Lärm entsteht im Kopf
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Lärm entsteht im Kopf
Lärm entsteht im Kopf Was wir als störenden Lärm empfinden, ist in der Regel von Menschen gemacht. Das Lärmempfinden ist individuell: Was den einen nervt, braucht der andere, um sich wohl zu fühlen. Geräusche aus der Natur, auch wenn sie sehr laut sind, werden in der Regel nicht als Lärm betrachtet. Das Leiden am Lärm ist so alt wie die Menschheit. Klagen über Lärm galten jedoch lange als Privatangelegenheit. Vor allem Schriftsteller, die in Ruhe arbeiten wollten, klagten über Lärm. Der grosse Philosoph Schopenhauer war sehr lärmempfindlich und notierte: «Ich hege wirklich längst die Meinung, dass die Quantität Lärm, die jeder unbeschwert ertragen kann, in umgekehrtem Verhältnis zu seinen Geisteskräften steht. Denn das, was sie so unempfindlich macht gegen Lärm jeder Art, macht sie auch unempfindlich gegen das Schöne.» Schopenhauers Theorie gipfelte darin, dass er den lärmempfindlichen Mensch als den besseren Mensch sah. Auch von Franz Kafka ist bekannt, dass er fleissiger Benutzer von Ohropax war. Die Lärmklagen vor der Industrialisierung wurden jedoch nicht ernst genommen bzw. als schrullig abgetan. So liess etwa Marcel Proust die Wände seines Arbeitszimmers mit Kork verkleiden. Immanuel Kant kaufte einem Nachbarn den Hahn ab, dessen Krähen ihn beim Denken störte und sorgte dafür, dass dieser in seinem Suppentopf landete. Wer hat sich nicht schon einmal über 28 schweizer hausapotheke 9/11 die laute Musik der Nachbarn genervt, über das frühmorgendliche Kirchenglockengeläute, über Kuhglocken im schönen und idyllischen Feriendörfchen, lautes Hundegebell, einen Pressluftbohrer usw.? Wir sind dauernd von Geräuschen umgeben, manche nennen es Lärm. Doch was ist Lärm? Lärm entsteht im Kopf jedes einzelnen Menschen, hier wird entschieden, ob es sich bei einem Geräusch um Lärm handelt. Lärm ist interpretiertes Geräusch, und dazu gehören immer zwei: ein Geräusch und ein Mensch, der auf dieses Geräusch reagiert. Niemand ist bei der Frage nach dem schlimmsten Lärm um eine Antwort verlegen. Doch kaum je erhält man von zwei Menschen die gleiche Antwort. Denn in jedem Kopf wird etwas anderes zu Lärm. Interessanterweise bezeichnen wir alle Geräusche, die in der Natur hörbar sind, selbst die lautesten Donner, nicht als Lärm. Nicht das Geräusch, sondern die Reaktion darauf entscheidet, wo für jemanden der Lärm beginnt. Wenn man dem Phänomen des Lärms auf die Spur kommen will, muss man deshalb beim Hörer bzw. der Hörerin selbst anfangen. Ganz allgemein kann man sagen: Lärm ist Schall, der irgendjemanden stört, belastet, ängstigt, beunruhigt, ablenkt, aufregt oder nervös macht. Nicht alle Sprachen unterscheiden zwischen Lärm und Geräusch. Mit «noise», «bruit» und «rumore» etwa werden ganz neutral Geräusche bezeichnet, erst in zweiter Linie bedeuten diese Worte auch Lärm. Ganz anders im Deutschen: Die deutsche Sprache hat für Geräusche, die stören, ein besonderes Wort, und zwar ein dramatisches. Etymologisch kommt das Wort Lärm von Alarm, dem alten italienischen Schlachtruf «all'arme» – «zu den Waffen!». Noch bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts hinein war Lärm vor allem ein Begriff aus dem militärischen Bereich, wofür noch heute ungebräuchliche Zusammensetzungen wie «Lärmplatz» (ein Ort, an dem Soldaten unter Waffen traten), «Lärmbläser» und «Lärmschläger» (Trompeter bzw. Tambour, der den Aufruf zum Sammeln gab) zeugen. Knapp hundert Jahre später definierte der deutsche Sprachforscher und Lexikograph Johann Christoph Adelung den Begriff Lärm als «ein jeder lauter, beschwerlicher Schall». Der Schriftsteller Kurt Tucholsky notierte kurz und bündig: «Lärm ist das Geräusch der anderen.» Heute wird Lärm zum Beispiel in Gesetzestexten als «unerwünschter Schall» definiert und enthält somit neben einer biophysikalischen und medizinischen auch eine subjektive Komponente. So können zum Beispiel Geräusche von Kinderspielplätzen von ablehnend bis erfreut ganz unterschiedlich beurteilt werden. Oder mit anderen Worten: Lärm muss nicht laut sein, um uns zum Wahnsinn zu treiben – ein tickender Wecker, das Tropfen eines Wasserhahns oder das gedämpfte Geräusch des Fernsehers aus der Nachbarwohnung, das uns nicht schlafen lässt, genügen durchaus. Umgekehrt können auch laute Geräusche ein Gefühl der Ruhe vermitteln. Das Rauschen eines Gebirgsbachs etwa würde ein Wanderer auch dann nicht als Lärm