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Ein Hotel aus einem Guss – Zur
Entstehung des Louis in München
A Hotel as an Integrated Whole –
The Genesis of the Louis in Munich
Architekten:
Hild und K, München
Fotos:
Stefan Braun, Michael Heinrich, Hild und K
Nicht oft bekommen Architekten die Gele­
genheit, ein Hotel aus einem Guss zu ent­
werfen. Für das Louis in München, direkt
am Viktualienmarkt im Herzen der Stadt ge­
legen, erhielt das Büro Hild und K den Auf­
trag, ein ehemaliges Bürogebäude aus den
Nachkriegsjahren umzugestalten, inklusive
neuer Fassaden, gleichzeitig aber auch
den gesamten Innenausbau zu konzipie­
ren. Sämtliche Möbel vom Restaurant bis
zu den Gästezimmern, aber auch Leuchten
und Türdrücker stammen aus ihrer Feder
und sogar in die Auswahl des Geschirrs
waren sie involviert. Dass dabei kein trendi­
ges Designambiente, sondern ein zeitlos
elegantes Gesamtkonzept herauskam,
überrascht nur auf den ersten Blick.
Über die Herausforderung, ein komplettes
Hotel zu gestalten, sowie den Entstehungs­
prozess des Louis sprach Detail mit den
Architekten Andreas Hild und Dionys Ottl
sowie den beiden Betreibern, dem Gastro­
nomen Rudi Kull und dem Architekten Al­
bert Weinzierl.
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Detail: Ist das Louis ein Designhotel?
Kull: Es gibt einen Unterschied zwischen
­einem Architekturhotel und einem Design­
hotel. Ein Designhotel kann man mit einigen
schicken Designermöbeln relativ einfach
­zusammenstellen. Hier jedoch haben Archi­
tekten ihre Vision konsequent umgesetzt.
Weinzierl: Dabei stand die Gestaltung ein­
zelner Objekte nie im Vordergrund. Die Mö­
bel sind eher begleitendes Mittel, um eine
gewisse Raumatmosphäre zu schaffen, in
der sich der Gast wohlfühlt.
Hild: Wir wollten einen besonderen Ort schaf­
fen und auch die Situation interpretieren, hier
am Viktualienmarkt in der Mitte Münchens –
und nicht ein Designobjekt herstellen, das
man zugleich als Hotel nutzen kann, mehr
oder weniger gut.
Detail: Wie sahen Ihre Vorgaben an die Archi­
tekten aus?
Kull: Architekten zu beauftragen ist wie zum
Zahnarzt zu gehen. Das sind Fachleute und
denen muss man vertrauen. Unsere einzi­
gen Vorgaben waren das Restaurantkon­
zept – ein Frühstücksraum, der später am
Tag zum asiatischen Restaurant wird – so­
wie die Verwendung zeitloser Materialien,
die mit dem Altern schöner werden.
Hild: Unser Anliegen war schon, zusammen
etwas zu entwickeln, nicht nur ein Ergebnis
zu präsentieren.
Ottl: Wir suchten uns Antworten auf bestimm­
te Aufgaben. Für das Zimmer definierten wir
die Aufgabe gemeinsam im Gespräch, für
das Restaurant war die Antwort stark geprägt
von den Wünschen der Bauherrenseite.
Detail: Welche Vision liegt dem Hotel zu­
grunde?
Hild: Wir nannten das Leitmotiv »Auf Reisen
daheim« – es geht um reisen und ankom­
men. Eines der Vorbilder für das Louis ist
die Zeit, in der man mit großen Koffern reis­
te. Dabei spielt die Sehnsucht nach einer
anderen Form des Reisens eine Rolle ...
Ottl: ... wodurch sich das Ergebnis vom typi­
schen anonymen Geschäftsreisehotel unter­
scheidet und sich sehr viel mehr wie eine
Wohnung anfühlt.
