Handbuch - Zephyr Mannheim

Transcrição

Handbuch - Zephyr Mannheim
EDMUND
CLARK
TERROR
INCOGNITUS
31.01.–
03.07.2016
INHALT
04
Übersicht / Raumplan
04-05
Einführung
06-07
I – Body Politic
08-15
II – Negative Publicity: Artefacts of Extraordinary Rendition
16-35
III – The Victory Column of Enduring Freedom
36-37
IV – The Mountains of Majeed
38-41
V – Virtue Unmann'd: Dulce et Decorum Est
42-45
VI – Control Order House
46-49
VII– Section 4 Part 20: One Day on a Saturday
50-51
Biografie
52
Publikationen
53
Allgemeine Informationen
64
Impressum
55
RAUMPLAN
05
06
07
Mit seiner Ausstellung TERROR INCOGNITUS entführt der Künstler
Edmund Clark den Betrachter an erschreckende Orte. Er berichtet von
und über Orte, an die gemeinhin kein Hinkommen ist: aus Guantanamo,
Wasiristan, einem sogenannten Control Order House im Vereinigten
Königreich oder von militärischen Stützpunkten in Afghanistan.
Im Englischen wie Deutschen enthalten die analogen Begriffe history /
Geschichte die Begriffe story / Geschichte. Das bedeutet in seinem
Kern nichts anderes, als dass Geschichte davon lebt Geschichten zu
erzählen. Nur so wird Vergangenes und Verwehtes lebendig und kann
sich in uns formulieren. In diesem Sinne sind Edmund Clark und sein
Rechercheur Crofton Black Geschichtenerzähler. Doch seien Sie versichert, Sie begegnen hier gründlich recherchierten Geschichten, die ihren Ausgangspunkt meist im Westen haben, aber vorwiegend in fremden Ländern spielen und genau darum erschreckend eng mit uns
verknüpft sind.
EINFÜHRUNG
TERROR INCOGNITUS erzählt in feinfühliger Bildsprache von Macht,
Recht und Verantwortung sowie von deren genauem Gegenteil. Unser
Leben wird zur Zeit fast täglich von Meldungen über Terror bestimmt,
der zunehmend auch in Europa zu unserem Alltag gehört und intensiv in
den Medien aufbereitet wird. Edmund Clark lenkt hingegen den Blick
auf Orte, wo Terror in anderer Form ausgeübt wurde (oder wird) und
damit den Nährboden für den uns bekannten Terror schafft. Dies ist in
viel geringerem Maße in den westlichen Medien präsent.
Mit der Arbeit Negative Publicity: Artefacts of Extraordinary Rendition,
die bei ZEPHYR ihre Premiere hat, berichtet die Ausstellung, wie der
sogenannten War on Terror als Folge des 11.September systematisch
selbst Terror ausübte, indem er log, entführte, folterte und mordete.
Dies macht die Ausstellung erstaunlich aktuell, obwohl sie uns von Ereignissen erzählt, die Jahre zurückliegen.
Edmund Clark geht mit dem Blick eines Historikers und dem Feingefühl
eines Künstlers ans Werk. Manche seiner Bilder sind erkennbar rasch
fotografiert, weil die Situationen, in denen sie entstanden sind, es nicht
anders zuließen und vielleicht sogar gefährlich waren. Andere Bilder
hingegen sind sorgfältig mit der Großbildkamera komponiert und tragen
trotz des dokumentarischen Ansatzes eine lebendige Zartheit in sich.
Das Zusammenspiel von Bildern, Filmen und Dokumenten lässt etwas
Neues entstehen, denn alle Teile der Ausstellung tragen etwas Besonderes in sich: Sie erzählen Geschichte.
Verbindendes Element der dargestellten Orte und Ereignisse sind neben schierer (Staats-)Gewalt vor allem Geheimnisse, denn dieser Teil
der Geschichte fand und findet im Wesentlichen im Geheimen statt.
Westliche Regierungen und Geheimdienste teilten sich die Folterungen
mit Gaddafis Libyen ebenso wie mit Assads Syrien oder ließen illegal
Entführte in Rumänien oder Litauen – wie es euphemistisch heißt – „befragen“. Edmund Clarks Stationen sind neben Guantanamo, London,
Wasiristan, die Militärlager in Afghanistan auch Libyen, Litauen, Mazedonien oder das ländliche Virginia.
TERROR INCOGNITUS erzählt Geschichte und indem wir sehen, beginnen wir zu ahnen, wie vieles wir nicht wissen, wie vieles noch immer
verborgen ist und wie vieles auch in unserem Namen geschieht.
Thomas Schirmböck
I 08
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„Der Verdächtige verdiente per se immer eine gewisse Strafe; keiner
konnte verdächtigt werden und zugleich völlig unschuldig sein … Die
regulierten Schmerzen, die mit der vom Gesetz vorgeschriebenen*
Folter verbunden waren, waren ein Mittel der Bestrafung und der Ermittlungen.“
Michel Foucault, Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses. (*nachträglich gestrichen)
Hinter jeder Leinwand, jedem Dokument, jeder Reise, jedem provisorischen Gefängnis, das Teil des Krieges gegen den Terror ist, steckt ein
menschlicher Körper, dem Schmerzen zugefügt werden oder der getötet wird.
I
BODY POLITIC
Text: Edmund Clark, Übersetzung: Johanna Ellsworth
Der Terror kontrolliert auf heimtückische Weise. Fanatiker, Propheten
und Politiker artikulieren Handlungen und Drohungen, die voneinander
abhängen, sich gegenseitig nähren, indem sie Angst, Hass, Entmenschlichung und die Illusion der Wirksamkeit propagieren. Schockiert, doch
passiv schaut die Welt auf die flackernden Gesichter der Protagonisten.
Hinter den Visagen auf dem Bildschirm tragen einzelne „feindliche
Kämpfer“ und „Ungläubige“ eine orangefarbene Uniform, die mittlerweile zur Farbe des Horrors und des Traumas geworden ist. Die Gestalten
aus Guantanamo und das jüngere Spektakel derjenigen, die vom Islamischen Staat vorgeführt wurden, bekräftigen mit beängstigender Symmetrie die Zeitlinie des Terrors in dieser Ausstellung.
Zusammen mit dem Krieg der Bilder und Worte wird in der westlichen
Welt mit der öffentlich deklarierten „dunklen Seite“ der selbsternannten
Beschützer von Demokratie und Recht Mittäterschaft kultiviert. Jahrhundertealte Gesetzes- und Moralstandards erodieren, während neue Definitionen des Verhörs oder der Rechtfertigung zum Töten erfunden werden.
In TERROR INCOGNITUS finden sich kaum Bilder von Menschen. Die
Verantwortung, in einem vergifteten Klima der Dämonisierung keine
Menschen zu zeigen, sie nicht öffentlich sichtbar zu machen, prägt jede
einzelne Fotografie dieser Ausstellung. Im Kontrast dazu richtet BODY
POLITIC den Fokus wieder auf den menschlichen Körper. Gefangen
im Kreuzfeuer widersprüchlicher Berichte, mörderischer Rhetorik und
brutaler Verhöre wird ein Körper terrorisiert, gefoltert und erniedrigt.
[1]
Untersuchungsbericht des Geheimdienstausschusses des USSenats über Foltermethoden des amerikanischen Auslandsgeheimdienstes Central Intelligence Agency (CIA) seit den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001
Genehmigt / zugelassen: 13. Dezember 2012
Überarbeitet für die Veröffentlichung: 3. April 2014
Aufhebung der Änderungen: 3. Dezember 2014
Laserdruck auf Transparentpapier
[2]
Edmund Clark: Body Politic
Video, 5:00 Min., 2016
in Zusammenarbeit mit Max Houghton, bearbeitet von Reinis
Lismanis und Alessandro Melillo
[3]
Sonderbericht des CIA-Generalinspektors über Anti-Terror-Inhaftierungs- und Verhöraktivitäten (September 2001 – Oktober 2003)
7. Mai 2004
Laserdruck auf Transparentpapier
I 10
I 11
Aafia Siddiqui, eine Pakistanerin, soll zwischen 2003 und 2008 von
der CIA inhaftiert worden sein, obwohl ihr Name nicht auf der Liste von
CIA-Gefangenen aufgeführt wird, die der Geheimdienstausschuss des
US-Senats zusammengestellt hat. Im Jahr 2008 tauchte sie wieder in
Afghanistan auf, wurde verhaftet und des Versuchs, während der Haft
auf amerikanisches Militärpersonal zu schießen, angeklagt. 2010 wurde
sie in Texas zu 86 Jahren Gefängnis verurteilt.
Abu Zubaydah, der einst für die „Nummer Drei der Al-Quaida“ gehalten
wurde, war der erste Gefangene des Inhaftierungsprogramms der CIA,
für den ihre „verstärkten Verhörmethoden“ entwickelt wurden. Derzeit
wird er auf dem Militärgelände der US-Navy in Guantanamo Bay festgehalten; er saß auch schon in Geheimgefängnissen der US-Regierung
in Polen, Marokko, Litauen und Afghanistan. Die US-Regierung behauptet nicht länger, er sei ein Mitglied von Al-Quaida.
Mullah
Omar
Ayman al
Zawahiri
Barack
Obama
Khaled Sheikh
Mohammed
Khaled elMasri
Murat
Kurnaz
Saddam
Hussein
George W.
Bush
Colin
Powell
Aafia
Siddiqi
Condoleezza
Rice
Tony
Blair
Muammar
Gaddafi
Osama bin
Laden
Ibn al-Shaykh
al- Libi
Abu
Zubaydah
Donald
Rumsfeld
Dick
Cheney
Ahmad Shah
Massoud
Daniel
Pearl
Ahmad Shah Massoud war ein afghanischer Kriegsherr und Anführer
der nördlichen Anti-Taliban-Allianz. Seine Ermordung nur zwei Tage vor
den Terroranschlägen auf die USA am 11. September 2001 gilt als strategischer Schritt von Bin Laden, um eine potenzielle glaubhafte Opposition zu zerschlagen, mit der die Amerikaner sich verbünden könnten.
Ayman al-Zawahiri, ein ägyptischer Chirurg, stieg kurz nach dem Tod
von Osama bin Laden zum Anführer der Al-Quaida auf. Das Programm
„Belohnungen für Gerechtigkeit“ des amerikanischen Außenministeriums hat bis zu 25 Millionen US-Dollar für „Informationen, die direkt zu
seiner Verhaftung oder Verurteilung führen“ ausgeschrieben.
Barack Obama wurde 2009 Präsident der Vereinigten Staaten. Er hat
wiederholt versprochen, Guantanamo Bay, wo zum jetzigen Augenblick
immer noch 93 Gefangene festgehalten werden, zu schließen. 2011
hat er die Tötung von Osama bin Laden in Pakistan autorisiert.
I 12
I 13
Colin Powell war während der Präsidentschaft von George W. Bush
Außenminister. Im Februar 2003 hielt er vor dem UN-Sicherheitsrat
eine Rede, in der er Massenvernichtungswaffen im Besitz von Saddam
Hussein beschrieb. Seine Rede machte den Weg für den Einmarsch in
Irak frei, der von den USA und England angeführt wurde.
Ägypten überstellt, wo er unter Folter aussagte, Irak hätte Al-Quaida bei
der Entwicklung von chemischen und biologischen Waffen unterstützt.
Diese Information zitierte Colin Powell in seiner berühmten Rede vor
den Vereinten Nationen im Februar 2003, um den Einmarsch in den Irak
zu rechtfertigen. Al-Libi wurde wieder der CIA übergeben und widerrief
seine Aussagen. Später wurde er nach Libyen geflogen und dort in
Gaddafis Gefängnis Abu Salim heimlich festgehalten. Dort wurde er im
Mai 2009 von Human Rights Watch aufgespürt und starb nur wenige
Tage später. Die Behörden sagten, er hätte Selbstmord begangen.
Condoleezza Rice wurde 2001 zur nationalen Sicherheitsberaterin von
Präsident George W. Bush ernannt und nahm von 2005 bis 2009 den
Posten der Außenministerin ein.
Daniel Pearl war ein Reporter des Wall Street Journals, der 2002 in
Karatschi, Pakistan entführt und ermordet wurde, während er einer Geschichte über islamistische Militaristen nachging. Bei einer Anhörung
vor Gericht in Guantanamo sagte Khalid Sheikh Mohammed aus, dass
er Pearl persönlich geköpft hatte.
