SchiedsamtsZeitung - Bund Deutscher Schiedsmänner und

Transcrição

SchiedsamtsZeitung - Bund Deutscher Schiedsmänner und
SchiedsamtsZeitung
Online-Archiv
61. Jahrgang 1990, Heft 07
Seite 104a-108
Organ des BDS
Bund Deutscher Schiedsmänner und
Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ‹ 44704 Bochum
www.schiedsamt.de ‹ [email protected]
Fälle aus der Praxis
Veröffentlichung von
Entschuldigungen in der
Tagespresse
Schm. P. in B.
Mit Befremden habe ich festgestellt,
dass es Schiedsleute gibt, die die
Veröffentlichung solch einer Anzeige in
einen Vergleich aufnehmen (Anzeige
war dem Brief beigefügt). Natürlich
kann der einzelne Schiedsmann/trau
den Personenkreis, der Kenntnis über
die beteiligten Parteien erhält, nicht
begrenzen — eine Veröffentlichung in
der Zeitung sollte man aber nicht
fördern. Im weitesten Sinne sehe ich
hier einen Verstoß gegen § 23 SchO
NW. M.E. sollte dem Antragsteller, der
einen Widerruf in der Zeitung verlangt,
grundsätzlich die nach § 29 SchO NW
vorgesehene Abschrift aus dem
Protokoll ausgehändigt werden. Diese
von mir praktizierte Maßnahme hat
sich bewährt, und der Antragsteller
wird nicht an den Pranger gestellt.
Über eine Stellungnahme des BDS in
einer der nächsten
Schiedsmannszeitungen , wäre ich
dankbar.
Antwort: Ich teile Ihre Auffassung
grundsätzlich ebenso wie Ihre
Bedenken gegen eine allzu freudige
Veröffentlichungspraxis. Meist kann
man dies dadurch verhindern, dass
man den Antragsteller darauf hinweist,
dass auf diese Weise nur noch mehr
Bürger unnötig von der Sache
Kenntnis erhalten, und es nicht
ausgeschlossen erscheint, dass einige
davon glauben, dass da wo Rauch sei
auch Feuer ist, mit anderen Worten
denken, dass da möglicherweise doch
etwas dran ist. Anderer Ansicht bin ich
allerdings zu § 23 SchO NW. Hier ist
nur bestimmt, dass die Verhandlung
vor dem Schiedsmann nicht öffentlich
ist. Das lässt keine Rückschlüsse auf
die Veröffentlichungsbefugnis zu. Sie
hätte auch in einem Landesgesetz
nicht geregelt werden können, weil die
Gesetzgebungskompetenz dafür dem
Bundestag zusteht. Für den
strafrechtlichen Bereich ist in § 200
StGB bei Beleidigungen, die in der
Öffentlichkeit geschehen sind, eine mit
dem Urteil auszusprechende
entsprechende Befugnis vorgesehen.
Dies gilt auch, wenn die Beleidigung
durch Verbreiten von Schriften
begangen worden ist (vgl. Serwe,
Schiedsmannsstrafrecht, S. 116). Auf
den Normalfall passt die Vorschrift
meist nicht.
Der privatrechtliche Schutz reicht
allerdings weiter. Hier könnte man
daran denken, auch für die
gewöhnlichen Beleidigungsfälle solche
Veröffentlichungen unter die
Wiedergutmachung (etwa 823 BGB)
fallen zu lassen, weil die Ehre zu den
absoluten Rechtsgütern gehört, die §
823 BGB schützt.
In diesem Zusammenhang gibt es aber
andere Bedenken. Auch wenn der
Schiedsmann einen Beleidigungsfall
Nachdruck und Vervielfältigung
Seite 1/7
Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in
welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte
erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der
Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie
bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages.
