Schaufenster Kultur.Region Mai 2013

Transcrição

Schaufenster Kultur.Region Mai 2013
Nachrichten aus der Kultur.Region Niederösterreich . Mai 2013
schaufenster
Kultur.Region
aufhOHRchen
Interview / Natália Kelly . Fronleichnam / Radlbrunn
P.b.b. · Vertragsnummer 11Z038847 M · Erscheinungsort: 3452 Atzenbrugg · Verlagspostamt: 3451 Michelhausen · DVR: 0933 295
Ausstellung / Entlang der Prager Straße
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www.noevers.at
Editorial / 3
Immer wieder aufhOHRchen
Volksmusik ist mehr!
Als wichtiges Kulturvermittlungsprojekt betont das NÖ Volksmusikfestival aufhOHRchen seit zwei Jahrzehnten den Wert der Musik als umfassendes Kommunikations- und Lebensmittel. 2013 in Gloggnitz.
Volksmusik ist mehr als Hopsasa und Trallala! Zwar werden traditionell anmutende
Lieder und Weisen recht gern im sogenannten Gaudi-Milieu inszeniert, aber solcherart
gehen wesentliche Eigenschaften von Volksmusik verloren. Gute Laune und PartyStimmung gehören sicher zu jenen Gemütszuständen, die mit Musik befördert werden
können, doch eröffnet gerade der reiche
Schatz auch an traditioneller Musik viele
Zugänge zur gesamten Bandbreite an Möglichkeiten sinnlichen Empfindens. Es muss
also nicht immer ein auf rund drei Minuten
hin getrimmter Schenkelklopfer sein, um
sich auf Knopfdruck gut unterhalten und
belustigt zu wähnen, einmal ganz abgesehen
von den nicht selten damit einhergehenden
klischeehaften, seichten oder gar diskriminierenden Texten. Dass derartiges im Wettstreit um die Deutungshoheit über Begriffe
als Volksmusik bezeichnet wird, damit wird
man sich mittlerweile wohl oder übel abfinden müssen.
Dennoch blüht in den Texten einfacher
Lieder jene in Miniaturen gefasste Poesie,
die mitunter im Verborgenen, aber wahrhaftig von den tiefen Gefühlen der Menschen
erzählt. Es sind kleine Kunstwerke, die in
wenigen Worten und sehr bildhaft beschreiben, wie Freude, Glück und Stolz, Hoffnung
und Sehnsucht, aber auch Trauer und Enttäuschung erlebt werden können. Diese
Sichtweise lässt sofort die zahlreichen
Momente und Anlässe erkennen, bei denen
Musik einen festen, ja vielleicht sogar unverzichtbaren Platz einnimmt. Dazu gehören
persönliche Erlebnisse im Beruflichen wie
im Privaten genauso wie Feste und Bräuche
im Verlauf eines Jahres, denkt man an die
Feiern zu einem Geburtstag oder Jubiläum,
an die Hochzeit oder an die Festfolge an
hohen Feiertagen. Vieles aus dem reichen
Schatz der dazu gehörenden Lieder und
Weisen möchte einmal mehr das Festival
aufhOHRchen vermitteln.
Unter dem Motto „Alles Volksmusik“ bietet
aufhOHRchen heuer in Gloggnitz die Gelegenheit, die eigene Stimme auszuloten und
gemeinsam mit anderen zum Klingen zu
bringen, die Schwingungen eines Musikinstruments und die Kraft der Musik zu spüren
und vor allem sich selbst aktiv in das Geschehen einzubinden: ob im Rahmen der geselligen Wirtshausmusik, beim gemeinschaftlichen Singen, beim Diskutieren über Themen, die von der unmittelbaren Lebenswelt
handeln, oder beim Zuhören und Eintauchen
in die Vielfalt musikalischer Ausdrucksformen. Dabei wird sich auch das passende
Lied oder die passende Weise finden, und
zwar für jede Lebenslage, denn Volksmusik
ist mehr als Hopsasa und Trallala!
Dorli Draxler, Edgar Niemeczek
MusikSCHUL
management
KULTUR . REGION
NIEDERÖSTERREICH
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Top-Termine / 4
Mai 2013
TOP-TERMINE
VOLKSMUSIKWETTBEWERB 2013
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Fr, 24., und Sa, 25. 5. 2013
Musikschule Leobendorf
(Bildungscampus)
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Es wird wieder aufg’spielt! Rund 150 Nachwuchsmusikantinnen und -musikanten
aus den Musikschulen Niederösterreichs
treten heuer solistisch oder im Ensemble
in Leobendorf in den musikalischen Wettstreit. Was alle Teilnehmer verbindet, ist
die Freude an der Volksmusik und am
gemeinsamen Musizieren. Ziel des Wettbewerbs ist es, zum Singen, Musizieren und
Tanzen zu motivieren und damit konkret
die Volksmusik als Grundlage für das
Musikschaffen zu fördern. Damit bildet sie
einen wesentlichen Baustein für eine vielfältige Musikszene in Niederösterreich. Als
Juroren stehen namhafte Persönlichkeiten
aus der österreichischen Volksmusikszene
zur Verfügung. Der Wettbewerb ist bei
freiem Eintritt für das Publikum geöffnet.
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Information
Tel. 02742 90666 6100
[email protected]
www.musikschulmanagement.at
ERÖFFNUNG AUSSTELLUNG
„LEHMBAU“ im MUSEUMSDORF NIEDERSULZ
dem Superintendenten der Diözese Niederösterreich, Mag. Paul Weiland.
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Do, 9. 5. 2013, 14.00 Uhr
Presshaus aus Herzogbirbaum
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Information
Museumsdorf Niedersulz
2224 Niedersulz
Tel. 02534 333, [email protected]
In Vorbereitung auf ein Lehmbau-Kompetenzzentrum im Museumsdorf Niedersulz
wird diese Ausstellung Lehmbautechniken
sowie ihre kulturhistorische und klimatechnische Bedeutung zeigen. Herzstück
der Präsentation ist dabei ein Stück Lehmwand, das durch eine innovative, neue
Methode komplett und in einem Stück mit
Lehm, Putz, Kalkanstrich und Färbelung
übertragen werden kann. Rund um dieses bemerkenswerte Stück Baugeschichte
wird die Ausstellung neben historischen
Lehmbautechniken auch zukünftiges,
ressourcen- und energiesparendes Bauen
thematisieren.
www.museumsdorf.at
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Do, 30. 5. 2013, 16.00 Uhr
Haydn-Geburtshaus Rohrau
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ERÖFFNUNG BIBELGARTEN
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So, 26. 5. 2013, 11.00 Uhr
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Der Bibelgarten wird mit Getreide,
Gewürzpflanzen und Wein gestaltet, die
in Zitaten und Sprüchen der Bibel erwähnt
werden. Vermittelt wird der symbolische
Gehalt von Pflanzen sowie ihre Verwendung und Bedeutung im Alltag.
Der Bibelgarten steht zentral zwischen der
Protestantischen Geheimkapelle und dem
Täufergarten im Museumsdorf, wo auf
Basis der historischen Aufzeichnungen von
August Neilreich und mit Unterstützung
der Österreichischen Bibelgesellschaft die
historische bäuerliche Gartenkultur des Alltags unter Berücksichtigung der religiösen
Symbolik präsentiert wird. Eröffnet wird
der Bibelgarten durch eine ökumenische
Segnung vom Abt des Stiftes Lilienfeld,
Prälat KR Mag. Matthäus Nimmervoll, und
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
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Foto: Silvia Fembek
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THE HAYDN
GROOVE PROJECT
Gemeinsam mit dem weit über die heimischen Grenzen bekannten Akkordeonisten
Otto Lechner interpretiert das renommierte Koehne Quartett eine Abfolge von Quartettsätzen aus der Feder Joseph Haydns. Die
unvergleichliche Tini Kainrath ergänzt das
Programm durch eine Auswahl von deutschen und englischen Haydn-Liedern, vorgetragen mit ihrer brillanten Soulstimme
und ebenfalls begleitet von Otto Lechner.
Das Konzert findet im stimmungsvollen
Ambiente des Innenhofes des HaydnGeburtshauses in Rohrau statt – umrahmt
von einem kleinen Heurigen ab 14.00 Uhr.
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Information
2471 Rohrau, Obere Hauptstraße 25
Tel. 02164 2268
www.haydngeburtshaus.at
Inhalt / 5
Mai 2013
INHALT
Spiel
Alte Kegelbahnen
6 /
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Haus der Regionen
Connecting Tunes
9 /
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Volksmusik
aufhOHRchen in Gloggnitz
10 /
Weinviertel
Fronleichnam
22 /
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Waldviertel
Das Band der Blasmusik
24 /
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Mostviertel
Allerlei Tanz
26 /
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Bräuche
Rund um den Wald
Mostviertel
Wetzsteine
12 /
27 /
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Vortrag am Kamin
Heimat ist eine Idee
Handwerk
Von der Austria-Spitze
14 /
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Song Contest
Natália Kelly im Interview
16 /
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Musikschulen
Nikolaus Guschlbauer
18 /
im Porträt
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Hast du Töne?
BordunMusikTage
19 /
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28 /
bis zur Zistel
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Museum Neupölla
Alltagsgeschichte &
40 /
Familiensaga
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Lange Nacht der Museen
Museen in Písek
42 /
Auslage
Bücher, CDs & feine Ware
44 /
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Kultur.Region
Fortbildung
46 /
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Kultur.Region
Intern
aus dem Nähkorb
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NÖ Landesausstellung
Brot & Wein
34 /
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Ausstellung
Entlang der Prager Straße
36 /
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Chorszene
Singen im Sommer
30 /
Ausstellung
der Handschriften
Internationaler Museumstag
Museumsdorf Niedersulz
Altes & Neues
Volksliedarchiv
Digitalisierung
20 /
39 / Zukunft gestalten
47 /
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49 /
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50 / Die letzte Seite
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38 / Abwarten und Tee trinken
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IMPRESSUM
Herausgeber: Dr. Edgar Niemeczek, Dorothea Draxler. Chefredakteurin: Mella Waldstein. Redaktionsteam: Karin Graf, MA, Mag. Michaela Hahn, Mag. Katharina Heger,
Mag. Marion Helmhart, Mag. Andreas Teufl, DI Claudia Lueger, Dr. Freya Martin, Dr. Veronika Plöckinger-Walenta, Mag. Ulrike Vitovec, Mag. Anita Winterer, Mag. Eva Zeindl,
Michaela Zettl, Mag. Doris Zizala. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Ausgabe: Dr. Ernst Bezemek, Mag. Gabriele Burian, Friedrich Ecker, Dr. Peter Gretzel, Mag. Jiří Kacetl,
Dr. Friedrich Polleroß, Dr. Helga Maria Wolf. Produktionsleitung, Marketing, Anzeigen und Beilagen: Mag. Marion Helmhart. Eigentümer/Medieninhaber: Volkskultur Niederösterreich GmbH, 3452 Atzenbrugg, Schlossplatz 1, FN 308711m, LG St. Pölten. Tel. 02275 4660, [email protected], www.volkskulturnoe.at.
Geschäftsführung: Dorothea Draxler, Dr. Edgar Niemeczek. Sekretariat: Petra Hofstätter, Tina Schmid. Grafik/Layout: Atelier Olschinsky Grafik und Design GmbH, 1060 Wien.
Druck: good friends Druck- und Werbeagentur GmbH. Verlagspostamt: 3451 Michelhausen. Versandpostamt: Postamt 3112 St. Pölten. ISSN 1680-3434
Copyrights: Kultur.Region.Niederösterreich GmbH, 3452 Atzenbrugg. Artikelübernahme nur nach Vereinbarung mit dem Herausgeber. Fotos: Wenn nicht anders angegeben, Bildarchiv der Volkskultur Niederösterreich GmbH. Ziel der Zeitung: Information und Berichterstattung über Kunst und Kultur und ihre gesellschaftlichen Bedingtheiten mit besonderer Berücksichtigung der Regionalkultur im Bundesland Niederösterreich, Beiträge aus Wissenschaft und Praxis, Ankündigungen und Hinweise.
Alle in der Zeitschrift verwendeten Begriffe, Personen- und Funktionsbezeichnungen beziehen sich ungeachtet ihrer grammatikalischen Form selbstverständlich in gleicher Weise
auf Frauen und Männer. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers und der Redaktion widerspiegeln.
Cover: Peter Windhofer von der Pongauer Geigenmusi. Foto: Volkskultur Niederösterreich/Lackinger
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Spiel / 6
Alte Kegelbahnen
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Eines der ältesten Spiele ist das Werfen von diversen Objekten auf ein Ziel. Zu Besuch bei alten Kegelbahnen,
wo Spiel und Tradition gepflegt werden.
Kegelpartie im Gasthaus Staar in St. Leonhard am Hornerwald.
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Spiel / 7
Im Gasthaus Staar …
Die Lust am Spiel ist dem Menschen wohl in
die Wiege gelegt – auch die Freude am Wettbewerb: am Vergleich des eigenen Könnens
mit dem eines anderen. Und da der Mensch
erfindungsreich ist, wenn es ums Vergnügen
geht, ist der Variantenreichtum an Spielen
enorm. Eines der nachweisbar ältesten Spiele
ist das Werfen mit diversen Objekten auf ein
bestimmtes Ziel. Derlei Zielwurfspiele werden als Vorläufer des Kegelns angesehen.
Durch Grabfunde in Ägypten nachweisbar
ist das Spiel mit Kegeln bereits vor 5.500
Jahren, in Europa wurde es erstmalig Mitte
des 12. Jahrhunderts in Deutschland dokumentiert.
Das Kegeln erfreute sich großer Beliebtheit,
quer durch alle Bevölkerungsschichten: Bauern und Handwerker, Hochadel und Geistlichkeit, sogar Goethe und Schiller delektierten sich daran. Praktiziert wurde es u. a.
auf Jahrmärkten, Vergnügungsveranstaltungen und Hochzeiten, wo es meist harmlos
unterhaltsam zuging. Doch es wurde auch
häufig um Geld gespielt, wobei so mancher
Haus und Hof verspielte. Als Glücks- und
Wettspiel mit einhergehenden Prügeleien
handelte sich das Kegeln zeitweise einen so
schlechten Ruf ein, dass es immer wieder
gesetzlich verboten wurde, in Deutschland
wie in Frankreich – in England unter König
Eduard III. im Jahre 1337 sogar bei Todesstrafe. Aber es wurde auch wieder erlaubt …
Gespielt wurde bis ins 18. Jahrhundert ausnahmslos im Freien, mit Kugeln aus Stein
… wird die Lehmbahn „gebrackt“, das heißt, der Bodenbelag, bestehend aus Lehm, Salz und Stierblut, abgezogen.
oder Holz auf eine je nach Region oder
Mode verschiedene Anzahl von Kegeln aus
Holz. Seit etwa 1700 steht der „König“ in der
Mitte aller aufgestellten Kegel, er ist durch
einen Aufsatz ein wenig höher als alle anderen Kegelfiguren. Allgemeine Spielregeln
wurden erstmals 1786 festgelegt, zwei davon
gelten heute noch: dass beim Abwurf auf die
Kegel eine Grenzlinie nicht übertreten werden darf und die Kugel vor einer bestimmten Markierung aufgesetzt werden muss.
Im 19. Jahrhundert führten europäische
Auswanderer das Kegeln in den USA ein, wo
jedoch das Spiel 1837 auf neun im Quadrat
stehende Kegel verboten wurde. Ein findiger
Geist umging dieses Gesetz, indem er zehn
Kegel in Form eines Dreiecks aufstellte – das
Bowling war geboren.
König, Kranz und Pudel
Prinzipiell unterscheidet man drei Arten
von Kegelspielen, wobei alle Spiele als Einzel-, Partner- oder Mannschaftsspiele ausgetragen werden können. Beim „Spiel in die
Vollen“ geht jeder Schub auf alle Kegel,
danach werden alle Kegel wieder neu aufgestellt; beim „Abräumspiel“ geht nur der erste
Wurf in die Vollen, danach wird auf die stehen gebliebenen Kegel gespielt. Beim „Bilder-„ oder „Figurenkegeln“ wird auf eine
bestimmte aufgestellte Formation von
Kegeln gespielt. Ein „Kranz“ liegt beispielsweise vor, wenn nach einem Abräumspiel
einzig der König stehen bleibt. Rollt die
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Kugel nach dem Wurf in die seitliche Rinne
oder an die Bande, nennt man das einen
„Pudel“. Mit einer Pudelmütze kann ein
Spieler geehrt werden, der den ganzen
Abend die meisten „Pudel“ geworfen hat.
Eine Kegelbahn ist nicht einfach eine Kegelbahn. In Klubs organisierte Kegelsportspieler spielen heute auf sogenannten Asphalt-,
Bohlen-, Scheren- oder Bowlingbahnen.
Kegelspaßspieler spielen hierzulande weniger sportlich als vielmehr sehr vergnüglich
noch immer auf der Loambudl.
Loambudl
Hie und da gibt es sie noch – die Loambudl.
Im Garten des Gasthauses Langthaler in
Emmersdorf wurde die 1824 errichtete
Loambudl 1999 nach alten Vorlagen wieder
aufgebaut und aufgrund der schönen Aussicht in die südlichen Berge „PanoramaNaturkegelbahn“ benannt. Der Wirt in achter Generation bietet seinen Gästen so weit
mehr als Speis und Trank. In den warmen
Jahreszeiten wird die Bahn fleißig bespielt,
sporadisch von Tagesgästen, regelmäßig von
Stammgästen verschiedener Altersgruppen.
In Ordnung halten müssse man sie schon,
meint der Wirt, denn auch Vögel und Eichkätzchen fühlten sich dort wohl, aber den
Aufwand sei die Bahn schon wert.
Derselben Meinung ist auch die Wirtin vom
Gasthaus Staar in St. Leonhard am Hornerwald. Die Loambudl in ihrem Garten wird
Spiel / 8
Auch für die jungen ein Spaß – hier im Gasthof Langthaler in Pömling …
einmal im Monat per Hand „gebrackt“, das
heißt, der Bodenbelag der Bahn, bestehend
aus Lehm, Salz und Stierblut, wird befeuchtet
und mit einem Brett abgezogen, um beim Spiel
entstandene Unebenheiten auszugleichen.
Danken tun es ihr die Gäste, die hier gern in
geselliger Runde auf die Zeit vergessen, wie
sie sagt. Wer alle neune trifft, zahlt eine
Runde, wer drei Mal einen Pudel wirft, auch.
So sorgen Gewinner und Verlierer dafür,
dass die Mitspieler bleiben.
Kegel scheiben
„Was tragt di Gans auf ihrem Bugl? Vöda
Hans? / Kegelscheibstatt mit Kegl und Kugl /
tragt die Gans auf ihrem Bugl, / Vöda Hans,
des tragt die Gans!“, so haben die Kinder dereinst in Brunnkirchen bei Krems gesungen.
Für Nicht-Dialektkundige: „scheiben“ meint
„schieben“ oder „rollen“, schließlich heißt es
auch „Scheibtruhe“ in Ostösterreich anstatt
„Schubkarre“ wie in Deutschland.
Vielleicht waren unter den singenden Kindern auch Burschen, die sich mit dem wieder Aufstellen der Kegel ihr Taschengeld
aufgebessert haben? Der Sachse Karl May
hat jedenfalls als Kegeljunge nicht nur seine
monetäre Situation verbessert, sondern auch
seinen Horizont erweitert durch die – teils
derben – Gespräche der Erwachsenen am
anderen Ende der Kegelbahn, die wie ein
Hörrohr wirkte. Wahrscheinlich wusste er
daher schon sehr früh, dass das Wort „Kegel“
auch „lediges Kind“ bedeutete.
Somit weiß auch der werte Leser, dass man
nicht jedem leichtfertig verraten sollte, dass
man kürzlich mit Kind und Kegel verreist
sei, das könnte sich kompromittierend auswirken … /
Text: Gabriele Burian
Fotos: Nadja Meister
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
… und im Gasthaus Staar.
kegelbahnen
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Gasthof Staar
Wolfshoferamt 38
3572 St. Leonhard am Hornerwald
Tel. 02987 2208
www.gasthausstaar.at
Gasthof Langthaler
Pömling 14
3644 Emmersdorf
Tel. 02752 71427
www.gastaus-langthaler.at
Haus der Regionen / 9
Connecting Tunes
YODEL + DUDEL
= WELTMUSIK
Ethnopop trifft Volksmusik: Hohe Gesangskunst, Wortwitz und meisterhaftes Musizieren zeichnet
die beiden Konzerte der Reihe Connecting Tunes im Mai im Haus der Regionen aus.
In Compagnia
Christina Zurbügg.
Foto: Joseph Gallauer
Ist Christina Zurbrügg singende Filmemacherin oder filmemachende Sängerin? Auf
jeden Fall ist sie eine Allrounderin, eine Vollblutkünstlerin, eine Ausnahmemusikerin,
ebenso wie Komponistin. Geboren 1961 im
Berner Oberland in der Schweiz, wuchs sie in
ihrer Heimat, dem Kandertal, inmitten
Schweizer Traditionen auf. Nach einem längeren Aufenthalt in Südamerika führte ihr
Weg sie nach Wien, wo sie Schauspiel und
klassischen Gesang studierte. Bekanntheit
erlangte sie mit den Musiktheaterproduktionen über den spanischen Dichter F. G.
Lorca. Im Zuge der Beschäftigung mit einem
Dokumentarfilm über Wiens letzte Dudlerinnen fand Zurbrügg zu ihren eigenen Wurzeln und begann, sich musikalisch näher
damit zu beschäftigen. „Mich fasziniert beim
Jodeln, dass es überall verstanden wird“, so
die Schweizerin Christina Zurbrügg. Somit
war der Grundstein für eine abwechslungsreiche musikalische Karriere gelegt, die von
der Zusammenarbeit mit verschiedensten
Musikern und Formationen geprägt ist.
Giulio Venier (Geige), Emma Montanari (Gesang)
und Jan Kaberlov (Gitarre). Foto: Jana Holzmann
Yodel, Dudel & More
Die Liebe zum Jodeln und die Faszination an
der traditionellen Musik machen den musikalischen Stil von Christina Zurbrügg aus.
Ihre Musik wurde als „erstklassiges, popmusikalisches Werk zwischen Tradition und
Moderne“ rezensiert. Die einzigartige Kombination aus Gesang, Rap und modernem
Jodeln, gemischt mit Naturklängen und elektronischen Sounds, macht ihre Auftritte zu
einem einzigartigen Hörerlebnis. „Zurbrügg
besticht durch ihre Stimme, ihren Wortwitz
und ihr meisterhaftes Jodeln, das ihr (und
den Hörern) Flügel verleiht“, so die „Südtiroler Wochenzeitung“. Die Ethnopopperin und
Songwriterin singt auf Deutsch, Englisch,
Französisch, Spanisch und in exotischem
Schwyzerdütsch. Lieder über und aus dem
Alltag – mit Humor, Tiefgang, Poesie und
Leidenschaft fürs Leben – sind bezeichnend
für ihre Auftritte. Und natürlich greift Zurbrügg auch gekonnt selbst in die Tasten ihres
Akkordeons.
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
In eine andere Richtung, aber nicht weniger
interessant, gehen die Musiker der Gruppe
Aniada a Noar mit drei befreundeten Gastmusikern aus Friaul: Emma Montanari
(Gesang), Jan Kaberlov (Gitarre) und Giulio
Venier (Geige) lassen musikalische Aspekte
ihrer Heimat Friaul einfließen. Zusammen
mit der steirischen Weltmusik von Aniada a
Noar ergibt das Programm „In Compagnia“
ein musikalisches Gesamtkunstwerk mit viel
Charme, Professionalität und Esprit. Nachdem Aniada a Noar übrigens 30 Jahre lang
im Quartett aufgetreten sind, erfindet sich
die steirische Kultband neu und ist ab Mai
als Trio zu erleben. /
Text: Anita Winterer
CONNECTING TUNES
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Do, 16. 5. 2013, 19.30 Uhr
Yodel, Dudel & More
Christina Zurbrügg & Band
Fr, 24. 5. 2013, 19.30 Uhr
In Compagnia
Aniada a Noar & Gäste
Information und Karten
Haus der Regionen
3504 Krems-Stein, Donaulände 56
Tel. 02732 85015
[email protected]
www.volkskultureuropa.org
Volksmusikfestival / 10
aufhOHRchen
ALLES VOLKSMUSIK
Auf seiner Wanderschaft durch Niederösterreich hat sich aufhOHRchen einen festen Platz im niederösterreichischen Kulturleben erobert. Anfang Mai ist ganz Gloggnitz im aufhOHRchen-Fieber.
