„Die Welt braucht alles, was du tun kannst“
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„Die Welt braucht alles, was du tun kannst“
NEUE MITTWOCH, 23. JÄNNER 2013 UNTERNEHMENSPROFILE 22 | VORARLBERG SUSI’S ZAUBEREI Liebevoll ausgewählte Details lassen den Besuch in „Susi’s Zauberei“ zum Erlebnis werden. „Die Welt braucht alles, was du tun kannst“ Seit Dezember macht „Susi’s Zauberei: Kleidercafé und mehr“ in der Bregenzer Inselstraße neugierig auf das Innenleben. ie Lauteracherin Susanne Füssinger-Witschuinig (42) ließ mit diesem Café einen Traum Realität werden. Zumindest die erste Sequenz einer Idee ist verwirklicht. Klein und fein ist es, das „Zauber-Café“: Der Raum besticht durch liebevoll gestaltete Details. „Ich habe alles selbst ausgewählt. Mein Mann und Bekannte haben nach meinen Plänen gewerkelt und gebaut“, erzählt Susanne FüssingerWitschuinig. Die schlanke Frau mit dem pfiffigen dunklen Kurzhaarschnitt ist voller Energie und spricht mit Begeisterung über das „Werk“. Ein gelungenes Werk: Da ist etwa eine weiße kuschelige Felldecke auf der robusten Holzbank. Ein großer rustikaler Holztisch. Kleine Tischchen, Stühle, ein wunderschöner Schrank mit Gläsern, farbenfrohem Geschirr. Eine Ecke mit Spielsachen. „Kinder sind willkommen“, sagt Susanne. Aber ebenso die 15-Jährige, der die Chefin ein Brot mit Nutella bestrich und die sich bedankte mit D Auch schöne Kleider gibt es in „Susi‘s Zauberei“. SUSI‘S ZAUBEREI Standort: Bregenz, Inselstraße 9 Öffungszeiten: dienstags bis freitags 8.30 Uhr bis 18 Uhr, samstags 8.30 Uhr bis 13 Uhr, Mehr dazu auf Facebook ( https://www.facebook. com/SusisZauberei). dem Satz: „Das ist ja wie bei der Mama.“ Oder die pensionierte Lehrerin, die gern auf einen Kaffee kommt. Oder die Männer, die auf die deftig-feinen Suppenofferten „abfahren“. Fast wie ein Wohnzimmer wirkt dieses besondere Café. Wie geschaffen, um einer großen Familie Platz zu geben zum Essen, Kaffeetrinken, Plaudern. Nichts ist oberflächlich ausgesucht, alles hat wohl einen tieferen Sinn. „Das bin ich. Oberflächlichkeit hat in meinem Leben keinen Platz“, sagt die Chefin. Und: Alles was herumsteht, kann gekauft werden, wenn es gefällt. Die Idee „Alles hat seine Zeit. Zehn Jahre lang habe ich die Idee mit mir herumgetragen. Die Kinder sind erwachsen, und unser Kleinster, der vierjährige Diego, geht in den Kindergarten. Jetzt war es eben an der Zeit, meinen Traum umzusetzen.“ Klein und fein ist das Angebot im Café. Susi verwöhnt ihre Gäste mit Suppen. „Hier NEUE MITTWOCH, 23. JÄNNER 2013 VORARLBERG | 23 Familie vor eine neue Aufgabe: Als Gastfamile nahmen die Füssinger-Witschuinigs nach und nach drei Jugendliche, die aus schwierigen Verhältnissen stammten, auf. „Nicht einfach, aber eine Bereicherung für uns alle“, resümiert sie. Jetzt gehen diese Mädchen und Buben ihre eigenen Wege. „Und unsere Familie brauchte eine Pause, ein Besinnen wieder auf unsere Bedürfnisse und Träume.“ Susanne FüssigerWitschuinig in ihrem Café. PHILIPP STEURER (3)/ PRIVAT (1) darf ich nicht kochen“, sagt sie und zeigt auf den Raum. „Dafür habe ich extra eine gewerblich nutzbare Küche angemietet. Dort bereite ich die Speisen auf Vorrat zu, wecke die Suppen ein. Und wenn diese aufgegessen sind, geht es von vorne los”, erzählt die „Hexenmeisterin“. Täglich eine Suppe und einen Eintopf bringt sie so auf den Café-Tisch. Hausmannskost, die sie „aufpeppt“. Da steht mal Paprika-Polenta-Suppe mit Schafskäse, mal Blumenkohlsuppe mit gerösteten Champions oder Kartoffelgulasch mit Putenlandjäger und Putenwienerle, Blumenkohl-Gorgonzola-Suppe mit Lavendelbutter und Orangen, Lavendelsalz, Eierlikör-Birnen- oder