Detail: An wen wendet sich das Konzept?
Kull: An Individualreisende, die sich gezielt
ein Hotel aussuchen und bereit sind, für ein
besonderes Ambiente 30 bis 40 Euro mehr
zu bezahlen – auch an Geschäftsreisende,
die diese Freiheit haben. Also Liebhaber,
die das Detail verstehen, Sensibilität für Ma­
terialien haben, gerne einen Stoff anfassen,
gute Bettwäsche schätzen.
Hild: Wenn man ein Konzept entwirft, das
so stark auf ein kollektives Gedächtnis ab­
zielt, ist die Gruppe beschränkt auf Leute,
die ähnlich fühlen wie man selbst, also un­
gefähr die gleichen Erinnerungen haben.
Nur dann können Formen und Materialien
auch etwas auslösen beim Gast. Sonst ist
das bloßes Handwerk und dann ist es tat­
sächlich Design.
Ottl: Man kann auch eine ältere Generation
damit ansprechen – die haben durchaus die
gleichen Erinnerungen, nur der Kontext ist
vielleicht ein anderer. Es ist dann nicht das
Zimmer der Tante, sondern das eigene Zim­
mer. Gleiches gilt für junge Leute. Ich den­
ke, man kann das kollektive Gedächtnis
nicht nur auf eine Generation begrenzen.
Detail: Würde man für eine architekturaffine
Zielgruppe nicht etwas Trendigeres erwarten?
Gerade bei Hotels wird heute meist auf den
»Wow-Effekt« spekuliert.
Kull: Der Wow-Effekt hält nie lange an. Zeit­
losigkeit macht gute Architektur aus. Wir
wollen kein modisches Hotel sein, sondern
eine Institution werden, die Moden und
Trends überdauert. Das Hotel Louis am Vik­
tualienmarkt, Punkt.
Hild: Architektur ist komplexer als die Frage
des Wow-Effekts. Da spielen auch der Kon­
text und ähnliche Dinge eine Rolle. Wir und
ebenso der Bauherr wollten keinen 4-Ster­
ne-Arthotel-Kram. Davon gibt es schon zu
viel – und man langweilt sich überall.
Detail: Wie haben Sie zueinander gefunden?
Ottl: Der Hausbesitzer hatte uns engagiert,
die türkis gekachelte Fassade des Bestands
sowie die Passage durch den Block zu
überarbeiten. Diesen Vorschlag präsentier­
ten wir als erstes den Betreibern.
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Diskussion
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ie Lochfassade zum Viktualienmarkt nimmt Bezug
D
zur Altstadt; ein Blindfenster, auf dem ein Putzrelief
die Nutzung »Hotel« verrät, vermittelt zwischen den
5 Achsen der Hotelzimmer und dem 8-achsigen
Fassadenraster des umgestalteten Bürogebäudes.
Frühstücksraum / Restaurant
Lageplan Maßstab 1:3000
1. OG (Eingang/Passage) • 2. OG
Maßstab 1:1000
Gästezimmer
he facade with window openings overlooking the
T
Viktualienmarkt makes reference to the historic city
centre. The blank windows – with relief rendering
that reveals the present function – mediate between
the five bays of hotel rooms and the eight-bay
­facade grid of the former office building.
Breakfast room / Restaurant
Site plan scale 1:3000
First floor plan (entrance/passageway)
Second floor plan scale 1:1000
Hotel room
Weinzierl: Wir waren von Beginn an auf ei­
ner Wellenlänge, so hat es sich ergeben,
auch beim Interieur zusammenzuarbeiten.
Kull: Es war unser erstes gemeinsames Pro­
jekt mit den Architekten, daher war es auch
ein gewisses Risiko, ihnen alles anzuver­
trauen. Doch nur so konnten sie ihre Vision
konsequent verwirklichen. Schon bei unse­
ren letzten Projekten haben wir als Team
aus einem Architekten und einem Gastrono­
men so gearbeitet. Die Architektur wird
stringenter, wenn außen und innen in einer
Hand liegen.
