Diplomarbeit 3 - Anästhesie - Intensiv - Pflege

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Diplomarbeit 3 - Anästhesie - Intensiv - Pflege
Edgar Jäger 1077308
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Inhaltsverzeichnis
Tabellen und Abbildungsverzeichnis …………………………………………..4
Einleitung ………………………………………………………………………...5
1
Einführung ………………………………………………………………7
1.1
Problemstellung ………………………………………………………….7
1.2
Vorgehensweise und Zielsetzung der Arbeit ……………………………..8
2
Die Reorganisation im OP-Betrieb ……………………………………10
2.1
Herkömmliche Betriebsabläufe im OP ………………………………….10
2.2
Schnitt-Nahtzeiten und Naht-Schnittzeiten als Maßstab ………………..12
2.3
Analysen der Abläufe im OP …………………………………………....15
3
Management im OP-Bereich …………………………………………..26
3.1
Gründe für ein OP-Management ………………………………………...26
3.1.1 Wirtschaftlichkeit im OP ………………………………………………...27
3.1.2 Qualitätsanforderungen im OP …………………………………………..29
3.1.3 Mitarbeiterzufriedenheit …………………………………………………33
3.1.4 Arbeitszeitgesetz und Tarifvertrag ………………………………………36
4
Aufgaben des OP-Managements ...…………………………………….39
4.1
Die OP-Planung ...………………………………………………………..39
4.2
Die OP-Dokumentation ...………………………………………………..43
5
OP-Aufbauorganisation.………………………………………………..45
5.1
OP-Manager.…...………………………………………………………...46
5.2
OP-Koordinator …………………………………………………………48
5.3
OP-Statut ………………………………………………………………..50
5.4
Personalbedarf im OP....………………………………………………....52
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Aufgaben der Geschäftsführung bei der Einführung eines OPManagements …………………………………………………………...53
7
Schwierigkeiten bei der Reorganisation im OP ………………………54
7.1
Ergebnisse aus Beispielkrankenhaus …………………………………….54
7.2
Gründe fürs Scheitern ……………………………………………………58
8
Auswertung und Beurteilung der Befragungen der Einrichtungen ...62
8.1
Der aktuelle Stand in den Häusern ………………………………………62
8.2
Momentane OP-Organisation ……………………………………………64
9
Aufgabe der Pflege bei der Reorganisation …………………………..64
10
Zusammenfassung und Ausblick ……………………………………...66
11
Literaturverzeichnis ……………………………………………………68
12
Anhang ………………………………………………………………….69
Anlage 1: Notfallkategorien nach Ansorg et al..…………………………69
Anlage 2: OP-Statut 2003 Beispielkrankenhaus.………………………...70
Anlage 3: OP-Saalverteilung 2003 Beispielkrankenhaus.……………….77
Anlage 4: OP-Statut 2006 Beispielkrankenhaus.………………………...78
Anlage 5: Fragebogen an die Häuser.……………………………………93
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Tabellen und Abbildungsverzeichnis
Tabelle 1: Prozessschritte nach Welk u. Bauer 2006 ……………………………13
Tabelle 2: allgemeine Ansätze der Prozessanalyse (eigene Darstellung in
Bezug auf Studienbrief Organisationsmanagement HFH-Hamburg
(Reorganisation im Gesundheitswesen) ……………………………..16
Tabelle 3: Beispiel verschiedener Kennzahlendefinition und Folgen (eigene
Darstellung der Zahlen Beispielkrankenhaus 2006) …………………24
Tabelle 4: Schnitt-Nahtzeiten, Naht-Schnittzeiten (Beispielkrankenhaus,
rote Felder gleichzeitige OPs in einem Saal lt. EDV) ……………….56
Abb. 1 Schematische Darstellung der Teilprozesse im OP ……………………..32
Abb. 2 Beispieltableau der erfassungswürdigen Personalbindung zu einer
Operation ………………………………………………………………...43
Abb. 3 Der Entwicklungsprozess eines OP-Statuts.……………………………..51
Abb. 4 Personalplanung 2003 Beispielkrankenhaus.………………………….....55
Abb. 5 Auswertung der Saalbelegung Beispielkrankenhaus.…………………....56
Abb. 6 Struktur der teilnehmenden Häuser….…………………………………..61
Abb. 7 Antworten der einzelnen Häuser ………………………………………..62
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Einleitung
Die aktuelle Sozialgesetzgebung, das Arbeitszeitgesetz, die Tarifverträge und die
Einführung der „Diagnosis related groups“ (DRG), verpflichten die Krankenhäuser nicht nur zur Beachtung der Gesetze und des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit,
sondern sie fordern auch betriebswirtschaftliche Effizienz und die Siche-
rung der medizinischen Qualität bei der im Einzelfall erbrachten Versorgung.
Diese Qualität soll auch noch durch Transparenz nach außen dargestellt werden.
Durch die oben genannten Faktoren, plus die MwSt-Erhöhung, die unzureichende
Veränderungsrate nach Krankenhausentgeldgesetz (KHEntG) und Sozialgesetzbuch V (SGB V), die weit überproportionale Steigerung der DRG-Kosten bei
praktisch unveränderten externen Budgets u.s.w., werden die Ressourcen (finanziell und personell) in den Einrichtungen immer knapper (vgl. Krankenhausbarometer 2007 S. 5ff). Die Einrichtungen sind gezwungen ihre bisherige Organisation
und Abläufe neu zu überdenken und zu reorganisieren.
Das Krankenhaus Barometer des DKI® (Deutsches Krankenhaus Institut), eine
Information für Krankenhäuser und Krankenhausverbände, bestätigt in der Veröffentlichung der Umfrageergebnisse von 2006 diese Einschätzung. So haben z.B.
viele Häuser (20%) noch keine konkreten Pläne zur Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes (vgl. Krankenhaus Barometer 2007, S 69). Weiter heißt es: “Die Mehrheit
der Krankenhäuser beklagt mehr oder weniger große Probleme bei der Einführung
neuer Arbeitszeitmodelle im Ärztlichen Dienst…“ (Krankenhaus Barometer 2007,
S 6). Diese Umfrage bestätigt auch die Ergebnisse der Interviews, die dieser Arbeit zu Grunde liegen.
Da der OP-Bereich, mit seinen interdisziplinären Strukturen, ein wesentliches
Kernstück vieler Krankenhäuser ist, wird er entweder zu einer der wichtigsten
Einnahmequellen eines Hauses oder zu einem unrentablen Kostenfaktor. Er verursacht hohe Personal- und Sachkosten, aber erwirtschaftet mit seinen Leistungen
die höchsten Erlöse. Deshalb ist es für ein Krankenhaus von enormer Bedeutung,
in diesem Bereich das Optimum zu erreichen. Optimum bedeutet hierbei, dass die
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Abläufe und Prozesse im OP wirtschaftlich und ohne große Verluste vonstatten
gehen, aber qualitativ keine Verluste erleiden.
Um dies alles zu gewährleisten, bedarf es in fast allen Krankenhäusern eines effizienten OP-Managements. Bis zum heutigen Zeitpunkt sind keine validen Zahlen
bekannt, die Aufschluss darüber geben, wie viele Häuser dies schon umgesetzt
haben. Aber diese Aufgabe ist, wegen der großen Anzahl an unterschiedlichen
Disziplinen und Professionen der im OP Tätigen, nicht leicht durchzuführen. Viele Fragen diesbezüglich sind zu beantworten: Wie ist eine Reorganisation zu bewerkstelligen? Wie sieht ein OP-Management aus? Welche Personalstruktur soll
gewählt werden? Lassen sich Begriffe und Organisationsmodalitäten aus der Industrie für den Krankenhausbetrieb übernehmen?
In der vorliegenden Arbeit möchte ich die Voraussetzungen für ein Gelingen oder
Misslingen eines solchen Vorhabens erläutern. Es werden die grundsätzlichen
Begriffe des OP-Managements dargestellt, ebenso, wie die Reorganisation nach
unterschiedlichen Autoren funktionieren kann.
Ein Praxisbeispiel soll die Schwierigkeiten die auftreten können und die dabei
aufgetretene Frustration bei den Mitarbeitern zeigen. Hier wird beschrieben wovon ein positiver Ausgang abhängig ist. Im ersten Anlauf ist die Reorganisation in
der beschriebenen Einrichtung gescheitert. Welche Erfolgsfaktoren gibt es für ein
effektives OP-Management unter DRG-Bedingungen?
Diese Arbeit soll weiter dazu beitragen, den Sinn und die Notwendigkeit der Reorganisation aufzuzeigen und vor allem, wie weit einzelne Einrichtungen mit diesem Vorhaben sind. Meine Untersuchungen, Interviews und Befragungen haben
ergeben, dass hier in einigen Fällen noch sehr viel Nachholbedarf besteht.
Welche Aufgaben die Pflege als Berufsgruppe bei der Reorganisation im OP und
der Einführung eines OP-Managements zu übernehmen hat, ist ein weiterer Bestandteil dieser Arbeit. Sind Pflegekräfte, mit der nötigen Qualifikation, für den
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Job des OP-Managers oder des OP-Koordinators geeignet, oder sollen sie diese
Aufgabe anderen Professionen überlassen?
1
Einführung
1.1
Problemstellung
Durch den in der Einleitung beschriebenen strukturellen Wandel der Krankenhauslandschaft sind die Krankenhäuser gezwungen, neue Wege der Erlösgenerierung zu finden und zu gehen. Das bisherige „Wirtschaften“, in der jede Einrichtung „irgendwie“ ihr Geld schon bekommen hat, funktioniert so nicht mehr.
Durch die Gesetzgebung und das neue Abrechnungssystem der
>>Diagnosis-
related-groups- (DRG-) Entgeltsystem<< werden sie gezwungen, ökonomischen
Zwängen zu genügen.
Auf die genaue Beschreibung des neuen Abrechnungssystems, das zudem einer
ständigen Veränderung durch die Gesetzgebung unterliegt, soll hier nicht näher
eingegangen werden. Nur so viel sei erwähnt: „ Der Gesetzgeber und somit auch
die Kostenträger (z.B. Krankenkassen) haben sich von der klassischen Kostenrechnung (Kostenstellenrechnung / Kostenartenrechnung) verabschiedet, und setzen verstärkt auf die so genannte Kostenträgerrechnung. Dies bedeutet, dass alle
Kosten zu einer vordefinierten Leistung, seit 2004 DRGs genannt, zu dokumentieren sind und diese Leistungskosten dann – je nach der Kostenstruktur eines Krankenhauses – ganz oder in Teilen vergütet werden. Es ist also mehr denn je für das
Krankenhaus wichtig zu wissen, welche Kosten für eine gesamte Behandlungsleistung entstehen, sowie daraus ableiten zu können, was die teuere Teilleistung
der Operation tatsächlich kostet und welche direkten Kosten und welche indirekten Kosten hierfür anzusetzen sind“ (Busse Thomas 2005, S.7).
Inzwischen geht es aber nicht nur um die Finanzierungsseite durch die DRG, sondern auch um die Umsetzung der geltenden Arbeitszeitgesetze und der neuen Tarifverträge. Dadurch werden die bisherigen personellen Ressourcen weiter eingeschränkt.
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Aus diesen Gründen ist es unumgänglich in den Krankenhäusern ein effizientes
OP-Management einzuführen. Der OP ist „in der Wahrnehmung der Krankenhausleitungen zu einem Kostenverursacher geworden“ (Ansorg et al. 2006, S12).
Die personal- und materialbedingten Aufwendungen sind enorm. Um diese Ressourcen effektiv und effizient einzusetzen, bedarf es eines guten Managements.
1.2
Vorgehensweise und Zielsetzung der Arbeit
Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung der optimalen, theoretischen Grundlagen
zur Einführung eines OP-Managements und einer Reorganisation des OPs in einem Krankenhaus. Literatur, wie zum Beispiel von Thomas Busse oder Ina Welk,
gibt es reichlich. Auch das Feld der externen Unternehmensberater ist weit.
Zu beachten ist, dass nach der Erfahrung des Verfassers, doch recht viele aus der
Wirtschaft kommen, aber sich nicht unbedingt mit den Problemen von Krankenhäusern auskennen aber die dortigen Erfahrungen doch in häufig unangemessener
Weise „eins zu eins“ übertragen wollen.
Mit dieser Arbeit soll zudem noch die spezielle Situation kleinerer Einrichtungen
mit einer hohen Anzahl an Belegärzten erörtert werden, an denen eine Reorganisation scheitern kann, wenn die Geschäftsführung nicht hinter den verantwortlichen Personen steht.
Dass sich hier für die Pflege als Profession ein weiteres Betätigungsfeld auftut, ist
offensichtlich. Gerade Pflegekräfte mit einer Zusatzausbildung oder einer Hochschulqualifikation, können fachliche Fragen, wie etwa Patientensicherheit einerseits und ökonomische Fragen andererseits, in den richtigen Zusammenhang mit
Ablauforganisation und Ressourcenverteilung bringen.
In dieser Arbeit werden zunächst die bisher praktizierten Betriebsabläufe in den
OPs der Krankenhäuser geschildert. Ebenso, welche Probleme dadurch entstehen
und warum diese Abläufe so nicht mehr gehalten werden können. Die Kennzahlen, die bisher für den Ablauf gegolten haben oder zum Teil weiter relevant sind,
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werden beschrieben (z.B. Schnitt-Nahtzeiten und Naht-Schnittzeiten).
Wie wurden, oder werden die Abläufe im OP analysiert bzw. bewertet, und welche Konsequenzen werden daraus gezogen? Diese Analysen und Bewertungen
sollen die Gründe für die Etablierung eines OP-Managements liefern. Dafür wurden insgesamt 10 Krankenhäuser unterschiedlicher Größe und Versorgungsstufen
in der vorliegenden Arbeit in eine Befragung einbezogen. Ein Teil davon wurde
persönlich interviewt und der andere Teil wurde auf Grund der räumlichen Entfernung via Internet befragt.
Im dritten Abschnitt werden die wesentlichen Gründe für die Einführung eines
OP-Managements anhand von Literatur, eigenen Erfahrungen und den Erhebungen beschrieben. Besonders wird auf folgende Punkte eingegangen: Wirtschaftlichkeit, Qualitätsanforderungen, Mitarbeiterzufriedenheit, Arbeitszeitgesetz und
Tarifverträge.
Der vierte Abschnitt stellt exemplarisch zwei Hauptaufgaben des OPManagements dar: Die OP-Planung und die OP-Dokumentation, sowie die daraus
resultierenden Konsequenzen. In diesem Zusammenhang werden auch die essentiellen Aufgaben einer Geschäftsführung bei der Etablierung eines OPManagements erarbeitet.
Im fünften Abschnitt wird auf die OP-Aufbauorganisation näher eingegangen.
Insbesondere auf die Aufgaben von OP-Manager, OP-Koordinator, OP-Statut
(Geschäftsordnung im OP) und der jeweiligen Ermittlung des Personalbedarfs im
OP. Auch hier fließen die Ergebnisse der Umfragen mit ein.
Im Kapitel über Schwierigkeiten bei der Reorganisation bzw. der Einführung eines funktionierenden OP-Managements werden die Probleme und Hindernisse am
Beispiel einer Einrichtung geschildert. Diese Einrichtung hat im Jahre 2003 zum
ersten Mal den Versuch gestartet, ein OP-Management mit Hilfe einer externen
Beratungsfirma zu implementieren. Die Gründe für das Scheitern dieses Versuches werden dokumentiert. Zwei Jahre später entschloss sich die Geschäftsfüh-
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rung einen weiteren Anlauf mit einer externen Beratungsfirma zu starten. Die
Entwicklung und das Ergebnis werden aufgezeigt.
Die Schwierigkeiten, die bei diesem zweiten Versuch wieder mit externen Beratern auftraten und die daraus resultierenden Konsequenzen, werden in diesem Zusammenhang aufgearbeitet. Der langfristige Erfolg steht und fällt erfahrungsgemäß mit den beteiligten Personen und Berufsgruppen.
Vertiefend wird im achten Kapitel auf den aktuellen Stand in den interviewten
Häusern eingegangen. Hier stellt sich heraus, dass nicht alle Häuser an einer solchen Umfrage teilnehmen wollen: Drei antworteten auf meine Anfragen, trotz
mehrfacher schriftlicher Kontaktaufnahme, gar nicht. Der Grund konnte nicht erschöpfend eruiert werden. Zwei weitere Häuser gaben mir kurz und knapp die
Auskunft, dass sie eine Reorganisation nicht nötig hätten, da bei ihnen alles gut
läuft. Die restlichen Kliniken haben sehr gut und gerne Auskunft erteilt.
2
Die Reorganisation im OP-Betrieb
2.1
Herkömmliche Betriebsabläufe im OP
Die herkömmlichen Betriebsabläufe im OP sind in der Literatur ausführlich beschrieben (Busse 2005). In vielen Einrichtungen gehören OP-Tafeln noch zum
täglichen Leben. Die Operateure, oder bestenfalls der diensthabende Anästhesist,
haben irgendwann am Abend das Programm auf die Tafel geschrieben (Änderungen vorbehalten). Am OP-Tag haben dann die Operateure die Nachmeldungen dazu geschrieben. Eine Besprechung fand und findet nicht statt.
Bisher wurde auch nicht auf die Auslastung der vorhandenen OP-Säle geachtet.
Es war auch nicht von wesentlicher Bedeutung ob ein Saal mal mehrere Stunden
leer stand und das zur Verfügung stehende Personal ausgelastet war oder nicht.
Jeder Operateur hatte an bestimmten Tagen seinen Saal zur Verfügung, gleichgültig ob er ihn komplett benötigte oder nicht. Auf dieses Problem wird noch am Beispielkrankenhaus näher eingegangen. Die geplanten Operationen wurden und
werden teilweise immer noch im Bereitschaftsdienst operiert. Was das auf der
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wirtschaftlichen Seite bedeutet, wird in Kapitel 3.1.1 ausführlicher dargestellt.
