danas i sutra
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südost Europa Kultur e.V. NADA danas i sutra Erfahrungen aus drei Jahren Demokratisierungsarbeit in Bosnien-Herzegowina supported by the European Commission 2 Inhalt Inhaltsübersicht Vorwort Drei Jahre in vier Centars auf 28 Seiten - eine Herausforderung 3 Die Idee Nada - das Projekt heißt „Hoffnung”. Aber wie soll das gehen? 4 Das Land Südost in BiH: Vier Centars und ein Koordinationsbüro Koordinationsbüro: Wo die Fäden zusammenlaufen 6 7 Die Centars Bijeljina: Wieder nach vorne schauen Novi: Die Stadt und ihre Bürger wecken Odžak: Eigeninitiative und Toleranz schaffen Tesliæ: Zusammenleben wieder möglich machen 8 9 10 11 Die Aktivitäten NGO-Arbeit: Zivilgesellschaft voller Missverständnisse Erzählcafés: Die eigene Geschichte wachrufen Workshops: Centars als ‚sichere Orte’ bekannt machen Therapeutenkonferenzen: Ein Netzwerk ist entstanden Märchenseminare: Geschichten gegen Alltagssorgen 12 14 16 17 18 Die Schwerpunkte Jugendarbeit in Odžak: Für die eigene Stadt begeistern Roma-Arbeit in Bijeljina: Sommerschule findet Nachahmer Psychosoziale Arbeit in Tesliæ: „Damit das Leben weitergehen kann” Zivilgesellschaft in Novi: Probleme erkennen und gemeinsam lösen 19 20 22 24 Rückblick Nada macht tatsächlich Hoffnung 25 Ausblick Nada geht, Pons bleibt 26 Danksagung und Impressum 28 Vorwort 3 Drei Jahre in vier Centars auf 28 Seiten eine Herausforderung! 16, 20, 24 - die Anzahl der Seiten dieser Broschüre ist zum Ende hin immer weiter gewachsen. Schließlich waren wir bei 28 Seiten voller Bilder und Texte. Und trotzdem: Wir haben das Gefühl, dass der Platz nicht gereicht hat, um all das, was in den vergangenen drei Jahren in den vier südost Centars in Bosnien passiert ist, darzustellen, und um alle Menschen, die an der Arbeit beteiligt waren, zu nennen. Da sind etwa die Ausflüge der Schulklassen zum Filmfestival in Sarajevo, die für die Kinder etwas ganz Besonderes waren. Oder der Besuch des PantomimeKünstlers Patrice, der so viele Kinder zum Lachen gebracht hat. Dafür und für vieles andere war der Platz zu knapp. Aber vermutlich ist eine umfassende Darstellung aller Aktivitäten und eine Auflistung aller Namen auch gar nicht möglich und wäre verwirrend. Wir finden wichtiger, dass die Broschüre einen guten Überblick über das Nada-Projekt und die Idee dahinter gibt. Wir möchten außerdem, dass die Leser auch einen Einblick in das Land und ein Gefühl für die Atmosphäre in den Centars und im Team bekommen. Ein Team, das uns sehr freundlich und offen aufgenommen hat und in dem wir uns in den gut drei Monaten unseres Aufenthalts in Bosnien sehr wohl gefühlt haben. Es war eine lustige, spannende und lehrreiche Zeit, für die wir uns an dieser Stelle bedanken möchten. Wir hoffen, dass die Kollegen von südost sich in dieser Dokumentation gut wieder finden. Jadranka Kursar Jens Tönnesmann Diese Broschüre entstand im Rahmen eines Studienaufenthalts von Jadranka Kursar und Jens Tönnesmann, der vom ASAProgramm (www.asa-programm.de) der Berliner „InWEnt gGmbH“ vermittelt, vorbereitet und gefördert wurde. 4 Die Idee Nada - das Projekt heißt ‚Hoffnung'. Aber wie soll das gehen? Bosnien-Herzegowina ist in vielerlei Hinsicht ein schwieriger Fall. Zunächst ist es ein Transformationsland, das den schwierigen Übergang von einer sozialistisch geprägten Gesellschaft und Wirtschaft zu einem demokratischen und marktwirtschaftlichen System schaffen muss. Zudem darf nicht vergessen werden, dass es Bosnien als Staat noch nicht lange gibt, die Jahrzehnte des industriellen Aufschwungs erlebte es nur als Teilrepublik Jugoslawiens, so dass ökonomische und gemeinschaftsstiftende Bedingungen für eine Eigenständigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg nicht geschaffen wurden. Und natürlich ist es ein Nachkriegsland, in dem sich große Teile der derzeitigen Bevölkerung jahrelang erbittert bekämpft haben, in dem grausamste Verbrechen geschehen sind und in dem fast jede Familie Opfer zu beklagen hat. Zerstörung, Flucht, Vertreibung und Rückkehr sind Folgen, die das ganze Land bis heute in Spannung versetzen. Schließlich ist mit dem DaytonVertrag ein staatliches System geschaffen worden, das zwar die Kriegshandlungen beendete, aber von Bürokratie, Proporzdenken und weit reichendem Einfluss der internationalen Gemeinschaft durchdrungen ist und faktisch die Teilung Bosnien-Herzegowinas in zwei staatliche Gebilde, die so genannten Entitäten (Republika Srpska und die Föderation) veranlasste. Hier hatte Sicherheitsdenken Priorität, weit vor Demokratie und wirtschaftlicher Entwicklung wen wundert's, zum damaligen Zeitpunkt? Doch heute zeigt sich, dass gerade die mangelnde Demokratisierung in System und Gesellschaft sowie die anhaltenden bzw. wachsenden Wirtschaftsprobleme viele der kleinen Erfolge auf dem Weg zur Konsolidierung wieder gefährden. Die Stimmung ist schlecht: Die Hilfe und Aufmerksamkeit der Internationalen schwindet, den eigenen Politikern wird kaum vertraut, nur ganz wenige haben überhaupt einen Bezug zu diesem eigenartigen Land Bosnien-Herzegowina. In dieser hoffnungsarmen Umgebung wollten wir also Nada-Hoffnung verbreiten? Mit einem Demokratisierungsprojekt? - Ja genau. Gerade hier. Das wichtigste für eine funktionierende Demokratie sind Demokraten, also Personen, Gruppen oder Institutionen, die sich um die Belange ihrer Gemeinschaft kümmern wollen, sich verantwortungsvoll für eine Verbesserung für die Allgemeinheit einsetzen und sich dabei konsequent an demokratische Regeln halten, weil sie deren grundsätzlichen Wert verstehen. Diese Demokraten braucht Bosnien, und da setzt unser Projekt an. Sein Kern ist nämlich, diese Demokraten an vier etwas abseits der Die Idee 5 großen Städte gelegenen Orten zu finden und zu stärken. Sie sollen lernen, sich wirkungsvoll aber eben immer demokratisch für ihre Belange einzusetzen, Diskussionen mit anderen Demokraten, Behörden und Bürgern zu führen also - um es akademisch auszudrücken - sie sollen Das Team in Berlin: eine Zivilgesellschaft entwickeln. Unsere Dirk Sabrowski und Aufgabe ist dabei, die vorhandenen Doris Nucke Fähigkeiten, Strukturen, Ideen, Gruppen und Individuen zu stärken, also sie zu vernetzen, fortzubilden, zu professionalisieren und Vorurteile abzubauen, Empowerment also. Das gelingt aber nur, wenn die Ansätze schon da sind, künstlich von außen geschaffene Initiativen verschwinden in der Regel schnell wieder. Stärken (wieder-)zu entdecken kann nach einem Krieg auch heißen, sie vom Schutt des Krieges freizulegen, sich vorsichtig mit der Vergangenheit, seinem eigenen Tun und Erleben und der ‚anderen Seite' zu beschäftigen. Auch dies ist Teil unserer Arbeit. Diese demokratischen Pflänzchen in unseren vier Orten zu finden, war nicht immer einfach. Zumal dieses Projekt und dieser Ansatz für alle Beteiligten völlig neu war. Wir selbst mussten unser Projekt erst mit Leben füllen, wir mussten Aktivitäten und Angebote entwickeln, die diesem Ansatz entsprechen und gleichzeitig den unterschiedlichen Verhältnissen in den vier Orten wie auch den Fähigkeiten und Persönlichkeiten unserer Kollegen vor Ort gerecht werden. Das war zwar mühsam und hat Zeit benötigt, doch konnten wir damit auch sicherstellen, dass sich unsere bosnischen Kollegen mit dem, was sie tun, auch identifizieren, weil sie es mit entwickelt haben. Sie arbeiten nicht bei südost, sie sind südost-Bosnien. Auch das brauchte zunächst Zeit, bis alle überzeugt waren, wenn sie immer wieder sagten: ‚Wir verteilen kein Material, wir wollen hier wirklich etwas verändern'. Der Ansatz ist also: Wir lösen nicht die Probleme der Leute vor Ort, sondern wir verbessern auf Dauer ihre Fähigkeit, die eigenen Probleme selbst zu lösen. Dirk Sabrowski Projekt Direktor 6 Das Land Südost in Bosnien-Herzegowina Vier Centars und ein Koordinationsbüro Tesliæ Bos. Novi / Novi Grad Grenzstadt mit 30.000 Einwohnern - Arbeit mit Jugendlichen und der