Hild: Diese Vorgehensweise ist schon un­
üblich: Normalerweise ist ein Hotel fest in
der Hand von spezialisierten Hotelarchitek­
ten. Selbst wenn man für eine Hotelkette ein
Haus entwirft, gestalten die das Interieur.
Detail: Wie geht man ein solches Projekt als
Architekturbüro an? – Das war Ihr erstes Hotel.
Hild: Für ein normales Architekturbüro ha­
ben wir schon immer sehr viele Innenaus­
bauten entworfen – im Prinzip haben wir das
alles schon einmal gemacht, nur nicht in
dieser Menge und bei einem Projekt. Das
Thema Möbel kommt bei uns daher, dass
uns oft Innenräume mit einer bestimmten
Stimmung vorschweben, wir dafür aber kei­
ne passenden Möbel finden. Also müssen
wir sie selbst entwerfen.
Weinzierl: Es macht auch Sinn, das bei ei­
ner gewissen Menge selbst in die Hand zu
nehmen.
Detail: Macht das auch finanziell Sinn für die
Architekten?
Ottl: Nein. Hier hatten wir eine individuelle
Regelung mit dem Bauherrn, da können wir
uns nicht beklagen. Aber prinzipiell machen
wir das aus Leidenschaft: Man kann den
Entwurf intensiv begleiten, am Modell fort­
entwickeln, zum Schreiner fahren und Kor­
rekturen vornehmen. In diesem Fall kam von
der Bauherrenseite die Anregung, die Mö­
bel nicht zuzukaufen, sondern in Auftrag zu
geben. Bei einer Schreinerei aus dem Raum
Augsburg, die schon in der zweiten Genera­
tion mit der Bauherrenfamilie zusammenar­
beitet, liefen die Fäden eines Netzwerks ver­ 5
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schiedener Hersteller von Leuchten, Stüh­
len, Betten etc. zusammen. Manche Teile
wurden dort im Betrieb gefertigt, andere hier
vor Ort fertiggestellt oder weiter vergeben.
Detail: Welches spezielle Knowhow braucht
man als Architekt, um so eine Ausstattung zu
entwerfen?
Hild: Erfahrung, da Muster teuer sind. Man
muss also mit einer möglichst geringen An­
zahl an Mustern auskommen, bis das Möbel
funktioniert. Auch wenn die Zeit drängt, ist
es von Vorteil, wenn man z. B. schon einmal
einen Stuhl entworfen hat – ein Stuhl, auf
dem man auch sitzen kann, ist ein wahnsin­
nig kompliziertes Objekt.
Ottl: Unsere Sorte Möbel unterscheidet sich
stark von vielen, die man in Möbelhäusern
findet. Wir kommen eher aus dieser »Kisten­
bauer-Schreinerei« – ganz im Gegenteil et­
wa zu einem Konstantin Grcic, der seine
Ideen aus dem industriellen Fertigungspro­
zess heraus generiert. Für die Ausführung
haben wir in der Regel gute Firmen, die das
Projekt leidenschaftlich mit begleiten, weil
sie sich freuen, an außergewöhnlichen Ob­
jekten mitzuarbeiten. Das Knowhow ergänzt
sich also – kernkompetent ist man sicher im
Formalen, das Technische löst man mitein­
ander.
Detail: Wie sieht der Ablauf beim Ent­wurf der
Möbel aus?
Hild: Zuerst einigt man sich auf ein Konzept,
etwa »Schrank wie ein Koffer«, dann über­
legt man, an welcher Art von Koffer man
sich orientiert, etwa an einem alten Leder­
koffer. Anschließend sucht man Referenz­
bilder und versucht diese wiederum in ein
Möbel zu übertragen.