Wie die Umfrage ergeben hat, werden die Anforderungen an Arbeitszeitgesetz
und Tarifvertrag auch heute noch von einigen Einrichtungen ignoriert. Bei 35 %
der befragten Häuser wird immer noch über 10 Stunden gearbeitet. 10 % gaben
an, bis zu 15 Stunden Arbeitszeit am Stück zu haben. Die Arbeitszeit wird in den
Bereitschaftsdienst hinein verlängert, was sich auch mit den Ergebnissen des
Krankenhaus Barometers deckt.
Da, wie in unserem Beispielkrankenhaus, die Sprechstunden des chirurgischen
Chefarztes erst um 16.00 Uhr beginnen, kamen oft auch dann erst die Anmeldungen für den nächsten Tag. Der diensthabende Anästhesist musste dann noch in
seinem Bereitschaftsdienst mit den Patienten das Vorbereitungsgespräch führen.
Im OP ist in der Regel der Chefarzt der Anästhesieabteilung der Ansprechpartner
für die Operateure. Ihm werden die Nachmeldungen, bzw. die Notfälle angemeldet. Er hat dann dafür Sorge zu tragen, dass diese prämediziert werden. Er muss
sie dann irgendwie in den Tagesablauf integrieren. Oft fehlt die Absprache mit
den anderen Berufsgruppen, wie der OP-Pflege bzw. der Anästhesiepflege. Auch
wird selten mit den Operateuren der anderen Fachabteilungen, die im OP sind, gesprochen.
Eine EDV-gestützte Erfassung der Operationszeiten fehlt immer noch in 40% (4
Häuser) der befragten Einrichtungen. Genau so verhält es sich mit der EDVgestützten OP-Planung. Ablaufanalysen haben der Umfrage zufolge zwar schon
80% (8 Häuser) der Einrichtungen durchgeführt, aber zunächst ohne Konsequenzen.
Täglich finden immer noch Diskussionen über den Ablauf und die zur Verfügung
stehenden Zeiten satt. Keiner der Operateure möchte auch nur eine Minute seines
Saales aufgeben, ob er ihn benötigt oder nicht. Die ökonomische Ineffizienz ist offensichtlich.
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2.2
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Schnitt-Nahtzeiten und Naht-Schnittzeiten als Maßstab
Um OP-Abläufe zu analysieren, was Thema des nächsten Kapitels ist, müssen
Kennzahlen erarbeitet werden, anhand derer eine Analyse durchgeführt werden
kann.
Die wichtigsten Kennzahlen zur Analyse und Steuerung der Prozesse im OP sind
zum einen die Schnitt-Nahtzeiten und die Naht-Schnittzeiten. Gleichzeitig muss
aber auch geklärt sein, was in diesen Zeiten alles berücksichtigt wird. Für eine effektive Steuerung des OP-Ablaufes sind aber noch andere wichtige Zeiten zu berücksichtigen.
Die Schnitt-Nahtzeit ist definiert als „ die Zeit des ersten Schnittes zu einer Operation bis zur Zeit der letzten Naht zu einer Operation“ (Busse 2005, 113). Diese
Zeit ist u. a. abhängig vom jeweiligen Operateur und der verwendeten Operationstechnik. In diesem Zusammenhang sollte zunächst nicht eine Zeit herangezogen
werden, die in anderen Einrichtungen benötigt wird. Jede Einrichtung muss eigene
Zahlen aus den Erfahrungen heraus bekommen. Sie können sich auch im Laufe
eines Jahres verändern. Deshalb ist es von äußerster Wichtigkeit, diese Zahlen
zum Beispiel alle drei Monate auszuwerten um Richtwerte zu erhalten, und bei
größeren Abweichungen nachzuforschen, woran dies liegen könnte.
Zur Naht-Schnittzeit: „Sie definiert die Zeit zwischen zwei Operationen. Diese
Zeit mit
>>Leerlauf<<
des chirurgischen Personals gleichzusetzen, würde unter-
schlagen, dass sie zwischen 2 Operationen durchaus sinnvoll und produktiv genutzt werden kann“ (Welk . Bauer 2006, 97). Nur die Operateure sehen in dieser
Zeit oft Leerlauf. Sie ignorieren zum Teil vehement Rüstzeiten und aufwendige
Lagerungen, die durchaus die OP-Qualität beeinflussen. Die Abb.1 auf Seite 31
verdeutlicht die Prozessabläufe und deren Zusammenhänge im OP.
Um aber eine effektive und realistische Planung zu erreichen, ist es von enormer
Wichtigkeit, die gesamten Zeiten und die Abläufe zu definieren. Hierzu gibt es
unterschiedliche Ansätze, die aber letztendlich das gleiche Ziel haben. Busse unterscheidet „Arzt-Bruttozeit: der erste Zeitpunkt, an dem ein an einer Operation
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beteiligter Arzt seine Tätigkeit zu dieser Operation aufnimmt bis zum letzten Zeitpunkt, an dem ein beteiligter Arzt seine Tätigkeit zu dieser Operation beendet.
Arztbindungszeit: die Summe aller einzelnen Arztbindungsminuten während einer Operation. Pflege-Bruttozeit: der erste Zeitpunkt, an dem eine an dieser Operation beteiligte OP-Pflegekraft ihre Tätigkeit zu dieser Operation aufnimmt bis
zum letzten Zeitpunkt, an dem eine beteiligte OP-Pflegekraft ihre Tätigkeit zu
dieser Operation beendet. Pflegebindungszeit: die Summe aller einzelnen OPPflegebindungsminuten während einer Operation“ (Busse 2005, 113).
Schon hier wird ersichtlich, dass die reine Dokumentation der Schnitt-Nahtzeiten
und der Naht-Schnittzeiten nicht mehr ausreicht. „Gerade die anteilig hohen Personalkosten bei einer Operation zwingen zu einer detaillierten, personen- und
funktionsgebundenen Dokumentation von OP- und Anästhesiezeiten“ (Busse
2005, 112). Eine andere noch detailliertere Definition von relevanten Zeitpunkten
nehmen Welk und Bauer in Bezug auf den Berufsverband der Deutschen Anästhesisten (BDA) und des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen (BDC) vor.
Sie führen die erforderlichen Zeiten in chronologischer Form nach den einzelnen
Prozessschritten, (Abb.1 S. 31), einer operativen Patientenversorgung auf. Hier
sollen nur die einzelnen Prozessschritte aufgeführt werden. Insgesamt führen sie
34 Schritte, (Tab.1), auf, die nicht unbedingt für jede Operation relevant sind, aber
die zu einer genauen Auswertung führen können.
1. Beginn der Anästhesiepflegvorbereitung.
2. Beginn der OP-Pflegevorbereitung
3. Ende der Anästhesiepflegevorbereitung
4. Ende der OP-Pflegevorbereitung
5. Bestellen des Patienten
6. Eintreffen des Patienten an der Schleuse
7. Beginn des Schleusens
8. Ende des Schleusens
9. Eintreffen in der Anästhesieeinleitung
10. Beginn der Anästhesiepflegepräsenz
11. Beginn der Anästhesiearztpräsenz
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12. Beginn der Anästhesie
13. Freigabe des Patienten
14. Ende der Anästhesieeinleitung
15. Beginn der chirurgischen Maßnahmen
16. Ende der chirurgischen Maßnahmen
17. Patient im OP-Saal
18. Schnitt
19. Präsenz des ersten Operateurs
20. Ende der Präsenz des ersten Operateurs
21. Naht
22. Beginn der chirurgischen Nachsorge
23. Ende der chirurgischen Nachsorge
24. Ende der Anästhesie
25. Patient aus OP-Saal
26. Beginn der Saalreinigung
27. Ende der Saalreinigung
28. Beginn des Ausschleusens
29. Ende des Ausschleusens
30. Eintreffen der nachsorgenden Einheit
31. Ende der Anästhesiearztpräsenz
32. Ende der Anästhesiepflegepräsenz
33. Rückmeldung des Anästhesiearztes im OP-Saal
34. Rückmeldung der Anästhesiepflegepräsenz im OP-Saal
Tab. 1 Prozessschritte nach Welk und Bauer
Diese von Welk und Bauer (Welk u. Bauer 2006, S 95ff) beschriebenen Prozesse
und Zeitintervalle können sich auch von Einrichtung zu Einrichtung unterscheiden, je nachdem wie die OP-Säle organisiert sind. Auch können sich einige Prozesse überlappen. Doch diese Aufgliederung der einzelnen Schritte zeigt wie komplex die Abläufe im OP sind und wie anfällig dieses System für Störungen ist.
Gleichzeitig wird ersichtlich, dass eine reine Reduzierung auf die Schnitt-Nahtzeit
und Naht-Schnittzeit nicht mehr zeitgemäß ist. In Kapitel 7 wird anhand des Bei-
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spielkrankenhauses noch ersichtlich, welche Folgen eine solche Reduzierung haben kann.
2.3
Analysen der Abläufe im OP
Um die Prozesse und Abläufe im OP zu analysieren und sie schließlich zu optimieren und zu reorganisieren, benötigen wir die in Kap. 2.2 aufgezeigten Kennzahlen.
Für eine OP-Steuerung gibt es noch eine Vielzahl anderer Kennzahlen, die aber
erst nach der Etablierung eines OP-Managements zum tragen kommen. Diese sind
dann für die weitere Steuerung und Überprüfung der Wirtschaftlichkeit relevant.
Welk und Bauer (2006) haben allgemeine Anforderungen an Kennzahlen definiert, die helfen sollen Prozesse transparenter zu machen:
1. Was will ich wissen?
2. Wird der interessierende Sachverhalt tatsächlich abgebildet?
3. Werden die benötigten Grundlagen bereits erfasst?
4. Wenn nein, wie viel Aufwand erfordert deren Dokumentation?
5. Wie wird die Kennzahl generiert?
6. Wen interessiert die Information?
7. Wem und wann wird sie berichtet?
8. Wird sie zeitlich begrenzt erhoben?
9. Bekommt sie ihre volle Aussagekraft erst im längeren zeitlichen Verlauf?
10. Kann der Adressat der Zahl deren Aussage nachvollziehen?
„Die wichtigste Frage bei der Entscheidung, welche Kennzahlen erhoben werden
sollen, ist die nach dem Sachverhalt, der abgebildet werden soll: Was will ich genau und zur Beantwortung welcher Frage wissen“ (Welk u. Bauer 2006, 99)?
Zunächst geht es darum die Prozesse in einer Operationsabteilung zu definieren
und zuzuordnen. „Dem Begriff „Prozess“ kommt heute eine Schlüsselrolle bei der
organisatorischen (Neu)gestaltung von Arbeitsvorgängen jeglicher Art zu. Prozessmanagement gilt als zentrales Instrument zur Identifikation von organisatori-
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schen Schwachstellen und zur Konzeption von zugleich kundenorientierten und
effizienten Leistungsstrukturen“ (Ansorg et al. 2006, 122).
Es gibt unterschiedliche Ansätze der Prozessanalyse, die auch auf die Prozesse im
OP angewandt werden können. In Tabelle 2 werden Aspekte und Aufgaben unterschiedlicher Herangehensweisen dargestellt.
Detaillierte
Prozessaufnah-
Fehler-Möglichkeits-
Ursache-Wirkungs-
me
Einfluss-Analyse
Diagramm
Jeder einzelne Arbeitsschritt
Feststellung von qualitätskriti-
Feststellung
muss erhoben werden
schen Faktoren für den Leis-
Schwachpunkte in Kernpro-
tungsprozess
zessen
Wer trägt die Verantwortung
Frühzeitige Feststellung von
Wo sind die Faktoren anzu-
für die korrekte Ausführung
Fehlern
siedeln: strukturelle Ausstat-
gravierender
tung, Qualifikation des Personals, Methode
Wer ist Lieferant und wer
Abschätzung von Risiken ein-
Kunde für den einzelnen Teil-
zelner Fehler
schritt
Verdeutlichung von Doppel-
Priorisierung von Qualitätskri-
arbeiten,
terien
Informationsdefizi-
ten oder anderen Ineffizienzen
Optimierung von Leistungsgestaltung und –Prozessen
Tab.2 allgemeine Ansätze der Prozessanalyse (Quelle: eigene Darstellung, Bezug Studienbrief Organisationsmanagement HFH-Hamburg (Reorganisation im Gesundheitswesen))
Werden bei einer Prozessanalyse Mängel, die behoben werden müssen, festgestellt, so sollte eine Neugestaltung vorgenommen werden. Dabei muss folgendes
geklärt werden:
•
„ Wer hat Entscheidungsbefugnis?
•
Wer ist ausführender Mitarbeiter?
•
Wer ist wem gegenüber berichts- bzw. informationspflichtig?
•
In welchem Zeitrahmen müssen einzelne Arbeitsschritte erfolgen?
•
Wer ist von den Prozessänderungen in Kenntnis zu setzen?
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•
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Wo müssen Änderungen in anderen Arbeitsabläufen entsprechend umgesetzt werden, damit der gesamte Betriebsablauf nicht gestört wird“ (Kühnle Silke 2003, 39)?
Außerdem muss bei der Neugestaltung von Prozessen folgende Zielsetzung verfolgt werden (vgl. Eichhorn 1997, 142), indem:
•
Als übergeordnetes Ziel Kundenorientierung und Wirtschaftlichkeit verfolgt werden,
•
Überflüssige bzw. sich wiederholende Teilprozesse vermieden werden,
•
Mehrere Prozessschritte zusammengefasst werden,
•
Teilprozesse beschleunigt werden,
•
Teilprozesse ohne Schnittstellen integriert werden,
•
Wettbewerbsstärkende neue Aufgaben in Standardprozesse eingebunden
werden.
Um die Prozessabläufe im OP zu optimieren und so effizienter und effektiver zu
gestalten, nehmen auch die zitierten Autoren die oben genannten Grundlagen als
Basis ihrer Überlegungen und passen diese an die OP-Prozesse an.
Busse unterscheidet bei der Prozessanalyse der OP-Leistung drei relevante Bereiche: „den technischen Prozess, den Verfahrensprozess und den sozialen Prozess,
wobei alle drei Bereiche von einander abhängig sind und nur deren optimale Verzahnung dem OP-Leistungsprozess zugute kommt“ (Busse 2005, 146). In Kapitel
7.2 wird dies anhand des Beispielkrankenhauses noch genauer herausgearbeitet.
Da wird offensichtlich, sollte auch nur ein Bereich nicht funktionieren, die ganze
Prozesskette darunter leidet.
Welk und Bauer betrachten im Rahmen der Prozessanalyse folgende Aspekte, die
auch in unserem Beispielkrankenhaus zunächst relevant waren und weiter sind.
Diese Aspekte sind:
•
Verzögerungen im Tagesablauf (also auch nichtgenutzte Zeiten!)
•
Adäquate Betriebszeiten
•
Veränderungen des OP-Spektrums
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•
Auslastung der OP-Kapazitäten
•
Ressourcenverbrauch
•
Erlöse
•
Prozessqualität und
•
Innovationen.
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Hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt, der in der heutigen Zeit noch zusätzlich
von enormer Bedeutung ist:
•
Tarif- und arbeitszeitgesetzkonforme Arbeitszeiten1 (kann auch als Unterpunkt adäquater Betriebszeiten geführt werden).
Der Verfasser favorisiert die Kennzahlen zur Darstellung von Prozessen nach
Welk und Bauer, da sie am Anfang einer Reorganisation und der Einführung eines
OP-Managements, für alle beteiligten Berufsgruppen und verantwortlichen Mitarbeiter/innen, am anschaulichsten sind und nachvollziehbar erscheinen.
Für diese Aspekte werden nun die wichtigsten Kennzahlen kurz erörtert und im
späteren Kapitel mit Beispielen aus unserem Krankenhaus unterlegt.
Verzögerungen im Tagesablauf
Dies ist ein Dauerthema in allen Krankenhäusern. Die Erfahrung hat auch gezeigt,
wie wichtig es ist, diese Verzögerungen zu minimieren. Diese Kennzahlen bilden
das disziplinierte Verhalten der einzelnen Mitarbeitergruppen sehr deutlich ab,
und sie leisten einen erheblichen Beitrag zur Optimierung der Prozesse. Hier können auch Veränderungen, positiv wie negativ, erkannt und dokumentiert werden.
Zu diesen Kennzahlen gehören:
•
„Das Erreichen des vereinbarten morgendlichen Beginns der chirurgischen
Maßnahmen,
•
Das Erreichen des vereinbarten morgendlichen Beginns der anästhesiologischen Maßnahmen2,
1
Vom Verfasser hinzugefügt aus aktueller Lage
2
vom Verfasser hinzugefügt
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•
Die
>>Wechselzeiten<<
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zwischen 2 OPs, je nach Definition als Naht-
Schnitt-Zeit,
•
Die chirurgisch nichtgenutzte Zeit zwischen Ende der chirurgischen Maßnahmen und anästhesiologischer Freigabe,
•
Die anästhesiologisch nichtgenutzte Zeit zwischen Narkoseende und Narkosebeginn,
•
Die ungenutzte Saalzeit zwischen Saalaustritt und Saaleintritt oder
•
•
Das, je nach aktuellem Problem, eigens definierte dafür maßgebliche Zeitintervall“ (Welk u. Bauer 2006, 100).
