klicken

Transcrição

klicken
Die Schweizer Casinos 2011 im Zahlenspiegel
Das Wunder Courrendlin
D
Die Bilanz der 19 Schweizer Casinos hat
sich auch 2011 weiter geschmälert: Nur
gerade zwei Casinos konnten das Jahr
mit einem Plus abschliessen. Fribourg
und Courrendlin, beide im Besitz der
französischen Lucien Barrière Gruppe.
Ausgerechnet jenes kleinste Casino, welchem bei der Konzessionsverteilung die
geringsten wirtschaftlichen Chancen zugemutet wurden, sorgt seit Jahren für ein
wahres Wunder. Courrendlin ist ein Dorf
mit lediglich 2511 Einwohnern, besteht
zu 45% aus Landwirtschaft, 41% Wald
und lediglich 13% Siedlungen. Die Einheimischen gehen harter Arbeit nach, im
Maschinenbau, im Eisenwerk, im Kiesabbau oder im Steinbruch des bekannten Jurakalksteins.
Allein seit 2008 im Plus
Eigenartiger könnte ein Casinostandort gar nicht sein und dennoch kann der
Ort stolz sein auf sein französisches
«Casino Jura» – als einziges aller Ca-
sinos hat dieses nämlich seit 2008 eine
stete Umsatzsteigerung vorzuweisen:
17,6% (2008), 2,6% (2009), 1,2% (2010)
und 9,7% 2011.
Ähnlich erfolgreich war nur noch
Fribourg, welches 2008, 2009, 2010 und
2011 ein Plus erreichte, dabei aber, wie
alle anderen 17 Casinos den Stand von
2008 bisher nie mehr erreicht hat. Mendrisio, Locarno, Schaffhausen, St. Moritz und Davos schreiben dabei sogar
seit 2008 jedes Jahr ein Minus.
6 SWISS GAMING MAGAZINE
23,5 (– 4,6%)
24,7
20,8 (– 2,3%)
21,3
14. Montana
26,7 (– 7,9%)
29
12. Locarno
13. Bad Ragaz
27,5 (+ 2,6%)
26,8
40,3 (– 2,5%)
41,3
10. ST.GALLEN
11. Fribourg
41,9 (– 0,6%)
42,2
9. Pfäffikon
48,2 (– 1,4%)
48,9
8. LUZERN
58 (– 2,3%)
59,4
7. BERN
67,4 (– 3%)
69,4
6. Meyrin
68,2 (– 15,9%)
81
5. LUGANO
72,6 (– 10,8%)
81,4
4. Mendrisio
82,4 (– 9,6%)
91,2
3. BASEL
93,5 (– 3,7%)
97
2. MONTREUX
1. BADEN
103,7 (– 1,4%)
105,2
Schweizer Casinos – Bruttospielertrag (BSE) 2011 bzw. 2010 in Millionen
Bruttospielertragsentwicklung 2008 – 2011
Courrendlin
Fribourg
Pfäffikon
Baden
Bern
Luzern
St. Gallen
«Binnen-Casinos»
Interlaken
Davos
Montreux
St. Moritz
Locarno
Basel
Lugano
Meyrin
Schaffhausen
Mendrisio
5%
Bad Ragaz
«Tourismus-Casinos»
Crans-Montana
Grenznahe Casinos
15%
– 5%
– 15%
– 25%
– 35%
(Differenz in % in Klammer)
2,7 (– 14,2%)
3,1
19. Davos
3,5 (– 13,9%)
4
18. St. Moritz
12,2 (– 3,9%)
12,7
17. Interlaken
12,7 (– 2,6%)
13
16. Schaffhausen
15 .Courrendlin
18,6 (+ 9,7%)
17
● 2011
● 2010
A-CASINOS
B-Casinos
Das einfache Erfolgsrezept
Swiss Gaming Magazine hat sich damit
befasst, wie Courrendlin diesen anhaltenden Höhenflug schafft. Erstaunlich dabei ist, dass dieses Mini-Casino alles andere als der allgemeinen Vorstellung,
dass ein Casino Glanz und Gloria aufweisen muss um erfolgreich zu sein. Das
Gegenteil ist der Fall. Das Casino liegt
zwar ausserhalb des Dorfs direkt an einem Kreisel ist aber dennoch auf den ersten Blick nur schwer als Casino zu erkennen. Das Gebäude gleicht eher einer
Abstellhalle, hinter dem Casino Abfallcontainer und Parkstreifen die einfach
auf die Zufahrtstrasse gemalt sind.