Ottl: Dabei arbeiten wir mit Skizzen und Mo­
dellen. Zu den Möbeln in den Zimmern bau­
ten wir zuerst Modelle aus Finnpappe, spä­
ter ist daraus ein Musterzimmer im rückwär­
tigen Gebäudeteil entstanden, anfangs mit
einfachen Modellen aus MDF, dann mit
1:1-Möbeln in unterschiedlichen Materialien.
So wird z. B. der Stoff festgelegt oder die
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Schrankmöbel Eiche mit Ledergriffen und
Stoffbespannung
7, 8 Pläne Schrankmöbel Maßstab 1:20
9 Pläne Schreibtisch Maßstab 1:20
10 Schreibtisch Nussbaum mit Ledereinlage
11 Türdrücker Bronze
(gegossen und handgeschliffen)
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ak cupboard with leather handles and
O
fabric lining
7, 8 Drawings of cupboard scale 1:20 9 Drawings of writing table scale 1:20
10 Walnut writing table with leather inlay
11 Bronze door handle
(cast and hand polished)
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Holzart, ebenso Details wie die Scheuerleis­
te. Beim Schrankkoffer etwa gab es ein
MDF-Muster und zwei in der gewünschten
Materialität. An dem Musterzimmer arbeite­
ten wir deutlich über ein halbes Jahr.
Detail: Haben Sie dort auch probegewohnt?
Weinzierl: Nein, aber wir verbrachten viel
Zeit darin.
Ottl: Das Musterzimmer war nie ganz fertig,
der endgültige Zustand im Maßstab 1:1
ist erst zum Schluss in den eigentlichen
­Hotelzimmern entstanden. Als der Ausbau
so weit fortgeschritten war, dass man Möbel
anliefern lassen konnte, haben wir sechs
Wochen lang noch einmal sehr viel nach­
justiert.
Detail: Wie viele der Möbelentwürfe sind in
Serie gegangen?
Hild: Im Moment noch keiner. Das liegt wohl
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daran, dass die Möbel immer genau für ei­
nen Raum, für eine Stimmung entworfen sind.
Ottl: Der Türdrücker wird bei FSB in den Ka­
talog genommen – wie viel Serie daraus
wird, lässt sich noch nicht sagen. Das Pro­
duktionswerkzeug ist jedenfalls lagerhaltig
und man kann ihn bestellen.
ser Stückzahlen einer Manufaktur ist er auch
offen für Architektenentwürfe.
Hild: Das ganze Hotel kommt tendenziell
aus der Manufaktur, Gestaltung wie Speisen
sind handwerklich sehr präzise. Gastrono­
men und Architekten haben sich hier auf ei­
nem gemeinsamen Nenner gefunden.
Detail: Sind solch kleine Serien aufgrund mo­
derner, computergestützter Produktionspro­
zesse möglich?
Ottl: Ganz im Gegenteil, die Formen fertigt
ein Modelleur von Hand und nach dem Gie­
ßen wird der Griff von Hand geschliffen. Ent­
sprechend gibt es den Griff nur in gießfähi­
gen Materialien, etwa in Aluminium, Bronze
oder Messing. Edelstahl hingegen wird dort
von Hand gebogen. Diese sehr archaische
Arbeitsweise, dieser händische Prozess un­
terscheidet den Hersteller letztlich auch von
der Serienproduktion anderer. Aufgrund die­
Detail: Wie haben Sie das Motto in Material,
Formen und Farben umgesetzt?
Ottl: Wenn wir mit authentischen Materialien
arbeiten wollen und nicht nur mit Oberflä­
chen, gibt es eine begrenzte Bandbreite an
Möglichkeiten – vor allem vor dem Hinter­
grund, dass sie würdig altern sollen.
