilstücke auf. Aber mit der Last für die Zugtiere war es noch nicht getan, das Befahren der Straße kostete Wegezoll, der an 20 das Kloster Benediktbeuern und an den Herzog zu entrichten war. Als wichtige Durchgangsstation blieb Kochel mit der Kesselbergstraße nun von der wechselvollen Geschichte Bayerns und Tirols, ja ganz Mitteleuropas, nicht verschont. Aber neben den verschiedensten Soldaten gab es auch immer wieder besonders prominente Reisende: Kaiser Karl V. auf dem Weg nach Innsbruck 1541 und noch einmal zehn Jahre später, oder Johann Wolfgang von Goethe auf seiner Italienreise im Jahr 1786 als einer der ersten echten Touristen. Während der ganzen Zeit war Kochel jedoch ein Bauerndorf mit etwa 40 Anwesen geblieben. Erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts änderte sich die Situation als die ersten wohlhabenden Großbürger aus München sich in der idyllischen Gegend niederließen. Es entstanden Villen und Hotels, Kochel wurde schnell in ganz Deutschland als besonders schöner Ferienort bekannt. Hinzu kam die Entdeckung einer Natronquelle, und Bad Kochel galt für einige Jahre als beliebtester Kurort in Oberbayern. Der Rummel legte sich jedoch sehr schnell wieder, die Heilquelle wurde vernachlässigt, aber mit einem ruhiger verlaufenden Fremdenverkehr ließ sich auch ganz gut leben. Vierhundert Jahre hatte die Kesselbergstraße in ihrer ersten Form ausgereicht, doch mit dem Anbruch des Industriezeitalters nahm der Güterverkehr stark zu, die alte Steilstrecke stellte dabei immer mehr ein unnötiges Hindernis dar. Die Entscheidung für eine Modernisierung der Streckenführung fiel 1892, im bayerischen Staatsbudget wurde die Finanzierung vorgesehen und Prinzregent Luitpold ernannte Ingenieur Theodor Freytag zum Bauleiter. Von 1893 bis 1897 schufen vorwiegend italienische Bauarbeiter eine aufwendige Paßstraße, die sich in sanften Windungen den Berg hinauf schraubt. Sehr viele Kunstbauten, Brücken, gemauerte Rampen und Böschungen, verminderten die Steigung. Im gleichen Jahr wie die neue Kesselbergstraße wurde auch die Eisenbahnstrecke nach Kochel fertig, das nun verkehrstechnisch perfekt erschlossen war. Die ersten Kesselbergrennen 1905 und 1907 Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach hatten Motorrad und Automobil zwar schon 1885 und 1886 erfunden, aber mit der Verbreitung der Vehikel mit Benzinmotor dauerte es noch einige Jahre. In Frankreich vollzog sich die Entwicklung dabei schneller als in Deutschland, dort fanden bald auch die ersten Wettbewerbsfahrten statt. Im Gegensatz zu den französischen Langstrecken- und Bergrennen begann man in Deutschland ab 1900 Pferderennbahnen in Frankfurt und Berlin für die ersten Automobilund Motorradrennen zu benützen. Mit dem Rennen um den Preis des amerikanischen Zeitungsverlegers Gordon Bennett fand 1904 im Taunus das erste internationale Rennsport-Großereignis in Deutschland statt. Ein Jahr später taten sich der Bayerische Automobil-Club, die Deutsche Motorradfahrer-Vereinigung und die beiden Preis-Stifter Hubert von Herkommer und Julius Bleichröder zusammen. Eine interessante Kombination verschiedener Veranstaltungen führte zur ‘Deutschen Automobilwoche’. wollte dem Motorisierungsgedanken zu mehr Popularität verhelfen. Nicht nur die hohen Anschaffungskosten für die ersten Automobile und Motorräder hatte viele Interessenten vom Kauf abgehalten, sondern auch die vermeintlichen technischen Unzulänglichkeiten. Um diese Einwände zu entkräften, setzte von Herkommer einen Ehrenpreis aus, für den besten Teilnehmer einer dreitägigen Zuverlässigkeitsfahrt mit anschließenden Rennen um die Bestzeit auf einer Berg- und einer Flachstrecke. Professor Hubert von Herkommer, aus Landsberg am Lech gebürtiger, aber in England tätiger Kunstmaler, Nach den Vorbildern La Turbie in Südfrankreich und Semmering in Österreich wurde mit der Kesselbergstra- Der Bankier Bleichröder stiftete einen Preis für die nur bei den beiden Zeitprüfungen antretenden speziellen Rennwagen. Die beiden Clubs übernahmen die Organisation und suchten geeignete Strecken aus. Bei den Rennen sollten auch Motorräder an den Start gehen, die nachfolgende Zuverlässigkeitsfahrt - München-BadenBaden (359 km), Baden-Baden-Nürnberg (328 km), Nürnberg-München (236 km) - war jedoch nur für Tourenwagen vorgesehen. Mercedes-Simplex-Rennwagen 1905 21 ße eine ideale Strecke für die Bergrennen gefunden. Die weiten Kurvenradien im oberen Teil erlaubten hohe Geschwindigkeiten, aber die Anzahl der Kehren insgesamt und die vor allem für die schwächer motorisierten Fahrzeuge noch immer recht steilen Anstiege waren eine große Herausforderung an alle Teilnehmer. Das Flachrennen sollte dann am Tag darauf auf einer 6 km langen Strecke im Forstenrieder Park ausgetragen werden. Von der Bekanntgabe der Veranstaltung im März bis zum Renntermin am 12. August blieb noch sehr viel Zeit für Probefahrten, ein Umstand den vor allem die Münchener Teilnehmer weidlich ausnützten. Galt bis dahin im bayerischen Oberland ein Automobil oder Motorrad noch als seltene Erscheinung, so mußten sich nun die Bewohner entlang der Straße von München nach Kochel an einen immer reger werdenden Verkehr gewöhnen. Aber nicht nur der Straßenstaub wurde aufgewirbelt, die öffentliche Meinung über den technischen Fortschritt der Benzinkutschen spaltete sich in zwei Lager. Während die einen auf die Vorteile der zur selben Zeit eingerichteten ersten Omnibuslinien Bad Tölz-Bichl und KochelMittenwald-Garmisch hinwiesen, stellten die anderen die nicht geringe Zahl an Unfällen mit den Motorfahrzeugen gegenüber. In der Lokalpresse häuften sich tatsächlich die Berichte über Kollisionen mit Fuhrwerken, Fußgängern und Tieren sowie über umgestürzte Vehikel, die von der Fahrbahn abgekommen waren. Angesichts von 60 gemeldeten Motorrädern, 80 Touren- und 15 Rennwagen herrschte natürlich dann in der Woche vor dem Renntag endgültig Chaos am Kesselberg. Da von 6 Uhr an der normale Verkehr stark zunahm, machten sich die eifrigen Motorsportler vorher ans Training. Bereits ab dem Morgengrauen starteten so die ersten Fahrzeuge von den Gasthäusern und Unterkünften in Kochel und der Umgegend mit entsprechendem Getöse. Eine offizielle Streckensperrung erfolgte nicht, zahlreiche haarige Situationen blieben deshalb nicht aus und es wurde allgemein als Wunder betrachtet, daß trotzdem kein ernsthafter Unfall zu vermelden war. Ein Fahrer der Progreß-Mannschaft aus Berlin fiel zwar in den Walchensee, konnte jedoch samt Motorrad von den Kameraden geborgen werden und fuhr wieder weiter... Trotz des schlechten Wetters säumten am Samstagmorgen tausende Zuschauer die Strecke. Am Gasthaus Kesselberg war mit der weiten Linkskurve die beste 22 Übersicht gegeben, dort hatte man Tribünen errichtet, ein Sitzplatz kostete stolze 10 Mark. Nichts bezahlten dagegen die vielen Ehrengäste aus Verwaltung, Wirtschaft und europäischem Hochadel: Großfürst Kyrill von Russland, Fürst Ferdinand von Bulgarien, Prinz und Prinzessin von Battenberg, Prinzessin zu Meiningen und der Prinz von Ratibor. Hubert von Herkommer begrüßte die Gäste und gab schließlich um 10 Uhr das Signal zum Start des Kesselbergrennens. Die Strecke war von 7 auf 6 km verkürzt worden, denn die Fahrbahn war durch den bereits am Vortag einsetzenden Regen stark aufgeweicht. Erst bei Kilometer 67 am Seehotel Grauer Bär begann die Zeitnahme, womit das Rennen mit einem sogenannten fliegenden Start aufgenommen werden konnte. Als Erster wurde der Münchner Hermann auf einer böhmischen Laurin & Klement mit dem 5 PS starken 700 ccm-V-Zweizylindermotor auf die Strecke geschickt. In seiner Klasse II für Motorräder über 3 1/2 PS hatte er jedoch keine Chance gegen die erfahrenen Werkspiloten von Puch aus Graz, Obruba und Nikodem saßen auf speziellen 700 ccmRennmaschinen, die sie schon bei mehreren Rennen erfolgreich durchs Ziel gefahren hatten. Besonders Eduard Nikodem erhielt von der Tribüne großen Beifall als er ohne zum Abbremsen die Zündung kurz auszuschalten mit dem kurveninneren Fuß sich abstützend rasant um die Kehre brauste. Leider riß ihm kurze Zeit später der Antriebsriemen seiner Maschine, er kam nach der Reparatur mit der langsamsten Zeit ins Ziel. Aber auch seinem Kameraden Obruba blieb der erwartete Sieg verwehrt, Georg Retienne aus Nürnberg auf der Mars mit dem neuen Fafnir-V-Zweizylindermotor brauchte nur 6 min 19,8 sek und war damit der schnellste Motorradfahrer. Wegen seines französisch klingenden Namens wurde der erste Kesselbergsieger in späteren Berichten fälschlicherweise zum Franzosen. Martin Geiger aus Neckarsulm mußte sich mit der wassergekühlten NSU ebenfalls geschlagen geben, auf den Plätzen 4 und 5 liefen die Fahrer Köpf und Huber auf Zweizylindern der Marke Rössler & Jauernig, ebenfalls aus Böhmen, ein. Während sich bei den gut 5 bis 12 PS leistenden großen Motoren das Fehlen von Kupplung und Getriebe nicht auswirkte, da genügend Kraft auf den direkten Riemenantrieb zum Hinterrad floß, standen einige Fahrer der