Es mag sein, dass gerade all dies ausschlaggebend ist, dass das Casino schon
früh am Tag sehr gut besucht ist. Gäste,
die zu diesem Haus und dieser Region
passen. Einfache Menschen die im Casino nicht nur Automaten antreffen sondern in dem auch eine Art soziales Netz
gefunden haben. Dies in einer Region in
der wenig los ist und in der, fast schon
wie im benachbarten Frankreich typisch,
jeder jeden kennt und umarmt. Offensichtlich hat Betreiber Lucien Barrière
das richtige Feeling gespürt. Das Innere
des Casinos ist billig aber dennoch gemütlich – was einmal mehr bestätigt,
dass es für den Spieler absolut nicht
wichtig ist wie ein Casino aussieht. So
wäre ein pompöses Casino in dieser Region am falschen Platz.
Casino mit Menschlichkeit
Entsprechend ist auch der Mix der Automaten, die Abteilung zum Smoker-Teil,
Stühle auf denen der Spieler gerne sitzen
bleibt. Und dass er bleibt, dafür sorgen
auch Automaten an denen mit 0,01 Franken-Einsätzen stundenlang gespielt werden kann ohne dabei ein Vermögen zu
verlieren. Dafür sorgt auch das übrige
Umfeld: Sehr charmantes Personal, das
nicht auf Kleideraussehen achtet und den
Gästen Café und andere Getränke, Kuchen und Früchte kostenlos offeriert. Dazu Wettbewerbe, Jackpots die in kurzen
Abständen fallen, gratis Parkplätze und
anderes mehr. Die Spielsucht ist in diesem Casino mit Sicherheit tief: Die Besucher sehen so aus, als würden diese
hart arbeiten und daher kaum über ihren
Möglichkeiten spielen. Dafür finden sie
in diesem speziellen Casino nicht nur
Vergnügen am Automaten sondern suchen, so scheint es – wenn man dieses Casino mehrmals besucht hat – vor allem
auch Menschlichkeit wie sie in anderen
Regionen nicht mehr zu finden sind.
BSE der Schweizer Casinos sank
erneut um 5,1 Prozent
Insgesamt mussten die Schweizer Spielbanken einen Bruttospielertrags-Rückgang von 5,1 Prozent hinnehmen (von
CHF 869 Mio. auf CHF 824 Mio.). Baden
konnte seine Spitzenposition ausbauen,
da es im Vergleich zu seinen Verfolgern
SWISS GAMING MAGAZINE 7
BSE-Umsatz nach Gruppen
1. Lucien Barrière F
(Montreux, Courrendlin, Fribourg)
CHF 139,6 Mio.
2. Novomatic A
(Mendrisio, Bad Ragaz, Locarno)
CHF 122,8 Mio
3. Grand Casino Baden
103,7 Mio
4. Swiss Casinos (Pfäffikon/SZ,
St. Gallen, Schaffhausen, St. Moritz)
97,9 Mio
5. Group Partouche F
(Genf-Meyrin, Crans-Montana)
88,2 Mio
6. Group Tranchant F (Basel)
82,4 Mio
7. Casinò Lugano
68,2 Mio
8. Grand Casino Bern
58,0 Mio.