SchiedsamtsZeitung
Online-Archiv
61. Jahrgang 1990, Heft 07
Seite 104a-108
Organ des BDS
Bund Deutscher Schiedsmänner und
Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ‹ 44704 Bochum
www.schiedsamt.de ‹ [email protected]
als Strafsache angenommen hat bleibt
der Vergleich ein zivil-rechtliches
Vertragsverhältnis, bis auf die
Erklärung des Antragstellers, dass er
auf sein Recht verzichte, eine
Privatklage zu erheben. Wenn der
Anspruch auf Veröffentlichung allein
aus § 823 BGB kommt, taucht sofort
die Frage auf: Ist das denn eine
Vermögensrechtliche Streitigkeit?
In den vergangenen zwei Jahren hat
der Bundesgerichtshof mehrfach
entschieden (alle in der Schztg
abgedruckt), dass der Ehrenschutz mit
Ausnahme der Kreditgefährdung nicht
vermögensrechtlichen Charakter hat.
Danach dürfte sich der Schiedsmann
mit solchen Ansprüchen nicht
beschäftigen. Man kann aber auch die
Meinung vertreten, weil die
Veröffentlichung Geld kostet, ist
gerade, wenn sich die Parteien
darüber streiten, eine vermögensrechtliche Streitigkeit gegeben.
Sicher nicht in die Zuständigkeit des
Schiedsmanns in NW fällt die
Verpflichtungserklärung des
Antragsgegners, in Zukunft solche und
ähnliche Äußerungen zu unterlassen.
Nach der Neuordnung im Saarland ist
der Schiedsmann jetzt für diese Dinge,
auch wenn sie nicht
vermögensrechtlicher Art sind, offiziell
zuständig. In NW hat sich der BDS und
die Richterschaft seinerzeit vergeblich
für eine solche Regelung eingesetzt.
Ihre Praxis kommt mir sehr vernünftig
vor. Sie ist das, was auch in den
Lehrveranstaltungen empfohlen wird.
Besteht aber jemand auf
Presseöffentlichkeit und der
Antragsgegner will sich darauf
einlassen, dann sollten Sie dem Unheil
keine Steine in den Weg legen.
Der Parteiwille geschehe!
Gute Nachbarschaft
Schm. L. in B.
Der Antragsteller und der
Antragsgegner sind Nachbarn. Den
Antrag habe ich noch nicht förmlich
entgegen genommen, weil sie sich
auch heute, wie es den Anschein hat
noch gut verstehen. Es geht aber nur
um eine Kleinigkeit. Der Antragsteller
hat dem Antragsgegner vor längerer
Zeit eine Heckenschere und einen
Beutel Kunstdünger geliehen. Das hat
er offenbar vergessen, denn er hat
diese Sachen bis heute nicht
zurückgegeben. Dem Antragsteller ist
das peinlich. Die Heckenschere
braucht er für seine eigene
Gartenarbeit und will sich natürlich
nicht gerne eine neue kaufen. Die fünf
Kilogramm Dünger würde er
verwinden, um das gute Verhältnis
nicht zu stören.
Ich habe ihm geraten, den Nachbarn
offen anzusprechen. Das, sagt er,
habe er schon getan. Der Nachbar
habe in beiden Fällen versprochen, die
Sachen zurückzugeben. Gebracht
habe er sie allerdings nicht.
Ich habe ihm geraten, den Nachbarn
noch ein drittes Mal zu erinnern.
Vielleicht hat er auch die Möglichkeit,
Nachdruck und Vervielfältigung
Seite 2/7
Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in
welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte
erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der
Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie
bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages.
SchiedsamtsZeitung
Online-Archiv
61. Jahrgang 1990, Heft 07
Seite 104a-108
Organ des BDS
Bund Deutscher Schiedsmänner und
Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ‹ 44704 Bochum
www.schiedsamt.de ‹ [email protected]
einfach ein Familienmitglied
hinüberzuschicken und mit dem
Bemerken, die Sachen würden
benötigt, sie abholen zu lassen.
Was mache ich wenn er
wiederkommt?
Antwort: Ich finde ihr Verhalten richtig.