Klasse I bis 3 1/2 PS vor Problemen. Die mit einigen Erfolgen bereits weithin bekannte NSU-Fahrerin Gertrude Eisenmann aus Hamburg mußte unter den Anfeuerungsrufen der Zuschauer mehrmals kräftig in die Pedale treten um den Motor nach einer engen Kurve wieder auf Schwung zu kriegen. Sie wurde schließlich aber doch noch 5. unter 30 Teilnehmern in ihrer Klasse (bei den Zweizylindern waren übrigens nur 14 Fahrer angetreten). Karrer aus Frankfurt auf Adler hieß der Sieger in Klasse I, gefolgt von Josef Vecka (auch in der Schreibweise Wetzka zu finden), dem dritten Puch Werksfahrer auf einem Einzylindermodell, sowie Meyer auf Wanderer und Wolf auf Brennabor. Betzl auf einer Triumph aus Nürnberger Fabrikation war die Kurve am Gasthaus zu schnell angegangen, konnte aber die schlingernde Maschine gerade noch halten. Nachdem der Sturz vermieden war, nahm er die Fahrt wieder auf und wurde sogar noch 8. Ettore Bugatti 6. Für den Straßburger Automobilgroßhändler Emile Mathis hatte der 23jährige, aus Mailand stammende Konstrukteur unter der Bezeichnung Hermes verschiedene Automobile entworfen, die er im Namen des Auftraggebers auch selbst bei verschiedenen Rennen zum Einsatz brachte. Die ersten Konstruktionen für fremde Firmen hatten jedoch nicht annähernd den Erfolg wie später Bugattis eigene Automobile. Großes Aufsehen erregte das Kesselbergrennen in der internationalen Fachpresse, in ganz Europa waren sogar illustrierte Berichte über das Rennen, die schöne Gegend an Kochel- und Walchensee sowie die anwesen- Etwa eine Viertelstunde nach dem letzten Motorradfahrer begann pünktlich um 11 Uhr die ‘Schnelligkeitsprüfung’ für die Tourenwagen, die für den HerkommerPreis gemeldet waren. Die 80 Wagen aller bekannten Marken mit Motorleistungen zwischen 10 und 100 PS gingen ebenfalls in verschiedenen Klassen auf die Strekke um gefährliche Überholmanöver möglichst auszuschließen. Einzelergebnisse wurden nicht veröffentlicht, den Herkommer-Preis gewann aber schließlich Edgar Ladenburg aus München mit seinem 40 PS starken Mercedes Simplex. Ein Mercedes-Erfolg wurde auch beim BleichröderPokal der Rennwagen erwartet, denn die 90 PS-Rennwagen mit den gewaltigen 12 700 ccm-Vierzylindermotoren und Kettenantrieb zu den Hinterrädern sorgten schon seit zwei Jahren bei allen Auftritten für Furore. Gute Platzierungen bei allen internationalen Rennen wurden gleichermaßen von Werks- wie Privatfahrern erzielt, 1904 hielt der belgische Baron de Caters sogar für einige Monate mit 156,5 km/h den Geschwindigkeitsweltrekord. Als Favorit für den Kesselberg galt der erfahrenste Daimler-Werkspilot Wilhelm Werner, der die Strecke als anspruchsvoller und gefährlicher als das berühmte französische Bergrennen La Turbie erachtete. Doch Otto Hieronymus, neu im Team von Theodor Dreher, dem Rennleiter der österreichischen Daimler-Niederlassung, war mit dem Semmering-Siegerwagen des Vorjahres schneller. Werner konnte die Zeit von 5 min 34 sek mit dem neuesten Werkswagen aus Stuttgart-Cannstatt nicht unterbieten. Auf einem 60 PS-Mathis wurde ein gewisser NSU-Rennwagen 1928 de Prominenz, veröffentlicht worden. Obwohl es auch 1906 wieder eine Herkommer-Fahrt gab, kam es nicht zu einer Neuauflage des Kesselbergrennens. Im Wertungsprogramm war es diesmal nicht vorgesehen, und als unabhängige Veranstaltung wollte es keiner der Clubs alleine ausrichten. 1907 Über acht Tage erstreckte sich die Herkommer-Fahrt des Jahres 1907. Nach der technischen Abnahme am 4. Juni in Dresden ging es die nächsten vier Tage auf eine Tourenfahrt Am 8. Juni endete diese zunächst mit dem Rennen im Forstenrieder Park, es folgte am nächsten Tag 23 eine Ausstellung der Fahrzeuge in München, und am Montag den 10. Juni ging es mit dem Umweg über das Kesselbergrennen nach Augsburg. Trotz des ungünstigen Termins schloß sich für die Rennen auch wieder der DMV mit den Motorrädern an, so daß zu den 160 Tourenwagen auch wieder Rennmaschinen nach Kochel kamen. Allerdings war ihre Zahl gegenüber dem ersten Kesselbergrennen deutlich zurückgegangen, Rennwagen waren überhaupt nicht mehr vorgesehen. Bei den Tourenwagen war Hans Aschoff aus Aachen auf einem belgischen Metallurgique Schnellster. Die Motorradfahrer bewältigten die Strecke jedoch eindeutig schneller. Die Ehre von Puch stellte der Privatfahrer Statt Rennmotoren sollten unweit des Kesselbergs einige Jahre später Baumaschinen lärmen. 1911 begann Theodor Freytag, der Erbauer der Kesselbergstraße, nunmehr als Regierungsrat mit der Projektierung des Walchenseekraftwerks nach Ideen Oskar von Millers. Unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkriegs nahmen die Bauarbeiten ihren Anfang und am 26. Januar 1924 konnten die ersten beiden Turbinen in der Maschinenhalle, angetrieben von den durch gewaltige Rohrleitungen vom Walchensee nach Altjoch hinunter stürzenden Wassermassen, an das Stromnetz angeschlossen werden. Während dieser Jahre erlebte das Motorrad als billi- Rennen von 1928 am Kesselberg – Müller aus Innsbruck auf Sunbeam Noll aus Düsseldorf als Sieger wieder her, den zweiten Platz belegte Georg Retienne. Er war nach weiteren Erfolgen für Mars im Jahr 1906 nun als Werksfahrer zu Progreß gewechselt. Für Mars belegte August Oberländer den dritten Platz. Am Kesselberg und zwei Tage vorher im Forstenrieder Park endete zunächst die deutsche Motorradrenngeschichte, denn das Interesse an den motorisierten Zweirädern flaute ab, mit Ausnahme von NSU und Wanderer stellten alle Firmen ihre Produktion ein. Auf dem Automobilsektor war dagegen der große Durchbruch geglückt, die HerkommerFahrten hatten die Qualitäten der Fahrzeuge unter Beweis stellen können und ihren Zweck damit erfüllen können. 24 ges Transportmittel einen gehörigen Aufschwung, viele kleine Unternehmen wollten am Geschäft teilhaben, nach einigen Jahren setzten sich aber nur wenige Konstruktionen wirklich durch. Auch die nach wie vor teureren Automobile fanden immer mehr Käufer. Die Hersteller beider Branchen sahen in Sporterfolgen die beste Art ihre Produkte dem Publikum schmackhaft zu machen, in ganz Deutschland wurden wieder Zuverlässigkeitsfahrten und Rennen aller Art ausgetragen. In Oberbayern waren dies neben den ADACWinterfahrten hauptsächlich Bahnrennen auf den Pferdebahnen in München-Riem und Mühldorf am Inn. Bergrennen veranstaltete man zum Beispiel in Schäftlarn und Böbing. Die Kesselbergrennen 1928 bis 1935 Nach einer Pause von 11 Jahren entschloß sich der Bayerische Automobil-Club 1928 doch wieder zu einem Kesselbergrennen. Der Termin fiel erneut auf den 10. Juni, der aber natürlich nun ein Sonntag war. Die Heimatzeitung ‘Tölzer Kurier’ kündig2525te in einer Vorschau „Herren- und Berufsfahrer absolut internationaler Klasse, alle sportlich aktiven Motorradmarken sowie Sport- und Rennwagen von Mercedes, Austro-Daimler, Steyr, Lancia, Amilcar und Bugatti“ an. Diesmal gab es einen geordneten Trainingsablauf, am Freitag und Samstag war die Kesselbergstraße jeweils frühmorgens von mens & Halske unterhielt an der Helmerhütte, wo sich die meisten Leute eingefunden hatten, mit einem Musikprogramm und Streckenkommentaren über die Lautsprecheranlage. Punkt 11 Uhr nahmen die Doppelstarter aus den verschiedenen Motorradklassen das Rennen auf, die beiden Münchener Xaver Gmelch auf DKW und Alois Stößer auf Standard konnten auch tatsächlich jeweils in ihren beiden Klassen die doppelte Chance nützen. Es folgten die Motorräder über 500 ccm Hubraum, Max Seltmann aus Immenstadt war mit seiner englischen Einzylinder-Ariel der Schnellste, aber Xaver Gmelchs mit der wassergekühlten Zweizylinder-Zweitakt DKW 500 1928 - Leo Schmitt- München mit Imperia 600 MAG ohv mit Pendelseitenwagen 3.30 bis 6.30 Uhr für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Für das Wochenende waren alle Übernachtungsmöglichkeiten in Kochel und Umgebung belegt, in den großen Gasthöfen fanden Konzerte statt. Eine touristische Zielfahrt wurde ebenfalls ausgeschrieben, die Teilnehmer sollten am Renntag zwischen 8.30 und 9.30 beim Seehotel Grauer Bär eintreffen. Nach einem abendlichen Gewitter verzogen sich am Sonntagvormittag die letzten Wolken, etwa 3000 Wagen und ebensoviele Motorräder hatten neben den Sonderzügen aus München gut 30 000 Zuschauer herangeschafft, die sich entlang der Strecke gut verteilten. Der aufsehenerregende ‘Fernsprechwagen’ der Firma Sie- vorgelegten 4:35,3 min hielten noch bis der Innsbrucker Edi Linser mit seiner Sunbeam TT 90 auf die Strecke ging. Er war gleich in zweifacher Hinsicht der absolute Bergkönig dieser Jahre. Zunächst als Bergsteiger mit Erstbesteigungen erfolgreich, fuhr er ab 1924 Siege bei allen Bergrennen in Österreich, Bayern und der Schweiz heraus, allein am nahegelegenen Zirlerberg feierte er nicht weniger als sechs Siege. Mit der englischen Grand PrixMaschine wurde er auch am Kesselberg seiner Favoritenrolle gerecht und nahm Xaver Gmelch mit 4:31,2 min vier Sekunden ab. Der Drittplazierte Alois Stößer gewann mit bei seinem zweiten Start auf Standard die 350 ccm-Klasse. 