Mikroskopische Gefügeuntersuchung
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Mikroskopische Gefügeuntersuchung
Versuch: Mikroskopische Gefügeuntersuchungen 1 Versuchsziel Die Aufgabe der Metallographie ist die qualitative und quantitative Beschreibung des Gefüges metallischer Werkstoffe. Darunter soll die Ermittlung und Bestimmung der - Art Menge Größe Form und der örtlichen Verteilung der Gefügebestandteile mit Hilfe direkt abbildender mikroskopischer Verfahren verstanden werden. In der Metallographie werden die durch verschiedene thermische Behandlungen und Verformungen verursachten strukturellen Veränderungen des Gefüges sichtbar gemacht. Ziel dieses Versuches ist es, die wichtigsten Methoden der Herstellung mikroskopischer Schliffe und ihre Auswertung kennen zu lernen. Eine saubere und sorgfältige Arbeit ist Voraussetzung, um brauchbare Schliffproben zu erhalten, die sich einwandfrei auswerten lassen. 2 Grundlagen Die schon beim Makroschliff gestellten Forderungen gelten auch als Grundvoraussetzung für die Herstellung und Auswertung eines Mikroschliffes. Die verschiedenen Untersuchungen im Hellfeld, Dunkelfeld und im polarisierten Licht lassen sich mit dem Auflicht-Mikroskop EPIPHOT durchführen. Das EPIPHOT von Nikon beinhaltet alle Eigenschaften eines Forschungsmikroskopes für die Metallographie. Das Objektivsystem garantiert zusätzlich eine sehr gute Bildwiedergabe bei Normarski-Differential-Interferenzkontrast (DIC) – Beobachtungen. Durch Anschluss einer Color Videokamera kann das Gefügebild auf einen Monitor übertragen werden und in einer Datenbank gespeichert, wieder aufgerufen und gedruckt werden. Möglichkeiten der realisierbaren Vergrößerungen sind: 50x, 100x, 200x, 500x und 1000x. Informieren Sie sich in der angeführten Literatur über die verschiedenen Schliffbilder bei Stahl und den Nichteisenmetallen. Prof. Dr.-Ing. Eva Hille Mikroskopische Gefügeuntersuchungen September 2008 Seite 1 von 5 3 Versuchsaufbau 3.1 Verwendete Maschinen und Arbeitsmittel für die Probenpräparation: - - - - Nasstrennschleifmaschine CUTO 20 für Proben bis zu 65 mm Durchmesser Nassschleifmaschine Metaserv 2000 Schleif- und Polierautomat PHOENIX 4000 (Der Probenhalter ist sowohl für den druckluftbetätigten Zentral- und Einzelprobenandruck ausgerüstet) Nasstrennschleifscheiben Kunstharz gebunden, verschieden harter Bindungen je nach Anwendungsbereich (z.B. mittel für Stahl) und Diamanttrennschleifscheiben für Werkstoffe mit besonders hoher Härte (z.B. Hartmetalle) Kalteinbettmittel (zwei Komponenten), Einbettformen aus Silikonkautschuk, sowie Einbettmittelzubehör Nassschleifpapiere aus SiC und Diamantschleifpapiere verschiedener Körnungen zum Plan- und Feinschleifen Poliertücher verschiedener Materialien je nach Einsatz Diamantsuspensionen verschiedener Körnungen z.B. 15 µm, 6 µm, 3 µm und 1 µm. Diamantgleit- und Schmiermittel Endpoliersuspension der Körnung 0,05 µm Verschiedene Ätzmittel je nach Werkstoff (z.B. Stahl oder NE-Metalle) und je nach Gefügewiedergabe (z.B. Korngrenzenätzung oder Kornflächenätzung) Ätzschale, Ätzzange, Wasser, Ethanol (vergällt), Polierwatte, Heißluftfön, Arbeitsschutzbrille, -handschuhe