Die Behandlung des Kniegelenksverschleißes Nichtoperative

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Die Behandlung des Kniegelenksverschleißes Nichtoperative
 Die Behandlung des Kniegelenksverschleißes
Nichtoperative Therapiemaßnahmen,
gelenkerhaltende Operationen und Knieprothesen
Unfall- und
orthopädische
Chirurgie
www.diakonieklinikum.com
Die Bedeutung des Kniegelenksverschleißes nimmt zu.
Entscheidend für die Behandlung ist, dass der
Patient gut und objektiv
beraten in die Therapie
geht und weiß, was ihn
erwartet. Deshalb wollen
wir Sie hier über verschiedene Aspekte der Arthrose
informieren.
Inhalt 2 Die Behandlung des Kniegelenksverschleißes
Nichtoperative Therapiemaßnahmen,
gelenkerhaltende Operationen und
Knieprothesen
Inhalt
Was ist Kniegelenksverschleiß (Arthrose)?
3
Nichtoperative Therapiemaßnahmen
5
Gelenkerhaltende Operationen
6
Gelenkersatz
8
Wann soll ein künstliches Gelenk eingebaut
werden?
8
Prothesentypen
8
Prothesenlockerung und Prothesenwechsel
12
Gelenkersatz beim jungen Menschen
12
Metallallergie und Gelenkersatz
13
Nach dem Gelenkersatz
13
Ergebnisse und mögliche Probleme
15
Was kann man mit einer Knieprothese hinterher
machen?
18
Zusammenfassung
19
Was ist Arthrose? 3 Was ist Kniegelenksverschleiß (Arthrose)?
Die Bedeutung des Kniegelenksverschleißes nimmt zu. Wurden 1996
noch ca. 40.000 Kniegelenke in Deutschland pro Jahr ersetzt, sind es
z.Zt. ca. 80.000.
Die Ursachen für den Verschleiß sind vielfältig: Übergewicht, früher
erlittene Verletzungen, Rheuma, angeborene Fehlstellungen und verändertes Freizeitverhalten (kniebelastende Sportarten) sind hier zu nennen.
Das Kniegelenk (Abbildung 1) ist ein komplex aufgebautes Gelenk mit
einem komplizierten Bewegungsablauf. Gelenkbildend sind der Oberschenkel mit seiner inneren und äußeren Rolle auf der einen Seite und
der Schienbeingelenkfläche auf der anderen. Hinzu kommt die Kniescheibe, die als in die Sehne
eingelagerter Knochen (Sesambein) vorn zwischen der
inneren und äußeren Oberschenkelrolle gleitet. Das
Gelenk hat also drei Anteile
(Kompartments): einen inneren, einen äußeren und den
vorderen (Kniescheibenanteil).
Abb. 1 Überzogen sind die gelenkbildenden Knochenanteile
von einer Knorpelschicht,
die im wesentlichen vom
Gelenk her durch die Gelenkschleimhaut ernährt
wird.
Geführt und stabilisiert wird das Gelenk – passiv – durch das innere
und äußere Seitenband sowie das vordere und hintere Kreuzband und
– aktiv – durch die umgebende Muskulatur.
Im Gegensatz zum Hüftgelenk – einem Kugelgelenk – ist der Bewegungsablauf des Knies komplizierter: Beim Übergang von der Streckung in die Beugung rollen die Oberschenkelrollen auf der Schienbeingelenkfläche und gleiten gleichzeitig nach hinten, es handelt sich um
eine sogenannte Roll-/Gleitbewegung.
Die halbmondförmigen Menisken verbessern die Kongruenz und dienen gleichzeitig als Puffer. Aus diesem Grunde begünstigt auch eine
ausgedehnte Meniskusentfernung – wie sie früher durchgeführt wurde
– die Entstehung eines Verschleißes Jahrzehnte später.
Was ist Arthrose? 4 Beim Verschleiß (Abbildung 2) kommt es zunächst zu einer Ausdünnung der Knorpelschicht, zu Einrissen und Lochbildung im Knorpel.
Beim Fortschreiten reibt dann Knochen auf Knochen, später reibt sich
auch dieser ab.
Abb. 2 Dies führt – sofern nicht angeboren – zu einer o-förmigen (wenn der
Knochen sich im inneren Gelenkanteil abreibt) bzw. x-förmigen (bei
Abrieb außen) Verbiegung – Fehlstellung – des Beines. Im Weiteren
entstehen knöcherne Anbauten vorwiegend am Gelenkrand (Osteophyten), und die Beweglichkeit des Gelenkes nimmt ab.
Nichtoperative Maßnahmen 5 Nichtoperative Therapiemaßnahmen
In den sehr frühen Stadien steht die nicht operative (konservative) Behandlung im Vordergrund. Diese beinhaltet eine Gewichtsreduktion
(Wenige Kilo können schon hilfreich sein, eine Modelfigur ist nicht erforderlich!), weiches Schuhwerk (evtl. Fersenpolster), das Reduzieren
kniegelenksbelastender Tätigkeiten, eine Erhöhung des Schuhrandes
(je nach Befund innen oder außen), um die Last von dem betroffenen
Kompartment (also innen oder außen) zu nehmen und in das gesunde
zu verlagern, und die Krankengymnastik. Letztere ist sehr wichtig.