25 spanne in den Klassen bis 1000 ccm und bis 600 ccm. Josef Nemetz aus München zeigte sich auf Harley-Davidson weit überlegen, sogar der sonstige Siegfahrer Alois Sitzberger auf BMW 750 mit dem jungen Beifahrer Wiggerl Kraus hatte an diesem Tag erstmals keine Chance gegen die amerikanische Maschine. Recht deutlich zeigten sich die Unterschiede auch bei den 25 angetretenen Sportwagenfahrern, da im Feld der lokalen Herrenfahrer bei weitem nicht alle sportlichen Ehrgeiz an den Tag legen wollten. In der kleinsten Klasse bis 750 ccm gewann der Münchener Heinrich Wiedemann auf seinem Dixi vor einem Hanomag ‘Kommißbrot’ mit 500 ccm-Einzylindermotor. Ein französischer Amilcar und zwei österreichische Grofri duellierten sich in der 1100 ccm-Klasse, Hans Kilian aus Garmisch war mit seinem 1,5 Liter-Kompressor-Mercedes aus dem Jahr 1924 fast 6 min unterwegs, gewann jedoch seine Klasse überlegen. Härter fochten da schon der Freiherr von Michel-Raulino mit seinem Steiger (Vierzylindermotor mit obenliegender Nockenwelle, gebaut in Burgrieden/Laupheim) und die beiden Lancia Lambda-Fahrer Kraß und Kaiser. Die Sportwagenbestzeit fuhr Carl Fürst Hohenlohe mit einem Mercedes S, dessen 6,8 LiterKompressormotor 180 PS abgab und zu einer Zeit von 4:47,3 min verhalf. Bugatti-Rennwagen 1931 Hinter dem Grafen Schönborn auf Sunbeam lag die Gmunderin Betty Steiner mit ihrer Ernst-MAG, dem Breslauer Motorrad mit schweizer Motor. Sie ließ trotz offensichtlicher Motorprobleme den Münchener Vertragsfahrer und -Händler der Chemnitzer Firma Schüttoff, Emil Laßnack, auf Platz Vier. Einen unerwarteten Erfolg für eine ansonsten nicht im Rennsport vertretene Marke gab es in der 250er-Klasse durch Karl Glas aus Schleißheim auf einer Zündapp mit Zweitaktmotor, dessen Zeit von 4:33 min sogar zum zweiten Gesamtrang hinter Edi Linser reichte. Für Fachleute die Sensation des Tages! Xaver Gmelch und Hans Winkler (München) die beiden DKW-Werksfahrer wollten da mit ihren LadepumpenZweitaktern des Typs ARe 175 noch ein Wörtchen mitreden. Winkler aber stürzte und brach sich den Unterarm, Gmelch gewann zwar seine Klasse, kam mit seiner Zeit nicht an die Zündapp heran. Den zweiten Rang belegte Eugen Stößer mit seiner Doppelkolben-Zweitakt-Puch. Nach den 38 Solomaschinen folgten 10 Seitenwagenge26 Fünf Bugatti und ein Austro-Daimler traten in den zwei Rennwagenklassen an. Albrecht Fürst zu Hohenlohe fuhr mit seinem Bugatti 39A eine Zeit von 4:39,1 und gewann mit dem Kompressor-Achtzylinder die 1500 ccm-Klasse vor Hermann Prinz zu Leiningen im Bugatti 37A (Vierzylinder mit Kompressor) und Hans Häusler aus München auf einem weiteren Bugatti. In der Klasse über 1500 ccm war Eckart Graf Kalnein mit dem 2,3 Liter-Bugatti und Max Sappel auf einem weiteren Renner aus dem elsäßischen Molsheim wohl von vornherein klar, daß gegen einen Hans Stuck nichts auszurichten sein würde. Der noch auf dem Gut Sterz in Beuerberg beheimatete Stuck hatte seit seinen Anfängen mit dem Dürkopp-Sportwagen im Jahr 1925 schon eine lange Erfolgsserie bei den verschiedensten Bergrennen vorzuweisen. Mit dem Rennwagen von Austro-Daimler aus Wiener Neustadt verfügte er über mindestens 120 PS aus einem 3,0 Liter-Sechszylinder, der über zwei obenliegende Nockenwellen gesteuert wurde. Aber auch die Kombination Austro-Daimler ADM-R und Hans Stuck konnte mit 4:32,2 min Edi Linser die Tagesbestzeit nicht Mercedes SS 1930 streitig machen. Dessen Durchschnittsgeschwindigkeit auf der 5 km langen Kesselbergstrecke hatte 66,34 km/ h betragen, Stuck erzielte 66,07 km/h und sann auf Revanche beim nächsten Aufeinandertreffen. Die Bergrennsaison in den Alpen ging 1928 entsprechend spannend weiter. 1929 schen TT bei Breitenfurt ums Leben gekommen war. Einige Unfälle gab es auch bei den zuerst auf die Strecke gegangenen Doppelstartern. Die Münchenerin Lore Keller legte mit ihrer belgischen Einzylinder-FN in der Beiwagenklasse bis 1000 ccm ein solches Tempo vor, das selbst der Nürnberger Triumph-Werksfahrer Otto Ley das Nachsehen hat. Mit dem gleichen Gespann ging sie auch in der 600er-Klasse auf die Strecke, überschlug sich jedoch diesmal, der Beifahrer Max Schmid trug schwere Verletzungen davon. Josef Möritz mit der Werks-Victoria (längs eingebauter Zweizylinder-Boxer- Vor allem in der Motorradwelt hatte das Kesselbergrennen ein großes Echo gefunden, aber auch die sich zumeist aus Mitgliedern des veranstaltenden Bayerischen Automobil-Clubs rekrutierenden Sport- und Rennwagenfahrer waren an einer Neuauflage für 1929 interessiert. Am 21. Juli sollten nun zusätzliche Klassen für die sogenannten Ausweisfahrer, Nachwuchsmotorradrennfahrer, die sich erst eine Lizenz durch gute Platzierungen verdienen müssen, eingerichtet werden. Aber nicht nur diese waren bei zahlreichen inoffiziellen Trainingsfahrten während der Woche anzutreffen. Hans Stuck unterbot dann am Freitagmorgen beim ersten Zeittraining seine Vorjahreszeit auf Anhieb, am Samstag fuhr er mit 4:18 min noch schneller. Auf der Anfahrt zum Training war in der Dunkelheit bei Bichl ein Victoria-Gespann verunglückt. Rudolf Caracciola 1932 auf Alfa Romeo P 3 Am Renntag übertrug sich die Spannung unter den Rennfahrern auch auf die fachkundigeren unter den 50 000 Zuschauern. Ehrengäste und Pressevertreter aus ganz Deutschland, Österreich und anderen Ländern saßen auf den Tribünen an der Helmerhütte, wo auch wieder der Lautsprecherwagen stationiert war. Vor dem Start um 10.30 Uhr wurde eine Gedenkminute für Edi Linser eingelegt, der am 12. Mai auf der Österreichi- motor) gewann knapp vor Hermann Lang aus Canstatt auf Standard. In der großen Soloklasse bis 1000 ccm ließ der Münchener Altmeister Eugen Bussinger ein letztes Mal sein großes Können aufblitzen, er wollte sich nach seinen Erfolgen seit Anfang der zwanziger Jahre auf den Motorradhandel konzentrieren. Mit der auf 505 ccm aufgebohrten englischen AJS-Rennmaschine (kettengetriebe27 ne obenliegende Nockenwelle) fuhr er 4:32,1 min, was für die Motorradbestzeit reichen sollte. Fräulein Lilian Mayer aus München blieb mit der 588 ccm-ohv-Norton nur 5,3 Sekunden dahinter und verwies den Waldseer Werksfahrer Max Kiemel auf UT-JAP auf Rang Drei. Schneller ging es in der äußerst hart umkämpften Halbliterklasse voran, wo Otto Mühlbacher aus Innsbruck die gesamte Münchener Elite auf die Plätze verwies, nachdem der Standard-Werksfahrer Karl Gall aus Ludwigsburg als einer der Favoriten am Start mit verölter Zündkerze stehengeblieben war. Die englische Rudge mit dem Vierventil-Einzylinder war schneller als Hans Winklers DKW, Eugen Bussingers 500er-AJS, Sepp Giggenbachs Norton und Georg Gschwilm auf einer weiteren Rudge aus Coventry. Ebenfalls auf Rudge hatte der Kocheler Theo Holzer gesetzt und blieb damit in der Ausweisklasse unter 5 min. Otto Mühlbachers erster Start auf der 350er-Victoria hatte trotz weiterer 17 Teilnehmer für den Klassensieg gereicht, aber Alois Stößer auf FN hätte den Doppelsieg ums Haar gefährdet, vier Zehntelsekunden betrug schließlich die Differenz. Sein Bruder Eugen gewann mit der Puch die 250 ccm-Klasse, da die DKW-Ladepumpenmaschinen nur in der 175er-Klasse fuhren, wo er mit der zweiten Puch sich Hans Winkler und Josef Pepperl geschlagen geben mußte. Bei den Ausweisfahrern fiel in den kleinen Klassen Hubert Schuster aus Altkirchen bei Sauerlach auf, der mit seiner Lord-JAP 175 zweimal fuhr und jeweils Zweiter wurde. Eine adelige Angelegenheit waren die Sportwagenläufe. Mit den großen Kompressor-Mercedes traten Graf Arco-Zinneberg und Hermann Prinz zu Leiningen als einzige in der Klasse über 5000 ccm Hubraum gegeneinander an, mit dem kaum langsameren 4,9 Liter-Steyr Klausen Sport gewann Ferdinand Graf Arco-Valley die nächste Klasse vor Karl Schwabe aus Partenkirchen auf einem amerikanischen La Salle. Mit ihren DreiliterAustro-Daimler distanzierten Dr. Karl Imhof und der Freiherr von Michel-Raulino den Lancia Lambda des Müncheners M.W. Kaiser. Dr. Josef Fuchs aus Nürnberg war in der Zweiliterklasse mit seinem AchtzylinderKompressor-Bugatti 35C allein unterwegs. Wesentlich mehr Teilnehmer fanden sich in den beiden kleineren Klassen, jene bis 1500 ccm gewann Graf Czernin aus Reichenhall mit seinem französischen Amilcar vor Rudolf Steinweg aus München auf dem BNC, ebenfalls ein 28 potenter 1100 ccm-Sportwagen aus Frankreich. In der 750er-Klasse trat Helmuth Butenuth aus Hannover mit dem neuen Vierzylinder-Hanomag mit Kompressor an und schlug sowohl den Zweitakt-DKW P 15 (Hinterradantrieb) vom Freiherrn von Crailsheim aus München als auch die fünf angetretenen Dixi. Nur vier Fahrzeuge waren in der Rennwagenklasse angetreten. Hans Kilian aus Garmisch wurde mit dem 1,5 Liter-Bugatti 37A getrennt gewertet, Max Sappel mit dem größeren Bugatti kam von der Strecke ab, wobei sich sein Beifahrer Merath schwerste Verletzungen zuzog. Rolf von Dojmi aus Solln alleine konnte mit seinem Mercedes SS dem ungeheuer motivierten Hans Stuck keine Paroli bieten, denn dieser jagte seiner AustroDaimler in 4:12,4 min den Kesselberg hinauf und hatte mit seiner Durchschnittsgeschwindigkeit von 71,4 km/h einen deutlichen Abstand zu den schnellsten Motorradfahrern geschaffen. 