Nervenschmerzen- Wenn Missempfindungen zur Qual werden

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Nervenschmerzen- Wenn Missempfindungen zur Qual werden
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I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l
v o m
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Nerv ens chm erzen- Wenn Mis s em pfindungen zur Qual w erden
Nerven steuern Muskeln, geben uns Gefühl beim Tasten und lassen uns Wärme oder
Kälte empfinden. Sind die Nerven geschädigt, kann das von unangenehmen Kribbeln in
den Füßen oder Beinen bis hin zu starken Schmerzen und Lähmungserscheinungen am
ganzen Körper führen. Die Ursachen für eine sogenannte Polyneuropathie sind häufig
chronische Erkrankungen wie Diabetes. Doch in rund 20 Prozent der Fälle wird keine
Ursache gefunden, was die Behandlung so schwierig macht.
Der Fall: Ingrid Mos er – Woher kom m en die S chm erzen?
Die Schmerzen sind brennend. Sie fangen am Fuß an und gehen an der Wade nach
oben. Es fehlt das Gefühl. Ingrid Moser ist früher viel Fahrrad gefahren, heute läuft sie,
soviel sie kann und so viel die Schmerzen es zulassen. Auch die Kraft in ihren Beinen
lässt nach. Sie kann sich nicht mehr so bewegen, wie sie es gern möchte. Besonders
schwer fällt ihr das Treppensteigen: „Ich habe das Gefühl, ich möchte mich am Geländer
hochziehen und das ist für mich neu. Ich bin sehr unglücklich darüber.“ Manchmal stolpert sie über Dinge, die gar nicht da sind. Wenn die Schmerzen besonders schlimm sind,
muss sie sich aufs Sofa legen und warten, bis es wieder besser wird. Ingrid Moser probiert es mit Schmerztabletten. Doch vergeblich, sie helfen ihr nicht. Der Schmerz wandert weiter und nimmt immer größere Ausmaße im Körper an. Sie wird ins Krankenhaus
eingewiesen. Hier wird nach einer Antwort auf die quälende Frage gesucht: Was verursacht die Beschwerden? Ist es die Bandscheibe? Oder doch der Ischias-Nerv? Am Sophienklinikum in Weimar hat sie endlich die entscheidende Untersuchung: Dafür wird ein
elektrischer Impuls vom Fuß zum Rückenmark geleitet. Die Ärzte wollen herausfinden,
wie schnell Ingrid Mosers Nerven diesen Impuls weiterleiten. Das Ergebnis der Untersuchung: Sie brauchen sehr lange. Es stellt sich heraus, dass die Nerven entzündet sind. Die
Diagnose: Polyneuropathie. Das Einzige, was die Ärzte tun können, ist die Entzündung
zu stoppen. Dazu bekommt sie über einen Tropf täglich ein paar Milliliter Kortison in
extrem hoher Konzentration. Nach 11 Tagen kann sie wieder entlassen werden. Sie ist
noch immer etwas schwach auf den Beinen, aber sie merkt eine Besserung. Das Kortison
schlägt an. Die Schmerzen sind nicht ganz weg, aber erträglich, sie kann wieder besser
laufen und sogar Treppen steigen.
Die häufigsten S y m ptom e für Nerv ens törungen und –s chm erzen
Eine Polyneuropathie führt oft nicht nur zu Taubheit oder Missempfindungen, sondern
auch zu extrem starken Schmerzen. Die häufigsten Symptome sind brennende Füße und
Unterschenkel, die Schmerzen können aber auch am Becken, am Oberschenkel oder
dem Ischias auftreten. Auch Rücken-, Nacken- oder Schulterschmerzen mit Lähmungen
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sind mögliche Anzeichen. In selteneren Fällen ist der Bauch- oder Brustbereich betroffen
zum Beispiel nach Operationen.
S elbs t-Test: Funktionieren die Nerv en richtig?