In der von Ihnen beschriebenen
Situation sollte Man sich ganz
zurücknehmen. man kann schon durch
einen Vermittlungsversuch mehr
zerstören als helfen. Kann sein, dass
später auch beide gemeinsam auf den
Schiedsmann schimpfen. Ich würde bei
der vorsichtigen Zurückhaltung
bleiben, die Sie bisher gezeigt haben.
Sollte dennoch ein formeller Antrag
gestellt werden, hier einige rechtliche
Hinweise für Sie.
Leihen in der Alltagssprache stimmt
mit dem Rechtsbegriff der Leihe nicht
überein. Der Rechtsbegriff der Leihe
trifft in diesem Fall nur auf die
Heckenschere zu. Leihe ist ein unentgeltliches Rechtsgeschäft und in §§
598 ff BGB geregelt. Der Verleiher ist
verpflichtet, dem Entleiher den
Gebrauch der Sache (Heckenschere)
unentgeltlich zu gestatten. Der Entleiher ist nach § 604 BGB verpflichtet, die
Sache nach Ablauf der für die Leihe
bestimmten Zeit zurückzugeben. Wenn
eine Zeit nicht bestimmt ist, in
nachbarschaftlichen Verhältnissen ist
dies meist so, dann muss er sie nach
dem Gebrauch zurückgeben. Das
richtet sich nach dem Zweck und dürfte
das Schneiden der Hecke gewesen
sein. Ist keine Zeit bestimmt und lässt
sich dies auch nicht aus dem Zweck
entnehmen, dann hat der Verleiher das
Recht, die Sache jederzeit
zurückzufordern. Es ist nicht schwer,
diese einfachen Zusammenhänge
notfalls zu erläutern.
Anders verhält es sich mit dem
Dünger. Bei der Leihe muss man die
Sache, die man erhält, wieder
zurückgeben und zwar genau dieselbe
nicht eine andere. Das scheint mir auf
die Abmachung mit dem Dünger, nicht
so recht zuzutreffen. Den wollte der
Nachbar doch offenbar gleich
verwenden. Da das auch dem
Antragsteller klar sein musste, besteht
kein Zweifel, dass beide keine Leihe
gewollt haben, selbst wenn sie
umgangssprachlich das Wort Leihe
benutzt haben sollten.
Beide wollten in Wirklichkeit nicht, dass
der Nachbar denselben Dünger
zurückgibt sondern gleichen von
gleicher Qualität und gleicher Menge.
Dafür passt die Leihe nicht. Die
Rechtsordnung hat dafür einen
anderen Vertragstyp vorgesehen. Das
ist das Darlehen. Wahrscheinlich
werden Sie, wenn Sie dies den
betroffenen klarmachen wollen,
entweder Unglauben oder einen
Lacherfolg ernten. Das ändert nichts
daran, dass es richtig ist.
Das Darlehen ist in § 607 BGB
geregelt, und da ist nicht nur Geld
sondern auch von anderen
vertretbaren Sachen die Rede. Dazu
zählt auch der Kunstdünger, weil er im
Rechtsverkehr nach Maß, Zahl oder
Nachdruck und Vervielfältigung
Seite 3/7
Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in
welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte
erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der
Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie
bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages.
SchiedsamtsZeitung
Online-Archiv
61. Jahrgang 1990, Heft 07
Seite 104a-108
Organ des BDS
Bund Deutscher Schiedsmänner und
Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ‹ 44704 Bochum
www.schiedsamt.de ‹ [email protected]
Gewicht bestimmt wird und eine
entsprechende Regel in § 91 BGB zu
finden ist. (vgl. Serwe, Bürgl. Recht für
Schiedsmänner, S. 38) Vieles, was der
Alltag als Leihe bezeichnet, ist in
Wirklichkeit Darlehen.
Fälle aus der Praxis
Das gilt auch für die kleinen Hilfen der
Hausfrauen untereinander mit Mehl
und Eiern.