Dick Cheney war zum Zeitpunkt der Anschläge vom 11. September der
amerikanische Vizepräsident. Innerhalb von wenigen Tagen erklärte er
öffentlich, dass er vorhatte, „in gewisser Weise im Dunkeln vorzugehen“: „Vieles von dem, was jetzt zu tun ist, muss still und leise getan
werden, ohne Diskussionen und unter Anwendung von Mitteln und Methoden, die unseren Geheimdiensten zur Verfügung stehen, wenn wir
erfolgreich sein wollen“, äußerte er sich fünf Tage nach den Anschlägen
in den Nachrichten der NBC.
Muammar Gaddafi war von 1969 bis 2011 der Anführer Libyens. Im
Gefängnislager in Tagiura, Tripolis, wurden Gefangene inhaftiert, die
Gegner seines Regimes waren, darunter auch mehrere Gefangene, die
von der CIA mithilfe des MI6 zurück nach Libyen überstellt worden waren. Informationen aus ihren Verhören wurden anschließend an die USA
und Großbritannien weitergegeben. Kurz nach der Überstellung von
Abdel Hakim Belhadj und dessen Frau nach Libyen im Jahr 2004 feierten Gaddafi und Tony Blair ihren berühmten „Wüstendeal“. Gaddafi
wurde während der libyschen Revolution getötet.
George W. Bush war von 2001 bis 2009 Präsident der Vereinigten
Staaten. Seine Regierung prägte den Begriff „Krieg gegen den Terror“,
formulierte die Richtlinie, in der die Anwendung der Genfer Konvention
inhaftierten Mitgliedern der Al-Quaida oder der Talibans verweigert
wurden, autorisierte die Anwendung von Foltermethoden im Ausland,
errichtete das Gefängnis in der Guantanamo Bay und ließ seine Truppen in Afghanistan und den Irak einmarschieren.
Ibn al-Shaykh al-Libi leitete ein Trainingscamp in Afghanistan. Nach
seiner Festnahme durch die US-Streitkräfte wurde er von der CIA nach
Khaled el-Masri, ein deutscher Staatsbürger, wurde im Januar 2004
von mazedonischen Sicherheitsbeamten 23 Tage lang in einem Hotelzimmer in Skopje inhaftiert, anschließend der CIA übergeben und nach
Afghanistan verbracht. Dort wurde er mehrere Monate lang festgehalten, bevor die CIA zugab, dass seine Festnahme ein Irrtum gewesen
war. Schließlich wurde er allein auf einer Straße in Albanien ausgesetzt,
dort von einer vorgetäuschten Grenzpatrouille aufgegriffen und nach
Deutschland zurückgeflogen.
Khaled Sheikh Mohammed, ein pakistanischer Staatsbürger, wird gewöhnlich als der „Drahtzieher“ hinter den Anschlägen am 9. September
bezeichnet. Er wurde in Pakistan festgenommen und in einer Reihe von
Geheimlagern der CIA in Polen, Rumänien, Litauen und Afghanistan
inhaftiert. In Polen wurde er 183 Mal mit der Waterboarding-Methode
gefoltert und außerdem einer Folter unterzogen, die die CIA als „rektale
Rehydration“ bezeichnete und über die medizinisches Personal sagte,
sie würde dabei helfen, „den Kopf freizumachen“. Zurzeit wartet er auf
dem Militärgelände der US-Navy in Guantanamo Bay auf seine Gerichtsverhandlung.
Mullah Omar war von 1994 bis zu seinem Tod im Jahr 2013 der heimliche Anführer der Taliban in Afghanistan, was bis 2015 der Öffentlichkeit vorenthalten wurde. Er kämpfte Seite an Seite mit dem zukünftigen
Anführer der Al-Quaida, Osama Bin Laden, zu dem er in enger Beziehung stand, gegen die sowjetische Besatzung.
Murat Kurnaz ist ein türkischer Staatsbürger, der in Deutschland aufgewachsen ist. Während seiner Reise durch Pakistan im Jahr 2001
wurde er aus einem Bus gezerrt, an den Hand- und Fußgelenken gefesselt und in einem amerikanischen Militärflugzeug nach Kandahar in ein
Gefangenenlager verschleppt. Dort wurde er wiederholt Elektroschocks
ausgesetzt und in Stresspositionen an den Armen aufgehängt. Nach
sechs Wochen wurde er für weitere Verhöre nach Guantanamo gebracht. Gegen ihn wurde keine Anklage erhoben. Fünf Jahre später
wurde er durch die Intervention der deutschen Regierung freigelassen.
I 14
Osama bin Laden, der Sohn eines saudi-arabischen Unternehmers,
war der Gründer der Al-Quaida. Er nahm am Krieg gegen die sowjetischen Streitkräfte in Afghanistan teil und richtete seine Aufmerksamkeit
später auf Angriffe auf US-Ziele, darunter die Botschaften in Kenia und
Tansania sowie der Zerstörer USS Cole in Aden. Al-Quaida übernahm
die Verantwortung für die grausamen Anschläge am 11. September,
unter anderem als Reaktion auf die Präsenz des US-Militärs in SaudiArabien und die Unterdrückung von Muslimen in Palästina. Bin Laden
wurde 2011 von US Navy Seals in einem Gebäudekomplex in Abbottabad, Pakistan, getötet.
Saddam Hussein war von 1979 bis 2003 der Präsident von Irak. In den
1980er Jahren hatte die US-Regierung unter Ronald Reagan Irak im
Krieg gegen Iran mit Waffen und finanziellen Mitteln unterstützt. Nach
dem Einmarsch der Iraker in Kuwait im Jahr 1990 war es mit den Beziehungen vorbei. Nach dem 11. September erklärte Präsident Bush Saddams Irak zu einem Teil der „Achse des Bösen“ und benutzte das „Massenvernichtungswaffenprogramm“ als Rechtfertigung für den Einmarsch
im Jahr 2003. Saddam wurde 2004 im Irak gehenkt.
Tony Blair war von 1997 bis 2007 britischer Premierminister. Er führte
sein Land 2003 in den Krieg gegen den Irak, der damit begründet wurde, dass Saddam Hussein angeblich Massenvernichtungswaffen besitzen würde. Die Regierung unter Blair führte 2006 das Terrorismusvermeidungsgesetz als Antwort auf die Bombenattentate in London im Juli
2005 ein. Das Gesetz sieht Kontrollmaßnahmen bei Personen vor, die
terroristischer Aktivitäten verdächtigt werden, indem ihre Bewegungen
durch Hausarrest für zwölf Monate mit der Möglichkeit der Verlängerung eingeschränkt werden können.
Donald Rumsfeld war in der Amtszeit von Präsident George W. Bush
Verteidigungsminister und überwachte den Einmarsch der Truppen in
Afghanistan und den Irak.
Texte: Crofton Black, Max Houghton, Übersetzung: Johanna Ellsworth
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II
NEGATIVE PUBLICITY:
ARTEFACTS OF
EXTRAORDINARY
RENDITION
Es gibt keine allgemeingültige juristische Definition für Überstellung. Am häufigsten wird der Begriff dazu verwendet, um eine extralegale Überführung eines Menschen aus einem Hoheitsgebiet bzw.
Staat in ein anderes bzw. einen anderen zu bezeichnen (im Gegensatz zu gesetzlich zulässigen Methoden der Überführung wie Auslieferung, Abschiebung oder Ausweisung; Prozesse, die irgendeinem Gerichtsverfahren oder Rechtsmittel unterliegen). In den
letzten zehn Jahren wurde der Begriff „außerordentliche Überstellung“ verwendet, um Überstellungen zu bezeichnen, bei denen ein
reales Risiko der Folter oder Misshandlung besteht. 1
In dieser Definition wird lediglich erwähnt, dass eine außerordentliche Überstellung extralegal ist. Jedoch ist diese auch verdeckt bzw.
verborgen. Da keine Verhaftung stattfindet, wird die Familie oder
der Rechtsbeistand des überstellten Menschen nicht informiert.
Keiner benachrichtigt das Rote Kreuz, weil der überstellte Mensch
kein Kriegsgefangener ist. Als solches ist die Überstellung die notwendige Folge der geheimen Inhaftierung – das Festhalten von
Menschen ohne Anklage, ohne Rechtsaufsicht und ohne jeglichen
Zugang zur Außenwelt. Es entspricht einem Verschwindenlassen.
Das Verschwindenlassen von Menschen ist in fast allen Ländern
der Welt durch internationales und innerstaatliches Recht verboten. Dennoch wurde eine Komplizenschaft vieler Länder beim Verschwindenlassen seit September 2001 aufgedeckt.
Gibson, P. et al., Report of the Detainee
Inquiry, UK Government, Dezember 2013.
1
II
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NEGATIVE PUBLICITY:
ARTEFACTS OF
EXTRAORDINARY
RENDITION
Recherche und Texte: Crofton Black
Bilder und Texte: Edmund Clark
Auf einem, die Stadt überragenden Berggipfel, steht ein riesiges
Kreuz, das bei Nacht vom hellen weißen Neonlicht umrissen wird. Diese Aussicht sah ein deutscher Staatsbürger von einem Hotelzimmer in
Skopje, Mazedonien. Die amerikanische Botschaft befindet sich ganz
in der Nähe, gegenüber dem Park, hinter dem Zoo. Bis er der CIA
übergeben wurde, wurde er in diesem Zimmer 23 Tage lang durch
makedonische Regierungsbeamte verhört. Der Grundriss entspricht
meiner Kopie seines von Hand skizzierten Plans: Obergeschoss gegenüber dem Aufzug. Seine Beschreibung der Aussicht stimmt auch
überein; das Kreuz, ein kaputter Schornstein. Weitere Einzelheiten seines Zeugnisses unterscheiden sich von dem, was mittlerweile noch
vorhanden ist: das Hotel hat weniger Etagen; blaue Jalousien ersetzen
Vorhänge; ein kleinerer Tisch. Sind irgendwelche Gegenstände der
Drei-Sterne-Einrichtung von uns beiden berührt worden? Teilen wir
dasselbe Bett?
Diese Worte werden im Zimmer 11 in diesem Nebenstraßen-Hotel geschrieben. Ich versuche, einen Sinn in den vier Jahren zu finden, die
damit verbracht wurden, Orte von „außerordentlichen Überstellungen“
aufzuspüren und zu fotografieren. Zwar habe ich in dieser Zeit selbst
nichts miterlebt, das ich bezeugen kann. Dennoch wurde das Aufnehmen dieser Bilder zum Zeugnisakt. Es war nicht möglich, die geheimen
Reisen der außerordentlichen Überstellungen oder die Verhöre, die sie
unterbrachen, zu beobachten aber es ist möglich, einen Einblick in die
Orte und Netzwerke, die sie umkreisten, zu bekommen.
Die Bilder, die Sie sehen, zeigen nur die Oberflächen von Ereignissen in
nachweisbaren Spuren oder kaum wahrnehmbaren Orten und Objekten: Unauffällige Straßen, Fassaden, Einrichtungen, Ausstattungen
oder Müll. Es ist die Opazität dieser Bilder, die etwas vom Zustand der
„außerordentlichen Überstellung“ enthüllt. Betrachten Sie sie und sie
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zeigen nichts. Blicken Sie in sie hinein und sie sind mit Bedeutung geladen. Sie sind Fassaden eines Alltags, unter dem die Händler von Haft
und Verhör vor allen Augen agierten. Dies ist die banale Komplizenschaft des heutigen globalen Krieges, die alltägliche Absurdität und der
Schrecken der wahr gewordenen Kafka'schen Welt.
dabei bin, Standorte zu fotografieren, die mit „außerordentlichen Überstellungen“ verbunden sind und dass sein Unternehmen in diesem
Zusammenhang erwähnt wurde. Zwar leugnet er jegliche Beteiligung,
dennoch räumt er ein, dass ich das Recht habe, hier zu sein, wobei er
nur darum bittet, dass ich keine seiner Mitarbeiter fotografiere. Ich
stimme zu. Minuten später kehrt er mit einer Kompaktkamera zurück
und sagt, dass er das Recht habe, auch mich zu fotografieren, wobei
er etliche Aufnahmen von mir und dem Kennzeichen meines Leihwagens schießt. Als ich wegfahre, erscheint ein Polizeiwagen und folgt
mir bis zum Rande des Flughafens.
In Tagiura/Libyen gibt es einen L-förmigen Korridor mit Zellen sowie
eine Zimmerflucht, die von Gaddafis Nachrichtendienst benutzt wurden, um Männer, die von ausländischen Regierungen nach Libyen zurückgeschickt wurden, festzuhalten und zu verhören. Zugang wurde
vom Leiter des libyschen Nachrichtendiensts gewährt. Die Eingangstür
zu den Zellen wurde verschweißt. In Begleitung von einem Mann, der
in Zelle 10 gewesen war, seinem Anwalt und Männern mit Maschinengewehren warte ich, während die Tür mit einem Gasbrenner geöffnet
wird. Das Gebäude steht neben einem Bürokomplex, der während der
Revolution durch einen Luftangriff der NATO zum Einstürzen gebracht
wurde.