Neuropathische Schmerzen werden meist durch eine Schädigung der sogenannten kleinen, dünnen Nervenfasern oder eine Überempfindlichkeit, eine Sensitivierung der Nervenfasern ausgelöst. Ob die Nerven gesund sind und Reize wie etwa Wärme oder Kälte
richtig von ihnen weitergeleitet werden, kann man Zuhause selbst testen:
Tes t 1:
Laufen Sie barfuß über Fliesen in Bad oder Küche und zum Vergleich direkt danach über
Teppich oder Holzfußboden. Bemerken sie den Unterschied? Die Untergründe haben
eine verschiedene Temperatur, Sie müssten die Kälte der Fliesen und im Gegensatz dazu
die Wärme des Holzes bzw. Teppichs deutlich als Unterschied spüren. Außerdem lässt
sich der Boden unterschiedlich ertasten. Ist das nicht der Fall, könnte mit der Reizleitung
der Nerven etwas nicht stimmen.
Tes t 2:
Passiert es Ihnen manchmal, dass Sie in die Badewanne steigen und Sie bemerken erst
mit dem ganzen Körper, dass das Wasser eigentlich zu heiß oder zu kalt ist? Das kann
bedeuten, dass die Nerven in Ihren Füßen die Temperatur des Badewassers vielleicht
nicht richtig empfinden. Es könnte eine Störung der Nerven in Füßen oder Beinen vorliegen.
Tes t 3:
Pieksen Sie mit einem Zahnstocher aus Holz an der nackten Wade von unten nach oben.
Empfinden Sie das Pieksen als „normal“ oder löst es starke Schmerzen aus, die sich ausbreiten? Auch eine besonders sensible Reaktion auf diesen Schmerzreiz kann ein erstes
Anzeichen für eine Nervenstörung sein.
Im Kam pf gegen den S chm erz- Wie alternativ e Therapien helfen können
Kälte
Nur wenige Minuten bei minus 110 Grad – eine Kältekammer wird von manchen Kliniken als zusätzliche Therapie bei Polyneuropathie verordnet. Die Patienten fühlen einen
spürbaren Effekt. Wissenschaftliche Nachweise zur Wirksamkeit stehen allerdings noch
aus.
Akupunktur
In Studien konnte nachgewiesen werden, dass Akupunktur bei Polyneuropathie
Schmerzen lindern kann. Nach dem Verständnis der chinesischen Medizin sind abgelagerte Stoffe im Körper die Ursache für die Entzündung der Nerven. Mit Hilfe der Nadeln
und spezieller Heilkräuter werden diese Substanzen aufgelöst und können so vom Körper ausgeschieden werden.
Elektrotherapie
Bei den sogenannten Stangerbädern werden leichte elektrische Ströme durch das Badewasser geschickt. Diese Ströme unter Wasser sollen die Hautnerven wiederbeleben.
Hochtontherapie
Eine andere Art der Elektrostimulation ist die Hochtontherapie. Über die vier Manschetten an den Beinen werden tiefe und auch sehr hohe Frequenzen an die Muskeln wei2
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tergeleitet. Dadurch werden sie bewegt. Das aktiviert auch die Nerven. Der Patient
spürt dabei ein leichtes Kribbeln. Die Stimulation dauert jeweils 50 Minuten.
Blutegeltherapie
Im Speichel des Blutegels vermutet man mehr als 100 verschiedene Substanzen, von denen heute nur knapp 25 bekannt und erforscht sind. Einige davon wirken entzündungshemmend und schmerzlindernd. Deshalb wird die Blutegeltherapie von manchen Patienten als wohltuend empfunden.
Gürtelros e – Der blühende S chm erz
Es gibt eine Erkrankung, die hat einen s o v erniedlichenden Nam en, das s m an
gar nicht glauben kann, w ie s chlim m s ie is t: Die Gürtelros e! Was m it Ziehen,
Brennen und Jucken beginnt, w ächs t s ich s chnell zu einem äußers t s chm er zhaften Aus s chlag aus. Der zw ar abheilt, aber lebens lang für S chm erzen s orgen
kann.
Jeder, der als Kind die Windpocken durchgemacht hat, läuft Gefahr, eines Tages an
Gürtelrose zu erkranken. Jüngere Menschen erkranken eher selten daran, aber ab der
Lebensmitte steigt die Gefahr - dann trifft es jeden Fünften. Und je älter man wird, desto mehr drohen schwere Verläufe und Komplikationen.
