Kolumbien

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Kolumbien
Kolumbien
ein Land wird neu entdeckt
Die Reaktion von Freunden und Verwandten war unterschiedlich, als sie von unserer
bevorstehenden Urlaubsreise nach Kolumbien erfuhren. Von „Müsst ihr unbedingt dahin?“ bis zu
„Nehmt euch bloß vor der Drogenmafia in Acht,“ war alles vertreten.
Wir versuchten, Überzeugungsarbeit zu leisten und erklärten, dass die jahrelange Reisewarnung des
Auswärtigen Amtes aufgehoben sei und die Reiseveranstalter Tripps nach Kolumbien wieder in ihr
Angebot aufgenommen haben. Ob wir Erfolg hatten? Na ja .... Wir dagegen traten unsere Reise nun
doch mit leichtem Bauchgrimmen an und mit dem Gedanken: Da müssen wir jetzt halt durch.
Viel zu früh kamen wir am Flughafen an, noch ehe der Iberia-Schalter öffnete, wurden aber für
unsere Geduld mit Fensterplätzen auf beiden Flügen (Ffm-Madrid und Madrid-Bogotá) belohnt.
Durch den großzügigen Sitzabstand wurde auch der Langstreckenflug erträglich. Trotzdem kamen
wir ziemlich gerädert in Bogotá an, wo uns Reiseleiterin Emma empfing und zu unserem Hotel
brachte.
„Wer bremst, der verliert,“ scheint das Motto der Verkehrsteilnehmer Bogotás zu sein. Fußgänger
warten keinesfalls, bis die Straße frei wird, gefahren wird rasant und mit ausgiebigem Hupen. Es ist
ein Chaos, das auch Kolumbianer aus kleineren Städten stressig finden, sagte uns Emma. Sie selbst
schreckte vor keinem noch so großen Vehikel und keiner scharfen Kurve zurück.
Unser Hotel de la Opera liegt in der kolonialen Altstadt Bogotás im Viertel Candelaria schräg
gegenüber dem historischen Palacio de San Carlos. Hier befindet sich u.a. die Universität, in der die
Studenten in zwei Schichten betreut werden, tagsüber und, wichtig für Berufstätige, auch abends.
Es sind vorwiegend junge Leute, die die mittelalterlichen Straßen bevölkern. Direkt neben dem
Hotel ist das Teatro Colon, das z.Zt. renoviert wird und nicht besichtigt werden konnte.
Stadtbesichtigung Bogotá
Der erste Rundreisetag begann für uns mit einer kleinen Explosion. Wie immer hatte ich für den
ersten Kaffee am Morgen ein Glas Nescafé eingepackt und freute mich schon auf den
Muntermacher. Das Kaffeepulver aber hatte den Aufenthalt im Flugzeug übelgenommen, oder es
war der veränderte Luftdruck, da Bogotá in 2.700 m Höhe liegt. Jedenfalls, als ich vorsichtig die
Papierversiegelung am Kaffeeglas entfernen wollte, gab es ein dumpfes Geräusch und ich saß
plötzlich in einem Regen aus Kaffeepulver.
Als Entschädigung schien dann die Sonne bei unserem Ausflug auf den 3.150 Meter hohen
Santuario Monserrate mit seiner Wallfahrtskirche. Mit der Teleferico oder dem Funicular fährt man
im Abstand von 15 Minuten bis zum Gipfel. Man hat während der Fahrt einen fantastischen
Ausblick auf die Stadt. Die Anlage Monserrate ist sehr malerisch gestaltet mit Blumenbeeten,
weißen Statuen und Brunnen, und immer wieder hat man spektakuläre Ausblicke auf Bogotá. Die
zahlreichen noch verbleibenden Stufen bis zur Wallfahrtskirche schafft man dann trotz der Höhe
ganz mühelos. Heute, an einen Freitag, war Monserrate fast menschenleer, während es an Sonnund Feiertagen eng wird. Es führt auch auch ein Weg mit vielen Stufen von der Stadt hinauf zur
Wallfahrtskirche, und während der Semana Santa legen Gläubige diesen Kreuzweg nicht selten auf
Knien zurück.