Durch die Gymnastik wird die Muskulatur auftrainiert und das Zusammenspiel der Muskeln verbessert, um der durch den Knorpel- bzw.
Knochenverlust im Gelenk entstandenen minimalen Instabilität entgegenzuwirken.
Im Rahmen des Verschleißes kann – zumeist bei stärkerer Belastung –
die Gelenkschleimhaut mit einer Entzündung reagieren (Bakterien sind
hierbei nicht beteiligt). Dies nennt man aktivierte Arthrose. Der Zustand
ist gekennzeichnet durch Schmerzzunahme, Flüssigkeitsansammlung
im Gelenk (Reizerguss) und Überwärmung. Hier helfen Schonung und
Kühlung sowie Medikamente, welche die Entzündungsreaktion eindämmen und die Schmerzen reduzieren. In diesem Zustand kann auch
das Einspritzen von Kortison in das Gelenk angezeigt sein, wobei dies
mit einem – wenn auch sehr geringen – Infektionsrisiko verbunden ist
und Kortison den Knorpel zusätzlich schädigt. Solche Kortisonspritzen
sollten also nicht zu oft wiederholt werden.
Eine Therapie mit Hyaluronsäure (unter diversen Handelsnamen erhältlich) kann in Einzelfällen auch sinnvoll sein. Hierbei wird mehrfach eine
ölige Flüssigkeit, die die Knorpelgrundsubstanz Hyaluronsäure enthält,
in das Gelenk eingespritzt. Diese Substanz wirkt wahrscheinlich mehr
durch den Schmiereffekt als durch die Neuentstehung von Knorpel. Bei
etwa 50 Prozent der geeigneten Patienten (die Arthrose darf noch nicht
zu weit fortgeschritten sein) hilft eine solche Spritzenkur, und der Effekt
hält etwa ein Jahr an. Die Kosten (ca. 250 Euro) werden nicht von der
Kasse übernommen.
Gelenkerhaltende Operationen 6 Gelenkerhaltende Operationen
Abb. 3: Planung einer Umstellungsosteotomie Bei geeignetem Arthrosestadium kann die Lastverlagerung vom erkrankten in das nicht erkrankte Kompartment auch operativ erfolgen,
indem man die Achse des Unter- oder Oberschenkels (je nach Befund)
ändert. Dies bedeutet
eine Durchtrennung
des Unter- oder Oberschenkels, Entnahme
oder Einbringen eines
Knochenkeiles und
anschließende Stabilisierung durch ein
Platte (Umstellungsosteotomie). Dieses
Verfahren ist recht
langwierig in der
Nachbehandlung –
diese dauert ca. drei
bis sechs Monate. Es
hilft bei etwa drei Viertel der Patienten und
der Effekt hält im
Schnitt acht Jahre an.
Sinnvoll ist dieses
Vorgehen meist nur
Abb. 4: Nach aufklappender Umbei Patienten unter 60
stellung mit Einbringen eines Keiles
Jahren. (Abbildung 3
und 4)
Kombiniert wird diese Umstellung gelegentlich mit Verfahren, die entweder einen Ersatzknorpel (sogenannten Faserknorpel, biologisch minderwertig) oder „natürlichen“ (sogenannten hyalinen) Knorpel am Ort des Defektes erzeugen sollen.
Der Versuch, Ersatzknorpel zu erzeugen, geschieht durch das Einschlagen von kleinen
Löchern in den freiliegenden Knochen mit
speziellen Instrumenten im Rahmen einer
Kniespiegelung (Arthroskopie) und nennt sich
Mikrofrakturierung. Der Erfolg dieser Maßnahme kann nicht garantiert werden. (Abbildung 5)
Abb. 5 Gelenkerhaltende Operationen 7 Hyaliner Knorpel kann in den Defekt gebracht werden, indem man an
einer nicht belasteten Stelle des Gelenkes Knorpel/Knochenzylinder
entnimmt und in den Defekt einbolzt (osteochondrale Transplantation,
OCT, Mosaikplastik). (Abbildung 6)
Abb. 6: Ostreochondrale
Transplantation Eine andere Möglichkeit ist die Entnahme einer geringen Menge Knorpelgewebes per Spiegelung, Anzüchtung (Zellvermehrung) im Labor
und Einspritzen der so gewonnenen Knorpelzellsuspension unter eine
Membran, die über den Defekt genäht wurde (autologe Chondrocytentransplantation, ACT).
Diese beiden Verfahren sind auf eine bestimmte Defektgröße begrenzt.
Das bedeutet, dass sie bei der Arthrose nur in wenigen Fällen sinnvoll
sind, da die Erkrankung oft mit erheblich mehr Veränderungen als einem isolierten Knorpeldefekt einher geht, z.B. mit knöchernen Anbauten und Bewegungseinschränkung. Obendrein ist der Knorpel nicht nur
an einer isolierten Stelle geschädigt, sondern fehlt großflächig. Gut sind
diese Verfahren beim lokalisierten Knorpelschaden des jungen Menschen, wie er z.B. im Rahmen eines Sportunfalls entsteht.