Zivilgesellschaft Ort in der Republika Srpksa. Ein besonderer Schwerpunkt ist die psychosoziale Arbeit. Odžak Bosanski Novi/ Novi Grad Odžak Einziger Standort in der Föderation - besonders intensive Arbeit mit Jugendlichen Republika Srpska Bijeljina Banja Luka Tesliæ Tuzla Bijeljina Föderation Sarajevo Tuzla Zweitgrößte Stadt in der Föderation - hier befindet sich das Koordinationsbüro B osnien und Herzegowina zählt etwa vier Millionen Einwohner. Zwar gibt es eine Zentralregierung in Sarajevo, doch das Land ist in zwei separate Verwaltungseinheiten gegliedert: Die bosnisch-kroatische Föderation und die Republika Srpska, die jeweils über eine eigene Regierung in Sarajevo bzw. Banja Luka verfügen. Vom Zentrum in Odžak und vom Koordinationsbüro in Tuzla abgesehen befinden sich die südost Centars alle in der Republika Srpska, deren wirtschaftliche Situation besonders schwierig ist. Mit 130.000 Einwohnern der zweitgrößte Ort in der Republika Srpska Besonderer Schwerpunkt: Die Arbeit mit Roma. Die Centars 7 Koordinationsbüro in Tuzla Wo die Fäden zusammenlaufen Im Regal in Jadrankas Büro in Tuzla reihen sich grüne Ordner aneinander, jeweils zwei für Tesliæ, Odžak, Novi und Bijeljina. An der Wand hängt ein bunter Dreimonatsplan, im Regal stapeln sich Broschüren und Papiere. Trotz der Fülle wirkt alles sehr ordentlich. Das muss es auch, denn sonst würden Jadranka und ihre Kollegin Medina wohl den Überblick verlieren. Denn in Tuzla laufen die Fäden zusammen. Immer wieder blinkt das EMail-Postfach, schicken die Mitarbeiter aus den Centars Fragen, Vorschläge und Berichte. Ständig klingelt das Telefon. Danijela aus Bijeljina hat ein Problem mit einer anderen Organisation, Mirsad aus Novi schlägt ein weiteres Erzählcafé vor, Sanjin aus Odžak kommt mit seiner Theatergruppe nicht weiter. „Wir sind die Ansprechpartner für alle Mitarbeiter“, sagt Jadranka, die südost-Koordinatorin in Bosnien, „und wir stehen im engen Kontakt mit südost in Berlin.“ Nada als Lernprozess Medina kümmert sich um „Ziffern und Paragraphen“, also um Finanzen, Personalangelegenheiten und rechtliche Fragen. Das ist oft nicht leicht, denn in den beiden Entitäten gibt es unterschiedliche Gesetze. Jadranka verfolgt die tägliche Arbeit in den Centars, liest Wochen- und Monatsberichte, sammelt und verbreitet Ideen der Mitarbeiter. Davon gibt es viele - aber nicht alle passen zum Projekt. „Hier machen wir uns Gedanken über die nötigen Ressourcen, setzen konkrete Ziele und überlegen Wege, die Ideen umzusetzen“, sagt Jadranka. „Anfangs war das schwer, denn es gab ja kein Handbuch, in dem wir einfach hätten nachschauen können.“ Für alle war die Arbeit ein Lernprozess: Erst im Laufe der drei Jahre bekam Nada ein Gesicht, setzte jedes Centar seine Schwerpunkte, erkannten die Mitarbeiter ihre individuellen Stärken. Die Distanz zu den Personen und Orten ermöglicht es Jadranka, objektiver und weniger emotional als die Mitarbeiter vor Ort mit Ideen und Aktivitäten umzugehen. Aber die Nähe fehlt ihr auch. Eigentlich ist sie die Arbeit „im Feld“ gewohnt: Bevor sie zu südost kam, hat sie Angehörige von Vermissten aus Srebrenica interviewt und in Rückkehrerdörfern beim Wiederaufbau mitgeholfen. „Auch heute würde ich manchmal am liebsten gleich hinfahren und vor Ort Medina Bektiæ und mithelfen“, sagt sie und lacht. „Denn es Jadranka Dejanoviæ macht einfach Spaß, Menschen zu helfen.“ 8 Die Centars Bijeljina Wieder nach vorne schauen Bijeljina wächst und wächst. Keiner kennt die genaue Einwohnerzahl des Ortes in der Republika Srpska, der nur zehn Kilometer von der Grenze zur Republik Serbien und Montenegro entfernt liegt. Schätzungen gehen von 130.000 Einwohnern aus. Wohnraum und Arbeitsplätze sind knapp, die Infrastruktur ist überlastet. Die Straßen im Zentrum sind verstopft, die Schulen arbeiten im Dreischicht-Betrieb und in heißen Monaten wird das Trinkwasser knapp. Bereits im Krieg flüchteten Tausende bosnischer Serben nach Bijeljina, weil sie hier vor Kampfhandlungen sicher waren. Gleichzeitig flohen etwa 25.000 bosnische Muslime aus Bijeljina. Auch 6.500 Roma verließen die Stadt - viele in Richtung Berlin, wo sie erste Kontakte zu südost knüpften. Als 2003 der erste bosnische Muslim wieder in der Gemeindeverwaltung eingestellt wurde, galt das als ein großer Erfolg. Denn noch immer gibt es Spannungen zwischen Einwohnern, Flüchtlingen und Rückkehrern. „Der erste Schritt, um die Vergangenheit zu überwinden, ist eine sichere Existenz“, sagt Danijela von südost, „aber viele haben kein eigenes Heim und kein Einkommen. Wie sollen sie dann das Alte vergessen?“ Die 32Jährige hat während des Krieges in Bijeljina gelebt und kann sich in die Menschen gut hinein versetzen. „Ich habe meine besten Jahre im Krieg verloren“, sagt sie, „jetzt will ich endlich nach vorne schauen und anderen dabei helfen, auch nach vorne zu schauen.“ Ob in Gesprächen mit Vertretern der Roma oder mit potenziellen Förderern, mit Schuldirektoren oder der Stadtverwaltung: Sie hört zu, bleibt geduldig und überzeugt mit guten Argumenten. Auch wenn sie schon ganz heiser ist, weil sie sich etwa in einer großen Gruppe Gehör verschaffen muss. Jugendrat gegründet Ausdauer hat auch ihr Kollege Nebojša. „Ich glaube fest daran, dass sich die Dinge hier ändern können“, sagt er, „das geht nicht über Nacht, aber es geht.“ In Bijeljina hat er die Nichtregierungsorganisationen zusammen gebracht und einen Jugendrat gegründet. Auf den ist er besonders stolz: Die Jugendlichen machen ein Radioprogramm, gehen zu Gemeinderatssitzungen, kämpfen gegen Drogenkonsum und haben Unternehmen überzeugt, Schulpraktika anzubieten. „Ein echter Selbstläufer“, sagt Nebojša zufrieden. Danijela Èolakoviæ und Nebojša Sajiæ Die Centars 9 Bosanski Novi / Novi Grad Die Stadt und ihre Bürger wecken Wo die Sana in die Una mündet, inmitten von grün bewachsenen Hügeln, liegt Novi Grad, oder einfach ‘Novi’, wie es von seinen Bewohnern (und von uns auch in diesem Text) genannt wird. Vor dem Krieg war der Ort ein wichtiger Verkehrs-knotenpunkt, hielten Züge aus Belgrad, Sarajevo, Split und Zagreb in Novi. Rund 45.000 Menschen lebten in der Gemeinde, die damals noch „Bosanski Novi“ hieß, und in den 50 umliegenden Siedlungen, die eine Hälfte bosnische Muslime, die andere Hälfte bosnische Serben. Im Krieg flüchteten fast alle bosnischen Muslime in Nachbarorte oder ins Ausland. Gleichzeitig flohen bosnische Serben aus anderen Teilen Bosniens nach Novi. Die neue serbische Bevölkerungsmehrheit benannte die Stadt um in „Novi Grad“. Viele Flüchtlinge sind bis heute nicht zurückgekehrt. Der Bahnhof ist verlassen, das große Hotel „Una“ und das Kaufhaus im Zentrum sind zerstört. Nur noch 28.000 Menschen leben in der Gemeinde, die zur „Republika Srpska“ gehört und unmittelbar an der Grenze zu Kroatien liegt. Viele, insbesondere die Rückkehrer haben es schwer, eine Arbeit zu finden. Mirsad, der im Krieg nach Bielefeld floh, kennt die Situation der Rückkehrer gut. Als er nach Novi zurückkam, wohnten in seinem Haus zwei Familien, selber Flüchtlinge. Es dauerte ein halbes Jahr, bis sie eine Bleibe gefunden hatten und er wieder in sein Haus ziehen konnte. Zusammen mit Jelena Maksimoviæ und Rasema begann er im selben Jahr, bei südost Mirsad Kusumoviæ zu arbeiten. Zu Beginn suchten sie Kontakt zu den lokalen NGOs, zu Schulen, Kindergarten und zur Gemeindeverwaltung und sprachen über die Lage im Ort. „Dann wussten wir alles“, erinnert sich Mirsad und grinst. Zum Beispiel, dass sich nur wenige Bürger in NGOs engagieren und die „Gemeindevertreter machen, was sie wollen“. Und dass sich die jungen Leute in Novi langweilen und Probleme mit Drogen und Alkohol haben. Das südost-Team versuchte, die NGO-Szene zu stärken, Menschen zusammen zu bringen und die Kontakte zum Nachbarort Bosanska Krupa (Föderation) zu verbessern. Auch acht Jahre nach dem Kriegsende ist das Verhältnis der Städte unterkühlt. Südost stellte Kontakte zwischen Jugendlichen aus beiden Städten her und organisierte einen Künstleraustausch. Rasemas Nachfolgerin Jelena, selber erst 25, intensivierte die Jugendarbeit. Sie hatte zuvor im benachbarten Prijedor einen Jugendrat aufgebaut und kannte die jungen Leute aus Novi. „Wir versuchen, andere Jugendliche zu wecken“, erzählt sie, „zum Beispiel indem wir einen Jugendrat gründen.