1930 Für den 15. Juni 1930 wäre eigentlich eine weitere Aufwärtstendenz im Stellenwert des Kesselbergrennens zu erwarten gewesen, es fanden sich jedoch gegenüber den über 100 Startern vom Vorjahr diesmal nur 67 ein. Und trotz bestem Sommerwetter kamen auch nur mehr 35 000 Zuschauer nach Kochel. Bereits im Training forderten zwei neue Konkurrenten den Rekordhalter Hans Stuck heraus. Der Münchener Rudge-Fahrer Georg Gschwilm erzielte mit seinen beiden Motorrädern (510 und 500 ccm) sehr schnelle Zeiten, aber noch näher an Stuck war Hans Stuber aus Bern mit seinem Bugatti 35C herangekommen. Bei den Motorrädern ging es diesmal nicht nur um Klassensiege und Tagesbestzeit, in jeder Hubraumklasse wurde zugleich auch der Titel eines Bayerischen Bergmeisters verliehen. Den Anfang machte Hans Winkler aus München mit seiner 175er-DKW, erstmals auch mit der vergrößerten 250 ccm-Ladepumpenmaschine am Kesselberg, mußte er beim zweiten Start seinem Stallgefährten Xaver Gmelch den Vortritt lassen. Als Werksfahrer war Otto Mühlbacher nun von Victoria-Nürnberg genannt worden, womit der Tiroler zum Bayerischen Bergmeister in der 350er-Klasse gekürt werden konnte. Toni Fleischmann vom Nürnberger Rivalen Triumph hatte trotz seiner in Triumph-Farben lackierten Werksrenn- Otto Mühlbacher aus Innsbruck auf Victoria 350 beim Kesselbergrennen 1930 maschine des Schweizer Motorenlieferanten Motosacoche das Nachsehen. Georg Gschwilm hatte die erste Fahrt mit der aufgebohrten Rudge wohl nur als Probelauf betrachtet, denn erst mit der 500er deckte er seine Karten auf und fuhr 4:18,4 min. Anton Bauhofer, einer der bekanntesten deutschen Motorradrennfahrer, ab 1922 auf Megola dann auf BMW erfolgreich (Deutscher Meister 1928), war auf der Zweizylinder-DKW zehn Sekunden langsamer. Er sollte jedoch im weiteren Saisonverlauf richtig in Fahrt kommen und gewann schließlich die Deutsche Meisterschaft in der Halbliterklasse. Xaver Gmelch trat mit Eugen Bussingers 505 ccm-AJS zu seinem dritten Lauf an und näherte sich auf 1,8 Sekunden an die Bestzeit, Gschwilms Zeit in der Klasse bis 1000 ccm wurde von dem bisher kaum in Erscheinung getretenen Vilsbiburger Josef Schmid auf der belgischen Sarolea 600 ebenfalls unterboten. Bei den Ausweisfahrern siegte hier Alois Kolb aus Kaufbeuren vor dem späteren Autorennfahrer und Konstrukteur Egon Brütsch, beide fuhren auf BMW R 63 mit 750 ccm Hubraum. Lore Keller, nunmehr verehelichte Stößer, sah sich bei den Seitenwagenläufen einer Phalanx von Werksfahrern gegenüber, konnte aber immerhin noch mithalten. Hermann Lang stand für seinen Sieg in der 600 ccmKlasse ein spezieller MAG-Motor zur Verfügung, der 21jährige Mechaniker gehörte zur Werksmannschaft der Firma Standard in Ludwigsburg und sollte einige Jahre später zu einem der besten Grand Prix-Piloten im Mercedes-Team aufsteigen. Ein seltenes Fabrikat brachte der Münchener Ausweisfahrer Thomas Seppenhauser an den Start, eine Scott aus England mit wassergekühltem Zweizylinder-Zweitaktmotor. Otto Ley sorgte mit dem gut 55 PS starken 1000 ccm-V-Zweizylindermotor von JAP aus England in seinem Triumph-Gespann dafür, daß wie in der kleineren Klasse Eugen Grohmann auch Josef Josef Möritz – Victoria 600 1932 Möritz der Sieg einer Victoria verwehrt wurde. Aber Möritz sollte bald den Victoria-Boxermotor ebenfalls durch einen l000er-JAP ersetzen. Der von Victoria übergewechselte BMW-Fahrer Richard Theobald erreichte mit Rang 3 die einzige achtbare Platzierung für das Münchener Werk, dessen 750er-Motoren mit den Konkurrenten nicht mehr mithalten konnten. 29 Dafür engagierte sich BMW nach der Übernahme der Dixi-Werke in Eisenach nun mit Erfolg im Automobilsport. Robert Kohlrausch erreichte bei seinem Sieg in der 750 ccm-Klasse mit dem kleinen Spitzheck-Sportwagen (Modell ‘Wartburg’) eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 55,5 km/h obwohl er nicht viel mehr als 22 PS zur Verfügung hatte. Mit zwei besonderen Wagen Alfred Freiherr von Michel-Raulino konnte durch Aufbohren des Austro-Daimler-Sechzylindermotors auf 3010 ccm mit seinem ADM nun in der größeren Klasse den leistungsstärkeren 2,3 Liter-Bugatti ausweichen. Er distanzierte die beiden 4,9 Liter-Steyr von Ferdinand Graf Arco-Valley und der bekannten Bergrennfahrerin Minki Klinger aus Linz recht deutlich. Tom Bullus - NSU - Sturz am Kesselberg-Rennen 1932 traten Engelbert Graf Arco-Zinneberg und der Reichenhaller Friedrich Umschaden in der 1100 ccm-Klasse an. Der Graf siegte mit einem englischen Triumph Super Seven, dessen seitengesteuerter 832 ccm-Motor mit einem Cozette-Kompressor versehen war, ebenfalls einen Kompressor zur Leistungssteigerung wies der 4/20 PS Opel des Zweitplazierten auf. Der Wagen entstammte vermutlich einer kleinen Serie mit ohv-Zylinderkopf auf dem ansonsten seitengesteuerten 1018 ccm-Vierzylinder. Hans Ollendorf aus München und der Dresdner Zigarettenfabrikant (Mokri) Hans Lewy fochten in der 1500 ccm-Klasse ihren Wettstreit mit den Bugatti 37A aus. Ebenfalls aus der Zigarettenbranche kam Rudi Klein, der Münchener genoß bereits als Motorradrennfahrer einen guten Ruf und startete jetzt auch mit einem Zweiliter-Bugatti.Die Dreiliter-Klasse gewann mit Dr. Josef Fuchs ein weiterer Bugatti-Fahrer. Gut aufgeteilt waren die Klassen bis 5000 ccm und über 5000 ccm Hubraum. 30 Zur reinen Kompressor-Mercedes-Angelegenheit wurde die nachfolgende Klasse. Es siegte Otto Spandel aus Nürnberg auf Mercedes SS (7020 ccm, 200 PS) vor dem Freiherrn von Michel-Raulino auf Dr. Fuchs’ Mercedes K (6240 ccm, 160 PS), Willy Rosenstein aus Stuttgart auf einem weiteren Mercedes K und Manfred von Brauchitsch mit dem Mercedes SSK (7020 ccm, 225 PS). Der 25jährige befand sich in seiner zweiten Saison als Rennfahrer, er hatte die Offizierslaufbahn nach einem schweren Motorradunfall aufgegeben und 1929 von einem Onkel einen Mercedes SS für die ersten Renneinsätze bekommen. Diesen ersetzte er 1930 durch den neuesten SSK, einen Zweisitzer mit verkürztem Radstand. Der Düsseldorfer Automobilkonstrukteur Kurt Volkhart unterbot bereits mit dem 1500 ccm-Bugatti 37A als erster Starter der Rennwagen alle vorher gefahrenen Sportwagen-Bestzeiten. Etwa 90 PS reichten ihm für 4:18,2 min, Otto Spandel war mit 200 PS 4:24,4 gefahren. Hans Stuber hatte im Bugatti 35C um die 120 PS zur Hans Stuck im Mercedes SSKL 1933 Verfügung und heizte die Spannung gewaltig an indem er mit 4:05,6 min Stucks Rekord aus dem Vorjahr deutlich unterbieten konnte. Der böhmische Prinz Georg Christian Lobkowitz galt als einer der besten Bugatti-Fahrer dieser Tage und hätte mit einem weiteren 35C wohl auch um den Tagessieg mithalten können, brachte aber keine fehlerfreie Fahrt zustande. Alles wartete nun auf Hans Stuck, würde er mit dem etwa gleichstarken AustroDaimler, dessen Motor zwar mehr Hubraum aber keinen Kompressor aufwies, noch einmal zulegen können? In seiner typisch spektakulären Fahrweise an der Haftgrenze der hohen aber sehr schmalen Reifen schaffte er es tatsächlich um nochmals 2,2 Sekunden schneller zu sein als der Schweizer. Hans Stuck konnte seine gute Form auch im weiteren Saisonverlauf beibehalten und gewann schließlich den 1930 zum erstenmal vergebenen Bergeuropameister-Titel in der Rennwagenkategorie. 1931 Zu dieser Europameisterschaft zählte 1931 erstmals auch das Kesselbergrennen, es wurde am 14. Juni als vierter Lauf dieser Serie ausgetragen, zu der unter anderen auch die Rennen am Klausenpaß und am Stilfser Joch zählten. Neu ins Leben gerufen hatte man auch eine Deutsche Bergmeisterschaft für Motorräder, deren zweiten Lauf das Kesselbergrennen ebenfalls darstellte. Desweiteren war es als Internationales Bergrennen für Renn- und Sportwagenfahrer, die nicht an der Europameisterschaft teilnahmen sowie als Nationales Rennen für Motorrad-Ausweisfahrer ausgeschrieben. Außerdem fuhr noch der ‘Motorklub Knatternder Gesell’ seine Clubmeisterschaft aus. Trotzdem waren auch nur 145 Teilnehmer gemeldet, von denen schließlich 108 die fünf Kilometer lange Bergstrecke befuhren. Das Fehlen des Lokalmatadors Hans Stuck, der inzwischen nach Berlin umgezogen war, bedauerten wohl die meisten der 50 000 Zuschauer. Er fuhr mittlerweile einen halboffiziellen Mercedes SSK und befand sich damit auf einer Südamerika-Tournee. Aber die überall dicht gedrängt an der Strecke stehenden oder auf Bäumen und Felsvorsprüngen kauernden Sportfans sollten auch so auf ihre Kosten kommen, zumal ein grosser Teil von ihnen das Eintrittsgeld gespart hatte und schon in der Nacht vom Samstag auf den Kesselberg gewandert war. Mit einer Demonstrationsfahrt des Weltrekordinhabers (221,5 km/h) Ernst Henne auf seiner KompressorBMW begann um 11 Uhr das Kesselbergrennen des Jahres 1931. Es folgten wie üblich die Doppelstarter, und damit als Erster Otto Ley mit dem 1000 