Diese Verfahren (Mikrofrakturierung, ACT und OCT) werden – bei gerader Beinachse – auch ohne Umstellung angewendet.
Man muss betonen, dass es sich bei allen oben genannten Verfahren
um einen Gelenkerhaltungsversuch handelt!
Gelenkersatz 8 Gelenkersatz
Wann soll ein künstliches Gelenk eingebaut werden?
Wenn alle nichtoperativen Maßnahmen ausgeschöpft sind, ein gelenkerhaltender Eingriff nicht in Frage kommt, nicht geholfen hat oder der
Effekt nachgelassen hat, bleibt nur der Gelenkersatz.
Ein solcher Gelenkersatz soll sorgfältig erwogen werden. Wie der Name schon sagt, ist es ein Ersatz, und trotz der Fortschritte in den letzten Jahren sind noch nicht alle Probleme gelöst! Einige Patienten klagen über Restbeschwerden, die zwar meist durch kleinere Maßnahmen
zu beseitigen sind, aber es können durchaus – selten – nach der Operation auch größere Probleme verbleiben, die meist nur durch weitere
aufwendige Operationen zu korrigieren sind.
Daher soll ein Gelenkersatz erst dann eingebaut werden, wenn der Patient einen erheblichen Leidensdruck verspürt. Nach einem Gelenkersatz gibt es kein Zurück!
Wichtig ist es, dass der Erwartungshorizont des Patienten stimmt. Wer
statt 25 nur noch 20 km wandern kann und sich aufgrund dessen das
Gelenk ersetzen lässt, wird gelegentlich enttäuscht werden. Die „Leistung“ eines Gelenkes mit einer Prothese von 50 Prozent auf 95 Prozent zu steigern, gelingt fast immer, aber eine Steigerung von 95 Prozent auf 100 Prozent ist selten!
Prothesentypen
1. Die Schlittenprothese (Abbildung 7)
Bei der Schlittenprothese wird nur ein Kompartment des Gelenkes ersetzt, meistens das innere (mediale). Die Bänder bleiben erhalten. Der Schlittenprotheseneinbau im äußeren Kompartment (lateral) ergibt nicht selten (aufgrund der Biomechanik) unbefriedigende Ergebnisse. Arthrosen, die wirklich nur ein
Kompartment befallen, sind nicht allzu häufig. Deswegen hat
der Schlitten in den letzten Jahren an Bedeutung verloren. Hinzu kommt, dass häufig in den Folgejahren eine Arthrose in den
anderen zwei Kompartments entsteht, so dass man nach wenigen Jahren zu einem kompletten Oberflächenersatz (s.u.)
wechseln muss. Dennoch hat bei einigen Fällen eine solche
Schlittenprothese ihre Berechtigung. Wir nehmen ihren Einbau
über einen verkürzten Schnitt („minimal-invasiv“) vor.
Abb. 7 Gelenkersatz 9 2. Der Oberflächenersatz (ungekoppelte Prothese) (Abbildung 8)
Dabei wird die gesamte Oberfläche ersetzt, quasi „überkront“. Das vordere Kreuzband wird entfernt, die anderen Bänder bleiben erhalten. Die
Unversehrtheit der Bänder ist Voraussetzung für diese Prothesenform.
Sind sie nicht intakt, wäre das Gelenk nach der Operation nicht stabil,
und der Patient hätte Beschwerden. Bei defekten Bändern muss eine
Prothese genommen werden, bei der Oberschenkel- und Schienbeinteil durch ein drehbares Scharnier miteinander verbunden sind
(gekoppelt) – siehe unten.
Abb. 8 Abb. 9: Navigation Dieses Verfahren soll den oben beschriebenen komplizierten Bewegungsablauf und das Zusammenspiel der Bänder des natürlichen Gelenkes möglichst wenig stören. Dies bedeutet aber andererseits, dass
die Prothese möglichst genau eingepasst werden muss, weil sonst die
Bänder nicht mehr „stimmen“. Hinzu kommt, dass die Bänder durch
die Fehlstellung verändert sind. So ist bei einer länger bestehenden OFehlstellung das Innenband verkürzt. Man muss bei der Operation das
Innenband also – durch dosiertes teilweises Ablösen – wieder auf seine
natürliche Länge bringen.
In speziellen Fällen ist die Navigation (Das hat nichts mit einem Operationsroboter zu tun!) hilfreich. Dabei werden am Bein zwei Infrarotsender befestigt. Die Signale dieser Sender werden von einer InfrarotKamera empfangen.
Die Kamera wiederum ist an einen
Computer angeschlossen, der die
Bewegung dieser
Sender im Raum
registriert und in ein
„virtuelles Bein“
umrechnet, welches
dann auf dem Bildschirm angezeigt
wird und die tatsächliche Situation
abbildet. (Abbildung
9 und 10)
Gelenkersatz 10 Zusätzlich muss der Operateur knöcherne
Landmarken mit Hilfe eines InfrarotZeigestiftes eingeben, die in die Berechnung des Beines mit eingehen. Anschließend wird einer der Infrarotsender an den
Ausrichtinstrumenten befestigt. Der Operateur kann dann auf dem Bildschirm sehen, wo sich die Instrumente (Schnittlehren) in Relation zum Bein befinden und ob
sie korrekt angelegt sind, und kann darüber hinaus nach Durchführung der Sägeschnitte erkennen, ob diese korrekt
(rechtwinklig zur Tragachse) durchgeführt
sind (Abbildung 11) .