“ 10 Die Centars Odžak Eigeninitiative und Toleranz schaffen Hasan ist dreizehn Jahre, als dröhnende Flugzeuge über ihn hinweg fliegen und er zum Kanal rennt. „Ich sah wie goldene Bomben auf Odžak fielen, und die Erde unter mir begann zu zittern“. Mit seiner Familie flüchtet er zwei Mal aus Odžak, erst nach Kroatien, beim zweiten Angriff ins sichere Deutschland. Ähnlich verläuft Sanjins Jugend, der vor dem Krieg im gegenüberliegenden Modrièa, heute in der Republika Srpska, aufwächst. Beide kehren 1997/98 wieder zurück, Sanjin jedoch nach Gradaèac in der Föderation. Nach dem Friedensvertrag von Dayton findet eine so genannte „gegenseitige“ Umsiedlung statt. Bosnische Serben ziehen in die Republika Srpska, wo sich an der Grenzlinie viele neu erbaute Häuser aneinander reihen. Nach Odžak, in die Föderation, ziehen bosnische Muslime und bosnische Kroaten. Viele von ihnen sind Rückkehrer aus Deutschland. So ist es auch nicht verwunderlich, dass man bei der Bäckerfrau oder beim Kellner auf Deutsch bestellen kann. Die Gemeinde zählt 1990 über 30.000, mittlerweile aber nur noch etwa 20.000 Einwohner und hat „Enklavenstatus”: Odžak liegt „eingekapselt“ zwischen Kroatien und der Republika Srpska. Entitätsverbindungen herstellen Der Ort mit seinen dreizehn Fabriken wird im Krieg völlig zerstört. „Kein Haus hat die Angriffe unversehrt überstanden“, sagt Hasan. Erst seit kurzem sind drei neue Fabriken wieder betriebsbereit. Die Arbeitslosenrate beträgt noch immer über 60 Prozent, und die Finanzen des Kantons Sanjin Omeragiæ und fließen fast ausschließlich nach Orašje, so Hasan Èelikoviæ dass vor allem Jugendliche keine Perspektive sehen. „Die jungen Leute sind offen und wollen was machen, bei den Älteren ist es viel schwieriger“, meint Sanjin. Beide Mitarbeiter von südost unterstützen den Demokratisierungsprozess mit Gründung einer Beobachtergruppe, die als Verbindungsglied zwischen Gemeinde und Bürgern fungieren soll. Außerdem entstehen vier Bürgervereine, mit denen ein NGO-Forum gegründet wird. Hasan und Sanjin bringen junge Menschen zusammen, die an einer Jugendzeitung, einem -theater und Workshops mitmachen. Rückkehrerkinder und Jugendliche sollen Eigeninitiative und Toleranz entwickeln, damit sie ihre wertvollen Deutschkenntnisse in ihrer wiederaufgebauten Heimat einsetzen können, und es werden Die Centars 11 Tesliæ Zusammenleben wieder möglich machen Afeda und Koviljka engagieren sich seit Ende des Krieges bei humanitären Organisationen, helfen den Bedürftigsten. Das Nada-Projekt beinhaltet ganz andere Aspekte. Demokratisierung und Förderung der Eigeninitiative bei der Zivilbevölkerung sind nur möglich, wenn die Menschen in die Zukunft blicken können. „Jeder, der bei uns Hilfe sucht, ist willkommen“, lautet das Leitmotto der beiden. Afeda und Koviljka bemühen sich dabei z.B. auch darum, den Menschen bei der Bewältigung ihrer Kriegserlebnisse psychologische Hilfe zukommen zu lassen. Während der Kriegsjahre befindet sich Tesliæ zwei Kilometer von der Frontlinie entfernt. Sowohl Afeda als auch Koviljka werden regelmäßig zu so genannten „Informationsgesprächen“ abgeholt und zur Polizeistation gebracht. Vor allem bosnische Muslime werden aus dem Ort vertrieben oder in Lager nach Žepèe oder Mostar gebracht. Heute liegt Tesliæ in der Republika Srpska, südlich und östlich angrenzend zur Föderation. Die Gemeinde zählt etwa 53.000 Einwohner, wovon rund 80 Prozent bosnische Serben sind. Ängste und Vorurteile abbauen „Warum schließt ihr euch nicht zusammen“, fragt Afeda die ehemaligen Lagerinsassen. Sie gründen daraufhin einen Verein, der Partner des NGOForums wird und heute über 100 Mitglieder zählt. Trotz mehrmaliger Anfragen ist die Stadtverwaltung noch nicht bereit, dem Verein einen Raum zur Verfügung zu stellen - und hat nicht einmal für die Infrastruktur genug Geld. Die Straßen und Häuser sind noch immer mit Einschusslöchern übersät, und es gibt weder ein Theater noch ein Kino. Außer einer alten Holzfabrik sind kaum Arbeitsplätze vorhanden. Um die Menschen aus ihrer Untätigkeit und Nachkriegserstarrung zu lösen, haben Afeda und Koviljka verschiedene Kurse, Sitzungen und Aktionen gestartet, und Afeda erzählt lachend: „Nur einen Kochkurs haben wir noch nicht gemacht.“ Das Centar ist eine Anlaufstelle, ein „sicherer Ort“, wo sich Menschen verschiedener Nationalitäten austauschen, Ängste und Vorurteile abbauen und für eine gemeinsame Zukunft zusammenarbeiten. „Wir sind hier Mädchen für alles“, sagen beide, aber das stört sie nicht, denn „die größte Genugtuung ist, den Afeda Suljiæ und Glanz in den Augen der freudigen Menschen Koviljka Špiriæ zu sehen.“ 12 Die Aktivitäten Arbeit mit Nicht-Regierungs-Organisationen Zivilgesellschaft voller Missverständnisse Die Küche im südost Centar in Bijeljina füllt sich mit Zigarettenrauch und sorgenvollen Mienen. Am Tisch sitzen Nebojša Sajiæ, Mitarbeiter von südost, und Jasmina Ivoševiæ, die Präsidentin des örtlichen NGO-Forums. Sie diskutieren. Darüber, was besser laufen müsste, damit die „NichtRegierungs-Organisationen“ in Bijeljina an einem Strang ziehen. Die Vertreter der NGOs verstehen sich nicht, und die Parole „Gemeinsam sind wir stark“ scheint nicht zu funktionieren. Das Forum steckt in einer Krise. Das treibt Nebojša Sorgenfalten auf die Stirn. Monatelang hat er mit Vertretern der Organisationen gesprochen, um ihnen den Sinn und Zweck einer Kooperation deutlich zu machen. „Gemeinsame Projekte werden eher unterstützt und zusammen können wir in der Öffentlichkeit viel besser auftreten“, machte er den Organisationen klar, „wir können Ideen und Informationen austauschen, uns gegenseitig helfen und mehr Menschen motivieren, aktiv zu werden.“ Schließlich schlossen sich zwölf Organisationen an. „Ein paar wollen wirklich zusammenarbeiten und gemeinsam Ideen umsetzen“, sagt Nebojša zuversichtlich, „auch wenn das Projekt Nada vorbei ist.“ NGO-Arbeit professionalisieren und vernetzen Wie in Bijeljina hat südost in den vergangenen drei Jahren auch in den anderen Centars versucht, den Bürgern die Arbeit der Nicht-RegierungsOrganisationen näher zu bringen, Vorurteile abzubauen, die Arbeit der Vereine zu professionalisieren und sie untereinander zu vernetzen. Südost organisierte Trainings für die Vertreter der NGOs, in denen sie das Schreiben von Projektanträgen lernten, und machte mit ihnen Fundraisingund Management-Seminare. Aber wie das Beispiel Bijeljina zeigt, ist die Arbeit mit NGOs nicht immer einfach. Anders als etwa in Deutschland, wo die Zivilgesellschaft in den Siebziger Jahren erwachte und die Menschen sich in Initiativen zusammenfanden, um sich für Ideale und Interessen starkzumachen, fehlt in Bosnien eine echte, gewachsene Bürgerbewegung. In Bosnien entstanden die Organisationen vor allem durch einen Schub von außen. Das erzeugte Missverständnisse: Die zahlreichen ausländischen Organisationen in Bosnien gelten unter den Menschen vor allem als zuverlässige Geld- und Arbeitgeber. Zwar gab und gibt es auch unzählige Neugründungen lokaler Organisationen, doch nur wenige von ihnen überleben. „Viele junge lokale Organisationen geben auf, sobald der erste Projektantrag gescheitert ist“, erzählt Jasmina Ivoševiæ. Der Grund: Wer eine lokale Organisation gründet, hofft meist, von Fördergeldern für Projekte zu leben und will nicht in erster Linie für Interessen und Ideale streiten. „Deswegen gibt es unter den Menschen viel Misstrauen gegenüber den Organisationen“, sagt Rasema von südost in Novi. Und Die Aktivitäten 13 Vesna Vožni von „Lira“ in Novi sagt: „Die Bürger sind nur schwierig für NGOs zu begeistern. Viele denken, wir arbeiten nur für unser eigenes Wohl.