Lärm – die Auswirkungen auf unseren Körper

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Lärm – die Auswirkungen auf unseren Körper
1 Y 12751 F
tag1·2001
für tag
Januar/Februar
Arbeitssicherheit und
Gesundheitsschutz rund um
Druck und Papierverarbeitung
Lärm –
die Auswirkungen
auf unseren Körper
tag für tag 1·2001
Mitteilungsblatt der Berufsgenossenschaft
Druck und Papierverarbeitung
für Prävention, Rehabilitation und
Entschädigung bei Arbeitsunfällen
und Berufskrankheiten
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3
Inhalt
Impressum
BG berichtet
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8
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Aktuelles
Unfälle
Aus- und Weiterbildung
»Alkoholfreier Betrieb«
Prüf- und Zertifizierungsstelle
Sicherheitstechnische Prüfung von
Maschinen trotz CE-Zeichen
erforderlich
Foto: Sitag AG
Schöne neue Bürowelt von morgen
Während der Büromöbelmesse Orgatec in Köln zeigten die
Hersteller, wie man sich das Büro der Zukunft vorzustellen
hat. Es besteht neben der Möblierung aus Laptop, Telefon
und eventuell noch aus einigen wenigen Unterlagen sowie
einer Kaffeekanne. »Den festen Arbeitsplatz gibt es nicht
mehr und Schriftliches braucht man nicht mehr. Morgens
greift man sich seinen irgendwo abgestellten Container und
dockt an einem freien Platz an. Jeder wie es ihm gefällt.«
So ist es oft zu hören und die Büromöbelindustrie liefert
die entsprechenden Produkte. Ob dies alles auf breiter
Front zu realisieren sein wird, ist doch zu bezweifeln. Denn
da gibt es auch noch den Menschen mit seinen mitunter
starren Verhaltensmustern, der mitspielen muss. Bereits
der Dreijährige sucht sich im Kindergarten »seine« Spielecke. Der Erwachsene besteht in der Kantine, während
Seminaren oder selbst bei Busfahrten oftmals auf eine festgelegte Sitzordnung. Nur im »Online-Büro« soll das plötzlich ganz anders sein? Arbeiten ausschließlich mit Laptop
Sicherheit
Gesundheit
Betriebe
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Brand in einer Tiefdruckerei
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Sicherheitsbewusstsein –
Jeder Einzelne trägt
Verantwortung
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Old work – new work
Ende der Schreibtischkultur?
Umwelt-, Arbeits- und Gesundheitsschutz aus einer Hand
Früher überlebensnotwendig,
heute eine Last – Die Auswirkungen
von Lärm auf unseren Körper
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Arbeitsplätze in der digitalen
Fotografie – Ein Bildschirm ist
immer dabei
Nicht, weil es in Vorschriften steht …
Problemlösungen
Lärmschwerhörigkeit
Welcher Gehörschutz
ist wann geeignet?
Lärmschutz an Zeitungsrotationen
Impressum
Verantwortlich für den Inhalt
Michael Boettcher
Direktor der
Berufsgenossenschaft
Schriftleitung Arbeitssicherheit
Albrecht H. Glöckle
Leiter des Bereichs
Prävention
und Kaffeekanne ist z. B. bei manchen redaktionellen Arbeiten vorstellbar –, aber im »normalen« Büro oder im grafischen Bereich? Warten wir's ab, vorläufig zumindest arbeitet man in Büros unserer Branche und bei der elektronischen Medienherstellung noch recht herkömmlich. Man ist
gut beraten, dies bei der Auswahl und beim Kauf von Büromöbeln zu beachten und bei der Festlegung der erforderlichen Tischfläche und des Stauraumes zu berücksichtigen.
Siehe auch Seiten 14 / 15.
Redaktion
Peter Trefz
Gestaltung
Heine/Lenz/Zizka,
Frankfurt am Main
Lithografie
City Repro, Mainz
Druck
brühl druck + pressehaus,
Giessen
Der Bezugspreis für das
Mitteilungsblatt ist durch den
Mitgliedsbeitrag abgegolten.
Nachdruck nach Vereinbarung
mit der Berufsgenossenschaft
und mit Quellenangabe erlaubt.
Erscheinungsweise
zweimonatlich
Verlag
Berufsgenossenschaft Druck
und Papierverarbeitung
65173 Wiesbaden
Telefon Sammelnummer
06 11-131.0
Telefax
06 11-131.100
Internet
http://www.bgdp.de
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BG berichtet
tag für tag 1·2001
Aktuelles
Öffentliche
Bekanntmachung
Die Vertreterversammlung der Berufsgenossenschaft Druck und Papierverarbeitung hat
den 5. Nachtrag zur Unfallverhütungsvorschrift »Krane« (BGV D 6/bisher VBG 9)
mit Wirkung vom 01.01.2001 beschlossen.
Das Bundesministerium für Arbeit und
Sozialordnung hat ihn mit Schreiben vom
28. November 2000 genehmigt.
Der Nachtrag wird im Bundesanzeiger veröffentlicht. Kostenlose Exemplare des Nachtrags können bei der Berufsgenossenschaft
angefordert werden. Im Wesentlichen wurde
die Unfallverhütungsvorschrift an EU-Verordnungen angepasst. Weiterhin muss
zukünftig der Sicherheitsabstand von 0,5 m
zwischen Decke und Kranbrücke bzw. Ausleger nicht mehr eingehalten werden, wenn
sich auf der Kranbrücke oder am Ausleger
keine Bühnen oder Laufstege befinden.
Unfallgefahren bei
flüssiggasbetriebenen Gabelstaplern
Bei Gabelstaplern mit Flüssiggasbetrieb
haben sich in der Vergangenheit mehrere
schwere Explosionen und Brände ereignet.
Ursache waren mangelhafte Verdampferdruckregler. Soweit feststellbar, waren
stets Verdampferdruckregler des Fabrikats
»IMPCO, Typ J« installiert.
Diese müssen ausgetauscht werden, z.B.
durch die verbesserte Version des Verdampferdruckreglers »IMPCO, Typ Cobra«. Neben den Gabelstaplern können auch
alle anderen flüssiggasbetriebenen Fahrzeuge, wie z.B. Schneeräumer, betroffen
sein, da deren Treibgasanlagen weitgehend
baugleich sind.
Weitere Informationen enthält das
Informationsblatt »Brand- und Explosionsgefahren bei flüssiggasbetriebenen
Flurförderzeugen« (Bestell.Nr. 427), das
kostenlos bei der Berufsgenossenschaft
Druck und Papierverarbeitung angefordert
werden kann (Fax: 0611-131.222). – Pe –
alt
neu
Vertreterversammlung
Zu ihrer jährlichen Sitzung traf sich die
Vertreterversammlung der Berufsgenossenschaft Druck und Papierverarbeitung
am 15. November 2000 in Wiesbaden.
In der Sitzung nahm die Vertreterversammlung die Jahresrechnung 1999 ab
und erteilte Vorstand und Geschäftsführung Entlastung. Gleichzeitig stellte
sie den Haushaltsplan für 2001 fest. Er
sieht für die Berufsgenossenschaft Ausgaben in Höhe von 260,5 Millionen Mark
vor. Davon entfallen 22,7 Millionen Mark
auf den Bereich Prävention. Ferner sind
für die medizinische und soziale Rehabilitation von Verletzten 60,2 Millionen
Mark sowie 13,6 Millionen Mark für die
Zahlung von Verletztengeld vorgesehen.
Die größte Einzelposition stellen mit 119
Millionen Mark wie in den vergangenen
Jahren die Rentenzahlungen dar. Uwe
Petersen, Vorsitzender des Vorstandes,
wies in seinem Bericht darauf hin, dass
rund 83 % aller Ausgaben als Geld- oder
Sachleistungen an Versicherte und Mitgliedsbetriebe zurückfließen.
In seinem Bericht ging Petersen auch
auf einige Schwerpunkte der Präventionsarbeit ein. So führte er die Schulungsprogramme zur Verkehrssicherheit an. Diese
Programme sind auf die Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen abgestimmt und
werden derzeit einer wissenschaftlichen
Wirkungskontrolle unterzogen. Verstärkt
wird auch über psychische Beanspruchungen diskutiert. Für dieses Problemfeld
entwickelt die Berufsgenossenschaft
gegenwärtig Beurteilungshilfen. Petersen
betonte den praxisgerechten Ansatz
Walter
Eßbauer
dieser Hilfen. Auf der Tagesordnung
der Vertreterversammlung standen auch
personelle Veränderungen in den
Selbstverwaltungsorganen. So wurde
Walter Eßbauer als Nachfolger von Klaus
Pickshaus zum neuen stellvertretenden
Vorsitzenden der Vertreterversammlung
gewählt.
Walter Eßbauer gehört der Industriegewerkschaft Medien an. Er ist langjähriges Mitglied der Vertreterversammlung
auf Versichertenseite sowie Mitglied im
Ausschuss für Prävention und im Haushaltsausschuss.
– Sp –
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BG berichtet
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Neuordnung der
Unfallverhütungsvorschriften
Für weite Bereiche des Arbeitsschutzes wurden in den vergangenen Jahren auf europäischer Ebene gemeinsame
Regeln erlassen. Dies war erforderlich, um Wettbewerbsverzerrungen auszuschließen. Dadurch konnte ein Teil der
berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschriften
entfallen, andere Teile mussten angepasst werden. Vor
diesem Hintergrund wurde es sinnvoll, das gesamte berufsgenossenschaftliche Vorschriften- und Regelwerk neu zu
ordnen. Künftig wird es BG-Vorschriften (BGV), BG-Regeln
(BGR), BG-Informationen (BGI) und BG-Grundsätze (BGG)
geben:
Die BG-Vorschriften entsprechen den bisherigen Unfallverhütungsvorschriften, werden aber anstelle von
Durchführungsanweisungen eine ausführliche Begründung haben.
In den BG-Regeln wird beschrieben, wie in der Praxis
Schutzziele aus BG- oder staatlichen Vorschriften umgesetzt werden können. Sie entsprechen etwa den
bisherigen »ZH 1-Regeln« bzw. »ZH 1-Merkblättern«.
BG-Informationen werden von einer oder ggf. mehreren
Berufsgenossenschaften verfasst. Sie entsprechen
etwa Fachbroschüren, die auch von unserer Berufsgenossenschaft in der Vergangenheit vielfältig herausgegeben wurden, z. B. »Bildschirm-Arbeitsplätze« oder
»Arbeiten im Offsetdruck«.