Die in einer Erstanalyse wichtigsten Kennzahlen sind: 1. Der pünktliche Beginn
morgens im OP. „ Der gelungene morgendliche Operationsbeginn ist nicht nur ein
Indikator für die Disziplin der Mitarbeiter, sondern auch für die passgenaue Harmonisierung des Arbeitszeitbeginns der verschiedenen Berufsgruppen“ (Welk u,
Bauer 2006, 100). Vergessen werden darf aber hier nicht, dass der pünktliche Beginn auch noch von anderen Faktoren (Pünktlichkeit der zuliefernden Stationen
etc.) abhängig ist. 2. Wechselzeiten: Ein weiterer häufiger Fehler bezüglich der
Wechselzeiten ist, dass oft mit externen Einrichtungen verglichen wird, ohne auf
die Unterschiede in den Einrichtungen einzugehen. Die Wechselzeiten sind zwar
sehr geeignete Parameter zur Verlaufsbildung (vgl. Welk u. Bauer 2006, 100).
„ Beim externen Vergleich zwischen verschiedenen Abteilungen und Kliniken
muss jedoch genau nach Art und Länge der durchgeführten Eingriffe und nach
personellen aber auch baulichen Strukturen gefragt werden.
>>
Normwerte<<, die
oft genannt werden, können hier nur bestenfalls Orientierungshilfe und Anregung
sein“ (Welk u. Bauer 2006, 100).
Keine Geschäftsführung und kein OP-Manager sollten dies unberücksichtigt lassen, denn sonst werden sie Probleme bei der Umsetzung und vor allem Probleme
bei der Akzeptanz durch die Mitarbeiter/innen bekommen.
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Adäquate Betriebszeiten
Die Arbeitszeiten und OP-Betriebszeiten bedürfen einer Anpassung an die geltenden Gesetze und Tarifverträge sowie an die Veränderung des OP-Spektrums. Um
hier reagieren zu können und unpassend gewordene Betriebszeiten aufzudecken
(vgl. Alon u. Schüpfer 1999) muss an folgendes gedacht werden:
„Zahl der Eingriffe, die in der Regelarbeitszeit/Betriebszeit des OP abgearbeitet werden,
Entsprechend die Zahl der Operationen außerhalb der Betriebszeit,
Anteil der dringlichen und Notfalleingriffe in- und außerhalb der Betriebszeit,
Zahl der durch Elektiveingriffe verursachten Überhänge über die reguläre
Betriebszeit bzw.
Anfallende Überstunden“ (Welk u. Bauer 2006, 101).
Bei der Definition und Festlegung der dringlichen Notfalleingriffe gibt es weiterhin strittige Meinungen, wer dafür kompetent und verantwortlich ist. Von der
rechtlichen Seite her ist es klar, dass dies eine ärztliche/operative Verantwortung
ist. Aber unabhängig davon gilt für eine Prozessoptimierung:
„ Die grobe Zuordnung einzelner Krankheitsbilder zu Dringlichkeitsstufen sollte
unbedingt im Konsens und allgemeingültig, z.B. in einer Geschäftsordnung,
schriftlich festgelegt sein“ (Welk u. Bauer 2006, 101). Geschäftsordnung kann
auch OP-Statut bedeuten.
Wird dieses versäumt, so kommt es weiterhin zu den üblichen Nachmeldungen für
das Tagesprogramm mit der Aufschrift „Notfall“, was den OP-Tagesablauf enorm
negativ beeinflusst. In vielen Einrichtungen ist der Begriff Notfall-Operation sehr
weit ausgelegt. „Nicht selten wird er dazu genutzt, zusätzliche OP-Kapazitäten zu
erhalten oder abteilungsinterne OP-Plan-Defizite zu kaschieren (beobachtet werden kann bspw., dass im Vergleich der Notfall-OP-Quote zwischen Krankenhäusern mit gleichen oder ähnlichen Leistungsspektrum, gleicher Bettenzahl und
Auslastung, eine Spannbreite von 10 % bis zu 50 % festzustellen ist, wobei der
Organisationsgrad des OP-Bereiches einen positiven Einfluss auf die Notfall-OP-
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Quote hat)“ (Busse 2005, 85). Auch auf dieses Thema wird noch einmal genauer
an unserem Beispielkrankenhaus eingegangen.
Veränderung des OP-Spektrums
Was die Veränderung des OP-Spektrums anbelangt, ist ein enormer Wandel zu
verzeichnen. Die Krankenhäuser müssen sich auf bisher nicht gewohnter Weise
positionieren. Ihnen wird zum Teil auf Grund des geforderten Qualitätsnachweises (Mindestzahl bei Operationen bspw. Hüft-Knieprothesen) ein ganzes Gebiet
nicht mehr zur Verfügung stehen oder sie sind gezwungen, dieses auszubauen.
Andere suchen bewusst neue Gebiete um sich eine Nische zu sichern.
Hier gilt es genau zu beobachten, wie der Verlauf ist, und sich auch entwickeln
wird. Die Häuser werden gezwungen auch zukunftsorientiert zu denken. In diesem Zusammenhang sind folgende Kennzahlen relevant:
•
„Zahl der Operationen, eingeteilt nach Größe/Dauer des Eingriffs sowie
•
Anteil ambulanter Eingriffe“ (Welk u. Bauer 2006, 101).
Genau dieses Thema hat auch das Beispielkrankenhaus sehr beschäftigt und Probleme mit sich gebracht, auf die genau einzugehen es sich im Verlauf dieser Arbeit
lohnt. Praxistipp von Welk und Bauer: „Bei interdisziplinär genutzten zentralen
Operationsabteilungen ist die Zahl der erbrachten Operationen pro Fachrichtung
im Verlauf und im Verhältnis zueinander wichtig“.
Auslastung der OP-Kapazitäten
Bei der Analyse der Auslastung der OP-Kapazitäten gibt es immer wieder Diskussionsstoff. Ein Geschäftsführer eines Hauses hätte natürlich gerne eine Auslastung
von 100 %. Nimmt man die Betriebszeiten als Bezugsgröße für die erreichte
Schnitt-Nahtzeit oder Saalbelegungszeit, kann dies nicht erreicht werden. Legt
man bestimmte Zeiten wie etwa Rüstzeiten, Lagerung, Reinigung etc., zu Grunde,
wie in Kapitel 2.2 genau definiert und für die einzelnen Operationen hinterlegt, so
kann durchaus ein Wert der zur Verfügung stehenden OP-Zeit pro Saal und Tag
definiert werden. Sind diese nicht zur Schnitt-Nahtzeit zu rechnenden Zeiten herausgenommen, kann durchaus dann ein Wert von 100% erreicht werden. Folgende Kennzahlen können zur Beurteilung der OP-Kapazität herangezogen werden:
•
„Zahl oder prozentualer Anteil abgesetzter/verschobener Eingriffe,
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•
22/94
Verhältnis der genutzten zu den nichtgenutzten OP-Kapazitäten (Dexter et
al. 2005),
•
Anteil der Schnitt-Nahtzeit an der Betriebszeit,
•
Anteil der Saalbelegungszeit an der Betriebszeit,
•
Anteil der Wechselzeiten, z.B. der ungenutzten Saalzeit an der Betriebszeit, und
•
Verhältnis von Wechselzeiten zu Leistungszeiten“ (Welk u. Bauer 2006,
101).
Allen Beteiligten muss aber bewusst sein, dass nicht jede Operation gleich lang
dauert. Da sich die Bedingungen ändern oder auch einmal schwieriger sind, kann
es immer wieder zu Abweichungen kommen. Nur darf dies eben nicht zur Regel
werden, um dann immer eine Entschuldigung parat zu haben.
Ressourcenverbrauch
Wie wird der Ressourcenverbrauch im OP ermittelt? Mit welchem materiellen
und personellen Aufwand werden die Leistungen im OP erbracht? Dazu bedarf es
der Aufzeichnung zunächst folgender Budgets:
•
Sachmittelbudgets und
•
Personalbudgets.
Möchte sich eine Einrichtung, mit den selbst erhobenen Daten, einem Vergleich
mit anderen Einrichtungen unterziehen, muss diese Einrichtung genau wissen, wie
die eigenen Kostenstellen und die des zu vergleichenden Hauses definiert sind
und was diese beinhalten. „Von ganz wesentlicher Bedeutung, sowohl für die
Vergleichbarkeit mit anderen Häusern, für die Transparenz der eigenen Berechnungen als auch für die Verhaltensanreize, die daraus resultieren, sind die Systematik und die Trennschärfe der etablierten Kostenstellen“ (Bauer et al.2004, Welk
u. Bauer 2006, 102).
Ist dies geschehen, so können Preise für die Saalbelegungsminute oder Preise für
eine Anästhesieminute ermittelt und zu Grunde gelegt werden. Diese beiden Preise können aber durchaus auch zum Preis der Gesamt-OP-Minute zusammen-
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gefasst werden. Geschieht dies, so muss ein solches Vorgehen aber bei Vergleichen berücksichtigt werden.
Bei der Berechnung des Personalbudgets gibt es unterschiedliche Meinungen in
wie weit Personal abgebaut werden soll, über eine Erweiterung nachgedacht werden muss, oder ob das vorhandene ausreicht. An dieser Stelle muss jeder OPManager oder der Geschäftsführer verlässliche Daten über das OP-Spektrum haben. Sie dürfen sich hier nicht von Gefühlen oder Vergleichszahlen (ohne genau
zu wissen, was diese enthalten) leiten lassen. Hier sollte genau abgewogen werden, ob eine Aufstockung eines bestimmten Bereiches, z.B. der Anästhesiemitarbeiter lohnend ist, um eine Verkürzung der Wechselzeiten zu erreichen und somit mehr OP-Kapazität frei wird. Das Gleiche gilt aber auch bei der Überlegung
zur Reduzierung. Sie müssen sich fragen, welchen Preis sie dafür bezahlen (Verlängerung der Wechselzeiten).
Erlöse
In welchen Händen die Kosten- und Erlösberechnung liegen soll, ist eine Entscheidung der Geschäftsführung. Unabhängig davon, wer die Berechnung macht,
benötigt die Einrichtung eine Kostenstellen- und Kostenartenrechnung. Um aber
festzustellen, inwieweit in eine Eingriffsart weiter investiert werden soll oder ob
es sinnvoller ist sie zu reduzieren, wird darüber hinaus die Kostenträgerrechnung
und eine valide Deckungsbeitragsrechnung benötigt.
„Die Kostenträgerrechnung im OP dient zur Beantwortung der Frage, für welche
OP-Leistungen Kosten entstanden sind und wie hoch die Kosten für jede einzelne
Operation waren. Ihr Ziel ist also die Ermittlung der Selbstkosten für eine OPLeistung“ (Busse 2005, 132-133).
Nach welchen Gesichtspunkten soll im OP die Kostenberechnung stattfinden? Die
Kosten pro OP-Saal-Minute (OP-Saalbelegungsminute) wurden im Abschnitt
Ressourcenverbrauch schon angesprochen. „Für einen Zentral-OP wird die Mischung, die aus der Versorgung von verschiedenen operativen Disziplinen hervorgeht, am ehesten durch den Produktivitätsindex, d.h. die Erträge pro OP-Saal-
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Minute (Bauer et al. 2004), abgebildet“ (Welk u. Bauer 2006, 103). Dabei muss
aber geklärt sein, was mit der OP-Saal-Minute definiert ist, um einerseits zu garantieren dass alle das Gleiche meinen und andererseits bei externen Vergleichen
auch die gleichen Voraussetzungen zu haben. Wie ist die OP-Minute definiert? Ist
es, die Schnitt-Naht-Minute, die Saalbelegungsminute durch den zum Patienten
gehörenden Ablauf, oder eventuell noch eine ganz andere? Ein Fallbericht, aus
dem Beispielkrankenhaus, soll dies erläutern:
Operation
Schnitt-Naht-Zeit
Belegung mit Lagerung
Hüftprothese
100 min
150 min
Kosten 10,-€/min
1000,- €
1500,- €
Brustaugmentation 180 min
260 min
Kosten 10,-€/min
2600,- €
1800,- €
Tab. 3 Beispiel verschiedener Kennzahlendefinition und Folgen (eigene Darstellung der Zahlen
aus Beispielkrankenhaus)
Bei den Kosten von den 10,- €/min, im Beispiel, muss noch hinterlegt sein, was
sich hinter diesen Kosten verbirgt. Sind darin auch die Reinigungszeiten für die
entsprechende OP enthalten oder werden diese separat berechnet? Ist die Einleitung durch die Anästhesie enthalten oder muss diese mit einer eigenen Zahl hinterlegt sein? In vielen Einrichtungen sind diese Zahlen, wie die Gespräche und
Befragungen, die in Kapitel 8 erläutert werden, ein Problem der Transparenz. Der
größte Teil der verantwortlichen OP-Manager oder Koordinatoren weiß nicht,
welche Daten hinter den Zahlen stehen.
Prozessqualität
Welche Daten oder Kriterien sagen etwas über die Prozessqualität im OP aus?
Was ist vom OP-Manager oder Koordinator beeinflussbar und was nicht? Wo beginnt die OP-Planung? Was kann (darf) oder soll beeinflusst werden?
Kennzahlen, die die Qualität der etablierten Prozesse beleuchten, sind nach Welk
und Bauer:
Die Zahl der verschobenen Elektiveingriffe
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Die Gründe für die Verschiebung
Die Zahl der Änderungen der an erster Stelle des Tagesprogramms stehenden Eingriffe.
Eine weitere Art der Prozessqualität wird uns noch im Verlaufe dieser Arbeit begegnen, nämlich diejenige, die etwas über die Mitarbeiterzufriedenheit und deren
Qualifikation aussagt. Hierzu können folgende Kennzahlen herangezogen werden.
Die Ausfallquote der verschiedenen Mitarbeitergruppen
Die Fluktuationsrate der Mitarbeiter.
Auf die Organisationsstruktur, wie in Kapitel 6 noch näher eingegangen wird, gilt
es ein besonderes Augenmerk zu richten, insbesondere auch darauf, welche Unterstützung die verantwortlichen Mitarbeiter seitens der Geschäftsführung erhalten. Diese Probleme werden intensiv, anhand des Beispielkrankenhauses, diskutiert und die Auswirkungen dargestellt.
Bei der Organisationsstruktur sollten folgende Kriterien schriftlich ausgearbeitet
und verbindlich sein:
Geschäftsordnung für die OP-Planung und den OP-Betrieb (Smits et al.
2005),
Handlungsanweisungen für bestimmte Abläufe und Sondersituationen,
Erstellung von Clinical pathways und
>>standard
operating procedures<<
(SOPs; Bauer et al. 2004) sowie
Standardisierungen, wo immer es möglich ist, z.B. für die Bestückung von
Narkosewagen, OP-Fallwagen, Abdecksets, Sterilcontainern etc. (Alon u.
Schüpfer 1999; Dries u. Mutz 2005).
Einige, der oben aufgeführten Kriterien, sind natürlich nicht von heute auf morgen
zu realisieren oder umzusetzen. Wo dies nicht der Fall ist, muss aber darauf hingewiesen und es allen beteiligten Mitarbeitergruppen transparent gemacht werden.
Auch sind diese Kriterien oder Kennzahlen nicht definiert als die „Einzigen“ und
„Optimalen“: „Es wird aber deutlich, dass die eine, einzig selig machende Kennzahl, mit der allein der OP-Betrieb gesteuert oder beurteilt werden kann, nicht existiert. Als Voraussetzung zur Erhebung einiger Grundgrößen ist unbedingt die
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routinemäßige Dokumentation nach eindeutig definierten Kriterien zu fordern“
(Bartz 2005).
Welche Kennzahlen am ehesten alle Gebiete umfassen um einen OP-Betrieb abzubilden und eventuell zu analysieren, beschreiben Welk und Bauer in ihrem Fazit
zur Steuerung durch Kennzahlen:
„Produktivität der OP-Minute,
Minutenpreis für Saalnutzung und Anästhesie,
Effizienzfaktor nach Dexter (Dexter 2003),
OP-Zahlen innerhalb und außerhalb der Regelarbeitszeit sowie
Wartezeit auf einen Termin für bestimmte Operationen“ (Welk u. Bauer
2006, 106)
3
Management im OP-Bereich
In diesem Kapitel sollen exemplarisch einige Bereiche, nicht alle, um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, des OP-Managements angesprochen um
dann später in Kapitel 7 nochmals aufgegriffen zu werden. Hier werden zunächst,
die nach Auffassung des Verfassers, wichtigsten Elemente herausgegriffen, die
maßgeblich verantwortlich sind für einen gelungenen Einstieg bei der Einführung
des OP-Managements und der Reorganisation im OP. Wird dann das Management
weiter ausgebaut und verfeinert, bedarf es natürlich weiterer Maßnahmen. Nur
sollte eben zu Beginn nicht zu viel angegangen werden, da sonst zu viel auf einmal auf die Mitarbeiter/innen einwirkt und diese dann mit deren Verarbeitung
Probleme bekommen können.
3.1
Gründe für ein OP-Management
„Unbestritten ist, dass ein effizientes OP-Management im Krankenhaus benötigt
wird. Dass die Qualität eines solchen OP-Managements aber auf Dauer nicht nur
Auswirkungen auf das direkte, originäre OP-Geschehen hat, sondern auch auf die
gesamte Leistungskette einer Mehrzahl der Krankenhausleistungen, wird immer
mehr in dem Maße deutlich, wie der Kosten- und Qualitätsdruck auf die einzelnen
Krankenhäuser steigt und Einsparpotentiale gesucht werden“ (Busse 2005, 6).
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In den Abschnitten 3.1.1 bis 3.1.4 werden 4 wesentliche Gründe aufgeführt warum ein OP-Management in den Krankenhäusern unerlässlich ist. Die Einrichtungen, die sich davor verschließen, werden früher oder später im Verlauf der nächsten Jahre massive Probleme bei der Wettbewerbsfähigkeit bekommen.