“ Kaum jemand sieht die Organisationen als Stimme der Zivilgesellschaft. Weil nicht gemeinsame Ziele, sondern begrenzte Mittel die Leitschnur sind, sehen sich die Organisationen oft als Konkurrenten um Fördergelder. „Nur wenige legen Wert auf ihre Vision. Aber die ist die Voraussetzung für den Erfolg“, sagt Goran Špiriæ von „Futura Plus“ in Tesliæ. Unterschiedliche Erfahrungen Ein schwieriges Umfeld also, das den Mitarbeitern von südost in den drei Jahren viel Geduld und Anstrengungen abverlangt hat. Zum Beispiel in Novi, wo Rasema und Mirsad große Mühe hatten, die Organisationen an einem Tisch zu versammeln. „Die Treffen sind anfangs immer gescheitert“, erinnert sich Rasema. „Aber ich wollte einen Weg finden. Das hat mich getrieben.“ Schließlich gelang es, ein Forum zu etablieren, das sich in den drei Jahren regelmäßig getroffen und gemeinsam Ideen umgesetzt hat. Das Forum trat in Dialog mit der Gemeinde und konnte durchsetzen, dass den Organisationen jetzt sogar ein Betrag aus dem Gemeindehaushalt zusteht. Schwierig war die Arbeit auch in Odžak, wo nur wenige Organisationen aktiv sind und sich das von südost gegründete Forum nur selten trifft. Aber südost gründete auch eine „Beobachtergruppe“. Sie besteht aus Bürgern und Mitgliedern der NGOs, die regelmäßig zu Ratssitzungen gehen, Protokolle anfertigen, öffentliche Diskussionen organisieren und den Dialog mit Gemeinde und NGO-Unterstützung in Odžak Politikern suchen. Viel versprechende Ergebnisse kann das Forum Das Häuschen des „arbeitenden, rekreativen in Tesliæ vorweisen, das „zu einem Selbstläufer Zentrums“ liegt im Zentrum von Odžak. Die Wände sind mit bunten Arbeiten geschmückt, geworden ist“, sagt Afeda von südost. Das auf dem Tisch liegen Bastelmaterialien. Forum tagt regelmäßig und hat einen Flyer Behinderte Kinder und Jugendliche malen und gestaltet, auf dem die Organisationen ihre basteln hier zusammen und lernen ihre eigenen Arbeitsbereiche gemeinsam der Öffentlichkeit Fähigkeiten kennen. Ihre Eltern haben sich vorstellen. Einmal im Jahr präsentieren sich 2001 zusammengeschlossen und den Verein alle im Stadtzentrum. Die Gemeinde stellt gegründet, der heute 106 Mitglieder zählt manchen Vereinigungen Geld und Räume zur „Hasan und Sanjin von südost haben uns von Verfügung, und es gibt einen offenen Dialog. Anfang an unterstützt und Kontakte Doch der Erfolg brauchte Zeit. „In vielen Orten hergestellt“, sagt eine der ehrenamtlichen verstehen die Politiker die NGOs als AntiMitarbeiterinnen, die jetzt auch einen Regierungs-Organisationen. Es dauert lange, Computerkurs bei südost machen. Und es bis sich das Verständnis ändert und NGOs und gelang dem Verein mit Hilfe von südost, einen Gemeinde zusammen arbeiten“, sagt Goran eigenen Raum von der Gemeinde zu Špiriæ von „Futura Plus“. Afeda von südost ist bekommen. Das war der wohl wichtigste zuver-sichtlich: „Ich glaube, dass das Forum Schritt, denn viele behinderte Kinder werden in auch in Zukunft eng und gut zusammen Bosnien aus Scham der Eltern zu Hause arbeitet.“ versteckt. Mit dem eigenen Zentrum ist es leichter, die Eltern zu überzeugen, diese Isolation zu durchbrechen und die Kinder in die Gemeinde zu integrieren. 14 Die Aktivitäten Erzählcafés Die eigene Geschichte wachrufen „Wir haben viele Kaffeetreffen: Morgenkaffee, Begrüßungskaffee, Tratschkaffee, Abschiedskaffee, dies ist also ein Erzählcafé.“ Herr Prof. Slobodan Petroviæ ist einer der Sprecher des Erzählcafés. Aber: was ist ein Erzählcafé? Hinter dieser Idee verbirgt sich eine Veranstaltung, eine angenehme CaféAtmosphäre, in der jeder kommen und sich die Lebensgeschichte vor allem von älteren Menschen anhören kann, um sich auch die eigene Geschichte wieder wachzurufen. In allen vier Orten, etwa alle zwei Monate, wurden für dieses Ereignis Zeitzeugen aus dem zweiten Weltkrieg eingeladen. Insgesamt fanden in jedem Centar vierzehn Erzählcafés in zweieinhalb Jahren statt. Das Gespräch wird moderiert, wobei der Sprecher als damaliger Zeitzeuge über seine persönlichen Erfahrungen und Geschehnisse an einem „sicheren Ort“ erzählt. So können die Gäste eigene Erfahrungen und Beziehungen auch zu ihrer jungen Vergangenheit reflektieren und erfahren den Geschichtsverlauf mit ihren politischen und gesellschaftlichen Ereignissen im persönlichen, individuellen Kontext. „Auf diese Weise können wir mehr über unsere Vergangenheit lernen. Nehmen wir es als Rat für die Zukunft“, steht in einem Gästebucheintrag in Novi. Geschichten aus dem Leben Aus ihrem Leben erzählten auch Zeitzeugen aus Deutschland. So hat Jutta Frost aus Weinheim, heute 75-jährige Tochter eines evangelischen Pastors und einer jüdischen Mutter, in Bijeljina, Odžak, Tesliæ und Novi aus ihrem Leben erzählt. Sie sprach vor Erzählcafé mit Hans allem über ihre Erinnerungen an die Koschnick in Bijeljina Verfolgung der Juden durch die Nationalsozialisten in Deutschland, sowie von der Flüchtlingszeit in England und in der Schweiz, wo sie am Aufbau der Flüchtlingssiedlung Bad Vilbel teilgenommen hat. Dr. Eugen Kahl und seine Frau Hildegard berichteten über die Ermordung jüdischer Freunde und dass sie einige von ihnen in ihrem Haus versteckten und sie so zu retten vermochten. Auch Hans Koschnick, ehemaliger EUAdministrator in Mostar, war Sprecher, konnte die Zuhörer an seinem Erfahrungsschatz teilhaben lassen und zog in Tesliæ mehr als 100 Zuhörer an. Bosiljka Schedlich, Geschäftsführerin des südost Europa Kultur Vereins in Berlin und Moderatorin in den Erzählcafés formuliert das Die Aktivitäten 15 Gesamtergebnis: „Die Geschichte der Sieger wird zur Geschichte des einzelnen Überlebenden, des Zeitzeugen, sie erhält das Gesicht aller Toten und aller Überlebenden. Dann reihen sich die Kriegsereignisse in den Ablauf menschlicher Entwicklung, seiner Möglichkeiten im Guten und Schrecken im Bösen. Alle Zeitzeugen haben die Aufteilung in Gute und Verbrecher relativiert. Sie besitzen großes Wissen und große Erfahrung, die wir aufbewahren wollen für junge Generationen, um ihnen zu helfen, den Weg zu mehr Demokratie und Humanität fortzusetzen.“ Die Erzählcafés haben einen Spalt in einer Tür geöffnet für die Menschen, die durch offenen Dialog einen Weg zu Versöhnung und stabilem Frieden suchen. Auch wenn Sanjin Omeragiæ, südost-Mitarbeiter aus Odžak, bemerkt: „Man müsste doch auch über den letzten Krieg sprechen.“ Man hört und spürt überall: Die Wunden sind noch frisch, und es braucht Zeit, bis sie heilen. Ein Erzählcafé mit Sprecher Prof. Slobodan Petroviæ (Auszüge) “Es war 1941, ich weiß wie die Deutschen nach Bijeljina kamen... Die Vertreibungen begannen. Ich sah den Beginn der Rechtlosigkeit... Auf dem Kirchturm stand ein Heckenschütze, er sah von oben hinunter und tötete nur. Ein Deutscher, kein Deutscher, nun gut. Es gab Deutsche und es gab einheimische Okkupatoren, die Kollaborateure. Und wie steht es heute in der Geschichte? Am besten rührt man es nicht an und schreibt darüber nicht. Man erwähnt es nicht. Wer von dem Turm schoss, ist bekannt, ich will es aber nicht sagen. Er floh nach Argentinien. Ja, einer von uns. Er war sehr gefährlich. Er tötete für eine Kleinigkeit, zog an der Pistole, zack. ... Ich war auf dem Niemandsland. Nachts mit Partisanen, am Tag mit den Deutschen. Dort war eine Frau, die hatte zwei Töchter. Der Sohn war in den Krieg gezogen. Sie wusste gar nicht, auf welcher Seite er kämpfte... Nach einem Partisanenangriff entdeckte eine Tochter einen deutschen Soldaten im Stall, er blutete, konnte sich nicht bewegen. Eine Tochter wollte das gleich melden, doch die Mutter ließ es nicht zu. Sie holten ihn rein, machten einen Verband und am nächsten Morgen nahmen die Deutschen den Verwundeten wieder mit. Später haben wir erfahren, dass er in Budapest operiert wurde und beide Beine behielt. Er vergaß aber die Mutter nicht. Als die Grenze nach dem zweiten Weltkrieg geöffnet wurde, kam er. Er fand die Frau und sagte, ich komme, um mich zu bedanken und um etwas gutzumachen, wenn Sie wollen, auch eine ihrer Töchter zu heiraten. Das war so, das ist die Geschichte.” Reaktionen aus dem Publikum „Am besten ist es, über diesen Krieg nicht zu sprechen. Es ist frisch, es erschüttert mich und andere. Ich fange an zu zittern. Ich war gefangen.