mindestlohn und Grund- warenkorb in honduras und el salvador

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mindestlohn und Grund- warenkorb in honduras und el salvador
mindestlohn und Grundwarenkorb in honduras
und el salvador
Die Preise einiger grundnahrungsmittel in ausgewählten ländern mittelamerikas gestalten sich folgendermaßen (Preise in us-Dollar):4
lebensmittel
Dass in den mittelamerikanischen staaten honduras und el salvador für arbeiterinnen in
der Bekleidungsindustrie staatlich festgelegte mindestlöhne gelten, nützt den näherinnen
wenig: Die mindestlöhne decken die Grundbedürfnisse nicht ab. Die Betroffenen sind deshalb gezwungen, am lebensnotwendigen zu sparen.
Das Beispiel el salvador
Die folgende Tabelle3 zeigt die entwicklung des mindestlohns der maquila-ArbeiterInnen eines Jahrzehnts
in relation zu den Kosten für den grundwarenkorb für
lebensmittel bzw. den erweiterten Warenkorb auf:
staatlicher mindestlohn
Im mai 2011 wurde der staatlich festgelegte monatliche mindestlohn der ArbeiterInnen in den für den
Weltmarkt produzierenden Textilfabriken (maquilas)
in el salvador erhöht. sie erhalten nun 187 us-Dollar
statt zuvor 173,78 us-Dollar im monat.1 Demnach
verdienen die ArbeiterInnen in den maquilas 43,55
us-Dollar pro 44-stunden-Woche, 6,26 us-Dollar
pro Acht-stunden-Arbeitstag und 0,78 us-Dollar pro
stunde. eine Überstunde wird mit den gesetzlich vorgeschriebenen 1,56 us-Dollar bezahlt. In den maquilas mittelamerikas ist es übliche Praxis, den ArbeiterInnen nicht mehr als den gesetzlichen mindestlohn zu
zahlen.
Grundwarenkorb
Abhängig vom Wohnort (ländlich oder städtisch) unterscheidet sich auch der staatlich kalkulierte grundbedarf an nahrung, der auf der grundlage der täglich
notwendigen Zufuhr von Proteinen und Kalorien
einer statistischen vierköpigen Durchschnittsfamilie
berechnet wird. laut der Dirección general de estadísticas y Censos (DIgesTYC), der generaldirektion für
statistik und Volkszählung des Wirtschaftsministeriums in el salvador, besteht der wenig umfangreiche
grundwarenkorb in städtischen gebieten (canasta
básica alimentaria urbana)2 aus elf Artikeln: Weißbrot,
mais-Tortillas, reis, Fleisch, speisefetten, eiern, milchprodukten, Früchten, Bohnen, gemüse und Zucker.
Der grundwarenkorb in ländlichen gebieten (canasta
básica alimentaria rural) setzt sich derweil aus neun
lebensmitteln zusammen. Im Vergleich zum städtischen Warenkorb fehlen Weißbrot und gemüse. eine
fragwürdige Zweiteilung, denn das Konsumverhalten ist in den unterschiedlichen Zonen sehr ähnlich.
Zudem sollten auch die menschen auf dem land das
recht auf eine gesunde ernährung haben, was sicherlich gemüse einschließt.
8
Kapitel 1 Probleme
Jahr
mindestlohn
maquila
Kosten Grundwarenkorb
lebensmittel*
Kosten erweiterter Warenkorb**
(US-Dollar)
(US-Dollar)
(US-Dollar)
2000
144,00
126,88
551,37
2001
144,00
127,97
570,09
2002
144,00
128,95
580,73
2003
151,20
126,46
593,04
2004
151,20
129,57
619,44
2005
151,20
137,27
648,50
2006
157,25
137,96
674,58
2007
162,00
161,10
706,80
2008
167,10
178,77
749,26
2009
173,78
164,13
762,78
173,78
168,29
keine
Angaben
187,00
188,50
(mai 2011)
(August 2011)
keine
Angaben
2010
(Januar 2010)
2011
el
salvador
honduras
mais
(1 kg)
0,39
0,31
0,36
0,30
0,81
reis
(1 kg)
0,85
0,80
0,78
0,77
1,44
Zucker
(1 kg)
0,85
0,77
0,72
0,62
1,15
milch
(1 liter)
1,14
0,87
1,21
0,72
0,98
Bohnen
(1 kg)
1,20
0,85
1,53
0,95
2,11
eier (12
stück)
2,16
2,19
1,85
2,28
3,30
Guate- nicaramala
gua
Costa
rica
(stand: november 2011)
Im Jahr 2008 stiegen die Kosten für den grundwarenkorb in el salvador enorm an: um 17 us-Dollar pro
monat innerhalb von nur einem Jahr. somit lagen die
Kosten der allernötigsten lebensmittel für eine vierköpige Familie um zirka acht us-Dollar höher als der
mindestlohn der maquila-ArbeiterInnen. 2009 sanken
die Kosten des grundwarenkorbes leicht, stiegen aber
im laufe des Jahres 2010 wieder deutlich an: Die Kosten für Trinkwasser und lebensmittel waren noch nie
so hoch wie im August 2011. 5
nicht einmal der grundbedarf an lebensmitteln kann
ausreichend durch den mindestlohn der maquilaArbeiterInnen abgedeckt werden, ganz zu schweigen
von anderen elementaren Bedürfnissen wie beispielsweise gesundheitsversorgung, Bildung, unterkunft
und Kleidung, die im erweiterten Warenkorb (canasta
de mercado) enthalten sind (Kosten des erweiterten
Warenkorbes siehe Tabelle zur entwicklung des mindestlohns der maquila-ArbeiterInnen).
