Patienteninformation - Hochtaunus

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Patienteninformation - Hochtaunus
Klinik für Allgemein-, Visceral-,
Thorax- und Gefäßchirurgie
- Zentrum für minimal-invasive Chirurgie Chefarzt PD Dr. Jörg Johannes Höer
Hochtaunus-Kliniken gGmbH
Urseler Straße 33, 61348 Bad Homburg
Tel. 06172 / 14-3131, Fax 06172 / 14-4646
E-Mail: [email protected]
20.08.2009
Patienteninformation
Häufig gestellte Fragen zu Durchblutungsstörungen
Kalte Füße, taube Finger und Füße! Was steckt dahinter?
Vor allem Frauen klagen über oben genannte Symptome, die in der Regel durch eine Überreaktion des vegetativen Nervensystems verursacht werden. Hierbei ziehen sich durch eine Nervenfehlsteuerung die kleinen Gefäße zusammen. Dadurch werden diese weniger durchblutet, in schwerster Ausprägung können die
Finger sogar völlig von der Blutversorgung abgeschnitten werden, sind weiß und sehr schmerzhaft.
Die vegetative Drosselung der Durchblutung war für die Menschen in ihrer Entwicklungsgeschichte bei großer Kälte eine lebenswichtige Funktion, da der Körper versuchen muss, seine Kerntemperatur von 37 °C
unter allen Umständen zu erhalten. Bei den betroffenen Personen reagiert der Körper aber schon bei minimaler Abkühlung, so dass kalte Füße und Hände resultieren.
Warum gerade junge Frauen davon betroffen sind, ist nicht geklärt. Man kann regelmäßig solche Erscheinungen aber sehr gut behandeln, indem man die entsprechenden Reize bewusst auslöst. Durch Wassertreten in einer Badewanne mit kaltem Wasser kann so die Reizschwelle zur Auslösung dieser Reaktion enorm
angehoben werden, so dass die Finger und Füße nicht auf so leichte Reize reagieren. Auch Wechselduschen, d. h. abwechselnd heiß und kalt, haben einen ähnlichen Effekt.
Können kalte Füße auch auf andere krankhafte Veränderungen hinweisen?
Ja. Vor allem bei älteren Menschen bestehen infolge der Arterienverkalkung (Arteriosklerose) Engstellen in
den Schlagadern, wodurch vor allem die vom Herzen weit entfernten Körperregionen (Hände und Füße)
geringer oder kaum durchblutet werden. Das Ergebnis ist gleichermaßen Kältegefühl. Im Unterschied zur
oben genannten nervlichen Ursache der Störung bestehen bei Arterienverkalkung vor allem in den Beinen
aber auch Muskelschmerzen, die durch Bewegung auslösbar sind.
Ab welchem Alter tritt Arteriosklerose („Gefäßverkalkung“) auf?
Amerikanische Studien haben gezeigt, dass bereits im Alter von weniger als 30 Jahren eine Arteriosklerose
vorliegen kann.
Wie kann man selbst erkennen, ob bereits Durchblutungsstörungen vorliegen?
Geringe oder beginnende Veränderungen der Gefäße machen dem Betroffenen keinerlei Beschwerden, so
dass erst bei fortgeschrittener Erkrankung oben genannte Beschwerden auftreten. Typische Anzeichen sind
Schmerzen der Beine beim Treppensteigen oder Wadenschmerzen bei raschem Gehen.
Wodurch entstehen diese Muskelschmerzen?
Durch Muskelarbeit steigt der Nährstoff- und Sauerstoffbedarf in den Muskeln. Dieser erhöhte Bedarf muss
durch erhöhte Blutzufuhr gedeckt werden. Dies wird durch eine vermehrte Herzarbeit und Weitstellung der
Muskelarterien gewährleistet.
Im Falle einer Schlagaderverkalkung mit Engstellungen zwischen Herz und Muskulatur ist diese Steigerung
des Blutflusses in den Muskeln nicht möglich, da an den Engstellungen der kranken Gefäße zu wenig Blut
passieren kann. Es kommt zu Sauerstoffmangel sowie Nährstoffmangel. Die Muskulatur wird „sauer“ und
schmerzhaft.
Warum gibt es solche Muskelschmerzen an den Beinen auch nachts ohne Belastung?
Bei fortgeschrittener Arterienverkalkung reicht der nachts übliche Abfall des arteriellen Blutdrucks aus, um
die Durchblutung in die Muskeln so stark einzuschränken, dass der Ruhebedarf der Muskulatur auch ohne
Betätigung nicht mehr gedeckt werden kann. Die Folge sind dann erneut Muskelschmerzen, vor allem in den
Waden und Oberschenkeln.
Können Schmerzen durch Mangeldurchblutung auch an anderen Körperstellen entstehen?
Ja. Auch andere Körperregionen können Schmerzen bereiten, wenn die Gefäße dort verengt sind, z. B. der
so genannte Raucherbauch. Hier bestehen als Folge der Sucht generalisierte Gefäßveränderungen, also
auch in den Eingeweideschlagadern. Nach dem Essen steigt der Blutbedarf des Darmes, wegen der eingeschränkten Blutversorgung kommt es zu Sauerstoffmangel in der Darmwand, woraus starke, krampfartige
Bauchschmerzen resultieren.