S chlum m ernde Gefahr
Die Viren schlummern oft Jahrzehnte in den Nervenknoten des Rückenmarks oder auch
des Gehirns. Bei Stress oder einer Immunschwäche können sie wieder aktiv werden. Die
sogenannten Zoster-Zellen wandern dann entlang der Nervenstränge nach außen. Meist
Richtung Bauch und Rücken. Aber auch jede andere Stelle des Körpers kann betroffen
sein, sogar das Ohr oder die Augen. Dann wird es besonders gefährlich.
Gürtelros e erkennen
Solange die Haut nicht gerötet und sich die typischen, mit wässriger oder blutiger Flüssigkeit gefüllten, Bläschen nicht gebildet haben, ist es schwer, die Gürtelrose eindeutig
zu diagnostizieren. „Zu diesem Zeitpunkt kommt es gerne zu Fehldiagnosen“, weiß der
Chefarzt der Dermatologie an den Asklepios Kreiskrankenhäusern Weißenfels-Hohenmölsen, Dr. Tino Wetzig. „Gerade im Brustbereich denken viele erstmal an einen Herzinfarkt.“ Auch wenn die richtige Diagnose erstmal eine Erleichterung sein mag – eine
Gürtelrose kann das Leben genauso einschränken, wie eine Erkrankung des Herzens. Zu
spät erkannt und dadurch nicht richtig therapiert kann der intensive Schmerz, der die
Erkrankung begleitet, Dauergast im Leben des Patienten bleiben.
Inform ations s perre für das S chm erzgedächtnis
Die Nervenzellen des Schmerzgedächtnisses sind nämlich sehr sensible Kandidaten. Bekommen sie über einen längeren Zeitraum immer wieder das Signal „Schmerzen“, verändern sie sich. Dann reagieren sie zukünftig bereits auf den leisesten Impuls, wie etwa
eine Berührung, und nehmen diesen als unangenehm, als Schmerz, wahr. Und es muss
nicht mal ein Impuls sein: An den von der Gürtelrose befallenen Arealen können sich
auch Phantomschmerzen bilden. Patienten, die unter diesen Folgen der Gürtelrose leiden, der sogenannten „postzosterischen Neuralgie“, haben große Schwierigkeiten, den
Alltag zu meistern.
S chnell handeln
Deshalb ist es wichtig, spätestens beim Auftreten des Ausschlags, aber auch bei Schmerzen am oder im Ohr oder Auge, sofort den Hausarzt aufzusuchen. Steht die Diagnose,
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bekommen Patienten über 50 Jahren zunächst ein Virostatikum, einen sogenannten
Virenhemmer. Es sorgt dafür, dass die Viren sich nicht weiter vermehren. “Zudem ist ein
konsequentes Schmerzmanagement nötig, um zu verhindern, dass der Schmerz chronisch wird“, betont Dr. Wetzig. Schmerzmittel brauchen alle Gürtelrosepatienten. Egal
ob sie über oder unter 50 Jahren alt sind.
Was im akuten S tadium hilft
Da eine Gürtelrose immer die Reaktion auf ein beispielsweise durch Stress, aber auch
durch andere Erkrankungen geschwächtes Immunsystem ist, hilft neben der medikamentösen Therapie einfach nur eins: Konsequente Ruhe! Der Körper muss sich erholen,
Geist und Seele wieder Kraft tanken können. Dabei helfen auch die Schmerzmittel.
Denn nur schmerzfrei kommt der Körper aus der Anspannung raus. Um den Ausschlag
schneller abheilen zu lassen, helfen Mittel, die austrocknend wirken. Sie entziehen den
Bläschen die Flüssigkeit. Bis eine Gürtelrose überstanden ist, dauert es dennoch zwischen zwei bis vier Wochen.
Wenn der Gürtel s ich s chließt
Dass Patienten, bei denen die Gürtelrose wie ein Gürtel komplett um den Körper läuft
an der Erkrankung sterben, stimmt nicht. Fakt ist, dass diese Patienten zumeist unter
einer so schweren Immunschwäche leiden, dass genau das für den schweren Ausschlag
sorgt. Wenn dann Lebensgefahr besteht, dann nicht wegen der Gürtelrose, sondern
wegen der Grunderkrankung, die den Patienten schwächt.
Ans teckend oder nicht?