3.1.1
Wirtschaftlichkeit im OP
Auf Grund der in der Einleitung beschriebenen neuen Abrechnungsmodalitäten,
den DRG´s, müssen sich die Krankenhäuser in der Organisation ihrer OP’s weiterentwickeln und diese auf der Basis der Wirtschaftlichkeit führen. „Das Krankenhaus als Teilbereich dieses Gesundheitswesens, einst Oase unbeobachteten
wirtschaftlichen Handelns und medizinischen Selbstverwirklichungsstrebens, ist
herausgerissen aus dem Vakuum der Unnahbarkeit und wird dem unterworfen,
dem sich jede frei wirtschaftende Unternehmung zu unterwerfen hatte, dem Postulat der Wirtschaftlichkeit. Was im Klartext bedeutet, dass auf Dauer nur das
Geld ausgegeben werden kann, das auch erwirtschaftet wird“ (Busse 2005, 1).
Kein Krankenhaus kann sich in Zukunft leisten, dass im OP-Bereich, der einer der
kostenintensivsten Bereiche (hochqualifiziertes Personal, hohe Sachmittelressourcen) ist, unwirtschaftlich gearbeitet wird.
„In der Wahrnehmung von Krankenhausleitungen ist der OP zu einem Kostenverursacher geworden, der zwingend nach Führung (Management) ruft, wenn das
Haus nicht in den Abgrund gezogen werden soll“ (Ansorg at al. 2006, 12). Diese
Aussage kann nur bestätigt werden. Das OP-Management muss aber von der
Krankenhausleitung dann auch gestützt werden, da sonst auch der beste OPManager keine Chance hat. Mit welchen Problemen ein OP-Manager und Koordinator konfrontiert werden kann und was passiert wenn die Krankenhausleitung
keine Unterstützung gibt, wird in Kapitel 7 genauer betrachtet und erörtert.
Was bedeutet aber eigentlich Wirtschaftlichkeit im OP? Auf was muss besonders
geachtet werden? Über welche Informationen muss ein OP-Manager verfügen?
Wirtschaftlichkeit im OP bedeutet, dass die zur Verfügung stehenden Ressourcen
optimal genutzt werden; das heißt, dass weder Personal, Material noch OP-Säle in
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einem nicht vertretbaren Maße ungenutzt bleiben. Auch unnötige Leerzeiten zwischen Operationen sollen vermieden werden.
Eine der dringlichsten Aufgaben ist weiterhin die Optimierung der Abläufe im
OP, aber auch die den OP-Ablauf beeinflussenden Faktoren/Prozesse außerhalb
des OP’s bedürfen der Optimierung. Denn was nützt es, wenn morgens alle Berufsgruppen im OP »Gewehr bei Fuß« stehen, der Patient aber nicht von der Station gebracht wird? Oder der Patient ist in der Bettenschleuse und die nachsorgende
Einheit kommt nicht um ihn zu übernehmen? Dies sind nur zwei Beispiele, die
zeigen, dass die OP-Abläufe von vielen Faktoren abhängig sind. Aber klar ist
auch, und dies haben die Recherchen gezeigt, dass es in den OP’s noch viel zu tun
gibt. 8 von 10 Einrichtungen haben von Problemen innerhalb des OP’s berichtet.
Hier wird noch immer zu wenig in Prozessen gedacht. Die einzelnen Berufsgruppen sind noch zu sehr auf sich fokussiert. „Daher hat es sich bewährt, nicht Funktionen und Kompetenzen zu diskutieren, sondern bei der Ist-Analyse prozessorientiert vorzugehen“ (Andreas Greulich, Organisationsmanagement, 2003, 30).
Auf die Funktion und die Aufgaben des OP-Managers wird in Kapitel 6.1 näher
eingegangen. Nur soviel vorneweg: Letztendlich steht und fällt mit den Fähigkeiten und den dazugehörenden Kompetenzen des OP-Managers die Funktionsfähigkeit eines OP’s. Er braucht von allen beteiligten Berufsgruppen und der Geschäftsführung die nötigen Informationen und deren Unterstützung, ohne die ein
funktionierendes OP-Management nicht realisierbar ist. Einige Beispiele sollen
hier aufgeführt werden, auf die in Kapitel 6.1 dann näher eingegangen wird. Der
OP-Manager muss Informationen haben über:
•
Personelle Ressourcen aus allen den OP betreffenden Bereichen
•
Räumliche Ressourcen
•
Informationen über die benötigten Geräte (können bestimmte Operationen
parallel erfolgen)
•
Was für Vorstellungen und Ziele verfolgt die Geschäftsführung?
•
Wie ist die Post-OP-Phase geregelt?
•
Welche Erlöse werden für die Operationen erzielt?
•
Wie werden die Kosten für den OP errechnet?
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Dies sind nur ein Teil der Informationen die ein zukünftiger OP-Manager benötigt, um ein funktionierendes OP-Management und das dazu gehörende Controlling zu etablieren.
3.1.2
Qualitätsanforderungen im OP
Eine Definition von Qualität lautet: „Unter Qualität wird eine effiziente Leistungserstellung verstanden, die kundenorientiert in kürzerer Zeit zu tendenziell
sinkenden Kosten erbracht wird“ (Adam et al. 1999, 97). Drei Dimensionen, die
auch für den OP-Betrieb maßgeblich sind, werden unterschieden (Zitat A. Dnoabedian). Sie beeinflussen sich jedoch gegenseitig:
•
Strukturqualität
•
Prozessqualität und
•
Ergebnisqualität.
Strukturqualität: Anzahl sowie Qualifikation der Mitarbeiter/innen, die technische
Ausstattung, körperliche und organisatorischen Arbeitsbedingungen, Schnittstellenprobleme.
Prozessqualität: Beschreibung aller Tätigkeiten der Berufsgruppen untereinander
und miteinander, die während der OP-Leistung (präoperative Phase, Anmeldung
zur OP, Einschleusen des Patienten in den OP, Durchführung der OP, Ausschleusen des Patienten aus dem OP), vollzogen werden.
Ergebnisqualität: „Die Ergebnisqualität bildet die wichtigste Grundlage für die
Evaluation der erbrachten Leistungen in einem Arbeitsbereich. Sie umschreibt die
Veränderung bzw. den Unterschied zwischen dem Einschleusungszustand und
dem Ausschleusungszustand des Patienten“ (Welk u. Bauer 2006, 34).
Seit der am 01.10.2000 in Kraft getretenen Gesundheitsreform der Gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV) sind nach § 135a Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB V)
die Leistungserbringer zu Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der von
ihnen erbrachten Leistungen verpflichtet. Diese Leistungen müssen dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis entsprechen und in der fachlich ge-
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botenen Qualität erbracht werden. Seit dem Jahr 2005 sind alle Krankenhäuser
(nach §137 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 SGB V) verpflichtet im Abstand von 2 Jahren einen
strukturierten Qualitätsbericht zu veröffentlichen, wobei diese Veröffentlichung
im Internet stattfinden muss.
Wie nun ein Krankenhaus sein Qualitätsmanagement im vorgeschriebenen gesetzlichen Rahmen etabliert und durchführt, bleibt ihm überlassen. Hier werden die
gängigsten Qualitätsmanagementmodelle, ohne näher auf jedes einzelne einzugehen, aufgezählt:
•
DIN ISO Deutsches Institut für Normung / International Standard Organisation
•
EFQM European Foundation for Quality Management
•
JCAHO Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organisation
(USA)
•
KTQ Kooperation für Transparenz und Qualität im Krankenhaus3
•
ProCUM ProCum Cert (Ergänzung zu KTQ)
•
TQM Total Quality Management
Da es über die wichtigsten dieser Modelle genügend Veröffentlichungen und Fortschreibungen gibt, soll in diesem Zusammenhang nicht näher darauf eingegangen
werden.
Für welches Modell oder für welchen Weg sich eine Einrichtung entscheidet,
bleibt ihr überlassen.
„ Der nachvollziehbarste und strukturierteste Ansatz für den OP-Bereich zu Qualitätsaussagen zu gelangen, ist sicherlich aktuell im Rahmen der KTQ (Kooperation
für Qualität und Transparenz im Krankenhaus) vorzufinden, was nicht bedeuten
soll, dass dies auch der beste Ansatz wäre“ (Busse 2005, 25). Für Welk und Bauer
sind neben dem KTQ-Ansatz auch noch die ISO 9000 und die EFQM verwendbar. Da aber im KTQ-Ansatz für den OP-Bereich konkrete Fragestellungen vor-
3
Neue Bezeichnung KTQ Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen
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31/94
gegeben werden, deren Erreichungs- und Durchdringungsgrad mittels externer
und interner Audits überprüft wird und bei Erfüllung zu einer Zertifizierung führt,
ist dieser Ansatz auch für die beteiligten Mitarbeitergruppen nachvollziehbarer.
Am 28. Februar wurde das 500. KTQ-Zertifikat ausgestellt. Die Gesellschafter der
KTQ sind: Bundesärztekammer – Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern, Verband der Angestelltenkrankenkassen e.V. (VdAK), Bundesverband der
Innungskrankenkassen (IKK), BKK, Bundesknappschaft, Bundesverband der
landwirtschaftlichen Krankenkassen, AOK-Bundesverband, Deutsche Krankenhausgesellschaft,
Deutscher
Pflegerat,
Hartmannbund
und
die
See-
Berufsgenossenschaft / Seekasse (Quelle www.KTQ.de, 18.03.07). Dies ist ein
weiterer Grund für die wesentliche Unterscheidung zu den anderen Zertifizierungssystemen. In der KTQ sind alle Vertreter des Gesundheitssystems beisammen und die Richtlinien (KTQ-Katalog) werden von allen mitgestaltet und auch
getragen.
In der Version 5.0 (KTQ-Katalog) werden unter Punkt „1.3.6 Koordinierung der
Behandlung: OP-Koordination“ u.a. folgende Fragestellungen aufgelistet und bei
der Auditierung bewertet:
•
Beschreiben Sie die geregelten Verantwortlichkeiten für die OPAblauforganisation?
•
Wie erfolgt eine langfristige Planung elektiver Eingriffe?
•
Beschreiben Sie Ihre Regelungen, wie und mit welchen Beteiligten die Erstellung des OP-Planes erfolgt?
•
Welche Anweisungen/Standards gibt es zur präoperativen Vorbereitung?
•
Wie werden eventuelle Notfalloperationen in der OP-Planung berücksichtigt?
•
Wie ist sichergestellt, dass die erforderlichen Wechselzeiten zwischen den
Eingriffen so gering wie möglich gehalten werden? Oder
•
Wie ist die Kooperation der Berufsgruppen bei der Vorbereitung, der
Durchführung und der Nachbereitung operativer Eingriffe gewährleistet
(z.B. mittels eines zwischen den Berufsgruppen abgestimmten Konzeptes
zur Patientenlagerung)?
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Die Beantwortung und Bearbeitung dieser Fragen sind jedem, der sich mit dem
Thema OP-Management beschäftigt, eine große Hilfe und der richtige Ansatz.
Durch das Zertifizierungsverfahren erspart ein OP-Manager sich unnötige Auseinandersetzungen, da die Fragen vorgegeben sind.
Dies sind die Grundlagen auf denen dann ein prozessorientiertes Qualitätsmanagement aufgebaut und implementiert werden kann und muss. Abb. 1 zeigt die
Aufschlüsselung des OP-Prozesses wie er ablaufen kann.
Patienten
abrufen
OP-Saal,
Sterilgut
vorbereiten
OP-Saal
Sterilgut
nachbereiten
Patienten
ein
schleusen
Anästhesieteam einschleusen
Narkose
einleiten
OP-Team
einschleusen
Narkose führen
Patienten
lagern
Patienten
operieren
Narkose
ausLeiten
Patienten
entlagern
Patienten
ausschleusen
Abb. 1 Schematische Darstellung der Teilprozesse im OP (Welk. Bauer 2006, S. 43)
Diese Prozesse gilt es optimal aufeinander abzustimmen um effizient zu arbeiten.
Mit den zuvor geschilderten Fragen und den Antworten darauf lassen sich diese
Prozesse steuern und optimieren.
Eine weitere gesetzliche Vorgabe bezieht sich nicht nur auf die interne Qualitätssicherung, sondern auch auf die Veröffentlichung eines Qualitätsberichtes nach
außen. Seit dem Jahr 2005 sind alle Krankenhäuser (nah § 137 Abs. 1 S. 3 Nr. 6
SGB V) verpflichtet, im Abstand von zwei Jahren, einen strukturierten Qualitätsbericht zu veröffentlichen, wobei diese Veröffentlichung im Internet stattfinden
muss. Zu Aufbau und Struktur dieses Qualitätsberichtes gibt es genaue Vorgaben,
die jedes Krankenhaus einhalten muss. Der Bericht gibt einen Überblick über:
•
die Leistungs- und Strukturdaten eines Krankenhauses
•
die Beteiligung an der externen Qualitätssicherung
•
die Umsetzung der Mindestmengenvereinbarung sowie
•
die Qualitätspolitik und sonstige interne Qualitätssicherungsmaßnahmen
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•
33/94
des Berichterstellers. Adressat dieser Berichte sind neben den Krankenkassen natürlich auch die Patienten und einweisenden Ärzte. Sinn ist es bei
der Entscheidungsfindung für ein Krankenhaus zu unterstützen oder alternative Angebote herauszusuchen.
Speziell für den OP-Bereich, der uns hier interessiert, werden Tabellen mit den
häufigsten Operationen aufgeführt. Genauso werden Aussagen darüber gemacht,
welchen Qualifikationsgrad die Pflegemitarbeiter/innen haben oder welche OPTechnik oder welche Geräte vorgehalten werden.
Dies stärkt die Notwendigkeit für ein funktionierendes OP-Management auf
Grund der gesetzlichen Vorgaben für die Sicherung zukünftiger Patienten (Kunden) und somit die Existenzsicherung eines Hauses.
3.1.3
Mitarbeiterzufriedenheit
Die Mitarbeiterzufriedenheit und die Mitarbeiterorientierung sind auch wesentliche Bausteine der einzelnen Qualitätsmanagementsysteme und Zertifizierungsverfahren. So wird zum Beispiel im Bewertungskatalog der EFQM4 die Mitarbeiterorientierung bei den Befähigerkriterien (Wege und Mittel) mit 9% und bei den
Ergebniskriterien (Mitarbeiterbezogene Ergebnisse) ebenfalls noch einmal mit 9%
bewertet. Auch im KTQ® - Manual Version 5.0 ist in Kategorie 2 die Sicherstellung der Mitarbeiterorientierung verankert:
•
2.1 Planung des Personals
•
2.2 Personalentwicklung
•
2.3 Sicherstellung der Integration von Mitarbeitern
Dies sind die Subkategorien denen noch einzelne Kriterien zugeordnet sind:
4
•
2.1.1 Planung des Personalbedarfs
•
2.2.1 Systematische Personalentwicklung
•
2.2.3 Fort- und Weiterbildung
•
2.2.4 Finanzierung der Fort- und Weiterbildung
•
2.2.5 Verfügbarkeit von Fort- und Weiterbildungsmedien
EFQM: European Foundation for Quality Management
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•
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2.2.6 Sicherstellung des Lernerfolges in angegliederten Ausbildungsstätten
•
2.3.1 Praktizierung eines mitarbeiterbezogenen Führungsstiles
•
2.3.2 Einhaltung geplanter Arbeitszeiten
•
2.3.3 Einarbeitung von Mitarbeitern/innen
•
2.3.4 Umgang mit Mitarbeiterideen, Mitarbeiterwünschen und Mitarbeiterbeschwerden
Hier wird deutlich, dass die Mitarbeiterorientierung und daraus folgend die Mitarbeiterzufriedenheit einen hohen Stellenwert besitzt.
Die Bedeutung und der Nutzen der Mitarbeiterorientierung in den Kliniken nehmen immer mehr an Gewicht zu. Die Klinik profitiert von zufriedenen Mitarbeitern/innen, da die Fluktuation und die Fehlzeiten geringer sind. Zufriedene Mitarbeiter sind produktiver. Die Identifikation zufriedener Mitarbeiter mit dem Unternehmen wächst. Dies hat der Verfasser in seiner empirischen Studie zur Mitarbeiterzufriedenheit festgestellt.
Zufriedene Mitarbeiter sind auch gegenüber von Neuerungen, wie z.B. der Einführung eines OP-Managements oder den Veränderungen durch das OPManagement, offener für die Umsetzung.
„Zufriedene Mitarbeiter – zufriedene Kunden: Was für gewinnorientierte Unternehmen gilt, ist erst recht in sozialwirtschaftlichen Dienstleistungsorganisationen
wichtig“ (Daumenlang K., Zinn W. 2000, 409). Dieser Satz gilt auch uneingeschränkt für die Mitarbeiter/innen im OP. Im OP haben wir es nicht nur mit einer
einzelnen Berufsgruppe zu tun, sondern mit sehr unterschiedlichen Professionen.
Diese müssen als komplexes Team zusammenarbeiten um den wirtschaftlichen
Erfolg zu gewährleisten und um die Patienten (Kunden) zufrieden zu stellen.
„Qualifizierte und motivierte Mitarbeiter sind das Herz eines jeden OP-Betriebes.
Hohe Fluktuationszahlen und Mitarbeiterfrust gerade im OP-Bereich verdeutlichen, dass verstärkt etwas getan werden muss, um
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•
qualifizierte und eingearbeitet Mitarbeiter zu halten und
•
durch eine günstige Mund- zu Mund-Propaganda neue Mitarbeiter an das
Haus und dessen Aufgaben zu binden.
Dies ist kein Selbstzweck, sondern dient dazu, Kosten zu minimieren (die Einarbeitung von neuen OP-Pflegekräften ist teuer und mindert jede Prozessqualität)
und dauerhaft eine hohe Leistungsqualität anbieten zu können“ (Busse 2005, 35).