Exsikkator 3.2 Geräte für Gefügedarstellung, Messung und Dokumentation - Mikroskop EPIPHOT mit Polarisations-, Hellfeld/Dunkelfeld und DICEinrichtung, Schraubenokularmikrometer und Videosystem - Bilddatenbank mit den Bildauswertungssystemen a4i Analysis und a4i Doku zum Speichern und Wiederauffinden von Bild- und Textdaten, mit Bildbearbeitungs- und Bildvermessungssoftware, Farbvideoprinter und Tintenstrahldrucker 4 Versuchsdurchführung Dem Zweck der Untersuchung entsprechend muss die Probeentnahme als Längs-, Quer- oder Flachschliff erfolgen. Durch das Herausarbeiten sowie das spätere Bearbeiten dürfen keine Gefügeänderungen auftreten. Das Probenmaterial wird deshalb mit der Nasstrennschleifmaschine getrennt. Die Probengröße sollte eine Abmessung von ca. 15 x 15 mm mit geringer Höhe (max. 15 mm) zum Halten von Hand oder zum Einbetten haben. Prof. Dr.-Ing. Eva Hille Mikroskopische Gefügeuntersuchungen September 2008 Seite 2 von 5 Nach gründlicher Entfettung und Säuberung der Proben erfolgt das Einbetten. Dazu werden die Proben in die Einbettformen gelegt und mit dem Kalteinbettmittel vorsichtig übergossen. Die Rezeptur des Einbettmittels muss eingehalten werden! Die Präparation am Schleif- und Polierautomaten mit dem Probenhalter für Probeneinzelandruck kann nur mit eingebetteten Proben erfolgen. Außerdem weisen eingebettete Proben bessere Präparationsergebnisse auf. Uneingebettete Proben, z. B. Schweißnähte können mit dem Probenhalter für Zentralandruck bearbeitet werden. Am Display des Automaten werden alle Parameter für die jeweilige Schleif- und Polierstufe eingegeben: - Probenandruck (Einzel- oder Zentraldruck) automatische oder manuelle Bedienung stufenlos regelbarer Druck (bar) Umdrehungsgeschwindigkeit (150/ 300 U/ min) Rechts- und Linkslaufrichtung Wasserzulauf Das Schleifen und Polieren erfolgt in je zwei getrennten Vorgängen: - Planschleifen Feinschleifen Diamantpolieren Endpolieren Die Durchführung der einzelnen Präparationsstufen erfolgt vorwiegend nach „Präparationsreporten“ des Geräteherstellers, die aus Ergebnissen langjähriger Forschung und Erfahrungsmethoden mit verschiedenen Materialien (z.B. Stahl, Gusswerkstoffe, NE-Metalle, Verbundwerkstoffe u.s.w.) resultieren. Es sind Empfehlungen hinsichtlich: - Schleifunterlage (Körnung) Poliertücher Schleif-/Poliermittel, Schmiermittel Bearbeitungszeit Das Nassschleifen wird mit Schmirgelleinen grober Körnung begonnen und im weiteren Verlauf zu immer feinerer Körnung übergegangen. Das anschließende Feinschleifen und Polieren wird mit Diamantsuspension durchgeführt. Die Endpolitur soll eine kratzerfreie Oberfläche des Metallschliffes bewirken. Ein gründliches Säubern der Proben mit Wasser zwischen den einzelnen Präparationsstufen ist sehr wichtig! Nach der Endpolitur wird der Schliff mit Hilfe eines Wattebausches unter fließendem Wasser gut abgespült, mit vergälltem Ethanol beträufelt und unter dem Heißluftfön getrocknet. Unter dem Mikroskop lassen sich am polierten Schliff schon Fehler wie Mikrorisse, Mikrolunker und Gasblasen sowie nichtmetallische Einschlüsse und bei Eisengusswerkstoffen der Graphit erkennen. Das anschließende Ätzen muss dem jeweiligen Werkstoff und Zweck entsprechen, wobei zwischen Korngrenzen- und Kornflächenätzung unterschieden wird. Prof. Dr.