Christenverfolgung

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Christenverfolgung
Christenverfolgung
1. Verfolgungen im 1. Jahrhundert
Als jüdische Sekte wurde das Christentum von den gesetzestreuen Juden abgelehnt und teilweise,
zumal in Judäa/Palästina, solange dort noch Elemente jüdischer Staatlichkeit existierten (bis 70
bzw. 135), verfolgt.
Die römischen Behörden unterdrückten die sich rasch entwickelnde Christenbewegung nicht.
Durch die intensive Mission und die bemerkenswerte Ausbreitung kam es in der zweiten Jahrhunderthälfte zunehmend zu Konflikten mit der heidnischen Bevölkerung, was die Staatsmacht - erkennbar seit 80/90 - zu gelegentlichem Eingreifen veranlaßte. Dies betraf vor allem die Gemeinden
in Kleinasien und Rom.
Die neronische Verfolgung im Jahre 64 traf die Christen in Rom wegen der angeblichen Brandstiftung, nicht aufgrund ihrer Religion.
Die ersten Christenverfolgungen gingen von jüdischen Instanzen aus. Abgesehen von Aktionen gegen Führer der Judenchristen in Jerusalem traf sie dort vor allem die „Hellenisten“, weil diese sich
am auffälligsten aus dem jüdischen Religionsverband gelöst hatten.
Erst allmählich (seit 50/70) wurde die Umwelt auf die Unterscheidung von Christen und Juden
aufmerksam. Das hatte die juristische Konsequenz, daß für die Christen das jüdische Religionsprivileg (religio licita) nicht mehr galt.
Die stadtrömische Aktion unter Nero im Jahre 64 als Präjudiz
Mit der communis opinio der neueren Forschung ist zu betonen, daß es sich um ein lokales römisches Ereignis handelte. Man kann die neronische Verfolgung also nicht als Beginn der reichsweiten
und gesetzlich fundierten Christenverfolgungen betrachten.
Umstritten ist allerdings
1. dessen Bedeutung als Präjudiz für späteres staatliches Vorgehen oder als Begründung eines allgemeinen politischen Vorurteils und
2. die Frage, ob Nero dafür ein spezielles Gesetz gegen die Christen erließ, welches fortdauernde Gültigkeit behielt.
Tacitus berichtet:
Nach Neros Brandstiftung kamen Gerüchte auf, daß er selber der Brandstifter sei. Er versuchte diese Gerüchte zu zerstreuen, indem er Schuldige vorschob und sie bestrafte, Leute,
die das Volk Christen nannte. Die Christen wurden also nicht wegen ihrer Religion, sondern
wegen eines Verbrechens verfolgt. Nero konnte aber dergleichen nur wagen, weil im Volk
bereits Vorurteile gegen die Christen bestanden, ihnen also alles Schlimme zugetraut wurde.
Das ganze war eine lokale Polizeiaktion. Vor der Hinrichtung muß ein Prozeß oder ein Verhör stattgefunden haben. Tacitus sagt, daß die Christen gestanden und nicht nur der Brandstiftung überführt
wurden, sondern noch mehr des „odium generis humani“, des Hasses gegen das Menschengeschlecht.
Zweifellos wurden die Christen mit der neronischen Verfolgung zum ersten Mal einer breiten Öffentlichkeit bekannt als Verbrecher gemeinster Sorte. So entstand im allgemeinen Bewußtsein die
Gleichung „Christ = Verbrecher“.
Nach altkirchlichem Urteil (Euseb) gilt Domitian (81-96) als der zweite große Christenverfolger
gemäß dem schon von Tertullian ausgesprochenen Grundsatz, daß nur die bösen Kaiser die Christen
verfolgt, die guten jedoch die Verfolgung beendet hätten.
Auch unter Domitian hat es keine allgemeine Christenverfolgung gegeben. In seine Regierungszeit
fallen allerdings zahlreiche lokale Aktionen gegen die Christen (vor allem in Rom und Kleinasien).