“ „Jetzt dieser Krieg war noch schlimmer. Ich habe in Bijeljina gelebt und ich weiß was hier war. Dreimal sprang ich aus dem Fenster hinaus. Nachts war niemand sicher. Jede Nacht war wie ein Jahr.” 16 Die Aktivitäten Workshops und Sprachkurse Centars als ‚sichere Orte’ bekannt machen Es ist Montagnachmittag und das südost Centar in Odžak füllt sich mit Kindern aus der Grundschule. Noch kennen sich die vier Jungen und vier Mädchen nicht - aber das soll sich ändern. Gemeinsam malen sie ihren Heimatort, basteln aus Flaschen, Nudeln und Pappschachteln kleine Kunstwerke. „Es sind Problemkinder, die Schwierigkeiten haben, Kontakte zu knüpfen. In diesen kleinen Gruppen können sie leichter Freunde finden“, sagt südost-Mitarbeiter Hasan. „Außerdem ist die Gruppe gemischt.“ Gemischt bedeutet: Unter den Kindern sind bosnische Muslime und bosnische Kroaten, Flüchtlinge und Rückkehrer. „Das spielt bei Kindern noch keine große Rolle“, sagt Hasan, „und wir tragen dazu bei, Vorurteile gar nicht erst entstehen zu lassen.“ Die Kreativworkshops sind ein Beispiel für „gewaltlose Kommunikation“ und haben, ebenso wie Sprach- und Computerkurse, von Beginn an in allen vier Orten statt gefunden. In Odžak gab es anfangs auch eine „Freundschaftsbrücke“, durch die die Kinder aus Odžak auch zu Gleichaltrigen aus den benachbarten Städten Modrièa und Gradaèac Kontakte knüpften. Die Workshops trugen außerdem dazu bei, die Centars in der Bevölkerung als „sichere Orte“ bekannt zu machen, Vertrauen zu schaffen und Kontakt zu Hilfesuchenden aufzubauen. In Tesliæ entstanden aus den Workshops sogar Selbsthilfegruppen. Aus Mitarbeitern wurden Trainer Die Technik der „gewaltlosen Kommunikation“ erlernten die südostMitarbeiter zu Beginn des Projekts in Seminaren, in denen sie auch auf den Umgang mit traumatisierten Menschen und Workshop in Odžak: Hilfebedürftigen, mit Emotionen und Spielen ohne Grenzen Vorurteilen vorbereitet wurden. In den Treffen ging es auch um Menschen- und Minderheitenrechte und um Empowerment. Das Wissen und die Techniken konnten die Mitarbeiter in ihrer täglichen Arbeit anwenden. Einige ließen sich zu Trainern ausbilden. Sie schulen heute Mitarbeiter anderer Organisationen oder geben Seminare für Lehrer und Schüler etwa im Rahmen von PONS (siehe Seite 26). Oder kurbeln eigene Initiativen an wie Nebojša aus Bijeljina. „Wir bringen Lehrer aus den beiden Entitäten zusammen“, sagt er, „und zeigen ihnen die Techniken der gewaltlosen Kommunikation, damit sie Konfliktsituationen in Schulen leichter lösen und mit Vorurteilen und Emotionen besser umgehen können.“ Die Aktivitäten 17 Deutsch-Bosnische Therapeutenkonferenzen Expertennetzwerk ist entstanden „Nach solchen Konferenzen ist man voller Energie und Wissen“, sagt Atifa Mutapèiæ. Die Psychologin spricht über die drei Fachaustauschtreffen, die südost innerhalb der vergangenen beiden Jahre organisiert hat: Zwei in Berlin und eins im bosnischen Tuzla. Während der mehrtägigen Treffen gab es zahlreiche Workshops und Diskussionen. Dabei konnten die Psychiater, Psychologen und Psychotherapeuten ihre Methoden und Techniken der Behandlung und ihre persönlichen Erfahrungen mit kriegstraumatisierten Menschen austauschen. Zum ersten Mal konnten sich Therapeuten aus ganz Bosnien kennen lernen und mit ihren deutschen und schweizerischen Kollegen, die mit Flüchtlingen arbeiten, unterhalten. Viele Experten gaben den Therapeuten Tipps und halfen ihnen, ihre Arbeit zu reflektieren. „Das Selbstbewusstsein unter uns ist dadurch gewachsen“, sagt Atifa, „wir erfuhren, dass nicht nur wir in Bosnien Probleme haben.“ „Damit das Geschehene nicht vergessen wird” Dan Bar-On aus Israel beispielsweise konnte viele Denkanstöße geben, indem er über die Erfahrungen in der Versöhnungsarbeit zwischen Kindern von Opfern und Tätern des Holocaust sprach. Bessel van der Kolk aus Boston, der an der Erforschung der Traumatischen Belastungsstörung und ihrer Anerkennung gearbeitet hat, gab sein Wissen in einem Workshop an die Teilnehmer weiter. Bei einem Runden Tisch in Tuzla zum Thema „Identifikation und Wahrheit - wie können wir gemeinsam Familien mit vermissten Angehörigen helfen?“ vereinbarten Vertreter von Institutionen, Behörden und Menschenrechtsorganisationen, in Zukunft koordinierter und effektiver untereinander und mit den Therapeuten zusammen zu arbeiten. Bei einer Podiumsdiskussion in Berlin wurden Herangehensweisen an gewaltvolle Vergangenheit mit einer Gegenüberstellung der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission auf der einen und dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag auf der anderen Seite untersucht. Die Politologin Valérie Rosoux, die Anti-Apartheid-Aktivistin Dorothea Kerschgens und Percy MacLean vom Deutschen Institut für Menschenrechte diskutierten darüber, wie Staaten mit gewaltvoller Erfahrung und Erinnerung umgehen. „Wir wurden ermutigt, die fundamentalen Menschenrechte und die Meinungsfreiheit bewusst in unsere Arbeit und in unser Denken zu integrieren und weiterzugeben“, sagt Atifa, „damit das Geschehene nicht vergessen wird.“ Schließlich entstand durch die Konferenzen ein Netzwerk von über 50 Therapeuten aus Bosnien. „So ein Austausch ist hierzulande selten“, meint die Psychologin Atifa, „wenn ich jetzt eine Frage oder ein Problem habe, kann ich mich an meine Kollegen wenden.“ 18 Die Aktivitäten Märchenseminare Geschichten gegen Alltagssorgen Im April 2003 reiste das Ehepaar Spangenberg zwei Wochen lang durch die Centars, um eine von ihnen entwickelte Methode vorzustellen, wie man Kindern durch das Erzählen spezieller Geschichten helfen kann, Ängste und Probleme zu bewältigen. Als Familienrichter und Psychologin haben die beiden langjährige Erfahrung mit Kindern in schwierigen familiären Situationen. Aus dieser Arbeit heraus entstand die Idee zur Arbeit mit therapeutischen Märchen: „Oft habe ich gemerkt, dass die Kinder meine rationalen Erklärungen nicht verstehen“, erklärt Brigitte Spangenberg den Ursprung ihrer Idee. „Da habe ich mich daran erinnert, wie ich früher meinen eigenen Kindern Gute-Nacht-Geschichten erzählt habe, in denen ihre Alltagssorgen verarbeitet wurden.“ Um eine solche „heilende Geschichte“ zu erfinden, braucht es lediglich ein bisschen Phantasie und das Jugendliche in BiH: „Ich will hier weg” Wissen um die richtige Grundstruktur. Prinzen, Ameisen und Superman sind dabei „Ich möchte bleiben. Ich möchte etwas gleichermaßen geeignet, um Kindernöte zu verändern und nicht vor den Problemen weg lindern, so dass der Erzähler den laufen“ - der 22-jährige Saša aus Novi ist eine Ausnahmeerscheinung unter den jungen Leuten Märcheninhalt auf Kulturkreis und Lebenswelt seines Zuhörers ausrichten kann. in Bosnien. Wie das United Nations Development Program ermittelt hat, wollen 62 Prozent seiner Altersgenossen zwischen 15 und Der Phantasie ihren Lauf lassen Durch kreative Übungen führten die 31 Jahren dem Land den Rücken kehren. Saša Spangenbergs ihre Seminarteilnehmer Schritt kann sie gut verstehen: „Es gibt kaum Jobs und für Schritt zum notwendigen Wissen. Die viel zu wenige Möglichkeiten, seine Freizeit zu Eltern, Lehrer und Sozialarbeiter erlernten verbringen.