Abb. 10: Navigation, Bildschirm, virtuelles Bein
vor Protheseneinbau Abb. 11: Navigation,
Kontrolle der Sägeschnitte Abb. 12: Navigation, Abschlusskontrolle Anschließend wird mit einer provisorisch
eingebrachten Probeprothese die regelrechte Achsausrichtung überprüft, dann
die endgültige Prothese eingebaut und
das Ergebnis nochmals kontrolliert (Abbildung 12).
Einen großen Vorteil der Navigation sehen
wir bei Formveränderungen (Verbiegung)
der Ober- oder Unterschenkel, da hier die
konventionelle mechanische Ausrichtung
anhand des Markraumes eine Fehlstellung
produzieren würde. Ähnliches gilt, wenn
Gelenkersatz 11 der Patient auf der gleichen Seite schon eine Hüftprothese hat. Auch
dadurch wird die Form des Oberschenkels beeinflusst.
Wir benutzen die Navigation also als Hilfsmittel in ausgewählten Fällen,
bei denen wir einen effektiven Vorteil durch Anwendung dieses Verfahrens für den Patienten erhoffen, nicht routinemäßig.
3. Die teilgekoppelte Prothese (Abbildung 13)
Hierbei handelt es sich um eine Variante der Oberflächenprothese. Diese Prothese wird benutzt bei Patienten, die einen Defekt des hinteren
Kreuzbandes haben. Das Polyethylen hat einen zusätzlichen Zapfen,
der verhindert, dass sich das Schienbeinteil gegenüber dem Oberschenkelteil nach hinten verschiebt. Der Zapfen übernimmt die Funktion des hinteren Kreuzbandes.
Abb. 13 4. Das Rotationsknie (gekoppelte Prothese) (Abbildung 14)
Bei instabilen Bändern muss die Funktion der Bänder ersetzt werden.
Diese geschieht mithilfe einer Verbindung von Oberschenkel- und Unterschenkelanteil der Prothese durch ein Scharniergelenk, welches eine
Drehung zulässt. Die Bänder können nach einem Unfall instabil sein
(Ein alleiniger vorderer Kreuzbandriss zählt nicht dazu!). Darüber hinaus
wird eine solche Prothese bei einer sehr starken Fehlstellung und/oder
einer sehr ausgeprägten Einschränkung der Beweglichkeit verwendet.
Im ersten Fall muss, um das Bein gerade zu bekommen, der Bandapparat in einem solchen Maße abgelöst werden, dass er hinterher instabil ist. Im zweiten Fall müssen die Bänder ebenfalls ausgedehnt abgelöst werden, um eine gute Beweglichkeit wiederzuerlangen. Würde
man dann eine ungekoppelte Prothese einbauen, hätte der Patient Beschwerden, weil sich bei Belastung dann Oberschenkel- und Unterschenkelanteil ständig gegeneinander verschöben. Daraus ergibt sich
eine weitere Situation, bei der eine solche gekoppelte Prothese angezeigt ist, nämlich das extreme Übergewicht. Hier – so hat die Erfahrung
gezeigt – ist der natürliche Bandapparat beim Gehen überlastet, wenn
man eine ungekoppelte Prothese einbaut.
Abb. 14 Aufgrund des höheren Kopplungsgrades entstehen logischerweise höhere Ausrisskräfte. Deswegen haben diese Prothesen einen Stiel, um
die Verankerung zu verbessern. Dies bedeutet, dass im Falle eines
Wechsels bei einer Lockerung mehr Knochenverlust vorliegt. Deswegen werden solche Prothesen, die übrigens schon viele Jahre vor den
Oberflächenprothesen zur Anwendung kamen, nur in den oben genannten Fällen benutzt.
Gelenkersatz 12 Die Prothesenlockerung und der Prothesenwechsel
Hauptgrund für den Einbau einer gekoppelten Prothese ist jedoch die
Lockerung einer Oberflächenprothese, da in der Regel bei einer solchen Lockerung der Knochen, an dem die Prothese befestigt ist, geschwunden und somit nicht genug „Material“ für die erneute Befestigung einer Oberflächenprothese vorhanden ist. Es ist also eine typische Wechselprothese. Diese Prothesenform gibt es auch modular,
d.h. „zusammenbaubar“, um z.B. die ideale Länge der Stiele für den
jeweiligen Patienten zur Verfügung zu haben oder Knochendefekte
durch anschraubbare Metallkeile ersetzen zu können.
Jede Prothese lockert sich irgendwann. Dies ist in im Schnitt nach ca.