In Ist das ein Mensch? berichtet Primo Levi über sein Überleben in
Auschwitz. Für ihn waren die „wahren“ Zeugen jenes Erlebnisses die
„Muselmänner“, diejenigen, die „völlig untergegangen sind“, um nie
wieder zurückzukehren, Menschen, so durch Mangelernährung geschwächt, dass sie auf einen Zustand ihrer Existenz zwischen Leben
und Tod reduziert wurden; zwischen Mensch und Nicht-Mensch. 1
In seinen Schriften über das Zeugnis Levis und die Muselmänner sagt
der Philosoph Giorgio Agamben: „Diejenigen, die Verantwortung übernehmen, im Namen von ihnen Zeugnis abzulegen, wissen, dass sie
Zeugnis im Namen der Unmöglichkeit der Bezeugung ablegen müssen.
Doch dies ändert den Wert der Zeugnisaussage auf eine endgültige
Weise; es macht es notwendig, nach ihrem Sinn in einer ungeahnten
Stelle zu suchen“. 2
Die Suche nach Bedeutung an unvermuteten Stellen begann an den
Schwachstellen unternehmerischer Rechenschaftspflicht: der Bürokratie rückverfolgbarer Rechnungen, Dokumenten von Gesellschaftsgründungen oder den Konten von Unternehmen die bekannte Wege und
Transportmittel von Geschäftsreisen im globalen Austausch nutzten.
Papiere tragen die Spuren des Kleinstädtischen Amerika sowie von
klein- und mittelständischen Unternehmen, die nach Gewinn streben
indem sie outsourcte Gefangenentransporte durchführen. Visuell überzeugend, eloquent sowie Beweisquelle zugleich, sind Bilder und Dokumente Ergebnis umfänglicher Reise des Rechercheurs Crofton Black,
der für Anwälte im Namen von „Verschickten“ arbeitet, um Zusammenhänge aufzudecken und diese Punkte zu verbinden, sowie Indizien detailliert auf forensische Relevanz zu untersuchen. Die Struktur von Negative Publicity ist die Evokation eines Netzwerks, eine Reihe alternativer
Pfade durch einen Wald von Dokumenten und Bildern und eine Erfahrung, die zugleich Licht auf den Vorgang wirft und dessen Undurchdringlichkeit eingesteht.
Negative Publicity stellt keinen Versuch dar, Zeugnisse für die Transportierten und Gefolterten der „außerordentlichen Überstellungen“ abzulegen, die die todesähnlichen Erfahrungen von Waterboarding oder
einer Scheinhinrichtung erlitten haben. Diejenigen, die überlebt haben
und nicht länger in Haft sind, können die Worte ihrer eigenen – persönlichen oder juristischen – Zeugenaussagen liefern.
Die Dokumente und Fotos in dieser Ausstellung sind archäologisch. Sie
sind Artefakte einer Recherche; von Menschen gemacht; ausgegraben,
herausgeholt und freigelegt. Als Spuren der Abwesenheit, oder Beweise, oder das, was irgendetwas evident macht, ist ihr Zweck als Teil eines forensischen Prozesses in die Vorgänge der „außerordentlichen
Überstellung“. Die tatsächliche Geschichte – sofern sie überhaupt vollständig erkannt werden kann – kann einfach durch Leugnen und Heimlichtuerei verborgen werden. Dieses Werk kann vielleicht Teil eines zukünftigen Diskurses und zukünftiger Geschichte: als Protokoll negativen
Beweise – sowie als Dokument einer nicht vorhandener Öffentlichkeit.
Beim Aufbau einer Großformatkamera und eines Stativs auf einem
abgelegenen Parkplatz am Rande vom Flughafen im Fayetteville/North
Carolina, nähert sich ein Mann aus einem niedrigen weißen Gebäude,
um nach meiner Absicht zu fragen. Wir beide wissen, dass es nur einen Grund für meine Anwesenheit hier gibt. Ich erkläre ihm, dass ich
Durch einen Winterwald sehe ich ein großes modernes Haus mit grünen senkrechten Brettern und grünen geschlossenen Fensterläden. Es
sieht aus, als sei es gebaut, um zur Landschaft zu passen. Später
fahre ich um eine Siedlung hellblau-, magnolien- und hellgrau geschindelter moderner Einfamilienhäuser herum, die an einen Golfplatz
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außerhalb der Stadt angrenzt und in der es an einem Nachmittag mitten in der Woche still und menschenleer ist.
II 21
[26]
So dicht vor den Häusern von namentlich bekannten Piloten der Überstellungsflüge zu stehen ist ebenso unmittelbar wie ich auf ihre Beweise
hinweise. Unangekündigt vor diesen gemütlichen Häusern komme ich
mir schutzloser vor als damals, als ich in ein ehemaliges libysches Verhörzimmer begleitet wurde. Hatten diese Männer den American dream
ihrer sicheren Vororte verteidigt oder einfach ihren Job gemacht? Haben sie an die im Flugzeugrumpf gefesselten Menschen gedacht? Haben sie sie gesehen? Die Fotos dieser zwei Privathäuser sind vielleicht
der Kern dieser Arbeit, die Fragen nach Recht, Mittäterschaft, Macht
und Wahlmöglichkeiten aufwirft. Habe ich das Recht, ihren Aufenthaltsort zu verraten, das zu zeigen, was ich sehe? Will ich so handeln und
was würde das über mich verraten?
Text: Edmund Clark, Übersetzung: Krister Johnson
[44]
Levi, P, If This Is a Man, Abacus, London, 2014, S. 96.
1
Agamben, S. 34. Agamben spekuliert über den Begriff „Muselmänner“; ob es vom Erscheinungsbild der Menschen, die sich wegen der Folgen der Mangelernährung wie ein Muslim beim Gebet krümmen oder vielleicht von der wörtlichen Übersetzung des arabischen Wortes „Muslim“ als ein sich dem Willen Gottes bedingungslos unterwerfender Mensch abgeleitet sein könnte. In Auschwitz war dies die fatalistische Unterwerfung des Verlustes jeglichen Willens, jeglicher Würde, jeglichen Bewusstseins und jeglicher
Fähigkeit zur Selbstdefinition.
2
[40]
II 22
II 23
[4]
Bearbeitetes Bild eines Hauses, dessen Besitzer als einer der Piloten identifiziert wurde, die Überstellungsflüge durchgeführt haben.
Das moderne holzvertäfelte grüne Haus steht an einer ruhigen Straße in
einem Wald außerhalb einer Kleinstadt in der amerikanischen Provinz.
Das Bild wurde auf Anraten eines Anwalts unkenntlich gemacht, um das
Recht der Bewohner auf Privatsphäre und Sicherheit in ihrem Heim zu
gewährleisten.
[7]
Flure, die Zellen mit Verhörräumen verbinden; Hafteinrichtung des
libyschen Geheimdienstes in Tagiura, Tripolis. Diese Einrichtung
wurde während der Revolution im Jahr 2011 aufgegeben; sie wird mittlerweile jedoch wieder benutzt. Der Flur, von dem die Zellen und Verhörräume abgehen, wurde versiegelt und musste für dieses Foto wieder
geöffnet werden. Der neue Leiter des libyschen Geheimdienstes gewährte den Zugang hierfür.
[5]
Auszug aus einem Bericht des Ombudsmanns des finnischen Parlaments aus dem Jahr 2014 über die Beteiligung Finnlands an Überstellungsflügen. Diese Boeing 737, Maschine Nr. N733MA, dokumentierte einen Flugplan über einen Flug am 25. März 2005 von Porto nach
Finnland. Dort landete sie jedoch nicht, sondern flog stattdessen nach
Palanga in Litauen. Der Flug war Teil einer Mission, bei der die letzten
CIA-Häftlinge, die auf europäischem Boden gefangen gehalten wurden, abgeholt und nach Afghanistan verbracht wurden. Von Palanga
aus dokumentierte sie einen Flugplan über einen Rückflug nach Porto,
doch stattdessen flog sie nach Kairo, wo sie von einem anderen Flugzeug abgelöst wurde, dessen Ziel Kabul war. Nachdem das litauische
Geheimlager geschlossen worden war, wurden alle Gefangenen der
CIA in Afghanistan untergebracht, bis im September 2006 die letzten
Transporte nach Guantanamo Bay stattfanden.
[8]
Email-Korrespondenz zwischen Mitarbeitern der Computer Sciences Corporation (CSC) und Richmor Aviation vom 24. März 2005.
Anfang 2005 wurde bekannt, dass der Gulfstream der Firma Richmor
Aviation, N85VM, in die Entführung des ägyptischen Geistlichen Abu
Omar aus Mailand, Italien, durch die CIA im Jahr 2003 verwickelt war.
CSC wurde durch die „Aufmerksamkeit der Medien“ dazu gezwungen,
auf die Verwendung des Flugzeugs für zukünftige Missionen zu verzichten und stattdessen andere Flugzeuge zu verwenden.
BILDLEGENDEN
[6]
Eingang der Hafteinrichtung des libyschen Geheimdienstes in Tagiura, Tripolis. Mehrere politische Gegner von Colonel Gaddafi wurden
an Libyen überstellt und hier mithilfe amerikanischer und britischer Geheimdienste eingesperrt. Sie wurden von libyschem Personal gefoltert
und von ausländischen Geheimdiensten verhört. Laut lokalen Quellen
wurden die Zellen hier insbesondere für Häftlinge errichtet, die von ausländischen Geheimdiensten nach Libyen zurückgebracht wurden.
[9]
Die Geschäftsräume von Richmor Aviation auf dem Columbia
County Flughafen, New York. Ab 2002 fanden Vermittler im Auftrag
der US-Regierung eine Gruppe von Flugzeugfirmen, die Missionen im
Zusammenhang mit dem Überstellungsprogramm der CIA ausführten.
Eine dieser Fimen war Richmor Aviation, dessen Flugzeug N85VM von
Ermittlern mit mehreren Gefangenentransporten in Zusammenhang gebracht haben, darunter auch Abu Omars Überstellung von Mailand über
Ramstein in Deutschland nach Kairo.
[10]
Via Giuseppe Guerzoni, Mailand. Auf dieser Straße wurde der ägyptische Geistliche Abu Omar am 17. Februar 2003 von einer Gruppe von
Männern angehalten und in einen Kleinbus gezerrt. Er wurde auf einen
nahe gelegenen Militärflughafen gebracht, nach Ramstein in der Nähe
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von Mannheim geflogen und dort in den Geschäftsjet N85VM der Richmor Aviation, der dort auf ihn wartete, verfrachtet. Dann wurde er nach
Ägypten geflogen und dort inhaftiert. Sein Verschwinden wurde von der
italienischen Polizei aufgedeckt, und ihre anschließenden Ermittlungen
führten zur Verurteilung von über 20 US-Bürgern, die an der Überstellungsoperation teilgenommen hatten, in deren Abwesenheit. Die meisten der Verurteilten operierten unter falschen Namen, während anderen
Diplomatenimmunität gewährt wurde.
bänder wurden bald zum Problem. Einige CIA-Mitarbeiter hielten die
Aufbewahrung der Aufzeichnungen für ein Sicherheitsrisiko für alle darauf festgehaltenen Mitarbeiter und „für alle Amerikaner, falls die Bänder kompromittierend sein sollten“. Das Team vor Ort wurde jedoch
angewiesen, die Bänder nicht zu löschen, und als die Hafteinrichtung in
Thailand im Dezember geschlossen wurde, führte die Agentur eine Untersuchung des Inhalts durch. Ein Mitarbeiter überprüfte 92 Aufzeichnungen von Verhörsitzungen und verglich ihren Inhalt mit schriftlichen
Berichten über die bei diesen Verhören ausgeführten Handlungen. Laut
seines Berichts war circa ein halbes Dutzend Bänder überspielt worden
oder in sonstiger Hinsicht unbrauchbar. Die Videoaufnahmen wurden
schließlich am 9. November 2005 zerstört – ein paar Tage, nachdem
Berichte über das geheime Gefängnisnetzwerk an die Öffentlichkeit gelangt waren. Mehrere Telegramme und Memoranden, die sich auf die
Aufzeichnungen beziehen, wurden nach einer Klage auf der Grundlage
des Rechts auf Informationsfreiheit an die amerikanische Bürgerrechtsorganisation Civil Liberties Union ausgehändigt.