bezeichnen, wenn es, in Dezibel gemessen, so laut ist wie der Verkehr auf einer Autobahn; denn aus dem Rauschen eines Bachs macht der Kopf des Wanderers etwas anderes als aus dem Rauschen von Autos. Unterschiedliche Wahrnehmung Bei der Frage, ob wir ein Geräusch als Lärm empfinden, spielt seine Ursache also eine wichtige Rolle. Ein Geräusch, dessen Notwendigkeit man einsieht, erträgt man leichter als ein Geräusch, das man für überflüssig und willkürlich hält. Ein Knacken in den Heizungsrohren stört den Schlaf dann besonders stark, wenn man glaubt, mit der Heizung stimme etwas nicht. Erklärt uns der Monteur, dass das Knacken deshalb entsteht, weil sich mit der steigenden Temperatur die Metallrohre ausdehnen, stört einen das Geräusch weniger. Doch nicht die Ursache allein bestimmt, ob wir ein Geräusch als Lärm empfinden. Es hängt auch von der Verfassung, den Vorlieben und der Stimmung eines Menschen ab, ob Geräusche als Lärm wahrgenommen werden. Die meisten Geräusche, die wir als Lärm wahrnehmen, sind von Menschen verursacht. Unsere innere Einstellung zur Quelle des Geräuschs entscheidet sodann darüber, ob ein Geräusch Lärm ist. Mögen wir unseren Nachbarn, so können wir seinen lauten Rasenmäher eher ertragen, als wenn wir in dauerndem Streit mit ihm leben würden. Erst mit der Industrialisierung wurde die Wahrnehmung von Lärm ein öffentliches Ärgernis. Die Städte wuchsen und mit ihnen die Geräusche respektive der Lärm. Anfang des 20. Jahrhunderts entstand die erste deutsche Anti-Lärm-Bewegung, gegründet vom Philosophen und Schriftsteller Theodor Lessing. Mit seinem Antilärm-Verein forderte er die «Unterdrückung und Beseitigung jedes unnötigen Lärmes durch Automobile und Strassenbahn, Kehricht- und Abfuhrwagen, Hundegebell usw.» Doch welche Folgen hat überhaupt Lärm? Dass Lärm krank macht, wissen alle. Doch beweisen lassen sich nur feststellbare Gehörschäden. Für viele Krankheitssymptome, die mit dem Lärm in Verbindung gebracht werden wie Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Bluthochdruck, Verdauungsstörungen, Impotenz, Depressionen kommen auch andere Ursachen in Frage. Es erstaunt daher nicht, dass es nur wenige medizinische Untersuchungen zur Wirkung von Lärm gibt, die wissenschaftlichen Kriterien standhalten. Stille macht Angst Hören wir uns einmal bewusst um, so stellen wir fest, dass wir nicht nur von unangenehmen Geräuschen beschallt werden, sondern auch von dauernder Hintergrundmusik, die wir häufig nicht einmal mehr wahrnehmen. Die wenigsten Menschen fühlen sich durch sie gestört, im Gegenteil, es würde ihnen etwas fehlen, wenn sie nicht mehr da wäre. Sehr viele Menschen wünschen sich sogar diese Musik. Sie lassen sich vom Radiowecker mit Musik wecken, sie stöpseln ihre Ohren zu, sobald sie die Wohnung verlassen. Im Warenhaus, in öffentlichen Toiletten, im Restaurant, selbst beim Zahnarzt sind wir dieser Dauerberieselung ausgesetzt. Wagen wir es, in einem Restaurant das Personal zu bitten, die Musik etwas leiser oder gar abzustellen, wirkt man exotisch. Eines ist sicher: Die absolute Stille gibt es nicht. Wenn es sie gäbe, wäre es uns unheimlich zumute. Trotzdem: Etwas mehr Ruhe täte wahrscheinlich allen gut. Doch vielleicht ist es einfach so, wie es 1957 der berühmte Schweizer Psychiater C. G. Jung dem Gründer der Schweizer Liga gegen den Lärm, Karl Oftinger, in einem Brief schrieb: «Der Lärm gibt ein Sicherheitsgefühl wie die Volksmenge. Der Lärm schützt uns vor peinlichem Nachdenken, er zerstreut ängstliche Träume, er versichert uns, dass wir ja alle zusammen seien und ein solches Getöse veranlassen, dass niemand es wagt, uns anzugreifen.» Mit Lärm meinte Jung durchaus auch Hintergrundmusik; er beobachtete Konzentrationsprobleme bei Kindern, die ihre Hausaufgaben bei laufendem Radio machten. Heute ist es nicht mehr das Radio, sondern die laute Musikanlage, der Computer, das Handy, der MP3Player, die Spielkonsole usw., die laut sind und ablenken! Elisabeth Bürkler BUCHTIPP Sieglinde Geisel: Nur im Weltall ist es wirklich still Galiani Verlag. 2010 Jetzt fehlende Vitamine ersetzen! Helfen Sie Ihrem Körper bei dieser Herausforderung mit nur 1 Tablette pro Tag! Biorganic Geri Gisand – 23 Inhaltsstoffe führen Ihrem Körper alle notwendigen Vitamine, Mineralien und Spurenelemente zu. Ginseng-Extrakt und wichtige Aminosäuren wirken stärkend und verbessern die Konzentrationsfähigkeit. Bitte lesen Sie die Packungsbeilage! 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