13 Jahren der Fall. Es gibt natürlich auch Fälle, in denen die Prothese
z.T. wesentlich länger hält, andererseits gibt es aber auch Fälle, bei
denen schon nach wenigen Jahren eine Lockerung eintritt. Ursachen
für solche Frühlockerungen lassen sich nicht immer finden. Ein Teil
dieser Frühlockerungen ist möglicherweise durch schleichende („low
grade“) Infekte bedingt. Es spielen sicher auch andere Ursachen eine
Rolle wie z.B. hohes Körpergewicht, oder verfrühter Abrieb des Polyäthylens: Die PE-Abreibpartikel werden vom Körper angegriffen, und
diese Komplexe aus PE und Fresszellen verursachen an der KnochenImplantat-Grenze Knochenauflösungen. Oder die Lockerung geht auf
hohe körperliche Aktivität zurück, was bedeutet, dass bei einem jüngeren Patienten, der sich mehr bewegt und belastet, die Standzeit im
Schnitt etwas kürzer ist als die oben genannten 13 Jahre.
Der Wechsel vom Schlitten auf die nächsthöhere Stufe, die Oberflächenprothese, z.B. bei Lockerung des Schlittens oder Fortschreiten
der Arthrose in den nicht ersetzten Gelenkabschnitten ist in der Regel
kein Problem. Ebenso ist der Wechsel von einer – z.B. gelockerten –
Oberflächenprothese auf ein gekoppeltes Gelenk ebenfalls meist unproblematisch. Aber auch eine zweite oder dritte Wechseloperation ist
mittlerweile aufgrund der modularen Prothesen und der Defektauffüllung durch Metallkeile, körpereigenen Knochen oder Fremdknochen
möglich geworden.
Gelenkersatz beim jungen Menschen
Selbstverständlich gilt auch heute noch, dass der Gelenkersatz so lange wie möglich hinausgezögert werden soll. Ein junger Mensch mit einem Gelenkersatz wird unter Umständen nicht nur einen, sondern
mehrere Wechsel erleben. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass
er am Ende seines Lebens in eine Situation kommt, in der ein erneuter
Wechsel technisch schwierig wird. Auf der anderen Seite lebt der
Mensch jetzt, und noch 20 Jahre zu warten und hochdosierte
Gelenkersatz 13 Schmerzmittel zu nehmen, ist keine wirkliche Alternative, zumal kein
Mensch weiß, wie lange er lebt. Wenn also ein junger Mensch sich der
oben genannten Problematik bewusst ist, unter einem extrem hohen
Leidensdruck steht und ein gelenkerhaltendes Verfahren nicht mehr in
Frage kommt, ist auch beim jüngeren Menschen durchaus ein Gelenkersatz angezeigt.
Metallallergie und Gelenkersatz
Ein Teil der Patienten bringt aus ihrer Vorgeschichte eine Allergie gegen Nickel, Chrom oder Kobalt mit. Der bewährte und gängige Werkstoff, aus dem die meisten Prothesen hergestellt sind, enthält – in unterschiedlicher Konzentration – eben diese Metalle. Ob der Einbau einer „normalen“ Prothese bei diesen Patienten tatsächlich allergische
Reaktionen auslösen würde, ist nach wie vor nicht hundertprozentig
geklärt. Letztendlich herrscht aber eine allgemeine Übereinstimmung,
bei Allergiepatienten –schon bei dem geringsten Hinweis – titanbeschichtete Prothesen einzubauen, die wir hier im Hause für die gängigen Modelle vorrätig haben. Ein routinemäßiger Allergietest vor der
Operation ist nicht notwendig, wenn bisher keine Reaktionen auf Metall
(Rötung der Haut bei Kontakt mit Modeschmuck, Hosenknopf, Uhr)
beobachtet wurden. Hinzu kommt, dass durchaus trotz negativen
Tests ein Patient erstmalig eine Allergie auf eine eingebaute Prothese
entwickeln kann. In der Summe stellt aber die Metallallergie kein ernsthaftes Problem dar.
Nach dem Gelenkersatz
Die Nachbehandlung verläuft nach einem festgelegten Schema. Nach
der Operation kommen Sie als Patient bis zum nächsten Tag auf die
Wachstation. Hauptgrund dafür ist, dass dort unter Aufsicht die
Schmerzmittel, die jeder Patient benötigt, in ausreichend hoher Dosierung in die Vene gegeben werden können. Auch wenn der Eingriff Routine ist, wird er dadurch nicht kleiner oder gar zur Bagatelle. Eine adäquate Schmerzbehandlung ist also erforderlich!
Am Folgetag kommt der Patient wieder auf die Normalstation. Die
Schmerzmittelgabe erfolgt ab dann in Tablettenform ebenfalls nach
festem, bewährtem Schema. Wenn dennoch Schmerzen auftreten sollten, kann jederzeit – z.B. mit einem Schmerzmittelpflaster – aufgestockt werden. Sie können dann auch schon aufstehen und Ihr Knie
voll belasten, aber natürlich nur mit Hilfe des Pflegepersonals.
Je nach Fördermenge werden die eingelegten Drainagen am ersten
oder zweiten. Tag nach der Operation entfernt. Es wird dann noch
einmal Blut abgenommen, um zu überprüfen, ob der bei der Operation
Gelenkersatz 14 zwangsläufig eintretende Blutverlust durch Blutkonserven ausgeglichen
werden muss.