Nur sehr solide Materialien kamen infrage,
etwa Eiche, gebürstet und geölt als Dielen­
boden. Das Musterzimmer erwies sich kom­
plett in Eiche jedoch als arg rustikal. Daher
haben wir den Fokus bei den Möbeln etwas
aufgeweitet auf Nussbaum, im Restaurant
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Diskussion
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auch auf Ahorn, bedingt durch das asiati­
sche Konzept. Entsprechend bewegen wir
uns im Bereich der Naturfarben. Das Grün
ist auch inspiriert vom Ort, dem Viktualien­
markt mit all den grünen Häuschen. Bei den
Zimmern stellten wir uns immer wieder die
Frage des Wohnens; das Bild einer weißen
Altbauwohnung mit Stuck lieferte uns hierfür
die Inspiration.
Hild: Auch bei den Stoffen ging es darum,
etwas nicht so Gelecktes zu wählen. Dieses
Sitzkissen im Restaurant aus weichem Le­
der ist z.B. streng genommen nicht einmal
für diese Nutzung geeignet.
Weinzierl: Das ist ein vegetabil gegerbtes
Leder, fast unbehandelt. Das Schlimmste ist
der erste Rotweinfleck, doch insgesamt altert
es würdevoll, wie ein alter Schulranzen, wirkt
nie schäbig. Auch die Stoffe strahlen von An­
fang an eine gewisse Würde und Gelebtheit
aus, das ist gewollt. Das haptische Verlan­
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gen, gerne hinzufassen, ist uns sehr wichtig.
Die Materialien müssen dem zweiten Blick
und auch dem zweiten Griff standhalten. Der
Gast spürt, wenn er eine gewisse Qualität
um sich herum hat, er fühlt sich wohler.
Ottl: Daher auch die Leinen- und Seiden­
stoffe und nicht die üblichen Hotelmateriali­
en von B1-beschichteten Kunststoffen.
Hild: Wie bei jedem Projekt standen wir auch
hier unter Kostendruck, doch im Gegensatz
zu vielen Designhotels gibt es nie diesen Mo­
ment, bei dem man spätestens beim zweiten
Blick denkt, hier mussten sie sparen. Da ha­
ben wir lieber etwas Einfacheres gewählt, um
die Stimmigkeit der Atmosphäre zu wahren.
Weinzierl: Schon vor dem Innenausbau ist
sehr viel Geld in die Baustelle, die Gebäu­
detechnik etc. geflossen. Dies alles sieht
der Gast nicht. Am Schluss am Interieur zu
sparen, an den Dingen, die der Gast sieht,
wäre der falsche Weg.
Detail: Wie kann man messen, ob das Archi­
tekturkonzept aufgeht?
Weinzierl: Wenn der Gast zurückkommt.
Schon zu Beginn hatten wir Stammgäste, die
innerhalb weniger Wochen mehrmals bei
uns waren – das ist ein sehr gutes Zeichen.
Kull: Grundsätzlich muss ein Zimmer erst
einmal auch funktionieren. Die Gäste müs­
sen sich zurechtfinden, z. B. im Bad sich gut
schminken oder rasieren können. Es reicht
nicht, wenn es schön ist und man sich wohl­
fühlt. Hier haben wir keine Beschwerden in
dieser Hinsicht, wir müssen die Zimmer also
nicht noch einmal nachjustieren. Daneben
gibt es das subjektive Thema, ob es den
Gästen gefällt oder nicht. Das Hotel wurde
sehr gut aufgenommen, nicht nur in der
Presse.
Ottl: Das hat aber nicht nur mit der Architek­
tur zu tun, sondern auch mit dem Service,
dem gesamten Ambiente.
Kull: Das Paket muss stimmen, das gastro­
nomische Konzept, das Preis-Leistungs-Ver­
hälnis, das Frühstücksangebot, die Ausstat­
tung, etwa welche Bettwäsche, welche
Handtücher man auswählt. Diese Kompo­
nenten können das Zimmer ruinieren oder
es noch wertvoller machen.