ccm-TriumphJAP-Gespann. Die Startnummer Eins, Hermann Lang, war nicht am Start, weshalb gleich mit dem nachfolgenden Sepp Möritz auf dem l000er-Victoria-JAP-Gespann die erste Entscheidung fiel. Erneut behielt Ley die Ober31 nem zweiten Start erst richtig los und holte sich unangefochten im dritten Jahr den dritten Sieg mit der 350erVictoria. Der Münchener Eugen Haslbeck fuhr einen Rudge-Vierventilmotor im Zündapp-Fahrgestell auf den zweiten Platz vor Hans Winkler, der zusätzlich zur gewohnten 250er-DKW nun eine Rudge vom Münchener Händler Georg Gschwilm fuhr und dem bekannten Bahnfahrer Fritz Schnitzenbaumer. Mit der offiziell unter dem Bewerber ‘Zschopauer Motoren-Werke J.S. Rasmussen’ gemeldeten DKW 250 holte sich nun Toni Bauhofer auch seinen ersten Kesselbergsieg. Zweiter wurde Rudolf Grenz aus Nürnberg auf einer Hercules mit dem schnellen JAPViertaktmotor vor Xaver Gmelch und Hans Winkler und weiteren zwei Markengefährten auf DKW. Die 250erAusweisklasse gewann August Winkelhock, ein Onkel der heute bekannten Autorennfahrer. Manfred von Brauchitsch Mercedes 1934 hand. Dann kam nach weiteren vier Fahrern Toni Babl aus Miesbach und legte die schnellste 600er-Gespannzeit vor, Hans Schneider aus Weßling am Ammersee wurde mit der Norton Zweiter. Mit dem l000er-JAPMotor im Fahrgestell von Standard war Hermann Lang noch nicht zurecht gekommen, aber mit dem 500 ccmMAG-Motor lag er nur eine Zehntelsekunde zurück, Josef Möritz kam mit der 600er-Victoria nicht mehr heran. Nur wenige Minuten später sorgte der Salzburger Max Reheis auf der Königswellen-Werks-NSU für eine Sensation, mit 4:00,3 min stellte er einen neuen Kesselbergrekord auf. Der Zweite in der 600er-Soloklasse, Toni Plenk auf Rudge, brauchte mehr als 20 Sekunden länger, war aber geringfügig schneller als Toni Bauhofer (DKW), der Vierte in der Halbliterklasse. Hier brach Georg Gschwilm mit der Rudge ebenfalls Stucks Rekordzeit aus dem Vorjahr und verwies Otto Mühlbacher auf der Victoria 500 mit dem englischen Sturmey-ArcherMotor sowie Toni Fleischmann mit der Nürnberger Triumph-MAG auf die Plätze. In der Ausweisklasse war mit Hans Widmann auf einer Scharrer & Groß aus Nürnberg auch wieder ein Kocheler dabei. Xaver Gmelch hatte das Fabrikat gewechselt, stürzte jedoch mit der Victoria vor der Tribüne an der Helmerhütte. Unter großem Beifall rappelte er sich wieder auf und fuhr den Lauf zuende. Nachdem ihm die neue Hurth-Fußschaltung zuvor Probleme bereitet hatte, legte Otto Mühlbacher bei sei32 Als ebensolcher versuchte sich ab 1931 nebenbei auch Toni Bauhofer mit dem Frontantriebs-DKW, der sich jedoch den bisherigen DKW und vor allem den BMW-Dixi in der 750 ccm-Klasse noch nicht ganz ebenbürtig zeigte. Eugen Stößer und Robert Kohlrausch hieß die Reihenfolge an der Spitze. Da die beiden Kompressorwagen von Salmson und Hanomag nicht erschienen, konnte Heinrich Meyer aus Gilching auf Opel vor Otto Schlicht auf Amilcar die 1100 ccm-Klasse gewinnen. In der 1500 ccm-Klasse hatte Hans Lewy mit dem Bugatti 37A wieder ein leichtes Spiel, die zweitschnellste Sportwagenzeit fuhr Hermann Prinz zu Leiningen mit dem Zweiliter-Bugatti 35C. Der Bozener Walter Norden mit dem Alfa Romeo 6C 1750 mit Kompressor lag mehr als eine halbe Minute zurück. Ernst Lehmann aus München besiegte mit seinem Dreiliter-Lancia Karl Imhofs AustroDaimler, die gemeldeten Bugatti 35B traten nicht an. Mit seinem zweiten österreichischen Sportwagen, dem Vierliter-Steyr, konnte Lehmann Alfred Freiherr von MichelRaulino im Austro-Daimler in der größeren Klasse nicht gefährden. Mit Spannung wurde der Auftritt der KompressorMercedes erwartet. Otto Spandel blieb exakt eine Sekunde hinter der von Leiningen vorgelegten Zeit zurück, sowohl Dr. Winter aus Chemnitz als auch Michel-Raulino bei seinem zweiten Start lagen weiter hinten. Aber dann wurde es still am Kesselberg als erstmalig der bereits überall bekannte und sehr erfolgreiche (Sieger im Großen Preis von Deutschland 1926, 1928, Mille Miglia Italien 1930 etc.) Mercedes-Werksfahrer Rudolf Ca- racciola antrat. Der amtierende Bergeuropameister in der Sportwagen-Kategorie saß am Steuer des stärksten deutschen Wagens, des 300 PS-Mercedes SSKL, der aufgrund eines ungenauen Reglements in diesen Jahren sowohl bei Sportwagenläufen als auch als Rennwagen im Grand Prix starten durfte. Auf der Ebene lief dieser Wagen über 200 km/h, aber es sollte Caracciola am Kesselberg weder gelingen, den neuen Rekord des Motorradsiegers Max Reheis zu erreichen noch Stucks Bestzeit aus dem Vorjahr zu unterbieten, es blieb ihm lediglich der Sportwagensieg. Walter Österreicher (Dresden) auf DKW hieß der Sieger bei den 750 ccm-Rennwagen, Engelbert Graf Arco-Zinneberg und Rudolf Steinweg lagen mit ihren 1100er-Kompressor-Amilcar nur um eine Zehntelsekunde auseinander. Hans Ollendorf war mit dem Kompressor-Bugatti wesentlich langsamer, gewann aber die 1500 ccm-Klasse gegen einen einzigen Konkurrenten. Rudi Klein mit dem Zweiliter-Bugatti 35 ohne Kompressor war allein in seiner Klasse. Nach dem Lauf von Caracciola hatte eine riesiges Durcheinander geherrscht, zahlreiche Zuschauer waren in der Annahme, das Rennen sei zuende, auf der Strecke zum Heimweg angetreten. Als dann die gering besetzten Klassen endlich durch waren, stellte sich plötzlich nochmals enorme Spannung ein. Rudolf Caracciola Bei ihrem ersten Auftritt außerhalb Spaniens hatten die beiden Nacional Pescara mit ihren Reihen-Achtzylinder-Kompressormotoren (2960 ccm, 180 PS) für Aufsehen gesorgt, Esteban Tort hatte angeblich im Training bereits die Vier-Minuten-Grenze durchbrochen. Als der gebürtige Chilene Juan Zanelli im Rennen dann tatsächlich 4:00,2 min fuhr, war die Aufregung groß: neuer Rekord! Sein Team-Kollege Tort fiel danach deutlich ab. Es kam dann Minki Klinger mit dem Steyr dran, doch alle Hoffnungen lagen auf Manfred von Brauchitsch nach ihr, aber seine 4:11,3 mit dem Mercedes SSK enttäuschten. Max Graf Arco-Zinneberg mit dem 3,7 LiterSteyr war nur eine Zehntelsekunde langsamer. Heinrich Joachim von Morgen hatte seit 1930 mit seinem 2,3 Liter-Kompressor-Bugatti 35B eine ganze Reihe von Erfolgen herausgefahren, ihm war eine weitere Steigerung zuzutrauen. Er ging als letzter Fahrer auf die Strecke und fuhr mit dem leichtgewichtigen Wagen tatsächlich schneller als Caracciola, Juan Zanelli durfte aber dann doch jubeln als von Morgen mit 4:02 die Ziellinie überquerte: es fehlten 1,8 Sekunden! Rudolf Caracciola verteidigte bis zum Saisonende seinen Europameistertitel, Stucks Nachfolger bei den Rennwagen hieß 1931 jedoch Juan Zanelli. 1932 Die Europameisterschaft wurde 1932 in eine ‘Internationale Bergmeisterschaft’ umgewandelt, das Kesselbergrennen am 12. Juni konnte als erster von 5 Läufen ein entsprechendes Nennergebnis mit Teilnehmern aus ganz Europa vorweisen. Die Motorradelite aus Deutschland, verstärkt durch die bekannten Tiroler Bergspezialisten, fand sich ebenfalls zum ersten Lauf ihrer Deutschen Bergmeisterschaft ein. Ausgehend von der Publikumsresonanz beim Training, am Samstagmorgen um 6 Uhr standen bereits 5 000 Zuschauer an der Strecke, war für den Renntag wieder ein dichtbevölkerter Kesselberg zu erwarten. Trotz des mit großen Erwartungen herbeigesehnten Duells Stuck-Caracciola fanden sich dann mit etwa 30 000 aber doch deutlich weniger Besucher ein. Wie üblich eröffneten die Seitenwagengespanne um 10.30 Uhr das Rennen, Toni Babl fuhr in der Klasse über 600 ccm sein neues Douglas-Gespann mit dem englischen 750er-Boxermotor gleich zu einem neuen Beiwagenrekord von 69,5 km/h (4:18,8 min). Nachdem alle Doppelstarter wieder von der Paßhöhe herunter gefahren waren, ging der Miesbacher erneut an den Start und gewann mit der 600er-Victoria auch die zweite Beiwagenklasse. Zweiter wurde hier Hans Kahrmann aus Fulda mit einer 600 ccm-Königswellen-NSU, einem Motorrad das in den folgenden Jahren die Beiwagenrennen oft dominieren sollte. Aber nicht nur diese, denn der englische Meisterfahrer Tom Bullus, den Konstrukteur Moore 1930 nach 33 Manfred von Brauchitsch Mercedes SSk 1933 Neckarsulm geholt hatte, sorgte für noch größere Erfolge der Solomaschinen. Die Königswellen-Maschine ist deshalb auch bis heute als ‘Bullus-NSU’ bekannt. Mit einem gehörigen Paukenschlag debütierte Bullus 1932 am Kesselberg als er mit der 600er-Maschine nur 3:49,8 min für die 5 km lange Strecke benötigte und damit alle bisherigen Rekorde brach. Enorm schnell war auch der Innsbrucker Anton Untermarzoner mit der 600er-Douglas unterwegs, landete aber dann doch deutlich abgeschlagen auf dem zweiten Platz, immerhin noch im klaren Abstand zu Otto Ley (Triumph). Dieser holte sich aber in der 350 ccm-Klasse seinen ersten Soloerfolg am Kesselberg und legte die Grundlage für den Meistertitel am Ende der Saison. In seinem erfolgreichsten Rennjahr befand sich Georg Gschwilm, mit der Rudge 500 gewann er zum drittenmal am Kesselberg und am Saisonende die Bergeuropameisterschaft, die 510 ccm-Maschine brachte ihm den Deutschen Bergmeister-Titel