Hier können Kosten entstehen die das Krankenhaus nicht direkt beeinflussen
kann. Das Krankenhaus kann aber die Rahmenbedingungen für eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit schaffen. Starke Unzufriedenheit der Mitarbeiter hat zur Folge,
dass diese Kosten einen wesentlichen Anteil an den Gesamtpersonalkosten ausmachen. Die Abläufe werden dadurch auch negativ beeinflusst. So werden die
OP-Zeiten oder die Wechselzeiten unnötig verlängert, da noch nicht eingearbeitetes Personal länger für die Durchführung braucht.
Ein funktionierendes OP-Management und eine verlässliche OP-Organisation
schaffen zusätzliche Mitarbeitermotivation. Dadurch kann
•
die ausbildungs- und leistungsgerechte Verwendung der Mitarbeiter,
•
die Möglichkeit, selbständig und durch eigenes Handeln auf Leistungsvorgaben Einfluss zu nehmen, und
•
eine verbesserte Arbeitszufriedenheit (z.B. pünktliches Arbeitsende)
deutlich verbessert werden. Auf das pünktliche Arbeitsende und die Arbeitszeiten
wird in Kapitel 3.1.4 noch näher eingegangen, da dies, wie auch später das Beispielkrankenhaus zeigen wird, einen sehr wichtigen Aspekt darstellt.
Um die oben aufgeführten Aspekte zu verwirklichen, bedarf es im OP-Bereich guter Führungskräfte, die über die nötigen Kompetenzen verfügen. Hier soll auf die
entsprechende Fachliteratur verwiesen werden, da dies den Rahmen dieser Arbeit
sprengen würde. „Eine Führungskraft ist in letzter Konsequenz für Ergebnisse
verantwortlich und wirksame Führung unterstützt dieses Vorhaben. Dabei kommt
es darauf an, die richtigen Dinge zu tun (Effektivität) und diese Dinge dann richtig
zu tun (Effizienz)“ (Ansorg et all. 2006, 261). Dies gelingt ihr aber nur, wenn sie
es schafft, zufriedene und dadurch motivierte Mitarbeiter zu haben.
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3.1.4
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Arbeitszeitgesetz und Tarifvertrag
Ein weiterer Grund für die Etablierung eines funktionierenden OP-Managements
stellen die gesetzlichen und tariflichen Arbeitszeitregelungen und Gesetze dar. Für
die Gestaltung der Arbeitszeit in den Krankenhäusern spielt das Arbeitszeitgesetz
(ArbZG) von 1994 eine zentrale Rolle. Eine Novellierung fand 2003 statt, die am
1. Januar 2004 in Kraft trat, und nach einer Übergangsfrist bis zum 1.1.2007 nun
auch für alle Krankenhäuser gilt. Zusätzlich zum Arbeitszeitgesetz gelten die tariflichen Bestimmungen, wenn sie das Arbeitszeitgesetz nicht verletzen. In dieser
Arbeit wird exemplarisch für die tarifliche Seite der TVöD (Tarifvertrag für den
öffentlichen Dienst) von Oktober 2005 herangezogen.
Die Umsetzung dieser Vorgaben stellt für die Krankenhäuser eine große Herausforderung dar, insbesondere in den Bereichen in denen Bereitschaftsdienst geleistet wird. Hier gilt es durch Umstrukturierungen in den OP-Abläufen und der Anpassung der OP-Öffnungszeiten den Vorgaben gerecht zu werden und dennoch
wirtschaftlich zu arbeiten.
Zunächst einmal die relevanten gesetzlichen und tarifvertraglichen Vorgaben:
Arbeitszeitgesetz:
§ 3 Arbeitszeit der Arbeitnehmer. 1Die werktägliche Ar-
beitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. 2Sie kann auf
bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.
§ 4 Ruhepausen. 1Die Arbeit ist durch im Voraus feststehende Ruhepausen von
mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr Stunden insgesamt zu unterbrechen. 2Die Ruhepausen nach Satz 1 können in Zeitabschnitten von jeweils 15
Minuten aufgeteilt werden. 3Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepausen beschäftigt werden.
§ 5 Ruhezeit. (1) Die Arbeitnehmer müssen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben.
Edgar Jäger 1077308
37/94
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass nach dem Urteil des Europäischen
Gerichtshofs (EuGH) Bereitschaftsdienst vollständig als Arbeitszeit zu werten ist
(Rechtssache C-151/02 [Jäger-Urteil]).
Abweichungen bezüglich der Ruhezeit werden im §5 Sätzen 2 und 3 beschrieben.
Diese Abweichungen beziehen sich auf die Krankenhäuser. Weitere Abweichungen werden durch §7 ArbZG ermöglicht. Dieser Paragraph verweist auf die Möglichkeit in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen gesonderte Regelungen zu
treffen. Dadurch werden den Krankenhäusern aufgrund eines Tarifvertrages z.B.
TVöD Möglichkeiten geschaffen das Arbeitszeitgesetz und die europäischen Vorgaben umzusetzen ohne den strengen Wortlaut des ArbZG zu verletzen.
Das ArbZG schreibt ja eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden vor.
Davon kann aber im Rahmen des Tarifvertrages § 7 ArbZG abgewichen werden.
So sind laut Tarifvertrag Verlängerungen der täglichen Arbeitszeit über 10 Stunden möglich, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst fällt.
§ 45 Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft (TVöD)
(2) Abweichend von den §§ 3,5 und 6 Abs. 2 ArbZG kann im Rahmen des § 7
ArbZG die tägliche Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes über acht Stunden hinaus verlängert werden, wenn mindestens die acht Stunden überschreitende
Zeit im Rahmen von Bereitschaftsdienst geleistet wird und zwar wie folgt:
a) bei Bereitschaftsdiensten der Stufen A und B bis zu insgesamt maximal 26
Stunden täglich; die gesetzlich vorgeschriebene Pause verlängert diesen Zeitraum
nicht,
b) bei Bereitschaftsdiensten der Stufen C und D bis zu insgesamt maximal 13
Stunden täglich; die gesetzlich vorgeschriebene Pause verlängert diesen Zeitraum
nicht.
§
45
Abs.
3
ermöglicht
zusätzlich
bei
Abschluss
einer
Dienst-
/Betriebsvereinbarung eine Erhöhung der täglichen Höchstarbeitsgrenze auf bis zu
24 Stunden, wenn die Sätze a, b und c erfüllt sind. Somit kann die wöchentliche
Höchstarbeitszeit bei Einschluss der Bereitschaftsdienste auf 58 Stunden in den
Stufen A Und B, und auf 54 Stunden bei den Stufen C und D, erhöht werden. Die
Edgar Jäger 1077308
38/94
wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden muss aber im Jahresdurchschnitt
erreicht werden.
Diese Regelungen im TVöD und im ArbZG haben zu unterschiedlichen Reaktionen der betroffenen Mitarbeitergruppen geführt, die die Umsetzung zusätzlich für
die Krankenhäuser erschweren. Die Krankenhausleitungen tun sich schwer, da die
Umsetzung finanziell eine Mehrbelastung bedeutet, was aber nur zum Teil korrekt
ist. Denn die Häuser sparen einen Teil der Bereitschaftsdienstentgelte, da die Mitarbeiter ihre Stunden in Freizeit nehmen müssen, da sie sonst nicht auf ihre Sollarbeitszeit kommen. Die Mitarbeiter tun sich auch nicht leichter, besonders der
ärztliche Bereich hat hier Probleme (finanzielle Einbußen), was aber auch auf die
Pflege zutrifft (vgl. Krankenhaus Barometer 2006).
Auf Grund dieser Vorgaben ist es aber unumgänglich Veränderungen der Arbeitszeiten und deshalb auch der OP-Öffnungszeiten vorzunehmen. „Eine Veränderung
der Arbeitszeiten im OP-Bereich muss unter personellen und ökonomischen Aspekten mit dem Gestaltungsspielraum der Arbeitsorganisation und den perioperativen Ablaufprozessen abgestimmt sein“ (Ansorg et al. 2006, 413). Soll eine neue
Arbeitszeitgestaltung im operativen Bereich angegangen werden, so macht es keinen Sinn nur einzelne Bereiche gesondert zu betrachten und zu verändern. Wichtig ist hier, dass alle am OP-Prozess beteiligten Berufsgruppen mit einbezogen
sind. Es macht keinen Sinn, wenn der pflegerische Bereich im OP andere Regelarbeitszeiten hat als der ärztliche Bereich (Anästhesie, Operateure des Hauses
etc.). Weiterhin darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Bereiche (Stationen) die den OP „beliefern“, auch an die veränderten Zeiten angepasst werden
müssen, und ebenso die nachsorgenden Bereiche (Aufwachraum, Intensivstation)
darauf eingestellt werden. Ansonsten kommt es zu unnötigen Schnittstellenproblemen die nicht überwunden werden können.
Hier empfiehlt sich eine Etablierung einer Projektgruppe, die aus allen Bereichen
zusammengesetzt ist, um die Servicezeiten im OP zu realisieren. Dies hat unser
Beispielkrankenhaus praktiziert und gute Ergebnisse, wie wir später sehen werden, erzielt. Diese Ergebnisse müssen dann auch konkret umgesetzt werden. Steht
Edgar Jäger 1077308
39/94
die Geschäftsführung nicht hinter diesem Vorhaben, da sie mit Mehrkosten rechnet, ist die Umsetzung zum Scheitern verurteilt.
Bei den untersuchten Krankenhäusern haben 7 Häuser mitgeteilt, dass für sie die
Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes und die jeweils gültigen Tarifverträge noch
nicht stattgefunden haben. Zwei Häuser haben die Umsetzung geschafft und ein
Haus ist momentan in der Projektphase. Dies zeigt, dass hier noch ein großer
Nachholbedarf besteht.
4
Aufgaben des OP-Managements
Exemplarisch werden in dieser Arbeit zwei Hauptaufgaben des OP-Managements
vorgestellt und näher dargestellt. Dies ist zum einen die OP-Planung welche den
reibungslosen Ablauf im OP gewährleisten soll, und zum andern die OPDokumentation, die für eine valide Auswertung und für nötige Korrekturen herangezogen wird.
4.1
Die OP-Planung
„Die OP-Planung gehört sicherlich zu den schwierigsten und facettenreichsten
Gebieten des OP-Managements. An der Frage, inwieweit Operationen überhaupt
planbar sind und in welchem Detaillierungsgrad eine derartige Planung praktikabel ist, scheiden sich die Geister bzw. die jeweiligen Anforderungen der beteiligten Bereiche, Anästhesie, schneidende Ärzte, OP-Pflege, Anästhesiepflege und
Krankenhausverwaltung“ (Busse 2005, 43).
Bei der Betrachtung und der Reorganisation der OP-Planung darf nicht vergessen
werden, dass dieser ein Teilprozess des gesamten Patientenbehandlungsprozesses
ist und nicht für sich alleine stehen kann. In diesem Teilprozess stehen unterschiedliche Interessen einander gegenüber. Busse (2005, 43) beschreibt hier zum
einen das Organisationsinteresse und zum andern das Leistungsinteresse als zwei
wesentliche Aspekte.
Edgar Jäger 1077308
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Beim Organisationsinteresse „liegt das Kerninteresse an einer fundierten OPPlanung seitens der Anästhesisten und der OP-Pflege primär in der gleichmäßigen
Auslastung der OP-Saal-Kapazitäten, der Vorbereitung notwendiger Maßnahmen
zur Operation, der Einhaltung vereinbarter Arbeitszeiten, der Vermeidung unnötiger Leistungen und der Erhaltung des sozialen Arbeitsfriedens“ (Busse 2005, 43).
Beim Leistungsinteresse „hat der Operateur wiederum in der Hauptsache an dem
Planungsaspekt Interesse, dass er Kapazitäten des OP-Bereiches für sich buchen
möchte, um die Patienten, die er zur Operation vorsieht, zeitnah und unter Bereitstellung aller notwendigen Mitarbeiter und Sachmittel behandeln zu können“
(Busse 2005, 43).
Die OP-Planung hat nun die schwierige Aufgabe, diese beiden Interessen in Einklang zu bringen. Beide Interessenlagen haben ein begründetes Recht. Hier müssen klare Regeln gesetzt werden. „Unstrittig ist, dass das Leistungsinteresse des
Operateurs dort seine Grenzen haben muss, wo die Kapazität der OP-Ressourcen
erschöpft ist, und dass durch die Durchsetzung der Organisationsinteressen mehr
OP-Kapazitäten mit denselben Mitteln zur Verfügung gestellt werden können“
(Busse 2005, 43).
„OP-Planung ist demnach der Abgleich zwischen benötigten und verfügbaren
Ressourcen. Sie hat zum Ziel, die vorgehaltenen Ressourcen möglichst optimal
einzusetzen“ (Ansorg et al. 2006, 320).
Die Bestandteile einer guten OP-Planung sind: die Verteilung der OPPlanungskontingente, die Zuteilung von Kapazitäten und die Einführung von Planungshorizonten.
OP-Planungskontingente: Kapazitätsanteile, die einer Fachabteilung innerhalb
eines Zentral-OP’s zugeordnet werden.
Unterschiedliche Zuteilung von Kapazitäten:
•
räumliche Kapazität (z.B. OP-Saal, OP-Bereiche),
•
zeitliche Kapazität (z.B. Zeiträume von……bis, Anzahl von Stunden),
Edgar Jäger 1077308
41/94
•
Raum-/Zeitkapazität (z.B. OP-Saal pro Zeitraum) und
•
der mengenmäßigen Kapazität (Anzahl der Operationen)
In der Praxis spielt momentan wohl die räumliche Kapazitätszuteilung noch die
größte Rolle (vgl. Busse 2005, 46). „Diese hat zwar den Vorteil, dass OP-Säle, für
entsprechende Fachabteilungen ausgerüstet, vorgehalten werden können und zusätzlich eine gewisse (sehr fragliche) Planungs- und Nutzungshoheit besteht ....
Dennoch ist es gerade die räumliche OP-Kapazitätsplanung, die die optimale Nutzung der Zentral-OP-Kapazitäten verhindert. Sie fördert ein gewisses Besitzstanddenken der Fachabteilungen …..“(Busse 2005, 46).
Diese Problematik haben auch die befragten Häuser bestätigt. Die wohl sinnvollste Kontingentvergabe, ist laut Busse, die Vergabe von OP-Saalkapazitäten pro
Zeitraum in Kombination mit so genannten Rangierzeiten. Vorausgehen sollte aber, wenn möglich und sofern Daten verfügbar, eine Analyse der bisher benötigten Saalzeiten der einzelnen Fachabteilungen.
„Rangierzeiten sind die Zeiten, in denen das OP-Management – unabhängig von
den Wünschen der Fachabteilungen – anfallende Operationen in den OP-Saal verlegen kann, in dem sie organisatorisch oder fachlich am besten durchgeführt werden können“ (Busse 2005, 47).
Weiter zu berücksichtigen ist bei der Kapazitätsvergabe bzw. der OP-Planung,
dass je nach Einrichtung Notfälle einzuplanen gilt. Busse schlägt eine Notfallkapazität von 30 % der Tageskapazität vor. Realistischer ist nach Auswertung vergangener Perioden, diese als Grundlage zu nehmen, da nicht jede Einrichtung die
gleiche Zahl an Notfalloperationen hat. Die Notfallindikationen sollen in der OPGeschäftsführung (OP-Statut) festgeschrieben werden (siehe Anlage 1, aus Ansorg et al. 2006, 336 Tab. 7).
Gerade in der heutigen Zeit, in der die Kosten optimiert werden müssen, und auch
mit den personellen Ressourcen wirtschaftlich umgegangen werden muss, spielt
ein weiterer wichtiger Aspekt eine wesentliche Rolle: die Planungshorizonte.
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42/94
„Unter dem Begriff der Planungshorizonte werden die Zeiträume verstanden, in
denen eine OP-Planung stattfinden kann. Unterschieden werden sollte im Rahmen
der OP-Planung zwischen
•
der kurzfristigen OP-Planung (von einem auf den nächsten Tag),
•
der mittelfristigen OP-Planung (Wochen- oder Monatsplanung) und
•
der langfristigen OP-Planung (Quartals- oder Jahresplanung)“ (Busse
2005, 47).
In der langfristigen OP-Planung sollten auch die Urlaube der Operateure festgehalten sein, um die Urlaubsplanung der mitinvolvierten Berufsgruppen abzustimmen, bzw. bei Jahresarbeitszeitkonten die Mehrstunden abzubauen.
Über die Inhalte des OP-Tagesplan sind sich alle Autoren, bis auf kleinere Definitionsunterschiede, einig. Deshalb stelle ich die Inhalte, die Welk und Bauer beschreiben in aufzählender Weise vor.
Inhalte eines OP-Plans für einen Patienten:
•
Patientendaten (Aufnahme- oder Fallnummer, Nachname, Vorname, Geburtsdatum, Geschlecht, Station)
•
OP-Saal
•
Klinik/Fachbereich
•
Operationsdatum (ist aber auch auf dem Gesamtplan in der Überschrift)
•
Abfolge der Operation (an welcher Stelle im Saal)
•
Präoperative Diagnose mit Angabe der zu operierenden Seite
•
Geplantes Operationsverfahren
•
Operateur/Assistenz
•
Anästhesist
•
Instrumentier- u. Anästhesiepflege (wenn möglich)
•
Zeitangabe für die Operation und Anästhesiezeit
•
Anästhesieverfahren, anästhesiebezogene Besonderheiten
•
Postoperative Intensivpflicht
•
Operationsbezogene Besonderheiten (Lagerung, Durchleuchtung etc.)
•
Weitere Besonderheiten (Begleitinfektionen, zusätzliches Gerät, Schnellschnitt etc.)