Eine Gürtelrose ist nur für Menschen ansteckend, die als Kind keine Windpocken hatten
und auch nicht geimpft wurden. Dann aber auch nur, wenn sie mit der Bläschenflüssigkeit und den darin hochkonzentriert enthaltenen Viren in Kontakt kommen. Genauso
gefährlich ist für diese Menschen aber auch der Kontakt zu Kindern, die an Windpocken
erkrankt sind. Im Erwachsenalter sind Windpocken alles andere als eine harmlose Kinderkrankheit.
Für alle anderen ist ein Kind mit Windpocken eher ein gutes Training für das Immunsystem. Die durch die durchlebte Windpockenerkrankung im Körper befindlichen Antikörper werden aktiviert und können sich verstärken. Dazu muss man sich allerdings in einem gesundheitlich guten Zustand befinden. Das Training der Antikörper sorgt dafür,
dass eine Gürtelrose – wenn sie denn überhaupt auftritt – einen leichteren Verlauf
nimmt.
Die Im pfung gegen Gürtelros e
Seit 2013 ist in Deutschland ein Lebendimpfstoff zugelassen, der bei allen ab 50 Jahren,
die als Kind an den Windpocken erkrankt sind, einen Schutz vor Gürtelrose bieten soll.
Und zwar dahingehend, dass die Erkrankung entweder ganz verhindert oder ihr Verlauf
wenigstens deutlich abgemildert wird. Der Impfstoff darf aber nur gesunden Menschen
gegeben werden. Für Patienten, die eine schwere Abwehrschwäche haben, könnte der
Impfstoff eine Gefährdung darstellen. Dazu gehören Patienten mit Tumorerkrankung
des lymphbildenden Systems, also Lymphome oder Leukämien, sowie Patienten, die eine Chemotherapie oder hoch dosiert Kortison bekommen.
Wie nützlich die Impfung für alle anderen ist, darüber berichtet Stiftung Warentest in
der Ausgabe vom April 2016. Dazu haben Wissenschaftler im Auftrag von Stiftung Warentest alle aktuellen Studien zur sogenannten Zoster-Impfung ausgewertet.
Die gute Nachricht. Der Impfstoff wirkt! Bei 50 bis 59-jährigen verhindert er zwei Drittel
der Erkrankungen. Und bei der darauffolgenden Altersgruppe bis 69 ist der Effekt – mit
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wenigen Abstrichen – noch genauso: Fast zwei Drittel werden von der Gürtelrose verschont. Allerdings hält der Impfschutz nach heutigem Stand der Forschung wahrscheinlich nicht länger als fünf Jahre. Und ob Auffrischimpfungen sinnvoll sind, ist noch nicht
geklärt.
Hinzu kommt, dass die Kassen in der Regel die Kosten in Höhe von rund 175 Euro nicht
übernehmen. „Hauptsache gesund“- Recherchen ergaben, dass das an der fehlenden
Empfehlung der Ständige Impfkommission des Robert Koch Institutes liegt. Auch drei
Jahre nach der Zulassung des Wirkstoffs hat sie sich noch nicht dafür entschieden. Einzig
die Sächsische Impfkommission (SIKO) ist seit Jahren von der Zoster-Impfung überzeugt
und hat eine entsprechende Empfehlung ausgesprochen. Die Mitglieder der SIKO sind
überzeugt, dass vor allem ältere Menschen davon profitieren.
Dem widerspricht Stiftung Warentest: Bei Patienten über 70 nütze die Impfung wenig,
da das Immunsystem kaum noch Antikörper bilden könne. „Das ist ernüchternd“,
schreibt Stiftung Warentest dazu.
Das Fazit der Wissenschaftler nach gründlicher Sichtung der Studienlage fällt entsprechend verhalten aus: Dem unbestrittenen Nutzen für Patienten zwischen 50 und 70 Jahren steht gegenüber, dass alle über 70 Jahren kaum was von der Impfung haben. Dabei
sind besonders ältere Patienten besonders bedroht von schweren Verläufen der Krankheit.