in der großen Klasse ein. Seine Erfolge konnte er als Rudge-Händler recht gut umsetzen und die englische Marke in Bayern populär machen. Am 5. Februar 1933 verunglückte er beim Eibsee-Eisrennen tödlich. Hans Winkler lag mit der 250er-DKW einmal mehr in Front, dahinter plazierte sich Hans Kahrmann mit der Hercules-JAP. Die drittbeste 250er-Zeit fuhr Anton Fischhaber senior aus Bad Tölz auf seiner Ladepumpen-DKW, er gewann damit die Ausweisfahrerklasse. Von den 73 34 gemeldeten Motorrad-Teilnehmern waren nur 52 gestartet, bei den Wagen nahmen von 37 jedoch sogar 35 Teilnehmer das Rennen auf. Bei den kleinsten Sportwagen herrschte der größte Andrang, die beiden BMW-Dixi von Fritz Hedderich aus Darmstadt und Robert Kohlrausch (Eisenach) lagen in Front, Walter Bäumer aus Bünde wurde mit dem Austin Seven Dritter. Die 1100 ccm-Klasse gewann Ernst Schneider aus Zürich auf dem französischen Derby-Sportwagen mit Kompressor. Fast eine ganze Minute nahm Johnny Graf Lurani aus Mailand mit dem Alfa Romeo 6C 1500SS mit Kompressor seinem nachfolgenden Konkurrenten ab. Nicht ganz so groß fiel der Vorsprung von Dr. Josef Strittmatter auf Bugatti in der Zweiliterklasse aus, der Schweizer setzte sich aber auch um 22 Sekunden von Dottore Vittoria Cobianchi (Novarra) auf Alfa Romeo 6C 1750 ab. Beide waren mit 2,3 Liter-Achtzylinder-Kompressorwagen angetreten und im Ziel lagen Charly Jellen aus Graz mit dem Bugatti 35B und Ippolito Berone mit dem Werks-Alfa-Romeo 8C 2300 zusammen auf Platz Eins, sie hatten beide die gleiche Zeit von 4:07,4 min gefahren. Karl Freiherr von Michel-Tüssling stellte in der Fünfliterklasse den gewohnten Austro-Daimler-Erfolg sicher, seine Zeit hätte jedoch bei den BMW-Dixi nur zum dritten Platz gereicht..Dann war es soweit. Hans Stuck stand nach einem Jahr Pause wieder an der Startlinie des Kesselbergrennens, und man durfte sich einiges von ihm Manfred von Brauchitsch am Kesselbergrennen 17.6.1934 mit Mercedes W 25 erwarten. Als inoffizieller Werksfahrer - das MercedesTeam war Ende 1931 aufgelöst worden - hatte er den 300 PS starken Mercedes SSKL zur Verfügung, den bisher Rudolf Caracciola einsetzte. Als jedoch bei seiner Zieldurchfahrt die Stoppuhren bei 4:03 min stehenblieben, war den aufmerksamen Beobachtern klar, daß dies nicht Stucks Tag sein würde. Zwei Jahre zuvor war er mit dem wesentlich schwächer motorisierten Austro-Daimler nur zwei Zehntelsekunden langsamer gewesen. Nach den ersten sieben Rennwagen und den Klassensiegen von Hans Simons aus Berlin auf DKW, Rudolf Steinweg mit dem Amilcar 1100 und Henry Täuber (Zürich) mit einem Alfa Romeo 6C 1500 stand die Entscheidung um die Tagesbestzeit an. Rudolf Caracciola trat mit einem Alfa Romeo 8C 2300 Monza, dem über 170 PS starken Wagen des offiziellen Werksteams Scuderia Ferrari, an. Er hatte bereits das Eifelrennen auf dem Nürburgring damit gewonnen und sollte später mit dem neuen Grand Prix-Wagen P3 als Teamkollege des berühmten Tazio Nuvolari in der von Enzo Ferrari geleiteten Mannschaft erneut auf dem Nürburgring und Monza siegen. Fast spielerisch lenkte er den Alfa um die Kehren am Kesselberg und und erzielte eine neue Bestzeit von 3:52,4 min. Der Berner Hans Stuber fuhr 1932 einen neuen Bugatti, den Typ 51 mit zwei obenliegenden Nockenwellen auf dem 2,3 Liter-Achtzylindermotor, er blieb ebenfalls unter 4 Minuten. Nur zwei Zehntel langsamer als Hans Stuck war Paul Pietsch bei seinem zweiten Renneinsatz überhaupt, der 20-jährige hatte sich den Bugatti 35B gekauft, den Heinrich Joachim von Morgen im Vorjahr gefahren hatte. Pietsch sollte nach einer erfolgreichen Rennkarriere zum größten deutschen Verleger von Automobil- und Motorradfachzeitschriften und Büchern werden. 1933 Wie schon 1928 war es auch 1932 keinem Wagenfahrer gelungen den neuen, durch einen Motorradler aufgestellten Kesselbergrekord zu unterbieten. So gab es also im Hinblick auf das nächste Rennen am 18. Juni 1933 genügend Diskussionsstoff. Hans Stuck und Rudolf Caracciola konnten die erneut errungenen Europameistertitel nicht mehr verteidigen, da diese Wertung abgeschafft wurde. Caracciola hätte auch gar nicht antreten können, da er am 22. April im Training zum Grand Prix in Monaco mit seinem nunmehr privat eingesetzten Alfa Romeo schwer verunglückt war. Von 200 gemeldeten erschienen 167 Fahrer aus zehn Ländern am Start, das Kesselbergrennen zählt nun wirklich zu den wichtigsten Ereignissen im europäischen Rennkalender. Vor den Ausweisfahrern, die nun insgesamt als Vorprogramm vor den Lizenzfahrern auf die Strecke gingen, kamen wiederum zuerst die Doppelstarter an die Reihe, da diese Gruppe ja wieder zum Start zurückkehren mußte. Der bisher nur als Sand- und Grasbahnfahrer in 35 Rudolf Caracciola - Alfa Romeo Monza Erscheinung getretene Rudge-Pilot Sebastian Roth aus Münsingen legte mit der 500er erstaunliche 3:56,8 min vor. Einen interessanten Einsatz hatte Hans Medwenitsch aus Wien geplant, zuerst startete er mit seinem 1000 ccm-JAP-Eigenbau als Solomaschine, für den zweiten Lauf montierte er einen Seitenwagen. Gegen die starke Konkurrenz konnte er aber keinen der vorderen Plätze belegen. Bei den Ausweisfahrern fuhr auch Ludwig Burger, der spätere Bürgermeister aus Dorfen bei Wolfratshausen, auf einer DKW 250 mit. Er hätte beinahe gar nicht teilnehmen können, da ihm bei der Abnahme die sechs Mark für die Versicherung fehlten. Die Ersparnisse des 21-jährigen Schreinergesellen steckten samt und sonders in seiner Rennmaschine und den nötigen Betriebsmitteln Benzin, Öl und Zündkerzen. Der hinter ihm in der Schlange vor dem Rennbüro stehende Rennfahrer erkundigte sich warum es nicht voran gehe, Burger schilderte das Problem, worauf der großgewachsene Herr in die Tasche griff und den Betrag bezahlte. Er meinte, man solle ein hoffnungsvolles Talent nicht an so einer Kleinigkeit scheitern lassen. Ludwig Burger konnte sein Glück gar nicht fassen, sein Gönner war niemand anderes als der bekannte Mercedes-Fahrer Manfred von Brauchitsch. Ein weiterer zukünftiger Grand Prix-Star belegte in der Lizenzfahrerklasse bis 1000 ccm Hubraum den dritten Platz: Bernd Rosemeyer. Der 24jährige Draufgänger aus 36 Lingen war im Jahr zuvor als talentierter Neuling von NSU unter Vertrag genommen worden. Max Reheis aus Salzburg war jedoch auf der 750er-Douglas am Kesselberg schneller. In der Halbliterklasse kam Otto Ley, der nach dem Rückzug von Triumph nun zwei Norton (500 und 600) privat einsetzte, an die von Sebastian Roth vorgelegte Zeit nicht ganz heran. Das gelang auch Toni Bauhofer (DKW), Sepp Giggenbach (Rudge) oder Ernst Loof (Imperia) nicht. Ja Roth schlug sogar noch einmal zu und siegte bei seiner zweiten Fahrt mit der 350er-Standard vor Karl Bodmer aus Ebingen auf Victoria und Ernst Loof auf der Imperia mit dem Rudge-Python Vierventilmotor. In der 250 ccm-Klasse gab es einen DKW-Dreifacherfolg durch Toni Bauhofer, Xaver Gmelch und Anton Fischhaber. Während er mit der l000er-Victoria-JAP bereits vorher Bestzeit gefahren hatte, mußte sich Josef Möritz bei den 600er-Beiwagen mit dem Victoria-Boxer geschlagen geben. Hans Nicodemus aus Leipzig war mit dem 600er-NSU-Gespann exakt die selbe Zeit wie Möritz mit der l000er gefahren. Doch dieser war der unbestreitbare Spitzenmann jener Jahre, den Europa-Bergmeisterschaften von 1931 und 1932 ließ er 1933 den deutschen Titel folgen. Eine erstaunliche Leistung bot Ernst von Delius aus Berlin bei den Automobilen, der bereits mit den Doppelstartern vor den Motorradklassen angetreten war. Mit dem 750 ccm-BMW-Dixi, leistungsgesteigert durch einen Kompressor, fuhr Delius 4:23 min und damit schneller als alle Sportwagen bis 2300 ccm Hubraum. Fritz Hedderich fuhr mit dem gleichen BMW in der 1100erKlasse und besiegte die Amilcar. In den Klassen bis 1500 und bis 2000 ccm gab es gegen jeweils nur zwei Konkurrenten italienische Erfolge: Ippolito Berrone (Genua) mit dem neuesten Maserati 4CS 1500 und Luigi della Chiesa (Turin) auf Alfa Romeo 6C 1750. Italienische Werkswagen traten in der Dreiliterklasse an, Charly Jellen mit dem 2,6 Liter-Alfa Monza hatte den modernsten für seinen problemlosen Sieg in 4:10,6 min zur Verfügung. Mario Tadini mußte sich wie die Privatfahrer mit dem 8C 2300 von 1931/32 begnügen, aber auch gegen den waren die 2,3 Liter-Bugatti 35B unterlegen. Wer die Fünfliterklasse gewann, braucht eigentlich nicht mehr besonders erwähnt werden, der Freiherr von Michel-Tüßling konnte sich auf seinen Austro-Daimler verlassen. Den Sportwagen-Gesamtsieg aber wollte Manfred von Brauchitsch auf seinem privaten Mercedes SSK und fuhr 4:01,4. Robert ‘Bobby’ Kohlrausch hatte den BMW-Dixi durch einen reinrassigen Austin Seven-Rennwagen ersetzt, der auf der gleichen Technik basierte, aber wesentlich stärker modifiziert war. Er gewann damit gegen Gerhard Macher und Hans Simons auf DKW sowie den beim zweiten Start nicht mehr so schnellen Ernst von Delius. Bei den 1100 ccm-Rennwagen siegte nun auch ein Maserati, Guido Lande aus Bologna auf dem 4CM 1100. Die nächsten Klassen fielen wie gehabt an Bugatti, Ernst Günther Burggaller aus Berlin siegte mit dem 1500er Typ 37A gegen Laszlo Hartmann aus Budapest und den Alfa Romeo-Fahrer Hans Ruesch aus Zürich. Von dort kam auch der Sieger der Zweiliterklasse, Ulrich Maag auf dem Bugatti 35C. Mit dem 2,3 Liter-Bugatti fiel der Berner Hans Stuber bei seinem vierten Kesselberg-Start seit 1929 auf Platz Vier hinter die stärkeren italienischen Rennwagen zurück. Vor ihm lag der in England lebende Amerikaner Whitney Straight mit dem drei Jahre alten Achtzylinder-Maserati 26M 2500, den zweiten Platz belegte Paul Pietsch mit seiner stolzen Neuerwerbung, dem weiß lackierten Alfa Romeo 8C 2300 Monza. Eugenio Siena war jedoch mit Hans Stuck - Auto Union 1934 dem gleichen Modell in der 2,6 Liter-Version des Werksteams nicht zu schlagen. Über seine 4:04 min hat sich aber wohl nur Manfred von Brauchitsch richtig freuen können, denn damit war der favorisierte Italiener langsamer als er geblieben. Die Tagesbestzeit blieb aber erneut im Motorradlager. 