BG-Grundsätze beinhalten Vorgaben für die Prüfung
technischer Arbeitsmittel oder arbeitsmedizinische
Grundsätze.
Umsetzung
Die beschriebene Neuordnung gilt für alle künftig erarbeiteten Vorschriften und Regeln. Vorschriften, die nicht
weiter entwickelt werden, behalten ihre alten Bezeichnung
und gelten weiterhin für »alte« Maschinen.
Von den 27 Unfallverhütungsvorschriften, die bei der
Berufsgenossenschaft Druck und Papierverarbeitung erlassen sind, werden 15 Einzelvorschriften weiter entwickelt
und erhalten dementsprechend eine neue Nummerierung,
z. B.
»Allgemeine Vorschriften«, bisher VBG 1, neu BGV A 1
»Erste Hilfe«, bisher VBG 109, neu BGV A 5
»Lärm«, bisher VBG 121, neu BGV B 3
»Leitern und Tritte«, bisher VBG 74, neu BGV D 36
Wie hält man Unfallverhütungsvorschriften im
Betrieb aktuell?
Im Großen und Ganzen wie bisher: Kommt es zu wesentlichen Änderungen der 15 Einzelvorschriften, die weiter
entwickelt werden, dann wird dies in unserer Zeitschrift
veröffentlicht. Die Vorschriften können kostenlos angefordert werden; neue Vorschriftenbände werden damit ausgestattet. Auch die Nummerierung wird angepasst. Ist von
einer dieser Vorschriften ein Nachdruck erforderlich, ohne
wesentliche Textänderung, dann wird ebenfalls die neue
Nummerierung übernommen. Die in den Betrieben vorhandenen Vorschriftenbände können die gleichen Vorschriften
mit der alten Nummer enthalten.
Insgesamt 12 der von unserer Berufsgenossenschaft
Zukünftige Systematik der Unfallverhütungserlassenen Vorschriften werden nicht weiter entwickelt.
vorschriften
Die dort enthaltenen Bau- und Ausrüstungsbestimmungen
BG-Vorschriften werden zunächst in zwei Gruppen geteilt. entfallen, da sie durch europäische Vorschriften und NorDie erste Gruppe stellt den Kern der zukünftigen Vorschrif- men ersetzt werden, z. B. »Kraftbetriebene Arbeitsmittel«,
ten dar. Hier sind arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogene
»Hebebühnen«, »Druck und Papierverarbeitung«. Wann
Vorschriften zusammengefasst. Sie erhalten neue Numme- diese einzelnen Vorschriften außer Kraft treten, wird in
rierungen und werden in vier Gruppen eingeteilt: BGV A
dieser Zeitschrift veröffentlicht; sie können dann aus den
für Allgemeine Vorschriften und betriebliche Arbeitsvorhandenen Vorschriftenbänden entfernt werden. – Pe –
schutzorganisation, BGV B für Einwirkungen, z. B. durch
Chemikalien, BGV C für Betriebsarten und Tätigkeiten
und BGV D für Arbeitsplätze und Arbeitsverfahren.
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BG berichtet
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Unfälle
Verlust der Fingerkuppe an Druckmaschine
Herr F. wollte die Farbwalzen einer Etikettendruckmaschine reinigen. Dazu klappte er die Schutzscheibe, die die
Einzugstellen an den Walzen sichert, hoch und montierte
die Auffangwanne, die das Walzenwaschmittel wieder auffängt, wie vorgesehen. Dadurch ließ sich die Schutzscheibe
nicht mehr schließen. Während Herr F. das Waschmittel
auf die Walzen spritzte, sah er eine Fluse auf einer der
Walzen. Er wollte sie mit der linken Hand wegwischen.
Dabei wurde sein Zeigefinger von den Walzen erfasst, eingezogen und so gequetscht, dass das Endglied amputiert
werden musste.
Gefahrstellen müssen sowohl während des Produktionsbetriebes als auch bei Rüst- und Reinigungsarbeiten
gesichert sein. Im vorliegenden Fall konnte die Schutzeinrichtung während des Reinigens nicht in Schutzstellung
gebracht werden. Trotz CE-Zeichen war die Sicherheitstechnik an der Maschine nicht ausreichend. Entsprechende
Nachrüstung ist erforderlich.
– Hr –
Hand durch Untergreifen einer Schutzeinrichtung abgetrennt
Ein Beschäftigter war mit dem Einrichten
eines Sammelhefters beschäftigt. Kurz vor
Schluss der Arbeit bemerkte er beim Vortippen, dass sich im Trimmerbereich unter
dem Messer Abfall angesammelt hatte.
Statt nun – wie vorgesehen – die Schutzeinrichtung zu öffnen und das Schneidgut
bequem zu entfernen, griff er unter der vorhandenen Schutzeinrichtung hindurch in
den Bereich mit den Messern. Da er beim
Einrichten war, hatte er noch den EinhandTipptaster zum Vorrücken bei sich. Bevor
er in den Gefahrbereich eingriff, hatte er
diesen Vorrücktaster auf den Fußboden
gelegt. Zum Untergreifen der Schutzeinrichtung musste er in die Hocke gehen, wobei er wohl versehentlich mit dem Knie das
nicht versenkte Bedienelement (Taster) des
Tipptasters auslöste und die Maschine
so vorrückte. Dabei trennte er sich die
Hand ab.
Bei geöffneter Schutzeinrichtung wäre
die Bewegung der Maschine mit diesem
Tipptaster nicht möglich gewesen. Dieser
Unfall zeigt, wie wichtig es ist, bei Entstörarbeiten die vorhandenen Schutzeinrichtungen sorgfältig zu benutzen. – Br –
Papierrollen-Transportsystem: Haken richtig einhängen!
Aus einer Abrollung, die von einem Papierrollen-Transportsystem beschickt
wird, sollte eine noch nicht ganz verbrauchte Papierrolle entfernt werden.
Dazu wurden die auch zur Beschickung verwendeten Haken des Transportsystems in die Welle eingehängt. Die Papierrolle wurde angehoben und
dann mit Muskelkraft nach hinten verschoben. Der auf der gegenüberliegenden Seite des Tipptasters befindliche Haken war jedoch nicht richtig
eingehängt. So löste sich die Rolle aus dem Haken. Durch die gelöste
Befestigung auf einer Seite pendelte sie zur anderen Seite und traf einen
Beschäftigten, der die Hand noch am Tipptaster hatte. Diese Taster sind,
mit einem erhöhten Kragen versehen, um unbeabsichtigte Betätigung zu
vermeiden. Die Rolle traf die Hand des Beschäftigten so unglücklich, dass
ein Finger an dem Kragen abgetrennt wurde. Bei dieser Art des Rollentransports ist es unbedingt erforderlich, dass man vor der Bewegung die
richtige Position des Kranhakens kontrolliert.
– He –
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BG berichtet
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Ungesicherte Einzugstelle an Flexodruckmaschine
In einer Flexodruckerei wollte der Maschinenführer während des Druckvorgangs einen
Folienrest von einer drehenden Walze entfernen. Dabei wurden die rechte Hand und der
rechte Unterarm an der Einzugstelle zwischen zwei Walzen eingezogen.
Der Beschäftigte erlitt schwere Verletzungen. Die Unfalluntersuchung zeigte, dass die
Einzugstelle nicht gesichert war, eine trennende Schutzeinrichtung wird nachgerüstet.
Darüber hinaus darf grundsätzlich nicht in die laufende Maschine gegriffen werden. – Pe –
Verbrühung durch Wasser aus der Heizungsanlage
Ein für die Heizungsanlage zuständiger Mitarbeiter wollte einen GummiKompensator, der die Bewegungen in einem Rohrleitungssystem aufnimmt
und die Geräuschübertragung unterbricht, auswechseln. Ca. 3 m von der
Reparaturstelle entfernt schaltete er die Pumpen ab. Bei dem Schaltvorgang wurde – wahrscheinlich durch Materialermüdung – ein Materialstück von ca. 15 x 15 cm explosionsartig aus dem Kompensator herausgerissen. Das Heizwasser mit einer Temperatur von 90-95°C traf den Mitarbeiter im Gesicht, am Arm und an der Brust. Er erlitt schwere Verbrühungen. Trotz der Verletzungen schloss der Verletzte die Absperrklappen und verhinderte so weitere Personen- und Sachschäden.
Die Heilung verlief glücklicherweise sehr gut; bereits nach acht Wochen
konnte er die Arbeit wieder aufnehmen.
Durch zwei Sicherheitsmaßnahmen können solche Unfälle weitgehend
verhindert werden: In Abhängigkeit von den Betriebsbedingungen müssen
maximale Einsatzzeiten für diese Gummi-Kompensatoren festgelegt
werden. Hierzu sollte man sich mit dem Hersteller in Verbindung setzen.
Festgelegte Prüfungen gibt es nicht. Weiterhin sollte eine zusätzliche
Abdeckung, die als Spritzschutz dient, über dem Kompensator angebracht
werden. Diese Schutzhüllen werden von den Herstellern als Zusatzteile
angeboten.
– Gh –
Zerstörter Gummi-Kompensator
Gummi-Kompensator in eingebautem Zustand
Restrisiko bleibt
In einer Siebdruckerei bedruckte eine Mitarbeiterin Planenmaterial. Hierzu hatte
sie die winkelöffnende Siebdruckmaschine
kurz zuvor eingerichtet. Als sie sich vergewissern wollte, ob die Anlegemarken
richtig befestigt waren, beugte sie sich mit
Kopf und Oberkörper in die Maschine hinein. Dabei löste sie mit dem Fußschalter
einen Druckvorgang aus. Der Siebrahmen
senkte sich ab und traf die Mitarbeiterin
am Hinterkopf. Erst danach wurde von
Bauch oder Rücken eine der vorhandenen
Schaltleisten betätigt und die Maschinen-
bewegung gestoppt. Durch den Stoß auf den
Hinterkopf und wahrscheinlich durch eine
Schreckreaktion, prallte die Mitarbeiterin
mit dem Gesicht auf den Maschinentisch
und zog sich Verletzungen an Kinn, Unterlippe und Nase zu. Zwei Zähne wurden
zerschmettert.
Da alle Schutzeinrichtungen an der Maschine vorhanden und funktionsfähig waren,
zeigt dieser Unfall, dass unter ungünstigen
Umständen das Hantieren im Gefahrenbereich einer Maschine trotz Schutzeinrichtungen gefährlich bleibt.
– Ww –
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BG berichtet
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Martin Lischka. Er informierte im
Auftrag der BG Vorgesetzte,
Mitarbeiter und Auszubildende.