“ Die jungen Leute hoffen auf nicht nur das technische Rüstzeug, um am bessere Ausbildungs- und StudienEnde für ihnen bekannte Kinder eigene möglichkeiten im Ausland. Oder gleich auf ein Geschichten zu erfinden. Weil sie sich zuvor besseres Leben: Jeder Vierte will dem Bericht selbst im Geiste in Bäume verwandeln, zufolge am liebsten für immer auswandern. Quatsch-Geschichten ausdenken und Zwischen 1996 und 2001 haben 92.000 junge japanische Kurzgedichte schreiben mussten, Bosnier es vorgemacht und ihr Land verlassen. haben sie auch am eigenen Leib erlebt, wie Oft waren es genau die Aktiven und befreiend es sein kann, der eigenen Phantasie Engagierten, die Bosnien verließen. Die 17freien Lauf zu lassen. Nicht allen fiel es jährige Elvira aus Bijeljina ist eine von denen, leicht, sich auf die ihnen fremde die das Land so dringend braucht. Auf ihrem TArbeitsweise einzulassen, aber gerade hierin Shirt ist ein großes Peace-Zeichen abgebildet, liegt wohl ein wichtiger Beitrag dieser sie spricht englisch und deutsch, ist in vier Veranstaltung: nicht nur Wissen zu NGOs aktiv. Aber auch sie sagt: „Wenn ich mit vermitteln, sondern auch Erfahrung mit der Schule fertig bin, will ich nur noch weg aus neuen methodischen Ansätzen zu Bosnien.“ Sandra Roling ermöglichen. Schwerpunkte 19 Jugendarbeit am Beispiel Odžak Für die eigene Stadt begeistern Der schwarze Vorhang im Kinosaal in Odžak hebt sich. Die Stuhlreihen sind dicht gefüllt, die halbe Stadt scheint da zu sein. Stille. Alle Augen sind auf die Bühne gerichtet. Dort, im Licht der Scheinwerfer, sitzen drei Mädchen auf einem Schulhof, rauchen Joints und schimpfen auf ihren langweiligen Heimatort. Die drei gehören zur Jugendtheatergruppe Odžaks, die Theaterstücke haben die elf Jugendlichen selbst geschrieben und einstudiert. Eines dreht sich um Drogen, das andere erzählt die Geschichte eines Jungen, der nach Jahren in Deutschland in seinen Heimatort Odžak zurückkehrt und seine Schwester wiedertrifft. Was hat er in Berlin erlebt? Wie Die Jugendtheaterist es ihr in Odžak ergangen? gruppe aus Odžak Jugendtheater und Jugendzeitung „Langeweile, Drogen, Rückkehrer - wir haben versucht, alltägliche Probleme der jungen Leute zu thematisieren“, sagt südost-Mitarbeiter Sanjin, der die Theatergruppe ins Leben gerufen hat. Viele Jugendliche aus Odžak haben die Kriegsjahre in Deutschland verbracht und kamen nach dem Krieg in ihre zerstörte Heimat zurück. Klar, dass sie sich nicht zu Hause fühlen und die Stadt am liebsten verlassen würden. „Hier gibt es keine Arbeitsplätze und kaum Möglichkeiten, die Freizeit zu verbringen“, sagt Sanjin. „Uns ist es deswegen wichtig, die jungen Leute für ihre Stadt zu begeistern und sie dazu zu animieren, selbst aktiv zu werden.“ Südost gründete nicht nur die Theatergruppe, sondern organisierte Ausflüge mit Kindern und Jugendlichen in die Umgebung, zum Beispiel an das Ufer des nahe gelegenen Flusses Bosna. Und südost-Mitarbeiter Hasan hatte die Idee, eine Jugendzeitung zu machen - mit Erfolg. 14 Jugendliche trafen sich über Monate regelmäßig in den Räumen von südost, saßen bis spät abends zusammen, schrieben Texte für die Zeitung und suchten nach Sponsoren aus dem Ort. Vier dicke Ausgaben sind bisher erschienen. Zwar gibt es noch viel zu tun, aber das wissen jetzt auch die jungen Leute in Odžak. Einige denken darüber nach, sich zu einem Pfadfinderverein zusammen zu schließen. Andere wollen wieder eine Zeitung herausbringen. Und Sanjins Theatergruppe? „Das Lampenfieber ist zwar schrecklich“, sagt die 15-jährige Bera, „aber wir haben schon viele neue Ideen für die nächsten Stücke!“ 20 Schwerpunkte Arbeit mit Roma in Bijeljina Sommerschule findet Nachahmer „Ohne südost würde kein einziges Kind in die Schule gehen“, meint Mujo Beganoviæ, Romavertreter und Helfer von südostMitarbeiterin Danijela. Mit der Sommerschule, die seit 2002 von Ende Juni bis Mitte August für die Romakinder organisiert wird, wurde der Weg für ihre Eingliederung in die Grundschule bereitet. Danijela organisierte Schulräume, „Sommer“-LehrerInnen und, nicht zu vergessen, Romakinder. Es wurde in zwei Klassen vier mal die Woche unterrichtet, wobei den Kindern Grundlagen des Lesens und Schreibens, der Mathematik und des „Schulbenehmens“ nahe gebracht wurde. „Mujo ist uns eine große Hilfe“, sagt Danijela. Er und ein Helfer begleiten die Kinder auf dem Schulweg und passen auf, dass keines „verloren“ geht. Außerdem hilft er dabei, die Eltern zu überzeugen, ihre Kinder bei der Gemeinde anzumelden und in die Schule zu schicken. „Durch die Sommerschule konnten die Romakinder einen Fuß in die Schule setzen - somit wurde die Einschulung praktisch erst möglich“, sagt Mujo, und wenn er sagt: „wir haben einfach keine Mittel“ wird klar, dass die Eltern es sich nicht leisten können, die Kinder in die Schule zu schicken. Von den 1500 zurückgekehrten Roma sind nahezu 100 Prozent arbeitslos. Dass kein Geld für Schulsachen übrig bleibt, liegt auf der Hand. Zumal in Bosnien die Bücher nicht von der Schule gestellt werden, sondern die Eltern für die Beschaffung und Finanzierung selbst verantwortlich sind. Dank der Hilfe der „Stiftung zugunsten des RomaVolkes von Günter Grass” werden Schulbücher für die Romakinder der Sommerschule für das kommende Schuljahr beschafft. Danijela ist bei allen UNHCRTreffen präsent, knüpft Kontakte und beschafft weitere gespendete Schulmaterialien. „Es gibt immer ein paar Hefte oder Stifte, die gerne an die Romakinder weitergegeben werden“, meint sie. Ein SFORSoldat etwa spendet 100 Dollar als Die Sommerschule in Bijeljina Abschiedsgeschenk, als er in die hat begonnen Schwerpunkte 21 USA zurückkehrt. Anscheinend hat das Projekt „Summer Day Camp for Local Children“ im August 2003 bei den amerikanischen Truppen schöne Erinnerungen an das gemeinsame Picknick und Spiel mit den Romakindern hinterlassen. „Natürlich gibt es auch Schwierigkeiten“, sagt Danijela, denn „einige Kinder besuchen die Schule Danijela und Mujo verteilen Material nicht regelmäßig und werden jedes Jahr wieder zurückgestuft.“ Ab diesem Schuljahr konnte Danijela zum ersten Mal die vierzehn- und fünfzehnjährigen Roma in der Schule unterbringen. Dies hat zwar viel Verhandlungsgeschick erfordert und Gespräche mit Gemeindevertretern und Schulleitern mit sich gebracht, Danijela ist aber mit den Ergebnissen zufrieden. „Die Jugendlichen werden dort in einer Sonderklasse durch angemessenen Unterricht so bald wie möglich in höhere Klassen eingegliedert“, sagt Danijela. Roma in Bosnien: “Schlechteste Situation” Inzwischen wird jede Woche sogar ein Alphabetisierungskurs für Erwachsene Eine Bevölkerungsgruppe, die in BosnienHerzegowina überall in der Minderheit ist, sind die angeboten. Aus dem Armutskreislauf heraus treten Den Sinn und Erfolg des Konzepts sehen auch andere. „Eine Sommerschule wird jetzt auch in Lukavac, Modrièa, Tuzla, Brèko, Banoviæi und Vukosavlje eingeführt!“ sagt Danijela stolz. Mujo und Danijela nehmen an Konferenzen zur Bildungsreform mit anderen Vertretern aus lokalen, internationalen Organisationen, Gemeinden und Schulbehörden teil. Dabei werden Erfahrungen zu den Bedürfnissen der Roma ausgetauscht, um eine Reformpolitik voranzutreiben und den Roma längerfristig die Möglichkeit zu geben, aus dem Kreislauf von Armut und Ausgrenzung herauszutreten. Roma. Wie in Bijeljina leben sie meist isoliert in Dörfern oder Vierteln ohne asphaltierte Straßen, in alten, kaputten oder unfertigen Häusern. Kaum einer hat einen festen Job, viele können weder lesen noch schreiben, die Mehrzahl der Roma bettelt. „Die Situation der Roma in Bosnien ist eine der schlechtesten, wenn nicht die schlechteste in ganz Europa“, stellte ein Bericht des Europarates im Jahr 2002 fest. Während des Krieges wurden viele Roma vertrieben, viele flüchteten nach Westeuropa. Heute leben, einem Bericht der Minority Rights Group zufolge, in Bosnien-Herzegowina schätzungsweise 45.000 Roma - genaue Zahlen gibt es aber nicht. „Viele Kinder sind überhaupt nicht gemeldet“, sagt Nijaz Biberoviæ, Mitarbeiter im Human Rights Department der OSZE in Sarajevo und selber Roma. „Sie gehen nicht zur Schule, betteln für den Lebensunterhalt der Familie, bleiben Analphabeten, und der Teufelskreis setzt sich fort.“ Biberoviæ weiß aber auch, dass es nicht immer leicht ist, den Roma zu helfen. „Ein großes Problem ist, dass die Roma nicht mit einer Stimme sprechen.