Viele ältere Menschen klagen über geschwollene Knöchel und „Wasser in den Beinen“; sind diese
Beschwerden auch Folgen einer Mangeldurchblutung?
Nein. „Wasser in den Beinen“ oder geschwollene Knöchel, vor allem nach langem Stehen, deuten auf eine
gestörte Pumpfunktion des Herzens hin. Es entsteht in einem solchen Fall vor dem Herzen ein Rückstau des
zurückfließenden Blutes bis in die Beine mit erhöhtem Blutdruck in den Venen, so dass weniger Flüssigkeit
aus dem Körpergewebe in die Venen aufgenommen wird. Die Flüssigkeit verbleibt im Körpergewebe, dieses
wird in der Folge vor allem in den Unterschenkeln „aufgeschwemmt“.
Weitere Ursachen für dicke Beine sind Venenerkrankungen. Durch Vorliegen eines Venenklappenschadens
oder eine Abflussbehinderung (Blutgerinnsel in den großen abführenden Becken- oder Beinvenen) wird ungenügend Blut zum Herzen transportiert. Es resultiert erneut eine Stauung des Blutes. Die häufigste Form
dieser Art von Erkrankung sind Krampfadern.
Wie entstehen Krampfadern und wieso sind vor allem Frauen betroffen?
Faktoren für die Ausbildung von Krampfadern sind häufig eine angeborene Bindegewebsschwäche und allgemeine Bewegungsarmut, z. B. bei Personen, die ihrer täglichen Arbeit im Sitzen nachgehen. Im Normalfall
gelangt das Blut aus der Körperperipherie in das Venensystem und wird u. a. durch die Bewegung der Muskeln (sog. Muskelpumpe), ähnlich einem Aufzug, zum Herzen zurücktransportiert. Hierbei verhindern nur in
eine Richtung durchgängige Venenklappen den Rückfluss des Blutes in die Beine bzw. in die Arme. Sind
diese nicht vorhanden oder durch Bindegewebsschwäche im Laufe des Lebens funktionsunfähig geworden,
tritt infolge des freien Blutflusses ein erhöhter Druck im Venensystem auf, der die unter der Haut gelegenen
Venen langsam aufweitet. Es entstehen Krampfadern.
Das häufige Neuauftreten von Krampfadern während der Schwangerschaft ist zum einen auf die hormonelle
Umstellung mit dadurch resultierender Erhöhung der Blutmenge sowie der für die Geburt nötigen allgemeinen Bindegewebsauflockerung zurückzuführen. Zusätzlich ist bei Schwangeren der venöse Rückfluss des
Blutes aus den Beinen zum Herzen durch das Kind im Bauch behindert. Oftmals bilden sich die Krampfadern
optisch nach der Schwangerschaft zurück, die bereits stark geschädigten Venenklappen bleiben aber funktionsgestört, so dass sich langfristig neue Krampfadern ausbilden. Daher sollten bei der Schwangerschaft
aufgetretene Krampfadern phlebologisch abgeklärt werden um auszuschließen, dass die Erkrankung schleichend fortschreitet.
Können Kopfschmerzen oder Migräneattacken von Durchblutungsstörungen ausgelöst werden?
Nein. Migränekopfschmerzen beruhen auf einer kurzfristigen Fehlsteuerung der kleinen Hirngefäße. Hierbei
entsteht in den Muskelzellen der Gefäßwand ein akuter "Gefäßkrampf", den der Patient als Kopfschmerz
wahrnimmt. Die genauen Zusammenhänge dieser Störungen sind noch nicht geklärt.
Was haben Schwindelanfälle mit der Hirndurchblutung zu tun?
Schwindel kann durch eine Vielzahl verschiedener Mechanismen ausgelöst werden. So können eine mangelhafte Blutdruckregulation im arteriellen Kreislauf oder eine Störung des Gleichgewichtsorgans im Innenohr Schwindelattacken auslösen. Sobald diese und weitere häufige Ursachen für die Schwindelattacken
ausgeschlossen wurden, müssen auch Arterienverkalkungen (Arteriosklerose der hirnversorgenden Gefäße)
als seltene Ursache für die Beschwerden ausgeschlossen werden.
Was sind eindeutige Anzeichen für eine Mangeldurchblutung des Gehirns?
Typische und spezifische Zeichen für eine kritische Mangeldurchblutung des Gehirns sind zeitweilige Lähmungserscheinungen oder Taubheitsgefühle in einem Arm oder Bein. Diese können wenige Minuten bis
dauerhaft auftreten (in letzterem Fall bedeutet dies, dass bereits Teile des Gehirns aufgrund der Durchblutungsstörung abgestorben sind = Schlaganfall).
Weitere typische Beschwerden sind kurzzeitige einseitige Störungen in der Gesichtsmimik (z. B. einseitiges
Herunterhängen des Mundwinkels) sowie plötzliche Sprach- oder einseitige Sehstörungen. Sind solche
flüchtigen Zeichen aufgetreten, muss dringend eine kritische Durchblutungsstörung des Gehirns ausgeschlossen werden, da derartige Zeichen vielfach Vorboten eines Schlaganfalls sind.
