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Erwerbsminderungsrente
Normen
§ 43 SGB VI
Kurzinfo
Zum 01.01.2001 sind die früheren Renten wegen Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit abgeschafft und
durch die neuen Rentenarten "Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung" und "Rente wegen voller
Erwerbsminderung" ersetzt worden. Das neue Recht gilt immer dann, wenn der Rentenbeginn der
Erwerbsminderungsrente nach dem 31.12.2000 liegt.
Voll erwerbsgemindert sind diejenigen Versicherten, die weniger als drei Stunden täglich auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt tätig sein können.
Teilweise erwerbsgemindert sind diejenigen Versicherten, die zwischen drei und weniger als sechs Stunden
arbeiten können.
Bei voller Erwerbsminderung wird i.d.R. ein Anspruch auf die volle, bei teilweiser Erwerbsminderung auf die
halbe Erwerbsminderungsrente bestehen.
Neben dieser abstrakten sozialmedizinischen Betrachtungsweise kennt das Leistungsrecht noch die Rente
wegen voller Erwerbsminderung bei verschlossenem Teilzeitarbeitsmarkt und für die vor dem 02.01.1961
geborenen Versicherten, die Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung aufgrund Berufsunfähigkeit.
Information
Inhaltsübersicht
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
Zugangsvoraussetzungen
Die medizinischen Voraussetzungen
Arbeitsmarktrenten (konkrete Betrachtungsweise)
Der Berufsschutz
Was bedeutet Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung?
Die Rentenabschläge
Die Zurechnungszeit
Grundsätzlich Zeitrenten
Die Behandlung von Bestandsrenten
1. Zugangsvoraussetzungen
Zunächst ist zu sagen, dass die Zugangsbedingungen für die neue Rente wegen Erwerbsminderung an die
der bisherigen Renten wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit angelehnt wurden. Nach § 43 SGB VI besteht
ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn Versicherte
1. die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben (bis 31.12.2007 galt: "das 65. Lebensjahr noch nicht
vollendet haben"),
2. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
3. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine
versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt haben und
4. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben.
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Bis zum 31.12.2007 galt, dass der Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung, wie auch schon bei den
früheren Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrenten, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres der Versicherten
begrenzt war. Nach Vollendung des 65. Lebensjahres war somit eine Altersrente zu zahlen. Das Verfahren
zur Umwandlung der Erwerbsminderungsrente in eine Regelaltersrente wegen Vollendung des
65. Lebensjahres wurde von Amts wegen durchgeführt.
Auf der Grundlage des seit 1992 geltenden Rechts sind bis einschließlich 2007 Dauerrenten wegen
verminderter Erwerbsfähigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bewilligt worden. Seit dem
01.01.2008 besteht Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bis zum Erreichen der
Regelaltersgrenze.
Nach § 235 SGB VI wird die Regelaltersgrenze beginnend mit dem Jahrgang 1947 stufenweise vom 65. auf
das 67. Lebensjahr angehoben. Die Bestimmung der Vollendung des 65. Lebensjahres als Endzeitpunkt auf
Dauer bewilligter Erwerbsminderungsrenten entspricht damit nicht mehr dem geltenden Recht, wenn die
Berechtigten von der Anhebung der Regelaltersgrenze betroffen sind, also 1947 oder später geboren sind
und die Voraussetzungen für den Vertrauensschutz nicht erfüllen.
Ohne eine Änderung der Bescheide und der damit verbundenen Verlängerung der Bezugsdauer würde die
Rente mit Vollendung des 65. Lebensjahres enden. Die Regelaltersrente könnte dann nicht nahtlos im
Anschluss, sondern erst dann geleistet werden, wenn der Berechtigte die für ihn geltende Regelaltersgrenze
von 65 Jahren und zehn Monaten erreicht hat. Dies hätte eine Unterbrechung der Rentenzahlung zur Folge.
Änderungsbescheide erhalten Bezieher auf Dauer bewilligter Renten wegen Berufsunfähigkeit,
Erwerbsunfähigkeit, teilweiser Erwerbsminderung oder voller Erwerbsminderung,
• die nach dem 31.12.1946 geboren sind,
• deren Rente vor dem 01.01.2008 begonnen hat und
• deren Rentenbescheide vor dem 01.01.2008 erteilt wurden.
Die Umsetzung erfolgt in zwei Schritten:
• Rentenbeziehern, die im Jahr 1947 geboren sind, wurden Änderungsbescheide im Rahmen einer
gesonderten Aktion erteilt. Die Bescheide wurden bereits zwischen Mitte September und Ende
November 2010 versandt.