Jede Kniegelenksersatzoperation geht – aufgrund der Wundfläche am
Knochen – mit einem gewissen Blutverlust einher. Eine Gabe von Blutkonserven ist aber nur selten erforderlich. Das früher häufig praktizierte
Verfahren der routinemäßigen Eigenblutspende haben wir wieder verlassen, da diese nicht völlig gefahrlos ist (z.B. hinsichtlich bakterieller
Verunreinigung) und die Sicherheit der Fremdblutgabe in den letzten
Jahren deutlich gestiegen ist (bessere Nachweismethoden eventueller
Viren). Zudem steht der Aufwand nicht in Relation zur nur selten vorhandenen Notwendigkeit einer Blutgabe. Auf Wunsch kann dieses Verfahren jedoch nach wie vor durchgeführt werden.
Die Krankengymnastik beginnt nach der Entfernung der Drainagen. Ziel
ist es, dass Sie ca. eine Woche nach der Operation eine Beugung von
90 Grad erreichen. Gelingt dies nicht, muss das Bein örtlich betäubt
werden und kann dann ohne Schmerzen von der Krankengymnastin
bewegt werden.
An den etwa zweiwöchigen Krankenhausaufenthalt schließt sich eine
Rehabilitation an. Entweder stationär (ca. drei Wochen) oder ambulant.
Die Reha wird durch unseren Sozialdienst veranlasst.
Nach sechs Wochen gehen fast alle Patienten daheim ohne Gehstützen und benutzen diese nur noch, wenn sie außerhalb des Hauses längere Strecken gehen.
Eine Überwärmung und Schwellneigung kann ein halbes bis ein Jahr
bestehen bleiben. Deswegen soll man auch nach einem solchen Gelenkersatz in diesem Zeitraum nicht in die Sauna o.ä. gehen. Im Zweifel
sollte aber nachgesehen werden, ob die Schwellneigung und Überwärmung noch im Bereich des Normalen ist!
Gleiches gilt für uncharakteristische Restbeschwerden, welche ebenfalls ein halbes bis einem Jahr verbleiben können, aber nicht müssen!
Gelegentlich hört man von Patienten: „Ein Jahr hat es gedauert, dann
war es aber gut.“
Ein leichtes Klicken beim Belasten kann vorkommen und erklärt sich
dadurch, dass die Oberschenkelkomponente mit der PolyäthylenLauffläche in Kontakt kommt. Es hat keinen Krankheitswert.
In der Regel wird eine Beugefähigkeit von ca. 120 Grad erreicht. Das
ist ein gutes Ergebnis. Bezüglich der Beugefähigkeit und der Drehfähigkeit erwarten wir von dem Gelenk, welches wir derzeit implantieren,
– einer Neuentwicklung – gute Ergebnisse.
Gelenkersatz 15 Ergebnisse und mögliche Probleme
Generell ist die Knieprothetik ein sehr erfolgreiches Verfahren. Etwa 90
bis 95 Prozent aller Patienten sind mit dem erzielten Ergebnis zufrieden! Die Erfolgsrate ist aber nicht so hoch wie bei der Hüftprothese,
was sich durch den komplizierteren Aufbau des Kniegelenkes erklärt
(s.o.).
Das häufigste Problem ist der vordere Knieschmerz, gefolgt von der
Arthrofibrose (s.u.), aber auch eine spätere Bandinstabilität kann eine
Ursache sein.
1. Der vordere Knieschmerz
Die Patienten, die einen vorderen Knieschmerz haben (ca. fünf bis zehn
Prozent), klagen vorwiegend beim Treppensteigen und längerem Sitzen
über Schmerzen im vorderen Gelenkbereich. Dieser Schmerz ist Ausdruck eines Problems im Gelenk zwischen Kniescheibenrückfläche und
Oberschenkelkomponente (vorderer Anteil, sog. Patellaschild).
Fünf bis zehn Prozent hört sich viel an. Man muss aber wissen, dass
diese Beschwerden sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. Die Rate der
Patienten, für die dieser vordere Knieschmerz ein ernsthaftes Problem
darstellt, ist wesentlich niedriger!
Die Ursachen sind nach wie vor nicht ganz geklärt. Man geht davon
aus, dass ein zu hoher Anpressdruck in diesem Gelenk vorliegt. Der
Anpressdruck hängt u.a. von der Dicke der Kniescheibe ab. Die Tatsache, ob man die Kniescheibenrückfläche ersetzt oder nicht, spielt hierbei übrigens eine untergeordnete Rolle!
Bei der Entstehung des vorderen Knieschmerzes spielt sicher auch das
Design der Oberschenkelkomponente, namentlich Form und Verlauf
der Rinne, in der die Kniescheibe gleitet, eine Rolle. Wir implantieren
derzeit Prothesen, von denen wir überzeugt sind, dass die Gleitrinne
optimal gestaltet ist.
Als weiterer wichtiger Faktor ist die Drehung der Oberschenkelkomponente zu nennen. Baut man den Oberschenkelteil mit zu viel Innendrehung ein, dreht man die Gleitrinne von der Kniescheibe weg. Die Kniescheibe läuft dann zu weit außen, ist quasi „zwangsgeführt“ und macht
Beschwerden.
Fehlt die Kraft in den Muskeln, die die Kniescheibe sauber in der Rinne
führen, kommt es ebenfalls zu Beschwerden. Ein Erhalt des Muskelmantels auch nach der Reha ist also wichtig!