[11]
Vorderansicht des Nationalen Registers für vertrauliche Informationen (ORNISS), Strada Mure, Bukarest. Im September 2003 schloss
CIA ein kleines Gefangenenlager, das sie auf einem polnischen Militärgelände betrieben hatte, und brachte ihre „Gefangenen von hohem
Wert“ von dort an einen neuen Ort in Rumänien. Sie hielt in Rumänien
Gefangene weiterhin fest, bis Medienberichte im November 2005 die
rumänische Regierung dazu brachten, die Haftanstalt sofort zu schließen. 2011 identifizierte eine gemeinsame Untersuchung der Associated Press und der ARD-Sendung Panorama dieses Gebäude als die
Gefängniseinrichtung. Die Gefangenen wurden auf die Rückseite des
Gebäudes gefahren, dort abgeladen und in den Keller gebracht, in dem
sechs Fertigzellen untergebracht waren. Die Zellen waren laut Schilderungen auf Federn befestigt, um eine ständige Desorientierung der Gefangenen zu erreichen.
[12]
Swimmingpool im Hotel Gran Meli, Victoria, Palma de Mallorca,
Spanien. Das Überstellungsteam und die Flugcrew der N313P entspannten sich hier im Januar 2004 nach der Überführung des Deutschen Khaled el-Masri von Mazedonien nach Afghanistan. Sie waren
mit einer Boeing 737 der Firma Aero Contractors aus North Carolina
unterwegs. Die Maschine hatte die Nummer N313P. Hotelunterlagen,
die im Verlauf der Ermittlungen der spanischen Polizei sichergestellt
worden waren, zeigen, dass sie Shrimp-Cocktail und mehrere Flaschen
teuren Wein bestellten. Sie reisten zwar unter anderen Namen, doch
aufgrund der Tatsache, dass sie vom Hotel aus Telefonanrufe nach
Hause machten, konnten Reporter sie aufspüren.
[13]
Ein Memorandum der CIA über Videoaufnahmen des Verhörs von
Abu Zubaydah in einem Lager in Thailand. Abu Zubaydah, der erste
„Häftling von hohem Wert“ der CIA, wurde von April bis Dezember
2002 in einer provisorischen Hafteinrichtung in Thailand festgehalten.
Im Mai desselben Jahres bat das CIA-Hauptquartier seine Außendienstmitarbeiter, ihre Verhöre auf Video aufzuzeichnen. Diese Video-
[14]
Vor dem Haus einer Familie, die von der CIA mithilfe des MI6 hierher gebracht worden war. Die Familie wurde 2004 in einer Boeing
737 der Firma Aero Contractors aus North Carolina, die unter der Nummer N313P registriert wurde, von Südostasien nach Libyen verschleppt
– demselben Flugzeug, das wenige Wochen zuvor auf Mallorca zwischengelandet war. In einer Klageschrift gegen die britische Regierung
wegen Ermöglichung der Verschleppung beschreibt die schwangere
Frau, die in diesem Flugzeug transportiert wurde, wie sie auf einer Liege
fixiert wurde und wie ihr ein Auge zugeklebt und das andere mit Klebeband offen gehalten wurde.
[15]
Informationsschreiben zwischen Januar 2002 und November 2003,
die dem US-Außenministerium zugeordnet werden. Die Flugzeuge,
die für Überstellungen eingesetzt wurden und mit Missionen der Regierung in Verbindung gebracht wurden, wurden mit Schreiben ausgestattet, in denen ihre vertragliche vereinbarte Beziehung zur US-Regierung
bestätigt wurde. Diese Schreiben tragen den Briefkopf des Außenministeriums und wurden von Terry A. Hogan unterzeichnet. Es konnte
kein Mitarbeiter des State Department identifiziert werden, der diesen
Namen trägt, und die Unterschriften auf den Schreiben weisen erhebliche Unterschiede auf.
[16]
Hangar der Firma Aero Contractors auf dem Johnston County Flughafen in der Nähe von Smithfield, North Carolina. Aero Contractors
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II 27
setzten zwei Flugzeuge ein, die eng mit dem Überstellungsprogramm in
Verbindung standen: den kleinen Gulfstream-Jet N379P und die Boeing 737, N313P. Diese beiden Flugzeuge wurden mit insgesamt ca. 19
Überstellungsoperationen zwischen 2001 und 2004 in Verbindung gebracht.
Greater Washington Government Contractor Awards (von der Regierung beauftragtes Vertragsunternehmen für den Großraum Washington) als „Geschäftstransaktion des Jahres“ gefeiert. Ein Vertrag über die
Durchführung von Überstellungsflügen im Namen der US-Regierung,
der ursprünglich 2002 von der DynCorp unterzeichnet worden war,
ging 2004 als Folge der Übernahme auf CSC über. Auf der Webseite
von CSC steht: „Wir werden oft gefragt: „Was macht ihr eigentlich?“
Wir antworten ihnen bescheiden, aber ehrlich: „Wir machen erstaunliche Dinge.“
[17]
Kreuzverhör von Mahlon Richards vor dem Obersten Gericht des
Bundesstaats New York im Bezirk Columbia am 2. Juli 2009 als Teil
der Klage, die die Fluggesellschaft Richmor Aviation gegen den Vermittler Sportsflight Air eingereicht hatte. Die Klage basierte auf Richmors Argumentation, dass die Firma nach Kündigung des ursprünglichen sechsmonatigen Vertrags über Flugdienstleistungen im Jahr 2002
weitere drei Jahre lang einen rechtlichen Anspruch auf ein Minimum an
50 Flugstunden pro Monat im Auftrag der US-Regierung hatten. Richmor argumentierte, dass ihnen zusätzlich zu den Missionen, die sie geflogen hatten (und für die sie schon bezahlt worden waren), das Geld
für die nicht absolvierten Flugstunden bis zu diesem monatlichen Minimum zustand. Sportsflights Anwalt hielt entgegen, dass die Garantie
von 50 Stunden im Monat zu Anfang des Jahres 2003 verfallen war und
dass Richmors Geltendmachung von Ansprüchen von der Tatsache
motiviert war, dass nach 2005 die Rolle der Firma in der Überstellung
von Abu Omar eine Welle „negativer Publicity“ für die Firma hervorgerufen hatte. In diesem Abschnitt des Gerichtsprotokolls beschreibt der
Geschäftsführer von Richmor, dass eines der Flugzeuge, die er verwaltete, die N85VM, nach Italien, Afghanistan, Guantanamo Bay, „überallhin“ flog. Der jeweilige Zweck dieser Flüge war, „einen schlechten Kerl“
abzuholen. Der Gerichtsschreiber hat die akustisch falsch verstandene
Bezeichnung „theorists“ im Protokoll in „terrorists“ umgeändert. Der
Richter ließ sich jedoch von diesem unwesentlichen Detail nicht beeindrucken und schloss sich Richmors Einschätzung an, dass die Umstände der Überstellungen für den Fall „irrelevant und nicht von Bedeutung“
seien. Sportsflight wurde dazu verurteilt, Richmor für die entgangenen
Einkünfte zu entschädigen.
[18]
Schlafzimmer des Sohns eines ehemaligen Gefangenen, der früher
in einem geheimen Gefangenenlager der CIA inhaftiert war.
[19]
Der Hauptsitz der Computer Sciences Corporation, Alexandria, Virginia. Computer Sciences Corporation (CSC), ein multinationales Vertragsunternehmen, das sich auf Logistikdienstleistungen im Auftrag von
Regierungen spezialisiert hat, übernahm 2003 DynCorp Systems and
Solutions. Die Übernahme wurde bei der Verleihung der Auszeichnung
[20]
Mohammed Shoroeiyas Skizze einer kleinen Holzkiste. Shoroeiya,
ein libyscher Gegner von Colonel Gaddafi, verbrachte ein Jahr in einem
CIA-Gefängnis in Afghanistan, wo er in beinahe völliger Dunkelheit unter ständiger Beschallung lauter Musik inhaftiert wurde. Diese Skizze
zeigt eine kleine Holzkiste, in die er eingesperrt wurde. Die Skizzen wurden 2012 von Human Rights Watch veröffentlicht. Im Bericht des Geheimdienstausschusses des US-Senats steht, dass er „einer engen
Haftzelle, Stresspositionen und Walling (Foltermethode, bei der der
Häftling am Hals gefesselt und sein Kopf gegen die Wand geschlagen
wird) ausgesetzt wurde, obwohl das Hauptquartier der CIA diese Methoden nicht genehmigt hatte.“ Bei einer Foltermethode, die an die Hexenverfolgung im Mittelalter erinnert, wurde er „die ganze Nacht bis in
den Morgen alle halbe Stunde 15 Minuten lang zum Laufen gebracht“,
um ihn am Schlafen zu hindern. „Sie hörten erst dann auf, wenn sie irgendeine Antwort von mir bekommen hatten“, merkte er an.
[21]
Eine Liste von CIA-Häftlingen, die der Geheimdienstausschuss des
US-Senats veröffentlichte. Nach Jahren der Recherchen und noch
weiteren Jahren des Streits über die Deklassierung veröffentlichte der
Geheimdienstausschuss des US-Senats im Dezember 2014 seinen
Abschlussbericht über das Inhaftierungsprogramm der CIA. Die Zusammenfassung enthielt die erste vollständige Liste aller 119 Gefangenen, die zwischen 2002 und 2008 von der CIA festgehalten wurden,
wie diese bestätigt hat. Die CIA und die Obama-Regierung bestanden
darauf, dass die im Dokument enthaltenen Daten der Festnahmen sowie die letzten Ziffern jeder Haftdauer editiert wurden. Dennoch ist es
durch den Zusammenhang zwischen dieser Liste und anderen Quellen
möglich, mit relativer Genauigkeit festzustellen, an welchem Datum jeder der Gefangenen eingeliefert wurde und wann er aus dem Haftprogramm wieder entlassen wurde. Nach ihrer Entlassung wurden viele
Häftlinge in US-Militärgewahrsam (in Bagram oder Guantanamo Bay)
oder in anderen Ländern weiterhin in Haft genommen. Andere wurden
freigelassen.
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[22]
Graffiti an einer Zellenwand im Gefängnis Abu Salim, Libyen. Häftlinge haben ihren Namen („Ich war hier, Mohammed“), Gebete („Oh
Herr, rette mich“, „Es gibt keinen Gott außer Allah“) und Strichlisten der
Tage in Haft in die Wand gekratzt. Oben links hat jemand „Tod ist Gnade“ hinterlassen.
gefangen genommen worden. 2003 übernahm die CIA ihn offiziell. In
der Zeit dazwischen war er dem ägyptischen Geheimdienst übergeben
worden, dem er – nachdem er nach eigenen Angaben in eine winzige
Kiste gesperrt worden war – Informationen über Verbindungen zwischen Al-Quaida, Saddam Hussein sowie chemischen und biologischen Waffen gab, die das Argument der Bush-Regierung für den Einmarsch in Irak wesentlich stützte. Als er der CIA wieder in die Hände fiel
– vier Tage nachdem Außenminister Colin Powell der UN von Iraks „anspruchsvollen Einrichtungen“ berichtet hatte, die „in nur einem Monat
genügend getrocknete biologische Waffen herstellen kann, um Abertausende von Menschen zu töten“ – widerrief Ibn al-Shaykh seinen Bericht. Doch zu diesem Zeitpunkt waren die Würfel schon gefallen. Die
CIA behielt ihn bis April 2006 und schickte ihn dann an Gaddafi zurück.
Im Gefängnis Abu Salim starb er nur wenige Tage, nachdem ermittelnde Mitarbeiter von Human Rights Watch ihn dort aufgespürt hatten –
laut den Behörden war es angeblich Selbstmord. Abu Salim wurde
während der libyschen Revolution 2011 geräumt. Das Foto zeigt die
Schäden, die eine NATO-Bombe dem Gebäude zugefügt hat.
[23]
Skizze des Zimmers im Hotel Skopski Merak in Skopje, Mazedonien, die Khaled el-Masri angefertigt hat; in diesem Raum wurde er vor
seiner Verlegung in eine Hafteinrichtung der CIA in Afghanistan eingesperrt. Später verklagte er den Chef der CIA, George Tenet, und machte ihn für seine Inhaftierung und Folter verantwortlich; die Klage wurde
abgewiesen, da die US-Regierung ihr Privileg, Staatsgeheimnisse nicht
offen legen zu müssen, geltend machte. Das bedeutete, dass das Gericht dem Argument, dass der Fall aufgrund von Angelegenheiten der
nationalen Sicherheit nicht angehört werden könnte, stattgegeben hat.