Volksmusik ist jung, modern, attraktiv und
drückt pure Lebensfreude aus – davon können sich die Besucher des großen Volksmusikfests in Gloggnitz überzeugen. „aufhOHRchen in Gloggnitz ist bereits in aller Munde.
Die Organisatoren der Volkskultur Niederösterreich und die Stadtgemeinde Gloggnitz
freuen sich auf viele interessante Begegnungen und Eindrücke, die den Besuchern
noch lange in Erinnerung bleiben werden.
Der Dialog zwischen Kulturen und Regionen
steht im Mittelpunkt dieses kleinen, aber feinen Festivals, zu dem sich alljährlich eine
bunte Gemeinschaft Musikbegeisterter jeden
Alters trifft. „Das gemeinsame Feiern, Musizieren und Singen steht im Mittelpunkt und
soll in der Region nachhaltig das Verständnis
für Volksmusik, Volkskultur und die eigene
regionale Identität stärken“, so die beiden
Geschäftsführer der Volkskultur Niederösterreich, Dorli Draxler und Edgar Niemeczek.
Mit allen Sinnen
Die bewährte Philosophie des Musikfestivals
zielt auf die Integration von Volksmusik in
ein breites Kulturverständnis ab. So bildet ein
Symposium zum Thema „Oben drüber –
unten durch – Weltkulturerbe und Semmeringbasistunnel“ am Donnerstag den Auftakt.
Am Freitag ist ein vergnüglicher Tag der
Jugend angesagt. Monatelang bereiteten sich
die Kinder der beiden niederösterreichischen
Landeskindergärten, der Volksschule Gloggnitz, der Sporthauptschule Gloggnitz und des
Sonderpädagogischen Zentrums mit ihren
Lehrern auf die Präsentation der Projekte
„Mit allen Sinnen“ im Stadtsaal vor. In vielen Workshops studierten die Jugendlichen
Lieder und Tänze aus der Region, aber auch
szenische Darstellungen speziell für das Festival ein. Die Zuseher erwartet also ein beeindruckendes Hörerlebnis, wenn der Klangkörper von über 400 Kindern den Stadtsaal
erschallen lässt. Die jungen Talente aus der
Musikschule präsentieren sich am Freitagnachmittag um 15.00 Uhr im Rahmen des
„Klingenden Gloggnitzer Wochenmarkts“
am Dr.-Karl-Renner-Platz. Der Kinderchor
der Musikschule, ein Bläserquartett, ein Streicherensemble und ein Volksmusiktrio bieten
beste Unterhaltung. Nachmittags lohnt sich
der Besuch des „Klingenden Wochenmarkts“,
abends locken das Oberkrainer-Fan-Quintett
mit Gitti, Heidi und Peter und das virtuose
Ensemble „Die Tanzgeiger“ zum Festkonzert
„Alles Volksmusik“.
Wirtshausmusik
Den Samstag leitet eine Floriani-Messe mit
anschließendem Frühschoppen ein, am Nachmittag führt ein musikalischer Klangpfad
durch Gloggnitz und ab 20.00 Uhr laden sieben Gasthäuser zu geselliger Wirtshausmusik
ein. Frei nach dem Motto „Wo ein Wirtshaus
erbaut, ein Musikant vorbeischaut“ laden
einige der besten Volksmusikensembles das
Publikum zum Mitsingen, Mitjodeln oder
Mittanzen ein. Denn die Faszination der
Wirtshausmusik liegt nicht in einem perfekten Vortrag, sondern am ungezwungenen
Zusammenspiel. Am Sonntag klingt das Festival mit einem Festgottesdienst und einem
großen Sänger- und Musikantentreffen mit
Ständchen für aufhOHRchen aus. /
Text: Marion Helmhart
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Volksmusikfestival / 11
programm
21. Niederösterreichisches Volksmusikfestival aufhOHRchen in Gloggnitz
Do, 2.–So, 5. 5. 2013
Do, 2. 5. 2013, 19.00 Uhr
„Oben drüber – unten durch“ –
Weltkulturerbe und SemmeringBasistunnel
Symposium in Kooperation mit dem Club
Niederösterreich
Schloss Gloggnitz, Veranstaltungssaal
Impulsvortrag mit Mag. Dr. Günter Dinhobl
Podiumsdiskussion mit DI Dieter Haas,
ÖBB-Infrastruktur AG, Irene Gölles, Bürgermeisterin der Stadtgemeinde Gloggnitz,
Christoph Madl, MAS, Geschäftsführer der
Niederösterreich Werbung, MinR Mag. DI
Dr. Bruno Maldoner, Bundesministerium
für Unterricht, Kunst und Kultur,
Ao. Univ.-Prof. DI Dr. Friedrich Zibuschka,
Amt der NÖ Landesregierung
Moderation: Theres Friewald-Hofbauer,
Club Niederösterreich
Do, 2. 5. 2013, 22.00 Uhr
Großer Österreichischer Zapfenstreich
Schlosspark Gloggnitz, Pavillon
Kreuzberger Musikverein, Musikverein
Prigglitz, Musikverein Schottwien,
Stadtkapelle Gloggnitz
Fr, 3. 5. 2013, 9.00 Uhr
Mit allen Sinnen – Schulprojekte
Stadtsaal Gloggnitz
Volksschule Gloggnitz, Sporthauptschule
Gloggnitz, Sonderpädagogisches Zentrum
Gloggnitz, NÖ Landeskindergarten Prägasse, NÖ Landeskindergarten Zenzi Hölzl
Straße
Fr, 3. 5. 2013, 14.00-18.00 Uhr
Klingender Gloggnitzer Wochenmarkt
Dr. Karl Renner-Platz
Ensembles der Musikschule der Stadtgemeinde
Gloggnitz, Mostviertler BlechMusikanten,
Wienerwald Viergesang, ZiachnRocker Nico
Marsoun
Fr, 3. 5. 2013, 20.00 Uhr
Abendkonzert „Alles Volksmusik“
Stadtsaal Gloggnitz
So, 5. 5. 2013, 9.30 Uhr
Gottesdienst
mit Feier des hl. Abendmahls
Einführung: Dorli Draxler
Oberkrainer-Fan-Quintett mit Gitti,
Heidi und Peter, Die Tanzgeiger
19.30 Uhr: Begrüßung durch die Mostviertler
BlechMusikanten
Evangelische Dreieinigkeitskirche
Sa, 4. 5. 2013, 10.00 Uhr
Floriani-Messe
Christkönigskirche
aufhOHRchen-Bühne
am Dr.-Karl-Renner-Platz
Ökumenischer Gottesdienst
mit Pfarrer Mag. Ernst Pankl und
Pfarrer Mag. Andreas Lisson
Mostviertler BlechMusikanten
Sa, 4. 5. 2013, 11.00–13.00 Uhr
Floriani-Frühschoppen
aufhOHRchen-Bühne
am Dr.-Karl-Renner-Platz
Die Blechan XL, Feuerwehren der Umgebung
Salterina, Volkstanzgruppe PayerbachReichenau/Rax
So, 5. 5. 2013, 10.00 Uhr
Festgottesdienst
Kranichberger Messe mit Gesangverein
Prigglitz, Kirchenchor Raach am Hochgebirge, Kirchenchor Hassbach, Kirchenchor
Kranichberg, Gesangverein „Eiche“ Penk,
Gesangverein „Pro Musica“ Breitenau,
Die 4 Blechan
So, 5. 5. 2013, 11.30 Uhr
Frühschoppen
aufhOHRchen-Bühne
am Dr.-Karl-Renner-Platz
Stadtkapelle Gloggnitz
Sa, 4. 5. 2013, 14.00 Uhr
Chöretreffen
So, 5. 5. 2013, 12.30 Uhr
Miteinander aufhOHRchen –
Sänger- und Musikantentreffen
aufhOHRchen-Bühne
am Dr. Karl Renner-Platz
aufhOHRchen-Bühne
am Dr. Karl Renner-Platz
Brucker Singkreis, Gesangverein „Eiche“
Penk, Mostviertler BlechMusikanten, Sängerbund Neustift, Sing mit-Runde Wiener
Neudorf, Wienerwald Viergesang
Die Huatara Dirndln, Edlitzer Weisenbläser, Gentlemen.m.u.s.i. des Musikvereins
Schottwien, Gesangsduo Hilde und Alex,
Gesangverein „Pro Musica“ Breitenau,
Jahreszeitenterzett, Männergesangverein
und Gemischter Chor Prigglitz, Pfadfinderchor der Pfadfindergruppe Gloggnitz,
Prigglitzer Vorstadtsänger, Sing mit-Runde
Wiener Neudorf, Spielmusik „Aufstreich“,
Terz Sterz, Volkstanzgruppe PayerbachReichenau/Rax, Weana Bleamerl, Wienerwald Viergesang
Sa, 4. 5. 2013, 16.30 Uhr
aufhOHRchen-Grüße
aufhOHRchen-Bühne
am Dr. Karl Renner-Platz
Landjugend Gloggnitz und Verein Silbersberg Gloggnitz
Sa, 4. 5. 2013, 17.00-20.00 Uhr
Klangpfad durch Gloggnitz
Sa, 4. 5. 2013, 20.00 Uhr
Wirtshausmusik
Gasthaus „Zur blauen Traube“:
5-G’span-Musi, Wienerwald Viergesang
Gasthof-Hotel Loibl: Pongauer Geigenmusi,
Aubichimusikanten, Spirk Trio
Gasthaus „Zur weißen Rose“:
Terz Sterz, Salterina
Änderungen vorbehalten!
Eintritt frei!
Ausgenommen Abendkonzert
Karten: VVK EUR 18,00; AK EUR 20,00
Erhältlich bei der Volkskultur Niederösterreich, bei der Stadtgemeinde Gloggnitz
Festivalabzeichen inklusive Programmheft:
EUR 3,00
Fr, 3. 5. 2013, 15.00 Uhr
Musikalische aufhOHRchen-Grüße
Gasthof Maurer:
Schanksänger aus dem Schneeberggebiet,
„Des tuatsnet“ Klarinettenmusi
Im Falle von Schlechtwetter finden Sie die
Veranstaltungsorte im Internet auf
www.aufhOHRchen.at unter Programm!
NÖ Landepflegeheim Gloggnitz
Gasthaus Posthörndl: Shaskeen
Information
Schwarzataler Tanzlmusik, Spielmusik
„Aufstreich“, Volkstanzgruppe PayerbachReichenau/Rax, Wienerwald Viergesang
Gasthaus Stiegenwirtshaus: NoHau
Volkskultur Niederösterreich
Tel. 02732 85015
www.aufhOHRchen.at
Baumgartner’s Gastgarten: Li Blos –
Lichtenegger Blasmusik, diemusikkanten
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Bräuche / 12
Mensch und Natur
rund um den wald
Wälder machen 40 Prozent der Fläche des Bundeslandes aus. Der Wald als Wirtschaftsraum
sicherte Generationen das Überleben, er galt aber auch als unheimlich, bevölkert von wilden Tieren
und lichtscheuen Gestalten.
ohne den die Landwirtschaft nicht hätte auskommen können“, stellt Sandgruber fest.
Waldbauern übten eine Reihe von Nebengewerben aus. Sie tauschten Produkte wie Holzkohle, Binderwaren, Dachschindeln, Bauholz
oder Bretter auf dem Holzmarkt in Wiener
Neustadt gegen Getreide für den Eigenbedarf. Ihre Wirtschafts- und Sozialgeschichte
im Schneeberggebiet, das zu 85 Prozent aus
Waldflächen besteht, kann man im Waldbauernmuseum Gutenstein kennenlernen. In der
aus dem Jahr 1576 stammenden „Alten Hofmühle“ stellt es 13 solcher Gewerbe vor.
Der Rothwald, ein Urwald in Niederösterreich.
Mit dem Rothwald, südlich des DürrensteinMassivs im Bezirk Scheibbs, besitzt Niederösterreich Österreichs einziges „Strenges
Naturreservat in Kategorie Ia“, das nie forstwirtschaftlich bearbeitet wurde. Nach der
Aufhebung des Kartäuserklosters Gaming,
dem er einst gehörte, kaufte die Familie
Rothschild den Wald, nutzte ihn aber nicht.
Im Sinne des Umweltschutzes beschloss
Albert Rothschild (1844–1911) im Jahr 1875,
das Gebiet als Primärwald für die Nachwelt
zu erhalten. Es gilt als größter Urwald Mitteleuropas. Üblicherweise waren geistliche wie
weltliche Grundherren seit dem 12. Jahrhundert bestrebt, großflächige Rodungen durchzuführen.
Im Mittelalter unterschied man den ungepflegten Urwald („silva“) und den gehegten
Forst („forestum“). Der Wirtschaftshistoriker
Roman Sandgruber spricht von der „Ambivalenz zwischen Wildnis und Kultur“. Heute
denkt man bei Produkten des Waldes in
erster Linie an Holz, doch gab es viel mehr
Verwertbares: Wild, Kräuter und Pilze, Wurzeln und Knollen, Beeren und Obst, Honig
und Wachs, Eicheln, Bucheckern und Nüsse,
Harz, Pottasche, Heu, Laub und Reisig.
„Durch Abbrennen und Beweiden, Laubrechen und Schneiteln, Streusammeln und
Abgraben von Walderde erfolgte ein Energieund Nährstofftransfer vom Wald aufs Feld,
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Anders als die Waldbauern, die (seit der Bauernbefreiung 1848) zugleich die Waldbesitzer
waren, handelte es sich bei den Holzknechten
um Lohnabhängige. Dennoch bildeten sie
einen selbstbewussten Stand mit einer straffen Arbeitsorganisation. Dieser entstand
nach dem Aufkommen der Eisenindustrie.
1569 bestimmt die „Eisenwidmung“, dass die
Wälder des Schneeberg- und Raxgebietes für
die umliegenden Eisen- und Hammerwerke
zu verwenden seien. 1625 schlossen sich
mehr als 60 Radwerke und Eisenhämmer zur
„Innerberger Hauptgewerkschaft“ zusammen. Um den Holzbedarf zu decken, wurden
Forstarbeiter in Niederösterreich angesiedelt.
Eine Partie bestand aus zehn Männern, denen
der „Passknecht“ vorstand. Während der
Woche hausten sie in der Nähe des Schlages
in Hütten oder Blockhäusern. Entlang der
Wände befanden sich Pritschen als Liegestatt.
Den Mittelpunkt bildete die Feuerstätte zum
Kochen und Heizen. Jeder kochte für sich
und hatte eine bestimmte Stelle am Herd.
Bräuche / 13
Ein Pecher bei der Arbeit.
Zum Essen saß er, mit der Pfanne auf den
Knien, auf seinem Schlafplatz. Die meisten
Speisen bestanden aus einem Mehlteig, der in
Schweineschmalz herausgebacken wurde.
Als um die Mitte des 18. Jahrhunderts in
Wien das Brennholz knapp wurde, warb man
evangelische Holzknechte aus Salzburg an.
Daheim wurde sie wegen ihres Glaubens verfolgt, in Niederösterreich fanden sie dauerhafte Arbeitsplätze. Die einsamen Wälder
boten auch Gelegenheit, fernab der Siedlungen im Geheimen ihre Andachten zu
pflegen. Nach dem Josephinischen Toleranzpatent wurde in Mitterbach 1785 das erste
Bethaus einer Toleranzgemeinde in Niederösterreich eingeweiht. Auch der „Raxkönig“
Georg Huebmer (1755–1833) entstammte
einer geheimprotestantischen Familie. Er und
sein Bruder Johann errichteten am Naßbach
und an der Schwarza die für die Holzbringung notwendigen Einrichtungen und sicherten dadurch viele Jahre den Betrieb des
Hirschwanger Eisenwerks der Innerberger
Hauptgewerkschaft. Früh erkannten sie die
Möglichkeit, über den Wiener Neustädter
Kanal Holz nach Wien zu befördern. Berühmt
wurde Georg Huebmer als erster Tunnelbauer Europas, da er durch den 1.134 Meter
hohen Sattel des „Gscheidl“, einen 430 Meter
langen Schwemmtunnel zur Holztrift, sprengen ließ. 1827 waren die Arbeiten abgeschlossen.
In den 1970er Jahren erforschte der Volkskundler Günther Richter die traditionelle
Kultur der Holzknechte, wobei er 130 von
ihnen befragte. Themen waren Alltag,
Waldarbeiter in früheren Zeiten.
Arbeitsgeräte und -methoden, Kleidung,
Glaube und Aberglaube sowie Bräuche. Dazu
zählten Standesfeste, wie Holzhackerball und
Holzknechtkränzchen, bei denen spezielle
Lieder und Tänze zur Aufführung kamen,
Maschkerer-Umzüge im Fasching, das Setzen
von Mai- und Sonnwendbäumen, das Fensterln und kirchliche Feiertage.
Pecherei & Glashütten
Holzknechte waren – wie Förster – nicht die
einzigen, die ihren Beruf im Wald ausübten.
Weithin hörbar klang das Schlagen der
Pecher, wenn sie im südöstlichen Niederösterreich den Föhren ihr Harz abzapften.
Über Jahrhunderte bildete die Pecherei für
tausende Familien in den Bezirken Mödling,
Baden, Wiener Neustadt und Neunkirchen
den Lebensunterhalt. Es handelt sich um das
größte und nördlichste Verbreitungsgebiet
der Schwarzföhren in Mitteleuropa, die hier
zu Maria Theresias Zeiten angepflanzt wurden. Um das Harz (Pech) zu gewinnen,
wurde der Stamm oberflächlich verwundet
und dadurch der Harzfluss angeregt. Raffinerien und Siedereien verarbeiteten das
Harz zu Terpentinöl und Kolophonium.
Heute gibt es nur noch acht Pecher, die letzte Fabrik Mitteleuropas befindet sich in
Niederösterreich. Die Pecherei steht auf der
UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes – wie auch die Köhlerei. In Österreich
üben heute nur noch 15 Personen die Köhlerei aus, wobei Rohr im Gebirge mit sechs
Betrieben ein Zentrum darstellt.
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
In der Glashütte.
Verschwunden sind die Waldglashütten, die
vom 12. bis ins 17. Jahrhundert grünliches
Glas für Butzenscheiben herstellten. Quarzsand und die doppelte Menge Pottasche bildeten die Rohstoffe. Man gewann sie aus
Eiche, Buche oder Fichte und Pflanzen wie
Farnkraut. Für ein Kilo Glas benötigte man
etwa einen Raummeter Holz zur PottascheHerstellung und zum Heizen der Öfen. Eine
Glashütte verbrauchte jährlich das Holz von
20 bis 30 Hektar Wald. Nach dem Kahlschlag
wanderte der Glaserzeuger weiter, Ackerbauern und Viehzüchter konnten das so gewonnene Land für ihre Wirtschaft und Siedlungen nutzen.
Ein ganz eigenes Kapitel ist die Waldnutzung
durch die Jagd. Sie war seit dem Mittelalter
ein adeliges Privileg. Damals entstand auch
der Beruf des Jägers, der im Sinne seines
Arbeitgebers jagdliche und hegerische Tätigkeiten ausführt. Sein Widerpart, der Wilderer, wurde als sozialer Rebell und Symbolfigur gegenüber den Herrschenden in Liedern
besungen und (Heimat-)Filmen dargestellt.
Doch handelt es sich bei dem – oft als romantisches Vergnügen dargestellten – Wilddiebstahl um ein kompliziertes soziales Phänomen. Darauf hat besonders der Soziologe
Roland Girtler hingewiesen, der in St. Pankraz (Oberösterreich) ein eigenes Wilderermuseum eingerichtet hat. /
Text: Helga Maria Wolf
Illustrationen: Magdalena Steiner
Haus der Regionen / 14
Vortrag am Kamin
heimat
ist eine idee
Mit dem Vortrag „Heimaten reloaded“ eröffnete Prof. Konrad Köstlin
die Kremser Kamingespräche zum Thema Heimat.
entkommen, im Herbst nicht dem Kürbis.
Und das Magazin „Servus“ ist mit dabei.
Darin wird sogenanntes „Heimatwissen“ verkauft. In Deutschland heißt das „Landlust“
und war, bevor die Zeitschrift die Millionenauflage überschritten hat, eine biedere westfälische Landwirtschaftszeitung.
Konrad Köstlin beim Vortrag am Kamin.
Unter „Heimat“ versteht jeder etwas anderes.
Im Gegensatz zum Feld der Molekularbiologie, ist Heimat ein Thema, in dem jeder
Experte ist. Denn Heimat an sich gibt es
nicht. Es entsteht durch den Akt des Handelns, durch Meinungen und Werte im Hintergrund. Heimat, so wie wir diesen Begriff
derzeit verstehen, ist ein Gegenentwurf zur
Globalisierung.
Auch wo der Begriff Heimat nicht auftaucht,
steckt Heimat drinnen, etwa aktuell beim
Phänomen „Rettet die Schwedenbomben“.
Hier will eine auf Facebook vernetzte Gruppe mit dem Aufruf zum Kauf von Schwedenbomben einen österreichischen Süßwarenhersteller vor dem Konkurs bewahren. Heimat ist auch in Begriffen wie „Bio“ oder
„CO2-Footprint“ enthalten. Heute – und
gerade da steckt Heimat drinnen – ist Selbermachen das oberste Gebot. Früher brachte
man zu einer Einladung Blumen oder eine
Bonboniere mit, jetzt sind es selbstgemachte
Marmeladen.
Die Moderne hat etwas geschaffen, woran sie
heute leidet: an der Perfektion des Industriellen. Der Fortschritt sollte die Unvollkommenheit der Handarbeit auslöschen und
evoziert gleichzeitig die Sehnsucht danach.
Heimat – eine Stimmung
Heimat – eine Begriffserklärung
Heimat hat schwankende Konjunkturen.
Derzeit steht die Aktie Heimat hoch. Die
NÖN gibt seit kurzem eine Beilage mit dem
Titel „Heimat“ heraus. Menschen aus den
Städten konvertieren zu Naturfreaks und
werfen sich den Jahreszeiten an den Hals. Im
Frühjahr z. B. ist dem Bärlauch kaum zu
Gefühle fallen nicht vom Himmel, auch
nicht die für die Heimat. Das Heimatgefühl
wurde in einem historischen Prozess erlernt.
Der vormoderne Heimatbegriff war ein
Rechtsbegriff. Mit dem Wort Heimat war der
Hof gemeint. Das Recht auf Heimat war
somit an Besitz gebunden. Heimat, das besa-
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
ßen nur wenige. Und Heimat war männlich
konnotiert – denn der Hoferbe war männlich. Die anderen – die Besitzlosen – wurden
auf die himmlische Heimat vertröstet. Wir
alle kennen noch den Ausdruck „Heimatrecht“. Heimatrecht hatte man dort, wo man
geboren war, dort hatte man einen gewissen
Anspruch auf Obsorge im Alter. Mit der
Industrialisierung und steigender Mobilität
im 19. Jahrhundert wird das Heimatrecht
unbrauchbar. Stichworte dazu: Landflucht,
Verelendung, Auswanderung.
Also wandelt sich der Begriff. In Bayern wurden Heimat, Brauchtum, Trachten etc. gefördert und in die Staatsideologie verwoben.
Herzog Max in Bayern, auch der Zither-Maxl
genannt, hat Stücke für die Zither komponiert und so beigetragen, dass dieses Instrument nicht ausstirbt. Ein bayerischer Erlass
aus dem Jahre 1852 verordnete die Erhaltung
der Dorflinde. Verordnungen zur Trachtförderung folgten. Zum Begriff Heimat gesellt
sich das Bewahren und Pflegen. Auf diese
Weise, so hoffte man, könne die Industrialisierung verlangsamt und die Entwurzlung
der Menschen verhindert werden.