Edgar Jäger 1077308
•
43/94
Hinweise auf patientenbezogene Besonderheiten (z.B. kulturelle Aspekte)
Der OP-Plan soll am Vortag mit dem OP-Koordinator und einem/r Vertreter/in
der involvierten Berufsgruppen besprochen werden, um eventuell Änderungen im
Ablauf festzulegen (Reihenfolge wegen Instrumenten, Geräten, Personal etc.)
Gleichzeitig kann festgestellt werden, ob der OP-Plan realistisch durchführbar ist
oder in wie fern mit Problemen (zeitlich, Geräte, Personal etc.) gerechnet werden
muss.
4.2
OP-Dokumentation
„Die Frage der OP-Dokumentation ist ein weites Feld und in vielen Bereichen
noch offen. Einen wirklich wichtigen, eingreifenden, für alle Krankenhäuser verbindlichen Schub hat die Dokumentation bis zum Jahr 2004 eigentlich nur durch
die Aufnahme des OPS 3015 in die Leistungs- und Kalkulationsaufstellung getan.
…. Heute ist die Dokumentation von OPS 301-Schlüsseln im Rahmen des DRGSystems – wie bereits beschrieben – überlebenswichtig, weil sie die mögliche Erlösgestaltung des Krankenhauses maßgeblich beeinflusst“ (Busse 2005, 106ff).
Im Krankenhaus existieren unterschiedliche Interessenlagen an der Dokumentation und auch unterschiedliche Ansprüche. Auf der einen Seite stehen das medizinische Interesse an der OP-Dokumentation und auf der anderen das Administrative.
Das administrative Interesse und somit die administrative OP-Dokumentation ist,
von der betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Seite her, für das OPManagement und die Geschäftsführung von wesentlicher Bedeutung. Wobei das
medizinische Interesse, mit der Einführung neuer EDV-Techniken, weiter vorankommt.
Im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Betreiben einer OP-Einheit, zeitliche
und personelle Ressourcen, stehen folgende Dokumentationspunkte (Kennzahlen)
im Vordergrund. Hier wird, auf die in Kapitel 2.3 erläuterten Kennzahlen verwiesen.
5
OPS 301 offizielle Liste und Verschlüsselung aller Operationen, auf deren Grundlage das Krankenhaus die
operativen Behandlungen eines Patienten dokumentieren muss
Edgar Jäger 1077308
44/94
Minimalanforderung an die Dokumentation zur betriebswirtschaftlichen Steuerung (vgl. Busse 2005, 112ff).
•
Arzt-Bruttozeit
•
Arztbindungszeit
•
Pflege-Bruttozeit
•
Pflegebindungszeit
•
Schnitt-/Nahtzeit
In dieser Aufstellung von Busse fehlt, ein in der heutigen Zeit nicht unwesentlicher Faktor, nämlich die Anästhesiearzt-Bruttozeit, die Anästhesiearztbindungszeit sowie die Pflegebindungszeiten für die Anästhesiepflege. In der folgenden
Abbildung aus, Busse 2005, S 113 Abb. 17, fehlen diese Zeiten komplett.
Funktion
Name
von - bis
Operateur
Prof. Schneider
09:25 – 12:45 Uhr
1. Assistent
Dr. Maier
09:00 – 12:45 Uhr
2. Assistent
Dr. Schulze
09:00 – 13:15 Uhr
3. Assistent
AIP
09:00 – 13:15 Uhr
.
Arzt-Bruttozeit (erste Arztzeit 09:00 Uhr – letzte Arztzeit 13:15 Uhr)
Arztbindungszeit (Summe Arztminuten 210 + 225 + 255 + 255)
Funktion
225 Min.
945 Min.
Name
von - bis
Instr. Pflege
Susanne Müller
08:30 – 13:25 Uhr
Lag. Pflege
Udo Scholz
08:35 – 09:05 Uhr
1. Springer
Roswitha Rau
08:45 – 13:45 Uhr
2. Springer
Schülerin
09:00 – 10:00 Uhr
Pflege-Bruttozeit (erste Pflegezeit 08:30 Uhr – letzte Pflegezeit 13:45 Uhr)
315 Min.
Pflege-Bindungszeit (Summe Pflegeminuten 295 + 30 + 3000 + 60)
685 Min.
Schnitt-/Nahtbindung
09:20 – 12:45 Uhr
205 Min.
Arzt-Rüstzeit (Arztbruttozeit 255./Schnitt-/Nahtbindung 205 Min.)
205 Min.
Pflege-Rüstzeit (Pflegebruttozeit 315 Min./Schnitt-/Nahtbindung 205 Min.)
110 Min.
Abb. 2 Beispieltableau der erfassungswürdigen Personalbindung zu einer Operation (Busse 2005, S 113 Abb.
17)
Zu diesen beschriebenen Zeiten kommen noch die Zeiten für Zusatztätigkeiten,
die auf keinen Fall unterschätzt werden dürfen. Diese können aber durch ein effi-
Edgar Jäger 1077308
45/94
zientes, zentrales OP-Management (vgl. Busse 2005, 114) in ihrer zeitlichen Ausprägung stark beeinflusst werden.
Zusatztätigkeiten:
•
Medizinisch bedingte Zusatztätigkeiten (Histologieabgabe, Röntgen,
Verbände etc.)
•
Bereitstellungsleistungen (Instrumentenvor- und -aufbereitung, Gerätebereitstellung etc.)
•
Organisationsleistungen (Patientenmanagement, Wartezeiten, Reinigungszeiten, etc.)
•
Dokumentationsleistungen (OP-Buch, OP-Bericht schreiben, Tupfer
rein/raus etc.)
Dies sind die wichtigsten Daten, die für eine zeitliche Auswertung und Steuerung
notwendig sind, um eine OP-Abteilung mit den personellen Ressourcen zu führen
und notfalls die richtigen Maßnahmen zu treffen.
5
OP-Aufbauorganisation
„Die OP-Aufbauorganisation ist die Grundlage eines jeden OP-Managements. Ihre Qualität und Akzeptanz bestimmt die Möglichkeiten, den OP-Tag mit seinen
Abläufen und Anforderungen in geordneten Bahnen steuern und somit bewältigen
zu können“ (Busse 2005, 117.
Um dem gerecht zu werden müssen klare Regeln und Zuständigkeiten geschaffen
werden. Ein wichtiges Instrument dazu ist die Erstellung einer OP-Geschäftsordnung (OP-Statut).
„Unter dem Begriff OP-Aufbauorganisation sind alle Maßnahmen (oder auch Regeln) zu verstehen, die dem OP-Bereich und seinen Mitarbeitern eine Struktur
vorgeben, in dessen Rahmen alles Handeln dann erfolgt“ (Busse 2005, 117).
Die bis heute bekannten Hierarchiestufen, die aus der Tradition gewachsen sind,
sind so nicht mehr zu halten. Neue Strukturen müssen geschaffen werden. Bei-
Edgar Jäger 1077308
46/94
spielhaft werden hier die Rolle des OP-Managers und des OP-Koordinators aufgeführt. Die unverzichtbare OP-Geschäftsordnung wird ebenfalls dargestellt.
5.1
OP-Manager
„Der OP-Manager übernimmt die Programmplanung, die organisatorische Gesamtverantwortung, einschließlich des Schnittstellenmanagements (zunehmend
auch die Personaleinsatzplanung), die Budgetverantwortung im Fokus der Kosten,
Leistung und Erlöse, das Controlling der Leistungen, das Qualitätsmanagement,
die Einhaltung von rechtlichen Vorgaben [Arbeitszeitgesetz (ArZG), Medizinproduktegesetz (MPG), Hygiene etc.], das infrastrukturelle Management, das Konfliktmanagement, die organisatorische Weisungsbefugnis gegenüber aller im OP
tätigen Mitarbeitern (Process owner). Er hat die Informationshoheit und ist direkt
dem Direktorium/Vorstand unterstellt“ (Welk u. Bauer 2006, 143).
Aufgaben des OP-Managers vgl. Welk u. Bauer 2006, 143ff:
1. Abteilung: OP-Einheiten des …
2. Vertretung: OP-Koordinator
3. Nachgeordnete Organisationseinheiten: zentrale und dezentrale OPEinheiten, ambulante OP-Einheiten, OP- und Anästhesiepflegeleitung, …
4. Strategische Aufgaben:
•
Konzeption der strategischen Planung für die Operationseinheiten
in Abstimmung mit dem Vorstand
•
Prozessanalyse
5. Infrastrukturelles Management
•
Schnittstellenmanagement
•
…
•
…
Entwicklung und Implementierung eines OP-Statuts, gemeinsam mit den Fachkliniken
6. Finanzmanagement
7. Qualitäts- und Leistungsmanagement
•
Monitoring der quantitativen und qualitativen Plan- und Leistungsziele
Edgar Jäger 1077308
•
47/94
Entwicklung von Kennzahlen mit Sicherstellung eines Kontrollsystems zur Darstellung der Leistungsentwicklung
•
…
•
…
8. Kapazitätsmanagement
•
OP-Planung kurz-, mittel- und langfristig
•
Notfallintegration
•
Sicherstellung der Material- und Gerätedisposition
•
Engpass- und Ausfallmanagement
•
Vergabe von OP-Kontingenten/Zeitbudgets
•
…
•
Definition, Festlegung und Kontrolle der Einhaltung des ErstSchnitt-Zeitpunkts
•
Abstimmung der geplanten Überziehung der Schnitt-NahtZeiten
•
9.
…
Patientenmanagement
10. Personalmanagement
•
Informationshoheit über personelle Ressourcen, berufsgruppenübergreifend
•
Anwendung von zeitgemäßen Führungsinstrumenten
•
Organisatorische Weisungsbefugnis gegenüber allen im OP tätigen Mitarbeitern
•
Überwachung der Personaleinsatzplanung
11. Kommunikations-, Informations- und Konfliktmanagement
•
Entscheidungsfindung und Umsetzung im Konfliktfall im OP
durch den OP-Manager. …
•
Datenauswertung, Statistik
•
Berichts- und Informationspflicht gegenüber Krankenhausleitung, leitenden Klinikärzten, Mitarbeitern
•
Ansprechpartner im Konfliktfall
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•
Etablierung
48/94
und
regelmäßiger
Durchführung
von
OP-
Besprechungen als Instrument der Regelkommunikation
12. Sonstiges
•
Mitwirkung bei Planungs- und Entwicklungsbesprechungen für
Baumaßnahmen
•
Projektarbeit
•
Teilnahme an Arbeitsgruppen mit OP-relevanten Themen
Diese Aufgaben müssen für jedes Haus spezifisch bestimmt werden, da nicht jede
Einrichtung die gleichen Anforderungen hat. Bei kleineren Klinikenn müssen hier
sicher Abstriche gemacht werden.
Wie die personelle Besetzung erfolgen soll, gibt es hierfür unterschiedliche Meinungen. Prof. Dr. Jens Scholz z.B. bevorzugt die Anästhesisten. Er schreibt im
Geleitwort zu Welk und Bauers OP-Management: „Schon sehr früh haben sich
Anästhesisten um das OP-Management bemüht, da sie immer diejenigen waren,
die ihr Hauptarbeitsgebiet von Anfang bis Ende im OP hatten. … Insoweit sind
Anästhesisten für OP-Managementstrukturen offen und oft auch Motor bei der
Umsetzung“ (Welk u. Bauer 2006, VII).
Busse hat in seiner Stellenbeschreibung als Qualifikationskennzeichen für den
OP-Manager/Koordinator, er unterscheidet nicht, folgendes:
1. „Grundqualifikation:
2. Zusatzqualifikation:
__
Krankenpflegeausbildung (3 Jahre)
__
OP-/AN-Fachweiterbildung
__
FH-Studium (KH-Management)
__
Berufsbegleitend (OP-Manager)
__
Nachweis von Fachseminaren
__
etc.“ (Busse 2005, S 124).
Er geht eindeutig von qualifizierten Pflegekräften aus.
5.2
OP-Koordinator
Schon im Jahre 2002 wurde über die fachliche Qualifikation im OP-Management
diskutiert. Mathias Knorr hat einen Artikel in „Die Schwester der Pfleger“ veröffentlicht, in dem es um das Management im operativen Bereich ging.
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„Es ist sinnvoll, das gesamte Management in die Hände einer Person zu legen. …
Deshalb sind medizinische Kenntnisse notwendig. Zu den fachlichen Kompetenzen kommen betriebswirtschaftliche Qualifikationen hinzu“ (Mathias Knorr, Die
Schwester der Pfleger 2002, 851).
Eine genauere Aufgabenbeschreibung haben Thomas Volk et al. in OP-Management von Ansorg et al. beschrieben. „In der OP-Organisation übt der OPKoordinator eine zentrale Funktion aus. Diese Position kann von einem Facharzt
einer operativen Disziplin, aber auch von einer erfahrenen Pflegekraft ausgeübt
werden“ (Volk et al. in Ansorg et al.2006, 344).
Aufgaben des OP-Koordinators aus Ansorg et al. 2006, 344:
•
Feststellung der OP-Saal-Kapazitäten
•
Feststellung der Bettenkapazität auf den Intensivstationen
•
Feststellung der Personalkapazitäten
•
Zuweisung der jeweiligen Kapazitäten entsprechend dem aktuellen Bedarf
•
Zentrale Kontaktstelle im operativen Bereich
•
Koordination des OP-Programms
•
Langfristige Planung (Kongresse, Tagungen, Urlaub, Hygienemaßnahmen
etc.)
•
Weiterleitung von Informationen an die jeweiligen Ansprechpartner der
OP-SG (OP-Steuerungsgruppe), ggf. Chefärzte der einzelnen Kliniken/Abteilungen/Institute
•
Koordination der für den OP relevanten Dienstpläne
•
Kontrolle der Dokumentation der Arbeitszeiten (OP-spezifischer Arbeitszeitkatalog)
•
Kontrolle der Datenerhebung für statistische Zwecke.
Ähnlich ist die Beschreibung in Welk und Bauer. „In der Regel wird die Stelle des
OP-Koordinators, der die Vertretung des OP-Managers ist, jeweils aus dem ärztlichen und/oder pflegerischen Bereich besetzt. Zu den Aufgaben gehören die Ablaufkoordination des Tagesgeschäfts, Personalplanung, Information an den OPManager bei Änderungen und Notfällen“ (Welk und Bauer 2006, 144).
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5.3
50/94
OP-Statut
Die Autoren benutzen unterschiedliche Bezeichnungen. Busse beschreibt eine
OP-Satzung, Welk und Bauer das OP-Statut und Ansorg et al. benutzen ebenfalls
das OP-Statut. In dieser Arbeit wird der Begriff des OP-Statutes verwendet. Inhaltlich unterscheiden sich die einzelnen Begriffe wenig. Es geht um die Festschreibung der Abläufe und der Zuständigkeiten.
„Das OP-Statut (auch Verfahrenshandbuch, Geschäftsordnung, Betriebsordnung)
ist als verbindliche Handlungsgrundlage für die strukturierte Zusammenarbeit in
einer OP-Abteilung zu verstehen. Grundlage und Umsetzungsvoraussetzung ist
die berufsgruppenübergreifende und interdisziplinäre Erarbeitung von »Spielregeln«“ (Welk u. Bauer 2006, 140).
Alle Autoren weisen darauf hin, dass die aufgestellten Regeln und Vereinbarungen auch eingehalten werden müssen. Im Abschnitt 7.2 Gründe fürs Scheitern
wird hier noch näher darauf eingegangen. Denn ein ausgearbeitetes OP- Statut,
das nur auf dem Papier besteht, bringt keine Ablauf- und Prozessoptimierung,
sondern allenfalls nur Unruhe und Frustration in eine OP-Einheit.
Die Voraussetzungen für die Akzeptanz und Identifikation beschreiben alle Autoren gleich. Deshalb exemplarisch die Grundlagen von Welk und Bauer:
•
„die interdisziplinäre und interprofessionelle Erarbeitung,
•
durch Unterschrift verbindlich akzeptierte deutlich beschriebene Ziele, Definitionen, Abläufe und Verbindlichkeiten,
•
Festlegung für den Umgang mit wiederholten Regelabweichungen und
•
Ergebnistransparenz sowie emotionsfreie Ergebniskommunikation (Darstellung positiver und negativer Abweichungen)“ (Welk u. Bauer 2006,
141).
„! Voraussetzung für die Implementierung eines OP-Statuts sind Gemeinsamkeit, Verbindlichkeit, Machbarkeit und Überprüfbarkeit“ (Welk u. Bauer
2006, 141). Auch in diesem Punkt sind sich alle einig.
Inhalte eines OP-Statuts nach Bernd Sievert in Ansorg et al. 2006, 314ff:
Kompetenzen
Information/Kommunikation
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• Prozesskompetenz
• Strukturen
• Entscheidungskompetenz
• Wege
OP-Planung
Kapazitäten
• Anmeldung
• Mengenzuweisung
• Nachmeldung
• Saalbelegung
• Prioritäten
Prozesszeiten
Notfallmanagement
• Definitionen
• Definitionen
• Zielvorgaben
• Integration
Motivatoren/Sanktionen
Beschwerdewege
• Bonusregelungen
OP-Berichtswesen
• Malusregelungen
Dass dies kein Status Quo für alle Zeit ist, zeigt uns die Abb. 3, der Entwicklungsprozess eines OP-Statuts aus Ansorg et al. 2006,S 318 (Abb. 1)
Feststellung des
Bedarfs für ein
OP-Statut
Verabschiedung eines
Arbeitsgruppenentwurfs
Entscheidung der
Krankenhausleitung/Geschäftsfü
hrung zur OPStatutentwicklung
Inkraftsetzen des
OP-Statuts durch
die Krankenhausleitung/ Geschäftsführung
Erstellung von
Zielvorgaben
und Bereitstellung von Ressourcen
Information
der Mitarbeiter
Arbeitsgruppenbildung
Probephase
Arbeitsgruppenarbeit
Weiterentwicklung
des OPStatuts
Abb. 3 Der Entwicklungsprozess eines OP-Statuts nach Ansorg et al.