[24]
Flughafen Helsinki, Finnland. Im März 2006 wurde für eine Boeing
737, die im Auftrag der US-Regierung eingesetzt wurde, ein Flugplan
nach Helsinki dokumentiert. Dort kam sie nie an, sondern flog stattdessen nach Litauen an den letzten Ort in Europa, wo die CIA ihre Gefangenen unterbrachte.
[25]
Büroräume von Sportsflight, Long Island, New York. Sportsflight war
einer der drei Maklerfirmen, die der CIA halfen, Flugzeuge für Gefangenentransporte zu kaufen. Zu Anfang verwendete die CIA nur ein paar
Flugzeuge, doch in späteren Jahren erweiterte sie die Anzahl der Flieger, um zu versuchen, Flugzeugbeobachter daran zu hindern, bestimmte Muster in den Flugbewegungen zu erkennen. Makler halfen dem Geheimdienst auch, kurzfristig Firmenjets verschiedener Größen zu finden.
Später wurde Sportsflight von einem der Jetfluggesellschaften, die die
Firma beauftragt hatte – Richmor Aviation – verklagt. Vor Gericht legten
beide Firmen als Beweise stapelweise Unterlagen vor, in denen ihre
Operationen im Namen des geheimen Inhaftierungsprogramms der
US-Regierung detailliert aufgeführt waren. Unter den Schriftstücken
befanden sich Quittungen, Rechnungen, Verträge und Reisepläne für
den Transport der CIA-Gefangenen.
[26]
Gefängnis Abu Salim, Libyen. Ein Gefangener der CIA, der als Ibn alShaykh al-Libi bekannte Leiter eines Trainingscamps, wurde dort zwischen 2006 und 2009 inhaftiert. Er war im November 2001 in Pakistan
[27]
Schrein in Gandolfo‘s New York Diner, Smithfield, North Carolina,
zum Gedenken an die Feuerwehrleute, die am 11. September starben.
Das Restaurant Gandolfo‘s ist ein bei den Mitarbeitern der Aero Contractors, die ihren Sitz auf dem nahe gelegenen Militärflughafen von
Johnston County hat, beliebtes Mittagslokal.
[28]
Zimmer Nr. 11, Hotel Skopski Merak, Skopje, Mazedonien. Im Januar
2004 wurde Khaled el-Masri in diesem Raum 23 Tage lang von mazedonischen Sicherheitsbeamten festgehalten, bevor er der CIA übergeben und nach Afghanistan transportiert wurde.
[29]
Detail aus der Küche eines Mannes, der früher in einem Geheimlager der CIA inhaftiert war.
[30]
Militärflughafen Bagram, aus dem alten sowjetischen Kontrollturm
aufgenommen. Bagram, der zentrale Militärstützpunkt des US-Militärs
in Afghanistan, unterhielt ein anfangs provisorisches und später extra
für diesen Zweck erbautes Gefängnis. Viele der von der CIA Inhaftierten
wurden vor ihrer Entlassung oder ihrer Verlegung nach Guantanamo
Bay hierher verbracht. Die Gesamtzahl der Insassen des Militärgefängnisses belief sich in den Anfangsjahren des Kriegs in Afghanistan auf
circa 600 und wuchs unter der Präsidentschaft Obamas auf mehr als
II 30
II 31
das Doppelte an. Die letzten Insassen wurden Ende 2014 den afghanischen Behörden übergeben.
zweites Fenster mit Blick auf den leicht beschädigten Schornstein eines
hohen Gebäudes. Hinter diesem Gebäude stand ein weiteres Gebäude, und links davon sah man auf einen Berg mit einem Kreuz auf dem
Gipfel. Dieses Fenster war immer verschlossen, und die schweren blauen Vorhänge waren ständig zugezogen.“
[31]
Seiten aus dem Sonderbericht des CIA Generalinspektors über
Anti-Terror-Inhaftierungs- und Verhöraktivitäten (September 2001–
Oktober 2003), 7. Mai 2004. Das Inhaftierungsprogramm der CIA war
von Anfang an umstritten, da Regierungsbeamte und Vertragsunternehmen, die Einzelheiten mitbekamen, Beschwerde einreichten. Der innere
Wachhund des Geheimdienstes führte eine Untersuchung der ersten
beiden Jahre seiner Inhaftierungs- und Verhöraktivitäten durch und untersuchte eine Reihe von „verstärkten Verhörmethoden“, die seine unter
Vertrag stehenden Psychologen entwickelt hatten. Die Anwendung dieser Methoden am ersten „hochwertigen Häftling“, Abu Zubaydah, der
im März gefangen genommen worden war, und an vielen weiteren Häftlingen war zugelassen worden. Der Bericht prüfte die Rolle, die das
medizinische und das psychologische Personals bei der Anwendung
dieser Methoden spielte, die Aufzeichnung von Verhörsitzungen sowie
einige der Techniken, mit denen Verhörbeamte die autorisierten Methoden überschritten hatten. Obwohl die US-Regierung den Bericht im
Jahr 2009 deklassierte und veröffentlichte, wurde ein beträchtlicher Teil
des Berichts editiert.
[32]
Bearbeitetes Bild eines Wohnkomplexes, in dem ein Pilot lebt, der
als einer der Piloten identifiziert wurde, die Überstellungsflüge
durchgeführt haben. Bei den Häusern handelt es sich um moderne
holzvertäfelte Einfamilienhäuser mit Garagen. Der Komplex, der an einem Golfplatz angelegt wurde, befindet sich am Rand einer Kleinstadt
in der amerikanischen Provinz. Das Bild wurde auf Anraten eines Anwalts unkenntlich gemacht, um das Recht der Bewohner auf Privatsphäre und Sicherheit in ihrem Heim zu gewährleisten.
[33]
Blick aus dem Fenster von Zimmer Nr. 11, Hotel Skopski Merak,
Skopje, Mazedonien. In diesen Raum wurde Khaled el-Masri im Januar
2004 drei Wochen lang eingesperrt, bevor er in ein Geheimlager der
CIA in Afghanistan gebracht wurde. Im Mai 2004 stellte die CIA fest,
dass seine Haft ein Irrtum gewesen war, und brachte ihn per Flugzeug
nach Albanien, wo er an einer Landstraße freigelassen wurde; dort wurde er von einer vorgetäuschten Grenzpatrouille aufgegriffen und nach
Deutschland zurückgeschickt. Seine Klage gegen die US-Regierung
wurde aufgrund von Staatsgeheimnissen zurückgewiesen. Er beschrieb
diese Aussicht in einer Erklärung, die er an Anwälte der amerikanischen
Bürgerrechtsorganisation Civil Liberties Union abgab. „Es gab noch ein
[34]
Mohammed Shoroeiyas Skizze eines Waterboards in Afghanistan.
Bis heute hat die US-Regierung nur in drei Fällen zugegeben, Gefangene Waterboarding ausgesetzt zu haben – alle drei Fälle ereigneten sich
in Thailand und Polen. Der Geheimdienstausschuss des US-Senats
entdeckte jedoch ein Foto eines Waterboards in Afghanistan. „Das
Waterboarding-Instrument auf dem Foto ist von Eimern, einer Flasche,
die (zu zwei Dritteln) mit einer unbekannten rosa Flüssigkeit gefüllt ist,
und einer Wasserkanne auf den Holzbrettern des Waterboards umgeben. In Besprechungen, die im Sommer 2013 zwischen den Mitarbeitern des Geheimdienstausschusses und der CIA stattfanden, hatte die
CIA keine Erklärung für die Details auf dem Foto, einschließlich der Eimer, der Flüssigkeit und der Wasserkanne sowie die Anwesenheit des
Waterboards im Gefangenenlager.“ Shoroeiya wurde zwischen April
2003 und April 2004 in diesem Gefängnis inhaftiert. Seine Skizzen
über Folterinstrumente, die von der CIA benutzt wurden, wurden 2012
von Human Rights Watch veröffentlicht.
[35]
Schreiben von Mahlon Richards, dem Präsidenten der Firma Richmor Aviation, an Don Moss, dem Geschäftsinhaber von Sportsflight, vom 19. Oktober 2006. Die Enthüllung der Verwendung der
N85VM für Gefangenentransporte hatte wesentliche Auswirkungen auf
die Firma, die sie verwaltete, Richmor Aviation. Anderthalb Jahre, nachdem die Rolle, die der Jet spielte, der Öffentlichkeit bekannt wurde,
brachte der Geschäftsführer von Richmor seine Frustration in einem
Schreiben an Sportsflight, einer Maklerfirma für Luftfahrzeuge, zum
Ausdruck. Trotz der Umregistrierung des Flugzeugs würde es, wie er
schrieb, „immer mit Überstellungen in Verbindung gebracht werden.“
Kurz darauf reichte er Klage gegen Sportsflight ein.
[36]
Das Innere der Boeing 737 N787WH, am 15. Februar 2005 in Salzburg aufgenommen, während die Maschine auf das Startkommando wartet. Abu Zubaydahs Anwälte haben dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Dokumente vorgelegt, in denen ausgewiesen wird, dass dieses Flugzeug ihn wenige Tage später, am 18.
Februar 2005, von Marokko nach Litauen gebracht hat. Zwei von
der CIA angeheuerte Flugzeuge flogen damals nach Litauen – eines
II 32
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über Marokko und Rumänien, das andere über Marokko und Jordanien.
Gemäß dem Bericht des Geheimdienstausschusses des US-Senats
wurde die Einrichtung „Violet“ – die Antaviliai in Litauen entsprach –
Anfang 2005 eröffnet. Sie wurde im März 2006 wegen ungenügender
medizinischer Versorgung wieder geschlossen. Ein Foto der luxuriösen
Innenausstattung des Flugzeugs mit Ledersitzen, Sofa, Polsterkissen
und einem großen Bildschirm wurde in einem beliebten Luftfahrtforum
gepostet. Auf die Bitte um Erlaubnis, das Foto zu verwenden, gab es
folgende Antwort: „Nach den vielen Emails, die ich wegen diesem Bild
erhalten habe, zu urteilen, könnten Sie Recht haben, dass es tatsächlich
das einzige Foto des Inneren eines Fliegers ist, der für einen Überstellungsflug benutzt wurde. Um keine weiteren Fragen mehr beantworten
zu müssen, habe ich es nun aus dem Internet gelöscht. Ich interessiere
mich GAR NICHT für Politik. Ja, Ihre 250 [£] waren der höchste Betrag,
der mir jemals für ein Foto geboten wurde, aber ein Leben in Frieden ist
unbezahlbar. Ich hoffe, mich für immer aus diesbezüglichen Diskussionen heraushalten zu können. Jetzt, da es gelöscht wurde, ist der Fall –
hoffentlich – ,abgeschlossen‘.“
[40]
Gelände im Nordosten von Kabul; es wird davon ausgegangen,
dass es sich dabei um die „Salzgrube“ handelt, die heute von neu
errichteten Fabriken und Gebäudekomplexen verschleiert wird. Die
„Salzgrube“ ist die geläufige Bezeichnung für das erste Gefängnis der
CIA in Afghanistan, das im September 2002 in Betrieb ging. In den
darauf folgenden achtzehn Monaten wurden dort Dutzende von Gefangenen inhaftiert. Der junge afghanische Häftling Gul Rahman starb im
November 2002 dort an Unterkühlung. Er wurde in einem anonymen
Grab bestattet. Im Bericht des US-Senats über das Programm findet
sich die Beschreibung, dass die Gefangenen in dieser Haftanstalt „in
völliger Dunkelheit gehalten und ständig in Isolierhaftzellen, die nur mit
einem Eimer als Toilettenersatz ausgestattet waren und mit lauter Musik
oder Krach beschallt wurden, eingesperrt wurden“. Die Mitglieder einer
Delegation der Staatlichen Gefängnisaufsicht, die die Einrichtung besuchten, kommentierten, dass sie „noch nie in einer Haftanstalt waren,
in der die Insassen dermaßen ihrer Sinneswahrnehmungen beraubt
werden“. Das Gefängnis wurde 2004 geschlossen und durch eine
zweckmäßige Einrichtung ersetzt, die „mit Heizung/Klimaanlage, herkömmlichen Sanitäreinrichtungen, angemessener Beleuchtung, Duschen und Wäscherei ausgestattet“ werden sollte.
[37]
Empfangszimmer im Haus eines ehemaligen Gefangenen, der früher in einem geheimen Lager der CIA inhaftiert war.