-Ing. Eva Hille Mikroskopische Gefügeuntersuchungen September 2008 Seite 3 von 5 5 Versuchsauswertung Die Auswertung der Schliffe erfolgt direkt am Mikroskop, am Monitor und an den fotografischen Aufnahmen. Es kann dabei die Gefügestruktur des Ausgangsgefüges mit dem Umwandlungsgefüge nach thermischen Behandlungen sowie nach Verformung verglichen und im Protokoll festgehalten werden. Weiterhin sind Korngröße, -form und -verteilung sowie auftretende Fehler an Hand der ausgedruckten Gefügebilder zu diskutieren. Bild 1: Mikroskop EPIPHOT von Nikon Die Markierung einzelner Gefügebestandteile und Messung von Schichtdicken kann mit Hilfe der Software in der Bilddatenbank vorgenommen werden. Außerdem besteht die Möglichkeit metallographische Prüfverfahren entsprechend der DINNormen anzuwenden, z.B.: - - mikroskopische Prüfung von Edelstählen auf nichtmetallische Einschlüsse nach Bildrichtreihen (z.B. Beschreibung nach Einschlusstyp, Größe und Verteilung) Ermittlung der Ferrit- oder Austenitkorngröße von Stahl und Eisenwerkstoffen Bestimmung der Form und Ausbildung des Graphits, ebenfalls dessen Größe und der Verteilung mit Hilfe der eingeschobenen Gefügestrichplatte am EPIPHOT kann die Korngröße des Gefüges schnell bestimmt werden 6 Kontrollfragen 6.1 Welchem Zweck dient die Metallographie? 6.2 Wann wird die Korngrenzen- und wann die Kornflächenätzung angewendet? 6.3 Wie unterscheiden sich bei der Gefügebetrachtung Hell- und Dunkelfeldbeleuchtung? Prof. Dr.-Ing. Eva Hille Mikroskopische Gefügeuntersuchungen September 2008 Seite 4 von 5 7 Literatur Schumann: Metallographie Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie GmbH Seidel: Werkstofftechnik Werkstoffe – Eigenschaften – Prüfung - Anwendung Hanser Verlag Friedrich: Tabellenbuch Metall- und Maschinentechnik Dümmler Verlag Macherauch: Praktikum in Werkstoffkunde Vieweg Verlag Hougardy: Umwandlung und Gefüge unlegierter Stähle Verlag Stahleisen mbH Landsberger: Werkstofftechnik Aufbau, Eigenschaften und Verwendung der Metalle gela Verlag für Luftfahrttechnik Horstmann: Das Zustandsschaubild Eisen-Kohlenstoff Verlag Stahleisen mbH DIN 50 600; 1980-03 Prüfung metallischer Werkstoff; Metallographische Gefügebilder, Abbildungsmaßstäbe und Formate DIN EN ISO 643; 2003-09 Stahl – Mikrophotographische Bestimmung der scheinbaren Korngröße DIN 50 602; 1985-09 Metallographische Prüfverfahren; Mikroskopische Prüfung von Edelstählen auf nichtmetallische Einschlüsse mit Bildreihen DIN EN 10 052; 1994-01 Begriffe der Wärmebehandlung von Eisenwerkstoffen DIN 17 014-3; 1976-05 Wärmebehandlung von Eisenwerkstoffen; Kurzangabe von Wärmebehandlungen DIN 17 021-1; 1976-02 Wärmebehandlung von Eisenwerkstoffen; Werkstoffauswahl, Stahlauswahl aufgrund der Härtbarkeit DIN 17 022-2; 1986-06 Wärmebehandlung von Eisenwerkstoffen; Verfahren der Wärmebehandlung; Härten und Anlassen von Werkzeugen DIN 17 022-3; 1989-04 Wärmebehandlung von Eisenwerkstoffen; Verfahren der Wärmebehandlung; Einsatzhärten Prof. Dr.-Ing. Eva Hille Mikroskopische Gefügeuntersuchungen September 2008 Seite 5 von 5