Gelenkersatz 16 2. Arthrofibrose
Selten kann – nach anfänglich guter Beweglichkeit – Wochen später
das Bewegungsausmaß infolge von Verklebungen im Gelenk zurückgehen. Die Ursache dieser sogenannten Arthrofibrose ist unklar, sie ist
ein Symptom vieler möglicher Faktoren.
Im Falle einer Arthrofibrose wenden wir einen „Stufenplan“ an. Als erster Schritt wird das Bein durch Einspritzen von örtlicher Betäubung in
der Leiste durch den Narkosearzt „lahmgelegt“ und kann dann ohne
Schmerzen täglich krankengymnastisch beübt werden und zusätzlich
mehrere Stunden passiv auf einer Motorschiene durchbewegt werden.
Diese Maßnahme wird in einem etwa viertägigen Krankenhausaufenthalt durchgeführt. Diese Behandlung führt sehr oft zum Erfolg. Wir sehen es häufig, dass schon direkt nach der Leistenbetäubung durch das
Eigengewicht des Beines beim Anheben die Beweglichkeit schlagartig
wieder zunimmt!
Wenn diese Maßnahme nicht den gewünschten Erfolg zeigt, folgt
Schritt zwei: Das Gelenk wird wieder eröffnet, die Verklebungen gelöst
und die verdickte Kapsel ausgedünnt. Findet man bei der Operation ein
mechanisches Problem, wird es beseitigt (z.B. Ausdünnung einer zu
dicken Kniescheibe). Es schließt sich wieder eine Motorschienen- und
KG-Behandlung, wie bei Schritt eins an.
Wenn auch dies nichts nützt, bleibt als letzter Rettungsanker nur das
Durchtrennen aller Bänder und der Wechsel auf eine gekoppelte Prothese. Diese Maßnahme ist aber nur sehr selten erforderlich!
3. Irritationen der Gelenkschleimhaut
Jede Operation stellt einen Reiz für das Gelenk dar. Darauf reagiert die
Gelenkschleimhaut gelegentlich mit der Produktion von Flüssigkeit. Es
kann sich ein sogenannter Reizerguss bilden, der manchmal auch
punktiert werden muss. Solch eine Punktion ist nicht belastend. Das
Entstehen eines Reizergusses ist nicht ungewöhnlich und stellt keine
Komplikation dar!
4. Infektionen
Sehr selten (in ca. 0,5 Prozent der Fälle) kommt es zu einer bakteriellen
Infektion. Diese hat nichts zu tun mit eventuellen Reizzuständen des
Gelenkes nach der Operation! Die bakterielle Infektion äußert sich
durch einen eitrigen Gelenkerguss, Fieber, heftige Schmerzen und hohe Entzündungswerte im Blut. Man unterscheidet Frühinfekte (innerhalb der ersten sechs Wochen nach der Operation) und Spätinfekte.
Die Spätinfektion entsteht wahrscheinlich durch Keimverschleppung
von anderen Entzündungsherden über das Blut in das Gelenk und kann
Gelenkersatz 17 noch Jahre nach der OP auftreten! Deswegen müssen z.B. bei Prostataoperationen, bei denen Bakterien in das Blut eingeschwemmt werden, Antibiotika gegeben werden, um die Prothese zu schützen.
Tritt eine Frühinfektion auf, so wird in der Regel das Gelenk wieder eröffnet, die oberflächliche Schleimhaut entfernt, die auswechselbaren
Teile – d.h. das Polyäthylen – gegen neue ausgetauscht, das Gelenk
mit antiseptischer Lösung mit einer Druckspülung gereinigt („JetLavage“) und ein Antibiotikum eingelegt. Zusätzlich werden Antibiotika
über die Vene gegeben. Mit diesem Vorgehen hat man eine Chance
von 50 Prozent, die Infektion zur Ausheilung zu bringen. Tritt keine Heilung ein oder liegt eine Spätinfektion vor, wird ein sogenannter zweizeitiger Wechsel durchgeführt: Die Prothese wird ausgebaut, sämtliches
verändertes Gewebe entfernt, das Gelenk mit der Jet-Lavage gespült
und ein Antibiotikum eingelegt. Anschließend wird ein sogenannter
Platzhalter („Spacer“) bestehend aus einem Prothesenoberteil, Polyäthylenlauffläche und einem aus antibiotikahaltigem Knochenzement
geformten Unterschenkelteil eingelegt, ohne befestigt zu werden. Dieser Spacer erlaubt es, den Patienten zu bewegen, wodurch die Beweglichkeit des Gelenkes erhalten bleibt. Auftreten darf er damit aber nicht.
Nach etwa zwölf Wochen, wenn die Infektion sicher ausgeheilt ist, wird
dann eine neue Prothese eingebaut. Mit diesem Vorgehen lassen sich
90 Prozent der Infektionen zur Ausheilung bringen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Infektionen erfreulicherweise
selten sind. Wenn sie auftreten, sind sie fast immer beherrschbar, dies
u.U. jedoch mit einem relativ aufwendigen Verfahren. Eingriffe bei nicht
beherrschbarer Infektion, wie z.B. eine Versteifung, sind absolute Raritäten.