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2. Allgemeine Christenverfolgungen unter Decius und Valerian
Unter den Kaisern Decius und Valerian kam es zwischen 250 und 260 zum Versuch der zentral gelenkten systematischen Ausschaltung der Christen. Die den Bestand des Reiches bedrohenden
Gefahren
- Verschlechterung der ökonomischen Situation,
- Bedrohung der Grenzen durch äußere Feinde,
- Auseinanderdriften der verschiedenen Reichsteile,
- Instabilität der politischen Führung,
führten zu Ansätzen einer Reformpolitik und zur Rückbesinnung auf altrömische Traditionen. Dies
implizierte eine Änderung der Religionspolitik durch Abkehr vom toleranten Synkretismus und
Betonung des Staatskults.
Restauration des Staatskultes durch Decius 249-251
Decius ordnete durch Gesetz ein allgemeines Bittopfer an, welches die Götter versöhnen sollte. Ungewöhnlich waren der Zwangscharakter und die universale Durchführung dieser Aktion, die implizit
- aber durchaus beabsichtigt - auch die Christen treffen mußte.
Ö Das Problem, ob Decius eine allgemeine kultische Neubelebung oder eine Christenverfolgung intendierte, ist definitiv nicht zu lösen.
Die Opferaktion sollte die Christen entweder religiös in das Reich integrieren oder als Staatsfeinde
eliminieren. Viele Christen nahmen am Opfer teil, so daß der Bestand der Kirche teilweise gefährdet wurde.
* die Verfolgung begann im Herbst 249, schwerpunktmäßig traf sie vor allem Bischöfe.
* die Quellen erwähnen nur einen Opferbefehl.
Zweck der vor allem im Jahre 250 ablaufenden Aktion war ein dreifacher:
1. die Gunst der römischen Götter wiederzuerlangen.
2. die religiöse Einheit des Reiches zu stärken.
3. das Christenproblem zu lösen.
Der Kaiser wollte jeden einzelnen Christen nicht die Kirche als Institution treffen. Opferten die
Verdächtigen, so verstärkte es die Wirkung des Bittopfers, weigerten sie sich, konnten sie damit als
Reichsfeinde entlarvt werden. Decius intendierte vorrangig die Integration der Christen, nicht ihre
Vernichtung.
Vor allem die Kleriker widerstanden. Viele wurden eingekerkert und galten darum als Bekenner
(confessores). Die Zahl der Hinrichtungen hielt sich in engen Grenzen.
Schlagartig beendet wurde die Verfolgung mit den Thronwirren, als Decius im Kampf gegen die
Goten im Juni 251 fiel.
Valerians Aktion gegen die kirchliche Organisation 257-259
Seit 253 betrieb er energisch die Festigung der politischen und militärischen Strukturen und zielte
auf eine Ausschaltung der Institution Kirche.
Valerian konzentrierte seine Maßnahmen auf den Klerus und die kirchliche Organisation.
Sein erstes Edikt vom Sommer 257 gebot allen Klerikern, die römischen Götter durch Opfer zu ehren.
Da Valerian wußte, daß gerade die Kleriker nicht opfern würden, zielte seine Anordnung darauf, der
Kirche die Führungskräfte und das religiöse Leben zu nehmen.
Jenes Ziel bekundet auch sein zweites, verschärfendes Edikt vom Sommer 258, das für Kleriker die
Todesstrafe bei Opferverweigerung bestimmte, die soziale Elite der Kirche treffen sollte und die
Ablieferung des kirchlichen Vermögens forderte.
Die Verfolgung fand ein rasches Ende, als Valerian im Herbst 259 bei Edessa in der Schlacht gegen
die Perser in Gefangenschaft geriet, in welcher er starb.
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Vierzigjährige Friedenszeit seit 260
Valerians Sohn und Mitregent Gallienus brauchte innenpolitische Ruhe und befahl 260 die Freilassung der Gefangenen und die Rückgabe der kirchlichen Liegenschaften. Sein Edikt brachte keine
grundsätzliche Toleranz, sondern bloß eine Rückkehr zum Zustand vor 257 bzw. 249, d.h. zu dem
durch Trajan fixierten rechtlichen Schwebezustand.
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