“ Machtkämpfe und Misstrauen untereinander erschweren die Hilfe zur Selbsthilfe. 22 Schwerpunkte Psychosoziale Arbeit am Beispiel von Tesliæ „Damit das Leben weitergehen kann” Die beiden südost-Mitarbeiterinnen Afeda und Koviljka in Tesliæ haben vor allem einen Wunsch am Ende des Krieges. Sie wollen ihren Kindern ein friedliches, zukunftsträchtiges Leben sichern und engagieren sich in ihrem sozialen Umfeld, leisten humanitäre Hilfe, um die Bedürftigen zu versorgen. Sie merken schnell: „So wichtig wie die Arbeit am Dach eines Hauses ist, so wichtig ist die Arbeit an sich selbst.“ Als das Nada-Projekt beginnt, interessieren sich schnell zahlreiche Menschen für die Kurse. Mit den Mal-, Englisch-, Computerkursen, oder sogar Angelausflügen und Schachwettbewerben versuchen sie alle Alterstufen und beide Geschlechter zusammenzubringen. Für die Frauengruppe laden die beiden einen Gynäkologen ein, der informiert und Fragen beantwortet. Durch die regelmäßigen Treffen wird die Gruppe zum „Selbsthilfeläufer“, und die Frauen gründen schließlich die Organisation „Victoria“ und verwirklichen ein 5.000-EuroWiederaufbauprojekt. Auch viele andere Selbsthilfegruppen versuchen ihre Traumata zu überwinden, indem sie aktiv werden, sich zusammenschließen und Projekte und Arbeitsräume beantragen. Schockreaktionen infolge von unerwarteten Todesfällen „Es war am Anfang nicht einfach, Einzelne zu überzeugen, dass wir allen die Hand reichen“, meint Afeda. Trotzdem schaffen die beiden es, die Gruppen regelmäßig zu vereinen. In den ersten Kennenlernwochen wird Vertrauen aufgebaut, um über persönliche Erfahrungen und Erlebnisse zu sprechen. „Jedes Trauma ist anders“, wissen die beiden und erklären, dass manche infolge von Traumata voller Angst und Misstrauen sind, plötzliche Gefühlsausbrüche haben (Weinen, Lachen, Stottern oder Bettnässen). „Durch viele unerwartete Tode kam es bei Angehörigen zu krassen Schockreaktionen“, meint Koviljka, wenn sie über die Kriegserfahrungen spricht. Die ehemalige Schulpsychologin arbeitet mit vielen Jugendlichen und Erwachsenen im Centar. In dem „sicheren Ort“ geht es darum, verschiedene Belange der Gruppe herauszufinden, durch Informationen zu helfen, die Kommunikation unter den Gruppenmitgliedern zu verbessern, Persönlichkeiten zu stärken, „sich selbst Mit Bildern wird Gewalt kennen zu lernen”, mit dem Ziel, Traumata aufgearbeitet Schwerpunkte 23 zu überwinden. Bei der Aktion „Kinder brauchen Liebe und nicht Schläge“ bringen sie Eltern mit einem Neurologen zusammen, wobei die Kinder im Nebenraum betreut malen. „Ein Kind hat alles in schwarz gemalt“, sagt Afeda - bei solchen und ähnlichen schweren Traumafällen leiten Afeda und Koviljka die Bedürftigen an Spezialisten weiter. Zu den ehrenamtlichen Spezialisten zählen die Defektologin Dr. Vuksimoviæ, die neun Kinder betreut, und der Neuropsychiater Dr. Ðuriæ, der mittlerweile 15 ehemalige Lagerinsassen therapiert. Beide arbeiten monatelang intensiv mit einer Gruppe, bis wieder eine neue mit speziellen Bedürfnissen gegründet wird. „Das Wichtigste ist, dass es kostenlos ist, viele Leute können sich professionelle Hilfe nicht leisten“, meinen beide südost-Mitarbeiterinnen. Es geht darum, die Menschen aus ihrer Isolation herauszuholen, damit sie wieder kommunizieren können und in der Gemeinschaft wieder Anschluss finden, - damit schließlich für sie in Tesliæ „das Leben weitergehen kann“. Traumaarbeit in Bosnien: Krieg, Flucht und Gewalt verarbeiten Das Wort Trauma stammt aus dem Griechischen und bedeutet Verletzung. Traumatisiert ist das „menschliche Individuum, wenn es in seinen elementaren Lebensbedürfnissen bedroht und verletzt, in seiner menschlichen Würde und Freiheit missachtet wird.“ Das seelische System eines Menschen kann dann durch akute oder andauernde Belastung überfordert und letztendlich traumatisiert werden. Viele Menschen in Tesliæ sind Kriegsopfer, Rückkehrer, Arbeitslose, in vielen Familien ist Gewalt an der Tagesordnung. Um die Traumata zu bewältigen, wenden die Spezialisten besondere Therapien an. Koviljka und Afeda etwa vertrauen auf die Debriefing-Methode und die Bibliotherapie. Die Debriefing-Methode besteht aus mehreren Runden, wobei erst das Vertrauen in der Gruppe aufgebaut wird. Meist sind das Personen, die eine geliebte Person verloren haben. Indem jeder der Reihe nach im Kreis sein negatives Erlebnis erzählt, lernen sich die Einzelnen selbst besser kennen und werden sich ihrer Stärken bewusst. Anschließend wird über die Emotionen gesprochen, und der Therapeut gibt die Gelegenheit, die Trauer oder den Hass noch einmal zu erleben. Hier muss der Therapeut die Emotionen kontrollieren. Die Gruppe unterstützt sich gegenseitig, alle dürfen ihre Gefühle zeigen. Letztendlich, wenn die Emotionen „herausgelassen“ wurden, findet eine Diskussion statt, indem das Erlebte angenommen wird und gelernt wird, mit dem Erlebten umzugehen. Bei der Bibliotherapie wird in musikalisch, entspannter Atmosphäre mit einem Text gearbeitet. Ein Gruppenmitglied liest eine Geschichte voller Lebensweisheiten und Emotionen, mit der jeder angesprochen wird. Plötzlich endet die Geschichte, und jeder wird aufgefordert, in eigenen Gedanken die Geschichte weiterzuführen und aufzuschreiben. 24 Schwerpunkte Zivilgesellschaft in Bosanski Novi / Novi Grad Probleme erkennen und gemeinsam lösen So etwas ist in Bosnien selten: 400 Schulkinder und Jugendliche ziehen mit Plakaten und Transparenten durch die Straßen von Novi, um gegen die Verschmutzung ihres Flusses Una zu demonstrieren. Im Sommer ist die kleine Wiese am Ufer voll mit Badegästen, stehen Angler mit Gummistiefeln und langen Angelrouten im Flussbett. Aber jetzt soll im nahe gelegenen Trgovska Gora in Kroatien Atommüll gelagert werden die Einwohner von Novi werden nicht gefragt, die Una ist in Gefahr. „Die ganze Gemeinde stand plötzlich zusammen“, erzählt Jelena vom südost Centar Novi. Sie hat die Demonstration am „Tag des Planeten Erde“ gemeinsam mit den Schulen organisiert. „Wir wollen die Zivilgesellschaft formen und die Menschen dazu animieren, die Probleme selber zu erkennen und gemeinsam zu lösen“, sagt Jelena. Bewusstsein füreinander und die eigene Stadt schaffen Dazu haben sie und ihr Kollege Mirsad sich die so genannten „Dani“, zu deutsch: „Tage“, einfallen lassen. Im südost Centar in Novi hängt ein Kalender, auf dem bestimmte Daten grün markiert sind. Neben dem „Tag des Planeten Erde“ zum Beispiel der „Welt-Nichtrauchertag“ und der „Weltkindertag“. An diesen Tagen organisiert südost gemeinsam mit den Einwohnern der Stadt besondere Aktionen: Am Welt-Aids-Tag informierten sich die Jugendlichen über Aids und feierten eine AidsAwareness-Party. Am „Weltumwelttag“ sammelte die Stadt Müll an den Flussufern. Und die größte Aktion gab es am „Tag ohne Autos“: Viele Ein-wohner gingen zu Fuß, bestimmte Straßen der Stadt wurden für Verkehr gesperrt, und wer Lust hatte, konnte sich in einem Radrennen messen. Sogar die Gemeindeverwaltung unterstützte die Aktion. „Wir haben hier keine Häuser gebaut“, sagt Jelena, „aber wir haben die Menschen zusammen gebracht und ihnen geholfen, ein Bewusstsein für ihre Stadt und füreinander zu entwickeln.