Hild: Mir sind dabei die Verschiebungen im
Kontext wichtig, dass es nicht retro ist. Ob­
wohl man meint, man kennt es – aber es
kann mir hier niemand irgendetwas zeigen,
das retro ist – außer vielleicht den Badezim­
merarmaturen. Aber die kann man nicht
selbst gestalten und diese Welt von etwas
älteren Sachen schien uns gut ins Ambiente
zu passen. Wenn man den »Stuck« an den
Wänden betrachtet: Das ist kein »Stuck«, es
sind Bänder, auf denen Brandmelder oder
Sprinklerköpfe integriert sind. Dabei entste­
hen Momente, wo Dinge plötzlich auf meh­
reren Ebenen lesbar sind, ohne dass es in
irgendeiner Art und Weise ein spießiger
Traum von einer besseren Welt ist, sondern
vielmehr der Versuch, Vertrautes nach heute
und morgen zu transportieren, aber gleich­
zeitig diese Erinnerungen und dieses Gefühl
zu bewahren.
Das Gespräch führten Christian Schittich und
Thomas Madlener.
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12–15 MDF-Modelle im Maßstab 1:1
16–21 frühe Möbelmodelle in Finnpappe
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Opposite the Viktualienmarkt, the food market
in the heart of Munich, an office building dat­
ing from the post-war years has been con­
verted into an unusual hotel by the architects
Hild and K, who also designed the internal fin­
ishings and fittings. DETAIL spoke about this
development to the architects, Andreas Hild
and Dionys Ottl, as well as to Rudi Kull, the
restaurateur, and Albert Weinzierl, an archi­
tect, who operate the Hotel Louis.
Detail: Is the Louis a designer hotel?
Kull: I think there’s a difference between an
architectural hotel and a designer hotel. The
latter can be put together relatively simply with
a few design furnishings. In the present case,
the architects have implemented their con­
cept in a homogeneous manner.
Weinzierl: The design of individual objects was
never the prime consideration. The furnishings
play a supporting role. What was important
was the creation of a certain spatial atmos­
phere, so that guests would feel at ease.
Hild: It wasn’t our aim to create some design
object that can also be used as a hotel.
Ottl: We all wanted to design a special place
and to interpret the location on the Viktualien­
markt in the heart of Munich.
Detail: What was the architectural brief?
Kull: Architects are specialists in their field,
and one has to trust them. Our only condi­
tions related to the concept for the restaurant
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12–15 Full-size models in medium-density fibreboard
16 –21 Early furniture models in wood-pulp board
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– a breakfast room that becomes an Asian
dining space later in the day – and to the use
of timeless materials that mature well.
Hild: We wanted to develop something collab­
oratively, not just to present a solution.
Ottl: We defined the goals for the rooms in
joint discussions, whereas the restaurant re­
flects the conditions of the brief.
Detail: What was the underlying vision for
the design of the hotel?
Hild: Travelling and arriving in a place. One of
the models for the interior design was the time
when people travelled with large trunks.
Ottl: That’s what distinguishes the Louis from
those anonymous hotels for business people.
It feels much more like a place of residence.
Detail: At whom is the concept aimed?
Kull: At individual people who are prepared to
pay €30 to €40 more for a special ambience;
also at business travellers who are in a posi­
tion to do this and at people who have an eye
for details and a sensibility for materials.
Hild: Materials can spark off a certain feeling
among guests. If a concept is so strongly re­
lated to the collective memory, the target
group is limited to people who have similar
feelings and memories to those one has one­
self. Otherwise it’s mere craftsmanship, and
that really is just design.
Ottl: One can appeal to an older generation of
people who have similar memories, but the
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context might be different. The same appIies
to young people. The collective memory can’t
be confined to a single generation, I think.
Detail: Wouldn’t one expect something
trendier for a target group with an affinity to
architecture – a stronger “Wow!” effect?