• Rentenbeziehern der Jahrgänge 1948 und jünger werden Änderungsbescheide individuell jeweils
unmittelbar nach Vollendung des 64. Lebensjahres erteilt.
Vor Eintritt der Erwerbsminderung müssen die Versicherten eine Mindestversicherungszeit (allgemeine
Wartezeit) von 60 Monaten bestehend aus Beitrags- und Ersatzzeiten zurückgelegt haben. Mindestens
36 Monate mit Pflichtbeiträgen müssen in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung liegen,
wobei dieser 5-Jahres-Zeitraum um Zeiten anrechenbarer Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung,
Zeiten anrechenbarer Schulausbildungszeiten, aber auch durch Zeiten wegen Arbeitsunfähigkeit oder
Arbeitslosigkeit in die Vergangenheit verlängert werden kann. In diesem verlängerten 5-Jahres-Zeitraum wird
dann erneut das Vorliegen von 36 Monaten Pflichtbeiträgen überprüft.
Die Möglichkeiten der vorzeitigen Wartezeiterfüllung aufgrund von Berufsunfällen bzw. Wehr- und
Zivildienstbeschädigungen, aber auch aufgrund von Unfällen im Privatbereich gem. den Vorschriften des
§ 53 SGB VI blieben von der Reform unangetastet. Ebenso besteht weiterhin die Möglichkeit der
Anwartschaftserhaltung für eine Rente wegen Erwerbsminderung gem. den Vorschriften des § 241 SGB VI .
Hiernach können beispielsweise durch Entrichtung von freiwilligen Beiträgen und somit der lückenlosen
Belegung seit dem 01.01.1984 die Ansprüche auf eine Rente wegen Erwerbsminderung erhalten werden,
sofern die allgemeine Wartezeit am 31.12.1983 vorlag. Zuvor sind jedoch die medizinischen
Voraussetzungen, also die teilweise bzw. volle Erwerbsminderung, zu überprüfen.
2. Die medizinischen Voraussetzungen
Das Leistungsvermögen des Versicherten ist zukünftig anhand seiner zeitlichen Einsatzfähigkeit zu
beurteilen. Als einheitliche Maßeinheit wird deshalb auf die Stundenzahl abgestellt. Die grundsätzliche
Ausgangsfrage zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit lautet:
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Ist der Versicherte noch in der Lage,
1. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
2. unter den dort üblichen Bedingungen
3. regelmäßig im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten?
Bei der Einschränkung des Leistungsvermögens sind allein gesundheitliche Gründe, wie z.B. Krankheit oder
Behinderung, maßgebend. Andere leistungsmindernde Ursachen (z.B. hohes Lebensalter) sind dagegen
unerheblich. Maßstab für die Feststellung des Leistungsvermögens ist die Erwerbsfähigkeit des Versicherten
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, d.h. in jeder nur erdenklichen Tätigkeit, die es auf dem Arbeitsmarkt gibt.
Es ist unerheblich, ob dem Versicherten ein entsprechender Arbeitsplatz auch tatsächlich zur Verfügung
steht. Hierbei kommen jedoch nur solche Tätigkeiten in Betracht, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt üblich
sind. Man spricht in diesem Zusammenhang von sog. abstrakter Betrachtungsweise.
Nach dem Wortlaut des § 43 Abs. 1 SGB VI sind die Versicherten teilweise erwerbsgemindert, die wegen
Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des
allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. In Abgrenzung zur
gesetzlichen Bestimmung der Rente wegen voller Erwerbsminderung ergibt sich für den Personenkreis der
teilweise Erwerbsgeminderten ein zeitliches Restleistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich.
Voll erwerbsgemindert i.S.d. § 43 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung
auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes
mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Voll erwerbsgemindert sind aber auch
1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI , die wegen der Art und Schwere ihrer Behinderung nicht
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der
Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
In all diesen Fällen der Erwerbsminderung muss die Einschränkung des Leistungsvermögens in einem
rentenrechtlich relevanten Ausmaß auf nicht absehbare Zeit vorliegen. Entsprechend der Regelung des § 101
Abs. 1 SGB VI ist hierunter ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten zu verstehen.
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass nach neuem Recht auch Selbstständige die Möglichkeit des
Bezuges einer Rente wegen voller Erwerbsminderung haben. Ein Ausschluss der vollen Rentenleistung bei
bestehender Selbstständigkeit wie nach dem vorherigen Recht ist nicht mehr geregelt (
Berufsunfähigkeitsrente ).