Aus- und Weiterbildung
»Alkoholfreier Betrieb«
Betriebsrat und Geschäftsführung eines großen Buchherstellers waren sich einig: »Unser Betrieb soll
alkoholfrei werden«. Schon vor über 10 Jahren schloss man eine Betriebsvereinbarung ab und verbannte
u.a. alkoholische Getränke aus den Automaten.
Aber das Thema »Alkohol« verschwand nie ganz aus dem Arbeitsalltag. So beschloss man im vergangenen Jahr, das »Promilleproblem« erneut anzugehen. Die vorgesehenen Maßnahmen wurden in
Zusammenarbeit mit der Berufsgenossenschaft festgelegt.
Im Mittelpunkt der verschiedenen Maßnahmen standen Seminare und Vorträge über das richtige Verhalten von Vorgesetzten und Kollegen, die Martin Lischka im Auftrag der Berufsgenossenschaft durchführte. Vorgesetzte, Mitarbeiter und Auszubildende wurden getrennt angesprochen. Im Mittelpunkt des
Programms stand eine Aktionswoche mit Fahrsimulator, Infoständen, Saftbar, Preisausschreiben u. a.
Der Aufwand für ein solches Programm ist nicht unerheblich. Die Berufsgenossenschaft hilft auf verschiedenen Ebenen. Interesse? Setzen Sie sich mit uns in Verbindung.
Termine
Die Berufsgenossenschaft Druck und Papierverarbreitung führt zu folgenden Terminen Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen durch:
Lehrgänge für Fachkräfte
für Arbeitssicherheit
Lehrgänge für Gabelstaplerfahrer
65817 Eppstein B-Kurs
65817 Eppstein C-Kurs
65817 Eppstein 1. Präsenz
23 / 07 / 01 – 03 / 08 / 01
26 / 02 / 01 – 02 / 03 / 01
18 / 06 / 01 – 22 / 06/ 01
17 / 09 / 01 – 28 / 09 / 01
23 / 04 / 01 – 27 / 04 / 01
17 / 12 / 01 – 21 / 12/ 01
22 / 10 / 01 – 02 / 11 / 01
28 / 05 / 01 – 01 / 06 / 01
03 / 12 / 01 – 14 / 12 / 01
13 / 08 / 01 – 17 / 08 / 01
08547 Jößnitz
02 / 04 / 01 – 06 /04 / 01
18 / 06 / 01 – 22 / 06 / 01
13 / 08 / 01 – 17 / 08 / 01
05 / 11 / 01 – 09 /11 / 01
Seminare für Ausbilder
von Staplerfahrern
08547 Jößnitz
Seminare für Betriebsräte
65817 Eppstein
08547 Jößnitz
16831 Rheinsberg
Grundseminar
Grundseminar
Grundseminar
14 / 03 / 01 – 16 / 03 / 01
09 / 04 / 01 – 11 / 04 / 01
02 / 05 / 01 – 04 / 05 / 01
19 / 03 / 01 – 23 / 03 / 01
17 / 09 / 01 – 21 / 09 / 01
Aufbauseminar
Aufbauseminar
Aufbauseminar
06 / 08 / 01 – 08 / 08 / 01
26 / 09 / 01 – 28 / 09 / 01
18 / 06 / 01 – 20 / 06 / 01
Seminare für Meister und
andere Vorgesetzte
65817 Eppstein
Seminare für Unternehmer und
Leitende Führungskräfte
08547 Jößnitz
27793 Wildeshausen
28 / 03 / 01 – 30 / 03 / 01
24 / 04 / 01 – 26 / 04 / 01
Seminare für Betriebsärzte
Fachseminare
Diese Seminare sind gedacht für alle
Mitarbeiter unserer Mitgliedsbetriebe,
soweit sie entsprechend eingesetzt
und mit dem Fachgebiet betraut sind.
Informieren Sie uns bitte, wenn Sie
an weiteren Themen interessiert sind.
07 / 05 / 01 – 11 / 05 / 01
20 / 08 / 01 – 24 / 08 / 01
65817 Eppstein
58313 Herdecke
11 / 06 / 01 – 13 / 06 / 01
15 / 10 / 01 – 17 / 10 / 01
65193 Wiesbaden
10407 Berlin
90765 Fürth
23 / 02 / 01
14 / 09 / 01
14 / 12 / 01
Eppstein
19 / 02 / 01 – 20 / 02 / 01
»Alkohol im Betrieb«
Jößnitz
28 / 02 / 01 – 02 / 03 / 01
»Moderierte Unterweisung«
Jesteburg
21 / 03 / 01 – 22 / 03 / 01
»Siebdruck«
Fulda
14 / 05 / 01 – 16 / 05 / 01
»Bildschirmarbeitsplätze«
Jößnitz
28 / 05 / 01 – 01 / 06 / 01
»Elektrische Ausrüstung
und Steuerung«
Fürth
20 / 06 / 01 – 21 / 06 / 01
»Bogenoffset«
Seminare für Unternehmer von Klein- und Mittelbetrieben nach dem Unternehmermodell werden auf Anfrage durchgeführt.
Die Informationsseminare zur Fortbildung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind im Informationsblatt Nr. 625, die Termine für die Lehrgänge für Sicherheitsbeauftragte im
Informationsblatt Nr. 607 zusammengestellt, die wir Ihnen gerne zusenden. Die laufend aktualisierte Terminliste finden Sie im Internet (http://www.bgdp.de/Seminartermine).
Detaillierte Angaben zum gesamten Aus- und Weiterbildungsangebot können Sie anfordern: Telefax 0611-131·222.
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BG berichtet
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Prüf- und Zertifizierungsstelle Druck und Papierverarbeitung
Sicherheitstechnische Prüfung
von Maschinen trotz CE-Zeichen erforderlich
Dass es nicht ausreicht, wenn das CE-Zeichen gut
sichtbar angebracht ist, zeigt das folgende Beispiel:
An der abgebildeten Maschine sind bei der üblichen
Bahnführung des Vlieses die Einläufe an den Walzen gesichert. Die Bahnführung kann aber auch anders gelegt werden, so dass das Vlies einmal um die
Walze herum geführt wird. Auf diese Weise entsteht eine weitere Einzugstelle (Bild). Zur Sicherung ist eine Reißleine (Pfeil) vorgesehen,
die jedoch als Sicherheitsmaßnahme auf
keinen Fall ausreichend ist. Dies bewies auch der
Unfall, der sich an dieser Maschine in dem zuletzt
beschriebenen Betriebszustand ereignete.
Deshalb: Auch bei neuen Maschinen, eine
Gefährdungsbeurteilung durchführen!
Informationen hierfür:
»Gefährdungsbeurteilung«, Best.-Nr. 229.
– Nl –
Reißleine
Geprüfte Maschinen
Prüf- und Zertifizierungsstelle Druck und Papierverarbeitung
Für folgende Maschinen wurden von Oktober 2000 bis November 2000 die Zertifikate für das GS-Zeichen ausgestellt:
Name der Firma
Durrer Spezialmaschinen AG
Theodor Attenberger Buchbinderei GmbH
Kaiser Fototechnik GmbH & Co.KG
Kaiser Fototechnik GmbH & Co.KG
SGG GmbH
PRINTCONCEPT GmbH
MAN Roland Druckmaschinen AG
Kolbus GmbH & Co. KG
Krug & Priester GmbH & Co.KG
Krug & Priester GmbH & Co.KG
Windmöller & Hölscher
Müller Martini Buchbindesysteme AG
Eltosch Torsten Schmidt GmbH
PSA Maschinenbau GmbH
Krug & Priester GmbH & Co.KG
printOtec GmbH
Maschinenart
Lackiermaschine
Vorstapler
Rollenschneidmaschine
Hebelschneider
Endlos-Formular-Maschine
Durchlauftrockeneinrichtung (UV-Trockner)
Falzwerk
Dreheinrichtung
Hebelschneider
Hebelschneider
4/1-Farben-Flexodruckmaschine
Zählstapler
Durchlauftrockner (IR-Trockner)
Nietpresse
Hebelschneider
Schneidwerk (Schneidsystem Pipe-Cut)
Maschinentyp
DULA 4
Doppler
Mini Cut 4304, 4308 und 4309
4102, 4103
SGG Advantage R-330
PC-1-A/2-W
PFI-3/2
DK 670
Ideal 1035, Ideal 2035, EBA 2035
Ideal 1080, Ideal 1110, EBA 1080
MAXIFLEX 8298 (W + D)(Type 510.54, Nr. 14454)
1534 (CB-12)
HDM Quickmaster DI 46-4
PP5, PP5A, PP20
Ideal 1043, EBA 1043
BE-130
Die aktuelle Liste aller geprüften Maschinen finden Sie im Internet unter http://www.bgdp.de/Maschinenliste
Zertifizierungsnr.
00091
00092
00093
00094
00095
00096
00097
00098
00099
00100
00101
00102
00103
00104
00105
00106
10
Sicherheit
tag für tag 1·2001
Brand in einer
In einer Tiefdruckerei kam es im Juni vergangenen Jahres in den Nachmittagsstunden
zu einem Brand, durch den zwei Illustrations-Tiefdruckmaschinen (Typ TR 5) erheblich
beschädigt wurden. Zum Glück wurde niemand schwer verletzt. In den vergangenen fünf
Jahren waren in diesem Unternehmen Brände weder im Bereich der Druckmaschinen
noch in anderen Betriebsbereichen aufgetreten.
Die Maschine, an der das Schadensfeuer entstand, lief
bereits mehrere Stunden unter Produktionsbedingungen.
Durch einen defekten Farbschlauch zwischen Farbpumpe
und Farbkühlung auf dem Farb-Umlaufgerät (Farbkasten,
Farbtank) kam es zum Verspritzen von toluolhaltiger
Druckfarbe. Ursache für die anschließende Entzündung
waren vermutlich elektrostatische Entladungsvorgänge.
Dabei kam es nach unserem Kenntnisstand erstmalig an
einer Illustrations-Tiefdruckmaschine zu einem Brand
außerhalb der Druckwerke. Es ließ sich nicht klären, wie
die Leckage an dem Farbschlauch entstand.
Zum Zeitpunkt der Brandentstehung war in unmittelbarer Nähe ein Mitarbeiter mit der Entwässerung an der
Toluolzufuhr der Maschine beschäftigt. Über die Entwässerung wurde dem Brandherd vermutlich weiteres Toluol
zugeführt.