1 mTPs, ministerium für Arbeit und soziales, el salvador
2 Dirección general de estadística y Censos (DIgesTYC):
http://www.digestyc.gob.sv/
3 Centro para la Defensa del Consumidor: http://www.cdc.org.sv und DIgesTYC
- Índice de Precios al Consumidor: http://www.digestyc.gob.sv/
4 secretariat of economic Integration of Central America (sIeCA), unidad de
estadísticas económicas: http://www.sieca.int/
5 DIgesTYC: http://www.digestyc.gob.sv/
* Berechnung der monatlichen lebensmittelkosten für eine
statistische Durchschnittsfamilie von 3,94 Personen im
städtischen gebiet. Die lebensmittelpreise unterliegen starken schwankungen innerhalb oft kurzer Zeitspannen.
** Berechnung der monatlichen lebenshaltungskosten für
eine Durchschnittsfamilie von 3,94 Personen einschließlich
Kosten für unterkunft, Kleidung, gesundheit, Bildung usw.
(stand: märz 2010)
Bekommen arbeiterinnen nur hungerlöhne gezahlt, sind auch ihre Kinder hiervon betroffen.
ChristliChe initiative romero > Im VIsIer: HungerlöHne
ChristliChe initiative romero > Im VIsIer: HungerlöHne
Kapitel 1 Probleme
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mindestlohn
liegt der allgemeine mindestlohn in Honduras 2011
in den städtischen gebieten bei 335,50 us-Dollar, so
sieht es für die ArbeiterInnen in der maquilaindustrie
ungleich schlechter aus. Hier gibt es seit 2007 sogar
eine Differenzierung je nach region, in der die Fertigungsbetriebe angesiedelt sind. Der staatlich festgelegte mindestlohn für Angestellte einer maquila liegt
bei nur 227 us-Dollar. Beindet sich der Arbeitsplatz
dann noch in einer der fünf regionen der niedriglohnstufe (Choluteca, el Paraíso, Olancho, santa Bárbara
und Valle), werden nur 170 us-Dollar gezahlt, also 57
us-Dollar weniger für die gleiche Arbeit.
ein großteil der regionen der niedriglohnstufe liegt
in ländlichen gebieten. Hier beindet sich eine hohe
Zahl an Freien Produktionszonen, die der staat als
inanziellen Anreiz für multinationale Konzerne ausgeschrieben hat. Der dort gezahlte lohn spiegelt aber bei
weitem nicht die tatsächlichen inanziellen Bedürfnisse
der maquila-ArbeiterInnen und ihrer Familien wider.
nach honduranischem gesetz6 bedeutet mindestlohn,
dass „jeder Arbeiter das recht auf einen lohn hat,
der die normalen grundbedürfnisse für sich und seine
Familie deckt, und zwar materieller, moralischer und
kultureller Art”. Allerdings klaffen realität und gesetzgebung weit auseinander.
Grundwarenkorb
In Honduras enthält der staatlich deinierte grundwarenkorb für eine durchschnittliche fünfköpige Familie
30 lebensmittel und gehört damit zu den vergleichsweise teuersten in mittelamerika.
Die folgenden lebensmittel sind im honduranischen
grundwarenkorb enthalten:
• Bananen
• eier
• Fisch
• Frischmilch
• Fruchtsaft
• H-milch
• Hühnerleisch
• Kaffee
• Kartoffeln
• Käse
• Kochbananen
• Kohl
• mais-Tortillas
• maniok
• milchpulver
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Kapitel 1 Probleme
• öl
• Orangen
• planzliches Bratfett
• reis (B-Qualität)
• rinderrippe
• rindleisch-Tajo
• rote Bohnen
• sahne
• schweinerippe
• Tomaten
• Tomatensauce
• Weißbrot
• Zucker
• Zwiebeln
Das taiwanesische Unternehmen Chi Fung in El Salvador ist Zulieferer des Sportbekleidungsgiganten Adidas/Reebok. Darüber hinaus fertigt es Bekleidung für die National Football
League (NFL) in den USA.