In Österreich wird um die Jahrhundertwende der Begriff Heimat zum ethnografischen Kitt der k. u. k. Monarchie. Volkskundler schwärmten in die Länder des österreichisch-ungarischen Reichs und betrieben
ein gigantisches Marketing für die Provinz.
Das Ergebnis ist das 24-bändige Kronprinzenwerk. Heimat ist jetzt eine Idee. Sie wird
emotionalisiert und entmaterialisiert. Heimat wird zu einem Sonntagsbild, das nicht
mehr auf die Gegenwart zielt.
Das Thema Heimat und Nationalsozialismus
wäre ein eigener Vortrag und ist in paar Sätzen nicht abzuhandeln. Nach dem Faschismus war Heimat für die Demokratie
unbrauchbar geworden und spaltet bis heute,
Theater / 15
Der Weibsteufel
den spiess
umdrehen
zumindest auf der symbolischen Ebene. Heimat war in den 1960/70er Jahren etwas
anderes als heute, denken wir nur an die
österreichische Literatur mit dem Antiheimatroman: „Herrenjahre“ von Gernot Wolfgruber, Franz Innerhofer und Felix Mitterer.
Dazu passt ein Ausspruch von Martin
Walser: „Heimat ist das freundlichste Wort
für Zurückgebliebenheit.“
Für Karl Schönherrs Stück „Der Weibsteufel“ wird die Ladefläche
eines LKWs zur Bühne.
DER WEIBSTEUFEL
———————————————————
Abschließend könnten wir fragen, wohin die
Reise des Heimatbegriffes geht. Um es mit
Johann Gottfried Herder zu sagen: „Heimat
ist, wo ich mich nicht erklären muss.“ Das
würde den Heimatbegriff obsolet machen. /
Zusammengefasst von Mella Waldstein
Nachzuhören auf
www.volkskultureuropa.org
KREMSER KAMINGESRÄCHE
———————————————————
Heimat.Chancen
Mi, 8. 5. 2013, 18.00 Uhr, Festsaal
Mag. Michael Stavarič, Schriftsteller
Dr. Gesine Tostmann, Volkskundlerin
und Trachtenexpertin
Heimat.Träume
Mi, 12. 6. 2013, 18.00 Uhr, Festsaal
Dorothea Draxler, Geschäftsführerin der
Volkskultur Niederösterreich
Gerhard Haderer, Karikaturist
Eintritt frei, Anmeldung erbeten
Haus der Regionen
Donaulände 56
3504 Krems-Stein
Tel. 02732 85015
www.volkskultureuropa.org
Lastkrafttheater mit Manuela Seidl,
Max Mayerhofer, David Czifer.
Regie: Marius Schiener
Vorstellungen
Max Mayerhofer, Manuela Seidl und David Czifer.
Foto: z. V. g.
Sa, 4., u. So, 5. 5. 2013, 18.00 Uhr
Firma Talkner, 3860 Heidenreichstein,
Schremser Straße 81
„Zuerst habt ihr mich aufgerissen bis auf den
Grund, und jetzt möchts ihr mich wieder
zudrehn, wie einen Wasserhahn. Aber mich
fangts nimmer ein“, sagt die Frau und dreht
den Spieß um. Sie benutzt – statt benutzt zu
werden. Mit Schönherrs Volksstück tourt das
„Lastkrafttheater“ durch Niederösterreich.
Sa, 11. 5. 2013, 18.00 Uhr
AK-Saal, 2340 Mödling, Dr.-HannsSchürff-Gasse 14
Ein Mann und seine junge Frau. Sie leben an
der Grenze. Der Mann ist im Schmuggelgeschäft. Der Mann erfährt, dass der neue
Grenzjäger auf seine Frau angesetzt wird, um
die Hehlerei auszuspionieren. Daraufhin verlangt er von ihr, selbst aktiv zu werden und
den Grenzjäger zu umgarnen – damit er das
Schmuggelgut wegschaffen kann. Als die
Frau erkennt, dass sie von beiden Männern
zu deren Zwecke benutzt wird, spielt sie die
beiden gegeneinander aus und bringt sie so
zum Äußersten. Karl Schönherr (1867–1943)
war Arzt wie Arthur Schnitzler und vor dem
Ersten Weltkrieg meistgespielter Bühnenautor. Mit „Weibsteufel“ schuf er nicht nur ein
Beziehungsdrama, ein Heimatstück und
einen Krimi, sondern auch eine zeitlose
Abhandlung über die Themen Lust und Gier.
Sa, 25. 5 2013, 16.00 Uhr
Messegelände, Freigelände West,
Stand Arge LogCom, 3430 Tulln
So, 12. 5. 2013, 16.00 Uhr
3672 Maria Taferl, Basilikaplatz
Sa, 18. 5. 2013, 18.00 Uhr
3950 Gmünd, Stadtplatz
Di, 28. 5. 2013, 19.00 Uhr
Volksheim, 3130 Herzogenburg,
Auring 29
Sa, 1. 6. 2013, 17.00 Uhr
3550 Langenlois, Loisium-Allee 1
So, 2. 6. 2013, 18.30 Uhr
Freizeitzentrum, 2351 Wiener Neudorf,
Eumigweg 1–3
Sa, 8. 6. 2013, 18.00 Uhr
2070 Retz, Hauptplatz
So, 9. 6. 2013, 15.00 Uhr
Karikaturengarten, 3522 Brunn am Wald
Eintritt frei!
Interview / 16
Natália Kelly
bei uns hat�s gefunkt
Sie ist die derzeit wohl bekannteste Musikschülerin Österreichs. Spätestens seit ihrem Auftritt bei der ORFShow „Österreich rockt den Song Contest“ weiß jeder, was „prima la musica“ ist, denn sie ist mehrfache
Preisträgerin – die Rede ist von Natália Kelly, Österreichs Beitrag beim „Eurovision Song Contest“ 2013.
Schlagzeug und habe zusätzlichen Gesangsunterricht in Popularmusik bei Alex Wartha
genommen. Dem Kinderchor folgte ein
Jugendensemble, außerdem haben wir ein
Gesangsterzett, „Cara Mias“, gegründet, das
sich bald auf acht Mädchen erweiterte.
Zusammen nahmen wir an Wettbewerben
wie „prima la musica“, „Austria Cantat“
oder „Österreich singt“ teil. Kurz gesagt: Die
Musikschule wurde zu meinem zweiten
Zuhause, täglich verbrachte ich meine Freizeit dort.
Natália Kelly – Musikschülerin und Song-Contest-Hoffnung. Foto: Stefan Tauber
Seit ihrem sechsten Lebensjahr besucht die
nun 18-Jährige die Musikschule Bad Vöslau
und startete dort ihre musikalische Laufbahn, die beim Kinderchor „Tigerband“
anfing, sie über diverse Musikwettbewerbe
zur Teilnahme am „Eurovision Song Contest“ in Malmö führte und in einer internationalen Karriere münden soll. Michaela
Hahn, Geschäftsführerin des Musikschulmanagement Niederösterreich, sprach mit
Natália Kelly, deren Gesangs- und Klavierlehrerin Isabella Maierhofer und dem Leiter
der Musikschule Bad Vöslau, Christian
Sauer, über den Weg ihrer musikalischen
Karriere, die Rolle des Lehrers und Talenteförderung in der Musikschule.
Natália, seit deinem sechsten Lebensjahr
besuchst du die Musikschule, nimmst dort
neben Gesangs- auch Klavierunterricht, hast
auch E-Gitarre und Schlagzeug gelernt …
Wie hat dein musikalischer Werdegang
begonnen und was bedeutet Musikschule für
dich persönlich?
Kelly: Begonnen hat alles bei Isabella (Maierhofer), zuerst mit Klavierunterricht, bald
darauf mit Gesang. Die Begeisterung war
sofort da, sodass meine Mama Isabella bald
überredet hat, einen Kinderchor zu gründen. Mit der Gründung der „Tigerband“ hat
meine Leidenschaft zum Gesang begonnen,
später kam das Musizieren hinzu. Ich habe
ein paar Jahre E-Gitarre gelernt, später auch
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Nebenher hast du auch noch beim „Kiddy
Contest“ oder bei „The Voice“ teilgenommen.
Was war der Beweggrund dafür?
Kelly: Den „Kiddy Contest“ habe ich immer
schon gerne verfolgt. Meinen Eltern habe
ich angekündigt, mitmachen zu wollen.
Anfangs waren sie skeptisch, da ich erst
neun Jahre alt war, aber schlussendlich
konnten wir eine DVD produzieren und
diese einschicken – und es hat funktioniert!
Ab diesem Zeitpunkt war klar: Das möchte
ich beruflich einmal machen. Dann hat
eines zum anderen geführt. In der Musikschule haben Isabella und ich hart an meiner
Stimme gearbeitet. „The Voice“ gab mir die
Möglichkeit, meine eigenen Songs zu präsentieren und auch an ihnen zu arbeiten.
Durch meinen Sieg hatte ich zusätzlich auch
die Möglichkeit, eine Single aufzunehmen
und mit dem Produzenten der Plattenfirma,
bei der ich jetzt bin, zusammenzuarbeiten.
Seit Oktober habe ich nun einen Plattenvertrag – im April wurde mein erstes Album,
„Natália Kelly“, veröffentlicht.
Interview / 17
Michaela Hahn, Musikschulmanagement
Niederösterreich (2. v. l.), sprach mit Natália Kelly
(r.), deren Gesangs- und Klavierlehrerin Isabella
Maierhofer (3. v. l.) und dem Leiter der Musikschule
Bad Vöslau, Christian Sauer (l.).
Isabella, du betreust ja viele Musikschüler,
und das oft jahrelang. Wie erkennt man
Talent und wie fördert man es als Lehrer?
Maierhofer: Als Lehrer braucht man ein
Gespür für das Erkennen von Talenten, auch
kommt mit der Zeit die Erfahrung, Situationen und Talente zu erkennen. Ein guter
Draht zum Schüler ist dabei hilfreich. Wenn
dieser stimmt, erkennt man oft auch Begabungen, die für andere weniger sichtbar
sind. Wenn Kapazität und Begabung vorhanden sind, so soll man auf jeden Fall versuchen, diese zu fördern. Dafür bieten sich
Wettbewerbe an, weil man gezielt darauf
hinarbeiten kann. Ich persönlich versuche
herauszufinden, ob der Schüler das nötige
Talent, aber auch die Nerven dafür hat.
Kelly: Und der Wille muss da sein!
Man sagt oft: „Jeder Schüler findet seinen
Lehrer“. Trifft das bei euch zu?
Kelly: Ja, bei uns hat’s gefunkt (lacht)! Ich
verstehe mich mit allen meinen Lehrern gut,
aber natürlich hat man zu jedem einen
anderen Zugang. Mit Isabella arbeite ich am
längsten zusammen, das erklärt wahrscheinlich unsere Harmonie. Außerdem teilen wir
eine ähnliche Ansichtsweise: Isabella fordert
und fördert – sie lässt Begabungen nicht
stehen, sondern möchte, dass ich mich weiterentwickle.
Wie bereitest du Schüler auf Wettbewerbe vor,
wie geht ihr mit der Erwartungshaltung um?
Maierhofer: Ein Vorteil ist, dass ich alle
meine Schüler selber begleite – das ist für
die Harmonie und das Zusammenwachsen
ideal. Anfangs riet ich meinen Schülern,
ohne große Erwartungen zum Wettbewerb
Natália Kelly als Musikschülerin beim Wettbewerb
podium.jazz.pop.rock 2009
zu fahren, da wir weder das Umfeld noch die
Art der Bewertung kannten. Doch so wie
sich die Wettbewerbe in den vergangenen
Jahren weiterentwickelt haben, so habe auch
ich Erfahrungen gesammelt. Heute weiß ich,
wie der Hase läuft: ich kann mittlerweile gut
einschätzen, wann Schüler die Kapazität
haben, einen 1. Preis zu erreichen.
Wenn du auf der Bühne stehst, sticht deine
Stimme heraus. Was mich beeindruckt, ist,
dass es dir scheinbar nichts ausmacht, auch
einmal in einer Nebenrolle mitzuwirken.
Kelly: Mir geht es grundsätzlich nicht
darum, im Mittelpunkt zu stehen, ich möchte nur „mein Ding“ machen. Ich liebe es zu
musizieren, egal in welcher Rolle ich bin: Ich
genieße, was ich tue! So auch beim Musicalprojekt Wir sind Bühne.Musical – ich hatte
viel Spaß und habe sehr viel dazugelernt –
von der Gruppe sowie der künstlerischen
Leiterin, Luzia Nistler.
Sauer: Es ist auch nicht ihre Charaktereigenschaft, sich derart in den Mittelpunkt zu stellen. Ob bei der Show „Österreich rockt den
Song Contest“ oder eine Woche später im
kleinen Rahmen beim Vortragsabend der
Musikschule – Natália singt alleine oder im
Chor als eine von zehn: genau das macht sie
so sympathisch. Und so ist sie ihren Weg
gegangen, bis hin zum „Song Contest“ in
Malmö, das ist unglaublich!
Talenteförderung ist in Niederösterreich ein
großes Thema, vom Musikschulbeirat wird in
den kommenden Jahren dahingehend ein
Schwerpunkt gesetzt. Was kann die Musikschule an Talenteförderung leisten bzw. bis zu
welchem Grad kann sie das?
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Sauer: Meiner Meinung nach funktioniert
die Talenteförderung in Niederösterreich
bereits sehr gut. Besonders das Jugendsinfonieorchester, das viele Möglichkeiten für
Musikschüler bietet, muss hervorgehoben
werden. Die Musikschule stellt die Rahmenbedingungen für eine gute Ausbildung bereit,
in Vortragsabenden und Konzerten bietet sie
Auftrittsmöglichkeiten und vieles mehr. Der
nächste Schritt ist das Hinführen zum Musikstudium. Projekte und Fördermöglichkeiten
seitens der Musikschule und dem Musikschulmanagement Niederösterreich gibt es
zur Genüge. Und wer wirklich intensiv mehr
machen möchte, bei dem funktioniert es wie
bei Natália, wenn die ganze Familie dahintersteht und sie tatkräftig unterstützt.
Natália, dein nächstes Ziel ist der „Song Contest“ – hast du Pläne für die Zukunft? Wie
geht es danach weiter?
Kelly: Ich hoffe gut (lacht). Mein Ziel ist es,
eine internationale Karriere aufzubauen,
darauf arbeite ich schon länger hin. Jetzt ist
Österreich dran und dann …
Wir drücken dir fest die Daumen dafür und
wünschen dir das Allerbeste für Malmö! /
Interview: Michaela Hahn, Katharina Heger
NATÁLIA KELLY
———————————————————
Geboren am 18. 12. 1994 in Hartford/
Connecticut (USA); lebt in Österreich seit
2000; Unterricht in der Musikschule Bad
Vöslau in Klavier bei Isabella Maierhofer,
Schlagzeug bei Thomas Mair, E-Gitarre bei
Roland Teuchmann und Gesang bei Isabella Maierhofer und Alex Wartha.
Preise und Erfolge bei Wettbewerben:
Kiddy Contest 2004: 2. Platz;
prima la musica: 1. Preise mit ausgezeichnetem Erfolg bei Landes- und Bundeswettbewerb (Solo/Ensemble, Klavier/
Gesang) von 2005 bis 2010;
podium.jazz.pop.rock: 1. Preise mit ausgezeichnetem Erfolg von 2008 bis 2012;
Teilnahme am Musicalprojekt des Musikschulmanagement Niederösterreich („Wir
sind Bühne.Musical“, 2011);
The Voice: 1. Platz (2011);
Plattenvertrag mit Universal Music
Austria (2012);
Teilnahme am „Eurovision Song Contest“
in Malmö für Österreich (2013).
Musikschule / 18
Porträt
mein grösstes
spielzeug
Am 25. Mai gibt das Jugendsinfonieorchester Niederösterreich ein Benefizkonzert
für das Rote Kreuz Amstetten. Der Solist Nikolaus Guschlbauer im Porträt.
Nikolaus Guschlbauer bei Proben mit dem
Jugendsinfonieorchester Niederösterreich.
Besuch beim Probencamp des Jugendsinfonieorchesters Niederösterreich in Melk. Bei
der Hauptprobe für das Konzert für Klavier
und Orchester Nr. 3 von Ludwig van Beethoven – angeleitet von Dirigent Martin
Braun – ist zu hören, was die Musikschüler
in den letzten Tagen gemeinsam mit ihren
Dozenten aus den Reihen des TonkünstlerOrchesters Niederösterreich erarbeitet
haben. Am Klavier: Nikolaus Guschlbauer.
Es ist das erste Konzert des 20-jährigen Katzelsdorfers mit einem derartigen Orchester
– und dennoch merkt man ihm kaum Nervosität an. Immer wieder erntet er anerkennende Blicke von Kollegen, Dirigent oder
Dozenten. „Eine Karriere als Konzertpianist“ – natürlich ein ambitioniertes Ziel,
erzählt Nikolaus Guschlbauer, auf seine
Pläne angesprochen. Begonnen hat seine
musikalische Laufbahn an der Josef Matthias Hauer Musikschule in Wiener Neustadt
bei Franziska Schneider. Aber eigentlich
noch früher, denn zu Hause stand ein alter
Flügel. „Mein größtes Spielzeug“, wie Nikolaus Guschlbauer ihn bezeichnet. Darauf
begann er zu improvisieren und Melodien
nachzuspielen. Die Zeit an der Musikschule
war geprägt durch zahlreiche Musikwettbewerbe bei „prima la musica“ und ebenso
viele 1. Preise auf Landes- und Bundesebene.
wie auch persönlich – und als tolle Erfahrung. Diese birgt jedoch auch Herausforderungen in sich. „Man muss eine gewisse
Deutlichkeit mitbringen und diese auch
manchmal mit Risiko durchsetzen“,
beschreibt Nikolaus Guschlbauer. Und er
ergänzt: „Aber man wächst schnell zusammen, das merkt man schon während der
Proben.“
Zwischen Perfektion
und Improvisation
Am 25. Mai gibt es die Möglichkeit, das
Jugendsinfonieorchester Niederösterreich,
unter der künstlerischen Leitung von Martin
Braun, und Nikolaus Guschlbauer am Klavier zu hören. /
Ab dem Alter von zwölf Jahren besuchte
Nikolaus Guschlbauer die Vorbereitungsklasse von Alma Sauer an der Universität für
Musik und darstellende Kunst Wien, seit
2011 studiert er Konzertfach bei Ralf Heiber
am Joseph Haydn Konservatorium des Landes Burgenland. Dass selbst das größte
Talent viel Übung braucht und der Weg zum
Berufsmusiker lang ist, wird deutlich, wenn
Nikolaus Guschlbauer von seinem Alltag in
Eisenstadt erzählt. Bis zur Hälfte des Tages
verbringt er am Instrument. Wichtig ist ihm
dabei jedoch nicht nur das „sture“ Üben,
sondern auch das Improvisieren: „Was deutlich unterschätzt und selten angesprochen
wird, ist die Improvisation. Diese ist in der
‚Klassik‘ total verloren gegangen, da der
Zeitgeist in Richtung Perfektion drängt.
Dabei wird vergessen, dass man für Perfektion auch das Eingehen auf den Moment eine
gewisse Flexibilität braucht.“
Die Möglichkeit, mit dem Jugendsinfonieorchester Niederösterreich zu musizieren,
sieht der Solist als weiteren Schritt nach
vorne in allen Beziehungen – musikalisch
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Text und Foto: Katharina Heger
BENEFIZKONZERT
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Sa, 25. 5. 2013, 19.30 Uhr
Jugendsinfonieorchester Niederösterreich: Benefizkonzert für das
Rote Kreuz Amstetten
Werke von Markus Zierhofer, Ludwig
van Beethoven, Modest Mussorgski und
Johann Strauß Sohn.
Johann-Pölz-Halle
3300 Amstetten, Stadionstraße 12,
Kartenvorverkauf
Tel. 02742 601 454, [email protected],
www.avb.amstetten.at
Information
www.musikschulmanagement.at
Hast du Töne? / 19
BordunMusikTage
bunt
brummen
tanz&MUSIKWOCHE
Bei den alljährlichen BordunMusikTagen „Hast du Töne?“ tauchen
Musiker vier Tage lang in die bunte Welt der Bordunmusik ein.
Nyckelharpa. Foto: Mikael Bodner
Das Wort „Bordun“ (dt. „Brummer“) bezeichnet einen konstanten Dauerton als einfachste Form der Melodiebegleitung, der
beim Dudelsack von eigens dafür vorgesehenen Bordunpfeifen geliefert wird, die auch
„Bordun“ genannt werden. Zu den Borduninstrumenten zählen neben den Dudelsäcken
unter anderen auch Drehleiern, Nyckelharpas, Hardingfele und Portative. Durch den
Bordun wird das Wechselspiel zwischen konsonanten und dissonanten Klängen besonders deutlich hörbar, wodurch eine ausgeprägte musikalische Farbigkeit entsteht.
Mit den BordunMusikTagen 2013 in Zeillern
geht dieser Kurs in seine 22. Runde. Alljährlich tauchen Instrumentalisten vier Tage lang
in die bunte Welt der Bordunmusik ein. Vermittelt werden sowohl Grundlagen für
Anfänger als auch vertiefende Inhalte für
Fortgeschrittene und Könner. Die Teilnehmer haben die Möglichkeit, in verschiedensten Kombinationen von Instrumenten
Bordunmusik zu erleben und zu praktizieren,
denn schließlich passen ja alle anderen
Instrumente mit Borduninstrumenten zusammen. Durch die Verbindung von Dudelsack und Drehleier mit verschiedenen Volksmusikinstrumenten erhalten auch bekannte
Melodien einen ganz eigenen, faszinierenden
Charakter. Auch übers ganze Jahr kann man
in einigen Musikschulen Niederösterreichs
Dudelsack etc. lernen, etwa bei Norbert
Suchy in der Musikschule Strasshof, bei
Christian Blahous in der W. A. Mozart
Musikschule Horn und in der Musikschule
Hainburg. /
BORDUNMUSIKTAGE 2013
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Do, 30. 5.–So, 2. 6. 2013
Schloss Zeillern, 3311 Zeillern
Seminarleitung
Norbert Suchy, Christian Blahous
Anmeldung & Information
Mag. Andreas Teufl
Tel. 0664 8223963
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Die Volkskultur Niederösterreich
lädt herzlich zur traditionellen
tanz&MUSIKwoche ein: heuer erstmals
nach Hollenstein/Ybbs, in die Landwirtschaftliche Fachschule Unterleiten.
Im Mittelpunkt steht die traditionelle
österreichische, besonders die niederösterreichische Volksmusik: gespielt, getanzt,
gesungen.
Die tanz&MUSIKwoche richtet sich an
alle Altersgruppen, an einzelne Musikanten, Tänzer und Sänger wie auch an
Gruppen und Familien, die Volksmusik
und Volkstänze erleben und erlernen
möchten. In kleinen Gruppen lernen die
Kursteilnehmer unterschiedliche Stile,
Besetzungs- und Improvisationsformen
kennen. Wer sich fundiert weiterbilden
will, wird im Ensemblespiel und im
Kleingruppensingen bestens versorgt.
Speziell für die Jüngsten gibt es Kindertanz, Kinderspiel und Abenteuer.
Die herausragende Qualität der Küche
der Landwirtschaftlichen Fachschule
Unterleiten und die herrliche Umgebung des oberen Ybbstals machen die
tanz&MUSIKwoche schließlich zu einem
Erlebnis für alle Sinne.
