Große Bleche mit dem Laser auf Portalanlagen schneiden

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Große Bleche mit dem Laser auf Portalanlagen schneiden
© 2005 Carl Hanser Verlag, München
www.metall-infocenter.de/BIF
Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern.
SPECIAL
Laser + Blech
VERFAHRENSINTEGRATION
Große Bleche mit dem Laser
auf Portalanlagen schneiden
Der Laser hat sich innerhalb der vergangenen 30 Jahre als vielseitiges
Schneidwerkzeug etabliert. Außer dem Bearbeiten von Standardformaten sowie 3D-Anwendungen stellen Portalmaschinen für große Blechformate ein zukunftsträchtiges Marksegment dar. Sie bieten zusätzlich zur Vielseitigkeit beim reinen Laserschneiden
weitere Möglichkeiten. So lassen sich
Aggregate zum Schneiden oder Markieren anbringen und die Laufbahnlänge
steigert die Flexibilität. Mit dem Fasenschneiden eröffnen sich neue Potenziale für die Kantenvorbereitung.
Kunststück: Mit 30 und 50° auf einer Laser-Portalanlage schräg geschnittenes, 4 mm dickes Werkstück aus Chrom-Nickel-Stahl
FÜR DIE BEARBEITUNG großformatiger Bleche – der
erforderliche Maschinen-Arbeitsbereich kann 4 m x 40 m
sein – bieten sich die etablierten thermischen Schneidverfahren Plasma- und Autogenschneiden an. Der Laser kann
jedoch besonders hier seine bekannten Vorteile ausspielen:
Die enge Konzentration der Energie auf einen Durchmesser
im Zehntel-Millimeter-Bereich ermöglicht schmale Schnittfugen und eine geringe Wärmeeinbringung. Der Schnittspalt beim Plasmaschneiden liegt etwa eine Größenordung
über dem des Laserschneidens. Die dadurch erreichte niedrige Wärmeeinbringung führt besonders bei großen Formaten zu einem minimalen Wärmeverzug.
Auf der anderen Seite muss man den anderen Schneidverfahren ebenfalls Fortschritte zubilligen. So liefert das Feinstrahlplasma mittlerweile ebenfalls sehr hohe Schnittqualitäten bei höherer Schneidgeschwindigkeit sowie niedrigeren Schnittmeterkosten im Blechdickenbereich zwischen 5
und 20 mm. Somit teilen sich die drei dominierenden thermischen Schneidverfahren den Markt in die für das jeweilige Segment optimalen Anforderungen untereinander auf:
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Kann das Autogenscheiden bei Blechdicken jenseits der
30 mm mit niedrigen Kosten punkten, liefert das Laserschneiden darunter die oft geforderte Genauigkeit. Plasma
hingegen füllt die Lücke dazwischen bei geringeren Anforderungen an die Genauigkeit und bietet im Gegensatz zum
Autogenschneidverfahren die Möglichkeit, so wie das Laserschneiden legierte Stähle zu verarbeiten.
Die Strahlweglänge wird konstant gehalten
Den herausragenden Eigenschaften des Laserstrahls und
der Möglichkeit, große Bleche zu bearbeiten, tragen zeitgemäße Portalmaschinen wie die ›LaserMat‹ von Messer
Cutting Systems (www.messer-cs.de) Rechnung. Ihr Konzept beruht auf einer in Längsrichtung auf dem Portal mitfahrenden Laserstrahlquelle und einem Strahl, der quer in
der Brücke von einer fliegenden Optik geführt wird. Um
die ansonsten großen Weglängenunterschiede der Strahlführung zwischen linker und rechter Schneidkopfposition
zu verhindern, nutzt man eine Strahlweglängen-Kompensation. Sie besteht aus einem Spiegelpaar, das den zunächst
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BLECH InForm 2/2005
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Ungleiche Wettbewerber: Mit dem Laserstrahl (oben) und mit
dem Plasmastrahl erzeugte Schnittfugen
am Querwagen vorbeigeführten Laserstrahl zurücklenkt.
Das Spiegelpaar läuft auf einer Linearführung parallel zum
Querwagen und bewirkt dadurch eine konstante Strahlweglänge. Dieses einfache, aber wirkungsvolle Konzept der
Strahlweglängen-Kompensation hat gegenüber einer adaptiven Optik den Vorteil, dass nicht nur der Strahldurchmesser, sondern auch die anderen physikalischen Kenngrößen des Laserstrahls im Bearbeitungsraum konstant
bleiben. Diese beeinflussen ansonsten den Fokus des
Strahls und somit die Schneideigenschaften.