2006 bis 2010: erschreckende arbeitsbedingungen* für die näherinnen der nFl-trikots
28 arbeiterinnen in
einer Produktionslinie
maquila in mittelamerika
2011 kosteten die 30 lebensmittel des grundwarenkorbes 348 us-Dollar.8 Der mindestlohn der maquilaArbeiterinnen lag bei 227 us-Dollar in städtischen
Zonen und bei 170 us-Dollar in ländlichen gegenden.
Das bedeutet, dass in städtischen gebieten für den erwerb der allernötigsten nahrungsmittel ein Deizit von
121 us-Dollar herrschte. Auf dem land fehlten sogar
ganze 178 us-Dollar. schätzungen gehen davon aus,
dass man in Honduras etwa 777 us-Dollar für eine
fünfköpige Familie benötigt, um grundbedürfnisse,
die über die reine ernährung hinausgehen (miete, Wasser, strom, gesundheit, Bildung etc.), zu decken – also
mehr als das Vierfache des derzeitigen mindestlohns
der FabrikarbeiterInnen.
Zusammenfassung
Diese Zahlen aus el salvador und Honduras machen
deutlich, dass der lohn der ArbeiterInnen in der Bekleidungsindustrie in beiden ländern nicht annähernd
ausreicht, um die staatlich deinierten grundbedürfnisse zu befriedigen. um notwendige Anschaffungen zu
tätigen, die über die reine nahrungsaufnahme hinausgehen, sparen die ArbeiterInnen gezwungenermaßen
an den mahlzeiten. Der nettolohn liegt häuig sogar
noch unter dem staatlichen mindestlohn. Aufgrund
der geringen löhne in den Textilfabriken erklären sich
die ArbeiterInnen „freiwillig“ bereit, Überstunden zu
leisten, um ihr einkommen zu erhöhen. somit zwingt
der gegenwärtige mindestlohn die ArbeiterInnen, sich
ausbeuterischen Arbeitsbedingungen zu unterwerfen.
6 Artikel 381 der honduranischen Arbeitsgesetzgebung
7 Welternährungsprogramm der Vereinten nationen: http://es.wfp.org
8 nach Angaben des honduranischen ministeriums für Arbeit und soziales
sTss, mai 2011
ChristliChe initiative romero > Im VIsIer: HungerlöHne
verplichtendes Produktionsziel:
2300 Trikots in regulärer neunstunden schicht (7 - 17 uhr, 1 stunde Pause) = 255 Trikots pro stunde
= 9 Trikots pro stunde pro näherin =
ein Trikot in 6,6 minuten
10 Cent (Us-Dollar) pro
trikot pro näherin
= nur geringfügig mehr
als 0,1% des einzelhandelsverkaufspreises
(80 us-Dollar)
6
6,
m
Der Bonus von 3 Us-Dollar bei erfüllung des täglichen Produktionsziels
wird trotz schichten von 7 - 19 uhr von
den näherInnen durchschnittlich nur
alle zwei Tage erreicht.
10
,
0
ll
Us
arbeitswoche der nFl-näherinnen:
mo - Do: 7 - 19 uhr, Fr: 7 - 16 uhr,
sa: 8 - 12 uhr oder 8 - 16 uhr
(mit jeweils 1 stunde Pause)
das bedeutet: 56 bis 59 Arbeitsstunden
einschließlich 12 bis 15 notwendige
unbezahlte (!) Überstunden, um das
Tagessoll zu erreichen
arbeitsstunden pro Woche
i
n
te
U
n
o
-D
arbeitslohn pro Woche
tatsächlich gearbeitet
regulär
57,5
44,0
tatsächlich gezahlt
gesetzlicher Lohn
49,32
59,76
Überstunden
13,5
unbezahlter lohn
10,44
Somit werden die NäherInnen um 18 Prozent des
gesetzlichen Lohns pro Woche betrogen. Dies entspricht
14,5 bezahlten Arbeitsstunden pro Woche.
* Institute for Global Labour and Human Rights: http://www.globallabourrights.org/
Das Beispiel honduras
laut einer studie7 des Welternährungsprogramms
der Vereinten nationen befand sich Honduras bereits
2008 im Vergleich mit 28 weiteren ländern lateinamerikas und der Karibik auf dem vierten Platz, was
die lebensmittelunsicherheit betrifft. ein großteil der
Armen kann sich immer weniger Produkte des grundwarenkorbs leisten und sich oftmals nicht mehr mit
ausreichend nährstoffen versorgen.
lohnsituation in der Fabrik
Chi Fung in el salvador
ar