Für die Entwicklung eines OP-Statuts sollte eine Projektgruppe oder Arbeitsgruppe gebildet werden. „In der Arbeitsgruppe sollten Angehörige des Funktionspflegedienstes, der operativen Fachgebiete und der Anästhesie vertreten sein. … Die
Mitglieder des Betriebs- bzw. des Personalrates oder der Mitarbeitervertretung
sind obligat zu beteiligen“ (Ansorg et al. 2006, 315).
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5.4
52/94
Personalbedarf im OP
Die Personalbedarfsberechnung ist weiterhin ein unerschöpfliches Thema im
Krankenhausbereich. Insbesondere gilt dies für den OP-Bereich. „Der OP ist mit
der teuerste – weil sehr personalintensive – Bereich im Krankenhaus und verursacht zusätzliche Probleme bereits deshalb, weil unterschiedliche Berufsgruppen
und aufwändige Koordinationen gemeinsame Abläufe erfordern. … Bis zu 35%
der Gesamtkosten einer DRG entfallen durchschnittlich auf das Personal im OPBereich“ (Plücker in Ansorg et al. 2006, 75).
Drei Aspekte bei der Personalbedarfsplanung müssen berücksichtigt werden. Diese sind: Quantitative Personalplanung: Wie viele Mitarbeiter werden benötigt?
Qualitative Personalplanung: Welche Ausbildung und Fähigkeiten müssen die
Mitarbeiter besitzen? Zeitliche Personalplanung: Wann werden neue Mitarbeiter
benötigt (vgl. Welk u. Bauer 2006, 114)?
Die Zeiträume für eine Personalbedarfsplanung sollten auch unterschieden werden. Hier differenzieren die Autoren zwischen einer kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Bedarfsplanung/Strategie (vgl. Busse 2005, 164).
„Die Personalbedarfsrechnung für den OP-Bereich beinhaltet zwangsläufig die
Fragestellungen, welcher Mitarbeiterbedarf sowohl für
• die schneidenden Fächer,
• die Anästhesieärzte,
• die OP-Pflege und
• die Anästhesie-Pflege
benötigt wird, betrifft demnach alle im OP-Bereich arbeitenden Mitarbeiter“
(Busse 2005, 164).
Welche Methode zur Personalbedarfsberechnung herangezogen wird, bleibt den
einzelnen Einrichtungen überlassen. Aber egal, ob die Arbeitsplatzmethode, die
Leistungsmethode (Minuten), die Leistungsmethode (Kostenträger OP-Art) (vgl.
Busse 2005, 165), oder die „Arbeitsplatzbezogene Personalbedarfsermittlung“ für
den OP-Bereich, differenziert nach den einzelnen Berufsgruppen, (vgl. Plücker in
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Ansorg et al. 2006, 77ff) genutzt wird, müssen verlässliche Daten erhoben werden.
Daten die unbedingt benötigt werden:
• Wie viel OP-Säle sollen genutzt werden und wie ist ihre Auslastung?
• Wie viele und welche Operationen werden durchgeführt?
• Verlässliche Angaben zu Schnitt-Naht-Zeiten
• Welche Aufgaben fallen den einzelnen Berufsgruppen zu (direkte Rüstzeit, indirekte Rüstzeit)? (vgl. Busse 2005, 166)
• Personalbindungsfaktor (vgl. Busse 2005, 166).
Dies sind die Grundlagen, die benötigt werden, um eine fundierte Personalbedarfsberechnung für den Normaldienst zu erstellen. Weiterhin kommt dann noch
der Personalbedarf für etwaige Bereitschaftsdienste hinzu, die je nach Einrichtung
unterschiedlich ausfallen.
6
Aufgaben der Geschäftsführung bei der Einführung eines OPManagements
Die Geschäftsführung oder der Klinikvorstand haben eine maßgebliche Verantwortung für ein Gelingen oder Misslingen einer Reorganisation im OP. Sie implementieren per Dienstanweisung letztendlich das OP-Management. Sie statten
die verantwortlichen Mitarbeiter (OP-Manager, OP-Koordinator etc.) mit den im
OP-Statut festgeschriebenen Kompetenzen aus und tragen deren Entscheidungen
mit.
„Das OP-Management benötigt für seine Arbeitsfähigkeit außer einem OP-Statut
auch den unbedingten Rückhalt durch den Klinikvorstand/die Geschäftsführung“
(Welk u. Bauer 2006, 142). Ähnlich äußern sich auch die anderen Autoren.
Wir werden in Abschnitt 7.2, Gründe fürs Scheitern, noch einmal auf die Rolle
der Geschäftsführung zurückkommen. Nur wenn diese hinter den getroffenen Entscheidungen steht und auch gegen anfängliche Widerstände konsequent bleibt, hat
eine Reorganisation im OP-Bereich eine Chance und kann dann wirtschaftlich und
mit hoher Mitarbeiterzufriedenheit betrieben werden.
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7
54/94
Schwierigkeiten bei der Reorganisation im OP
Welche Schwierigkeiten bei der Reorganisation eines OP-Bereiches auftreten
können bzw. welche Gründe für ein Scheitern letztendlich verantwortlich sind,
sollen in diesem Abschnitt anhand eines Beispielkrankenhauses aufgezeigt werden.
Das Krankenhaus ist ein Haus der Grund- und Regelversorgung. Es hat momentan
180 Betten, zwei operative Hauptabteilungen, die Unfallchirurgie mit Orthopädie
und die Visceralchirurgie. Daneben hat es noch folgende Belegabteilungen: HalsNasenohren, Gynäkologie mit Geburtshilfe, Sportmedizin (Schulter), Plastische
Chirurgie (Brust, Fettabsaugung, Kieferchirurgie etc.), Plastische Chirurgie im
HNO-Bereich, Neurochirurgie, Augen und Urologie. Es besitzt momentan 3 Zentral-OP’s, einen OP-Container, ein Augen-OP, ein Sept-OP und einen Transurethralen OP. Diese Anzahl galt und gilt es zu organisieren.
7.1
Ergebnisse aus dem Beispielkrankenhaus
Das Krankenhaus hat im Jahre 2002 zum ersten Mal den Versuch einer Reorganisation und der Einführung eines OP-Managements gestartet. Ein Grund dafür war,
dass die Geschäftsführung damals neue Belegärzte ans Haus holte, um die Erlössituation des Hauses zu verbessern. Die Situation im OP-Bereich drohte zu eskalieren, da es immer größere Diskussionen und Differenzen gab, wer wann wie lange
operieren darf. Die Geschäftsführung hatte den neuen Belegern Saalkontingente
zugesagt, die zum damaligen Zeitpunkt weder personell noch räumlich zu leisten
war. Die hauseigenen Chefärzte fühlten sich benachteiligt. Die Überstundensituation war nicht mehr tragbar.
Eine externe Beratung wurde Anfang 2002 mit der Reorganisation des OPBetriebes beauftragt. Die Beratungsfirma führte Analysen und Gespräche durch.
Bei der Analyse der Zeiten (Wechselzeiten, Schnitt-Naht-Zeiten etc.) gab es große
Schwierigkeiten. Es gab noch keine aussagekräftige EDV-Erfassung, die herangezogen werden konnte. Viele Daten wurden auf Grund der Gespräche erhoben bzw.
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aus dem handschriftlich geführten OP-Buch herausgeholt. Dies erschwerte die
Arbeit. Kennzahlen wie zuvor beschrieben wurden nur unzureichend erhoben.
Nach über 6-monatiger Arbeit mit vielen Sitzungen, an denen aber nicht alle beteiligten Berufsgruppen involviert waren, wurde das Ergebnis präsentiert. In der
Anlage 2 befindet sich das erste OP-Statut 2003 des Hauses. Es trat am 14.03.
2003 in Kraft. Das OP-Management mit EDV-Unterstützung aber erst am
28.07.2003. Zu diesem Zeitpunkt wurde dann die OP-Tafel entfernt und am Wochenende das EDV-Programm installiert. Eine Einweisung in das Programm fand
nicht statt.
Die personelle Besetzung, (siehe Abb. 4), wurde von der Geschäftsführung zusammen mit der Beraterin festgelegt. Gleichzeitig zum OP-Statut wurden auch die
OP-Säle neu verteilt und den Operateuren Kontingente und Zeiten zugewiesen.
Eine abschließende Besprechung mit ihnen fand nicht statt. Beispielhaft für 3 Tage in Anlage3 OP-Saalverteilung 2003.
Der Personalbedarf wurde anhand der zu besetzenden Säle festgelegt siehe Abb.4.
Abb. 4 Personalplanung 2003 Beispielkrankenhaus
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Dieses OP-Statut, das nach den zuvor dargestellten nötigen Inhalten siehe Kap.5.3
durchaus tragbar gewesen wäre, und das implementierte OP-Management sind
nach vier Wochen bereits gescheitert. Die Gründe für den Misserfolg erläutere ich
in Kap. 7.2 näher.
Auf Grund der unstrukturierten und unkoordinierten Abläufe, die seit dem wieder
an der Tagesordnung waren und der Druck seitens des Betriebsrates, (Arbeitszeit,
Einhaltung Arbeitszeitgesetz, TvöD, Umsetzung der Ergebnisse der Projektgruppe
Arbeitszeit, die aus allen Berufsgruppen der am OP-Betrieb beteiligten bestand),
veranlasste die Geschäftsführung abermals eine Beraterfirma mit der Reorganisation des OP und der Implementierung eines OP-Managements zu beauftragen.
Das Angebot eines Mitarbeiters ein Projekt diesbezüglich zu leiten wurde ausgeschlagen.
Zum Ende des Jahres 2005, begann wieder eine externe Beratungsfirma mit ihrem
Auftrag. Konkrete Ergebnisse zeigt Abb. 5. Hier eine Auswertung über die Saalnutzung von Januar 2006. Erschwerend bei der Auswertung war, dass nur wenige
Zeiten dokumentiert sind und diese zum Teil auch noch nicht verwertbar waren,
da falsch eingegeben (Naht war vor Schnitt oder Schnitt war vor Freigabe).
12000min
10000min
8000min
Saal 1
Saal 2
6000min
4000min
2000min
0min
Saal 3
SeotopAUG
HNOOP
-2000min
-4000min
-6000min
UROOP
AMB
SN-ZEIT
NS-Zeit
Genutzt
Nutzbar
BD
effektiv
überzogen/unaus
gelastet
Saal 1
5897min
3678min
9575min
7560min
2148min
2015min
Saal 2
6003min
2973min
8976min
7560min
1564min
1416min
Saal 3
4486min
3047min
7533min
7560min
441min
SeotopAUG
2758min
2202min
4960min
7560min
-27min
-2600min
HNOOP
3328min
2394min
5722min
7560min
125min
-1838min
UROOP
2054,00min
1495,00min
3549min
7560min
15min
-4011min
132min
603min
AMB
603min
603min
Abb. 5 Auswertung der Saalbelegung Beispielkrankenhaus (eigene Auswertung )
gesamt BD
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Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, dass Saal 1 und 2 die Tageszeiten überproportional überziehen so dass elektives Tagesprogramm in den Bereitschaftsdiensten
abgearbeitet wird. Bei den pflegerischen Mitarbeitern, die in der Bereitschaftsstufe B eingruppiert waren, konnte somit die Mitarbeiterzufriedenheit nicht erhöht
werden.
.
Tab. 4 Schnitt-Nahtzeiten, Naht-Schnittzeiten rote Felder gleichzeitige OPs in einem S. lt. EDV
Tabelle 4 soll noch einmal die schwierige Auswertung darstellen. Die rot markierten Felder sind dokumentierte Operationen zur gleichen Zeit im gleichen Saal.
Daher haben wir die zum Teil hohen Auslastungen in Saal 1 und niedrigeren in
Saal 3. Die dahin verschobenen Operationen konnten nicht EDV-technisch in den
jeweiligen Saal umverteilt werden. Das 2003 implementierte OP-Programm war
insuffizient.
Diese Beratungsfirma hat ihre Informationsgespräche überwiegend mit den Chefärzten und der Geschäftsführung geführt. Das von ihr entwickelte OP-Statut, Anlage 4, das sehr gut ist, wurde nach Intervention der Pflege dann zusammen erarbeitet und besprochen. Vom Inhalt her ist dieses Statut besser und auch ausführlicher als das von 2003. Es entspricht den Anforderungen wie in Kap. 5.3 darge-
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stellt. Dieses OP-Statut trat am 07.11.2006 per Dienstanweisung der Geschäftsführung in Kraft.
Die personelle Besetzung des OP-Koordinators, kein OP-Manager, und seines
OP-Komitees wurde wieder von der Geschäftsführung per Anweisung bestimmt,
siehe Anlage 4,S 3. Das OP-Komitee ist der Geschäftsführung in Sachen OPManagement direkt unterstellt. Ansonsten gilt das dienstliche Unterstellungsverhältnis.
Anzumerken ist, dass dieses OP-Statut, obwohl per Dienstanweisung implementiert, nicht angewendet wird. Die Gründe dafür im nächsten Kapitel. Auch ist
schon wieder in der Diskussion, dass erneut ein Neues erarbeitet werden soll, da
ein neuer Träger das Haus zum 01.04.2007 übernimmt.
7.2
Gründe für das Scheitern der Reorganisation
Die Gründe für das Scheitern der Reorganisation im OP und der Einführung des
OP-Managements, in diesem Beispielkrankenhaus, sind in beiden Fällen fast identisch. Es wurden jedes Mal nach der Implementierung des OP-Statuts die gleichen
Fehler begangen.
Beide Beraterunternehmen haben am Anfang ihrer Tätigkeit denselben Fehler
gemacht, obwohl die jeweiligen Mitarbeiter ursprünglich aus dem Krankenhaus
(der Pflege) kamen. Sie haben die Gespräche nicht mit allen Berufsgruppen geführt. Die größte Berufsgruppe (Pflege) wurde von beiden Unternehmen vernachlässigt, was in der Evaluation ihrer Ergebnisse dann deutlich wurde. Die Ergebnisse wurden dann in der Regel korrigiert, was sehr viel Zeit in Anspruch nahm
und unnötige Ressourcen verbrauchte.
Folgende Punkte sind gravierender für das Scheitern gewesen:
In beiden Fällen wurde das OP-Statut in Kraft gesetzt ohne die inhaltlichen Komponenten annähernd zu realisieren. Die eingesetzten Mitglieder des OP-Komitees
wurden erst von der Geschäftsführung benannt und nach der Veröffentlichung des
OP-Statuts eingesetzt.
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2003 standen diese Personen nur auf dem Papier. Ihre Aufgaben, wie z.B. die Besprechungen an jedem Mittwoch eines Monats oder auch die wöchentliche Besprechung in der Erprobungsphase mit Begleitung der Beratung, fanden nie statt.
Die OP-Programmbesprechung, täglich zwischen 14.00 Uhr u. 15.00 Uhr, gab es
nicht. Die Operateure hatten „keine Zeit“.
Die festgeschriebene OP-Planung, kurzfristig, mittelfristig und langfristig wurde
nicht durchgeführt. Ein Grund dafür war, dass zum einen die nötige EDV nicht
verfügbar war und zum anderen sich die Operateure weigerten, eine konkrete Planung abzugeben. Es wurde weiter am OP-Tag nachgemeldet, ob Kapazität vorhanden war oder nicht. Oft mit der Indikation »Notfall«, die nicht hinterfragt werden durfte. Unterstützung gab es hier seitens der Geschäftsführung, die der Meinung war, dass alles operiert werden müsse (auch im Bereitschaftsdienst Regelprogramm, was wirtschaftlich nicht tragbar ist da zu teuer) für den OPKoordinator nicht.
Der eingesetzte OP-Koordinator, Chefarzt der Allgemeinchirurgie, forderte immer
wieder seine Kompetenzen bei der Geschäftsführung erfolglos ein.
Jeder der Operateure war bei der Geschäftsführung vorstellig und beschwerte sich,
er könnte mehr operieren aber er dürfte ja nicht. Sie möchten alle vormittags operieren weil…. Die OP-Saalverteilung wurde ignoriert.
Die vereinbarten Arbeitszeiten wurden regelmäßig überschritten. Belegschaft und
Betriebsrat wurden ignoriert. Die Pflege war auch die einzige Berufsgruppe die
ihre Arbeitszeiten an die neuen OP-Zeiten angepasst hatte. Die Chirurgen forderten z.B. mittwochs OP-Kapazität, hatten aber nachmittags alle frei. Dies wird heute noch so praktiziert. Das notwendige Personal, wie dargestellt, wurde seitens der
Geschäftsführung, mit der Begründung es sei kein Geld dafür da, abgelehnt.
Die für eine Evaluation nötigen Kennzahlen wurden nicht definiert, so dass auch
keine aussagekräftige Auswertung möglich war.
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Dieses OP-Statut hatte nie eine Chance, da es zum einen nicht gelebt wurde, aber
oft auch nicht gelebt werden konnte, auf Grund fehlender Voraussetzungen. Die
Geschäftsführung sorgte letztendlich nicht dafür, dass das OP-Komitee und der
OP-Koordinator die nötigen und festgeschriebenen Kompetenzen erhielten. Ebenso gab es keine Sanktionsmöglichkeiten. Nach nur sechs Wochen wurde dieses
OP-Statut seitens der Geschäftsführung wieder ausgesetzt, anstelle dieses zu überarbeiten oder zu hinterfragen. Warum funktioniert es nicht?