Natürlich hört sich Eierdarlehen
geradezu großartig an, aber es trifft
den Kern der Sache. Wir hoffen auf
einen günstigen Verlauf der Sache.
Darf ein Hund frei laufen
Sch. K. in L.
Mein Bezirk liegt in einer ländlichen
Gemeinde. Nicht selten kommt es
unter Hunden zu einer Beißerei. Bis
jetzt ist Gott sei Dank noch niemand
mit einem Antrag in einer solchen
Sache zu mir gekommen. Ich weiß
aber, dass unter diesen Kontrahenten
immer Streit darüber herrscht, ob und
wann ein Hund an der Leine geführt
werden muss. Es ist auch immer von
Leinenzwang die Rede. Ich würde gern
gerüstet sein für diese Fälle.
Antwort: Grundsätzlich vorweg der
Hinweis, dass die Tierhalterhaftung in
§§ 833 ff BGB geregelt ist.
Strafrechtlich käme nur
Sachbeschädigung in Betracht, wenn
man dem Halter nachweisen kann,
dass er wollte, dass sein Hund den
anderen anfiel. Meist gelingt dies nur,
wenn man feststellen kann, dass er
den Hund auf das andere Tier gehetzt
hat.
Für die Frage, ob ein Hund angeleint
werden muss ist der Ort an dem man
sich aufhält und der Hund selbst, dass
heißt seine Eigenschaften,
entscheidend. Die Gemeinden haben
das Recht, in ihrer Satzung für
öffentliche Anlagen, Straßen und
Gebäude anzuordnen, dass Hunde
angeleint werden müssen. Für ihre
Gemeinde können Sie das sicher,
wenn Sie es sich nicht mühsam selbst
aus der Ortsatzung heraussuchen
wollen, auf dem Ordnungsamt
erfahren.
In der freien Natur sollte man schon
aus Gründen der eigenen Sicherheit
den Hund anleinen. Streunende Hunde
darf der Jäger erschießen. Ob der
Eindruck des Jägers, es handele sich
um einen streunenden Hund richtig
oder falsch war, ist recht gleichgültig,
wenn der Hund tot ist. Tatsächlich
stören aber auch Hunde von
Spaziergängern das Wild, und das
sollte man nicht nur im Interesse der
Jagdberechtigten vermeiden.
Streng genommen darf man einen
Hund nur freilaufen lassen, wenn er so
abgerichtet ist, daß er gehorcht. Von
einem Hund, der nicht gehorcht, gehen
selbst dann Gefahren aus, wenn er
nicht bösartig oder bissig ist. Er kann
schon durch Anspringen fremder
Personen, besonders Kinder und ältere
Menschen, Schreckreaktionen
hervorrufen; denn sie wissen nicht, wie
sich der Hund verhalten wird. Der
Nachdruck und Vervielfältigung
Seite 4/7
Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in
welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte
erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der
Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie
bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages.
SchiedsamtsZeitung
Online-Archiv
61. Jahrgang 1990, Heft 07
Seite 104a-108
Organ des BDS
Bund Deutscher Schiedsmänner und
Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ‹ 44704 Bochum
www.schiedsamt.de ‹ [email protected]
Zuruf »der tut nichts« ist eine nichtssagende Beschwörung, die schon oft
kurz darauf durch die Ereignisse
widerlegt worden ist. Sie dient mehr
der Beruhigung des Herrchens als den
Passanten. Manchmal reicht es auch
schon aus, dass der Hund schnell und
in unerkennbaren und auch nicht
voraussehbaren Absichten auf einen
Passanten zuläuft. Mit unangemessenen Reaktionen von Passanten, die an
Hunde nicht gewöhnt sind, muss der
Hundehalter in einer Großstadt
rechnen.
Die Haftung für Tiere ist
Gefährdungshaftung. Sie tritt ohne
Verschuldung des Halter.. ein, gerade
weil der Gesetzgeber wegen der
Unberechenbarkeit des Verhaltens des
Tieres, die von ihm ausgehende
Gefahr auch beim Halter lassen wollte,
der sie, dadurch dass er das Tier
anschafft und hält, auch tatsächlich
setzt.