Seminarleitung: Dorli Draxler
Referenten: Birgit Glawischnig, Julia
Lacherstorfer, Dieter Schickbichler,
Gregor Narnhofer, Ernst Spirk, Petra
Humpel, Andrea Lakinger, Franz Huber,
Julia Schenkermayr, Martina Gebhard
Tanzmusikant: Dominik Rapcic
Kinderbetreuung: Barbara Kremslehner
So, 7.–Sa, 13. 7. 2013
tanz&MUSIKwoche
Fachschule Unterleiten
3343 Hollenstein/Ybbs, Dornleiten 1
http://bordunmusiktage.schoenfeldinger.at/
Anmeldung & Information
Volkskultur Niederösterreich
Tel. 02732 85015 23, 0664 8485352
[email protected]
www.volkskulturnoe.at
www.volkskulturnoe.at
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Niederösterreichisches Volksliedarchiv / 20
Digitalisierung
AUS DER QUELLE
SCHÖPFEN
Das Niederösterreichische Volksliedarchiv ist ein gefragtes Archiv. In diesem Jahr setzt das Volksliedarchiv
einen Schwerpunkt auf die Digitalisierung der umfangreichen Handschriftensammlung.
„Guten Tag, könnten Sie mir eine Beschreibung der Kassetten K 12, K 212 und K 213
übermitteln?“ – „Für meine Forschungen
bräuchte ich Scans folgender in Ihrem
Archiv aufbewahrten, handschriftlich aufgezeichneten Volksliedern.“ – „Sie bewahren
im Archiv die Gabler-Messe auf. Könnte ich
davon eine PDF-Datei haben?“ – „Ich
schreibe gerade an meiner Diplomarbeit
und suche folgende Liedtexte und wenn
möglich Noten dazu.“ – „Im nächsten Heft
unseres Journals soll ein Artikel über Raimund Zoder und seine Volkstanzaufzeich-
nungen erscheinen. Haben Sie von Zoder
bzw. von Volkstänzen alte Fotos?“ – „Ich
suche Literatur zu meinem Maturaarbeitsthema über Volkstanz. Können Sie mir
Tipps geben?“ – „Welche Osterbräuche gibt
es speziell in Niederösterreich?“ – „Ich suche
Anleitungen zum Stricken eines Herrentrachtenjankers.“
Das Niederösterreichische Volksliedarchiv,
das von der Volkskultur Niederösterreich
GmbH geführt wird, ist ein häufig angefragtes Archiv, wenn Menschen nach Volks-
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
liedern, Volkstanzaufzeichnungen, Volksmusiknoten oder nach Materialien zu den
Themen Brauch oder Tracht suchen. Und
normalerweise werden sie im ältesten Volksliedarchiv Österreichs, das seit 1905 ununterbrochen besteht, auch fündig. Wurden
bis vor Kurzem die Anfragen noch vorwiegend per Post oder per Telefon an das
Archiv gerichtet, stellt mittlerweile der
Großteil der Archivbenutzer seine Anfragen
per E-Mail, verbunden mit der Bitte, man
möge die gesuchten Materialien elektronisch übermitteln.
Niederösterreichisches Volksliedarchiv / 21
Das analoge Archiv wird immer häufiger ...
Virtuelle Besucher
Der virtuelle Archivbesucher ist die Regel
geworden. Er will das Archiv von zuhause
aus elektronisch nach von ihm selbst festgelegten Kriterien durchstöbern. Schon seit
Juli 2002 sind Teile der Bestände des Niederösterreichischen Volksliedarchivs online
abrufbar. Seit 2004 finden sich große Teile
der Bestände des Verbundes der Volksliedwerke Österreichs und Südtirols in einer
gemeinsamen Datenbank. Diese Datenbank
wächst durch Retro-Verzeichnung von Altbeständen und durch Aufnahme der Neuzugänge nach wie vor.
Ziel ist über die Bereitstellung von Metadaten einer Archivale hinaus deren Visualisierung, sodass der Benutzer nicht nur
Daten über das Gesuchte erhält, sondern das
Archivmaterial selbst digital einsehen kann.
Ein „papierenes Gedächtnis“
Damit aber solche modernen Recherchemethoden überhaupt in einem Archiv angewandt werden können, ist die Arbeit vieler
engagierter Liebhaber und Pfleger des
Volksliedes in der Vergangenheit Voraussetzung. Persönlichkeiten wie etwa Raimund Zoder (1882–1963), Georg Kotek
(1889–1977), Karl Liebleitner (1858–1942)
oder Karl Magnus Klier (1892–1966) haben
neben vielen anderen Volksliedforschern
nach den Quellen des Volksliedes gesucht
und diese durch ihr unermüdliches Sammeln und Aufzeichnen entdeckt und
erschlossen. Insgesamt beherbergt das Niederösterreichische Volksliedarchiv mittlerweile rund 28.000 handschriftlich aufgezeichnete Lieder, die neben dem Text auch
oft die Singweise überliefern. Sprüche und
Spiele ergänzen dieses reichhaltige Material.
Dazu kommen rund 20.000 handschriftlich
notierte Instrumentalstücke. Häufig sind die
Aufzeichnungen datiert und lokalisiert,
ergänzt durch Angaben über die Gewährspersonen.
Neben diesem historischen Hauptbestand
an Archivalien ist das Volkliedarchiv im
Besitz von rund 1.000 Volkstanzaufzeichnungen, 6.000 zum Teil historischen Fotografien und rund 2.000 Tonträgern und
Feldforschungsaufnahmen. Als Handapparat für den Volksmusikforscher oder -interessenten steht eine rund 4.000 Werke zählende Spezialbibliothek zur Verfügung.
Dokumentationsstelle
Das Niederösterreichische Volksliedarchiv
hat die Aufgabe, das Volksmusikgeschehen
in Niederösterreich zu dokumentieren. Was
in der Vergangenheit hauptsächlich durch
die Sammeltätigkeit und Aufzeichnung vor
Ort erfolgte, wird heute durch gezielte Sammelstrategie und moderne Methoden der
Feldforschung zu erreichen versucht. Die
reichhaltige Tonträgersammlung ist einerseits ein Ergebnis des gegenwärtigen Dokumentierens.
Zu dieser Sammlung gehören andererseits
auch rund 1.100 lokal entstandene CD-Produktionen. Außerdem werden die Mitschnitte der vom ORF Niederösterreich
wöchentlich produzierten Sendung „aufhOHRchen“ archiviert, die ebenfalls Teil der
Tonträgersammlung sind. Das Niederösterreichische Volksliedarchiv wird seinem Auftrag gerecht, ein volksmusikalischer und
volkskultureller Gedächtnisspeicher zu sein,
der möglichst viele relevante Informationen
bewahrt, überliefert und für den Benutzer
aufbereitet.
Digitalisierung
Im Jahr 2013 setzt das Volksliedarchiv einen
Schwerpunkt auf die Digitalisierung der
umfangreichen Handschriftensammlung.
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
... vom virtuellen Besucher genützt.
Im Zuge dessen werden ca. 40.000 Scans
hergestellt und in der Datenbank der Volksliedwerke (www.volksmusikdatenbank.at)
detailreich erschlossen. So kann der Benutzer via Internet nach Liedtexten, Textfragmenten, Liedanfängen oder Liedtiteln
suchen und neben den Metadaten unmittelbar Einblick in einen Scan des Originals
erhalten. Über die Bestellfunktion des VLWServers kann bei begründetem Bedarf eine
Arbeitskopie angefordert werden.
Das Niederösterreichische Volksliedarchiv
ist ein offenes und für alle zugängliches
Archiv. Einerseits ist das Team des Archivs
darauf spezialisiert, die Anfragen der Benutzer bestmöglich zu beantworten, und andererseits sammelt, bewahrt und verzeichnet
es das Archivgut, damit auch künftige Generationen Zugang zu den Quellen haben
können. /
Text: Peter Gretzel, Daniela Fuchs
INFORMATION
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Wenn Sie Anfragen an uns stellen oder
unser Archiv einmal besuchen möchten:
NÖ Volksliedarchiv
c/o NÖ Landesbibliothek
3109 St. Pölten, Landhausplatz 1
Tel. 02742 9005-12878
Mobil 0664 8485386
[email protected]
www.volkskulturnoe.at
Mag. Dr. Peter Gretzel, MAS, Archivleiter
Mag. Daniela Fuchs, wissenschaftliche
Mitarbeiterin
Öffnungszeiten: Di–Do, 9.00–15.00 Uhr,
bzw. nach Vereinbarung
Teile der Bestände auf
www.volksmusikdatenbank.at
Brandlhof / 22
Fronleichnam
dem himmel so nahe
Fronleichnam ist eine Zurschaustellung der eucharistischen Gaben,
aber auch all der Pracht der katholischen Kirche.
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Brandlhof / 23
… dem Allerheiligsten bereitet …
Grasteppich, Blumenteppich, Perserteppich – der Weg wird …
Der Himmel ist aufgespannt. Vor den
Altären, auf Plätzen und Straßen sind die
Perserteppiche ausgerollt, das Birkengrün ist
geschnitten und das frische Gras auf den
Straßen verstreut. Es duftet nach Sommer.
Die schweren Pfingstrosen bringen viele
Blütenblätter, für Veilchen und Gänseblümchen bedarf es Fleiß, der Löwenzahn zaubert
Sonne in die Körbchen der Kinder.
Am Fronleichnamstag, wenn der Priester
die Monstranz in alle Himmelsrichtungen
trägt, wenn die Erstkommunionkinder
nochmals in ihre feinen Kleider und Anzüge
schlüpfen, wenn Musikkapelle und Feuerwehr, Pfarrgemeinderat und Honoratioren,
Vereine mit wehenden Fahnen, das Kirchenvolk und Schaulustige in festgelegter Formation durch den Ort ziehen, ist das Frühjahr
in seiner schönsten Jugend. Aus den Fenstern blicken Muttergottesstatuen und Hirsche mit Hubertuskreuz, die Kerzen flackern
im Wind, Blumenvasen balancieren auf den
Fensterbrettern. Fronleichnam ist ein prunkvolles, barockes Fest. Hier trifft die katholische Kirche auf ein Volksfest.
„Fronleichnam" kommt aus dem Alt- bzw.
Mittelhochdeutschen und bedeutet „des
Herrn (lebendiger) Leib“. Erst in der Neuzeit
bekam das Wort „lichnam“ die Bedeutung
von „lebloser Körper“. Gefeiert wird, dass
Jesus am Gründonnerstag beim letzten
Abendmahl seine bleibende Gegenwart in
Brot und Wein verheißen hat, wo seine Jünger das Gedächtnis seines Todes und seiner
Auferstehung feiern. Deswegen wird Fronleichnam auch an einem Donnerstag gefeiert. Der offizielle Titel des Festes lautet:
Hochfest des Leibes und Blutes Christi. Aus
diesem Grund werden die Altarsakramente
zur Schau gestellt, aber auch der Prunk der
kirchlichen Gerätschaften und Gewänder.
Seit dem 15. Jahrhundert sind mit dem
Hochfest Prozessionen verbunden. Die
Zünfte stellten ebenso die materiellen und
geistigen Mittel zur Schaffung der kostbaren
Monstranzen bereit. Um die Organisation
kümmerten sich sogenannte Gottsleichnamszechen, wie Leopold Schmidt in der
„Volkskunde für Niederösterreich“ schreibt.
Ein weiterer Grund für die Etablierung des
Fronleichnamsfestes war die wachsende
Scheu vor der Kommunion. Die Ehrfurcht
vor der Hostie war so groß, dass man kaum
wagte, sie zu empfangen. Also wurde sie in
kunstvoller Umrahmung zur Schau gestellt.
Katholische Demonstration
Mit der Reformationsbewegung verloren
sich einerseits vielerorts die prunkvollen
Prozessionen. Andererseits bekam durch
Martin Luther und die Reformation Fronleichnam den Charakter einer katholischen
Machtdemonstration. In der Gegenreformation blühten die Zechen wieder auf – sie
regelten auch, welche Zünfte und Verbände
in welcher Reihung hinter dem Himmel
marschierten.
Die barocke Ausgestaltung des Festes ist bis
heute lebendig. Ein Aufruf aus 1706 des
Prediger Arpagaus lautet: „Jede Blum dann
an eweren Kräntzlein, jeder Ehrenbau durch
die Gassen und vor den Häusern, alles
Gewand und was sonst Schönes jedes Haus
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
… und die Erstkommunionkinder folgen.
hat, vor den Fenstern, alles Geläut in den
Thürmen, alles Knallen auss den Büchsen,
aller Thon der Trompeten, der Harffen, der
Orgeln, der Violinen – alles gereicht zur
Vermehrung der Heiligkeit seines Namens.“
Fronleichnam als sichtbares und im öffentlichen Raum zelebriertes Fest wurde auch
von der Politik benutzt. Nicht nur die Habsburger nahmen dieses Fest zur Darstellung
der Verbindung zwischen Kirche und Staat
für sich ein, auch der Ständestaat versuchte
mit Pomp dem „Roten Wien“ ein Kulturereignis entgegenzusetzen.
Ist das Tedeum in der Kirche verklungen,
werden die Muttergottesstatuen wieder auf
ihre angestammten Plätze gestellt. Die Vereinsfahnen werden in Seidenpapier gelegt.
Das Grün, das die Altäre schmückt, wird mit
nach Hause genommen und soll Heim und
Hof vor Unwetter schützen.
Manche Blüten widersetzen sich hartnäckig
der Straßenreinigung und leuchten noch
Tage in Ritzen und Rinnsteinen. /
Text: Mella Waldstein
Fotos: Dieter Schewig
INFORMATION
———————————————————
Do, 30. 5. 2013, 8.00 Uhr
Fronleichnam in Radlbrunn
Schlusssegen im Brandlhof,
anschließend Frühschoppen
Tel. 02956 81222
Waldviertel / 24
Blasmusik
DAS BAND
DER BLASMUSIK
„Der böhmische Traum“ ist ein grenzüberschreitendes Fest der Trachtenkapelle Brand. Die Beziehungen
zum Nachbarn begannen weit früher, als der Eiserne Vorhang die Länder trennte.
Treffen österreichischer und tschechoslowakischer Musiker in Litschau, 1974.
Wenn eine große Anzahl von Menschen verschiedener Länder sowie unterschiedlicher
Gesellschaftsschichten und Altersgruppen
gemeinsam ihre Leidenschaft ausüben und
alle für Stunden dasselbe tun, fühlen und
erleben, entsteht ein unvergleichliches Gefühl
von Gemeinsamkeit. Aus dieser Idee heraus
entstand durch eine gemeinsame Initiative
von Andreas Schindl und Jürgen Uitz das
Projekt „Der böhmische Traum“, ein grenzüberschreitendes Projekt, welches seit 2010
jährlich im Rahmen des Pfingstfestes von der
Trachtenkapelle Brand durchgeführt wird. In
Brand bei Gmünd treffen so viele Musiker
wie möglich aus jeder Musik- und Himmelsrichtung zusammen, um im Rahmen eines
Großkonzerts den „Böhmischen Traum”
sowie zahlreiche weitere musikalische Höhepunkte der Blasmusik gemeinsam erklingen
zu lassen und sich so richtig wohl zu fühlen.
Darüber hinaus versucht man, die traditionelle Blasmusik zu leben, Partnerschaften zu
finden, Freundschaften zu schließen und im
Rahmenprogramm auch kulturelle Aktivitäten wie die Pflege des volksmusikalischen
Liedguts zu erhalten. Die Trachtenkapelle
Brand möchte im Waldviertel – wie auch im
angrenzenden Südböhmen – der weit ver-
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
breiteten Begeisterung für die Blasmusik mit
einer grenzüberschreitenden Liebeserklärung
Ausdruck verleihen. Dabei soll speziell die
Polka im Mittelpunkt stehen, neben dem
Marsch die traditionellste Form der Blasmusik.
Ladislav Kubeš sen.
Begonnen haben die österreichisch-südböhmischen Beziehungen aber schon viel früher. Schon während des Zweiten Weltkriegs
musste seitens der Trachtenkapelle Brand
öfters auf tschechische Aushilfsmusiker
Waldviertel / 25
Kleines Ensemble der Trachtenkapelle Brand.
Ein tschechischer Kommissär (li.), der zur Überwachung
auf ein Fest in der Feuerwehrhalle abgestellt war. Er
wurde kurzerhand von einem der Musikanten den ganzen Tag „bearbeitet“, damit es sich die Musikanten aus
Tschechien besser gehen lassen konnten.
zurückgegriffen werden, wodurch dann
Kontakte zum weltberühmten Komponisten
Ladislav Kubeš sen. geknüpft werden konnten. Diese Kontakte wurden in erster Linie
vom späteren Kapellmeister Adolf Zeller
hergestellt und begannen laut Überlieferungen im Jahre 1962. Der offizielle Beginn
der Partnerschaft ist mit dem Jahr 1968
datiert, aus diesem Jahr gibt es eine Einladung von Adolf Zeller an Ladislav Kubeš sen.,
mit seiner Gruppe in Brand aufzutreten.
Der oft mehrtägige Aufenthalt in Brand fand
immer unter Aufsicht von Kommissären
des kommunistischen Regimes statt, da ja
Fluchtgefahr aufgrund des überschrittenen
Eisernen Vorhangs bestand. Die tschechoslowakischen Musikanten wurden mit Waren des alltäglichen Bedarfs reichlich versorgt nach Hause geschickt. Eine Bedingung
des Austauschs war außerdem, dass die
Musikgruppe freie Kost und Logis bekam,
gegen Gage durften die Musikanten im Ausland nicht auftreten.
Kommissäre hören mit
Auch die Politik musste eingeschaltet werden, damit die Grenzen überwunden werden konnten: Einige Mitglieder der Trachtenkapelle mussten nach Hollabrunn ins
Regionalbüro der Kommunistischen Partei
pilgern und um ein Parteischreiben bitten,
damit Kubeš sen. offiziell mit seiner Gruppe
empfangen werden durfte. Dieses Schreiben
ist heute noch in der Chronik der Trachtenkapelle Brand einsehbar und hebt den völkerverbindenden Charakter hervor. Der
Kontakt zu Kubeš sen. hielt, wenn auch
Mitwirkende beim „Böhmischen Traum“ 2012.
weniger intensiv, bis zu seinem Tode 1998.
Die noch heute in der Trachtenkapelle
Brand vertretenen Musiker August Anibas,
Othmar Macho, Robert Illetschko, Othmar
Langegger, Franz Macho und Rupert Trisko
sind lebende Zeitzeugen dieser Ära und
haben nach einer sonntäglichen Probe bei
einem guten Gläschen Wein eine Geschichte
aus längst vergangenen Tagen parat.
Eine Folge der guten Beziehungen zu Kubeš
sen. war, dass die Trachtenkapelle Brand mit
ungefähr 150 handgeschriebenen OriginalKompositionen von Kubeš sen. versorgt und
damit auf dem Gebiet der böhmischen
Unterhaltungsmusik im Bezirk führend
wurde. Diese Noten werden heute noch
mehrheitlich auf den dargebotenen Frühschoppen, so auch beim „Böhmischen
Traum“ teilweise auch mit mehrstimmigen
Gesang wiedergegeben, am Leben erhalten
und gepflegt. Durch die Bewahrung dieser
Tradition sind viele alte Stücke, die damals
schon trotz Eisernen Vorhangs im ländlichen Raum von Südböhmen und im Waldviertel bekannt waren, auch bis heute im
Bewusstsein verankert. Dies liegt auch
daran, dass Ladislav Kubeš sen. in seinen
über 400 Kompositionen stets seine tief verwurzelte Liebe zur Heimat zum Ausdruck
brachte und sehr volksnahe Texte verwendete. Ein Frühschoppen in Tschechien ist wie
ein Konzert voller alter Volksweisen – die
Bevölkerung kann nahezu alles mitsingen.
Ähnlich ist es mit dem noch jungen Stück
„Böhmischer Traum“ von Norbert Gälle,
dass nicht zuletzt auch durch das Festival in
Brand in der Umgebung allen Menschen
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
bekannt ist und einen hohen Wiedererkennungswert hat. Dies hat zwangsläufig zur
Identifizierung der Bevölkerung mit dem
Grundgedanken der Veranstaltung „Böhmischer Traum“ geführt und den Alltag der
Bevölkerung in Brand positiv beeinflusst. So
wurde auch wieder der Kontakt zu Ladislav
Kubeš jun. gesucht, der durch Andreas
Schindl hergestellt wurde. Beim ersten
Anruf im Jahre 2009 sagte dieser nur, dass er
aus Brand anrufe. Die Antwort kam postwendend: „Brand bei Gmünd? Ich komme.“
Ladislav Kubeš jun. pflegt die südböhmische
Polka (südböhmische Polka = langsam,
mährische Polka = schnell) im Sinne seines
Vaters weiter und ist mit seiner Gruppe
„Veselka“ seit Beginn des Festivals 2010
Schirmherr und jedes Jahr zu Gast.
Dieses grenzüberschreitende Projekt liefert
den Beweis, dass Musik ein Zusammengehörigkeitsgefühl erzeugt, keine Grenzen und
Generationskonflikte kennt und nur mit
Respekt vor der Tradition und den Menschen, die dahinterstehen, verwirklicht werden kann. /
Text: Andreas Teufl
Fotos: Archiv der Trachtenkapelle Brand
der BÖHMISCHE TRAUM 4.0
———————————————————
Fr, 17. 5.–So, 19. 5. 2013
3873 Brand 102, Festplatz
Jürgen Uitz, Tel. 0664 5378730
[email protected]
www.derboehmischetraum.at
Mostviertel / 26
Stammtischmusi Wieselburg
Tanz auf der Schallaburg
neue
volksmusik
polka &
tempeltanz
Die Stammtischmusi Wieselburg präsentiert ihre
neue CD mit neuer Volksmusik aus dem Mostviertel.
Volkstanzfest auf der Schallaburg –
Indische Tempeltänze inklusive.
Im Mai präsentiert die Stammtischmusi Wieselburg ihre neue, von der
Volkskultur Niederösterreich herausgegebene CD mit dem Titel „Neue
Volksmusik aus dem Mostviertel“. Das Album bietet ein breites Spektrum an neu komponierten Volksmusikstücken aus dem Raum Wieselburg und zeigt in wunderbarer Weise die lebendige Volksmusikszene im Mostviertel. Seit 1997 spielt die Stammtischmusi Wieselburg mit
Johannes Distelberger (Flügelhorn), Günther Cserveny (Flügelhorn),
Manuel Schachinger (Tenorhorn), Anton Huber (Tuba) und Petra
Humpel (Steirische Harmonika) schwungvolle, unverstärkte Volksmusik im Wirtshaus, bei Festen, in Konzerten oder am Tanzboden. Neben
traditionellen alpenländischen Volksmelodien widmet sich das Ensemble verstärkt neuen Kompositionen aus dem Mostviertel. Viele Stücke
stammen aus der Feder von Johannes Distelberger und Günther Cserveny. Im Repertoire finden sich aber auch viele Werke ehemaliger
Gruppenmitglieder wie Helmut Gutleder, Robert Zahnt oder Berthold
Eppensteiner. Auf der neuen CD sind auch Stücke von Herbert Reisinger und Sepp Schagerl zu hören. Viele Jahre spielte auch Elfi Pernkopf
an der Harfe bei dem Ensemble mit. Die Musikschule Wieselburg lädt
am 23. Mai 2013 zur CD-Präsentation in den Konzertsaal ein. Die CD
ist an diesem Abend zum Subskriptionspreis von EUR 15,00 (statt
EUR 18,00) erhältlich. /
Die Volkstanzgruppe Loosdorf
lädt erstmals zum Tanzfest ins
Renaissanceschloss Schallaburg
ein. Aufgespielt wird im großen
Festsaal von der „Tanzlmusik Kaiserspitz“. Auf dem Programm stehen zahlreiche traditionelle regionale sowie bekannte österreichische und auch internationale
Volkstänze.
Um eine Brücke zur aktuellen
Ausstellung „Das Indien der
Maharadschas“ zu schlagen, lud
Obmann Friedrich Müllner die
indische Tänzerin Bhakti Devi ein.