1934 Hans Stuck hatte 1933 pausiert, war aber bereits bei der Auto Union für ihr Rennwagenprojekt als Fahrer Nummer Eins verpflichtet worden. Das Konstruktionsbüro Porsche bereitete einen Grand Prix-Wagen für die ab 1934 geltende 750 kg-Formel vor, der dieses Gewicht trocken ohne Betriebsstoffe und Reifen auf die Waage bringen mußte. Es handelte sich dabei um das Maximalgewicht, ansonsten gab es keine technischen Beschrän37 kungen. Als Hans Stuck am 6. März 1934 auf der Berliner Avus damit eine Stunde lang mit einem Gesamtdurchschnitt von 217 km/h fuhr, einen Weltrekord und Spitzengeschwindigkeiten von 300 km/h erzielte, war klar daß der Auto Union 16-Zylinder-Rennwagen ein neues Kapitel in der Renngeschichte aufschlagen würde. Nach dem Eifel- und dem Avusrennen und einem Lauf am Felsberg sollte Hans Stuck den Wagen auch am 17. Juni beim Kesselbergrennen einsetzen. Diese Nachricht zog natürlich weite Kreise, nicht nur Mercedes wollte nun ebenfalls einen der ebenfalls neuen Grand Prix-Wagen schicken, auch Alfa Romeo kündigte ein Team für Starts in verschiedenen Klassen an, dazu meldeten sich renomierte Privatfahrer aus ganz Europa an. Insgesamt kamen 190 Teilnehmer nach Kochel, darunter alle namhaften deutschen Rennfahrer auf zwei, drei und vier Rädern. Ein Presseberichterstattung, die bereits Wochen vorher die Spannung schürte, brachte schließlich am Renntag die unglaubliche Zahl von annähernd 100 000 Zuschau- großen Klasse siegte Wiggerl Kraus mit der BMW 750. Als Beifahrer im Gespann gehörte der BMW-Kundendiensttechniker schon seit vielen Jahren zu den erfolgreichsten Münchener Motorsportlern, jetzt wollte er aber selbst am Gasgriff drehen. Bei den Wagen-Ausweisfahrern war Toni Fischhaber senior aus Bad Tölz mit einem Dürkopp-Sportwagen am Start, ob das Hans Stucks alter Renner aus den zwanziger Jahren gewesen sein könnte? Gleich der erste Starter bei den Lizenzfahrern sorgte für Aufregung. Arthur Geiß, einer der erfolgreichsten DKW-Werksfahrer, war als amtierender Deutscher Straßenmeister erstmalig am Kesselberg und jagte die verbesserte Doppelkolben-Ladepumpen-DKW mit 22 PS Leistung in 3:59,4 min den Berg hinauf. Das war 14 Sekunden schneller als Teamkollege Bauhofer im Vorjahr mit der 250er gefahren war. Zweiter wurde Hans Kahrmann, der nun ebenfalls auf einer DKW saß, ihm folgte der altgediente Hans Winkler aus München, hart Luigi Castelbarco - Maserati 4CM 1500 1934 ern auf die Beine, wenn man den zeitgenössischen Berichten heute noch glauben darf... Der einzige Fahrer aus dem lokalen Raum bei den Ausweisfahrern war Ludwig Burger aus Dorfen, der seine DKW diesmal auf Platz Drei steuern konnte. In der 38 bedrängt vom Neuling in der DKW-Mannschaft Bernd Rosemeyer, zu dem wiederum Ewald Kluge aufrückte. Enttäuschend verlief der Auftritt von Guglielmo Sandri, dem italienischen Werksfahrer mit der 250 ccm-Königswellen-Moto Guzzi, der eine Minute hinter der DKWArmada zurücklag. Ähnlich knapp ging es auch an der Spitze der 350erKlasse zu, die Ernst Loof aus Bad Godesberg auf der Imperia gewann. Ihm folgte Josef Wolff aus Mettlach auf der englischen Velocette KTT. Bernd Schneidt (Gelnhausen) auf Bücker und der Münchener Willi Steiner auf einer weiteren Imperia konnten als kaum bekannte Fahrer so große Namen wie den NSU-Werksfahrer Oskar Steinbach, H.P. Müller auf der Werks-Victoria oder Rudolf Runtsch aus Wien auf NSU hinter sich lassen. Bernd Rosemeyer legte als erster Starter der 500 ccm-Klasse auf der Zweizylinder-DKW eine neue Bestzeit von 3:58,2 min vor, sein erfahrener Mannschaftskamerad Toni Bauhofer konnte nicht mithalten. Otto Ley, ebenfalls neu bei DKW, fuhr 3:59 min, die beiden NortonFahrer Bodmer und Rührschneck blieben deutlich über vier Minuten, aber der Innsbrucker Anton Untermarzoner kam mit der Sunbeam bis auf Sekundenbruchteile an Leys Zeit heran. Unmittelbar hinter ihm startete Sebastian Roth, und er schlug mit der Rudge die Zweitakter, 3:52,2 bei den Rundstreckenrennen, bei denen er in diesem Jahr seinen vierten Deutschen Meister-Titel einfahren sollte. Die neue Gespannklasse bis 350 ccm Hubraum entschied Otto Kohfink aus Bietigheim auf der Imperia für sich. In der 600er-Klasse siegte Hans Kahrmann mit einer Hercules-JAP vor dem langjährigen Norton-Fahrer Hans Schneider aus Weßling, der nun aber mit einer belgischen Sarolea angetreten war. Toni Babl gewann mit der Douglas 750 die l000er-Klasse. Bei den kleinen Sportwagen bis 800 ccm konnte sich Walter Bäumer aus Bünde in Westfalen mit seinem Austin durchsetzen. Bobby Kohlrausch fuhr jetzt einen englischen MG K3, den 120 PS starken 1100er-Sechszylinder mit Kompressor. Er mußte sich jedoch Ernst Günther Burggaller geschlagen geben, der in seinem Bugatti 37A nun einen 130 PS starken 51A-Motor mit zwei obenliegenden Nockenwellen fuhr. Noch schneller aber war Hans Stuck - Auto Union 1934 min (77,5 km/h), das war noch schneller als seine Tagesbestzeit aus dem Vorjahr. Bei seinem zweiten Start fuhr Anton Bauhofer die 510 ccm-DKW deutlich schneller als die Halbliterversion und gewann damit locker die große Soloklasse vor Bodmer auf Norton und dem langjährigen NSU-Werksfahrer Paul Rüttchen aus Erkelenz. Der Aachener Paul Weyres fuhr seine Harley-Davidson mit 1000 ccm-JAP-Motor einmal solo und einmal als Gespann, am Berg war er jedoch weniger erfolgreich als Graf Giovanni ‘Johnny’ Lurani mit dem Maserati 4CS 1500. In der Klasse für Sportwagen über 1500 ccm herrschten die Alfa Romeo Monza souverän, Renato Balestrero fuhr mit dem 8C 2600 sogar schneller als Graf Carlo Felice Trossi mit dem noch stärkeren Werkswagen. Dritter wurde Hans Ruesch auf dem 8C 2300. In der 800 ccm-Rennwagenklasse trat Bobby Kohlrausch zu seinem zweiten Start an und gewann mit dem 39 kleineren Vierzylinder-MG vor Adolf Brudes aus Breslau, ebenfalls auf MG und Walter Bäumer mit dem Austin. In der 1500 ccm-Klasse traten drei Zoller-Rennwagen an: Arnold Zoller hatte einen Sechszylinder-DoppelkolbenZweitaktmotor mit Doppellader gebaut, der eine überlegene Leistung bringen sollte. Gegen die etwa 130 PS starken Vierzylinder-Maserati konnte er aber am Kesselberg nicht mithalten. Das gelang nur Bruno Soyka aus Brünn mit dem ex-Werks-Bugatti 51A, der den Mailänder Grafen Luigi Castelbarco auf Maserati als einzigen nicht schlagen konnte. Hinter den weiteren Maserati der Züricher Hans Keßler und Ulrich Maag überaschte Eugen Stößer aus München mit seinem fünften Platz auf seinem Eigenbaurennwagen mit 1100 ccm-BMW-Sechszylindermotor, der etwa 75 PS mit Kompressor brachte. Alle Rennwagen über 1500 ccm Hubraum starteten 1934 in einer gemeinsamen Klasse. Für die Bugatti 35C (1991 ccm) und 35B (2261 ccm) bedeutete dies das Ende ihrer Konkurrenzfähigkeit, sie stammten aus den verbesserten Ausführung des von Enzo Ferrari geleiteten Werksteams. Der Achtzylinder-Reihenmotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen und zwei Roots-Kompressoren war auf 2905 ccm Hubraum vergrößert worden und leistete damit 255 PS bei 5400/min. Trossis Zeit lautete 3:56 min, man hätte eigentlich mehr von ihm erwartet. Aber Hans Ruesch und Ippolito Berrone kamen mit ihren etwa gleichstarken Maserati 8CM 3000 trotzdem nicht auf bessere Zeiten. Paul Pietsch jedoch reichten die 180 PS seines in Eigenregie zum 2,6 LiterMonoposto umgebauten Alfa Romeo Monza um den Werkswagen zu übertreffen - 3:52,2 min. Das war exakt Rudolf Caracciolas Zeit aus dem Vorjahr, ebenfalls mit einem 2,6 Liter Monza erzielt. Nach zwei weiteren Bugatti vernahmen die Zuschauer ein nie vorher gehörtes tiefes Donnergrollen, ein Aufschrei folgte der Ankündigung: Hans Stuck auf Auto Union. Der V-16-Zylindermotor hatte in der Tat einen ganz eigenartigen Klang, seine 295 PS aus 4358 ccm Hubraum DKW 600 von Hans Kahrmann 1935 zwanziger Jahren, ihre Achtzylindermotoren mit einer obenliegenden Nockenwelle und Kompressor konnten mit 120 – 130 PS nicht mehr mithalten. Alfa Romeo, Auto Union und Mercedes-Benz hatten