Wird durch ein Tier Schaden
angerichtet, so trägt der Halter die
volle Beweislast dafür, dass der
Schaden auch ohne das Tier
entstanden wäre. Um Schaden
anzurichten muss der Hund nicht
immer beißen. Es genügen bereits die
geschilderten Vorgänge. Ein
Schadenereignis liegt auch vor, wenn
der Hund, den man frei laufen lässt,
seine Exkremente auf einem fremden
Grundstück (mit Vorliebe gepflegter
Rasen) absetzt. Diese Tatsache wird
von fast allen Hundehaltern verdrängt.
Hat der Hund zugebissen, kommt der
Halter praktisch um die Haftung nicht
herum, weil Verschulden bei der
Beaufsichtigung nicht erforderlich ist.
Nur bei Haustieren im Sinne des § 833
BGB, die dem Berufe, dem Erwerb
oder dem Unterhalt des Halters
dienen, gibt es für den Halter die
Möglichkeit, sich zu entlasten. Dabei
muss man aber folgendes beachten.
Auf Hunde trifft das praktisch nur in
Ausnahmefällen zu. Eine solche
Ausnahme wäre u.U. der Blindenhund,
wenn der Blinde ihn zur
Erwerbstätigkeit benötigt und benutzt,
der Hütehund des Schäfers, der
Jagdhund des Försters oder der Wachhund.
Es ist aber vergebliches Bemühen,
wenn private Hundebesitzer
versuchen, ihren Luxushund zum
Wachhund zu erklären. Wachhunde
werden bei einer privaten
Wachgesellschaft anerkannt, weil sie
gewerblichen Zwecken dienen. Auf
privatem Besitz ist dies die Ausnahme.
Es ist nicht nur erforderlich, dass die
Hunde bei entsprechender Ausbildung
die spezielle Eignung besitzen
müssen. Es wird ferner zu prüfen sein,
ob die Lage der Besitzung einen
Wachhund erfordert. Aus diesem
Grund werden selbst Hund mit einer
entsprechenden Eignung nicht als
Wachhunde anerkannt. Wer in einem
Miethaus mit anderen Parteien
zusammen wohnt, darf den Gedanken,
aus seinem Luxustier zur
Haftungserleichterung einen
Wachhund zu machen, gleich wieder
Nachdruck und Vervielfältigung
Seite 5/7
Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in
welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte
erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der
Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie
bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages.
SchiedsamtsZeitung
Online-Archiv
61. Jahrgang 1990, Heft 07
Seite 104a-108
Organ des BDS
Bund Deutscher Schiedsmänner und
Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ‹ 44704 Bochum
www.schiedsamt.de ‹ [email protected]
fallen lassen.
Das gilt auch für freistehende
Einfamilienhäuser mit
Nachbarbebauung. Die ganz
überwiegende Zahl der Hunde wird
ohne die Möglichkeit einer
Haftungseinschränkung als Luxus
anzusehen sein. Das bedeutet nicht
etwa, dass es sich um ein besonders
wertvolles Tier handeln muss, auch
völlig wertlose Mischlinge gehören in
diese Gruppe, denn hier geht es nur
um eine sinnvolle Unterscheidung für
die Haftung.
Ein häufiger Versuch, seinen Hund in
die Gruppe der gewerblich oder
beruflich genutzten Tiere zu bringen,
beginnt mit dem Hinweis, man züchte
Hunde. Hier ist zu unterscheiden: Ist
diese Tätigkeit eine Liebhaberei des
Halters, dann bleibt es ein Luxushund.
