Glückspost, Tirreno Resort, 27. Juni 2013

Transcrição

Glückspost, Tirreno Resort, 27. Juni 2013
BESSER LEBEN
REISEN
ZUM TRÄUMEN
Die flach abfallenden
Strände im Nordosten
der Insel sind ideal
für Familien.
SCHWEIZ
Mailand
ITALIEN
ria
Ad
Rom
Olbia
SARDINIEN
Orgosolo
Cagliari
Dieses reich illustrierte Fresko an einer Hausmauer in Orgosolo
erinnert an die Helden der Französischen Revolution.
Neapel
Mi
tte
lm
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Lage
Die Insel Sardinien
liegt im Mittelmeer vor
der Küste Italiens.
Auf unserer Fahrt durch die Berge beobachten wir, wie wilde
Schweine über die Strasse zur nächsten Eiche spazieren.
Wenn Wände sprechen
Sardinien ist berühmt für seine traumhaft schönen Strände. Doch
auch ein Dorf mitten in den Bergen hinterlässt bleibende Eindrücke!
Schafskäse
Schon in der Antike
stellten die
Schafhirten den
Pecorino Sardo her.
Museum
Maria zeigt
stolz
­Fotos
aus ihrer
Jugend.
44 GlücksPost
Von Barbara Blunschi
V
or lauter Staunen vergesse
ich beinahe auf den Auslö­
ser meiner Kamera zu drü­
cken. Als wäre es die normalste
Sache der Welt, hält der Reiter vor
der Bar und bestellt sich einen Es­
presso. Eilends serviert die Bedie­
nung den Kaffee, den der Mann
hoch zu Ross in einem Schluck
trinkt, worauf er sich gleich
wieder auf den Weg macht.
Ich komme mir vor, als
wäre ich in einem Wes­
ternfilm gelandet.
Das Bergdorf Orgo­
solo ist im ganzen
Land berühmt und
berüchtigt. Glühbirnen in den
Strassenlaternen sucht man hier
vergebens. Und das eine oder an­
dere Einschussloch im Gemeinde­
haus zeugt von der Unzufrieden­
heit der Leute über die Übergriffe
des italienischen Staates aus Rom
durch inselfremde Rechtsvor­
schriften.
Dabei sind die Einheimischen
Touristen gegenüber so herzlich!
Maria erwartet mich bereits unge­
duldig vor ihrem Museum. Liebe­
voll hat sie ihr ehemaliges Eltern­
haus mit Erbstücken dekoriert
und plaudert lebhaft aus dem
Nähkästchen. Wie sie ihre aus ein­
facheren Verhältnissen stammen­
den Schulfreundinnen beneidete,
die das ganze Jahr über barfuss im
Dorf herumtollen konnten. Das
eine Paar Schuhe, das man da­
mals besass, musste ein ganzes Le­
ben lang halten und wurde nur an
Feiertagen oder in der Kirche
getragen.
Im Schlafzimmer kramt Maria
zwei Fotos aus der Schublade:
«Schaut nur, wie hübsch ich in
jungen Jahren war!» Sie trägt die
sardische Tracht, auffallend ist die
Kopfbedeckung. Noch heute wird
der seidene Stoff im Ort von
Hand angefertigt, die Seiden­
raupen im Hinterhof gezüchtet
und gepflegt.
Maria könnte mir noch ganz
viele Geschichten erzählen, doch
ich muss los. Orgosolo ist nämlich
auch berühmt für die zahlreichen
Malereien, welche die Wände im
Ort zieren. Bilder zu politischen
Themen, sozialer Ungerechtigkeit
oder zum harten Leben der Bau­
ern prangen in bunten Farben
an teilweise fast zerfallenen
Mauern.
Die wilde Landschaft auf dem
Weg zurück zur Küste passt per­
fekt zum Bild, das ich mir an die­
sem Tag von Sardinien machen
konnte. Gemütlich spazieren frei
laufende Schweine oder ganze
Schafherden über die Strasse und
Kühe grasen im Schatten von rie­
sigen Korkeichen. Türkisblau
schimmert das Meer an den flach
abfallenden Stränden der Nord­
ostküste. Doch wer seine Ferien
nur unterm Sonnenschirm ver­
bringt, verpasst das wahre Sardi­
nien und Begegnungen mit Men­
schen, die man sein Leben lang
nie mehr vergisst.
Mitten auf der Strasse hält der Reiter an und trinkt seelenruhig einen Espresso.
Orgosolo: Enge Gassen und eindrucksvolle Wandmalereien erwarten die Besucher im berühmt-berüchtigsten Dorf der Insel.
ANREISE UND INFO
Anreise: Mehrmals wöchentliche Flüge mit Air Berlin von
­Zürich nach Olbia. Ebenfalls mit Easyjet ab Basel und Genf.
Ab Bern am Samstag mit Helvetic und Sa, So und Mi mit
Skywork.
Club-Hotel Tirreno: Die einwöchige Reise inklusive Air Berlin-Flug ab/bis Zürich, Transfer und 7 Übernachtungen im
2er-Studio kostet pro Person ab 1249 Franken (Abflüge 24.8.
bis 6.10.2013). Buchung/Information: www.ferienverein.ch,
Tel. 031 387 87 87. Hotelier Luc Schwarz organisiert für seine
Gäste Entdeckungstouren in Orte wie Orgosolo.
Lektüre: Sardinien-Kenner Eberhard Fohrer verrät auf
708 Seiten, warum man die Insel gesehen haben muss
(Michael-Müller-Verlag, Fr. 39.90).
Film: 1961 drehte Vittorio De Seta den preisgekrönten
Film «Banditi a Orgosolo».
GlücksPost 45
FOTOS: FOTOKETA ENIT, BARBARA BLUNSCHI (7)
Aperitif
Das typische Brot
«Pane Carasau»,
­Oliven, Rohschinken
und Schafskäse.