Trotz Auslösens der Löschanlage, die auf Objektschutz
ausgerichtet war, und sofortigem Einsatz der im Produktionsraum ausreichend stationierten mobilen Löschtechnik
durch mehrere Mitarbeiter kam es zu einer schnellen
Brandausbreitung. Nach knapp zwei Stunden Einsatz
konnte der Brand durch die Feuerwehr gelöscht werden.
Durch den Brand entstand Sachschaden im Umfang von
mehreren Millionen Mark. Glücklicherweise kam es zu
keinen schweren Brandverletzungen bei den beteiligten
Personen.
Die Brandursachenermittlung durch die beteiligten
Stellen ergab keine Hinweise für schuldhaftes Handeln
seitens des Unternehmens. Die Brandursache hatte einen
rein technischen Hintergrund.
– Sz –
Konsequenzen aus dem Brand für Tiefdruckrotationen und
Flexodruckrotationen (bei Verwendung lösemittelhaltiger Farben)
1. Schlauchleitungen sollten nur eingesetzt
werden, wenn auf die Vorteile, die ihre Verwendung bietet, nicht verzichtet werden
kann. Diese Vorteile sind Beweglichkeit
und schnelle Einsatzbereitschaft.
2. Auf den Farbumlaufgeräten (Farbkasten, Farbtank) sollten zukünftig ausschließlich Edelstahl-Ringwellschläuche
mit einer Umflechtung aus nichtrostendem
Stahl verwendet werden, die zum Durchleiten von Tiefdruckfarben und allen verwendeten Lösemitteln, beispielsweise Toluol,
bei entsprechendem Betriebsdruck, im
Regelfall bis 1 bar, geeignet sind. Unklarheiten sollten mit dem Druckmaschinenhersteller besprochen werden.
3. Bei der Zuführung von Farbe, Verschnittmittel und Toluol von der Maschinengalerie zum Farb-Umlaufgerät des jeweiligen Druckwerkes sind zur Vermeidung
gefährlicher elektrostatischer Aufladungen
ausschließlich zugelassene Elastomerschläuche mit ausreichender Leitfähigkeit
zu verwenden. Dabei darf der elektrische
Widerstand, gemessen über die Schlaucharmaturen an den Leitungsenden, den Wert
von 1 Megaohm nicht überschreiten.
Elastomerschläuche mit der Bezeichnung
»Omega« erfüllen diese Forderung bereits
durch den Einsatz leitfähiger Werkstoffe.
Bei Elastomerschläuchen mit der Kennzeichnung »M« wird die geforderte Leitfähigkeit durch eingearbeitete metallische
Leiter sichergestellt. Alle Schläuche sind
in ihrer Länge so zu bemessen, dass die
Schlauchenden auch bei minimalem Pegelstand bis unter die Flüssigkeitsoberfläche
im Behälter reichen.
4. Wiederkehrende Prüfungen der
Schlauchleitungen sollten in Intervallen
von 6 Monaten, bei Elastomerschläuchen
durch den Betreiber spätestens nach einem
Jahr und bei Edelstahl-Ringwellschläuchen
durch einen Sachkundigen spätestens nach
2 Jahren erfolgen (z.B. äußere Prüfung,
Dichtheits- und Druckprüfung, elektrische
Leitfähigkeit bei Elastomeren).
Die Prüfungen sind zu dokumentieren.
5. Die Entwässerungstechnik der Lösemittelleitungen im Bereich der IllustrationsTiefdruckmaschinen ist hinsichtlich der
Wasserausschleusung sicherheitstechnisch
so zu gestalten, dass auch im Fehlerfall
keine größeren Lösemittelmengen austreten
können.
6. Ist bei stationären Feuerlöschanlagen,
die ausschließlich für den Objektschutz ausgelegt sind, keine Raumflutung vorgesehen,
sollte geprüft werden, ob man nicht die Bereiche der Farb-Umlaufgeräte außerhalb
der Druckmaschine in den Schutzbereich
einbezieht.
tag für tag 1·2001
Sicherheit
Tiefdruckerei
In diesem Bereich an der Tiefdruckmaschine
entstand der Brand.
Die Stelle, von der der Brand ausging,
nach dem Brand.
Der Sachschaden betrug mehrere
Millionen Mark.
Die Leckage, die zu dem Brand führte, entstand an einer derartigen Schlauchleitung.
11
12
Sicherheit
tag für tag 1·2001
Sicherheits
1
1 Studenten und Studentinnen der Sporthochschule
Köln verdeutlichten den Zuschauern, welche Auswirkungen falsche Arbeitsgewohnheiten für unsere
Beweglichkeit haben können. Diese gut besuchte
Vorführung war ein Höhepunkt der Veranstaltung.
2 «Nichtstaplerfahrer« hatten die Gelegenheit, selbst
einen Stapler zu fahren. Dabei zeigte sich sehr
schnell, dass zum Fahren und Bedienen eines Staplers viel Geschick, Augenmaß und Vorsicht erforderlich sind.
3 In dem Stolperparcours waren typische Gefahren
der Arbeitsplätze bei 3 M in Hilden versteckt.
Die Teilnehmer konnten sich ihr eigenes Verhalten
am Arbeitsplatz bewusst machen.
4 Die statische Maximalkraftmessung offenbart den
Trainingszustand der Bauch- und Rückenmuskulatur. Jeder Teilnehmer erhielt praktische Hinweise,
wie er den Zustand seiner Muskulatur verbessern
kann. Dadurch kann Fehlbelastungen und Rückenproblemen vorgebeugt werden.
Sicherheitstage bei 3 M, Hilden
Die Sicherheit an Maschinen hat ein hohes
Niveau. Die organisatorischen Aufgaben
zum Arbeits- und Gesundheitsschutz sind
hervorragend gelöst. Dies alles genügt aber
noch nicht, um Unfälle am Arbeitsplatz –
nahezu – auszuschließen. Nach wie vor
werden Unfälle häufig durch geringes Sicherheitsbewusstsein oder durch Unachtsamkeit maßgeblich mitverursacht. Jeder
weiß von sich selbst, wie schwierig es ist,
sein Verhalten zu ändern. Das gilt auch für
das Sicherheitsverhalten. Gelingt es in
einem Unternehmen, das Sicherheitsbewusstsein der Einzelnen zu schärfen, sinken
die Unfallzahlen. Dies beweist eindrucksvoll die niedrige Zahl der Arbeitsunfälle bei
3 M in Hilden, dem Hersteller von dekorativen und reflektierenden Folien und
Klebebändern. Die Unfallhäufigkeit liegt
seit vielen Jahren deutlich unter dem
Branchendurchschnitt. In diesem größten
Werk des Unternehmens führt man seit
vier Jahren »Arbeits-, Gesundheits- und
Umweltschutztage« durch, sogenannte
»Safety Days«. Das Ziel: Jedem Einzelnen
bestimmte Problembereiche aus dem Arbeitsleben vor Augen zu halten und zu
zeigen, was man alles tun kann, um Unfallund Gesundheitsgefahren auszuschalten.
Die Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutztage im Oktober vergangenen Jahres
standen unter dem Motto »SichERleben«.
Sehr viele Mitarbeiter folgten dem Ange-
tag für tag 1·2001
Sicherheit
Jeder Einzelne trägt Verantwortung
bewusstsein
2
3
bot, Unfall- und Gesundheitsgefahren bewusst erkennen zu
können und den Umgang mit bestimmten Gefährdungen,
die sich nicht voll und ganz vermeiden lassen, aktiv zu erproben. Schwerpunkt waren Belastungen der Wirbelsäule,
Stolperunfälle, Umgang mit dem Gabelstapler sowie die
Sicherheit im Straßenverkehr.
Veranstaltungen in dieser oder ähnlicher Form haben
mittlerweile in vielen Betrieben ihren festen Platz gefunden. Sie stellen einen wirksamen Baustein unter den vielfältigen Möglichkeiten dar, auf die Bedeutung von Sicherheit und Gesundheit aufmerksam zu machen und damit das
Sicherheitsbewusstsein zu schärfen.
Erfolg durch einen Prozess ständiger
Verbesserung Die »Safety Days« sind ein Baustein
eines Verbesserungsprozesses, der Mitte 1997 gestartet
wurde. »Unsere Vision ist, das beste 3 M-Werk Europas zu
werden: Mit Sicherheit die Nr. 1. Dahinter steht vor allem
die Geschäftsleitung. Die »Safety Days« verstehen wir als
eine Form der Unterweisung, mit der wir viele Mitarbeiter
gleichzeitig erreichen«, erläutert Michael Hecker, Abteilungsleiter für Arbeitssicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz in Hilden. Da die Möglichkeiten technischer
oder organisatorischer Verbesserungen nahezu ausgeschöpft waren, rückte die Verbesserung des Sicherheitsbewusstseins der Beschäftigten mehr und mehr in den Mittel-
4
punkt. Verhaltensänderung ist ein langwieriger Prozess.
Daher wurde der Weg zur Umsetzung der Vision in kleine,
überschaubare Schritte zerlegt, deren Erfolg kontrollierbar ist. Erst wenn der Erfolg eines Schrittes sichergestellt
ist, wird der nächste gegangen. Jeder Schritt wird gemeinsam mit dem Management erprobt und so auch vom
Management getragen. Neben den »Safety Days« gibt es
eine Reihe von Aktivitäten, wie z. B. eine Plakataktion mit
jungen Eishockeyspielern und deren persönlicher Schutzausrüstung. Darüber hinaus wurden von der Geschäftsleitung Grundsätze geprägt, die zu einer »Sicherheitskultur«
bei allen Beschäftigten beigetragen haben.
»Der Verbesserungsprozess ist zuerst eine Investition,
die aber langfristig Geld spart: Wir sind überzeugt, dass
wir dadurch Produktivitätsvorteile haben. Das können wir
auch nachweisen, z. B. anhand der Ausfallzeiten«, erklärt
Michael Hecker.
– Pe –
Von links:
Michael Hecker,
Gottfried Steinbach,
Michael Eckert,
Burghard Adlung und
Jutta Sonntag
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14
Gesundheit
tag für tag 1·2001
Old work – new work
Ende der Schreibtisch
Möbel für Grafik, Redaktion und Verwaltung? Die neue Generation der Büromöbel besticht durch
Flexibilität, schöne Formen und gut verarbeitete Materialien. Aber sie bietet in der angebotenen
Form in der Regel zu wenig Platz zum Ausbreiten von Vorlagen oder anderen Arbeitsunterlagen sowie für die in unserer Branche üblichen großen Bildschirme.