3. Arbeitsmarktrenten (konkrete Betrachtungsweise)
Die derzeitige Situation auf dem Arbeitsmarkt hat den Gesetzgeber bewogen, entgegen der ursprünglichen
Zielvorstellung die sog. Arbeitsmarktrenten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beizubehalten. Nach den
ursprünglichen Vorstellungen des Gesetzgebers ging dieser von der Öffnung des Teilzeitarbeitsmarktes in
den Jahren 2010 bis 2011 aus; vor dem Hintergrund der derzeitigen Wirtschaftssituation aufgrund der letzten
großen Finanzkrise dürfte diese wohl weiter auf sich warten lassen.
Versicherte, die noch mindestens drei Stunden, aber nicht mehr als sechs Stunden täglich erwerbsfähig sein
können, das verbliebene Restleistungsvermögen wegen Arbeitslosigkeit aber nicht in Erwerbseinkommen
umsetzen können bzw. denen ein entsprechender Arbeitsplatz nicht vermittelt werden kann, erhalten daher
eine volle Erwerbsminderungsrente (EM-Rente). Unter verschlossenem Arbeitsmarkt im Sinne dieser
konkreten Betrachtungsweise ist jedoch nicht nur Arbeitslosigkeit i.S.d. § 118 SGB III zu verstehen, sondern
auch das Fehlen eines dem Restleistungsvermögen entsprechenden Teilzeitarbeitsplatzes. Arbeitslos i.S.d.
rentenrechtlich relevanten konkreten Betrachtungsweise ist demnach derjenige Versicherte, der
• arbeitslos gemeldet ist,
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• dauernd arbeitsunfähig krank ist und dessen Arbeitsverhältnis nur noch aus formalen Gründen
besteht,
• in keinem Beschäftigungsverhältnis steht oder
• eine abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit mit einem monatlichen Entgelt bzw.
Arbeitseinkommen (seit dem 01.01.2013) bis zu 450,00 EUR und einer Arbeitszeit von weniger als
drei Stunden täglich bzw. 15 Stunden wöchentlich ausübt.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch die Auswirkung des "Teilzeit- und Befristungsgesetzes" (
TzBfG ), das am 01.01.2001 in Kraft getreten ist. Nach § 8 TzBfG haben Arbeitnehmer, deren
Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, einen Rechtsanspruch auf Verringerung der
vertraglichen Arbeitszeit, vorausgesetzt, der Arbeitgeber beschäftigt unabhängig von der Anzahl der
Personen in Berufsausbildung in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer. Sofern nicht betriebliche Gründe dieser
Änderung in eine Teilzeitbeschäftigung entgegenstehen, ist eine Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes
nicht gegeben und somit die Zubilligung einer Arbeitsmarktrente ausgeschlossen, es besteht demnach
lediglich Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Leistungsvermögen
bisheriger Beruf
unter drei Stunden
Leistungsvermögen
Allgemeiner Arbeitsmarkt
unter drei Stunden
unter drei Stunden
unter sechs Stunden
unter drei Stunden
sechs Stunden und mehr
unter sechs Stunden
unter sechs Stunden
unter sechs Stunden
sechs Stunden und mehr
sechs Stunden und mehr
4. Der Berufsschutz
sechs Stunden und mehr
Zustehende Rente
Volle Rente
Teilweise EM-Rente; volle
EM-Rente, wenn
arbeitslos
Keine Rente; teilweise
EM-Rente bei
Berufsschutz
Halbe Rente; volle
EM-Rente, wenn
arbeitslos
Keine Rente; teilweise
EM-Rente bei
Berufsschutz
Keine Rente
Bis zum 31.12.2000 galt i.R.d. Beurteilung von Ansprüchen auf Rente wegen Berufsunfähigkeit der sog.
Berufsschutz. Versicherte konnten anspruchsausschließend i.R.d. ihnen verbliebenen Leistungsvermögens
nur auf solche Tätigkeiten verwiesen werden, die ihnen vor dem Hintergrund des erlangten beruflichen Status
sozial zumutbar waren. Genau dieser Berufsschutz wurde mit der Reform der Erwerbsminderungsrenten
abgeschafft.
Aus Vertrauensschutzgründen hat der Gesetzgeber jedoch für die Gruppe der Versicherten, die bei
Inkrafttreten der Reform das 40. Lebensjahr vollendet hatten, dies sind die Versicherten, die vor dem
02.01.1961 geboren sind, den Berufsschutz über den § 240 SGB VI als Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit in das System der zweistufigen Erwerbsminderungsrente
eingebaut.
Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aufgrund Berufsunfähigkeit erhalten demnach Versicherte,
1. die zwar auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden erwerbsfähig sind (und
somit keinen Rentenanspruch dem Grunde nach hätten),
2. jedoch in ihrem bisherigen Beruf (dem sog. Hauptberuf) und in zumutbaren anderen Tätigkeiten, die
den Fähigkeiten und Kräften der Versicherten entsprechen, nur noch unter sechs Stunden täglich
erwerbsfähig sind.
5. Was bedeutet Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung?
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Der Rentenartfaktor bestimmt das Sicherungsziel der jeweiligen Rentenart im Verhältnis zu einer Altersrente.
Bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist der Rentenartfaktor aufgrund der
Lohnergänzungsfunktion dieser Rente 0,5. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung hat Lohnersatzfunktion
wie eine Altersrente, bei dieser Rente ist der Rentenartfaktor 1,0.
Somit wird - anders als nach den bis zum 31.12.2000 geltenden Bestimmungen zur Berufsunfähigkeitsrente die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung entsprechend dem verbliebenen Leistungsvermögen des
Versicherten i.H.d. halben Vollrente geleistet ( § 67 Nr. 2 SGB VI ).
6. Die Rentenabschläge
Die Erwerbsminderungsrenten wurden nach dem Willen der Gesetzgebung mit einer Abschlagsregelung
belegt, die mögliche Ausweichreaktionen verhindern sollen, weil mit dem 01.01.2001 sämtliche vorgezogenen
Altersrenten mit einer Verschiebung der Altersgrenze von bis zu 60 Monaten belegt worden sind. Abschläge
bei vorzeitigem, d.h. vor dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Zeitpunkt des verschobenen Rentenbeginns,
sind bei diesen Altersrenten möglich.
Wie bei den vorgezogenen Altersrenten wird auch bei den Renten wegen Erwerbsminderung über den
Zugangsfaktor der vorzeitige Rentenbezug geregelt. Der Zugangsfaktor 1,0 vermindert sich für jeden Monat,
den diese Rente vor dem 63. Lebensjahr in Anspruch genommen wird, um 0,003, dieses entspricht einer
Minderung um 0,3 % des Bruttorentenbetrages. Dieser Zugangsfaktor wird auf maximal 0,892 abgesenkt, was
bedeutet, dass bei einem Rentenbeginn vor dem 60. Lebensjahr des Versicherten eine Minderung der
Bruttorente von 10,8 % nicht überschritten wird.
Bei diesem verminderten Zugangsfaktor verbleibt es grundsätzlich auch bei einer Folgerente, wie z.B. bei der
Umwandlung in eine Altersrente. Beginnt die Rente wegen Erwerbsminderung erst nach dem vollendeten
63. Lebensjahr des Versicherten, wird der Zugangsfaktor nicht gekürzt.
Nach dem seit dem 01.01.2008 geltenden Recht bei Renten wegen Erwerbsminderung beläuft sich ab
01.01.2024 der Abschlag bei einem Rentenbeginn vor dem 62. Lebensjahr auf 10,8 %. Für die Bestimmung
des Zugangsfaktors wurde damit der maßgebende Beginn des Zeitraums, aus dem sich die Verminderung
des Zugangsfaktors berechnet, um zwei Jahre erhöht. Gleichzeitig wurde auch das Lebensalter, bis zu dem
sich bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit eine Rentenminderung errechnet, auf das
65. Lebensjahr festgesetzt.
Wie auch nach der aus dem bis zum 31.12.2007 geltenden Recht abgeleiteten Systematik beträgt bei Beginn
einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem 62. Lebensjahr und vor dem 65. Lebensjahr der
Abschlag in Abhängigkeit vom Monat des Rentenbeginns zwischen 10,5 und 0,3 %.
Die Änderungen in § 77 Abs. 2 und 3 SGB VI i.d.F. vom 01.01.2008, die die Renten wegen
Erwerbsminderung betreffen, finden aufgrund der Übergangsvorschrift des § 264c SGB VI erst bei einem
Rentenbeginn ab dem 01.01.2024 Anwendung, vorher, d.h. seit 01.01.2012, gilt eben diese
Übergangsvorschrift.
Die Minderung des Zugangsfaktors bei Erwerbsminderungsrenten war Gegenstand mehrerer
sozialgerichtlicher Verfahren und zweier Verfahren beim Bundesverfasungsgericht (BVerfG). Das BVerfG hat
mit Beschluss vom 11.01.2011 entschieden, dass die Minderung des Zugangsfaktors bei Renten wegen
verminderter Erwerbsfähigkeit nach § 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB VI auch bei einem Rentenbeginn vor dem 60.