Kann auch zu wenig Trinken zu Durchblutungsstörungen führen oder diese fördern?
Ja, weil durch Flüssigkeitsmangel das Blut „eingedickt“ und zähflüssiger wird, also dadurch der Blutfluss in
den kleinsten Gefäßen insgesamt verlangsamt wird bzw. entstehende kleine Gerinnsel kleine Gefäße verlegen können. Patienten mit Gefäßerkrankungen oder Neigung zu Venenthrombosen müssen ganz besonders
darauf achten, ausreichend zu trinken, insbesondere wenn ein erhöhter Flüssigkeitsverlust (Sauna, Urlaubsreisen in heiße Länder) gegeben ist. Bei Durchblutungsstörungen des Gehirns sollte auch nachts getrunken
werden, da sonst bis zum Morgen der Flüssigkeitsgehalt des Blutes zu stark abnehmen kann, auch weil vor
allem nachts die Harnproduktion natürlicherweise verstärkt wird. Dementsprechend treten Schlaganfälle
vermehrt in den Morgenstunden auf.
Merke: Bei Durchblutungsstörungen des Gehirns gehört die Mineralwasserflasche auf den Nachttisch.
Wie kann man ganz allgemein Durchblutungsstörungen vorbeugen?
Wichtigster Punkt hierbei ist das Ausschalten bzw. Vermeiden von Risikofaktoren: Rauchen, erhöhter arterieller Blutdruck, erhöhte Blutfettwerte, erhöhte Harnsäure, erhöhte Blutzuckerwerte oder Übergewicht sowie
übermäßiger Stress sind allgemein anerkannte Faktoren, die Arteriosklerose („Gefäßverkalkung“) fördern.
Ausreichend viel Bewegung, vor allem sportliche Betätigung, beeinflusst hingegen neben der Stärkung der
Kreislauffunktion auch die Durchblutung langfristig positiv.
Welche Medikamente helfen bei Mangeldurchblutung?
Allgemein anerkannt und teils durch sehr aufwendige Studien belegt ist die Wirkung der Azetylsalizylsäure,
welche auch in höherer Dosis als Schmerzmittel (Aspirin) verwendet wird. Azetylsalizylsäure verhindert die
Verklebung von Blutplättchen zu großen Klumpen in den Gefäßen, welche zu kleinen Gefäßverschlüssen
oder zumindest zu einer Verschlechterung des Blutflusses führen können.
Bei Durchblutungsstörungen im Bereich der Venen, wie auch bei tiefen Beinvenenthrombosen, wird häufig
der Wirkstoff Heparin in Form von Spritzen in das subcutane Fettgewebe oder in Form von intravenösen
Gaben verwandt.
Zur Verbesserung der allgemeinen Flusseigenschaften des Blutes werden so genannte Plasmaexpander
verwendet, deren Wirkung über das Halten von zusätzlichen Wassermengen im Blutsystem und somit über
eine Verflüssigung des Blutes zustande kommt. Vorbeugende Wirkung wird den Vitaminen A, C und E sowie
Omega-3-Fettsäuren (Fischölkapseln oder Schwarzkümmelöl) zugeschrieben.
Wann ist ein chirurgischer Eingriff zur Verbesserung der Durchblutung unumgänglich?
Chirurgische Eingriffe sind in besonders schweren Fällen von Durchblutungsstörungen mit Gewebsuntergang oder durchblutungsbedingte Schmerzen schon in Ruhe an Händen und Füßen unumgänglich, wenn
andere Möglichkeiten (z. B. Ballonkatheteraufdehnung oder Auflösung eines Gerinnsels im Gefäß durch
Medikamente) ausgeschlossen sind. In solchen Fällen wird eine Gefäßoperation mit Umgehung des verschlossenen Bezirks über einen Bypass entweder aus einer körpereigener Vene oder aus Kunststoffmaterial
durchgeführt.
Ob eine Durchblutungsstörung konservativ, d.h. mit Medikamenten, oder interventionell, d.h. ohne größere,
offene Operationen, aber mit Eingriffen wie Ballonkatheteraufdehnung oder Einbringung von im Gefäß liegenden Gitterrohren oder Kunststoffrohren (Stents), die richtige Therapie ist, oder ob eine offene Operation
mit Anlage eines Bypasses oder Ersatz des Gefäßes durch ein Kunststoffgefäß notwendig ist, hängt jeweils
vom speziellen Fall ab, d.h. vom Ort der betreffenden Gefäßveränderung sowie vom Ausmaß der Beschwerden.
Wichtig zu wissen ist, dass die einzelnen Therapieverfahren meist nicht alternativ eingesetzt werden können,
sondern für eine bestimmte Art von Durchblutungsstörung jeweils eine bestimmte Behandlungsform überlegen ist. In speziellen Einzelfällen können verschiedene Behandlungsmethoden auch ergänzend angewandt
werden.
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