Kull: “Wow!” effects never last long. Timeless­
ness is one of the characteristics of good ar­
chitecture. We don’t want to be a fashionable
hotel. We want to be an institution that out­
lives fashions and trends.
Ottl: That’s reflected in the fabrics, for exam­
ple: linens and silks, not the coated synthetics
you usually find in hotels.
Hild: Architecture is more complex than a
question of “Wow!” effects. Context and
things like that play a role.
Detail: How did you all get together to devel­
op the project?
Ottl: The owner commissioned us to rework
the existing turquoise tiled facade and the
passageway through the block.
Weinzierl: From the very outset, we were on
the same wavelength, and so it came about
that we collaborated on the interior.
Kull: It was our first joint project with the archi­
tects, so there was a certain risk involved in
entrusting them with everything. But that was
the only way they could realize their vision.
Hild: The approach is certainly unusual. Nor­
mally, hotel design is in the hands of archi-
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tects who specialize in that field. Even if you
design something for a hotel chain, they will
take the interior into their own hands.
Detail: How does one tackle a project like
this as architects? It was your first hotel.
Hild: For a normal architectural practice,
we’ve always done a lot of interior design. In
principle, we’ve been through it all before, on­
ly not to this scale. We create furniture be­
cause we often conceive interiors with a cer­
tain mood, but we can’t find suitable furnish­
ings. So we have to design them ourselves.
Weinzierl: It makes sense to do it yourself
when a certain quantity is involved.
Detail: Does it make sense financially for
architects?
Ottl: No, but in this case, we reached a spe­
cial agreement with the clients, so we can’t
complain. Basically, though, we have a pas­
sion for these things. You can follow the de­
sign closely, develop it in a model, go to the
joiner and make corrections. In the present
scheme, the clients suggested that we should
commission the furniture from a joinery con­
cern. We worked with a company near Augs­
burg. All the threads came together there,
creating a network of firms that manufacture
lamps, chairs, beds and so on.
Detail: What special know-how do architects
need to design furnishings and fittings?
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Diskussion
Hild: Experience. Models are expensive, so
you have to manage with as few as possible
to achieve functional furnishings. It’s of advan­
tage if you’ve designed, let’s say, a chair pre­
viously. A chair on which people can sit prop­
erly is an incredibly complex object.
Ottl: The furnishings we design differ a lot
from those you usually find in furniture stores.
We have a greater affinity to the box-like form
of joinery construction – in contrast to a Kon­
stantin Grcic, for example, whose ideas are
more closely related to industrial manufactur­
ing processes. We usually find reliable firms
for the execution, firms that have a keen inter­
est in working on unusual projects. We com­
plement each other in our know-how: we
have a core competence in formal matters,
while technical matters are resolved jointly.
Detail: How does the furniture design come
about and develop?
Hild: First we agree on a concept: a cupboard
like a travelling trunk, say. Then we consider
what sort of trunk it should be – maybe an old
leather suitcase. Finally, we look for reference
images that could be applied to the furniture.
Ottl: That’s followed by sketches and models.
For the room furniture, we first built models in
wood-pulp board. Later, we developed a
mock-up room at the back of the building.
This was initially fitted out with models in
medium-density fibreboard, then with fullscale furnishings in various materials. In this
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way, we can determine the kind of wood or
other materials to be used, as well as the de­
tails. For the trunk-like cupboard, we built a
medium-density fibreboard model as well as
two in the actual material. We worked for
more than six months on the mock-up room.
Detail: Did you try living there?
Weinzierl: No, but we spent a lot of time in
that room.
Ottl: The mock-up room was never quite
completed. The full-size finished state came
about right at the end in the actual hotel
rooms. When the internal finishings were far
enough advanced to allow the delivery of the
furnishings, we spent six weeks making many
further adjustments.
Detail: How many of the furniture designs
have gone into serial production?
Hild: None as yet, but that could be attributed
to the fact that the furnishings were designed
to conjure a certain mood in specific rooms.