Nur wer dies gewerblich betreibt und
seinen Lebensunterhalt daraus bezieht
als Züchter, darf mit Anerkennung der
Haftungserleichterung rechnen. Die
Zugehörigkeit zu Hundevereinen, die
häufig eingewandt wird, spricht nicht
für eine Nutztierhaltung, sondern eher
gegen sie, weil in solchen Vereinen
meist Liebhaber und keine
Professionellen zusammengeschlossen sind. Im Allgemeinen sind
diese Vereine auch noch als
gemeinnützig ausgewiesen. Das ist ein
weiteres Zeichen gegen die berufsmäßige Nutzung des Hundes.
Für die zivilrechtliche Haftung des
Hundehalters ist es mit einem Wort
gleichgültig, ob der Hund Schaden
anrichtet während er frei herumläuft
oder während er angeleint ist. Tritt der
Schaden bei einem angeleinten Hund
ein, wird man allenfalls die Frage des
Mitverschuldens des Verletzten (§ 254
BGB) sorgfältig prüfen müssen.
Das gilt alles auch dann, wenn nicht
ein Mensch sondern ein anderer Hund
das Opfer ist. Die Gefährdungshaftung
des Tierhalters erstreckt sich auch auf
Sachen und damit auch auf fremde
Hunde.
Der Halter des anderen Hundes muss
sich aber seine eigene
Gefährdungshaftung als Tierhalter für
seinen Hund entgegenhalten lassen.
Für die Abwägung, wer welchen
Schaden zu tragen hat, kann es dann
allerdings auf die bereits oben
aufgeworfenen Fragen ankommen.
Sorgloser Umgang mit einem unberechenbaren oder gefährlichen Tier
erhöht die Gefahr und damit die
Haftung. Da kann es sein, dass der
Halter eines bösartigen Hundes mit
Anleinen nicht einmal seine Pflicht
erfüllt. Ein „Beißer” muss einen
Maulkorb tragen. Natürlich darf man
gefährliche Hunde, auch wenn die an
der Leine sind nicht mit Personen,
etwa Kindern, losschicken, die dann
nicht kräftig genug sind, im
Gefahrenmoment das Tier zu halten.
Hier erfüllt die Leine ihren Zweck nicht.
Sie dient dem leichtsinnigen Halter nur
als Alibi.
Mit einem Hund, der bereits einmal
durch Beißen Schaden angerichtet hat,
verlässt man sein eigenes Grundstück
Nachdruck und Vervielfältigung
Seite 6/7
Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in
welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte
erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der
Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie
bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages.
SchiedsamtsZeitung
Online-Archiv
61. Jahrgang 1990, Heft 07
Seite 104a-108
Organ des BDS
Bund Deutscher Schiedsmänner und
Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ‹ 44704 Bochum
www.schiedsamt.de ‹ [email protected]
besser gar nicht mehr. Wenn aber,
dann muss der Hund an die kurze
Leine mit Spezialhalsband und
Maulkorb. Für die strafrechtliche
Verantwortlichkeit im Sinne einer
fahrlässigen Körperverletzung sind
diese Überlegungen ebenfalls
maßgebend. Je größer die Gefahr,
desto größer die Sorgfalt, die der
Halter und der Führer des Hundes
aufwenden müssen. Selbstverständlich
muss der Halter dem Führer, dem er
das Tier anvertraut, die besonderen
Eigenarten des Hundes zuvor
mitteilen. Tut er dies nicht, dann bleibt
er hinter den Sorgfaltspflichten zurück,
die ihn objektiv treffen. Damit ist er
einer Bestrafung schon sehr nahe. Um
sich strafrechtlich zu entlasten, genügt
es übrigens nicht, wenn der Halter
oder Hundeführer nachweist, dass das
Tier im Allgemeinen nicht bösartig ist.
Dazu wären positive Erfahrungen in
ähnlichen Situationen notwendig.
Sie sehen Ihre harmlose Frage hat den
Schiedsmännern- und Frauen eine
ganze Menge Lesestoff gebracht.
Nachdruck und Vervielfältigung
Seite 7/7
Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in
welcher Anzahl, auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte
erstrecken sich auch auf die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der
Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie
bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung des Carl Heymanns Verlages.