9. Grand Casino Luzern
48,2 Mio
10. Casino Interlaken
12,2 Mio
11. Casino Davos
2,7 Mio
weniger Einbussen zu verzeichnen hatte
(von CHF 105.2 Mio. auf 103.7 Mio.).
Einzig zwei Casinos konnten ihre Vorjahreswerte übertreffen, wobei Courrendlin mit einem Plus von über 9% heraussticht. Der grösste Verlierer ist das
Casino Lugano, das nach der Steigerung
im Vorjahr im Jahr 2011 einen massiven Taucher von über 15 Prozent ausweist. Bei einer weitergehenden Analyse
der Bruttospielerträge fällt auf, dass sich
grob drei Gruppen von Casinos bilden
lassen, die sich unterschiedlich entwickelt haben:
• Grenznahe Casinos, die einen hohen
Anteil ausländischer Gäste aufweisen,
• «Tourismus-Casinos» an von Touristen frequentierten Standorten und
• «Binnen-Casinos» mit primär schweizerischem Einzugsgebiet und nur begrenzt ausländischen Gästen
Abbildung BSE-Entwicklung zeigt, wie
sich die Bruttospielerträge dieser drei
Gruppen zwischen 2008 und 2011 entwickelt haben. Die grössten Einbussen erlitten – wenig überraschend – die grenznahen Spielbanken mit Einbussen zwi-
8 SWISS GAMING MAGAZINE
schen 18 und 33 Prozent. Die Gründe
sind bekannt: Rauchverbot, Finanzkrise,
Wechselkursentwicklung und Konkurrenz durch ganze Batterien von Geldspielautomaten hinter den Grenzen von Italien,
Deutschland und Österreich. Finanzkrise
und Wechselkursentwicklung dürften
auch die wichtigsten Gründe für die Einbussen der «Tourismus-Casinos» sein.
Insgesamt litt diese Gruppe indessen nicht
so stark wie die grenznahen Casinos. Am
besten behauptet haben sich die BinnenCasinos. Bis auf Courrendlin verzeichnet aber auch diese Gruppe Einbussen.
«Goldene Zeiten» sind vorbei
Die «goldenen Zeiten» der Jahre 2007
und 2008 dürften bis auf weiteres vorbei
sein. Sorgen um die Schweizer CasinoBranche muss sich aber wohl niemand
machen. Die Renditen – für die ausländisch dominierten Investoren – waren
während einiger Jahre sehr hoch. Wenn
die Erträge jetzt etwas geringer sind, ist
die Wirkung auf Renditen der Betreiber
aufgrund der «abfedernden» ertragsabhängigen Spielbankenabgabe nicht allzu
drastisch.
Erkennt ESBK endlich die wirtschaftlichen Zusammenhänge?
Aus unternehmerischer Sicht dürfte es
wichtiger sein, dass die Spielbankenkommission für mehr Planungssicherheit sorgt. Die Vergabe der zusätzlichen
Konzessionen in Neuenburg und Zürich
oder der Versuch, mit Poker einen ganzen Casinoangebotsbereich freizugeben
bzw. dem Exklusivbetriebsrecht der Spielbanken zu entziehen, stellen erhebliche
Veränderungen der Rahmenbedingungen dar. Ähnliches gilt für die geplante
Vergabe von Internet-Spielbankenkonzessionen. Planungssicherheit und verbindliche Perspektiven, auch für die Zeit
nach dem Ablaufen der Konzessionen,
dürften Voraussetzungen dafür sein, dass
die – immer noch zu einem grossen Teil
ausländisch dominierten – Konzessionäre
sich mit Vehemenz gegen die Ertragseinbussen stemmen und die entsprechenden
Investitionen tätigen. Es ist – auch im
Interesse der Finanzierung der AHV – zu
hoffen, dass die ESBK diese wirtschaftlichen Zusammenhänge erkennt.
_______________________ JAMES GRAF