Der Beruf des Schreibers entstand bei den Sumerern 3500
vor Christus, wurde spezialisiert bei den Ägyptern und von
Mönchen im Mittelalter fortgeführt. Erste Büros entstanden in der Renaissance in Florenz und große Bürohäuser
mit ihren in Reih und Glied stehenden Schreibtischen um
1900. Heute, 100 Jahre später, zeichnet sich ein erneuter
bemerkenswerter Wandel ab: Die Büromöbelhersteller
zeigten Ende vergangenen Jahres auf der Orgatec in Köln
ihr neues Angebot, das nichts, aber auch gar nichts mehr
mit den Schreibtischen früherer Jahre zu tun hat. Entstanden ist eine neuartige Möblierung unserer Arbeitswelt. Alle
namhaften Hersteller bieten ähnliche Programme an;
herkömmliche Möbel, wie Winkelkombinationen, waren
auf dieser Fachschau allenfalls in den hintersten Ecken zu
sehen. Zu den gezeigten Möbelprogrammen gehören:
Ein leicht beweglicher Arbeitstisch, Tischsegmente
zur Vergrößerung, angegliederte Besprechungstische
Rollcontainer in verschiedenen Formen und Größen
Schränke und Sideboards, die sich ebenfalls leicht
bewegen lassen.
Die Möbel zeichnen sich nahezu ausnahmslos durch sehr
gut verarbeitete Materialien und ausgefeiltes Design aus.
Aufgeräumt, ohne Papier, mit Flachbildschirm oder Laptop
sieht alles beeindruckend gut aus – nur die tägliche Praxis
ist anders. Ein solches Arbeitssystem – bestehend aus relativ kleinen Tischgruppen, Rollcontainer und Sideboard –
ist für die bestehenden Arbeitsplätze in unserer Branche,
gleichgültig ob Gestaltung, Redaktion, Druckvorstufe oder
Büroarbeit, einfach zu klein. Die neue Form der Arbeit –
new work –, für die diese Möbel laut Hersteller geeignet
sind, gibt es in unserer Branche offensichtlich noch wenig.
Große Arbeitsflächen werden – zumindest in absehbarer
Zukunft – für die meisten Arbeitsplätze weiterhin sinnvoll
sein, sowohl wenn es um kreative Arbeit, also um Texterstellung und Bildgestaltung geht, als auch um die Abwicklung »normaler« Büroarbeit.
Das mobile Büro »Mobilo«, RTR Büroeinrichtungen
tag für tag 1·2001
kultur ?
Dies sollte man bei der Auswahl neuer
Arbeitsmöbel beachten:
Große Arbeitsfläche, mindestens in einem Bereich 1 m
tief. Die Arbeitsfläche kann sich aus mehreren Tischen
zusammensetzen. Einzeln sind die angebotenen Tische
meist zu klein. Auf freien Raum für Beine und Korb oder
Konsole für Rechner achten. Für viele Arbeiten ist eine
Arbeitsfläche von mindestens 2 m2 sinnvoll.
Container gibt es für jeden Geschmack. Sie eignen sich
zum Unter- oder Beistellen (Erweiterung der Arbeitsfläche) oder als Stehpult.
Auf Flexibilität achten. Die neue Büromöbelgeneration
bietet hierfür hervorragende Möglichkeiten. Die große
starre Winkelkombination bietet zwar eine große Arbeitsfläche, ist jedoch höchst unflexibel.
flexport.21, Multi-Office-System, Mauser Office GmbH
part-3, Planmöbel Eggersmann GmbH + Co. KG
Gesundheit
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16
Gesundheit
tag für tag 1·2001
In Fachdiskussionen zum betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz geht es häufig um das
Für und Wider geeigneter »Managementsysteme«, auch in Klein- und Mittelbetrieben. Dahinter
steht die Suche nach geeigneten Organisationsformen und deren Einbeziehung in die Betriebsabläufe. Der betriebliche Arbeits- und Gesundheitsschutz soll so zu einem selbstverständlichen
Teil des täglichen Betriebsgeschehens werden.
Es liegt nahe, dass man bei der Einrichtung einer solchen systematischen Arbeitsgrundlage neben
dem Arbeits- und Gesundheitsschutz auch den Umweltschutz einbezieht. Gerade aus unserer Branche liegen gute Lösungen vor, die zeigen, wie sinnvoll eine solche gemeinsame Vorgehensweise ist.
Gemeinsame Ziele Ein wichtiges Ziel vieler Unterneh- Reaktionsschmelzklebstoffe mehr und mehr lösemittelmen unserer Branche ist derzeit der Ersatz leicht flüchtiger Lösemittel. Dabei spielt der Einsatz alternativer Farbsysteme auf Wasserbasis ebenso eine Rolle wie der Einsatz
strahlungshärtender UV-Farben und -Lacke. Ein weiteres
Augenmerk, insbesondere in den papierverarbeitenden
Unternehmen, gilt dem Klebstoffbereich, wo seit geraumer
Zeit Dispersionsleime und Heißschmelzklebstoffe sowie
haltige Systeme verdrängen. Wichtige Themen bei der Klebstoffverwendung sind die Emission von Dämpfen aus Heißschmelzklebern, die Allergenfreiheit bindemittelhaltiger
Klebstoffsysteme und der Ansatz von Stärkeklebstoffen
in möglichst geschlossenen Systemen und geschlossenen
Kreisläufen. Soweit einige Beispiele für die enge Verknüpfung von Arbeits- und Gesundheitsschutz.
Umwelt-, Arbeits- und Gesund
Einführung systematischer Arbeitsabläufe Um
nicht planlos und von Zufälligkeiten bestimmt vorzugehen,
müssen die erforderlichen Arbeitsabläufe systematisch
geplant und in den vorhandenen Betriebsablauf integriert
werden. Man spricht von der Einführung eines »Managementsystems«. Drei Wege haben sich in unserer Branche
bewährt:
Einführung bewährter, betriebswirtschaftlich erprobter
Managementsysteme. Dies ist in der Regel nur in großen
Unternehmen sinnvoll realisierbar.
Arbeitssicherheit als integraler Bestandteil eines
Öko-Audits. Hierzu gibt es viele Beispiele aus unserer
Branche von Betrieben mit bis zu 1.000 Mitarbeitern.
In den vergangenen Jahren entstanden in vielen kleineren Unternehmen durch Fachkräfte für Arbeitssicherheit und/oder Umweltschutzbeauftragte systematische
Arbeitsbeschreibungen, ganz ähnlich einem Managementsystem. Diese wurden nicht zusätzlich geschaffen,
sondern sind durch engagierte und systematische Tätigkeit der im jeweiligen Betrieb Verantwortlichen gewachsen. Sie decken in der Regel alle wichtigen Handlungsfelder ab. Für das gute Funktionieren dieser Systeme
gibt es gerade in unserer Branche eine Reihe von Beispielen.
tag für tag 1·2001
Unser Rat Wir empfehlen einem Unternehmen, das
Umwelt-, Arbeits- und Gesundheitsschutz gemeinsam und
mit System angehen will, vor allem, Prioritäten zu setzen.
Man sollte nicht alles auf einmal angehen, sondern klare,
erfüllbare Teilziele mit konkreten Verantwortlichkeiten
und Terminen festlegen. Die Akzeptanz bei Mitarbeitern
Gesundheit
17
und Vorgesetzten als den eigentlich Handelnden ist nur
dann zu erzielen, wenn die Ziele ehrlich und überzeugend
sind. In jedem Fall müssen theoretische Betrachtungsweisen vermieden werden. Listen und Tabellen müssen
nützliche Hilfen sein, sie dürfen nicht zum Selbstzweck
werden.
Was gehört dazu? Die wichtigsten Handlungsfelder für
ein erfolgreiches gemeinsames Management von Umwelt-,
Arbeits- und Gesundheitsschutz haben sich aus der Praxis
heraus ergeben.
Zum Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz gehören:
Unfälle sind präventiv zu vermeiden
Gefährdungen und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren
durch Gefährdungsanalysen aufdecken und minimieren
Sicherheit und Gesundheitsschutz planen, z. B. bei
neuen Maschinen
Mitarbeiter informieren, fördern und ihnen Handlungsspielräume ermöglichen. Mitarbeiter sind das wichtigste
»Kapital« eines Unternehmens.
Betriebliche Erfahrungen aufarbeiten, z.B. aus Unfällen
heitsschutz aus einer Hand
Eine vorbildliche Lösung, wie man
Ziele aus Umwelt-, Arbeits- und
Gesundheitsschutz gemeinsam
angeht hat man im Wellpappenwerk Hilpoltstein der Fa. Klingele
Papierwerke gefunden. Die Stärke zur Leimherstellung wird lose
in Tankwagen geliefert, mit einer
pneumatischen Einrichtung entladen und in einem Silo gelagert.
Computergesteuert wird der
Klebstoff aus Wasser, Stärke,
Natronlauge und Borax nach der
jeweiligen Rezeptur gemischt. Die
zur Verkleisterung der Trägerstärke erforderliche Temperaturerhöhung wird durch Frischdampfeinspritzung mit Temperaturkontrolle erreicht. Besonders hervorzuheben ist, dass das Abwasser, das
bei der Reinigung der Leimauftragswerke anfällt, und das Abwasser aus den Flexodruckmaschinen zur Leimherstellung verwendet werden. Damit werden Frischund Abwasser gespart und Gesundheitsbelastungen vermieden.
Foto: Frey, Egling
Zum Umweltschutz gehören:
Emissionen (Gefahrstoffe, Lärm) reduzieren
Gewässer- und Bodenschutz gewährleisten
Ressourcenschonung (z. B. Energie, Arbeitsstoffe)
Abfallminderung, Abfallverwertung
Verminderung von Umweltauswirkungen im Produktionsprozess (z. B. Treibhausgase)
Die Vorteile eines aktiven Umwelt- und Arbeitsschutzes
sind hinreichend bekannt. Durch die gemeinsame betriebliche Bearbeitung entstehen darüber hinaus zusätzliche
Vorteile, in dem z.B. Doppelarbeiten vermieden werden.
Unternehmen, die alle Aufgaben erfolgreich hinter sich
gebracht haben, stellen immer wieder zwei Vorteile als
besonders wichtig heraus: Der Imagegewinn gegenüber
Kunden und im regionalen Umfeld sowie die positive Aufnahme der Maßnahmen bei den meisten Mitarbeitern und
Vorgesetzten mit all den daraus folgenden Vorteilen.
Ausführliche Unterlagen erhalten Sie auf Anfrage (0611131222).
– Hl –
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Gesundheit
▼
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▼
vor 3 Mio. Jahren
vor 2 Mio. J.
▼
vor 1 Mio. J.
▼
▼
vor 500 000 J.
vor 100 000 J.