Fam ilienkrankheit Dem enz
Ca. 1,6 Millionen Deutsche sind an einer Demenz erkrankt. In den nächsten 20 Jahren
könnte sich diese Zahl sogar noch verdoppeln. „Demenz“ bedeutet wörtlich „ohne
Geist“. Gemeint ist damit der Verlust geistiger Fähigkeiten. Sie wird auch als „Familienkrankheit“ bezeichnet, da sich mit der Diagnose oft das Leben der ganzen Familie ändert. In 90 Prozent der Fälle ist eine Demenzerkrankung unumkehrbar.
Leben m it Dem enz
Aufgeben kommt für ihn nicht in Frage: Tag und Nacht ist Gerhard Hahn für seine
schwer an Demenz erkrankte Frau da. Gerhard Hahn ist 90 Jahre alt und dankbar, dass
er das packt. Vor vier Jahren beginnt bei seiner Frau Elfriede die Krankheit. Seitdem
muss ihr Mann alles für sie tun. Es ist nicht einfach, er hat sein eigenes Leben für sie aufgegeben. Sie kann sich nicht mehr selber waschen, sich nicht allein anziehen, sich nichts
zu essen machen. Er muss rund um die Uhr bei ihr sein. Und er muss unendlich viel Geduld für sie aufbringen. Doch manchmal wird es ihm auch zu viel. In diesen kurzen, seltenen Momenten zieht er sich dann zurück. Der Leipziger schreibt Tagebuch, das gibt
ihm Halt. Die gemeinsame Zeit, immerhin 63 Jahre Ehe, hat er in Bildern und Texten
festgehalten. Seine Elfriede hat davon fast alles vergessen. Typisch für Demenz: Sie erinnert sich nur noch an ihre eigene Jugend. Gerhard Hahn nimmt es hin, zum Grübeln
bleibt kaum Zeit. Hilfe bekommt er nur vom Pflegedienst, gerade mal eine viertel Stunde am Tag. Doch das muss reichen, die meiste Zeit muss er Pflege und Alltag allein bewältigen. Ist ihm nie der Gedanke gekommen, seine Frau in ein Heim zu geben? Er
weiß, wie sehr seine Frau ihn braucht: „Ich geh nur aus dem Zimmer raus, da ist der
nächste Ruf schon Gerhard. Sie braucht auch das Händchen und wenn wir uns langlegen, dann hab ich ihre Füße in der Hand.“ Und wenn sie die Füße noch eine Weile tragen, geht’s im Sommer nach Prag. Ein Wunsch, den er für sie beide noch erfüllen möchte.
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Die häufigste Form der Dem enz: die Alzheim er-Krankheit
Etwa 60 bis 65 Prozent der Demenzpatienten sind von der Alzheimererkrankung betroffen. Es handelt sich dabei um einen Abbau und die Zerstörung von Nervenzellen im Gehirn. Der Verlauf ist von Patient zu Patient verschieden. Anfangs bemerken die Patienten die Veränderungen selbst und reagieren darauf häufig mit Wut, Scham oder Angst.
Ist das Stadium der Krankheit weiter fortgeschritten, kommen Aggressionen und
manchmal Depressionen dazu. Die Erkrankten können ihre Gefühle nicht erklären und
verlieren die Kontrolle darüber.
Die Ursachen dafür sind noch nicht genau erforscht, bekannt ist aber, dass Nervenzellen
absterben und sich Eiweiß im Gehirn ablagert, sogenannte Plaques. Zurzeit wird intensiv an möglichen Risikofaktoren geforscht.
Auch wenn die Auslöser noch nicht gefunden sind, so lässt sich die Wahrscheinlichkeit,
an einer Demenz zu erkranken, verringern: durch Bewegung, das Pflegen sozialer Kontakte, mit einer gesunden Ernährung und vielseitigen geistigen Aktivitäten.
Ers te Anzeichen einer Dem enzerkrankung
Demenz äußert sich zu Beginn hauptsächlich über Erinnerungslücken und den Verlust
des Kurzzeitgedächtnisses. Es ist oft schwer, sie bereits im Anfangsstadium zu diagnostizieren: Erkrankte wollen nicht zum Arzt gehen, überspielen und verbergen ihre Schwierigkeiten. Im Laufe der Zeit kommen immer stärker auch Probleme beim Urteilsvermögen und der Denkfähigkeit hinzu. Zunehmend ist auch das Langzeitgedächtnis gestört.