Sie leitet die indische Tanzschule Bharatnatyam in Wien und wird in
der Pause Tempeltänze zeigen. Die einzelnen Tanzfiguren werden vor
dem Tanz erklärt, sodass die Zuseher leichter in die spirituelle Welt der
Tempeltänze eintauchen können. Die Volkstänzer hören in einer weiteren Tanzpause die Klänge des Blechbläser-Ensembles „Omnio Brasso“ im Arkadenhof der Schallaburg. Die Volkstänzer können an diesem Tag auch die Ausstellung „Das Indien der Maharadschas“ bei
einem ermäßigten Eintritt besuchen. Noch ein Tipp: Vor dem Besuch
dieser Tanzveranstaltung empfiehlt sich auch ein Streifzug durch den
Garten. /
Foto: Tanzschule Bhakti Devi
TANZ AUF DER SCHALLABURG
NEUE VOLSKMUSIK AUS DEM MOSTIVERTEL
————————————————————————————————
Do, 23. 5. 2013, 20.00 Uhr
CD-Präsentation
Musikschule Wieselburg
3250 Wieselburg, Weinzierlweg 22
Tel. 07416 53880 (Dir. Johannes Distelberger)
————————————————————————————————
Sa, 25. 5. 2013, 18.00 Uhr
Tanz auf der Schallaburg
Renaissanceschloss Schallaburg, 3382 Schallaburg 1
18,00 Euro
Veranstalter: Volkstanzgruppe Loosdorf
http://volkstanzgruppe-loosdorf.at.tf
www.schallaburg.at
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Mostviertel / 27
Handwerk
Streichen &
ZIEHEN
Der Abbau und das Zurichten der Wetzsteine sind in Sonntagberg
nicht in Vergessenheit geraten.
steine, Steinplatten und auch den berühmten
„Sonntagberger Wetzstein“ aus dem Berg zu
brechen. Mit geringen technischen Hilfsmitteln wurden bis zu 100 Meter lange Stollen in
den Berg getrieben und das Rohmaterial zu
Tage gefördert. In diesen zum Teil sehr
geräumigen untertägigen Abbau wurden
Schleifsteine bis zu zwei Meter Durchmesser
und 30 Zentimeter Stärke gebrochen und roh
zugehauen. Die Stollen, in denen das Rohmaterial für die Wetzsteine gewonnen wurde,
sind zum Teil heute noch aufzufinden. Vor
allem oberhalb des Hauses „Stölln“ ist noch
ein Stollen zugänglich und zeigt sehr schön
die für die Wetzsteinerzeugung abgebauten
Schichten.
Eine Gruppe junger Burschen aus der
Gemeinde Sonntagberg, allen voran Konrad
Zöttl, angeregt durch seinen Großvater Alois
Hörlesberger, wollten nicht, dass das Wetzsteinmachen völlig in Vergessenheit gerät. So
haben sie die überwachsenen Stollen
erforscht und bei Alois Hörlsberger das
Handwerk gelernt. Sie stellen pro Jahr an die
100 Stück her, die sie bei Festen und Wandertagen verkaufen.
Wetzsteine im Kuhhorn, hergestellt von Konrad Zöttl und Alois Hörlesberger.
Die Alten können es noch. Den Griff zum
Kumpf, ein mit Wasser gefülltes Kuhhorn, in
dem der Wetzstein steckt, und das Abziehen
des Sensenblatts. Erfahrene Sensenmäher
sagen, dass beim Wetzen das Sensenblatt
musikalisch gestrichen werden muss.
In den Eisenwurzen, wo in Hammerwerken
Sicheln und Sensen in großer Zahl hergestellt wurden, gab es auch den entsprechenden Wetzstein. Abgebaut am Südwesthang
des Sonntagberges wurde das Wetzsteinbrechen und Zurichten in kleinen Bauernwirtschaften betrieben. Der Boden ist karg
und wenig ertragreich. Gräben, kleine Wald-
stücke, Wiesen, Weiden und kleine Felder
prägen die Landschaft. Das Einkommen der
Bauern war gering. Damit man die Arbeitskräfte, die im Sommer zur Heu und Getreideernte notwendig waren, auch in der
arbeitsschwächeren Zeit am Hof halten
konnte, hat man mit der Anlage von Steinbrüchen begonnen.
Sonntagberger Vorkommen
Durch das Vorkommen einer SandsteinSchiefer-Ader, die durch den Sonntagberg
verläuft, hat man um 1880 begonnen, verschiedene Arten von Steinen wie Mauer-
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Die Wetzsteine wurden aus Steinplatten, in
der richtigen Stärke, mit einem sogenannten
„Zwicker“ als Rohling hergestellt. Anschließend wurde in der Schleiferei, die am Bach
mit einem Wasserrad angetrieben wurde, der
Wetzstein fertiggestellt. Die Wetzsteine
waren sehr gefragt und fanden guten Absatz.
Mit den Sensen und Sicheln – Erzeugnisse
aus den Schmieden in den Eisenwurzen –
konnte der Wetzstein mitgeliefert werden.
Die Produkte der Hammerwerke wurden
sogar bis auf den Balkan geliefert; somit
wurde auch der Wetzstein über die Grenzen
bekannt. Die Erzeugung wurde um 1920
eingestellt. Mit der Erfindung des Carborundums – eines künstlich hergestellten, sehr
beständigen Siliziumcarbids – kamen Wetzsteine auf den Markt, die preislich günstiger
sind. /
Foto: Gerhard Hofer
Handwerk / 28
Von Farben und Fäden
VON DER AUSTRIA-SPITZE
BIS ZUR ZISTEL
Seit vielen Jahren ein Klassiker der Volkskultur Niederösterreich: die Werkwoche „Von Farben und Fäden“
in Schloss Ottenschlag. Das „Schaufenster Kultur.Region“ stellt Handwerkstechniken vor.
und Anfänger beginnen mit zwei Paar Klöppeln, wobei dann auf sechs Paar erweitert
wird. Im Gegensatz zum Stricken „kann
man nicht so dahinklöppeln“, so Frau Winkler. „Dafür werden beim Klöppeln beide
Hirnhälften trainiert.“
Ohio Star
Österreichisches trifft Amerikanisches.
Einerseits bieten die Kursleiterinnen das
Nähen von Alltagsdirndln, andererseits von
Quilten an. Das Wort Quilt bezieht sich auf
das Zusammensteppen von drei Stofflagen
– des Patchwork-Oberstoffes, des Unterstoffes und des Vlieses in der Mitte.
Klöppelvorführung im „Lebenden Museum“ Kautzen.
Foto: Barbara Krobath
„Heute brauchen wir nicht mehr davon zu
leben“, sagt Leopoldine Winkler, Klöpplerin
und Kursleiterin in Ottenschlag, „deswegen
können wir die Zeit dafür aufwenden, die
Spitze weiterzuentwickeln.“ Die Spitze war
lange Zeit ein Luxusgut. „Doch mit der
Erfindung der Spitzenfabrikationsmaschine
verfielen die Preise. Man förderte vielerorts
die Erzeugung von Handspitzen, wobei
hauptsächlich ausländische Spitzen imitiert
wurden“, schreibt Leopoldine Winkler in
ihrem Buch „Austria-Spitze“. Mit der Gründung einer Kunststickereischule 1874 in
Wien und den Entwürfen des Textilzeich-
ners Josef von Storck entstand eine eigenständige Richtung des Klöppelns – die Spitze
des Wiener Jugendstils, die als Austria-Spitze bekannt wurde.
Für die Werkwoche in Ottenschlag hat Leopoldine Winkler, die die Austria-Spitze
erforscht und dokumentiert hat sowie Spitzenmuster entwirft und sie in den so
genannten „Klöppelbriefen“ aufzeichnet, ein
neues Muster entworfen: die Ginkoblätter.
Das System des Klöppelns ist das Drehen
und Kreuzen der Fäden, um diese „Schläge“
zu Mustern zu verbinden. Anfängerinnen
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Die Technik kam aus China und die Kreuzfahrer nahmen sie mit nach Europa. Ein
besonders kalter Winter im 14. Jahrhundert
förderte in England die Nachfrage nach
gequilteten Textilien. Mit den Auswanderern gelangten diese warmen Decken in die
Neue Welt. Die Patchwork-Technik ist aus
der Not heraus entstanden. Die Siedlerfrauen verarbeiten Stoffreste von abgetragener Kleidung, einerseits sparsam, anderseits reich an Erinnerungen.
Bald schon übernahm das Quilten eine soziale Funktion. Bei Quilting Bees trafen sich
die Siedlerfrauen, befreiten sich aus ihrer
Isolation und tauschten Neuigkeiten und
Erfahrungen aus. Sie fügten gemeinsam die
vorbereiteten Patches mit emsigen Stichen
zu einem Quilt zusammen, der dann als
Bettüberwurf, Decke oder Wandbehang
diente. Muster und Farbigkeit sind je nach
Landstrich, Umgebung, Lebensstil und Reli-
Handwerk / 29
Sepp Wahlmüller und Kursteilnehmerinnen beim Korbflechten in Ottenschlag.
Foto: Volkskultur Niederösterreich
gion unterschiedlich. Da gibt es z. B. Ohio
Stars, Broken Dishes oder den Amish Diamont. Bekannt sind die Amish People für
ihre besonders gut verarbeiteten Quilte.
Klosterarbeiten
Der Ursprung der Klosterarbeit geht ins
Mittelalter zurück. Klosterarbeiten entstanden aus einer tiefen Volksfrömmigkeit
heraus und den Wunsch, diese in einer
künstlerischen Arbeit auszudrücken. Für die
Präsentation von Reliquien erreichte die
Kunst der Klosterarbeiten ihren Höhepunkt.
Viele Klöster haben sich mit dem Verkauf
von Klosterarbeiten etwas zum Lebensunterhalt dazuverdient. Vor allem Nonnen
waren für die Herstellung dieser Kostbarkeiten verantwortlich. Besonders Wallfahrer
brachten gerne eine der „schönen Arbeiten“
mit nach Hause.
Im 18. Jahrhundert wurde die Klosterarbeit
zur religiösen Volkskunst. In dieser Zeit
wurden die Klosterarbeiten schon als frommer Zimmerschmuck angesehen. In Ottenschlag können Papierkrippen, Dresdner
Christbaumschmuck, Wachskindl und Chenilleblumen hergestellt werden.
Simperl & Zistel
Brot wurde nur alle paar Wochen gebacken
und war aus Roggenmehl. Roggenbrot hält
sich über Monate. Außerdem ist Roggen ein
genügsames Getreide, verträgt raues Klima
und Trockenheit. Aber nicht nur das Brot,
auch die Körbe, in denen der Brotlaib seine
Form bekommt, bevor es in den Ofen eingeschoben wird, sind aus Roggenstroh. Für
uns ist das Simperl vor allem die Erinnerung
ans traditionelle bäuerliche Brotbacken.
Dazu nimmt Sepp Wahlmüller geschnittenes und nicht gedroschenes Roggenstroh.
Fürs Flechten wird das Stroh angefeuchtet.
Damit die Strohbüschel gleich stark sind,
führt er sie durch ein kurzes Kupferrohr. Mit
Weidenruten, die auf eine Dicke von drei
Millimeter geschält werden, wird das Stroh
alle paar Zentimeter abgebunden und mit
der unteren Reihe verflochten.
Eine Frau präsentiert einen Quilt, New Mexico,
1940. Foto: Russell Lee/US Libary of Congress
Zistelflechten. Foto: Gregor Semrad
WERKWOCHE
Sepp Wahlmüller ist einer der wenigen
Korbflechter, der auch einen für die Wachau
typischen Korb herzustellen weiß. Er ist
schmal und läuft unten spitz zusammen. In
der Wachau wird dieser Korb Zistel genannt.
Zisteln können nicht stehen. Dass müssen
sie auch gar nicht. Denn sie sind dazu da,
Marillen zu ernten. Die Zistel wird mit
einem Hacken an einen Ast gehängt. Und
wenn der Korb voll ist, lässt man ihn gefüllt
mit der schmackhaften Fuhr an einer Schnur
hinuntergleiten. Durch den spitz zulaufenden Boden verhängt sich die Zistel nicht
im Geäst des Obstbaumes und die Marillen
gelangen gefahrlos unten an, wo sie in Kisten
geschlichtet werden. Durch den konischen
Verlauf der Zistel liegt auf den unteren
Marillen wenig Gewicht. Dadurch wird das
druckempfindliche Obst geschont. /
———————————————————
7.–13. 7. 2013
Von Farben und Fäden 2013
Text: Mella Waldstein
Folder zum Download:
www.volkskulturnoe.at
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Schloss Ottenschlag, 3631 Ottenschlag
Hauptgruppen:
Klosterarbeiten, Metzgertasche, Klöppeln,
Macrameespitze, Nähen, Patchwork,
Filzen
Zusatzangebote:
Modeldruck, Kleistertechniken, Korbflechten, Brotsimperl-Binden, Wurzelkrippen, Perlenschmuck, Zwirnknöpfe,
Gebildbrotbacken, Seifensieden
Kinderbetreuung „Kreatives Gestalten“
Anmeldeschluss: Mi, 29. 5. 2013
Haus der Regionen
3504 Krems-Stein, Donaulände 56
Tel. 02732 85015-12
[email protected]
Museumsdorf Niedersulz / 30
Ausstellung
AUS DEM NÄHKÄSTCHEN
GEPLAUDERT
Die textile Ausstellung „Altes & Neues aus dem Nähkorb“ im Museumsdorf beleuchtet die
häusliche Handarbeitstätigkeit zwischen „Müssen“ und „Wollen“.
Die Ausnahm-Küche im Hörersdorfer Hof.
„Nadel und Faden“ waren schon seit Menschenbeginn die Werkzeuge der Frauen.
Obwohl sich die Beweggründe und Motivationen im Verlauf der Jahrtausende geändert
haben, war die Handarbeit mit textilen
Materialien im häuslichen Verband primär
eine Domäne der Weiblichkeit. Soziale
Geschlechteridentität und stereotype Rollenerwartungen sind und waren eng mit
dem Thema der textilen Handarbeit konnotiert. Generationen von Frauen gaben ihr
tradiertes Know-How in Bezug auf die Herstellung von Textilien aller Art weiter. Bis
zum Ende des 18. Jahrhunderts und dem
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Beginn der Industriellen Revolution war
man auf die „handgefertigte“, oft häusliche
Herstellung textiler Produkte angewiesen.
Spinnen, Weben, Nähen, Stopfen und Sticken waren notwendiger Teil der häuslichen
Arbeit und des Aufgabenspektrums der
Frauen.
Museumsdorf Niedersulz / 31
Klöppelrolle, Klöppelkissen oder Klöppelsack.
„Textile Revolution“
und „Hohe Werte“
Erst mit der Erfindung der „Spinning Jenny“,
der ersten Spinnmaschine, im Jahre 1764
durch den Engländer James Hargreaves und
dem ersten mechanischen Webstuhl des
Londoner Pfarrers Edmond Cartwright
20 Jahre später begann der Bedeutungs- und
Wertewandel im Zuge der technologischen
Revolution auf dem Textilsektor. Die Tage
der „Heimindustrie“ waren gezählt – mit
den großen, dampfbetriebenen Maschinen
und der damit verbundenen kostengünstigen Produktionssteigerung konnte man
nicht mehr Schritt halten.
Besonders im 19. und auch noch in der
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts jedoch
war das ideale Image und Sittenbild der
tugendhaften, zukünftigen Ehefrau oder
„höheren Tochter“ untrennbar mit der
Metapher der nähenden, daheim sitzenden
Weiblichkeit verbunden. So räumt beispielsweise der deutsche Dichter und Schriftsteller Theodor Fontane in seinem 1896 erschienenen Gesellschaftsroman „Effi Briest“ dem
Nähkästchen der Titelfigur und Protagonistin Effi Briest eine zentrale Bedeutung ein,
denn eben genau dort findet Baron von
Innstetten, der ältliche Ehemann Effis, das
Corpus Delicti, die versteckten Liebesbriefe
einer flüchtigen, „verjährten“ Liebschaft und
den Beweis zum Ehebruch mit einem Offizier. Die Geschichte Effis endet dramatisch:
Der einstige Liebhaber wird im Duell vom
Baron erschossen, Effi verstoßen und der
Umgang mit ihrer Tochter verwehrt.
„Der Frauen edelster Beruf
Zu dem sie Gott der Herr erschuf
Ist in dem Hause still zu walten
Und Fleiss und Ordnung zu erhalten.“
(Spruch von gestickten Zierleisten
in einem Aussteuerschrank)
Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war es
durchaus Usus, für die jungen, noch unverheirateten Mädchen eine Aussteuer (auch
Mitgift oder Heiratsgut) zusammenzustellen, also jene Güter, die die Braut bei der
Heirat in die Ehe mitbringt. Meist umfasste
diese Aussteuer hochwertig gearbeitete
Heimtextilien aller Art – Bettzeug, Tischwäsche, Handtücher und ähnliches –, die
entweder von den jungen Damen selbst oder
gemeinsam mit weiblichen Verwandten in
oft jahrelanger, akribischer Handarbeit in
der vorehelichen Zeit hergestellt wurden.
Großteils hat diese Tradition der Mitgift in
den letzten 50 Jahren zunehmend an Bedeutung verloren und damit auch die mit ihr
verbundene Handarbeit.
Ein weiteres, fast kurioses Phänomen war im
deutschen Recht das sogenannte Nadelgeld:
ein Geldbetrag, den der Ehemann seiner
Frau in kontinuierlichen Abständen übergab. Die Hausfrau konnte über dieses Geld
frei verfügen und für persönliche Zwecke
wie Kleidung etc. ausgeben.
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Geklöppelte Spitzenkunst von Frau Kiessling.
Imagewandel der Handarbeit
Im neuen Jahrtausend bekam die traditionelle Handarbeit eine Neuorientierung in
ihrer Symbolik und Sinnhaftigkeit im Gegensatz zum archetypischen Bild der weiblichen,
zweckgebundenen Handarbeit. In Houston,
Texas, etwa gründete Magda Sayeg 2005 die
Initiative „Knitta, Please!“, bei der Objekte
des urbanen Raums wie Parkuhren, Laternenmasten, Telefonzellen, Schilder, Bäume
etc. mit handgefertigten, bunten Strickteilen
umwickelt werden. Diese und andere
„Crafting“-Bewegungen“, bei denen die „Do
it yourself “-Idee im Vordergrund steht,
haben die moderne Handarbeit um einen
zusätzlichen Aspekt erweitert: Es geht nicht
nur um den bloßen Produktionsakt, sondern
vielmehr um die Demonstration von
Lebenseinstellungen. Man möchte einerseits
ein „back to the roots“ vergangener Werte
wieder erleben; andererseits geht es bei diesen kreativen Handarbeitsinitiativen und seinen zum großen Teil weiblichen Akteuren
um sozialpolitische Statements. Kapitalismus- und Konsumkritik, Globalisierungsboykott, Fair-Trade-Philosophien und ein
neuer Feminismus sind nur einige der
Schlagworte dieser aktuellen „Woll-Revolution“. Vor allem in Großstädten entstehen in
den letzten Jahren immer mehr Nähcafes,
Strick-Lounges, Handarbeitscercle und „eingestrickte“ Street-Art-Initiativen. Auch in
Wien lassen die „Strickistinnen“ immer wieder von sich hören, die den urbanen Bereich
strickend bunter machen.
Brandlhof / 32
em Handtuch, kleinem Handtuch und
Waschlappen, Tischtücher mit kleinen und
großen Servietten und Frühstückstischtücher u. v. m. Auf eines ist Frau Kiessling
dabei ganz besonders stolz: In mittlerweile
50 Jahren Ehe musste sie noch kein Stück
dieser Gebrauchstextilien nachkaufen!
Die textile Ausstellung „Altes & Neues aus
dem Nähkorb“ 2013 im Museumsdorf
beleuchtet die häusliche Handarbeitstätigkeit zwischen „Müssen“ und „Wollen“. Denn
oft waren Nähen, Stricken, Sticken, Stopfen
und Flicken für die Hausfrau mehr Pflicht
als Vergnügen oder Freizeitbeschäftigung.
Vielmehr waren sie unverzichtbarer und
unabdingbarer Teil des Alltags. Nicht selten
musste aus etwas „Altem“ oder „Aufgetragenem“ etwas „Neues“ gemacht werden. Für
Handarbeiten, die zum „Schmuck“ oder
„Zier“ dienten, war für die einfache Bevölkerung nur selten Zeit. Maria-Theresia
Kiessling hat, basierend auf ihrer jahrzehntelangen Sammler- und Handarbeitstätigkeit, für die Ausstellung ein interessantes
Potpourri mit einigen textilen Raritäten und
„Gustostückerln“ zusammengestellt.
An bestimmten Terminen werden alte,
bereits in Vergessenheit geratene Handarbeits-Techniken wie beispielsweise Stickund Klöppelvorführungen gezeigt, bei
denen Maria-Theresia Kiessling auch aus
ihrem „Nähkästchen“ plaudert … /
Text: Freya Martin
Fotos: Museumsdorf Niedersulz
Textilexpertin Maria-Theresia Kiessling.
„Altes & Neues aus dem Nähkorb“
So lautet der Titel der diesjährigen textilen
Sonderausstellung im Museumsdorf Niedersulz. Textile Handarbeit hat im Museumsdorf eine lange Tradition, denn bereits seit
rund 20 Jahren wirkt, werkt und betreut
Maria-Theresia Kiessling, unterstützt von
ihrem Ehemann Johann Kiessling, den textilen Fundus des Museumsdorfes. Als Besucher des Museumsdorfes Ende der 1970er
Jahre hat alles begonnen, danach folgten
erste Tätigkeiten im Museumsdorf wie die
Bestandsaufnahme und Inventarisierung
der vorhandenen Sammlung, 2002 dann die
erste Ausstellung im Hörersdorfer Hof mit
dem Titel „Knopf und Kragen“. Die im
Weinviertel geborene Textilexpertin, die
bereits von frühester Jugend an durch Mutter und Großmutter in die „hohen Geheimnisse“ der Handarbeit eingeweiht wurde und
seit mehr als 60 Jahren „Textiliensammlerin“
ist, beherrscht ihr Handwerk mit Passion
und Herz. Im Gespräch erzählt sie, dass sie
bereits als 13-Jährige mit ihrer eigenen Aussteuer begonnen hat, indem sie ihre erste
Bettgarnitur genäht hat. Es folgten weiters
Deckenkappen für sommerliche Steppdecken, Küchenhandtücher, Geschirrtücher,
Handtüchergarnituren mit Badetuch, groß-
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
ALTES & NEUES
AUS DEM NÄHKORB
———————————————————
Ab So, 12. 5. bis Fr, 1. 11. 2013
täglich 9.30–18.00 Uhr
Hörersdorfer Hof
Museumsdorf Niedersulz
2224 Niedersulz 250
Tel. 02534 333
[email protected]
www.museumsdorf.at
Niederösterreichische Landesausstellung 2013 / 34
Brot & Wein
MEHR ALS LEBENSMITTEL
8.000 Jahre spannende Kulturgeschichte werden mit der Niederösterreichischen Landesausstellung 2013
unter dem Titel „Brot & Wein“ lebendig.
Ein rekonstruiertes jungsteinzeitliches Langhaus und eine Brotbackhütte
am Freigelände des Museums für Ur- und Frühgeschichte, Asparn/Zaya.
In Asparn an der Zaya wird die Geschichte
des Brotes aufgeschnitten und in Poysdorf die
des Rebensaftes eingeschenkt. Noch nie wurden diese beiden Themen derart umfassend
dargestellt und mit modernsten Methoden
der Ausstellungsgestaltung zusammengeführt. Mit 600 aussagekräftigen Exponaten
von insgesamt 130 Leihgebern im Urgeschichtemuseum Niederösterreich in Asparn
an der Zaya sowie im architektonisch beeindruckenden Ausstellungsgelände der Weinstadt Poysdorf werden Brot und Wein mit
zahlreichen interaktiven Stationen in Szene
gesetzt. QR-Codes, ein „Ich über mich“-
Album und ein Ausstellungsbegleiter bieten
zusammen mit den Kulturvermittlern und
dreisprachigen Raumtexten (D/E/CZ) eine
optimale Begleitung durch die Schau.