Lebensjahr verfassungsgemäß ist ( Beschluss vom 11.01.2011 - 1 BvR 3588/08 und - 1 BvR 555/09 ). Die
Verfassungsbeschwerde (1 BvR 642/09), die gegen die Entscheidung des BSG, 14.08.2008 - B 5 R 98/07 R
zu Abschlägen bei Hinterbliebenenrenten gerichtet war, wurde vom BVerfG nicht zur Entscheidung
angenommen. Die Berücksichtigung eines geminderten Zugangsfaktors ist somit zulässig.
7. Die Zurechnungszeit
Zweck der Zurechnungszeit ist der Ausgleich von Einbußen bei der Rentenhöhe aufgrund eines frühen
Eintritts des Leistungsfalls der Erwerbsminderung. Der durch den verringerten Zugangsfaktor bedingte
Rentenabschlag wurde durch eine Verlängerung der Zurechnungszeit teilweise wieder ausgeglichen, anders
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als bei den Renten wegen Berufs- bzw. Erwerbsminderung nach dem Recht bis 31.12.2000 wurde die
Zurechnungszeit auf nunmehr den kompletten Zeitraum vom Eintritt der Erwerbsminderung bis zum
60. Lebensjahr erweitert.
Mit dem Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung
(RV-Leistungsverbesserungsgesetz – BGBl I, Nr. 27/2014, S. 787-790) wurden zum 01.07.2014 Änderungen
im Leistungsbereich der gesetzlichen Rentenversicherung vorgenommen. Zur besseren Absicherung von
Erwerbsgeminderten wird seit diesem Zeitpunkt die Zurechnungszeit ( § 59 SGB VI ) um zwei Jahre
verlängert. Künftig wird bei einer Rente wegen Erwerbsminderung die Zurechnungszeit vom Eintritt der
maßgebenden Erwerbsminderung bis zum 62. Lebensjahr angerechnet. Entsprechendes gilt für
Hinterbliebenenrenten.
Des Weiteren wird künftig eine zusätzliche Vergleichsbewertung (vgl. § 73 Satz 1 SGB VI ) ohne die letzten
vier Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung vorgenommen, um zu verhindern, dass sich diese Zeit negativ
auf die Rentenhöhe auswirkt. Durch diese Änderung wird sichergestellt, dass Einkommensminderungen (z.B.
durch Wegfall von Überstunden, Wechsel in Teilzeitarbeit, Krankheit oder Arbeitslosigkeit) in den letzten vier
Jahren vor dem Eintritt der Erwerbsminderung bei Renten wegen Erwerbsminderung bzw. bei
Hinterbliebenenrenten den Wert der beitragsfreien Zeiten (insbesondere der Zurechnungszeit) nicht
verringern.
8. Grundsätzlich Zeitrenten
Nach § 102 Abs. 2 SGB VI sind die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundsätzlich als Zeitrenten
zu gewähren. Die Befristung erfolgt für höchstens drei Jahre und darf bei sich anschließenden Befristungen
eine Höchstdauer von neun Jahren nicht überschreiten. Danach ist aus medizinischen Gründen von einer
Dauerhaftigkeit der Erwerbsminderung auszugehen. Eine unbefristete Leistung ist nur möglich, wenn
unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann und der jeweilige
Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht. Arbeitsmarktrenten sind jedoch generell
zu befristen.
Im Gegensatz zum bisherigen Recht kommt es für die Zeitrentengewährung nicht mehr darauf an, ob der
Versicherte innerhalb von zwei Jahren nach Rentenbeginn das 60. Lebensjahr vollendet. Eine Befristung
ohne Angabe des Wegfallzeitpunktes ist auch möglich in den Fällen, in denen zum Zeitpunkt der Bewilligung
das Ende einer zu erbringenden Leistung zur Rehabilitation noch nicht feststeht. In diesen Fällen endet die
Rente mit dem Ende des Kalendermonats, in dem die Leistung zur Rehabilitation endet ( § 102 Abs. 2a
SGB VI ).
9. Die Behandlung von Bestandsrenten
Versicherte, die am 31.12.2000 bereits einen Anspruch auf eine Rente wegen Berufs- oder
Erwerbsunfähigkeit hatten, sind von den Neuregelungen nicht betroffen. Diese Ansprüche bestehen bis zur
Vollendung des 65. Lebensjahres weiter, solange die Voraussetzungen vorliegen, die für die seinerzeitige
Rentenbewilligung maßgebend waren. Bei befristeten Renten gilt dieses auch nach Ablauf der Frist, sofern
diese Rente nahtlos weitergezahlt wird.
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