Früher überlebensnotwendig,
heute eine Last
Die Auswirkungen von Lärm auf unseren Körper
Über die Wirkung von Lärm (Arbeits-, Verkehrs- oder
Freizeitlärm) auf unseren Körper wird viel diskutiert und
geschrieben. Verharmlosend wirkt, dass wir bestimmte
Arten von Lärm als angenehm empfinden und uns eine
schädliche Wirkung so noch weniger vorstellen können.
Es leuchtet ein, dass Lärm mit hoher Schallenergie Teile
unserer Hörzellen schädigen kann. Eine Regeneration ist
nicht möglich. Neben dieser rein mechanischen Wirkung
von Lärm auf das Gehör wirkt Lärm jedoch auf unsere
Gefühle. Erst über den Umweg über Gefühle kann es dann
zu weiteren Auswirkungen auf unseren Körper kommen.
Wozu ist das Gehör da? Um die Auswirkungen von
Lärm auf unsere Gefühle zu verstehen, muss man sich die
Entwicklungsgeschichte des Menschen in Erinnerung rufen. In frühen Entwicklungsstufen, vor mehreren hunderttausend Jahren, passte sich das Gehör immer besser den
Überlebenserfordernissen an: Besonders galt es, Gefahren
frühzeitig zu entdecken. Aus diesem Grund können wir
mit unserem Gehör das Brüllen von Raubtieren oder das
Knistern von Zweigen, nicht aber Fledermaus-Rufe hören.
Wir können wahrnehmen, ob ein Geräusch sehr nahe oder
in der Ferne entsteht. Je lauter ein Geräusch ist, je näher
ist die Entstehungsstelle, d. h. desto schneller müssen wir
darauf reagieren. Der Informationsgehalt von Geräuschen
war in der Entwicklungsgeschichte des Menschen von
großer Wichtigkeit. Geräusche und Lärm dieser Art bedeuten für uns zwar heutzutage keine akute Gefahr mehr,
dennoch reagieren wir darauf immer noch mit Gefühlen
wie Angst und Furcht, wenn auch unterbewusst, da Lärm
mittlerweile ein ständiger Begleiter im Alltag ist.
Wie reagiert der Körper auf Lärm? Über die Gefühle Furcht und Angst mobilisiert Lärm Kraftreserven
in unserem Körper. Es kommt erwiesenermaßen zu Veränderungen wichtiger Boten- und Wirkstoffe, die aus der
Stressforschung allgemein bekannt sind, beispielsweise
Adrenalin, Noradrenalin, Cortisol oder Cholesterin.
Besonders deutlich zeigen sich Auswirkungen, wenn sich
Geräusche plötzlich ändern.
Das bedeutet, dass Lärm zu den klassischen Stressoren,
vergleichbar mit Arbeitsüberforderung oder Streit mit
Kollegen, gehört. Dies gilt insbesondere für alle Formen
des Lärms, die uns als unangenehm erscheinen. Empfinden
wir Geräusche oder Lärm als angenehm, bleiben die entsprechenden biochemischen Vorgänge aus.
Ein Beispiel hierzu: Verkehrslärm wird bei einer Übernachtung im Hotel als höchst unangenehm empfunden.
Man ist verärgert, schläft schlecht und fühlt sich am
nächsten Morgen wie gerädert. Wird ein vergleichbarer
Lärmpegel in einem anderen Hotel durch kräftigen Regen
erzeugt, ist die Reaktion unter Umständen völlig anders:
Man fühlt sich geborgen und schläft gut.
Es gilt festzuhalten: Lärm erzeugt Gefühle in uns und
diese Gefühle können – wie bei bekannten anderen Stresssituationen auch – biochemische Vorgänge auslösen.
tag für tag 1·2001
Gesundheit
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Es ist nicht der Lärm selbst,
sondern die durch ihn ausgelösten
Gefühle, die biochemische
Stressvorgänge in unserem
Körper verursachen.
▼
▼
vor 50 000 J.
vor 10 000 J.
Gehörknöchelchen
Labyrinth
Gehörschnecke
Ab 85 dB(A) führt Lärm, insbesondere Dauerlärm, zur irreparablen
Schädigung unserer Hörzellen, im
Innern der Gehörschnecke zur
Lärmschwerhörigkeit. Aber bereits
bei wesentlich geringeren Lautstärken löst Lärm beim Menschen
Stresssymptome aus. Treten diese
Stressereignisse hin und wieder
auf, werden sie gut verkraftet.
Kommt es jedoch sehr häufig zu
den durch Lärm ausgelösten biochemischen Vorgängen, wird das
Herz-Kreislauf-System belastet.
Ohrmuschel
Äußerer Gehörgang
Wie schädigt Lärm? Aus der Stressforschung kennen
wir die vielfältigen Einflüsse von Stressoren. Abzuleiten ist
vor allem das erhöhte Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dies gilt heute durch die Forschung als gesichert.
Fraglich ist nur, wie hoch das Risiko ist, und wann es beginnt. Man nimmt an, dass man bereits ab 65 dB(A) mit
einer Risikoerhöhung rechnen muss. Auch die negativen
Auswirkungen auf das menschliche Immunsystem sind aus
der Stressforschung bekannt und müssen auf die Lärmauswirkung übertragen werden. Es ist gut vorstellbar, dass
die durch einen Stressor freigesetzten Energiereserven
auch auf Kosten des Immunsystems gehen. Forschungsarbeiten hierzu stehen jedoch noch aus.
Wissenschaftliche Beweise und reale Krankheitsdaten
sind schwierig zu erbringen: es dauert in der Regel etwa
10 Jahre, bis Lärm über den beschriebenen Weg zu Schädigungen, z. B. des Herz-Kreislauf-Systems, führen kann.
Untersuchungen über einen solch langen Zeitraum sind
verständlicherweise schwierig, insbesondere, da andere
Risikofaktoren vollständig ausgeschlossen werden müssten.
Trommelfell
Eustachische Röhre
Gehörnerv
(zum Gehirn)
20
Gesundheit
tag für tag 1·2001
Lärmschwerhörigkeit
Im Gegensatz zu Auswirkungen von Lärm auf unsere Psyche ist die Schädigung der Hörzellen,
insbesondere durch Dauerarbeitslärm wissenschaftlich eindeutig nachgewiesen. Die Gefahr beginnt
ab 85 dB(A). Die Hörzellen werden geschädigt, sie wachsen nicht nach. Ein Zitat der blinden und
taubstummen Schriftstellerin Helen Keller beschreibt durch den Vergleich mit der Blindheit sehr
anschaulich die sozialen Auswirkungen der Lärmschwerhörigkeit: »Nicht sehen zu können, trennt
von den Dingen. Nicht hören zu können, trennt von den Menschen.«
»Selbst fernsehen ist nicht mehr möglich« Ein
Lärmschwerhöriger fasst seine Situation mit folgenden
Worten zusammen:
»Einzelgespräche kann ich noch ohne größere Schwierigkeiten führen, wenn der andere einigermaßen laut und
deutlich spricht. Viele glauben mir deswegen gar nicht,
dass ich schwerhörig bin. Sobald aber mehrere Personen
gleichzeitig sprechen wie bei einer Betriebskonferenz, bei
einer Familienfeier oder in der Schalterhalle der Krankenkasse oder Sparkasse, höre ich wohl, dass gesprochen wird,
verstehe aber das meiste nicht und mache mich durch mein
ständiges Nachfragen lächerlich. Noch schlimmer ist es bei
stärkeren Nebengeräuschen, zum Beispiel im fahrenden
Zug. Ich kann dann nur verstehen, was man mir aus der
Nähe ins Ohr spricht. Meine Enkelkinder, die mit ihren hohen Stimmchen durcheinander reden, verstehe ich kaum.
Sie halten mich für dumm, uninteressiert und uninteressant
und wenden sich von mir ab, obwohl ich mir soviel Mühe
gebe, mit ihnen zu sprechen und zu spielen. Von manchen
anderen Verwandten werde ich geschnitten, weil es zu
mühsam ist, sich mit mir im größeren Kreis zu unterhalten.
Aus dem Betriebsrat bin ich abgewählt worden, weil ich bei
Besprechungen nicht mitkomme und die anderen durch
mein ständiges Nachfragen aufhalte; manchmal geniere ich
mich auch nachzufragen und antworte irgendetwas, was
dann falsch ist und Gelächter oder Kopfschütteln hervorruft. Den Meisterkurs habe ich abbrechen müssen, weil ich
die Vortragenden zu schlecht verstand. Auch wenn ich vorne saß, musste ich so angestrengt hinhören, dass ich davon
bald ermüdet war und dann nichts mehr aufnehmen konnte.
In der Kirche verstehe ich den Pfarrer so schlecht, dass ich
nur noch selten zum Gottesdienst gehe. In die Wirtschaft
traue ich mich gar nicht mehr, weil ich aus dem Stimmengewirr nichts richtig heraushören kann und ausgelacht
werde. Ich bin richtig vereinsamt und gehe am liebsten für
mich allein spazieren. Aber auch die Umwelt ist für mich
wie tot. Vogelstimmen, die mir in früheren Jahren viel
Freude gemacht haben, höre ich kaum mehr. Zu Hause mit
tag für tag 1·2001
Gesundheit
21
Erster Lärmschutz an Zeitungsrotationen Anfang der 70er Jahre
dem Fernsehen ist es auch schwierig. Entweder muss ich
das Gerät zu laut anstellen, und die anderen beschweren
sich, oder ich muss Kopfhörer aufsetzen, und dann ärgert
sich meine Familie, weil ich nicht höre, wenn einer etwas
von mir will. Eigentlich hat das Leben gar keine rechte
Freude mehr für mich. Immer nur lesen macht auch keinen
Spaß.«
– He –
22
Gesundheit
tag für tag 1·2001
Welcher Gehörschutz
ist wann geeignet?
Hinsichtlich der Schalldämmung sind Kapselgehörschützer
und Gehörschutzstöpsel gleichwertig, d. h. es gibt beide
Gehörschützerarten mit hoher oder niedriger Schalldämmung. Welcher Gehörschutz verwendet wird, richtet sich
daher nicht nur nach der erforderlichen Schalldämmung,
sondern auch nach der Arbeitssituation und der Arbeitsumgebung. Bei der Auswahl ist darauf zu achten, dass
keine höhere Schalldämmung ausgewählt wird, als zur
Vermeidung eines Gehörschadensrisikos notwendig ist.
Sonst werden die Sprachverständigung und das Erkennen
von informationshaltigen Geräuschen oder Warnsignalen
unnötig erschwert.