5. Hämatome, Thrombosen, Embolien
In seltenen Fällen kann es notwendig werden, Blutreste aus dem Gelenk operativ zu entfernen (Hämatomausräumung, ca. 0,3 Prozent der
Fälle).
Wie bei jeder Operation am Bein können beim Kniegelenksersatz Venenthrombosen und schlimmstenfalls daraus resultierend Lungenembolien entstehen. Der Kniegelenksersatz stellt sogar eine Hochrisikooperation diesbezüglich dar. Deswegen wird standardmäßig eine medikamentöse Vorbeugung mit Heparinspritzen durchgeführt. Frühzeitige Mobilisation und Physiotherapie, weichteilschonendes Operieren
und kurze Operationszeiten tragen dazu bei, die Thromboserate weiter
zu senken. Erfreulicherweise ist der Anteil bei uns sehr niedrig (ca. 0,5
Prozent). Dennoch kann ein solches Geschehen nie völlig ausgeschlossen werden. Das Risiko hängt auch von Faktoren ab, die der
Patient mitbringt, z.B. dem Übergewicht. Patienten, die früher schon
mal ein Blutgerinnsel hatten, haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko im
Gelenkersatz 18 Rahmen der Knieoperation eine Thrombose zu bekommen. Darüber
hinaus gibt es auch erbliche Störungen der Gerinnung, die mit einem
erhöhten Thromboserisiko einhergehen. Patienten, die früher schon
Gerinnsel ohne jeglichen erkennbaren Anlass bekommen haben, sollten in jedem Fall vorher ihr Blut untersuchen lassen.
Was kann man mit einer Knieprothese hinterher machen?
Prinzipiell gilt: Je höher die körperliche Aktivität ist, desto mehr wird
das Polyethylen abgerieben (was letztendlich eine Lockerung mit verursacht). Andererseits lässt man sich ja unter anderem das Gelenk gerade ersetzen, um körperliche Aktivitäten wieder zu ermöglichen. Zudem sorgt ein guter Muskelmantel – neben dem Vermeiden von Beschwerden (s.o.) – für eine intensive Knochendurchblutung (Trophik)
und hilft auf diese Weise, die Standzeit zu verlängern. In der Konsequenz bedeutet dies, dass der Patient mit einem Kniegelenksersatz
einen gesunden Mittelweg zwischen zu viel und zu wenig Belastung
finden sollte. Günstig sind Wandern (in welcher Form und unter welchem Namen auch immer) – vorzugsweise auf ebener Erde oder bergauf, sofern realisierbar –, Schwimmen, Radfahren und Skilanglauf.
Sportarten mit abrupten Stopbewegungen (z.B. Tennis) sind zu vermeiden, weil dadurch die Prothese quasi „losgerüttelt“ werden kann.
Ähnliches gilt für das Skifahren. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang, dass Bandverletzungen, wie sie ja beim Skifahren durchaus gehäuft vorkommen, bei einliegender Knieprothese problematisch sein
können und man in diesen Fällen manchmal auf eine gekoppelte Prothese wechseln muss. Hinzu kommt noch die Gefahr eines Knochenbruches in der Nähe der Prothese. Letztendlich muss dies aber jeder
für sich selbst entscheiden. Wenn sich ein Patient der möglichen Probleme bewusst ist, sich aber aufgrund des hohen Stellenwertes, den
z.B. das Tennisspielen für ihn hat, dennoch entscheidet, den Sport
weiterhin auszuüben, ist dies zu akzeptieren.
Golf mit linksseitiger Knieprothese ist nicht unproblematisch wegen der
Drehung im Gelenk beim Durchschwung und dem damit u.U. vermehrtem Polyethylenabrieb. Eine Umstellung des Standes (offener Stand) ist
zu empfehlen.
Gelenkersatz 19 Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Knieprothese ein sehr
bewährtes Verfahren mit einer hohen Erfolgsrate ist. Die Quote ist nicht
ganz so hoch wie beim Hüftgelenksersatz, was sich dadurch erklärt,
dass der Bewegungsablauf im Kniegelenk wesentlich komplexer ist als
bei der Hüfte (Roll-Gleit-Bewegung versus Kugelgelenk) und die Zahl
der Faktoren, die das Ergebnis beeinflussen, erheblich größer ist. Dennoch stellt das Verfahren eine sehr gute Alternative dar zum Nichtstun
und Weiterleben mit der Arthrose.
Oberflächenprothesen werden seit ca. 1985 in großer Stückzahl eingebaut. Nichtsdestotrotz ist eben wegen der genannten Probleme die
Entwicklung noch nicht abgeschlossen. In der Zukunft ist eine weitere
Optimierung zu erwarten.
Entscheidend ist – auch das ist eindeutig erwiesen –, dass der Erwartungshorizont des Patienten stimmt. Er muss gut und objektiv informiert in die Operation gehen und wissen, was ihn erwartet. Eine Bagatellisierung und Beschönigung kann u.U. hinterher zur Unzufriedenheit
des Patienten führen.
Wir hoffen, Sie mit diesem Artikel hinreichend informiert und den richtigen Erwartungshorizont erzeugt zu haben!
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