[38]
Lagerhalle in Antaviliai, Litauen. Die dritte und letzte Haftanstalt der
CIA in Europa befand sich hier. Sie wurde auf dem Gelände einer ehemaligen Reitschule in einem kleinen Dorf außerhalb der Hauptstadt Vilnius errichtet. Hier wurden zwischen Februar 2005 und März 2006
Gefangene untergebracht. Dorfbewohner, die in der Nähe des Geländes wohnen, erinnern sich noch daran, dass die Bauarbeiten nachts
ausgeführt wurden. Transportcontainer wurden aufeinander gestapelt
und ein großer Erdhügel entstand. Die alte Reithalle wurde hinter einer
Bretterwand allmählich umgebaut und blieb bis zur letzten Minute stehen; dann wurde sie entfernt, und darunter kam eine weiße Lagerhalle
ohne Fenster, jedoch mit zahlreichen Luftschächten zum Vorschein. Die
Nachbarn spekulierten, was im weißen Gebäude wohl vor sich ging. Sie
vermuteten, dass es sich um ein Militärgebäude, eine Drogenfabrik oder
eine Einrichtung für Nierentransplantationen handeln könnte. Darauf,
dass es sich um ein Gefängnis handelte, kamen sie jedoch nicht.
[39]
Eine Zelle in der Haftanstalt des libyschen Geheimdienstes in
Tagiura, Tripolis.
[41]
Seiten aus dem Sonderbericht des CIA-Generalinspektors über
Anti-Terror-Inhaftierungs- und Verhöraktivitäten (September 2001–
Oktober 2003), 7. Mai 2004. Das Inhaltsverzeichnis listet verschiedene
Verhörmethoden auf, die die CIA in Thailand und Polen anwendete. Einige von ihnen wurden von Regierungszensoren editiert.
[42]
Büro der Rechtsabteilung und des Vorzimmers der Firma Aero Contractors, Smithfield, Johnston County, North Carolina.
[43]
Auszug aus einem Bericht von Mohamed Bashmilah über seine Erfahrungen in der Haft der CIA in Afghanistan zwischen Oktober
2003 und Mai 2005. Die erste Abbildung zeigt eine Haftzelle in einem
Gefängnis, das die CIA von September 2002 bis April 2004 nutzte,
bekannt als „die Salzgrube“. Die letzte Abbildung bezieht sich auf den
Verhörraum in einem neu errichteten Gefangenenlager, in das Bashmilah und andere Gefangene im April 2004 verschleppt wurden. Im Jahr
2005 wurde er in den Jemen zurückgebracht, wo er weiterhin gefangen
gehalten wurde. Schließlich wurde er nach einer kurzen Gerichtsverhandlung, in der keine Anklage wegen terroristischer Aktivitäten gegen
ihn erhoben wurde, im März 2006 freigelassen. Sein Bericht „Surviving
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the Darkness“, wurde von der New York University School of Law's
Center for Human Rights and Global Justice im Jahr 2007 veröffentlicht.
Militärflughafen Bagram nördlich von Kabul, Afghanistan. Das Gebäude diente ursprünglich als Hangar für russische Flugzeuge. Er wurde nach dem Einmarsch von Afghanistan im Jahr 2001 von den amerikanischen Streitkräften in ein provisorisches Militärgefängnis umfunktioniert und war anfangs als Bagram Collection Point (Sammelstelle) bekannt. Die Häftlinge wurden in Käfigen gehalten, die aus Rasierklingendrahtrollen zusammengezimmert worden waren, wobei sich die Drahtspulen bis über ihren Kopf stapelten. Im Dezember 2002 starben zwei
der Häftlinge, Dilawar und Habibullah, innerhalb einer Woche. Ursprünglich wurde ihr Tod natürlichen Todesursachen zugeschrieben,
doch spätere Ermittlungen zeigten, dass beide Männer kontinuierlich
geschlagen und an ihre Zellendecke gefesselt worden waren, und dass
ihnen medizinische Versorgung verweigert worden war. Die Ermittlungsbehörde der US-Army empfahl, gegen 27 Militärpolizisten und
Geheimdienstmitarbeiter Strafanzeige zu erheben; keiner von ihnen
verbüßte eine Freiheitsstrafe von mehr als fünf Monaten in einem Militärgefängnis. Die Flugzeughalle wurde 2010 abgerissen, und die Häftlinge
wurden an eine für diesen Zweck erbaute Stätte in der Nähe gebracht,
die in die Haftanstalt Parwan umbenannt wurde. Heute wird das neue
NATO-Hauptquartier auf dem ehemaligen Gelände errichtet.
[44]
Ein Raum des Geheimdienstes in Tagiura, Tripolis, in dem früher
Verhöre durchgeführt wurden. Ausländische Geheimdienste, darunter auch der britische Geheimdienst, erhielten Informationen, die sich
aus dem Verhör von Gefangenen ergaben, die nach Tagiura zurückgebracht wurden. Mark Allen bezog sich auf einen der Männer, die hier
festgehalten wurden – Abdul Hakim Belhadj –, als er an Gaddafis Geheimdienstchef Moussa Koussa schrieb: „Ich bin sehr froh. Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie dem Mitarbeiter, den wir letzte Woche hingeschickt haben, geholfen haben. Abu ,Abd Allah‘s [i.e. Belhadjs]
Informationen über die Situation in diesem Land ist für uns von größter
Bedeutung.“ In einer Anhörung vor dem britischen Obersten Gericht,
die im November 2015 stattfand, argumentierte die britische Regierung, dass Belhadj keine Klage gegen Beamte, die für seine Überstellung verantwortlich waren, einreichen dürfe. Zum jetzigen Zeitpunkt hat
das Gericht darüber noch nicht entschieden.
[45]
Gegenstand im Haus eines ehemaligen Gefangenen, der früher in
einem Geheimlager der CIA inhaftiert war.
[46]
Die Rechnung für eine Mission, die Richmor Aviation im November
2002 durchgeführt hatte. Während ihrer Rechtsstreits über ungeflogene Stunden machten Richmor sowie auch Sportsflight Ablichtungen
von Rechnungen, die die Flugpläne von Richmors Maschine N85VM und
anderer Flugzeuge zwischen Washington, DC, Kabul, Guantanamo Bay
und zahlreichen anderen Orten weltweit als Beweismittel geltend. Die
Rechnungen weisen Einzelheiten über die Kosten des Flugpersonals,
Lande- und Bearbeitungsgebühren, Verpflegungskosten und diverse andere Posten auf und bieten somit einen einmaligen Einblick in die Logistik
des Überstellungsprogramms. Sie legten wirksam ein ganzes Vertragsfirmennetz offen, das aus zwei Generalunternehmern, drei Vermittler und
einer Vielzahl von Betreibern, Reiseplanern, Servicefirmen und anderen
Einheiten bestand, die dem Überstellungsprogramm logistische Unterstützung gewährten. Auf dieser Reise wurde Abd al-Rahim al-Nashiri,
der unter Verdacht stand, den Zerstörer USS Cole bombardiert zu haben, von Dubai in ein Geheimlager nach Afghanistan verbracht. Dort
wurde er kurz inhaftiert, bevor er nach Thailand weitergeschickt wurde.
[47]
Das Gelände der ehemaligen Haftanstalt Bagram Theater auf dem
[49]
Flugdaten, die der Berichterstatter des Europäischen Parlaments,
Claudio Fava, in seinem Bericht aus 2007 über Flugzeuge, die die
CIA verwendete, gesammelt hat. Im September 2003 führte die Maschine N313P der Aero Contractors eine Mission durch, bei der sie in
einem Royal Flush der geheimen Gefangenenlager von Kabul nach Guantanamo Bay flog, darunter auch nach Szymany im Norden Polens,
nach Bukarest und Rabat. Wie Ermittler herausfanden, signalisierte diese Reise das Schließen des geheimen Gefangenenlagers der CIA in
Polen, das sich auf einem Militärgelände in der Nähe von Stare Kiejkuty
befand, und die Eröffnung eines neuen Lagers in Rumänien, das die
CIA „Bright Light“ („helles Licht“) nannte.
[50]
Diese Straßenkarte zeigt das Gelände des Nationalen Registers für
vertrauliche Informationen, Strada Mure, Bukarest. Im Gegensatz zu
Polen und Litauen befand sich das rumänische Gefangenenlager auf
städtischem Gelände nördlich des Zentrums von Bukarest neben einer
Eisenbahnlinie (die links auf der Karte zu sehen ist). Zwar wurde es im
November 2005 geräumt, doch das Gebäude blieb stehen und wird
immer noch von der rumänischen Regierung genutzt.
Texte: Edmund Clark, Crofton Black, Übersetzung: Johanna Ellsworth
III
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THE VICTORY COLUMN
OF ENDURING FREEDOM
Die Skulptur The Victory Column of Enduring Freedom (Siegessäule
der andauernden Freiheit) erinnert an den Sieg im Krieg in Afghanistan
und präsentiert sich als Referenz an die Trajanssäule auf dem Forum in
Rom. Napoleon I. nutzte sie als Vorbild für den Bau seiner Siegessäule
auf der Place Vendôme in Paris, auf der die napoleonischen Feldzüge
verherrlicht werden. Auch die Karlskirche in Wien verfügt über zwei
Säulen, die der Trajanssäule nachempfunden sind. Eine Kopie der Trajanssäule steht im Victoria & Albert Museum in London.
[50]
Ist die Form auch die gleiche, verweisen die Materialien auf anderes:
NATOdraht und Kies werden gemeinhin für Sicherheitszäune und Wegebefestigungen in besetzten Enklaven im War on Terror verwendet.
Text: Edmund Clark, Übersetzung: Thomas Schirmböck,
Sylvia Ballhause
Die Operation Enduring Freedom (OEF, Operation andauernde Freiheit) ist die erste und bisher einzige militärische Großoperation im Rahmen des von den Vereinigten Staaten ausgerufenen Krieges gegen den
Terrorismus. Die Operation wird in in Afghanistan, am Horn von Afrika,
auf den Philippinen sowie in Afrika innerhalb und südlich der Sahara
durchgeführt. Deutschland beteiligte sich militärisch mit Einheiten der
Marine an dem Einsatz im Indischen Ozean. Die Beteiligung an der Teiloperation in Afghanistan wurde ebenfalls beendet. Dort stationierte
Einheiten der Bundeswehr sind nur noch Teil der separaten ISAF-Truppen. Militärischer Hauptakteur der Operation Enduring Freedom sind
die Streitkräfte der Vereinigten Staaten, jedoch nehmen viele Streitkräfte von Verbündeten der USA an ihr teil. Die Operation sollte ursprünglich Operation Infinite Justice (Operation unbegrenzte Gerechtigkeit)
heißen. Nachdem muslimische Gruppen dagegen protestierten, weil
aus islamischer Sicht Gerechtigkeit allein bei Allah anzusiedeln sei,
wurde der Titel geändert.
[50]
Edmund Clark: The Victory Column of Enduring Freedom
ca. 320 x 200 x 200 cm, NATOdraht, Kieselsteine
IV
IV 38
IV 39
THE MOUNTAINS
OF MAJEED
The Mountains of Majeed ist eine Reflexion über das Kriegsende in
Afghanistan aus Fotografien, gefundenen Bildern und Gedichten der
Taliban. Sie handelt von den Erfahrungen der großen Mehrheit des Militärpersonals und der zivilen Angestellten, die in der Operation Enduring Freedom gedient haben, ohne je dem Feind gegenübergestanden
zu haben. Ihre Vorstellung von Afghanistan ist geprägt von dem, was sie
hinter den Schutzzäunen oder innerhalb der Wände der Stützpunkte
sehen, etwa in der Enklave Bagram, dem größten Luftwaffenstützpunkt
und dem Zuhause von 40.000 Personen.
In einem Speisesaal in Bagram entdeckte ich eine Reihe schlichter Gemälde von Bergen und Monumenten, die ein anderes Afghanistan zeigen. Sie stammen von dem afghanischen Künstler Majeed. Sie weisen
über die Begrenzungen des Stützpunktes hinaus und zeigen dem Betrachter idealisierte Ansichten von Gebirgspässen oder Seen im Hindukusch und anderen Gebieten.
Es gibt einen Unterschied zu unserer Darstellung der Berge, zwischen
den beschaulichen, auf Leinwand oder Holz gemalten Ausblicken und
den Bildern, die in hoher Auflösung mit der neuesten digitalen Technologie aufgenommen wurden. Es gibt aber auch eine Übereinstimmung,
denn beides stellt Berge dar, die militärisch besetzt und von Wänden
der Besatzung eingegrenzt sind. Beide Darstellungen stehen für „Enduring Freedom“ [dauerhafte Freiheit], und beide gehören zu Majeed.