Außer der konzeptionell gegebenen Möglichkeit, große
Blechformate zu bearbeiten, entspricht die Positioniergenauigkeit der Linearführung, wie sie eine solche Portalmaschine bietet, den Erwartungen an eine Laserschneidanlage. So erzielt man mit den Führungsschienen und -schlitten eine Positioniergenauigkeit von ±0,1 mm. Die
Beschleunigung von etwa 0,5 g und die Positioniergeschwindigkeit von 60 m/min sind weitere Kenngrößen.
Laser- und Plasmastrahl
lassen sich kombinieren
Portalmaschinen wie die LaserMat haben aber nicht nur
die genannten Vorteile des reinen Laserschneidens. Die
Brückengröße erlaubt es außerdem, weitere Aggregate anzubringen. So besteht die Option, neben dem Laser-
Schreib mal wieder: Der Tintenstrahlmarkierer ist schneller als der
Laser und kann Barcodes auftragen
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schneidkopf einen Plasmaschneidkopf einzusetzen. Dem
Anwender bietet sich somit die Möglichkeit, die Vorteile
beider Schneidverfahren an einer Maschine auszureizen.
Zum einen kann innerhalb eines Schachtelplans zwischen
beiden Verfahren gewechselt werden, um beispielsweise an
den Innenkonturen die nötige Schneidgenauigkeit des Laserprozesses zu nutzen. Die Außenkontur mit der größeren
Toleranz wird dagegen mit dem schnelleren Plasmaverfahren geschnitten.
Außerdem können natürlich, je nach Aufgabengebiet,
ganze Aufträge nur mit Laser oder nur mit Plasma abgearbeitet werden. Der Anwender hat somit eine Werkzeugmaschine, mit der die bestmögliche Kombination aus Arbeitsgeschwindigkeit
und Präzision erreicht wird.
Alternativ kann
entweder ein Nadelmarkiergerät
oder ein Tintenstrahlmarkierer
(Inkjet) montiert
Starkes Stück: Die gegenwärtig verfügbaren
Laser mit 5 bis 6 kW Leistung sind problemwerden. Zusätzlos in der Lage, diesen 25 mm dicken unlelich zum Lasergierten Stahl wirtschaftlich zu schneiden
markieren lassen
sich so Biegelinien oder Beschriftungen selbsttätig auf die Bauteile aufbringen. Das kann
zum Beispiel dann sinnvoll sein, wenn im mannarmen Betrieb mit einem Schachtelplan über 500 Bauteile mit mehr
als 100 verschiedenen Konturen geschnitten werden. Eine
eindeutige Zuordnung ist dann nur noch mit einer zuverlässigen Kennzeichnung der Bauteile möglich. Das Markieren mit dem Laser steht dabei nach wie vor zur Verfügung,
ist aber im Vergleich zum Inkjet langsamer und bietet nicht
die Möglichkeit, Barcodes auf die Platte aufzutragen. Der
Nadelmarkierer hat den Vorteil, dass die Markierung auch
nach weiteren Oberflächenbehandlungen erkennbar bleibt.
Unterschiedliche Konzepte
für die Arbeitsraumgestaltung
Der große Arbeitsraum von maximal 4 m Breite und
rund 40 m Länge muss ausgenutzt werden. Dazu
bieten sich unterschiedliche Konzepte an. Im klassischen Fall hat der Anwender mehrere, hintereinander liegende Schneidtische, zwischen denen genug
Platz für den Bediener zum Be- und Entladen bleibt.
So wird an einem Tisch geschnitten, während am
anderen entladen und anschließend beladen wird.
So ergeben sich zwei völlig unabhängige Arbeitsbereiche von 12 m bei einer Laufbahnlänge von etwa
35 m. Die einzelnen Arbeitsbereiche sind mit jeweils
einem Lichtschrankenkreis gesichert.
Alternativ ist ein durchgehender Schneidtisch möglich, der sich ebenfalls mithilfe stationärer Lichtschranken in einzelne Sektoren zum Schneiden einerseits und Beladen oder Entladen andererseits
trennen lässt. Zusätzlich können die Arbeitsbereiche zu
einem großen Abschnitt zusammengefasst werden, um ex-
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treme Blechformate schneiden
oder mehrere
mittelgroße Bleche an einem
Stück abarbeiten
zu können.
Um bei diesen
Tischgrößen den
Schneidstaub
wirksam entfernen zu können,
wird der Schneidtisch mithilfe
einer Klappensteuerung segmentweise abGut vorbereitet: Vor dem Schweißen erzeugt dieser Fasenkopf Schrägschnitte an
gesaugt, je nachdem,
Blechen bis 15 mm Dicke bei einem Fasenwo gerade geschnitwinkel bis 45°
ten wird. Außer den
stationären Lichtschranken ist auch
eine mitfahrende Lichtschranke möglich. Die einzelnen
Module werden an Auslegern montiert, die beim Kontakt
mit einem Hindernis oder einer Person an den Gelenken
einknicken und so die Lichtschranke unterbrechen. Eine
Unterteilung in Arbeitsbereiche ist dann nicht mehr notwendig. Es wird immer der Maschinenbereich gesichert.