“ Müll am Sana-Ufer in Novi: Am Welt- umwelttag wird gesammelt Rückblick 25 Rückblick auf das Projekt Nada macht tatsächlich Hoffnung Wenn wir nach knapp drei Jahren Demokratisierungsarbeit zurückblicken, sind wir auf zweierlei Weisen erstaunt: Zunächst fragen wir uns: Was, schon drei Jahre vorbei? Wir erinnern uns noch gut, wie wir als frisch zusammengestellte Gruppe von ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten, die sich weder untereinander noch (mit zwei Ausnahmen) den südost-Verein kannten, zusammen kamen. Und dieses Projekt, das von den bosnischen Kollegen erst noch konkret gemacht und zu Aktivitäten geführt werden sollte, war den meisten von uns - heute können wir es ja sagen - doch noch sehr unklar. Gleichzeitig wundern wir uns aber: Wie - so viel ist in nur drei Jahren passiert? Nach einer Anlaufzeit des Lernens und des Wehrens gegen die Skepsis von innen und außen ging es schnell. Plötzlich kamen die Ideen und Vorschläge aus den Orten, wir begannen zu planen, zu organisieren, Partner und Teilnehmer zu finden. Es funktionierte, es entstanden südostspezifische und ortsspezifische Aktivitäten. Wir verbesserten uns, wir konzentrierten, evaluierten, diskutierten über die ‚rote Linie’ und wagten Experimente. Diese Broschüre zeigt bei weitem nicht alles, doch gibt sie einen Eindruck davon, wie viel dann doch möglich war in diesen vier ‚hoffnungsarmen’ Orten in Bosnien. Es hat sich was bewegt, in allen vier Orten. Gelernt haben wir zunächst, dass Demokratisierung eine sehr mühsame und langwierige Arbeit ist, deren Ziel man nie zur Zufriedenheit erreicht und deren Erfolge nur schwierig zu messen sind. Gelernt haben wir auch, dass Projekte dieser Art nicht von Deutschland her gedacht werden dürfen. Von außen zu entscheiden, was gut für die Menschen ist, ist das Gegenteil von Demokratisierung. Entscheidend für den Erfolg ist daher die Art und Weise, die Menschen anzusprechen. Wer Verantwortung mittragen soll, muss auch mitplanen dürfen, anstatt nur unsere Planungen auszuführen. Daneben sind Ehrlichkeit, Verbindlichkeit und Realismus unerlässlich, um keine falschen Erwartungen zu wecken. Dass das Nada-Projekt bald zu Ende gehen wird, bedauern wir und unsere Partner und Teilnehmer sehr. Doch endet mit Nada nicht die Hoffnung, dafür gibt es viele Zeichen. Dirk Sabrowski 26 Ausblick: PONS Ein Ausblick Nada geht, PONS bleibt „Sind ‚verbesserte Lernbedingungen’ nun ein direktes oder ein übergeordnetes Projektziel?“ Konzentriert, aber noch ein wenig ratlos, beugen sich Schüler, Eltern und Lehrer über das vor ihnen liegende Arbeitsblatt. Es gilt, einen Projektantrag für den Ausbau der schulischen Autowerkstatt zu verfassen - glücklicherweise zunächst nur zur Übung und unter fachlicher Anleitung von Trainer Tihomir. Das Seminar ist Teil eines größeren Trainingsprogramms, initiiert und durchgeführt von PONS, dem lokalen Verein, den die südost-Mitarbeiter gegründet haben, um auch nach Ende des „Nada“-Projekts ihre Ideen weiter verfolgen zu können. Seit September 2002 arbeiten Slavica Kokoruš, ehemalige südost-Mitarbeiterin und Präsidentin des neu gegründeten Vereins, und ihre Assistentin Dragana Iliæ mit der finanziellen Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung, an der Verwirklichung dieses ersten Projekts, das unter dem Motto „Gemeinsam für unsere Schulen“ steht. Startkapital für Schulräte Lehrer, Eltern und Schüler von acht Schulen aus dem nördlichen Bosnien haben auf Initiative von PONS Schulräte gebildet, in denen sie gemeinsam die Situation an ihrer Schule verbessern wollen. PONS unterstützt sie dabei mit dem nötigen Knowhow. In Seminaren werden zunächst die Grundlagen der Projektplanung und DurchDie Partnerschaft der beiden Schulen führung vermittelt. Anin Modrièa und Gradaèac wird gefeiert schließend bekommt jeder Schulrat ein kleines Startkapital, um erste Ideen zu verwirklichen - natürlich nur, nachdem vorher ein professioneller Projektantrag an PONS gestellt wurde. Learning by doing eben. Noch wichtiger als die so verbesserte Schulküche oder das neu gestaltete Auditorium ist hierbei die Erkenntnis, dass sich trotz leerer Kassen mit ein bisschen Engagement durchaus etwas erreichen lässt. Wie ein Teilnehmer es zusammenfasst: „Früher habe ich gedacht, die Schule hat sowieso kein Geld. Jetzt sehe ich, dass es möglich ist, etwas zu tun.“ „Gemeinsam für unsere Schulen“ bedeutet aber auch noch etwas anderes: Dem Vereinsnamen „PONS“ - Brücke - getreu, soll das Projekt auch Ausblick: PONS 27 Verbindung zwischen den Bevölkerungsgruppen schaffen. So haben die Koordinatoren für das Projekt bewusst vier Schulpaare ausgesucht, die geografisch dicht beieinander, aber in verschiedenen Entitäten liegen. Beim gemeinsamen Lernen in den Seminaren kommen sich nun Schulratsmitglieder aus Bijeljina und Tuzla, Tesliæ und Tešanj, Gradaèac und Modrièa, Novi Grad und Bosanska Krupa regelmäßig ein Stück näher. Damit die Kontakte zwischen den Nachbargemeinden in Zukunft noch enger werden, gehören zum Projekt auch so genannte „Inter-EntitätenBesuche“. Jeder Schulrat lädt einmal Mitglieder der Partnerschule zu einem gemeinsamen Tag ein. Bei Sport-Turnieren und kleinen Darbietungen der schulischen Arbeitsgemeinschaften können sich so auch andere Schüler, Lehrer und Eltern kennen lernen. Trotz anfänglicher Ängste ist die Bilanz sehr positiv, und Jugendliche und Erwachsene sind sich einig: „Solche gemeinsamen Veranstaltungen sollte es öfter geben.“ „Beauty of growing up” Mit „Gemeinsam für unsere Schulen“ konnte sich PONS ein solides erstes Standbein schaffen. Als Ergänzung zur aktuellen Bildungsreform sind Projekte wie dieses bei Teilnehmern und Sponsoren beliebt, und eine Verlängerung des Projekts bis ins Jahr 2006 steht bereits in Aussicht. Das in 2003 angelaufene Projekt „Beauty of Growing up II“ hat PONS direkt von südost übernommen - die Neu-Auflage einer erfolgreichen Kooperation mit der lokalen Frauenorganisation „Lara“, bei der es um ein besseres Miteinander von Jung und Alt in den Grundschulen in Bijeljina geht. Auch in anderer Hinsicht kann PONS die Erfahrungen und Kontakte von südost nutzen. So konnte es sein Büro in dem Haus beziehen, das die Freudenberg Stiftung zuvor bereits südost und „Lara“ kostenlos zur Verfügung gestellt hat. Mittlerweile hat sie das Gebäude sogar dauerhaft auf die beiden lokalen Organisationen PONS und „Lara“ zur gemeinsamen Nutzung überschrieben. Wegen dieser guten Umstände hat PONS seinen Hauptsitz in Bijeljina - aber seine Mitglieder arbeiten und leben an allen Orten, in denen auch südost aktiv ist. In Zukunft haben sich auch diese Mitarbeiter vorgenommen, in „ihren“ Orten mit Projekten aktiv zu werden. Von PONS wird man noch Das Team des ersten hören. Sandra Roling Projekts: Slavica Kokoruš, Dragana Iliæ, Sandra Roling Wir danken den Kollegen, die uns verlassen oder gerade neu angefangen haben: Ramajana Kopiæ n Branka Lazareviæ n Slavica Kokoruš n Rasema Mistriæ Inesa Huremoviæ n Enisa Mulaomeroviæ Wir danken allen Partnern und Förderern, u.a.: Europäische Kommission n Giovanni Piunno & Gordana Šuvalija n Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit und Entwicklung (GTZ) n Freudenberg Stiftung n Monika Kleck n Deutsche Stiftung für UNO-Flüchtlingshilfe n Wolfgang Stümer n Fritz Balke n Rosa-Luxemburg-Stiftung n Hanns-Seidel-Stiftung n Alija Rizvanoviæ n Dr. Boško Ðuriæ n Ehemalige Therapeuten in Tesliæ: Željka und Milan Milièeviæ, Damir Dževdetbegoviæ, Šefik Hedžiæ n Therapeuten in Novi: Radmila Gnjatoviæ und Branka Marinèiæ n Lukrecija Manojloviæ n Stiftung zugunsten des Romavolkes von Günter Grass n Hans Koschnick n XENION e.V. n Amica Tuzlanska & Irfanka Pašagiæ n Firma Pfizer n OSZE-Büros in Orašje, Tuzla und Bijeljina n UNHCR-Büros in Bijeljina und Orašje n Schüler Helfen Leben n Mujo Beganoviæ n Sandra Roling n Jana Walter n Jutta Frost n allen Sprechern der Erzählcafés n Brigitte & Ernst Spangenberg n Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland n ASA-Programm n Step-by-Step-Programm, Sarajewo n RobertBosch-Stiftung n allen Partnerschulen n Florent Pinguet n Deutsche Botschaft, Sarajewo n Axel-Springer-Verlag Berlin n Kulturzentren in Odžak und Bos. Novi/ Novi Grad n Verwaltungskontor, Berlin n Hilfe Konkret e.V. n Patrice Keller de Schleitheim n CNA, Sarajewo n CGSA, Odzak n LARA, Bijeljina n PONS Jens Tönnesmann und Jadranka Kursar Impressum: Redaktion und Layout: Jadranka Kursar und Jens Tönnesmann Herausgeber: südost Europa Kultur e.V., Großbeerenstraße 88, D-10963 Berlin V.i.d.S.P.: Dirk Sabrowski, südost Europa Kultur e.V. Auflage: insgesamt 3.500 in drei Sprachen Druck: PrintCom, Rudarska 61, 75000 Tuzla, BiH