Text: Edmund Clark, Übersetzung: Thomas Schirmböck,
Sylvia Ballhause
[51] – [56]
Edmund Clark: The Mountains of Majeed
2014, C-Print, je 114 x 152 cm, Courtesy Flowers Gallery London
[57]
Reproduktionen von Gemälden des afghanischen Künstlers
Majeed
Offsetdruck, je 36 x 29 cm
[58]
Audio, 1:39 Min., paschtunische Originalversion des Gedichtes
„Afghanistan ist die Heimat der Afghanen“ von Dardmand, 2008,
gesprochen von Pervez Said, aus dem Buch „Poetry of the Taliban“, 2012, Herausgeber: Alex Strick van Linschoten und Felix
Kuehn, Verlag: C. Hurst & Co.
[54]
IV 40
IV 41
Afghanistan ist die Heimat der Afghanen
Afghanistan ist die Heimat der Afghanen;
Es ist die Heimat der Mutigen und Tapferen.
Fremde können es durch Gewalt nicht schwächen;
Es ist die Heimat der Söhne Mirwais.1
Sie haben Brydons Armee geschlagen;2
Es ist die Heimat der Mörder von Macnaghten.3
Sie haben den Russen eine beschämende Niederlage beschert;
Gromov gibt zu, dass es die Heimat der Sieger ist.4
Hier findet man Stämme und Sippen;
Es ist die Heimat der Hazara und Turkmenen,
der Tadschiken, Usbeken, Paschtunen und Belutschen;5
Es ist auch die Heimat treu ergebener Afghanen.
Diese Berge gehören uns, und wir gehören diesen Bergen;
Es ist die Heimat der Adler.
Schakale überleben hier nicht;
Es ist die Heimat von Allahs starken Löwen.
Ahmad Shahs Schwert ist noch nicht erkaltet;6
Es ist die Heimat der Anhänger der richtigen Religion.
Dies sind die Söhne von Ghouri und Ghaznawi;7
Es ist die Heimat dieser Helden.
Der große Jamaluddin Afghan (Dschamal ad-Din al-Afghani);8
Es ist die Heimat seiner Anhänger.
Diese Menschen opfern ihren Kopf für ihre Religion;
Es ist die Heimat der Diener des Islams.
Irgendwann werden die Eindringlinge wieder abziehen;
Es ist die Heimat starker Helden.
Dardmand
August 2008
Mirwais Khan Hotak (1673–1715), Anführer des Stammes der Paschtunen, der die Perser besiegte, um Gebiete zu besiedeln, darunter auch Gebiete im heutigen Süden Afghanistans und Norden Pakistans.
1
Dr. William Brydon (1811–73), ein Arzt der britischen Armee während des ersten anglo-afghanischen Krieges. Es wird überliefert, dass er der einzige Überlebende der Truppen war, die 1842 auf dem Rückzug aus Kabul von afghanischen Stammesmännern massakriert wurden.
2
Sir William Hay Macnaghten (1793–1841), britischer Regierungsvertreter, der in Kabul ermordet wurde.
3
Boris Gromov (1943–), sowjetischer Befehlshaber und letzter sowjetischer Soldat, der 1989 Afghanistan verlassen hat. Später machte er in Russland als Politiker Karriere.
4
Ethnische Gruppen in Afghanistan.
5
Ahmad Shah Durrani (1722–1772), Gründer des Kaiserreichs Durrani. Er gilt als Gründer des modernen Staats Afghanistan.
6
Die Dynastien der Ghori und Ghaznavid herrschten ca. vom zehnten bis zum zwölften Jahrhundert über Gebiete, die heutige Territorien Irans, Afghanistans, Pakistans und Indien umfassen.
7
Dschamal ad-Din al-Afghani (1838–1897), muslimischer Gelehrter und Schriftsteller, der mit der Bewegung der (Wieder-)Erweckung islamischen Gedankenguts in Verbindung gebracht wird.
8
V 42
V 43
Die Videoarbeit beschäftigt sich mit Vorstellungen von Ehre und Opfer
in Verbindung mit dem Einsatz von US-amerikanischen Drohnen in
Nord- und Südwasiristan, Pakistan.
Die Verbindung von Owen, Horaz und den unbemannten Waffen stellte
ich zum ersten Mal 2011 fest, als ich eine Aussage des britischen Luftmarschalls Sir Brian Burridge las. Er sah die Verwendung solcher Waffen als einen Weg zu einem „Krieg ohne Rechtschaffenheit“, in dem die
Soldaten „keine emotionale Verbindung zum Bereich des Schlachtfeldes mehr haben“.
V
VIRTUE UNMANN‘D:
DULCE ET
DECORUM EST
Es ist eine Herausforderung für einen Künstler, auf die nicht wahrgenommenen und unerreichbaren Schlachtfelder des globalen War on
Terror zu reagieren. Internationale Medien erreichen diese Regionen
nicht leicht, sie zeigen auch nicht die bildlichen Spuren der Zerstörung,
wie sie die Wasiris aufgenommen und ins Internet gestellt haben. Hinzu
kommt: Solange keine westlichen Soldaten ihre Stiefel dort auf den
Boden setzen, kehren sie auch nicht in Leichensäcken zurück, um das
hiesige Publikum zu beunruhigen.
Unbemannte Fluggeräte werden ja oft für ihre Präzision gelobt. Doch
ausführliche Berichte aus Wasiristan zeigen ungenaue Programmierung, sogenanntes double taping (einem ersten Angriff folgt ein zweiter
auf die Helfer), Angriffe auf Beerdigungen, erhebliche Todeszahlen bei
Frauen und Kindern, und dass jedes männliche Wesen zwischen 15
und 70 Jahren als gegnerischer Kämpfer definiert wird.
„Dulce et Decorum Est“ nannte der britische Dichter Wilfred Owen ein
Gedicht über den Schrecken der neuen Giftgastechnologie im Ersten
Weltkrieg. Der Titel ist der erste Teil eines lateinischen Zitates, das in
voller Länge übersetzt bedeutet: „Süß und ehrenvoll ist es, fürs Vaterland zu sterben.“ Das Gedicht von Horaz, aus dem der Satz stammt,
verspricht jenen jungen Römern, die mannhaft zu Felde ziehen, ein ewiges, ehrenvolles Angedenken im Falle ihres Todes und eine Art Unsterblichkeit.
Bei der Falkenjagd bezeichnet „unmanned“ im englischen Sprachgebrauch einen Greifvogel, der noch darauf trainiert werden muss, auf
dem Arm eines Menschen zu landen. In der Literatur kann das Wort
auch Jungfräulichkeit, einen Zustand psychologischer Unausgeglichenheit oder einen Mangel an Männlichkeit bedeuten.
In Islamabad traf ich Dorfbewohner aus Nordwasiristan, die von der
unehrenhaften und feigen Tötung ihrer Verwandten durch Drohnen berichteten und ihrem Ärger darüber, dafür keine Rache von Angesicht zu
Angesicht nehmen zu können.
Alles Bildmaterial des Filmes stammt aus Wasiristan: Teils von Noor
Behram, einem wasirischen Fotografen und Journalisten, teilweise sind
es Smartphone-Bilder und -Filme, die von Wasiris ins Internet gestellt
wurden. Hinzu kommt historisches Material aus dem Aufstand von
1937, der die Briten aus Wasiristan vertreiben sollte. Diese weitgehend
vergessene Operation wurde begleitet von Propaganda, Einschüchterung und Luftangriffen auf wasirische Dörfer und Felder.
Der Soundtrack beinhaltet eine Aufnahme mit einem von zwei wasirischen Dichtern, mit denen ich 2012 in Peshawar zusammenarbeitete,
um eine paschtunische Version der Ode von Horaz zu erstellen. Dazu
hören Sie die lateinische Originalversion, vorgetragen von einem Professor für Klassische Philologie an der Universität Oxford, und englische Übersetzungen aus dem 19. und 20. Jahrhundert, die mit Schauspielern in London aufgenommen wurden. Diese Stimmen durchziehen
die Filmschleife in Erinnerung an die Kreisläufe von Propaganda, Radikalisierung, Technologie und Krieg.
Text: Edmund Clark, Übersetzung: Thomas Schirmböck,
Sylvia Ballhause
V 44
V 45
Deutsche Übersetzung der Ode von Horaz
(Quintus Horatius Flaccus, 65-8 v. Chr.),
welche in der Videoarbeit „Virtue Unmann’d:
dulce et decorum est“ zitiert wird:
[59]
Video, Farbe, Ton, 2015, 6:10 MIn.
In Zusammenarbeit mit Monica Alcazar-Duarte
Gedichte: Bahar Wazir, Dr Ahsaan Khan
Video und Fotografie: Noor Berham
Material von 1937: Air Commodore Leonard de Ville Chisman
DFC, The Chisman (Keal) Collection des British Empire &
Commonwealth Museum
YouTube Material: Ahmadzai Wazir, Inza Mambarki, Said Mahmood,
hbzrox2011‘s, „King Khan“ Fazal Maseed, Abid Faizan Faisal Khan,
Samad Razmak, Mirajwazir
Stimmen: Bahar Wazir, Professor Richard Jenkyns, Laura Atherton,
Matthew Prendergast
Der engen Armut gerne gewöhnen lern
Der Knabe, früh durch strenges Geschäft des Kriegs
Gestählt, bis er mit reisigem Speer zu
Paaren die trutzigen Parther treibe.
Vorm offnen Himmel, wo die Gefahr ihn trifft,
Führ er sein Leben. - Blickt von der Burg herab
Des feindlichen Tyrannen Hausfrau
Oder die mannbare Braut und sieht ihn,
Sie seufzt: »Weh, wollte der Gatte nie,
Noch grün zum Streit, der König, den Leu‘n bestehn,
Den unangreifbarn, den die Zorneswut
Mitten durch Mord und Gemetzel fortreißt“«
Süß ist‘s und ruhmvoll: fallen fürs Vaterland.
Der Tod folgt auch dem flüchtigen Manne nach,
Schont nicht der kampfentwöhnten Jugend
Schlotternd Gebein und den feigen Nacken.
Manns Mut, der schnöden Ämterverweigrung fremd,
In Ehren funkelnd, nimmer bemakelten,
Nimmt nicht und legt das Beil nicht nieder
Nach dem Geraune der Pöbelwillkür.
Manns Mut, gewürdigt, nimmer den Tod zu schaun,
Erschließt den Himmel, wandelt missgönnte Bahn,
Gemeine Rottung und der Erde
Brodem verweigernd mit flüchtger Schwinge.
Behalten bleibt der treuen Verschwiegenheit
Ihr Lohn. - Wer Ceres‘ heilig verborgnen Dienst
Verplaudert, sei nicht unterm gleichen
Dach oder löse mit mir gemeinsam
Den leichten Kahn vom Strande. Diespiter
Sucht mit dem Frevler öfters den Frommen heim;
Doch selten weicht von sündger Sohle,
Folgend mit hinkendem Fuß die Strafe.
aus dem dritten Buch der »Oden« (III, 2, 13)
Übersetzung: R.A. Schröder
Quelle: http://www.gottwein.de/Lat/hor/horc302.php
VI 46
VI 47
Diese Arbeit entstand im Dezember 2011 durch die Erlaubnis, exklusiven Zugang zu einem Haus zu erhalten, mich darin aufzuhalten und zu
arbeiten, in dem ein Mann festgehalten wurde, der unter „Control
Order“ (Dauerhafte Überwachung) gestellt war, weil er der Aktivitäten
im Zusammenhang mit Terrorismus verdächtigt wurde.
„Control Order House“ erkundet diese Form des Gewahrsams durch
Fotografien, architektonische Darstellungen des Hauses sowie ein
handgeschriebenes Tagebuch, um das ich CE gebeten hatte. Die Fotografien wurden schnell, ohne Komposition, mit vollautomatischen Blitz
und einem Weitwinkelobjektiv aufgenommen. Weitere Bestandteile der
Arbeit sind redigierte Dokumente zu CE‘s Fall und die Korrespondenz
mit dem Innenministerium, die das Ausmaß von Kontrolle und Zensur
verdeutlichen, der meine Arbeit unterlag.
VI
CONTROL ORDER HOUSE
Die sogenannten „Control Orders“ wurden 2005 im Zuge des Gesetzes zur Verhinderung von Terrorismus (Prevention of Terrorism Act) eingeführt. In deren Folge wurden bis zum Jahr 2011 52 Personen wegen
des Verdachts auf Verwicklungen in terroristische Aktivitäten unter
Überwachung gestellt und mit diversen Restriktionen belegt. Dazu gehörten das Verbringen in ein Haus mit unbekanntem Standort im Vereinigten Königreich, die Verhängung einer Ausgangssperre sowie die
Einschränkung der persönlichen und elektronischen Kommunikation.