Asparn/Zaya – Steinzeitarchitektur und Zukunftsmusik
Ein moderner Panoramalift, der einen einmaligen Blick über das Freigelände eröffnet,
bringt die Besucher zum Ausgangspunkt: Im
Dachgeschoss startet die Ausstellung in
einem Supermarkt. Über die Bedienung eines
Barcode-Scanners wird deutlich, dass das
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
„Neuromarketing“ mit den Instinkten der
einstigen Jäger und Sammlerinnen arbeitet.
Sogleich wechselt man an einen bedeutenden
Punkt der Geschichte, der auch den Anfang
der Siedlungen in Niederösterreich markierte. Die „Neolithische Revolution“ machte
den Menschen sesshaft. Mit dem Anbau von
Getreide gelangte das Brot auf den Speiseplan
des Menschen, das in der Region des heutigen Weinviertels nachweislich bereits vor
8.000 Jahren gebacken wurde. In einem originalgetreu rekonstruierten Ofen im Freibereich wird dieses Brotbacken auch den Gästen
der Landesschau möglich sein.
Niederösterreichische Landesausstellung 2013 / 35
tags um 13.30 Uhr an beiden Standorten zu
Experimenten für alle Sinne ein. Im „Brotlabor“ in Asparn an der Zaya wird geknetet,
gefühlt, gerochen und geschmeckt. In der
„Genusswerkstatt“ in Poysdorf wird der
Geschmackssinn bis hin zur Sinnestäuschung
ausführlich getestet.
Ein dorfähnliches Ensemble mit Schauweingarten, Presshäusern und Schmiede am Ausstellungsgelände in Poysdorf.
Die religiösen Aspekte des Brotes werden
über die Jahrtausende genauso beleuchtet wie
der Berufsstand der Bäcker und Müller, die
Zusammenhänge von Brot, Brei, Wein und
Bier oder die Geschichte des Pfluges. Historische Ereignisse wie das „Massaker von
Schletz“ in der Jungsteinzeit belegen erste
bewaffnete Konflikte um die Nahrungsmittelversorgung bis hin zu den Kriegen im vergangenen Jahrhundert, in denen Brot und vor
allem der Entzug von Brot zum Kampfmittel
wurde. Voller Widersprüche zeigt sich die
Darstellung des Lebensmittels „Brot“ im 21.
Jahrhundert. Eine neue Genusskultur rund
um Biolebensmittel steht den mächtigen Diskontern gegenüber. Nahrungsmittelkonzerne
designen die Superfrucht, während die historische Sortenvielfalt eine Renaissance erlebt.
Genfood und Wasserknappheit, Bioenergie
versus Nahrung, der Lebensmittelüberschuss
und Hungersnöte werfen weitere Schlaglichter.
Poysdorf – Weinidylle
und Geschmackserlebnis
Als Zar Alexander I. von Russland auf dem
Weg zum Wiener Kongress 1814 in Poysdorf
Station machte, schmeckte ihm der hiesige
Wein so gut, dass er sich diesen fortan an den
Zarenhof liefern ließ. Kein Ort eignet sich
also besser als die Weinstadt Poysdorf, um die
ebenfalls 8.000-jährige Kulturgeschichte des
Weins in all ihren Facetten zu beleuchten.
Ausgangspunkt der Ausstellung ist die Festhalle mit einer vielsprachig gestalteten Fassade. Im Inneren stimmt die Festhalle mit einer
Reihe von interaktiven Stationen für alle
Sinne auf das Thema ein. Sie erzählt über
Weinlandschaften in Mitteleuropa, über
Wein in Film, Musik oder Literatur. Eine
interaktive Wahrnehmungsstation thematisiert die Folgen des Alkoholmissbrauchs. Ein
Innenhof mit „Wein-Hüter“, einem Traubendach und einer Station über die Herausforderungen im Weinbau empfängt die Gäste. Ein
ausgebauter Keller führt dann in das ehemalige Bürgerspital.
Hier wird nun die Geschichte des Rebensaftes
chronologisch aufgerollt. Ein Weinetikett aus
der ägyptischen Hochkultur thematisiert die
Anfänge des Weinanbaus. Trinkgefäße aus
griechischer und römischer Zeit zeigen, dass
nicht nur die Eliten, sondern auch das Volk
Wein trank. Im Mittelalter wurde die Kultivierung des Rebensaftes zur klösterlichen
Domäne. In noch nie dagewesener Breite
beleuchtet die Ausstellung die Geschichte des
Weins anhand der Habsburger durch Renaissance, Barock und Biedermeier. Die verwirrende Vielfalt an Spezialweingläsern am Wiener Hof legt davon Zeugnis ab. Eine Installation über Weinkultur im 21. Jahrhundert
führt schließlich unmittelbar in die Gegenwart.
Der andere Blick
Auch in Poysdorf rundet ein Freibereich das
Ausstellungserlebnis ab. Ein dorfähnliches
Ensemble mit Schauweingarten, Presshäusern und Schmiede lädt zum Entdecken und
verweilen ein. Unter dem Titel „Brot – Der
andere Blick“ und „Wein – Der andere Blick“
lädt die Landesausstellung sonn- und feier-
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Neben den Ausstellungsstandorten Asparn
an der Zaya und Poysdorf sind Schloss Wolkersdorf, das MuseumsZentrum Mistelbach,
die Thermenstadt Laa an der Thaya, das
Museumsdorf Niedersulz und das Regionalmuseum in Mikulov/Nikolsburg Partner der
Niederösterreichischen Landesausstellung.
Sie bieten neben einem thematisch passenden
Programm auch Ermäßigungen mit dem
Landesausstellungsticket an.
Im Weinviertel wird die Verbindung von Kultur, Genuss und Lebensfreude besonders
spürbar: Ausgelassene Feiern, Weinfeste oder
die Veranstaltungsreihe „Tafeln im Weinviertel“ erwarten die Gäste. 138 Betriebe – unter
ihnen Bäcker, Gasthöfe, Direktvermarkter,
Gastronomiebetriebe und Winzer – haben
sich zu „Regionspartnern Weinviertel“ zusammengeschlossen. Die Weinstraße Weinviertel führt auf 400 erlebnisreichen Kilometern durch malerisches, sanft hügeliges
Gelände und idyllische Weingärten, vorbei an
stimmungsvollen Kellergassen, Weingasthöfen und Heurigen, die zur Einkehr einladen. Wer die genussvolle Gelassenheit genießt
und das Weinviertel und schätzen lernt, der
kommt wieder. /
Fotos: Manfred Horvath
BROT & WEIN
———————————————————
Asparn/Zaya und Poysdorf
Bis 3. 11. 2013, täglich 9.00–18.00 Uhr
Information
Niederösterreichische Landesausstellung
2170 Poysdorf,
Kolpingstraße 7
Tel. 02552 3515 30
[email protected]
www.noe-landesausstellung.at
Ausstellung / 36
Prager Straße
EUROPASTRASSE 59
Im kulturgeschichtlichem Geschehen heißt es heuer: Die Prager Straße ist die neue Brünner Straße.
Die Ausstellung „Entlang der Prager Straße“ in Hollabrunn, Guntersdorf und Znaim/Znojmo.
Der Hauptplatz von Hollabrunn in den 1930er Jahren. Bis zum Bau der Umfahrungsstraße überquerte ihn die Prager Straße und somit alle Reisenden,
die in Richtung Norden oder Süden unterwegs waren.
Vor einigen Jahren wurde die Brünner Straße
neu entdeckt. Nicht zuletzt durch den Bau
der Autobahn, und auch das Buch „Brünner
Straße“ (Edition Winkler-Hermaden, 2009)
erweckte Interesse des traditionellen Verkehrswegs von Wien-Floridsdorf nach Brünn
neu. Nunmehr erscheint bei der gleichen
Edition ein Buch über die „Prager Straße“,
den zweiten bedeutenden Verkehrsweg nach
Mähren und Böhmen.
Die Gesichter einer Straße
Die vorliegende Publikation entstand im
Rahmen eines Projektes des „WeinviertelFestival 2013“, das die Edition Winkler-Hermaden gemeinsam mit dem Stadtmuseum
Znaim (Jiří Kacetl) und dem Stadtmuseum
Hollabrunn (Ernst Bezemek, Friedrich Ecker)
verwirklichte. Eine Straße – der heutige Verlauf von Wien-Floridsdorf nach Prag/Praha
über Korneuburg, Stockerau, Hollabrunn,
Kleinhaugsdorf, Znaim/Znojmo, Iglau/Jihlava, Deutsch Brod/Havlíčkův Brod, Caslau/
Čáslav und Kolin/Kolín geht auf ein Hofdekret Maria Theresias vom 23. März 1746
zurück – hat viele Gesichter und Geschichten. Diese visualisieren wir mit Bildquellen
von Orten entlang der Straße Wien–Prag.
Wir begegnen Schlössern, Burgen, Industriedenkmälern, idyllischen Heurigenschenken,
Einkehrgasthöfen sowie Plätzen und Gebäuden und hoffen, ein breites Spektrum von
sozialem Geschehen, Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik abzudecken.
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Ein Bildband zur Geschichte der Kaiserstraße, Reichsstraße 96, Znaimer Straße, B2,
Europastraße 59, wie die Verkehrsverbindung Wien–Prag im historischen Ablauf
bezeichnet wurde, muss das Typische einer
Zeit, die Atmosphäre, kurz das, was das
Leben ausmacht, ausdrücken.
Ein solches Buch, das sich mit den niemals
friktionsfreien Beziehungen zwischen Niederösterreichern und seinen nördlichen
Nachbarn beschäftigt, kann naturgemäß
keine vertikale Abfolge von Aufbau, Technisierung und Modernisierung sein. Unsere
Bilder dokumentieren deshalb nicht nur
Idylle, sondern auch die vielen Brüche sowie
Aufstieg und Fall von fünf politischen Systemen (Monarchie, Republik, Austrofaschis-
Ausstellung / 37
Der lange Berg (südlich von Hollabrunn), 1930er Jahre.
mus, Nationalsozialismus, Kommunismus),
die die Menschen entlang der Straße diesseits und jenseits der Grenze trennten und
einander entfremdeten. Verfolgte und Ermordete lasteten auf einer Gesellschaft,
deren sozialstruktureller Wandel nach dem
Fall des Eisernen Vorhangs zu Hoffnungen
Anlass gibt.
Eine Ausstellung mit dem Titel „Entlang der
Prager Straße“ wird in drei ausgewählten,
mit dem Verkehrsweg eng verbundenen
Orten gezeigt: in den Monaten Mai und Juni
2013 in Hollabrunn (Stadtmuseum Alte
Hofmühle, Eröffnung am 23. Mai), im Sommer 2013 durch die Unterstützung von Bürgermeister Günter Bradac in der Marktgemeinde Guntersdorf (Gemeindezentrum)
und im September 2013 in Znaim (Südmährisches Museum, Eröffnung am 23. September).
Die Ausstellung wird als Ergänzung zum
Bildband verstanden. Ausstellungen haben
ihre eigenen Gesetze. Und diese bedingen,
wie der bedeutende österreichische Zeithistoriker und Ausstellungsmacher Gerhard
Jagschitz betont hat, dass einerseits viel
Wichtiges weggelassen werden muss, andererseits manche Themen nur im Rahmen
der musealen Präsentation zur Wirkung
kommen. Ein Bildband kann anderen
Regeln folgen: Es kann eine bedeutend größere Bildauswahl getroffen und Tendenzen,
Zeitprobleme und Entwicklungen können
entsprechend dem Forschungsinteresse der
Autoren breiter diskutiert werden.
Die Kaiserstraße (Prager Straße) in Znaim in Blickrichtung Norden. Foto: Südmährisches Museum, Znaim
Geschichte –
ein unvollständiges Projekt
Die Vorbereitungen für unseren Bildband
und unsere Ausstellung begannen vor eineinhalb Jahren. An zahlreiche Fotografen, Heimatforscher, Sammler und Kenner des Weinviertels wurden Anfragen mit der Bitte um
Bekanntgabe von Bildmaterial zum Thema
„Prager Straße“ und um Mitarbeit geschickt.
Informationen und Bilder zu folgenden
Orten an der Prager Straße sind in der Ausstellung zu sehen: Wien-Floridsdorf, Langenzersdorf, Korneuburg, Spillern, Stockerau,
Sierndorf, Göllersdorf, Hollabrunn, Schöngrabern, Guntersdorf, Haugsdorf, Znaim,
Mährisch Budweis, Iglau, Prag … Projektleiter Ulrich Winkler-Hermaden befasste
sich insbesondere mit dem Abschnitt von
Wien bis Stockerau. Anlaufstation waren
hierbei das Bezirksmuseum Floridsdorf und
Stockerau sowie das Museum Korneuburg.
Ernst Bezemek und Friedrich Ecker konzentrierten sich auf den Bezirk Hollabrunn. Den
mährischen und tschechischen Abschnitt
recherchierte Jiří Kacetl.
Buch und Ausstellung sind weitgehend der
wirtschaftlichen und politischen Entwicklung gewidmet, obwohl sich ein breites Spektrum mit sozialen Aspekten und dem Alltag
der Menschen beschäftigt. Buch und Ausstellung sollen nicht jene „Idylle“ zeigen, wie weit
wir es gebracht haben, sondern vielmehr
auch die Irrwege und den stillen, zähen Aufbau durch Generationen. Eines belegen Buch
und Ausstellung noch: Niemals hat es eine
„gute, alte Zeit“ gegeben; das Zusammen-
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
leben der Menschen ist nie ohne Probleme
verlaufen. Gerade die Regionalgeschichte
vermag zu zeigen, wie sich Mit- und Nebeneinander im historischen Prozess konkret
vollziehen. „Geschichte“ – und damit auch
die Regional- oder Lokalgeschichte – als
historische Betrachtung eines geografisch,
wirtschaftlich, kulturell oder politisch definierten Raumes hat viele Facetten, bietet
unterschiedliche Ansatzpunkte, erlaubt eine
Vielzahl von Betrachtungsweisen und bleibt
immer ein unvollständiges Projekt. Vorrangig
geht es aber um die Deutungsmacht der
Geschichte für die Identität jener Menschen,
deren Geschichte betrachtet wird. /
Text: Ernst Bezemek, Friedrich Ecker, Jiří Kacetl
Fotos: Stadtmuseum Hollabrunn
ENTLANG DER
PRAGER STRASSE
———————————————————
Konstante im Fluss der Zeit
Stadtmuseum Hollabrunn
2020 Hollabrunn, Mühlenring
Tel. 0676 4223237 (Dr. Ernst Bezemek)
Eröffnung: Do, 23. 5. 2013, 19.00 Uhr
Zu sehen bis So, 30. 6. 2013:
So und Fei, 9.30–11.30 Uhr
„Prager Straße“
Edition Winkler-Hermaden
ISBN 978-3-9503378-5-3
EUR 19,90
www.edition-wh.at
Ausstellung / 38
Stadtmuseum Wiener Neustadt
abwarten
und tee trinken
Tee ist Zeremonie in flüssiger Form. Chinesischer Tee widerspiegelt Welt-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte.
Zubereitet im Stadtmuseum anlässlich der 5-jährigen Städtepartnerschaft von Wiener Neustadt und Harbin.
Kulturgeschichte des Tees in Wiener Neustadt.
Der britische Politiker Cecil Rhodes berichtete von einem Besuch bei Alfred de Rothschild.
„Ein Butler in Livree erschien und fragte:
,Wünschen Sie Tee oder frischen Pfirsich, Sir?‘
Ich entschied mich natürlich für Tee und der
Livrierte fragte sofort: ,Indischen, chinesischen oder Ceylon-Tee, Sir?‘ Ich wählte den
indischen und postwendend kam die nächste
Frage: ,Mit Rahm oder Milch, Sir?‘ Ich nahm
Milch und wurde nun nach der Rindersorte
gefragt: ,Jersey, Hereford oder Short-Horn,
Sir?‘ “
Wann der erste Tee getrunken wurde, muss
im Dunklen bleiben. Vorerst wurden die Blätter wegen ihrer anregenden Wirkung gekaut.
Legenden berichten von Kaiser Shen-Nung,
dem der Wind ein Teeblatt in seine Schale mit
heißem Wasser wehte. Der Duft und die belebende Wirkung des Getränks gefielen dem
Kaiser und er machte den Tee in China populär. In der Tang-Dynastie (618–907) galt der
Tee als Getränk der Eliten. Im Verständnis der
Gelehrten und Mönche war die Teezeremonie
der Ausdruck von Harmonie zwischen Körper und Geist, Mensch und Natur.
Die Segelschiffe, die von China nach London
segelten, lieferten sich das „Great Tea Race“.
So mancher Segler wurde zur Legende. Das
Schiff, das die erste Ladung der neuen Ernte
brachte, erzielte einen sehr guten Preis für die
Fracht und bekam eine Prämie.
Teegeschenke
Mit dem Tee kam auch die Keramik wie etwa
das blau-weiße Porzellan aus der Provinz Jianxi nach Europa. Überhaupt lösten die chinesischen Güter eine Mode aus – ob Porzellan,
Lackkästchen oder Nippes – Hauptsache à la
chinoise. Chinesischer Tee wurde mit der
Gründung der britischen Kolonien Indien
und Ceylon von eigenen Teeplantagen abgelöst.
Im alten China begleitete der Tee den Mensch
durch alle Lebensphasen. So wurde das Neugeborene in Tee gebadet und Verlobungsgeschenke heißen bis heute Teegeschenke. Die
junge Frau musste ihren Schwiegereltern am
Morgen nach der Hochzeit perfekten Tee servieren. Aus der Qualität ihres Tee leitete man
ihre Fähigkeiten als Schwiegertochter und
Ehefrau ab. Tee fand sich auch als Grabbeigabe, denn einer Sage nach stand am Eingang
ins Jenseits eine Frau und bot eine Betäubungssuppe an. Um dieser Wirkung zu entkommen, gab man den Toten ein Päckchen
mit belebenden Tee mit.
Mit den Ostindischen Handelskompagnien
die europäische seefahrende Nationen, allen
voran die Niederlande und Großbritannien,
ab 1600 gründeten, kam der Tee nach Europa.
Die East India Company dominierte im
18. Jahrhundert den Handel mit Fernost.
Um
1800 importierte sie jährlich mehr als
11.000
Tonnen Tee aus China. Die Händler
kauften Tee bei Auktionen und gaben ihn an
kleinere Kaufleute weiter. Teegeschäfte und
Teehäuser entstanden.
Ein Angestellter der
Company, Thomas Twinings, eröffnete zu
Beginn des 18. Jahrhunderts in London das
erste Teegeschäft.
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Angeregt durch die Ausstellung werden Sie
vielleicht beim nächsten Besuch in einem
Lokal an die Worte des amerikanischen Präsidenten Abraham Lincoln denken: „Kellner,
falls dies Kaffee ist,
bringen Sie mir Tee,
falls
dies aber Tee ist,
bringen Sie mir Kaffee.“ /
TEATIME
———————————————————
Bis So, 30. 6. 2013
Stadtmuseum Wiener Neustadt
2700 Wiener Neustadt, Petersgasse 2a
Tel. 02622 373-951
stadtmuseum.wiener-neustadt.at
Öffnungszeiten
Mi–So u. Fei 10.00–16.00 Uhr,
Do 10.00–20.00 Uhr
International Council of Museums / 39
36. Internationaler Museumstag 2013
ZUKUNFT
GESTALTEN
„Vergangenheit erinnern – Zukunft gestalten: Museen machen mit!“ – unter diesem Motto wird am 12. Mai
der von ICOM initiierte Internationale Museumstag in Österreich, Deutschland und der Schweiz veranstaltet.
Museum – ein Ort für alle Generationen. Foto: Aargauer Kunsthaus
1977 gilt als Geburtsjahr für den Internationale Museumstag. Anlässlich der ICOMGeneralversammlung (International Council
of Museums) in Moskau wurde eine gemeinsame internationale Museumsveranstaltung
diskutiert, die – trotz der Verschiedenheiten
der internationalen Museumslandschaft –
deren Gemeinsamkeiten demonstrieren und
feiern sollte. Der Internationale Museumstag
wurde ferner mit der Intention ins Leben
gerufen, um das öffentliche Bewusstsein über
die bedeutsame Rolle von Museen für eine
Gesellschaft und ihrer (nicht nur kulturellen)
Entwicklung zu stärken.
Das diesjährige Motto, „Vergangenheit erinnern – Zukunft gestalten: Museen machen
mit!“, wurde gemeinsam von den ICOM
Nationalkomitees Österreichs, Deutschlands
und der Schweiz aus dem offiziellen englischen ICOM-Titel „Museums (Memory +
Creativity) = Social Change“ abgewandelt.
Durch das Bewahren, Ausstellen und Vermit-
teln unseres kulturellen Erbes sowie durch
das Erforschen und Inszenieren gegenwärtiger Tendenzen präsentieren sich Museen als
Orte der Auseinandersetzung mit der Gegenwart und als Orte der Aufarbeitung und
Erinnerung der Vergangenheit. Eben diese
Dualität – das Begreifen der Gegenwart und
das Verstehen der Vergangenheit – erlaubt
ein reflektiertes Gestalten der Zukunft und
macht Museen zu der Institution, um kulturelle Vielfalt aufzuzeigen, aktuelle Thematiken zu vermitteln und die Gesellschaft
daran teilhaben zu lassen. Das aktuelle
Thema des Internationalen Museumstages –
„Vergangenheit erinnern – Zukunft gestalten“
bietet nun Museen die Möglichkeit, mit facettenreichen Aktivitäten die Aufmerksamkeit
der Besucher zu gewinnen.
Kreativer Austausch
Dieser Tag der offenen Türen von ICOM –
einer der größten und weltweit tätigen Orga-
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
nisation im kulturellen Bereich – ermöglicht
es Museen, mit besonderen Aktivitäten nicht
nur auf gesellschaftliche Veränderungen zu
reagieren, sondern diese auch aktiv mitzugestalten. 2012 nahmen um die 32.000 Museen
aus 129 Ländern am Internationalen Museumstag teil, auch zahlreiche österreichische
Museen haben sich daran beteiligt. Dieses
Jahr wird sich wieder eine Vielzahl von
Museen aus allen Bundesländern am Internationalen Museumstag präsentieren und ihre
Institutionen zu Treffpunkten für alle Generationen sowie Gesellschaftsschichten und zu
Orten des kreativen Austausches machen.
Ein Überblick über die Aktivitäten der österreichischen sowie der internationalen Museumsgemeinschaft anlässlich des Internationalen Museumstages – von Amerika und
Ozeanien über Europa sowie Asien und Afrika – ist auf der ICOM-Österreich-Homepage
www.icom-oesterreich.at zu finden. Letztendlich soll der Internationale Museumstag
dazu dienen, Entdeckungen und neue Eindrücke über unsere mannigfaltige Museumslandschaft zu ermöglichen. /
ICOM Österreich
———————————————————
c/o Leopold Museum Privatstiftung
1070 Wien, Museumsplatz 1
Tel. 01 52570-1565
www.icom-oesterreich.at
www.facebook.com/icom.oesterreich
Museen / 40
Alltagsgeschichte
FAMILIENSAGA
Eine Ausstellung zur Geschichte einer Waldviertler Tischler-Familie im
Ersten österreichischen Museum für Alltagsgeschichte in Neupölla.
Franziska Zimmerl als einzige Frau bei einem Tischlerfachkurs in Wien, 1937.
Das seit 1997 bestehende „Erste österreichische Museum für Alltagsgeschichte“ in
Neupölla hat in seinen Sonderausstellungen
einerseits übergreifende Themen behandelt
wie „Kino im Waldviertel“, „50 Jahre Kampkraftwerke“ oder „Waldviertler auf Safari“,
andererseits auch immer wieder mit dem
Museum in Zusammenhang stehende repräsentative Familiengeschichten beleuchtet wie
jene über die früheren Besitzer des Muse-
umsgebäudes in Neupölla oder die Familie
des Schusters Josef Krammer, dessen Werkstätte im Museum zu sehen ist. Aufgrund der
guten Quellenlage schien es naheliegend, den
100-jährigen Bestand der Familie und Tischlerei Zimmerl in Neupölla zum Anlass für die
heurige Sonderausstellung zu nehmen.