Die medizinische Diagnose stellt in den meisten Fällen der Hausarzt. Er untersucht die
geistigen Fähigkeiten, befragt die Angehörigen und führt verschiedene Tests durch. Er
fragt im sogenannten Mini-Mental-State-Test zum Beispiel nach dem Datum, bestimmten Gegenständen oder dem Wohnort. Eine frühzeitige Diagnose ist wichtig, um die
Lebensqualität der Patienten zu verbessern.
Dies e Warns ignale können auf eine Dem enz hinw eis en:
- auffällige Erinnerungslücken,
- gewohnte Tätigkeiten fallen schwer,
- Stimmungsschwankungen, leichte Reizbarkeit, Misstrauen gegenüber anderen,
- Wesensveränderungen,
- es fällt schwer, sich in fremden Umgebungen zurecht zu finden,
- das Interesse an Hobbies und sozialen Kontakten nimmt ab
Beratung und Kontakt:
Deutsche Alzheimergesellschaft e.V.
Friedrichstraße 236
10969 Berlin
Tel.: 030/2593790
www.deutsche-alzheimer.de
Link: Leben mit Demenz
http://www.bmg.bund.de/themen/pflege/demenz/das-leben-mit-demenz.html
Warum uns Mus iks o lange in Erinnerung bleibt
Demenzpatienten erwachen zu neuem Leben, sie kommunizieren, verstehen – das
schafft keine Pille, sondern allein ihre Lieblingsmusik! Doch was steckt dahinter?
Max-Planck-Institut Leipzig - hier forscht Prof. Thomas Fritz Leiter der Musik-Studie, wie
das Musikgedächtnis bei Alzheimer-Patienten funktioniert. Im Dienste der Forschung
hat er eine Liste von Musik-Titeln zusammengestellt: „Es mussten alles Musikstücke sein,
die die Leute mindestens schon 10-15 Jahre kennen und mit denen sie wirklich Lebens6
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erinnerungen verknüpfen. Dementsprechend haben wir eine Auswahl getroffen auf
Basis der deutschen Charts und haben die dann später im Experiment verglichen mit
Musikstücken, die die Teilnehmer erst zwei, drei Tage vorher gehört hatten,“ erklärt der
Neurowissenschaftler. Im MRT konnten die Wissenschaftler so die aktiven Hirnareale
ausfindig machen. Das Langzeitmusikgedächtnis war gefunden. Als nächstes haben sich
die Forscher Scans von Alzheimer-Gehirnen angeschaut und diese durch Alzheimer zerstörten Regionen im Gehirn mit den Arealen des Musikgedächtnisses verglichen. Das
Ergebnis ist verblüffend: Genau die Hirnareale, wo die Musik quasi „gespeichert“ wird,
sind verglichen mit dem Rest noch lange Zeit intakt. „Das ist jetzt also neurologisch der
erste Befund, der erklären kann, warum diese Erinnerungen für Musik eigentlich so lange bleiben, selbst wenn alles andere scheinbar weg ist.“ sagt Musikforscher Thomas
Fritz. Ein Ansatz, der Hoffnung verspricht. Professor Fritz forscht bereits daran, wie die
Musik zukünftig gezielter für Alzheimer Patienten einsetzt werden kann.
Buchtipps
Dr. Carsten Lekutat: Meine besten Hausarzttipps oder: Wie Kekse Ihr Leben retten können
Er & Ich Verlags GmbH, 14,99 Euro, ISBN: 3981775309
Gäs te im S tudio
 PD Dr. Rolf Malessa,
Chefarzt Klinik für Neurologie und Klinische Neurophysiologie am Klinikum Weimar
 Dr. Tino Wetzig,
Chefarzt Dermatologie, Asklepios Kreiskrankenhäusern Weißenfels-Hohenmölsen
 Angelika Hoffmann,
Verein Selbstbestimmt Leben, Leipzig
 Ingrid Moser,
Patientin
Ans chrift
MDR FERNSEHEN, Redaktion Wirtschaft und Ratgeber „Hauptsache Gesund“
Internet: www.mdr.de/hauptsache-gesund;
E-Mail:
[email protected]
Them en der nächs ten S endung am 14.04.2016:
 Neurodermitis andere Hautprobleme
 Nahrungsmittelunverträglichkeiten
 Fit durch E-Bike-Fahren
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