Vor der Schweißnaht kommt die Fase
Falls die örtlichen Gegebenheiten kein so flexibles Be- und
Entladen erlauben, weil zum Beispiel der Hallenkran nicht
jede notwendige Position erreicht, kann ein Wechseltisch
sinnvoll sein. Bei einer Länge bis 13 m sind auch bei dieser
Lösung großformatige Bleche handhabbar. Lichtschranken
schützen wiederum zum einen den Schneidbereich der Laseranlage und zum anderen den Be- und Entladebereich
des Wechseltisches.
Um die Fähigkeiten beim Schneiden zu erweitern, wurde in
den vergangenen Jahren die Laserleistung kontinuierlich
Kam nach der V-Naht: Y-Naht, bei der ein zusätzlicher senkrechter Schnitt
einen 2 mm hohen Steg erzeugt, hier an einem 10 mm dicken Stahlblech
(Winkel 45°)
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gesteigert. Mittlerweile sind 5 kW und 6 kW verfügbar.
Die zusätzliche Leistung kann vor allem bei legiertem Stahl
in eine erhöhte Schneidgeschwindigkeit umgesetzt werden.
Mit Lasern sind heute Schneiddicken von 25 bis 30 mm in
unlegiertem Stahl und – wirtschaftlich – 20 mm in legiertem Stahl möglich. Mehr ist nicht sinnvoll, weil dann die
Vorteile der anderen Schneidverfahren überwiegen. Ähnlich sieht es bei der Schweißnahtvorbereitung aus: Verwendet man ein besonderes Fasenaggregat zum Schrägstellen
des Schneidkopfes, lassen sich Schrägschnitte (Fasenschnitte) ausführen. Nachdem auch hier die Blechdicke gesteigert
werden konnte, ist ein Wert von 15 mm bei einem Fasenwinkel von 45° problemlos möglich.
Im Gegensatz zum Fasenschneiden mit Plasma- oder Autogenschneidanlagen entsteht beim Schwenken des Laserschneidkopfes ein Offset zwischen Schneidkontur und vertikaler Achse des Schwenkaggregats. Dieser führt bei der
Konturnachführung zu einer sehr schnellen Ausgleichsbewegung der Maschine mit entsprechenden Beschleunigungen. Hier sind die schon erwähnten Linearführungen im
Vorteil gegenüber den einfachen Schienensystemen.
Das Fasenschneiden ist eine Domäne der Portalmaschinen. Die Entwicklung der letzten Jahre erweiterte das
Spektrum der möglichen Schnitte permanent. Nach den
anfangs praktizierten so genannten V-Schnitten folgte
bald die Y-Naht, bei der ein zusätzlicher senkrechter
Schnitt einen Steg mit einer charakteristischen Höhe von
2 mm erzeugt. Es ist ohne Schwierigkeiten möglich, Fasen
mit kontinuierlicher Winkeländerung und Schrägschnitte
in Edelstahl herzustellen.
Die Gesamtlösung
entscheidet über den Erfolg
Weitere, zum Teil anwenderspezifische Lösungen sind
denkbar. Um ein Rohr in einem Loch mit einem vorgegebenen Abstand zur Schweißkante zu zentrieren, lässt man
beispielsweise in bestimmten Fällen eine in die Schweißkante integrierte ›Zentriernase‹ zurück. Sie ist klein genug, um den anschließenden Schweißprozess nicht zu
stören.
Alles in allem erweisen sich zeitgemäße Portalmaschinen
als äußerst flexible ›Arbeitspferde‹. Das ist auch notwendig, um die beträchtlichen Investitionssummen zu rechtfertigen. Zur vollständigen Ausschöpfung der Funktionalität
einer solchen Maschine darf die unterstützende Programmiersoftware nicht unbeachtet bleiben. Nur im Zusammenwirken von Maschinen- und Softwarelieferant kann eine optimale Fertigungslösung gestaltet werden. Letztendlich ist es die Maschinenseite, die auch zukünftig die
Möglichkeiten beim Schneiden einerseits und die Optimierung der Prozesszeiten andererseits vorantreibt. Schließlich
müssen auch die Markierwerkzeuge und das Fasenschneiden vom Programmierplatz unterstützt werden. Ideal ist es,
wenn die Schneidanlage und die Programmiersoftware aus
einer Hand kommen. ■
Dipl.-Phys. THOMAS DÜNZKOFER
Messer Cutting Systems, Groß-Umstadt
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