2013 kann die Familie und Tischlerei auf
einen hundertjährigen Bestand zurück-
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
blicken, sodass es naheliegend schien, die
heurige Sonderausstellung diesem Thema
zu widmen. Der 1886 in Tiefenbach geborene Josef Zimmerl erwarb 1913 das Haus
Nr. 45 in Neupölla und heiratete Franziska
Reicherstorfer. Nach dem Kriegsdienst
konnte Zimmerl seinen Betrieb etablieren
und über den Markt Neupölla hinaus eine
eher zahlungskräftigere Kundschaft beliefern. Aus dieser Zeit sind nicht nur Porträt-
Museen / 41
fotos, Kurszeugnisse und Möbelvorlagen
sowie Rechnungsbücher erhalten geblieben,
sondern auch mehrere Möbelstücke. 1931
wurde das Wohn- und Geschäftshaus aufgestockt, doch verschonte die Wirtschaftskrise
auch den kleinen Betrieb in Neupölla nicht.
Wirtschaftskrise &
Gemeindepolitik
Trotz der finanziellen Sorgen bemühte sich
Josef Zimmerl, seinen Kindern eine Ausbildung zukommen zu lassen: Maria besuchte
nach der Bürgerschule Allentsteig eine
Lehrerinnenbildungsanstalt in Wien und
machte ihr Praktikum an der Volksschule
Neupölla. Josef Zimmerl jun. besuchte das
Gymnasium Seitenstetten und das Priesterseminar St. Pölten. Dafür erlernte Franziska
das Tischlerhandwerk und wurde 1942 zur
ersten Tischlermeisterin Niederösterreichs.
Die beiden jüngsten Töchter der Familie
besuchten eine Hauswirtschafts- und eine
Handelsschule in Mistelbach bzw. Horn. In
der Freizeit vergnügte man sich u. a. mit
Zitherspiel und Laientheater oder engagierte sich in der christlichsozialen Politik: Der
Tischlermeister wurde Obmann des Gewerbebundes Neupölla der Vaterländischen
Front und sein Sohn gründete 1933 eine
katholische Sturmschar-Ortsgruppe.
Der „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im Jahre 1938 hatte daher für die
Familie negative Folgen, da Josef Zimmerl
aus dem Gemeinderat entlassen und die
Lehrerin Maria nach Deutschland versetzt
wurde. Doch Josef Zimmerl sen. engagierte
sich als Pfarrkirchenrat weiterhin für die
Pfarre seiner Heimatgemeinde. Aber als
typische Österreicher wollte man es sich
auch mit den neuen Machthabern nicht
ganz verscherzen – und die jüngsten Töchter
traten dem BDM bei. Den Aufträgen der
Wehrmacht und der Profiteure des 1938
angelegten Truppenübungsplatzes Döllersheim stand jedoch bald die Aussiedlung von
42 Ortschaften und 7.000 Menschen gegenüber, die den Verlust von einem Drittel des
wirtschaftlichen Hinterlandes von Neupölla
zur Folge hatte. Die Politik des NS-Regimes
ordnete nicht nur das Handwerk dem Führerprinzip und bald der Kriegswirtschaft
unter, sondern propagierte auch eine bodenständige Blut-und-Boden-Ästhetik.
Bauernstuben &
russische Kommandantur
Diese äußerte sich in Bauernstuben sowie der
Anfertigung von traditionellen Wäschetruhen. Der kurzfristigen Freude an deutschen
Produkten wie Fotoapparaten und einem
DKW-Auto folgten bald die Kriegsfolgen:
Der 1939 vorzeitig zum Priester geweihte
Josef Zimmerl wurde 1940 als Sanitäter nach
Frankreich eingezogen. Der angenehmen
Zeit in Paris folgte 1941 die Versetzung an die
Ostfront. Trotz der ab 1942 zunehmend
schwierigeren Lage und einer schweren Verwundung gab es einen regen Briefverkehr
zwischen dem bei Leningrad stationierten
Theologen und seiner Familie. Josef Zimmerl
sen. wurde 1943 als Glaser nach Berlin
kriegsverpflichtet, Berta Zimmerl war nach
dem Arbeitsdienst in Dobersberg als Lazarettschwester in Wien in die Kriegsmaschinerie integriert, wo sie ihren späteren Ehemann
kennenlernte. Die jüngste Schwester Anna
versah auf dem Postamt in Neupölla Dienst.
Auf die Einquartierung von Soldaten in Neupölla folgten schließlich „Kinderlandverschickungen“ sowie ungarische Soldaten und
Flüchtlinge.
Während Maria 1944 ins Waldviertel heimkehrte und 1945 wieder in Neupölla unterrichtete, kam ihr Bruder erst 1947 aus der
sowjetischen Kriegsgefangenschaft zurück.
Josef Zimmerl sen. wurde im Juni 1945 in
den Gemeinderat berufen, wo er bis in die
1960er Jahre aktiv blieb. Die Tischlerei
arbeitete nun für die russische Kommandantur und bald auch für die Aussteuer der
Töchter: Berta heiratete 1948 den Wiener
Beamten Robert Entmayr und Maria den
Bindermeister Rudolf Leidenfrost aus Neupölla. Anna ehelichte 1951 den aus einer
Aussiedlerfamilie stammenden Volkschullehrer Ernst Ranftl. Martha trat 1948 in den
Orden der Kreuzschwestern in Laxenburg
ein und wirkte als Stationsschwester im
Wiener Franz-Josef-Krankenhaus. 1957 vermählte sich Franziska mit dem Tischlermeister Friedrich Polleroß, der daraufhin den
Betrieb seines Schwiegervaters übernahm.
Wirtschaftswunder
Im Zuge des „Wirtschaftswunders“ prosperierte auch die Tischlerei in Neupölla. Nach-
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Sessel in Kirschholz von Josef Zimmerl, 1925.
Foto: Friedrich Polleroß
dem Friedrich Polleroß schon 1957 durch
einen Umbau die Werkstattfläche mehr als
verdoppelt hatte, wurden 1967 Filialen in
Allentsteig und Göpfritz eröffnet. Aus diesen Anfängen des „Resopalzeitalters“ können ebenfalls Musterzeitschriften und
Möbel gezeigt werden. Da die Nachfrage
weiter wuchs und zahlreiche Lehrlinge eingestellt werden mussten, wurde 1965 das
Nachbarhaus erworben und dort bis 1973
eine Schauhalle und ein Werkstattzubau
errichtet. /
Text: Friedrich Polleroß
ERSTES
ÖSTERREICHISCHES MUSEUM
FÜR ALLTAGSGESCHICHTE
———————————————————
3593 Neupölla 10
Tel. 02988 6220 (Gemeinde)
www. poella.at
Bis Do, 15. 8. 2013:
So und Fei, 14.00–17.00 Uhr
Gruppen und Schulklassen sind auch
außerhalb der Öffnungszeiten willkommen
Tschechien / 42
Lange Nacht der Museen
DER FEZ AUS BÖHMEN
Die „Lange Nacht der Museen“ wird in Tschechien an Wochenenden im Mai und Juni mit historischen
Festen, Kostümen und Musik begangen. Die Museen der Königsstadt Písek stellen sich vor.
beliebtes Souvenir aus dem Böhmerwald. In
den Museen von Strakonice und Písek ist die
Geschichte der Fez-Fabrik dokumentiert.
Auch bei Zigarren denken wir eher an
Havanna und nicht an eine böhmische
Kleinstadt. Von der k. u. k. Zigarrendreherei
Písek ist im Museum ein Arbeitstisch zu
sehen sowie Etiketten und die Holzmodeln,
mit denen der Umfang der von den Frauen
gerollten Zigarren gemessen wurde.
Gold am Ufer
Die Otava f ließt in Písek an zwei Museen vorbei – am Regionalmuseum in der Königsburg und am
Museums des alten E-Werks (rechts außen).
Sie wurden im Osmanischen Reich getragen, waren quasi „Markenzeichen“ – die
roten Hüte mit den schwarzen Quasten. Der
Fez aus gefilztem Wollstoff war ein böhmisches Qualitätsprodukt, hergestellt in den
Städten Strakonice und Písek. Anfang des
19. Jahrhunderts entwickelte sich – eher
zufällig – aus dem Strumpfwirken eine FezProduktion der Firma Fürth & Comp. Als
der Sultan seinen Soldaten statt Turbanen
Fez verordnete, stieg der Absatz in schwindelnde Höhen. Auch in Písek setzte man auf
Orient-Export. 1894 gründete Josef Klein
eine Fez-Manufaktur. Bald darauf waren
200 Frauen in der Fabrik beschäftigt, ebensoviele arbeiteten in Heimarbeit.
Der Absatz brach ein, als der türkische
Staatsgründer Atatürk seinen Landsleuten
vorschrieb, sich westlich zu kleiden, sowie
mit der Weltwirtschaftskrise und dem Zweiten Weltkrieg. In der kommunistischen Ära
wurde die Produktion im kleineren Rahmen
weitergeführt. Der Fez ist bis heute ein
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Das gut gestaltete Regionalmuseum ist in
der von König Otakar II. Přemyzl gegründeten Königsburg von Písek untergebracht. Es
zeigt den gesamten Reichtum der Region.
Von der Teichwirtschaft bis zum Porzellanmaler Johann Zacharias Quast, von der
Urgeschichte bis zur Goldgewinnung. Reich
wurde Písek (das tschechische Wort für
Sand) durch den goldführenden Sand des
Flusses Otava. Ab dem 10. Jahrhundert ist
die Goldgewinnung nachgewiesen. Mittelalterliche Erzmühlen und Sandwaschanlagen
sind im Museum ausgestellt, ebenso eine
Dokumentation über den Fund eines Goldklumpens, der 1927 ein Goldfieber auslöste.
Nicht alles ist aus Gold. Manche Geschichte
ist mit Blut geschrieben. Der Henkerdynastie Nimbursky war ab 1750 in Písek ansässig.
Ein Schwert aus dem Familienbesitz verkauften die Nachfahren erst kürzlich dem
Museum. Jeder Raum ist mit lebensgroßen
Figuren aus der Geschichte akzentuiert, hier
ist es der Henker mit seiner roten Kapuze
und der gefesselten Delinquentin.
Tschechien / 43
PÍSEK
———————————————————
Regionalmuseum
Prácheňské muzeum
39724 Písek, Velké náměstí 114
Tel. +420 382201111
www.prachenskemuzeum.cz
Sladovna
Exposition der Kinderbuchillustration
39724 Písek, Velké náměstí 113
www.sladovna.cz
Museum E-Werk
39724 Písek, Podskalí 159
Tel. +420 777 061 224
www.elektrarna.info
Arbeit des Porzellanmalers Johann Z. Quast.
In die Ecke gehen
Eine bei uns wenig bekannte Besonderheit ist
der „Eckentopf “. Das runde Suppengefäß mit
Henkel ist aus Steingut. Die Wöchnerin
bekam ihn wohlgefüllt von Verwandten oder
Nachbarinnen als Geschenk. Da das Bett
einer Gebärenden in eine Ecke geschoben
wurde (um sie vom Geschehen im Haus
abzuschirmen), ging die Besucher „in die
Ecke“ – der Topf mit Suppe wird Eckentopf
genannt. Die Ethnografische Abteilung zeigt
die Lebenswelten von Kind, Frau und Mann
und den letzten Weg: die Begräbnisrituale.
Die lebensgroße Figur des Pfarrers trägt übrigens die Gesichtszüge des Museumsdirektors.
Der Besucher könnte sich in den Geschichten
einer Stadt verlieren, schlüge ihm nicht
immer wieder die Stunde. Im Museum ist das
Uhrwerk des Rathauses aus dem Jahre 1768
installiert, das pünktlich jede Viertelstunde
anschlägt. Die Mechanik war für beide Glockentürme des Rathauses zuständig; in Písek
schlug es zwölf Uhr im linken und dann
nochmals zwölf im rechten Turm, das waren
mit den vier Schlägen für die volle Stunde
insgesamt 28 Glockenschläge. Die Uhren
schienen in Písek auch anders zu gehen, als
1918 die Erste Tschechoslowakische Republik
ausgerufen wurde. In großer Freude wurde
sie hier schon 14 Tage zuvor verkündet, nicht
erst wie im Rest des Landes am 28. Oktober.
Galerie der böhmischen Könige
Burgen als mittelalterliches Machtsystem vertrugen sich grundsätzlich nicht gut mit auf-
Reste einer mittelalterlichen Goldwaschanlage.
strebenden Bürgerschichten einer Stadt, wo
ab dem 14. Jahrhundert die Vollzugsgewalt
an die städtischen Ratsherren überging.
Burgen wurden auch physisch von urbanistischen Bauten umformt. So auch in Písek,
wo Teile der Königsburg zur Mälzerei der
lokalen Brauerei wurden und andere zu einer
Kaserne. Allerdings haben die Písker Bürger
die Könige Ende des 19. Jahrhunderts heimgeholt. Die Stadt erwarb die Gemäldesammlung böhmischer Könige aus dem Jesuitenkloster in Klatovy/Klattau. Sie ist im
Museum zu sehen.
Am Fuße der ehemaligen Burg von Písek
fließt die Otava. Hier steht das städtische
E-Werk. Der tschechische Werner von Siemens war der Elektrotechniker František
Křižík. Er kaufte die ehemalige Wassermühle
unter der Burg und warb mit öffentlichen
Demonstrationen am Stadtplatz für elektrisches Licht. 1887 hatte Písek die erste elektrische Beleuchtung des Landes. Licht auf
Straßen und Plätzen gab es bereits ab 1808.
Öllampen leuchteten den Zechern den Weg
nach Hause, sodass die Kosten für das Nachtlicht auf die Wein- und Bierpreise geschlagen
wurden. Das elektrische Licht im E-Werk
wurde vorerst durch ein Wasserrad erzeugt,
bald kamen zwei Francis-Turbinen dazu, die
bis heute in Betrieb sind. Nicht nur, dass im
E-Werk die Geschichte der Straßenbeleuchtung dokumentiert ist, auch der Turbinenraum, der Holzrechen und die kleine mit dem
Gebäude verbundene Insel, auf der sich das
Treibholz sammelt, ist zu besichtigen. /
Text und Fotos: Mella Waldstein
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
die lange der museen …
———————————————————
… wird in Tschechien mit zahlreichen
historischen Darbietungen mit Musik
und Handwerk, Gaukelei und Kostümen
begangen. Von größeren Städten – wie
Č. Budĕjovice/Budweis – gibt es Shuttlebusse zu kleineren Orten, z. B. nach
Žumberk/Sonnberg. Der Eintritt ist frei.
Fr, 17. 5. 2013
Eröffnung der Langen Nacht der Museen
in Jindřichův Hradec/Neuhaus im Museum der Fotografie
Prácheňské Museum Písek
Museum Hodonín
Sa, 18. 5. 2013
Mährische Galerie Brno/Brünn
Technisches Museum Brno/Brünn
Schloss Slavkov/Austerlitz
Fr, 24. 5. 2013
Südmährisches Museum Znojmo/Znaim
Museum Jihlava/Iglau
Museum Mikulov/Nikolsburg
Sa, 25. 5. 2013
Hussitenmuseum Tabor
Fr, 31. 5. 2013
Museum und Galerie Havlíčkův Brod/
Deutschbrod
Fr, 7. 6. 2013
Feste Žumberk/Sonnberg
Museum Prachatice
Sa, 8. 6. 2013
Südböhmische Galerie Hluboka/Vltavou
Museum Český Krumlov/Krumau
Bücher, CDs & feine Ware / 44
Auslage
SCHELLER, SCHLEICHER,
MAIBAUMKRAXLER
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Bräuche in Österreich:
Fasching, Ostern, Frühling
EUR 24,00
Verlag Anton Pustet
www.pustet.at
Nach dem äußerst erfolgreichen Buch „Weihnachtsbräuche in Österreich“ richtet Reinhard
Kriechbaum nun den Fokus auf die erste Jahreshälfte, genauer gesagt auf den Zeitraum von
Maria Lichtmess bis zur Sommersonnenwende.
Der Fasching und die Fastenzeit, der Osterfestkreis und die österreichweiten Bräuche im Frühling werden vorgestellt. Geht es nur um alte, gar
uralte Bräuche? Entscheidend ist doch, ob ein
Brauch die Menschen heute anspricht, ob er sie
in ihrem Denken und Fühlen trifft und ob sie
sich darin wiederfinden. Je globaler das Dorf
wird, umso wichtiger ist die regionale Rückbindung, das Bewusstmachen der Wurzeln. Nicht
selten wird wiederbelebt, wovon die Großeltern
noch etwas vom Hörensagen wissen. Aber
genauso oft kommt vor, dass neue Gepflogenheiten „erfunden“ werden. Das Buch ist, wie schon
jenes über die Weihnachtsbräuche, kein nostalgischer Blick in die Vergangenheit, sondern einer
auf das Heute: Bräuche, die leben, weil sie sich
nicht überlebt haben. /
QUERFELDEIN
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durch Österreich und Südtirol
EUR 18,00
Erhältlich über
www.volkslied.at
Querfeldein sind neugierige Forscher seit Jahrzehnten unterwegs – vom Seewinkel bis zum
Bregenzerwald, vom Waldviertel bis in den
Vinschgau. Mit einem Aufnahmegerät ausgestattet ziehen sie ins Feld, um Volkslieder, Volksmusik und Bräuche festzuhalten. Dabei treffen
sie auf originelle Musikanten, Lieder und Interpretationen, hören Titel wie die Veteranenleich,
den Kiahsuacha (Jodler) und die Stiwoller Polka
oder begleiten Mai- und Antlasssingen. Für diese
CD wurden 27 Aufnahmen aus rd. 75 Jahre Forschungsgeschichte ausgewählt: ein vielfältiger
Einblick in die Lebendigkeit von Musik und
Brauch in Österreich und Südtirol. Gewidmet ist
die CD-Produktion als akustische Festschrift
Manfred Schneider, einem der bedeutendsten
Feldforscher Tirols, für seine Verdienste in
30 Jahren Tätigkeit im Tiroler Volksliedarchiv. /
STEIRISCHE BLAS
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echt mundgeblasen
EUR 18,50
Erhältlich über
www.bogner-records.com
Wohl eine der bekanntesten Volksmusikgruppen
des Steirerlandes ist zweifelsohne die „Steirische
Blas“. Die siebenköpfige Formation, welche sich
1988 gegründet hat, wurde schnell über die
steirischen Landesgrenzen hinaus bekannt.
Auf bislang zwölf Tonträgern und wohl tausenden Auftritten im In- und Ausland beweist die
„Blas“ ihr Können immer wieder aufs Neue. Die
Besetzung, bestehend aus zwei Flügelhörnern,
Klarinette, Posaune, Gitarre, Steirischer Harmonika und Tuba, änderte sich in den 24 Jahren
des Bestehens aber nie. Mit der CD-Produktion
„echt mundgeblasen“ wollen die Musiker der
„Steirische Blas“ wiederum ihre Freude an der
Volksmusik in die Welt hinaustragen und ihren
mittlerweile weit bekannten, einzigartigen
„Sound“ noch lange weiterpflegen! /
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
EISERNE THORE
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Alfred Damm: Weitersfeld/Schaffa
Zur Geschichte einer jüdischen Landgemeinde
an der mährischen Grenze in der Neuzeit
EUR 28,00
ISBN 9 783 990 280720
Verlag Bibliothek der Provinz
www.bibliothekderprovinz.at
Vom Beginn des Dreißig jährigen Kriegs bis zum
Untergang in der Shoah existierte an der österreichisch-mährischen Grenze eine jüdische Siedlung.
Bis 1671 im Markt Weitersfeld gelegen, ab
dann, aufgrund der von Leopold I. angeordneten
Ausweisung, in Šafov/Schaffa, einem Dorf gleich
jenseits der mährischen Grenze. Fuhrwerke,
Handkarren, Kinder und Gänse, Bauern und
Händler müssen wir uns auf den Straßen von
Šafov/Schaffa vorstellen. Heute ist Šafov ein
verschlafenes Dorf an der Grenze, obwohl es
eigentlich ein Städtchen ist. Malerisch die Teiche
rundum und die Lage der Friedhöfe – im Süden
der christliche, im Westen der jüdische. Beide
von Bäumen und Melancholie gesäumt. Bei
genauerer Kenntnis des Ortes ist es auch möglich, das jüdische Schaffa ausfindig zu machen:
der Nachfolgebau der Synagoge sowie ein, zwei
Häuser aus dem Schtetl. In Weitersfeld im
Waldviertel ist die Spurensuche weit schwieriger.
Der Historiker Alfred Damm wurde in den
Herrschaftsbüchern von Hardegg fündig. Die
Ansiedelung der von Wien vertriebenen Juden
zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde von der
Herrschaft forciert, die jüdischen Händler vertrieben agrarische Produkte. Die Herrschaft
schloss mit den jüdischen Ansiedlern einen Vertrag, der u. a. die Religionsfreiheit gewährleistete. Andererseits hatten Juden Schutzgeld zu zahlen. Mit der Ausweisung aus Niederösterreich
Bücher, CDs & feine Ware / 45
1671 war die Weitersfelder jüdische Gemeinde
gezwungen, eine neue Heimat zu finden – über
der Grenze im mährischen Šafov/Schaffa. Zwar
sind in den letzten Jahren zur Geschichte der
niederösterreichischen Landjuden in der Neuzeit
einige grundlegende und umfassende Publikationen erschienen, eine Aufarbeitung der Quellen
zu dieser Siedlung fehlt jedoch bisher. Der Autor
hat mit akribischen Recherchen in den Archiven
diese Lücke geschlossen. Ein schönes Beispiel gelebter Integration vor 100 Jahren ist in den „Heimatkundlichen Blättern des Bezirkes Znaim“
(1899) zu finden. Dort verfassen der christliche
und der jüdische Lehrer, Fabian Smrcka und
Salomon Riesenfeld, gemeinsam eine Ortschronik von Schaffa: „Die Judenhäuser sind
häufig nur 2–3 Fenster breit, ohne Hof, meist
einstöckig, mit einer Stiege von der Gasse, mit
eisernen Thüren, Thoren und Fensterläden, aus
der Zeit herrührend, da die Juden noch Verfolgung zu fürchten hatten. Die Neubauten jedoch
entsprechen allen modernen Anforderungen.“ /
DIE ZEIT DRÄNGT
——————————————————————
Robert Menasse: Der Europäische Landbote
EUR 12,90
Zsolnay Verlag
ISBN 978-3-552-05616-9
www.zsolnay.at
Der Titel ist Programm. Der „Hessische Landbote“ ist ein ursprünglich von Georg Büchner 1834
verfasstes achtseitiges Pamphlet gegen die sozialen Missstände der Zeit. Menasse macht es sich
im „Europäischen Landboten“ nicht einfach. Er
ist kein Latte-Machiatto-Intellektueller. Er begnügt sich nicht auf die Innenschau eines Schriftstellers. Er ist ein Aufklärer im besten Sinn des
Wortes. Und als Aufklärer kann man sich nicht
zurücklehnen und sich’s bequem machen. Also
hat sich Menasse nach Brüssel begeben. Wie ein
Reporter hat er einerseits Ritual und Mechanismus der Europäischen Union beobachtet. Und er
kommt zu der überraschenden Erkenntnis, dass
das bürokratische Europa nicht in Brüssel gemacht wird – sondern in den Schaltzentralen
anderer europäischer Hauptstädte. Aber das ist
nur Vorgeplänkel. Andererseits will uns Menasse
mit dem „Landboten“ eigentlich ein kämpferisches Flugblatt verteilen: Es braucht keine Nationalstaaten. Sie sind kein Naturgesetz. Also sollten sie überwunden werden. Strengt euch an,
Politiker, dass aus Europa etwas Neues wird!
Legt euch keine Denkverbote auf! Seid kreativ!