Kapselgehörschützer: Empfehlenswert sind Kapselgehörschützer, wenn wegen wiederholter, kurzzeitiger
Lärmexposition ein häufiges Auf- und Absetzen des Gehörschützers erforderlich ist. Dies ist z. B. bei Kontrolltätigkeiten an Rollenrotationsmaschinen der Fall. Schwierigkeiten beim Tragen können bei Brillenträgern entstehen, da
durch die Brille das dichte Anliegen der Kapsel verhindert
wird und damit die Schalldämmung gestört wird. In diesem
Fall sind Bügelstöpsel zu bevorzugen.
Bügelstöpsel: Bügelstöpsel sind für Brillenträger zu
empfehlen, wenn ein häufiges Auf- und Absetzen erforderlich ist. Sie sollten nicht getragen werden, wenn Schalldruckspitzen durch Anstoßen der Bügel entstehen können,
z. B. am Schweißerschutzschirm.
Kapselgehörschützer
Gehörschutzstöpsel: Diese Art des Gehörschutzes
empfiehlt sich an Arbeitsplätzen mit andauernder Lärmeinwirkung, bei zu starkem Schwitzen unter Kapselgehörschützern sowie bei gleichzeitigem Tragen von Brille oder
Schutzbrille und Gehörschutz.
Schnurstöpsel: Das Tragen von Gehörschutzstöpseln mit
Verbindungsschnur ist zweckmäßig, wenn ein Verlust der
Stöpsel zu Produktionsstörungen führen kann. Sie dürfen
nicht getragen werden, wenn in der Nähe bewegter Maschinenteile gearbeitet wird, z. B. an Drehmaschinen, Bohrmaschinen oder Holzbearbeitungsmaschinen. Es besteht
sonst die Gefahr, dass die Verbindungsschnur erfasst wird
und so Verletzungen durch Herausreißen der Stöpsel aus
dem Gehörgang möglich sind.
Otoplastik: Gehörschutzotoplastiken werden individuell
nach dem Ohr und insbesondere dem Gehörgang des Trägers geformt und verschließen diesen, ohne einen Druck
auf dessen Wandungen auszuüben. Sie werden überwiegend als ergonomisch günstig eingeschätzt. Selten werden
Druckerscheinungen festgestellt oder das Schwitzen unter
der Otoplastik beklagt. Der Vorteil der Otoplastik liegt
darin, dass durch ihren definierten Sitz bei korrekter Ohrabdrucknahme die theoretischen Schalldämmwerte auch
erreicht werden. Der Nachteil liegt natürlich bei den erhöhten Anschaffungskosten, die erheblich über den Kosten
von Gehörschutzstöpseln liegen. Ihre erhöhten Anschaffungskosten werden durch die Tragedauer weitgehend ausgeglichen.
Wichtig ist eine abschließende Funktionsprüfung, die
an der in den Gehörgang des Benutzers eingesetzten Otoplastik vorgenommen wird. Diese ist zur Sicherstellung
einer wirksamen Schutzfunktion unerlässlich. Da sich der
Gehörgang nach längerer Zeit weiten kann, ist zusätzlich
eine jährliche Funktionsprüfung durch den Hersteller empfehlenswert. Den universellen Gehörschutz gibt es leider
nicht. Der Gehörschutz muss unter Berücksichtigung der
konkreten Arbeitsplatzsituation ausgewählt werden.
– He –
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Gehörschutzstöpsel
Bügelstöpsel sind auch für Brillenträger gut geeignet.
Abbildungen:
3M Deutschland GmbH, Neuss
Ohr-Otoplastiken werden
individuell angefertigt.
Gesundheit
23
24
Gesundheit
Foto: Dargelis, Berlin
tag für tag 1·2001
Lärmschutz an
Zeitungsrotationen
Technische Entwicklungen, z. B. Einzelantrieb
der Druckwerke (»Elektrische Welle«) führen bei
Zeitungsrotationen zu veränderten Arbeitsabläufen. Während ein Druckwerk noch produziert,
kann das gegenüberliegende bereits umgerüstet
M
M
M
M
M
M
M
M
werden. In dieser Arbeitssituation würde es zu
ganz erheblichen Lärmbelastungen des mit den
Arbeiten beschäftigten Mitarbeiters kommen.
Deshalb ist für diese Situationen Lärmschutz in
Form von Querabschottungen vorzusehen.
3
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
1
Bild 1 / Vereinbart mit den Maschinenlieferanten ist
folgende Regelung: Die Querabschottungen sind Trennwände zwischen den Drucktürmen. Sie reichen mindestens
über die Breite der Druckmaschine; besser ist es, wenn sie
darüber hinausragen. Sie werden zwischen allen Druckeinheiten installiert, die zu unterschiedlichen Maschinenverbänden gekoppelt werden können. Werden die Rotationen
nur sektionsweise (z. B. drei Achtertürme, ein Falzapparat)
betrieben, dann sind Querabschottungen nur zwischen diesen Sektionen erforderlich.
Diese Lärmschutzmaßnahmen sind erforderlich, da
Plattenwechsel in unmittelbarer Nähe anderer Druckwerke, die sich im Betrieb befinden, durchgeführt werden.
Das Schutzziel besteht darin, dass auf den Mitarbeiter nur
Lärm mit einem Beurteilungspegel unter 85 dB(A) einwirkt. Kann dieses Schutzziel, z. B. durch fehlende oder
unzureichend wirksame Querabschottungen, nicht erreicht
werden, dann ist eine zeitliche Begrenzung der Arbeit innerhalb der Lärmbereiche festzulegen, um dadurch den
Beurteilungspegel von 85 dB(A) nicht zu überschreiten.
Bild 2 / Vor dem Einbau der Querabschottung. Sie wird
zwischen allen Drucktürmen installiert, die zu unterschiedlichen Maschinenverbänden gekoppelt werden können.
Bild 3 / Entscheidend für die Wirkung der Schallschutzwand ist eine hohe Schallabsorption auf beiden Seiten
der Querabschottung, so dass Reflexionen in dem ohnehin
begrenzten, schallharten Arbeitsbereich weitgehend vermieden werden. Wandstärken von mindestens 80 mm sind
erforderlich.
Bild 4 / Vorhandene Maschinenkonturen müssen mit
Schalldämmelementen nachgebildet werden. Öffnungen
sind so klein wie möglich zu halten oder besser zu vermeiden, um die Wirksamkeit zu gewährleisten.
Bild 5 / Die Querabschottung reicht mindestens über die gesamte Druckwerkbreite, wenn technisch möglich, darüber
hinaus, wie im Bild. Vorläufige Messungen haben gezeigt,
dass sie den Mitarbeiter schützt, der an einem Druckwerk
arbeitet, während das Druckwerk hinter ihm in Produktionsgeschwindigkeit läuft.
4
2
5
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Gesundheit
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26
Betriebe
tag für tag 1·2001
Arbeitsplätze in der digitalen Fotografie
Ein Bildschirm
ist immer dabei
»Aus der guten alten Fotomesse ist längst die ImagingMesse geworden... Klarer Wachstumsmotor ist die digitale
Welt.« So begann die Eröffnungsrede des Vorstandsvorsitzenden von Agfa, Dr. Klaus Seeger, zur Photokina. Die
Messe in Köln zeigte, dass die Foto-Welt in einem Aufbruch ist. Dieser Aufbruch bedeutet gravierende technische
Veränderungen, die für manche Unternehmen bzw. Fotografen Probleme mit sich bringen. Die große Chance für
diesen Wirtschaftszweig ist aber unübersehbar. Die Nutzer
von Fotos und auch die Fotografen im Privatbereich
erhalten viele neue Impulse. Dem kreativen Umgang mit
der Fototechnik sind kaum noch Grenzen gesetzt.
Im Zusammenhang mit der digitalen Fotografie sind
drei typische neue Arbeitsplätze entstanden. Wir möchten
an dieser Stelle vorstellen, was man aus ergonomischer
Sicht berücksichtigen sollte, damit der Rücken gesund
bleibt und die Augen nicht unnötig angestrengt werden:
Digitale Minilabs Mit beachtlicher Geschwindigkeit
werden an diesen Geräten Fotos von Filmen sowie Bilder
oder Daten aus Digitalkameras hergestellt. Am Bildschirm
arbeitet – meist kurzfristig – der Operator. Bei manchen
Geräten kann – in Zukunft – auch der Kunde Bearbeitungsanweisungen eingeben. Der Bildschirm ist häufig fest mit
dem Gerät verbunden. Leider sind die Arbeitstische für
Tastatur und Bildschirm häufig viel zu klein und für längeres Arbeiten kaum geeignet. Wenn nicht vorhanden, kann
man vor dem Bildschirm eine Arbeitsplatte anbringen. Die
Maße sollten erlauben, dass man z. B. Arbeitsunterlagen
darauf abstellen oder -legen kann. Sitzt man am Bildschirm, sollte die Arbeitshöhe des Tisches 72 cm betragen.
Außerdem sollte – durch fensterferne oder fensterparallele
Aufstellung – auf einen blendfreien Bildschirm geachtet
werden. Auch Leuchten dürfen sich nicht spiegeln. Muss
der Operator lange Zeit im Stehen an dem Gerät arbeiten,
empfiehlt sich eine elastische Matte, die langes Stehen für
Muskeln und Gelenke belastungsfreier macht. Im Sommer
kann die Wärmebelastung unangenehm sein, insbesondere
bei Aufstellung in einem kleinen Raum. Wenn möglich,
warme Luft nach außen ableiten; ein Ventilator ist nicht
geeignet, da er die warme Luft lediglich verteilt.
Digitale Bildbearbeitung Arbeitsplätze für digitale
Bildbearbeitung gibt es z. B. bei Fotografen und in Fotogeschäften. Die erforderliche Ergonomie entspricht der von
Gestaltungsarbeitsplätzen in der Druckvorstufe: Der Tisch
muss einen Meter tief sein, damit der Bildschirm weit
genug von den Augen aufgestellt werden kann. Der Bildschirm muss gerade vor dem Benutzer und nicht zu hoch,
sondern direkt auf dem Tisch stehen. Um Blendung zu vermeiden, ist in vielen Fällen ein geeignetes Verschattungssystem vorzusehen (Info-Blatt 436 anfordern). Ein helles
Fenster im Rücken oder in Blickrichtung ist auf jeden Fall
zu vermeiden. Aber auch eine zu dunkle Aufstellung, z. B.
im abgedunkelten Studio, ist für die Augen ungeeignet.