Die Männer waren nicht wegen terroristischer Aktivitäten angeklagt,
auch die Begründungen für ihre Festnahme blieben geheim. Die „Control Orders“ wurden 2012 von den sogenannten TPIMs (Terrorist Prevention and Investigation Measures) ersetzt. Diese sind den „Control
Orders“ ähnlich, aber es ist noch umstritten, ob sie weniger restriktiv für
die kontrollierte Person sind und ob die Beweisprüfung gründlicher ist.
Vom Innenministerium und den Rechtsanwälten der überwachten Person wurde mir für sechs Tage Zugang zu dem Haus gestattet. Ließe
meine Arbeit die Identität der Person und den Standort des Hauses
erkennen, würde ich mich strafbar machen. Schließlich durfte ich dann
drei Tage und zwei Nächste in dem Haus verbringen, weil die dort untergebrachte Person, die aus rechtlichen Gründen „CE“ genannt wird
(was nicht ihre Initialen sind), anschließend umziehen musste.
Text Edmund Clark, Übersetzung: Thomas Schirmböck,
Sylvia Ballhause
[60]
487 C-Prints, jeweils 20 x 30 cm
_MG_2555.jpg — _MG_2590.jpg: aufgenommen am 13.12.2011
_MG_2616.jpg — _MG_3059.jpg: aufgenommen am: 19.12.2011
_MG_3060.jpg — _MG_3065.jpg: aufgenommen am 20.12.2011
[61]
Tisch mit Dokumenten: u.a. Gesetz zur Terrorismusbekämpfung
des Vereinigten 2005, Genehmigungen und Bedingungen für das
Film- und Fotografieprojekt von Edmund Clark, Urteil des Hohen
Gerichts im Fall CE gegen das Innenministeriums des Vereinigten
Königreichs
[62]
Vier Detailaufnahmen von Wandtapete des Control Order House
123 x 97,8 cm, digitaler Druck (Solventdruck)
VI 48
VI 49
[63]
CE‘s Tagebuch – 8 handbeschriebene Seiten, 2011
CE ist die offizielle Bezeichnung der überwachten Person in diesem Haus. Es sind nicht seine Initialen. Bei meinem ersten Besuch brachte ich Schreibpapier, ein Skizzenbuch und einige Stifte
mit. Seine Anwälte erlaubten mir kein Interview mit ihm und ich
musste sehr vorsichtig sein, bei dem was wir redeten. Ich wollte
seine Erfahrungen, die er in diesem Haus macht, festhalten und
bat ihn, Tagebuch zu führen und Skizzen zu zeichnen. Er bewegte
sich hauptsächlich in der Küche, im mittleren Wohnraum und im
unteren Bad. (Edmund Clark)
[60]
[64]
Hausregeln für eine vom britischen Innenministerium zur Verfügung
gestellten Unterkunft, 126 x 174 cm, Inkjetdruck
[60]
[65]
Schreiben des britischen Innenministeriums an Edmund Clark:
Bedingungen für das CE-Filmprojekt, 126 x 174 cm, Inkjetdruck
[66]
Control Order House: _MG_2832.jpg 18 x 22,5 cm, C-Print, 2011
[67]
Aufrisszeichnung des Control Order House, Laserdruck auf Transparentpapier, 100 x 100 cm
[68]
stilisierter Grundriss des Erd- und Obergeschosses des Control
Order House
VII
VII 50
VII 51
SECTION 4 PART 20:
ONE DAY ON
A SATURDAY
Der Film präsentiert Aufnahmen aus dem Gefangenenlager in Guantanamo Bay.
Der Betrachter sieht Details von Bildern aus der Serie „Letters to
Omar“. Das sind Karten und Briefe, die aus der gesamten Welt an einen
Mann während seiner sechs Jahre dauernden Inhaftierung gesendet
wurden.
Jeder Lebensbereich dieses Mannes wurde von seinem Vernehmungsbeamten kontrolliert, auch wann, ob und in welcher Form er seine Post
erhielt. Alle eingehende Post wurde verändert, sie wurde durch Scannen, Ausschwärzen, Archivieren und Stempeln in gewisser Weise entwürdigt. Die originalen Karten und Briefe wurden zu abstrakten Kopien
ihrer selbst und zu Instrumenten des Kontrollprozesses, dem der Empfänger unterzogen wurde. Das sind Bilder, die tatsächlich Guantanamo
produziert hat.
Während die Bilder vorüberziehen, sind zwei Stimmen zu hören, in Stereo und sich überlappend. Eine weibliche amerikanische Stimme liest
aus dem „Camp Delta Standard Operating Procedures Manual“, einer
detaillierten Liste von Anweisungen und Botschaften für das Gefängnispersonal, die von Wikileaks veröffentlicht wurde. Die Auszüge reichen von Beschreibungen der Techniken zur Desorientierung und Fesselung bis zu den öffentlich wirksamen Botschaften, die über
Guantanamo verbreitet werden sollten. Eine männliche arabische Stimme liest Auszüge aus einem Zeugenbericht über die Erfahrungen eines
Häftlings mit seiner Vernehmungsbeamtin. Dieser Bericht wurde einem
Anwalt übergeben, während der Häftling noch in Camp Delta einsaß.
Text: Edmund Clark, Übersetzung: Sylvia Ballhause,
Thomas Schirmböck
[69]
Edmund Clark: Guantanamo: If the light goes out, 2009–2010
Camp 6, Mobile Force-Feeding Chair (Mobile Einheit – Fixierstuhl
zur Zwangsernährung)
120 x 150 cm, C-Print
[70]
Section Four Part Twenty: One Day on a Saturday, 2012
(Abschnitt 4, Teil 20: Eines Tages an einem Samstag)
Video, Farbe, Ton, 7:37 Min.
Regie: Edmund Clark
Stimmen: Lauren Heinz, Hydar Dewachi
Stimme 1: Auszüge aus dem Manuskript für Standardarbeitsanweisungen des Camp Delta (Camp Delta Standard Operating Procedures) von Wikileaks veröffentlicht. Das Camp Delta ist ein Gefangenenlager der U.S. Naval Base in Guantánamo Bay, Kuba.
Stimme 2: Auszüge aus einem Zeugenbericht eines Gefangenen
von Camp Delta.
Visuals: Details von gescannten Postkarten, welche einem Gefangenen der U.S. Naval Base in Guantanamo Bay gesendet wurden.
Dieses Material durchlief einen bürokratischen Ablauf des Scannens, Zensierens und Archivierens. Ob und wann der Gefangene
das kopierte Material erhielt, entschieden seine Vernehmungsbeamten.
BIOGRAFIE
52
Nach dem Studium im Bereich Geschichte und Französisch an der University of Sussex, Brighton und La Sorbonne, Paris arbeitete Edmund
Clark als Wissenschaftler und Forscher in London und Brüssel, bevor er
Fotojournalismus am London College of Communications studierte.
Edmund Clarks Arbeiten werden international in Einzel- und Gruppenausstellungen präsentiert, zuletzt beim 6. Fotofestival Mannheim-Ludwigshafen-Heidelberg, während des Format International Festival in
Derby und der Brighton Photo Bienniale, im Australian Centre for Photography Sydney und der Berlinischen Galerie, sowie beim Pingyao International Photography Festival, im MACRO Testaccio Museo D‘Arte
Contemporanea Roma, im Houston Center for Photography, bei
Bloomingdale‘s New York, in der Flowers Gallery London und der Association of Photographers Gallery.
Seine Arbeiten sind in internationalen Sammlungen vertreten, so z.B. in
der Sammlung der „National Portrait Gallery“ London, dem „Imperial
War Museum“ London und dem „National Media Museum“ Bradford.
Edmund Clark unterrichtet an der University of the Arts London, nimmt
regelmäßig an internationalen Konferenzen und Symposien teil.
Für die Realisierung der Arbeit „Negative Publicity“ erhielt Edmund
Clark ein Stipendium der Magnum Foundation. Weitere Unterstützung
kam von der John Kobal Foundation, der Roddick Foundation, Hasselbladt und dem ZEIT Magazin Fotopreis. Darüber hinaus wurde er u.a.
2014 für den Henri Cartier-Bresson International Award, 2012 für den
Prix Pictet und 2011 für den Deutsche Börse Photography Prize nominiert. Auch seine bisherigen Publikationen wurden zahlreich ausgezeichnet, u.a. „Guantanamo: If the Light Goes Out“ als bestes Buch des
Jahres 2011 bei den New York Photo Awards und den International
Photography Awards / The Lucies Awards.
PUBLIKATIONEN
53
Folgende Publikationen sind während der Ausstellung an der Kasse
oder im Online-Shop (www.zephyr-mannheim.de/shop) erhältlich:
Negative Publicity: Artefacts of Extraordinary Rendition
Crofton Black, Edmund Clark
mit einem Essay von Eyal Weizman
englisch, 21.6 x 29.7 cm, 316 Seiten
35 Farbabbildungen und 83 Reproduktionen von Dokumenten
Hardcover mit Spiralbindung
Gestaltung: Ben Weaver (Artdirektor des Wire Magazins)
Verlag: Aperture New York / Magnum Foundation
Preis: 70 €
Edition 3
Negative Publicity
Edmund Clark
25 nummerierte und signierte
Exemplare des Buches „Negative
Publicity: Artefacts of Extraordinary
Rendition“ mit je einem signierten
C-Print (20 x 25 cm).
Preis: 200 €
Mountains of Majeed
36 x 29 cm, 32 Seiten +
6 Seiten Cover
8 Fotografien, 4 Bilder / Malereien von Majeed, 3 Taliban Gedichte
Spiralbindung, Auflage: 450
Preis: 36 €
Control Order House
29 x 21 cm, 128 Seiten
512 Farbfotografien, Fadenheftung, Auflage: 250
Preis: 98 €
ALLGEMEINE INFORMATIONEN
54
IMPRESSUM
55
HANDBUCH ZUR AUSSTELLUNG
EDMUND CLARK
TERROR INCOGNITUS
31.01.– 03.07.2016
Öffnungszeiten
täglich außer Montag 11–18 Uhr
auch an Feiertagen
Eintritt
6 € normal
3 € ermäßigt (Kinder, Jugendliche im Alter von 6-18 Jahre, Studierende,
Azubis)
4 € Gruppenpreis ab 10 Personen, Begünstigte
Anfahrt
Zephyr – Raum für Fotografie hat seinen Sitz im Stadtzentrum Mannheims. Durch seine Anlage als Planstadt besitzt Mannheim in der Innenstadt ungewöhnliche Adressangaben, wie in unserem Falle C4 (als
Block) und .9 als Hausnummer. Sie finden uns schräg gegenüber der
Reiss-Engelhorn-Museen in der verlängerten „Kunststrasse“.
Parken
Ausreichend Parkmöglichkeiten finden Sie in der Tiefgarage der ReissEngelhorn-Museen am Toulonplatz in D5.
Öffentliche Verkehrsmittel
Mit der Straßenbahn bis zum Paradeplatz, von dort etwa vier Minuten zu
Fuß gegen die Einbahnstraße, die vor dem Stadthaus den Paradeplatz
quert.
Herausgeber:
rem gGmbH
ZEPHYR – Raum für Fotografie
C4.8 / 68159 Mannheim
Texte: Edmund Clark, Crofton Black, Thomas Schirmböck
Übersetzungen: Krister Johnson, Johanna Ellsworth,
Thomas Schirmböck, Sylvia Ballhause
Fotos: Edmund Clark
Redaktion: Sylvia Ballhause
Lektorat: Luisa Reiblich
Gestaltung: Jonas Grossmann / env-design.com
© für diese Ausgabe bei Zephyr – Raum für Fotografie Mannheim
© für die Abbildungen bei Edmund Clark
Kurator: Thomas Schirmböck
Kuratorische Assistenz: Sylvia Ballhause
Wir bedanken uns für die Mitwirkung an und Unterstützung der Ausstellung bei: Haakon Becker, Crofton Black, Eric Carstensen, lablab Krakau
(Polen), Jean Lehr, Guiseppe Presentato, Helmut Schaaf, Richard
Sturm, Kristen O‘Sulivan, Louisa Lahr, Laura Dermann, Ulrich Debus,
Robert Leicht
Edmund Clark wird vertreten von den Galerien Parrotta, Stuttgart und
Flowers, London.
ZEPHYR – Raum für Fotografie
Fon 0621-293 2120 / Fax 0621-293 9539
www.zephyr-mannheim.de