Marillen-Kuchen und, und und, auf dem Speiseplan. Auch einen schwedischen Brunch hat die fantasievolle Frau ihren Gästen schon offeriert. Aber – „alles wie bei Mama“, betont sie und lacht. Selbstgepresste Säfte, Kaffee, immer ganz frisch belegte Brote zum Frühstück ergänzen das Angebot. Ganz wichtig ist ihr, Essen und Trinken auf einen schön gedeckten Tisch zu bringen. Denn – das Auge isst ja bekanntlich mit. „Bekleiderei“ Kleidungsstücke ziehen die Aufmerksamkeit der Eintretenden an. Frau kann nämlich in einer kleinen Kleiderkammer im Café stöbern und für so manchen Anlass das passende Gewand für sich, den Nachwuchs oder den Mann finden. Neu oder Secondhand. „Jetzt wird es auch möglich, etwa Ballkleider, Anzüge, Dirndel auszuleihen. Wann trägt man schon sündteure Festkleider? Da lohnt sich der Kauf oft nicht.“ Eine Idee, die dem Konsumrausch eine Absage erteilt. Eigentlich hatte sie gedacht, dass diese „Kleiderschiene“ ihre Lieblingsbeschäftigung würde. Aber jetzt weiß sie: „Ich habe mich ins Kochen verliebt.“ Wenn Susanne tatsächlich zaubern könnte, dann würde sie die Welt sozialer zaubern. Vor allem für die junge Generation. „Das 21. Jahrhundert ist aus mei- ner Sicht das Jahrhundert der Jugend. Viele Jugendliche sind außer Rand und Band. Nur authentischen Erwachsenen wird es gelingen, diese Mädchen und Burschen in den Griff zu bekommen und ihnen auf dem Weg in die Zukunft zu helfen“, sagt die 42-Jährige, die eigentlich so gerne lacht, mit großem Ernst. Authentisch – das bedeutet für sie Ehrlichkeit, auch beim Betrachten der eigenen Lebensgeschichte. Verständnis zeigen und ebenso Grenzen setzen. Die gebürtige Harderin ist eine Frau mit vielen Facetten, die ihren Neigungen mit Herz nachgeht. Die gelernte Frisörin hat einen „Ausflug“ in die Sozialarbeit gemacht, arbeitete einige Jahre bei „pro mente“. Diese gemeinnützige Gesellschaft bietet im Auftrag der Landesregierung ambulante sozialpsychiatrische Betreuung, Krisenhilfe und Prävention an. „In der Zeit habe ich bereits Jugendliche mit schwierigem Hintergrund betreut.“ Als ihr jüngster Sohn vier Monate und der Älteste 14 Jahre jung war, stellte sie sich und ihrer Sozialer Gedanke Susanne wäre jedoch nicht sie selbst, wenn da nicht im Hinterkopf schon wieder ein Helfer-Gedanke herumspukte. Sie lacht und sagt über die zweite Sequenz ihres Traumes von der Selbstständigkeit: „Ja, wenn ich die ‚Zauberei‘ richtig am Laufen habe, dann sollen hier eben Mädchen und Burschen, die schwer Zugang zum Arbeitsmarkt haben, eine Chance bekommen, ihre Fähigkeiten zu entwickeln.“ Eine Frau mit einem großen Herzen nicht nur für den eigenen Nachwuchs. Und woher kommt nun die Affinität zum Verwöhnen von Gästen? „Meine Oma hat früher das Waldhüsle, das Waldheim, in Hard bewirtschaftet. Da habe ich als Kind viel Zeit verbracht. Mein zweiter Name ist Wilhelmine nach eben dieser Oma. Vielleicht kommt die Liebe zum Kochen ja daher.“ Am liebsten würde sie ja das Waldheim wieder pachten, dort den Jugendlichen eine Chance geben, in allen Vorarlberger Städten „ZaubereiKleidercafé“-Ableger aus dem Boden stampfen. Aber – so schnell geht das nicht. Denn, „alles muss bezahlbar bleiben“, ist sie bei aller Fantasie auch Realistin. Ihrem Motto „Du kannst nicht alles tun, was die Welt braucht. Aber die Welt braucht alles, was du tun kannst“ wird Susanne Füssinger-Witschuinig treu bleiben. Und Zug um Zug tun, was die heutige Zeit braucht – ihre Geschäftsidee mit sozialem Aspekt ausbauen. Fakt ist, diese Idee kommt an. Susanne darf sich schon seit der Eröffnung über eine wachsende Zahl an Stammgästen freuen. HEIDRUN JOACHIM