Lieferant:
Org-Delta GmbH
73258 Reichenbach
Telefon 07153-98260
www.org-delta.de
Digitale Bildbearbeitung erfordert
einen Bildschirmarbeitsplatz von
hoher ergonomischer Qualität:
unbedingt blendfreie und gerade
Aufstellung des Bildschirms vor
dem Benutzer, 1 m Tischtiefe,
freier Raum für die Beine, Rechner
unter dem Tisch. Eventuell können
Steh-/Sitztische – wie hier abgebildet – sinnvoll sein.
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Bewegliches Arbeitspult im Studio Der Bild-
Digital arbeitende Minilabs werden
häufig im Stehen bedient. Foto: Agfa
Tisch nicht zu hoch!
Winkel zwischen Oberund Unterarm sollte über
90° sein. Oberer Bildschirmrand nie über
Augenhöhe!
schirm, der während der Fotoaufnahmen im Studio – von
den meisten Fotografen stehend – benutzt wird, benötigt
eine stabile Unterlage. Die Standfläche für den Bildschirm
darf nicht zu klein sein, um ausreichend Platz für die
Tastatur zu haben. Darüber hinaus sollte das Pult feststellbare Rollen haben. Die Tischhöhe muss so bemessen sein,
dass die Tastatur ohne Hochziehen der Schultern zu bedienen ist. Ober- und Unterarm bilden dabei einen Winkel von
etwas mehr als 90°.
In der Praxis trifft man auf sehr gut gelungene »Eigenkonstruktionen«, z. B. aus Messebausystemen. Auch Stehpulte oder entsprechend hohe Rollcontainer können gut
geeignet sein. Man sollte sich jedoch nicht davor scheuen,
die Aufstellplatte etwas zu vergrößern.
Tastatur und
Bildschirm sauber
halten, um
Spiegelungen zu
vermeiden
Arbeitsplatte, ausreichend groß, nicht
zu glatt, mit mindestens
30 cm Platz für Tastatur.
Bildschirm,Tastatur
und Maus auf einer
Ebene.
Kante, um
Abrutschen des
Monitors zu
verhindern
Griff zum
Verschieben
Kabel
zusammenbinden,
Kabelbrücken auf
dem Fußboden benutzen, Stolperstellen
vermeiden
Fester
Platz für
Rechner
Große,
feststellbare
Rollen
Mobile Arbeitsstation für
das Studio.
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Arbeitserleichterung: Pneumatisch
angetriebener Rollenschieber
Nicht, weil es in Vorschriften steht ...
Die Zeiten, in denen sich Arbeitssicherheit genau und nur auf das bezog, was in
Vorschriften zu finden war, sind in den meisten Betrieben vorbei. »Nicht, weil es in
den Vorschriften steht, sondern weil es vernünftig ist«, so Otto Krauß, Werksdirektor
von Klingele Wellpappenwerk Hilpoltstein, über die Maßnahmen im Arbeits- und
Gesundheitsschutz. Ein wichtiges Ziel seiner Unternehmensstrategie ist die Erhaltung
der Gesundheit seiner Mitarbeiter. Er stellt dabei einige, im Folgenden beschriebene
Punkte heraus, die er hierfür als besonders wichtig erachtet.
Lärm ist ein bisher ungelöstes
Problem in jedem Wellpappenwerk.
Nun wurden Kapselgehörschützer
angeschafft, die mit Funk ausgerüstet sind. Sie können dann
benutzt werden, wenn eine gute
Verständigung, z. B. zwischen den
Maschinenführern, besonders
wichtig ist.
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Mitreden können. Wirklich gesund ist
nur der, der sich wohl fühlt. Mitreden können und informiert sein, trägt viel dazu bei,
sich an seinem Arbeitsplatz wohl zu fühlen.
Bei Fragen der Arbeitszeiten, Überstunden
und Schichtpläne wird deshalb ein hohes
Maß an Einflussnahme durch die Mitarbeiter angestrebt. Persönliche Wünsche werden, soweit es möglich ist, berücksichtigt.
Informiert sein. Mitarbeiter und Betriebsrat werden frühzeitig in die Werksplanung einbezogen. Bei den regelmäßigen
Gesprächen stehen Investitions- und Produktionsplanung, Personalstand, Unfallund Krankheitstage sowie Abfallquote auf
der Tagesordnung. Selbstverständlich
werden auch regelmäßig Informationsgespräche, die sich auf Arbeits- und Gesundheitsschutz beziehen, durchgeführt – jedoch
bedarfsabhängig. »Produktion ist ständiges
Thema und Arbeitsschutz ist selbstverständlicher Bestandteil der Produktion«.
Sicherheitsmaßnahmen selbstverständlich machen. »Das Manipulieren
von Sicherheitsschaltern oder das Abschrauben von Schutzverkleidungen wird
selbstverständlich sofort unterbunden«, so
der Werksleiter. Jeder weiß, dass diese Art
von »Erfindung« konsequent nicht geduldet
wird.
Kommt es zu einem Arbeitsunfall, z. B.
beim Transportieren, dann ist eine feste Untersuchungskette vorgesehen: Information
des Sicherheitsbeauftragten, des Abteilungsleiters und anderer Vorgesetzter. Einschaltung des Betriebsarztes und der Betriebsvertretung. Das Ziel ist es, die Ursache zu finden, um eine Wiederholung zu
vermeiden. Liegt ein Verschulden vor, sind
ernsthafte Gespräche und Anweisungen,
quittiert mit Unterschrift, vorgesehen.
Arbeitserleichterung: Nutzentrennung an der Stanze. Der Sicherheitsbeauftragte Matthias Ehrenfried (rechts) erläutert die Funktion
Arbeitserleichterungen schaffen
Im Mittelpunkt des Gesundheitsschutzes
stehen Arbeitserleichterungen. Wo wirtschaftlich, räumlich und vom Handling her
vertretbar, sind Hebebühnen, Prefeder,
Hubtische, Senktische, Abschiebevorrichtungen, Warmluftabsaugungen, Arbeitsstühle, Stehhilfen, Verbesserungen der
Sitze von Gabelstaplern usw. angeschafft
worden. Neuerdings übernimmt ein Palettier-Roboter das Anheben und Zurechtlegen
der leeren Paletten.
Richtiger Umgang mit Gefahrstoffen. Das Wellpappenwerk in Hilpoltstein
erhielt bereits 1996 die Umweltzertifizierung. So stellt der Umgang mit Gefahrstoffen heute kein Problem mehr dar. Persönliche Schutzausrüstungen und Betriebsanweisungen gehören zu den betreffenden
Arbeitserleichterung:
Staubabsaugung am Inliner.
Fotos: Frey, Egling
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Ein Handlingautomat für
Paletten. Der Mitarbeiter
dirigiert die Arbeitsstation
von einem übersichtlichen
Platz aus.
Arbeitsplätzen. Sollte man die schriftlichen
Betriebsanweisungen auch auf jegliche Art
von Maschinenarbeit ausdehnen? »Dies
wäre bei uns so, als ob man einen Pkw-Fahrer dauernd informiert, wie er die Autotür
öffnen soll«, so Werksdirektor Otto Krauß.
Stolz auf die neuen WellpappenProduktionsanlagen: Werksdirektor
Otto Krauß (rechts), Betriebsleiter
Alfred Harlas (links), Maschinenführer Peter Hauenschild (Mitte)
Gemeinsamkeit fördern. Es ist bekannt, dass ein gutes Betriebsklima wesentlich zum Wohlfühlen am Arbeitsplatz
beiträgt. So werden viele Gemeinsamkeiten
unterstützt, z. B. eine Fußballmannschaft,
gemeinsame Besichtigung von Firmen, Betriebsfeste oder Tage der offenen Tür, um
auch der Familie die Arbeitssituation zu
zeigen.
Als stolzes Ergebnis ist festzustellen,
dass die Mitarbeiter-Fluktuation im Wellpappenwerk Hilpoltstein außerordentlich
niedrig ist. Offensichtlich liegt man mit den
Maßnahmen »zum Wohlfühlen« richtig.
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Problemlösungen
Ende mit dem Kabelsalat
Kabelsalat ist häufig dort anzutreffen, wo mit elektronischen Geräten
gearbeitet wird. Ist eine Verlegung im begehbaren Bereich erforderlich,
dann bieten Kabelbrücken die beste Problemlösung. Sie sind in verschiedenen Farben mit Eck- und Verbindungsstücken erhältlich. Lieferant z. B.
Eha-Werk, Postfach 600225, 44842 Bochum, Telefon 02327-3729.
Zur Bündelung und Befestigung von Kabeln kann man »Kabel-Klett«
(rechtes Bild) verwenden. Es handelt sich um ein Klettband mit Selbstkleberücken, das von der Rolle verarbeitet wird. Lieferant: Org-Delta,
Postfach 1144, 73258 Reichenbach-Fils, Telefon 07153-98260.
Müllbehälter entleeren
Neuartiger
Schutzbehälter
Ein neuartiger Behälter zum Sammeln gebrauchter Putztücher vereint die Vorteile
von Metall und Kunststoff: Die gebrauchten
Tücher werden in einem Kunststoffbehälter,
z. B. einer Tonne, gesammelt und können so
nach Schichtende bequem aus dem Arbeitsraum entfernt werden. Der eigentliche Behälter ist aus Metall mit einer selbstschließenden
Einwurföffnung und einer selbstschließenden
Tür ausgerüstet. Der 1,50 m hohe Behälter besitzt die erforderlichen brand- und explosionsschutztechnischen Prüfungen. Lieferant:
FHG Klein, GbR, Bernhard-Poether-Weg 7,
45964 Gladbeck, Telefon 02043-205293.
Müllbehälter von 60 bis 240 l Inhalt und
mit einem Gewicht bis zu 150 kg können
mit diesem Gerät problemlos in größere
Behälter entleert werden. Die Behälter
werden mit einer Spannvorrichtung gehalten und durch eine Fußpumpe oder einen
elektrohydraulischen Antrieb auf die
gewünschte Auskipphöhe gebracht. Das
Kippen erfolgt über eine Handkurbel oder
einen Kettenzug. Mit veränderten Lastaufnahmemitteln kann das Gerät für verschiedene Aufgaben eingesetzt werden.
Lieferant: Dipl.-Ing. Werner Becker
Produktionstechnik, Postfach 1146,
78611 Rottweil, Telefon 0741-1755078.
150 dB(A)
90 dB(A)
70 dB(A)
Lärmschwerhörigkeit
kann weder geheilt
noch gebessert werden.
Lärm mit einem Schallpegel über 85 dB(A)
kann Gehörschäden verursachen.