Ottl: The FSB company has included our door
handle in its catalogue.
Detail: Are small series possible in view of
computer-aided production processes?
Ottl: On the contrary, the forms are modelled
by hand, and after casting, the handles are
also polished by hand. That’s why only mate­
rials that can be cast are applicable: alumini­
um, bronze and brass, for example. Stainless
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Ein Hotel aus einem Guss – Zur Entstehung des Louis in München
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22, 23 B
lick vom Bad ins Zimmer und zurück.
Die Fliesen im Bad sollen an diejenigen in der
Pariser Metro erinnern, internationales Flair mit
hohem Wiedererkennungswert verbinden.
22, 23 V
iew from bathroom to bedroom and vice versa.
The tiles in the bathroom are a reminiscence of
those in the Paris Metro, combining international
flair with a high recognition value
steel, in contrast, is shaped by hand. This
­archaic hand-working method distinguishes
the present manufacturer from others who are
involved in serial production. In view of the
numbers involved, these objects lend them­
selves to architectural design.
Hild: The whole hotel is the outcome of such
processes, in a sense. Even the meals are care­
fully designed by hand. Here, gastronomy and
architecture have found a common ground.
Detail: How did you translate your principles
into materials, forms and colours?
Ottl: If we want to work with authentic materi­
als and not just with surfaces, the scope is
limited, especially in view of the fact that the
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materials should mature with a certain dignity.
Only durable materials were acceptable, like
the oak flooring in the mock-up room. As it
turned out, this proved to be too rustic if used
everywhere, so we extended the range for the
furniture to include walnut – with maple in the
restaurant to reflect the Asian concept. We
confined ourselves to natural colours. The
green was inspired by the location – by the
stalls of the Viktualienmarkt opposite. In the
rooms, we were concerned with questions of
habitation and an agreeable environment.
Hild: We didn’t want anything too spick and
span in the way of fabrics. This soft leather
cushion in the restaurant is an example.
Weinzierl: It’s vegetably tanned, almost un­
treated – red-wine stains are the worst thing –
and it ages in a dignified manner, like an old
school satchel. It never looks shabby. The
tactile sense is very important to us. Guests
know when they have a certain quality about
them, and they feel better for it.
Hild: As always, we were subject to cost pres­
sures, but in contrast to a lot of designer ho­
tels, you never have the feeling: “Aha! They
had to make savings here.” Instead, we pre­
ferred to choose simpler things to maintain a
homogeneous atmosphere.
Weinzierl: Before one starts on the internal fin­
ishings, a lot of money goes into the site, the
structure, the services and so on. The guest
doesn’t see any of this. To save on the interi­
or, therefore, on things that the guest actually
sees, would be the wrong line to take.
Detail: How does one know if the architec­
tural concept is a success?
Weinzierl: When guests come back. From an
early date, we had regulars who had stayed
with us a number of times within a few weeks.
Kull: It’s not enough for guests to find things
attractive and to feel at ease. Above all, a
room has to function well. Guests must be
able to do their make-up or shave properly in
the bathroom, for example. We’ve had no
complaints in that respect. The hotel has been
well received, and not just by the press.
Ottl: That’s not a matter of the architecture
alone. It’s the service, the entire ambience.
Kull: The whole package has to be right:
breakfast, the gastronomy generally, costefficiency, the facilities and appointments like
the bed linen and so on.
Hild: Important for me are the shifts in con­
text. It shouldn’t be retro – and it isn’t, apart
perhaps from the bathroom fittings, which you
can’t design yourself anyway. When you look
at the stucco work, you realize it’s not really
stucco. They’re strips in which fire-warning
devices and sprinkler heads are integrated.
Suddenly, things can be read on a number of
levels. It’s an attempt to transpose tried and
trusted objects to the present and the future,
while maintaining memories and feelings.
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The interview was conducted by Christian Schittich and
Thomas Madlener.

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