Der von Welk und Bauer, aber auch den anderen Autoren, geforderte Rückhalt
seitens der Geschäftsführung gegenüber dem OP-Management fehlte hier komplett. Zusammen mit der unprofessinellen Vorbereitung der Implementierung, siehe oben, war das Scheitern letztendlich vorprogrammiert.
Am 07.11. 2006 wurde wieder ein OP-Statut mittels Dienstanweisung herausgegeben. Die Entstehung war ähnlich wie 2003. Dieses OP-Statut war, wie Anlage 3
zeigt, ausführlicher und inhaltlich noch besser.
Anzumerken ist an dieser Stelle, dass 2005 ein OP-Container als vierter ZentralOP gekauft wurde. Inventar und Personal stellte die Klinikleitung dafür aber nicht
bereit (Fehlinvestition). In die Planung des neuen OP-Statutes und die Saalverteilung wurde er aber einberechnet.
Warum scheiterte auch dieser zweite Versuch, oder warum wird es nicht umgesetzt? Die oben angesprochenen Fehler wurden praktisch wiederholt. Dazu kam
dieses mal, dass eine EDV-gestützte OP-Ablaufsteuerung (OPAS) eingeführt
wurde.
Wiederum wurde es aber versäumt mit den Anwendern diese zu besprechen. Der
Chefarzt der Anästhesie, sein Oberarzt (OP-Koordinator), die beauftragte Beratungsfirma und die EDV-Abteilung, legten die zu dokumentierenden Zeiten und
Abläufe fest. Im OP-Statut sind, siehe Anlage 4, S 11ff, die Zeiten sehr gut definiert. Aber es wurden nicht diese Zeiten in die OPAS implementiert, sondern einige weggelassen oder andere zusammengefasst.
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Beispiel: Anästhesie-Präsenz-Beginn — Zeitpunkt der Übernahme des Patienten
In den Verantwortungsbereich der Anästhesie (AN-FD oder AN-ÄD) zu Operationen, diagnostischen Maßnahmen ...
Im OPAS: Anästhesie-Vorbereitungszeit beinhaltet Anästhesie-Präsenzbeginn bis zu Anästhesie-Beginn wird aber im OP-Plan nicht
mit der richtigen Zeit hinterlegt. Im OP-Plan 15min (reine
Tätigkeit zusammen mit Arzt (PDK, Spinalanästhesie etc.)
Nicht berücksichtigt ist die Übernahme des Patienten.
Die Folge ist, dass bei einer Auswertung die Vorbereitungszeit immer überzogen
wird. Das gleiche gilt für die präoperative Maßnahme Beginn und postoperative
Maßnahme Ende.
Diese Beispiele zeigen, dass bei der EDV-Einführung genau darauf geachtet werden muss: Was steht im OP-Statut und was wird für eine valide Auswertung benötigt. Sonst kann keine aussagekräftige Auswertung gemacht werden.
Eine EDV-Schulung seitens des ärztlichen Bereichs wurde nicht durchgeführt,
was zu enormen Problemen der Akzeptanz und der Durchführung zur Folge hatte.
Die Implementierung des OP-Statuts und des OP-Managements wurde von der
gesamten Krankenhausführung unterzeichnet. Der ärztliche Direktor, der Chefarzt
der Unfallchirurgie, ist aber derjenige, der die Umsetzung des OP-Statutes behinderte und ohne Konsequenzen seitens der Geschäftsführung blieb. Die zugestandenen Kompetenzen wurden dem OP-Komitee per Dienstanweisung wieder entzogen mit der Begründung, dass aus der wirtschaftlichen Situation des Hauses
heraus keine Operationen abgesetzt oder verschoben werden dürften.
Auch hier hat wiederum die Geschäftsführung maßgeblichen Anteil am Scheitern
der Reorganisation. Die Beratungsfirma 2005 hat sie eindringlichst darauf aufmerksam gemacht. Das Ergebnis der zweiten Firma war sehr gut, nur haben sie es
versäumt die Implementierung zu begleiten und zu kontrollieren ob ihre Vorgaben
eingehalten werden.
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8
Auswertung und Beurteilung der Befragungen der Einrichtungen
8.1
Der aktuelle Stand in den Häusern
Für diese Arbeit wurden zehn Krankenhäuser unterschiedlicher Versorgungsstufen angeschrieben. Sie sollten über ihren aktuellen Stand bezüglich der Reorganisation oder der Einführung eines OP-Managements berichten. Der Fragebogen ist
in der Anlage 5 beigefügt. Abb. 6 zeigt die Struktur der teilnehmenden Häuser.
Versorgungsstufe
Anzahl
Uni-Klinik
Haus < 200 Betten
Haus > 200 Betten
2
2
6
Geantwortet
ja
nein
1
1
2
5
1
Abb. 6 Struktur der teilnehmenden Häuser, 2006
Von den zehn angeschriebenen Häusern haben zwei, auch nach mehrmaliger
Nachfrage, gar nicht geantwortet. Drei haben wissen lassen, dass sie an der Befragung momentan nicht teilnehmen wollen, da sie keine Aussagen machen können.
Abb.7 zeigt die Antworten der einzelnen Häuser.
Krankenhaus
Antwort
Haben Sie schon ein
OP- Management
eingeführt?
Seit wann haben Sie
es?
Warum haben Sie es
eingeführt
Haben Sie es mit
fremder
Hilfe geschafft?
Haben Sie ein OPStatut?
Uni-Klinik
Ja
nein
1
< 200 betten
Ja
nein
1
1
> 200 betten
Ja
nein
2
3
Seit 2004
2005
2005
Ablaufoptimierung,
Wirtschaftlichkeit
1
Ablaufoptimierung,
Wirtschaftlichkeit
1
Ablaufoptimierung,
Wirtschaftlichkeit
2
1
1
1
Haben Sie einen OPManager/in?
1
Haben Sie einen OPKoordinator?
Sind diese ausgestattet mit Kompetenzen?
1
1
1
1
2
1
2
1
werden nicht umgesetzt!
2
werden nicht umgesetzt!
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Wenn ja was für welche?
Haben Sie eine EDVgestützte Ablaufplanung
Wird es konsequent
umgesetzt?
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Letztendlich Entscheidung über Belegung!
1
Entscheidung
durch die Geschäftsführung!
In Arbeit
OP-Statut nein!
Entscheidung
durch die Geschäftsführung!
1x ja
1x in Arbeit
1
2
Wie ist Ihr Management organisiert, personell?
Sie haben noch keines
2 Geschäftsführer,
Controller,
Systemadministrator
1
OP-Koordinator
OP-Komitee
1x OP-Koordinator
1x OP-Komitee
1
1
Wie läuft die bisherige OP-Planung bei
Ihnen?
Gibt es bei der täglichen Planung Probleme?
Werden bei Ihnen
auch OPs abgesetzt
oder
wird
alles
durchgezogen?
Per EDV
Zum Teil EDV
1 Überplanung ist
an der Tagesordnung
Selten Absetzung
alles soll gemacht
werden, nicht OPKoordinator setzt
ab sondern Chirurg!
Nicht immer
1 Überplanung ist
an der Tagesordnung
So gut wie nie, alles soll gemacht
werden
1x EDV
1x OP-Tafel täglich
Überplanung ist an
der Tagesordnung
Werden Arbeitsgesetze eingehalten?
Möchten Sie eine
Reorganisation
im
OP?
Benötigen Sie dabei
Hilfe durch Beratung
Fast nie
So gut wie nie, alles soll gemacht
werden
1x selten
1x fast nie
Eher Reorganisation des Vorstandes
2
0
5
Wenn Geld
dann ja
2
0
1x klares nein
4x ja
da
1
0
Abb. 7 Antworten der einzelnen Häuser (Stand 2006)
Von den zehn Häusern haben bisher nur vier ein OP-Management mit der Implementierung eines OP-Statuts und der dazugehörigen personellen Besetzung. Die
Umsetzung lässt in allen Häusern noch Potential offen. Zufrieden ist nicht ein einziges der befragten Häuser. Selbst die Uni-Klinik, die noch die fortgeschrittenste
Organisation aufweist, hat Probleme seitens der Unterstützung durch den Vorstand/Geschäftsführung.
Alle Einrichtungen haben Probleme mit der Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes.
Das OP-Statut wird in keiner Einrichtung konsequent angewendet. Auch was die
Kompetenzen der OP-Koordinatoren anbelangt haben die Häuser Probleme bei
der Durchsetzung. Die Geschäftsführungen stehen nicht hinter dem OP-
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Management bzw. den OP-Koordinatoren (Anmerkung eines OP-Koordinators:
Papier ist geduldig).
Wie repräsentativ diese Umfrage für das ganze Bundesgebiet ist, kann abschließend nicht beantwortet werden. Werden jedoch die Ergebnisse des Krankenhaus
Barometers der DKI zum Vergleich genommen, so spiegelt sich das Ergebnis
wieder. Für den süddeutschen Raum Baden-Württembergs ist sie es.
8.2
Momentane OP-Organisation
Festgehalten werden kann, dass es wohl kein Krankenhaus mehr gibt, das sich
noch keine Gedanken über die Reorganisation in ihrem OP gemacht hat. Momentan ist es aber so, dass die Einrichtungen auf sehr unterschiedlichem Stand sind.
Der größte Teil von ihnen steht aber noch am Anfang, und sie verwenden immer
noch die herkömmliche OP-Tafel als Planungsinstrument. Von einer ordentlichen
Planung kann hier noch keine Rede sein. Eine Einrichtung hat in einem persönlichen Gespräch gesagt, sie seien mit der OP-Tafel noch sehr zufrieden, und sie hätten es nicht nötig zu reorganisieren.
Von den befragten Häusern sind die Uni-Klinik und ein Haus mit mehr als 200
Betten am weitesten in der Entwicklung. Die größten Probleme sehen die kleineren Einrichtungen, da hier laut deren Aussagen, das Geld fehle für externe Beratungen und für die personelle Besetzung des OP-Managements. Demzufolge kann
von strukturierter OP-Organisation in den wenigsten Fällen ausgegangen werden.
9
Aufgabe der Pflege bei der Reorganisation
Was für Aufgaben kann die Pflege als Berufsgruppe bei der Reorganisation im OP
bzw. der Einführung des OP-Managements übernehmen? Um diese Frage zu beantworten soll nochmals die Stellenbeschreibung, Qualifikationskennzeichen, von
Thomas Busse herangezogen werden.
Qualifikationskennzeichen nach Busse 2005, S 124:
•
Grundqualifikation:
o Krankenpflegeausbildung (3 Jahre)
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o OP-/AN-Fachweiterbildung
•
Zusatzqualifikation:
o FH-Studium (KH-Management)
o Berufsbegleitend (OP-Manager)
o Nachweis von Fach-Seminaren (z.B.):
•
Krankenhaus-EDV
Krankenhaus-BWL
Mitarbeiterführung
Gesprächsführung
Berufserfahrung:
o 5 Jahre OP-/AN-Fachleitung
o 2 Jahre OP-Fachleitung in vgl. KH
o Selbständige Durchführung von:
Weiterbildungsmaßnahmen
Vorträgen / Seminaren
Die Frage, ob die Pflege die Stelle eines OP-Koordinators oder OP-Managers besetzen kann, muss eindeutig mit ja beantwortet werden. Die Voraussetzungen die
Busse beschreibt werden inzwischen durch das Pflegemanagementstudium mehr
als erfüllt. Im Studium ist alles enthalten, sowohl die betriebswirtschaftliche Seite,
als auch die des Managements. Warum soll das OP-Management, wie es ein Haus
praktiziert, komplett in die Hände eines Betriebswirtschaftlers/erin gegeben werden, der/die keine medizinischen Grundkenntnisse aufweist und keine Erfahrung
im OP-Ablauf oder auch das nötige Fachwissen bezüglich der technischen Ausstattung aufweist?
Die Pflege ist in der Lage das OP-Management hinsichtlich der geforderten Effektivität und Effizienz auszufüllen. Gerade Pflegekräfte, mit einer Zusatzausbildung
bzw. einem Studium, können fachliche Fragen, wie etwa die Patientensicherheit
einerseits und ökonomische Fragen andererseits, in den richtigen Zusammenhang
mit Ablauforganisation und Ressourcenverteilung bringen. Sie stellt sich auch
neutraler gegenüber den operativen Chefärzten und Belegabteilungen dar.
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Die Favorisierung, für diese Stelle einen Anästhesisten abzustellen, ist nicht belegbar. Viele Häuser begründen dies mit der Beurteilung der Notfallindikation, die
medizinisch gestellt werden müsse. Bei näherem Nachfragen haben aber alle Einrichtungen dieselbe Antwort darauf gegeben wer die Indikation stelle. Die Notfallindikation wird in allen Häusern vom jeweiligen Operateur gestellt und nicht
vom Anästhesisten. Deshalb gibt es hierfür keinen Grund die Pflege außen vor zu
lassen.
Die Beratungstätigkeit im Bereich des OP-Managements ist ein weiteres Betätigungsfeld für Pflegemanager/wirte. Viele der Beratungsfirmen, die an ein Haus
geholt werden, stammen aus der Wirtschaft. Sie haben zum größten Teil keine
Krankenhaus- bzw. OP-Erfahrung. Sie versuchen die Erfahrungen aus der Wirtschaft eins zu eins zu übertragen, was aber nicht möglich ist.
Hier hat die Pflege als Berufsgruppe die Chance sich weiter zu etablieren und ihre
Professionalität zu untermauern.
10
Zusammenfassung und Ausblick
In den Krankenhäusern, die befragt wurden, ist der Tenor zur Reorganisation ihrer
OPs eindeutig. Alle sehen die Notwendigkeit, nur die Umsetzung scheint schwierig zu sein. Kein Haus, das die Reorganisation angegangen ist, war damit zufrieden. Besonders schwierig ist es wohl für kleinere Häuser, die zusätzlich von Belegärzten leben. Den Belegärzten fehlt die Einsicht, sich an ein OP-Management
und eine OP-Geschäftsordnung, binden zu müssen.
Sie setzen zum Teil die Geschäftsführung mit der Drohung woanders zu operieren
unter Druck. Aber auch die Operateure des Hauses müssen sich daran gewöhnen,
dass sie nicht die Alleinherrscher im Hause sind. Auch sie müssen sich betriebswirtschaftlicher verhalten. Da kann ihnen, wenn sie es wollen, ein Pflegemanager/wirt gute Hilfestellungen geben.
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Das Scheitern vieler Versuche, was auch die Umfrage ergab und nicht nur das
Beispielkrankenhaus betrifft, hängt oft mit der mangelnden Umsetzung der erarbeiteten Ergebnisse zusammen und der fehlenden Unterstützung seitens der Geschäftsführung. Die Geschäftsführung muss hinter den von ihr eingesetzten Personen stehen. Sie ist verpflichtet ihre Dienstanweisungen durch zu setzen und zu
überprüfen. Ansonsten wird sie unglaubwürdig.
Die Frage, ob die Reorganisation hausintern oder mit externer Beratung geschafft
werden kann, ist schwer zu beantworten. Der Tenor geht in Richtung externe Beratung. Hier sollte darauf geachtet werden, dass Berater herangezogen werden, die
Krankenhauserfahrung haben oder die aus der OP-/AN-Pflege kommen und die
nötige Ausbildung besitzen.
Für die Pflege, als Berufsgruppe, tut sich hier ein weites Betätigungsfeld auf. Die
Stellen für OP-Manager bzw. OP-Koordinator sind ein Bereich in dem sich die
Pflege profilieren kann. Sie hat das nötige Know-how um diesen Bereich abzudecken.
Im Bereich der Reorganisation bleibt in Zukunft noch viel zu tun. Die Krankenhäuser müssen sich schleunigst daran machen, wenn sie ihre Wirtschaftlichkeit
und somit ihr Überleben sichern wollen. Den Krankenhausleitungen muss bewusst
werden, dass es keinen Sinn macht, viel Geld für die Erarbeitung einer Reorganisation auszugeben, um es hinterher in einer Schublade verschwinden zu lassen.
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KTQ®: KTQ-Katalog Version 5.0
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öffentlichen Dienst TvöD
Welk I./Bauer M. (2006): OP-Management, praktisch und effizient, Springer Verlag Heidelberg
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Anhang:
Anlage 1 Notfallkategorien Ansorg et al.
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Anlage 2 OP-Statut 2003 Beispielkrankenhaus
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Anlage 3 OP-Saalverteilung 2003
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Anlage 4 OP-Statut 2006
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Anlage 5 Fragebogen an die Häuser
Fragebogen bezüglich der Einführung eines OP-Managements
1. Haben Sie schon ein OP-Management eingeführt?
2. Seit wann haben Sie es?
3. Warum haben Sie es eingeführt?
4. Haben Sie es mit fremder Hilfe geschafft?
5. Haben Sie ein OP-Statut?
6. Haben Sie einen OP-Manager/in?
7. Haben Sie einen OP-Koordinator/in?
8. Sind diese ausgestattet mit Kompetenzen?
9. Wenn ja was für welche?
10. Haben Sie eine EDV-gestützte OP-Ablaufplanung?
11. Wird es konsequent umgesetzt?
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12. Wie ist Ihr Management organisiert, personell?
13. Sie haben noch keines?
14. Wie läuft die bisherige OP-Planung bei Ihnen?
15. Gibt es bei der täglichen Planung Probleme?
16. Werden bei Ihnen OPs auch abgesetzt oder wird alles durchgezogen?
17. Werden Arbeitsgesetze eingehalten?
18. Möchten Sie eine Reorganisation in Ihrem OP?
19. Benötigen Sie dabei Hilfe durch Beratung?
Platz für Beschreibung wie bei Ihnen im OP organisiert wird oder für eigene Bemerkungen:

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