ihre neuesten Werkswagen am Start, das war genauso als ob heute die drei besten Wagen aus der laufenden Formel l-Weltmeisterschaft zu einem Rennen am Kesselberg antreten würden. Mit dem Alfa Romeo P3 ging Graf Carlo Felice Trossi als erster auf die Strecke, er fuhr den Monoposto in der 40 leistete er bereits bei 4500/min, das enorme Drehmoment des riesigen Kompressormotors erlaubte bei einem Bergrennen jedoch wesentlich geringere Drehzahlen. Der Fahrer saß bei diesem Wagen unmittelbar hinter den Vorderrädern, denn der Motor war im Heck vor der Hinterachse angeordnet. Hans Stuck hatte am Lenkrad viel zu tun als der Wagen immer wieder auszubrechen versuchte, aber diese Fahrweise war dem ‘Bergkönig’ ja ohnehin vertraut. Was mehr spektakulär als wirklich schnell ausgesehen haben mag, wurde durch die Zeitnahme widerlegt: 3:44 min. Ein erneuter Jubelschrei, das bedeutete neuen absoluten Kesselbergrekord, Tom Bullus’ Motorradzeit von 1932 war unterboten und mit 80,4 km/h hatte Stuck erstmalig die 80 km/h-Barriere überwunden. Aber noch war das Rennen nicht zuende, Manfred von Brauchitsch wartete am Start mit dem Mercedes W25. Er hatte beim ersten Aufeinandertreffen beim Eifelrennen vor 14 Tagen Stuck auf Platz Zwei verwiesen. Der neue Kompressor-Achtzylinder von Mercedes war mit etwa 314 PS bei 5800/min aus einem Hubraum von 3360 ccm etwas stärker und befand sich nach konventioneller Bauweise in der Wagenfront. Brauchitsch fuhr eine saubere Linie, und der hochdrehende Motor gab ein helleres metallisches Singen von sich als alle bisherigen Kompressormotoren. Die eindrucksvolle Vorstellung führte jedoch nicht zum erwarteten Erfolg, im Ziel fehlten erstaunlicherweise fünf Sekunden zu Stucks Bestzeit! Hans Stuck und sein Auto Union sollten sich im weiteren Saisonverlauf als die Sensation des Jahres erweisen, insbesondere der vier Wochen nach dem Kesselbergrennen gewonnene Große Preis von Deutschland auf dem Nürburgring zeigte eindrucksvoll die gute Form auf. Zwei weitere Grand Prix-Siege und drei Bergrennen brachten Stucks Bilanz auf sieben Erfolge gegenüber von nur fünf des Mercedes-Teams. Die Silberpfeile aus Zwickau und Untertürkheim, wie die neuen deutschen Rennwagen überall genannt wurden, hatten die europäische Rennszene in ihrem Premierenjahr vollständig dominiert. Mit weiter leistungsgesteigerten Motoren in verbesserten Fahrzeugen sollten sie ihren Siegeszug noch weitere fünf Jahre fortsetzen. 1935 Obwohl sich also der deutsche Motorsport derart im Aufwind befand, kamen am 30. Juni 1935 weniger Teilnehmer zum Kesselberg, die Zuschauerzahl ging sogar auf etwa 20 000 zurück. In Anbetracht dessen erscheint aber die Angabe von 1934 mit 100 000 Besuchern wohl doch deutlich übertrieben. Mit Ausnahme von BMW waren alle deutschen Motorrad-Werksteams angekündigt, dazu die besten Privatfahrer. Auch bei den Automobilen gab es mit BMW, Maserati und Alfa Romeo wieder BMW 315/1 1935 Hans Stuck –Auto Union 1935 Werkswagen, aber zum Zweikampf mit Hans Stuck wurde ein Mercedes mit Rudolf Caracciola oder Manfred von Brauchitsch vermißt. Der kleine Arthur Geiß legte als erster Starter nach den Ausweisfahrern wieder einen souveränen Lauf mit der inzwischen über 25 PS leistenden und infernalisch lauten DKW 250 hin. Seine 3:49,4 min hätten auch in der 350 ccm-Klasse noch locker zum Sieg gereicht. Alle weiteren DKW-Fahrer - unter ihnen auch erstmals Ludwig Burger als Lizenzfahrer - lagen weit zurück. Bei den 350er war NSU mit den Spitzenfahrern Oskar Steinbach und Werner Mellmann angetreten, Josef Wolff aus Mettlach fuhr mit seiner Velocette KTT jedoch eine bessere Zeit. Anton Bauhofer dachte mit 43 Jahren 1935 ans Aufhören, er fuhr jedoch mit 3:47 min einen neuen Motorradrekord am Kesselberg, nur 0,8 km/h von einem 80er-Schnitt entfernt. Sein Mannschaftskamerad auf der DKW 500, Kurt Mansfeld, der Deutsche Bergmeister 1934 auf BMW 750, ersetzte den in die Auto UnionRennwagenmannschaft aufgestiegenen Bernd Rosemeyer. Er kam aber diesmal mit der schweren Zweitaktmaschi41 Anton Bauhofer - DKW 1935 ne noch nicht zurecht. Zweiter wurde Sebastian Roth aus Münsingen auf Imperia-Rudge, zwei Zehntelsekunden vor Oskar Steinbach bei seinem zweiten Einsatz. Die l000er-Soloklasse war entfallen, mehr als 600 ccm durften nur noch die großen Gespanne aufweisen. Hans Schumann und Hermann Böhm gewannen hier mit der 709 ccm-Einzylinder-NSU vor Karl Braun mit Beifahrer Badsching auf der Horex mit dem 996 cm-Parallelzweizylindermotor. Zuvor hatten Schumann/Böhm mit der 594 ccm-NSU schon die 600er-Beiwagenklasse gewonnen, in der auch Luigi Gilera, der jüngere Bruder des italienischen Motorradfabrikanten gemeldet war. Ob er mit Umberto Meani im Beiwagen der 600er-EinzylinderGilera tatsächlich am Start war, ließ sich nicht mehr herausfinden. Die Sportwagen sollten zunächst nur noch in zwei Klassen starten, bis 1100 ccm und bis 2000 ccm, aber Graf Luranis Protest als international bekannter langjähriger Kesselberg-Teilnehmer, der als Motorsportjournalist großen Einfluß besaß, wurde stattgegeben. Natürlich gewann er selbst die 1500 ccm-Wertung auf seinem Maserati. Bei den 1100ern lag Willy Briem aus Ludwigsburg mit dem Kompressor-Amilcar vor Graf Maltzahn auf MG K3. Bei den Zweiliter-Sportwagen brachte BMW drei Exemplare des leichten Sechszylinder-Roadsters 319/1 an den Start. 42 Ernst Henne, der Motorrad-Weltrekordfahrer, fuhr mit dem ersten BMW 4:16,4 min, sein Teamkollege Ernst von Delius konnte aber seine größere Erfahrung im Automobilsport ausspielen und übertraf Henne um sechs Sekunden. Vom dritten Platz wurde H.J. Aldington, der englische BMW-Importeur, durch Christian Kautz, 1935 noch Student in Oxford, zwei Jahre später im MercedesGrand-Prix-Team unterwegs, mit dem leistungsstärkeren Kompressor-Alfa Romeo 6C 1750 verdrängt. Bei den kleinen Rennwagen lief der Zweikampf Bäumer-Kohlrausch weiter, wobei sich letzterer mit seinem stark modifizierten MG ‘Magic’ dem Austin geschlagen geben mußte. Der Schweizer Hans Ruesch fuhr bei seinem Sieg bei den 1500ern exakt die gleiche Zeit wie zuvor Walter Bäumer. Knapp hinter dem Maserati platzierte sich Rudolf Steinweg mit seinem Bugatti-Spezial, dem ex-Burggaller 35/51A. Ippolito Berrone mit dem 4CM-Werks-Maserati der Scuderia Subalpina hatte das Nachsehen. Der ursprüngliche Favorit aus England, Richard Seaman auf dem ERA, der im Training nicht nur durch seine Zwillings-Hinterräder sondern auch durch schnelle Zeiten aufgefallen war, mußte im Rennen passen. Blockierende Vorderradbremsen beim Warmfahren zwangen ihn zum Aushängen der Bremsseile, über einen sechsten Platz kam er deshalb nicht hinaus. Auto Union 16 Zylinder Grand-Prix-Wagen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 340 km/h In der Dreiliter-Klasse führte der Ungar Laszlo Hartmann einen ganz besonderen Plan aus, bei den Doppelstartern fuhr er seinen Bugatti 35B und in der Gruppe seiner Konkurrenten den Maserati 8CM. Aber er wird sich dabei wohl verzettelt haben, denn sogar Max Christen aus der Schweiz auf dem mindestens fünf Jahre alten Maserati 26M-Zweiliter-Achtzylinder war schneller als Hartmann mit dem modernen Dreiliter-Achtzylinder. Eine weitere Überraschung stellte das Abschneiden des Alfa Romeo-Werksfahrers Carlos Pintacuda dar, der sich mit dem zweisitzigen Dreiliter-P3 dem 2,6 Liter-Monza von Renato Balestrero geschlagen geben mußte. Hans Stuck war als nächster an der Reihe, sein Auto Union B-Typ entsprach der neuesten Ausführung für die Saison 1935. Der Hubraum war auf 4951 ccm erweitert worden, womit sich ein Leistungszuwachs um 80 PS auf nunmehr 375 PS ergeben hatte. Da hatte schon allein von der Papierform her Piero Dusio mit dem 270 PS starken aktuellen Werkswagen von Maserati, dem 3,7 Liter-6C 34, keine Chance. Stuck kämpfte wohl wieder mehr mit dem Wagen als um einen neuen Rekord, denn seine Zeit von 3:44,3 lag über seinem Vorjahreswert. Nicht im Programm angekündigt war der kurzfristig angereist Sieger von 1931, Juan Zanelli auf dem spanischen Nacional Pescara. Mit dem nur wenig weiterentwickelten spanischen Achtzylinderwagen fuhr er in halsbrecherischer Manier tatsächlich die zweitbeste Zeit des Tages: 3:48,2 min. Mit der Siegerehrung im ‘Jäger am See’ in Urfeld klang das 10. Internationale Kesselbergrennen aus, zugleich endete damit auch die Renngeschichte zwischen Kochelsee und Walchensee. Eine Neuauflage wurde Anfang der fünfziger Jahre wieder in Erwägung gezogen, aber es blieb schließlich bei einzelnen Sonderprüfungen bei Rallyes und Winterfahrten. Diese fanden im öffentlichen Verkehrsablauf statt, eine komplette Sperrung wurde nicht mehr genehmigt. Im Jahr 1962 tauchte der Name Kesselberg ein letztes Mal in Zusammenhang mit einem internationalen Motorsportereignis auf. Bei der Sechstagefahrt, einem Wettbewerb für Geländemotorrad-Mannschaften aus aller Welt, zählte die alte Kesselbergstraße zu einem der anspruchsvollsten Streckenabschnitte, die vom Veranstaltungsort Garmisch-Partenkirchen ausgingen. 43