Die Zeit drängt. /
VIERTEL UNter
DEM MANHARTSBERG
——————————————————————
Reinhard Mandl, Thomas Hofmann:
Weinviertel – Land und Leute
EUR 29,80
ISBN 9 783 990 051634
Hubert Krenn Verlag
www.hubertkrenn.at
Wir haben hier einen Prachtband zur Hand, den
man Freunden vorlegen kann, denen gezeigt
werden muss, wie schön es da ist. Es ist schon
erstaunlich, wie gefällig selbst Sperriges wie
Stromleitungen oder Windräder fotografiert
werden kann. Orchestriert wird die Bilderflut
von einem – schon durch den Viertelsnamen
nahegelegten – Kapitel über den Wein und weiteren sieben Kapiteln, die geschickt Kleinregionen nach geografischer Zusammengehörigkeit
definieren. Ein Überblickstext führt jeweils ein
und Bildtexte erläutern das Dargestellte. Bilderbücher dieser Art haben vielfach den Ruf, schönfärberisch und inhaltsarm zu sein. Damit würde
man diesem Buch Unrecht tun. Schöngefärbt ja,
aber auf hohem Niveau – und inhaltlich mit viel
Substanz, die den Fachkundigen vom bloßen
Werbetexter unterscheidet. Das Weinviertel
2013 vor den Vorhang – umso mehr mit diesem
Buch im Gepäck. / Richard Edl /
Wimmelbücher haben ein Thema, das mit einer
großen Menge an bildlicher Information umgesetzt wird: Jahreszeiten, Mittelalter, Arbeitswelten, ferne Länder. Im Österreich-Wimmelbuch
werden alle Bundesländer bereist. Als Paten der
„Wimmel-Bilder“ gelten die detailgenauen
Gemälde eines Hieronymus Bosch und Pieter
Brueghel d. Ä. Deswegen lieben Kinder diese
überbordenden Bilderbücher: weil es viel zu entdecken gibt, immer und immer wieder; weil
Kinder dazu eigene Geschichte denken und die
Erwachsenen angeregt werden, alle Details zu
deuten; weil sich kleine Spitzfindigkeiten darin
verstecken. /
KOCHEN MIT TRADITION
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ÖSTERREICHRUNDFAHRT
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Sabine Wiemers, Saskia Hula:
Das große Österreich-Wimmelbuch
EUR 14,90
ISBN 9783701721184
Residenz Verlag
www.residenzverlag.at
In einem Wimmelbuch wimmelt es. Es wimmelt
vor Leben. Es quillt aus allen Ecken und Enden,
bricht hinter Büschen und Bäumen, Fenstern
und Zäunen hervor. Hier wimmelt Österreich.
Da eine Kuhglocke, dort eine Mozartkugel, da
ein Heuriger, dort eine Lederhose. Das muss
sein, denn immerhin ist eine Reisegruppe unterwegs durch Österreich – und wir mit ihnen.
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Sie sind in vielen Haushalt anzutreffen: die
Emailtöpfe eines alten Mostviertler Familienunternehmens. In zarten Pastellfarben die älteren
Modelle, im klassischen Dunkelblau oder mit
Dekor à la Gmunder Keramik. Email verbindet
die positiven Eigenschaften von Glas und Stahl.
Beim Verschmelzen dieser beiden Werkstoffe bei
850 Grad entsteht ein neuer Verbundwerkstoff
mit Oberflächeneigenschaften, die kaum ein
anderes Material erreicht. Die Töpfe der Firma
Riess mit Blaudruck-Dekor sind eine spezielle
Edition, angefertigt für die Volkskultur Niederösterreich. /
Galerie der Regionen
3504 Krems-Stein, Donaulände 56
Tel. 02732 85015 15
Di–Fr, 10.00–12.00 und 15.00–18.00 Uhr,
jeden 1. Sa im Monat 10.00–12.00 und
14.00–17.00 Uhr, an Konzerttagen bis 21.00 Uhr
www.volkskultureuropa.org/galerie
Kultur.Region / 46
Fortbildung
URGUT KOCHEN
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Aktivitäten münden in Kulturpartnerschaften,
welche über einen Austausch von Werbemaßnahmen gegen Geld hinausgehen. In diesem
Workshop werden die einzelnen Schritte einer
effektiven Sponsoring-Kampagne erarbeitet.
Dieses Seminar richtet sich an Unerfahrene
ebenso wie an möglicherweise bereits Frustrierte. Die Stärkung von Selbstbewusstsein und
Eigeninitiative sind ebenso wichtig wie das
richtige Verständnis von Kunst- und Kultursponsoring. Vertragsrechtliche sowie steuerrechtliche Belange werden ebenfalls behandelt.
Begrenzte Teilnehmerzahl!
Komm und koch mit den Bäuerinnen
Teilnahmegebühr: EUR 70,00/Person
So werden aus großen wie kleinen Essern
„Salat-Tiger“: Wenn Grünes nämlich so bunt,
so knackig-frisch und so köstlich mariniert auf
den Tisch kommt. Als Vitaminpaket mit saisonalem Gemüse wie zartem Frühlings-Spargel
und Vogerlsalat, knackigen Radieschen, herbstlichem Porree, oder als Hauptspeise mit feinen
Streifen von Rind- oder Putenfleisch.
Vorrangig für Mitglieder und Mitarbeiter Kulturvernetzung NÖ, BHW Niederösterreich,
Regional.Kultur Niederösterreich
Fr, 3. 5. 2013, 17.00 Uhr: Lilienfeld
Sa, 4. 5. 2013, 9.00 Uhr: Neunkirchen
Di, 7. 5. 2013, 13.00 Uhr, 18.00 Uhr: Bruck/Leitha
Di, 14. 5. 2013, 17.00 Uhr: Baden
Mi, 22. 5. 2013, 18.00 Uhr: Gänserndorf
Do, 23. u. Fr, 25. 5. 2013, 17.00 Uhr:
Hollabrunn
Ort: Bezirksbauernkammer
Anmeldung & Information
Tel. 05 0259 26200
[email protected]
www.urgutkochen.at
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SPONSORING
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Gezielte Ansprache von Sponsoren
Do, 23. 5. 2013, 9.00–18.00 Uhr
Hotel zur Post, 3053 Laaben Nr. 33
Referentin: Annemarie Türk
Die erfolgreiche Kontaktaufnahme mit Unternehmen setzt Überlegung und Vorbereitung
voraus. Kreative Konzepte und innovative Strategien sind gefragt. Erfolgreiche Sponsoring-
Anmeldung & Information
Kulturvernetzung NÖ – Büro Industrieviertel
Tel. 02639 2552 (Stephanie Brettschneider)
[email protected]
www.kulturvernetzung.at
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INVENTARISIEREN
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Sammlungsbestände inventarisieren
Sa, 22. 6. 2013, 9.00–17.00 Uhr
Brandlhof, Radlbrunn 24, 3710 Ziersdorf
Referent: Mag. Rocco Leuzzi
Im Zentrum dieses Einzelkurses steht die Vermittlung der Grundlagen der Inventarisierung
sowie die professionelle Erfassung von Museumsbeständen. Neben dem theoretischen Teil
liegt der Schwerpunkt auf praktischen Übungen mit Objekten der Übungssammlung des
Brandlhofs. Verwendet wird das EDV-Programm Imdas-Pro, welches von Joanneum
Research in enger Zusammenarbeit mit Museologen und Kulturexperten entwickelt wurde.
Anmeldung & Information
Museumsmanagement Niederösterreich
Tel. 02732 73999
Fax 02732 73999 33
[email protected]
www.noemuseen.at
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schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
EFFIZIENZ, ENGAGEMENT
UND EHRENAMT
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Infoabend zum Lehrgang
„Professionelle Kulturarbeit“
Mi, 19. 6. 2013, 17.00–20.00 Uhr
Institut für Kulturkonzepte
Gumpendorfer Straße 9/10, 1060 Wien
Die zahlreichen Ausstellungen und Veranstaltungen der regionalen Museen und Vereine
bilden einen wesentlichen Bestandteil des Kulturprogramms in Niederösterreich. Ermöglicht
wird das Angebot durch das Engagement von
Einzelpersonen und kleinen Teams, die mit
oft knappen Ressourcen ausgezeichnete Ergebnisse liefern. Um die Qualität des Angebots,
aber auch die Qualität der Zusammenarbeit
und die Motivation aller Beteiligten zu
sichern, ist es notwendig, sich mit Fragen der
interne Organisation intensiv auseinander zu
setzen: Wie können Kompetenzen besser eingesetzt und Arbeitsabläufe zielgerichteter
strukturiert werden? Welche Möglichkeiten
gibt es, neues Publikum und neue Kooperationspartner an das Museum oder an den Verein zu binden?
Effizienz, Engagement und Ehrenamt, ein
Widerspruch oder Erfolgsrezept? Mag. Karin
Wolf (Gründerin und Leiterin des Instituts für
Kulturkonzepte) beantwortet diese und weitere Fragen im Gespräch mit Gästen aus der
niederösterreichischen Kulturszene und stellt
den Lehrgang Professionelle Kulturarbeit vor.
Freier Eintritt zum Infoabend
Anmeldung erforderlich: Tel. 01 5853 999
Information
Museumsmanagement Niederösterreich
Tel. 02732 73999
[email protected]
www.noemuseen.at
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Chorszene / 47
singen im sommer
INTERNATIONALE
CHORAKADEMIE KREMS
VOKALWOCHE MELK
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MUSIKFABRIK EDELHOF
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20.–28. 7. 2013
7.–14. 7. 2013
Bildungshaus St. Hippolyt, St. Pölten
Landwirtschaftliche Fachschule Edelhof/Zwettl
Die Internationale Chorakademie will Chorsängern und Chorleitern die Möglichkeit
geben, ihre Sing- und Dirigierpraxis unter
fachkundiger Anleitung zu perfektionieren.
Die künstlerische Gesamtleitung liegt in den
Händen von Erwin Ortner (Professor für
Chorleitung und Chorische Stimmbildung an
der Universität für Musik und darstellende
Kunst Wien sowie Gründer und Leiter des
Arnold Schoenberg Chores; seit 2010 Leiter
der Wiener Hofmusikkapelle). Im Mittelpunkt
steht dabei die Arbeit im Plenum und in den
vier Studiochören. Daneben bieten Seminare
und Stimmbildung verschiedene Möglichkeiten zur individuellen musikalischen Weiterbildung. Die Leiter der vier Studiochöre
erarbeiten mit den Teilnehmern das Programm:
Erwin Ortner: Vierstimmiger Kammerchor
„Kommt Dir manchmal in den Sinn“
Josef Habringer: Drei-/Vierstimmiger Kammerchor „Klangfarben“
Maria Goundorina: Oberstimmenchor
„Neue Horizonte“
Stefan Foidl: Vierstimmiger Kammerchor
„All that’s Jazz“
Konzert der Teilnehmer
am Do, 11. Juli 2013, 19.00 Uhr
Minoritenkirche Krems Stein
Schlusskonzert
Sa, 13. Juli 2013, 19.00 Uhr
Stiftskirche Herzogenburg
Luigi Cherubini: Requiem in c-moll
für Chor und Orchester
Schlussgottesdienst
So, 14. Juli 2013, 10.00 Uhr
Dom zu St. Pölten
Franz Schubert: Messe in G–Dur D 167
Information
Michaela Zettl
Tel. 0676 5419739
www.icak.at
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Die von Erwin Ortner gegründete Veranstaltungsreihe hat sich im Lauf der Jahrzehnte zu
einer der größten Veranstaltungen für vokales
und instrumentales Musizieren in Österreich
entwickelt. Rund 140 Musikerinnen und
Musiker aus ganz Österreich und dem
benachbarten Ausland nehmen am WorkshopProgramm teil. Die Zielgruppe reicht vom
ambitionierten Laien mit Musikschul- oder
Konservatoriumausbildung bis hin zum Profi.
Programm:
7.–21. 7. 2013
Stift Melk
„Nicht alle von uns Chorsängern können eine
professionelle Ausbildung genießen. Mit der
Vokalwoche Melk bieten wir Sängern Weiterbildung auf höchstem Niveau“, so die Organisatorin Herta Falkensteiner.
Referenten: Heinz Ferlesch, Markus Obereder,
Benjamin Lack, Jürgen Fassbender, Nina
Bertens, Maria Erlacher, Kyoko Yoshizawa,
Maria Brojer, Bernd Oliver Fröhlich, Bartolo
Musil, Josef Schweighofer, Istvan Matyas.
Programm:
Plenum: Wolfgang Amadeus Mozart, Große
Messe in c-Moll KV 427
3 Kammerchöre: a cappella, themenzentriert
4 Kleinensembles: a cappella, bis max. 16 Sänger
Chorisches Einsingen
Einzelstimmbildung und 2 Solostudios
Konzerte
Fr, 19. Juli 2013, 19.00 Uhr und
Sa, 20. Juli 2013, 20.00 Uhr, Stift Melk
Gestaltung des Festgottesdienstes
So, 21. Juli 2013, 9.30 Uhr, Stiftskirche
Information
Günther Friedrich, Tel. 0680 3108451
Herta Falkensteiner,
Tel. 0664 2839588
www.vokalakademie.at
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schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Barockprojekt: J. S. Bach, Kantate „Schweigt
stille, plaudert nicht“ („Kaffeekantate“)
Großes Orchester: Carmina Burana von Carl
Orff, Gesamtleitung: Jörg Zwicker
Studio Klavier-Kammermusik: Leonore Aumaier
Studio Streicher-Kammermusik: Christian
Eisenberger, Arne Kircher
Studio Bläser-Kammermusik: Erich Heher
Kammermusik für Einsteiger: Laurence StalderStremnitzer
Studio Alte Musik und Aufführungspraxis:
Michael Hell, Jörg Zwicker
Studio Höfischer Tanz und szenische Darstellung: Andrea Straßberger
Studio Gesang: Maria Bayer, Elke Nagl,
Manfred Länger
Studio Atem – Körper – Stimme – Instrument: Johann Leutgeb, Johannes Geppert
Studio Percussion: Herwig Stieger, Laurence
Stalder-Stremnitzer
Junges Vokalensemble: Bernhard Sieberer
Öffentliche Veranstaltungen
Fr, 26. Juli 2013, 19.30 Uhr, Stift Zwettl
Sa, 27. Juli 2013, 19.30 Uhr, Rathaussaal Weitra
So, 28. Juli 2013, 10.15 Uhr, Pfarrkirche Zwettl
So, 28. Juli 2013, 15.00 Uhr, Stift Zwettl
Information
Tel. 02272 65052
[email protected]
www.musikfabrik.at
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GALERIE DER REGIONEN
Erlesenes Kunsthandwerk und edle Geschenkideen
aus Europas Regionen
3504 Krems-Stein · Donaulände 56
T. 02732 85015 · [email protected] · www.volkskultureuropa.org
Öffnungszeiten: Di–Fr, 10.00—12.00 und 15.00–18.00 Uhr,
jeden 1. Samstag im Monat 10.00–12.00 und 14.00–17.00 Uhr, an Konzerttagen bis 21.00 Uhr
Kultur.Region / 49
INTERN
VOLKSMUSIKSENDUNGEN
DES ORF
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ORF 2
Wetter-Panorama
täglich 7.30–9.00 Uhr
Fernsehfrühschoppen
Wir gratulieren
KOOPERATION
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Ihren runden Geburtstag feiern unsere
Ehrenmitglieder:
Im Rahmen der Kooperation zwischen dem
Museumsmanagement Niederösterreich und
der Kirchlichen-pädagogischen Hochschule
trafen einander die Vertreter beider Institutionen.
Friedrich Almer (90), Waidhofen an der Ybbs,
5. Mai
Walter Grubner (50), Texing, 14. Mai
Ihren besonderen Geburtstag
feiert unser Ehrenmitglied:
Staatsfeiertag, Mi, 1. 5., 12.00 Uhr:
Frühschoppen aus Teisendorf
Christi Himmelfahrt, Do, 9. 5., 12.00 Uhr:
Frühschoppen aus Teisendorf
Pfingstmontag, 20. 5., 12.00 Uhr:
Frühschoppen aus Großarl
Fronleichnam, Do, 30. 5., 12.00 Uhr:
Frühschoppen aus dem ORF-Fernsehgarten in Salzburg
Mei liabste Weis
Sa, 4. 5., 20.15 Uhr: aus Bad Aussee
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Regina Krammer, Riegersburg, 11. Mai
ORF 3
Ihren besonderen Geburtstag
feiert unser Mitglied:
Margit Zöhrer, Oberstinkenbrunn, 13. Mai
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Unser Österreich
Sa, 17.00 Uhr; Mo, 12.00 Uhr
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NEUE MITGLIEDER
RADIO NIEDERÖSTERREICH
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Unterstützende Mitglieder
Christoph Stiegler, Öhling
Ingrid Jörg, Tulln
Förderndes Mitglied
Monika Knötzl, Tattendorf
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KINDER- & JUGENDTANZLEITER
V. li. n. re.: Mag. Petra Braun, Institut für Fort- und
Weiterbildung für Pädagoginnen in NÖ; Mag. Ulrike
Vitovec, Leitung Museumsmanagement Niederösterreich; Dr. Edgar Niemeczek, Geschäftsführer Volkskultur Niederösterreich; Mag. Beatrix KonicekKummer, Vizerektorin KPH; MMag. Gregor Kremser,
Institut für Fort- und Weiterbildung für PädagogInnen
in NÖ.
KLINGENDES MUSEUMSDORF
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Acht Damen und ein Herr schlossen im Stift
Seitenstetten Modul 1–3 der Ausbildung zum
Kinder- und Jugendtanzleiter ab. Nach erfolgreicher Praxisprüfung wurden die Zertifikate
überreicht.
Am 30. Mai 2013 führt Sepp Forcher wieder
durchs „Klingende Österreich“ – diesmal in
Niederösterreich. Eine Begehung mit dem
beliebten Fernsehmoderator fand bereits am
4. April mit Dorli Draxler, Geschäftsführerin
der Volkskultur Niederösterreich, im Museumsdorf Niedersulz statt.
Aufzeichnung des NÖ Landespreisträgerkonzerts prima la musica,
Pfingstmontag, 20.5., 20.00 Uhr
aufhOHRchen, Di, 20.00–21.00 Uhr
7. 5.: D’ Kohlstatt – bei den Köhlern in
Rohr am Gebirge.
Gestaltung: Hans Schagerl
14. 5.: Volkskultur aus Niederösterreich
Gestaltung: Dorli Draxler
21. 5.: „Verliebt, verlobt, verheiratet“, Lieder und Weisen zum Wonnemonat Mai
Gestaltung: Edgar Niemeczek
28. 5.: Volksmusikalische Kostbarkeiten
Gestaltung: Walter Deutsch
„vielstimmig“ – Die Chorszene Niederösterreich, Do, 20.00–20.30 Uhr
23.5. Gestaltung: Gottfried Zawichowski
G’sungen und g’spielt &
Für Freunde der Blasmusik,
Mi, Do, 20.00–21.00 Uhr
Kremser Kamingespräche,
Mi, 15. 5., 21.00 Uhr
Musikanten spielt’s auf,
Fr, 20.00–21.00 Uhr
Frühschoppen,
So, 11.00–12.00 Uhr
_
Die Teilnehmerinnen waren Hedwig Kaserer, Klara
Mühlberger, Eva Pankratz, Eva-Maria Martin,
Karin Ostermann, Gabriele Justus, Waltraud und
Harald Asvanyi, Katrin Zimmermann, die
Referentinnen Monika Högl und Julia
Schenkermayr.
Programmänderungen vorbehalten,
Detailprogramme auf www.orf.at
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
Die letzte Seite / 50
2nd life
Ohne Bananen wäre der Mensch sesshaft.
Ohne Bananen gäbe es keine Bananenkartons und ohne Bananenkartons keine Umzüge. Aber bevor Geschirr, Bücher, Wäsche und
allerhand Kramuri darin transportiert werden, ist der Bananenkarton ein Weltreisender; manchmal mit blinden Passagieren. Die
Geschichten über eingeschleppte Spinnen
sind Legionen.
Der Bananenkarton unterscheidet sich nicht
nur in den großzügigen Ausmaßen von 57
mal 30 mal 21 Zentimetern, sondern vor
allem durch seine Stabilität von allen andern
Schachteln. Bananenkartons sind stapelfähig, haben handfreundliche Grifföffnun-
gen, Lüftungsschlitze und sind bei guten
Beziehungen zum Greißler oder zum örtlichen Supermarkt gratis und jederzeit zu
beschaffen. Eine ganze Berufsbranche könnte
ohne Bananenkartons kaum leben. Für Antiquare sind sie das gängige Lager- und Transportbehältnis. Sie beherrschen auch die
Kunst des Bananenkartonstapelns. Von
einem erfahrenen Antiquar können wir lernen, dass wir gar nicht erst versuchen brauchen, einen Del-Monte-Deckel mit runden
Löchern auf einen Dole-Karton mit Schlitzen zu stülpen.
In Studentenhaushalten ist der Bananenkarton längst ein gleichberechtigtes Möbelstück.
Als Spielgerät sind Bananenkartons für
Sportlehrerinnen und Jungscharleiter interessant. /
Landeinwärts
MIT GEMÜSE KUSCHELN
Hätte Arcimboldo daran seine Freude? Der
Renaissancemaler arrangierte in seinen Gemälden Gemüse zu Gesichtern und Stillleben. Jetzt gibt es Gemüse zum Knuddeln.
Ein Möbelhaus hat Plüschgemüse im Programm mit dem pädagogischen Ziel, durch
Spielen und Erzählen von Geschichten an das
Thema Gartenbau und Natur heranzuführen.
Bruno, ein bekennender Gemüseskeptiker,
bekam einen Brokkoli geschenkt. Ganz
weich, ganz lieb. Ich fand übrigens den Knoblauch, der sofort Knobbl getauft wurde, sehr
herzig – und absolut geruchsneutral. Denn,
so heißt es bei einer Supermarktkette, die
Gemüse und Obst jetzt nicht nur zum Essen
anbietet: Kinder sollen früh genug lernen,
sich gesund zu ernähren.
Aber hallo? Es gibt Menschen, die hatten
Affen als Schmusetier und essen bis heute
kein Primatensteak. Das erste Plüschtier einer
bekannten deutschen Marke – die mit dem
Knopf im Ohr – war im Jahre 1880 der Elefant. So richtig kam das Geschäft ins Laufen,
als ein amerikanischer Hersteller den Bären
entdeckt hatte und seine Großbestellung
nach dem US-Präsidenten Theodore „Teddy“
Roosevelt benannte. Das Essverhalten der
Kinder hat den Bären keinesfalls geschadet.
Deswegen kamen sie nicht auf die Rote Liste.
Vielleicht ist Gemüse zum Kuscheln sogar
kontraproduktiv: „Ich esse die liebe Karotte
nicht!“ Oder die Fastfood-Lobby hat – nach
dem Essverhalten der Jugendlichen zu schließen – den Kleinen heimlich Plüschspaghetti
schaufenster / Kultur.Region / Mai 2013
in die Gitterbetten gelegt. Oder DönerPölster. Ein Plüschspaghettitier stelle ich mir
mit schlaksigen Beinen und Armen, vielen
langen, blonden Haaren und coctailtomatengroßen Augen vor. Apropos Augen: Essbare
Augen bietet ein Versandhaus an. Damit
sollen Gemüse und Obst (das echte) verziert
und vermenschlicht werden. Die essbaren
Augen sind aus Zucker mit jeder Menge
E153, E414 etc. hergestellt. Sie werden mit
dem Slogan „Das Auge isst mit“ beworben.
Bruno isst übrigens Brokkoli, allerdings nur
in einer Gemüsecremesuppe. Vielleicht, weil
er den kleinen Brokki da nicht wiedererkennt. /
Mella Waldstein
Damit Visionen Wirklichkeit werden, ermöglicht Raiffeisen
viele Kulturveranstaltungen durch seine regionalen und
lokalen Förderungen. Denn Realisierung und Erfolg von
Kulturinitiativen hängen nicht nur von Ideen, sondern auch
von finanziellen Mitteln ab. Gemeinsam ist man einfach
stärker. www.raiffeisen.at
Ein Juwel im Schmidatal
Brandlhof
Gemütliche Gaststuben
Feste feiern in einzigartigem Ambiente
Kulturveranstaltungen
Information und Vermietung:
Volkskultur Niederösterreich
[email protected] / www.brandlhof.at
Brandlhof
3710 Radlbrunn 24
Tel. +43 2956 81222