Das Einlösen eines Reiseschecks dagegen wurde in Bogotá zum Problem. Das, so sagte man uns,
sei nur am Flughafen möglich. Wir waren daher am ersten Reisetag ohne Kolumbianische
Währung. Sollen wir verraten, dass wir für einen kleinen Einkauf sogar unsere Reiseleiterin
angepumpt haben?
Sehr beeindruckt hat uns das Goldmuseum der Stadt. Gesponsert von der Banco Nacional de
Colombia befindet es sich in einem modernen und großzügigen Gebäude. Die hohen Glasvitrinen
zeigen die erstaunlichen Gold- und teilweise auch Keramikfunde verschiedener Epochen und aus
unterschiedlichen Teilen Kolumbiens. Gold hatte für die Indianer der Zeit vor Columbus keinen
materiellen Wert. Es galt als Sinnbild der Sonne und war den Schamanen und Häuptlingen
vorbehalten. Man staunt immer wieder über die zahlreichen, vielfältigen Funde und bewundert die
filigranen Arbeiten. Die wertvollsten Objekte der Sammlung findet man in einer abgedunkelten
riesigen Rundvitrine. Durch geschickte Beleuchtungstechnik werden die Goldfunde und Szenen aus
der Zeit der Ureinwohner hervorgehoben, untermalt von rituellen Gesängen, Donnergrollen und
Vogelgezwitscher. Highlight war die Darstellung der Lagune von Guatavita mit ihren Smaragden
unter einer Glasplatte im Boden des Raumes.
Die interessantesten Gebäude des kolonialen Viertels von Bogotá, Kathedrale, Rathaus, Parlament
und Justizpalast, liegen, für Touristen sehr bequem, rund um die Plaza Bolivar. Leider beendete der
starke Nachmittagsregen bald unseren Rundgang durch die malerische Altstadt und machte auch
einen weiteren Besuch im Goldmuseum unmöglich. Wir ließen den Tag lieber an der kleinen
Hotelbar ausklingen – bei Bier und Orangensaft.
Die Salzkathedrale von Zipaquirá, Raquirá und Villa de Leyva
Auch am nächsten Morgen war das Wetter in Bogotá nicht allzu strahlend. Aber wir saßen trocken
und sicher bei Emma im Auto. Eigentlich sind die Straßen in Kolumbien gut, aber immer wieder
behindern Straßenbauarbeiten die freie Fahrt. Für Emma war das ganz normaler Alltag. Irgendein
Teilstück der Autobahn, so erklärte sie uns, wird immer repariert.
Nach einer guten Stunde Fahrt erreichten wir Zipaquirá, bis heute das Zentrum der Salzgewinnung
in Kolumbien. Die hier entstandene Salzkathedrale ist wohl einmalig in der Welt. Ursprünglich
errichteten die Minenarbeiter in den 1950-er Jahren in der Salzmine eine Kirche zu Ehren ihrer
Schutzpatronin, der Virgen del Rosario Guasá, die aber geschlossen werden musste, da der
Salzstock einsturzgefährdet war. Man baute an ihrer Stelle die heutige neue Catedral de Sal, die
immerhin 300 Jahre halten soll. Ein kleiner Freizeitpark, in dem sogar Freeklimbing möglich ist,
umgibt das Gelände. Neugierig betraten wir den riesigen Stollen. Das Standbild eines Bergmanns
heißt die Besucher willkommen. Dann wird es dunkel. Nur die 14 Stationen des Kreuzweges geben
ein wenig Licht. Die unterschiedlichen Darstellungen der Kreuze, geheimnisvolle Lichter, der Blick
in eine tiefe blau beleuchtete Höhle ergeben eine unwirkliche, fast beklemmende Atmosphäre.
Normalerweise führt der Weg zur Empore mit dem Erzengel Gabriel. Man blickt in den Dom mit
den drei riesigen Kirchenschiffen. Normalerweise, aber heute hatte ein Polizeibataillon hier ein
Fest. Das Hauptschiff war mit Technik vollgestopft, riesige Scheinwerfer beleuchteten die Szenerie,
überall waren Polizisten in Paradeuniform und Familienangehörige in Festkleidung. Trotzdem hat
uns dieser ungewöhnliche und riesenhafte Dom sehr beeindruckt. Selbst das Taufbecken und der
Altar bestehen aus Salz, aus Stein ist nur das Bild des Erzengels Gabriel.
In einem Seitengang direkt neben der Kirche haben unzählige Händler ihre Geschäfte mit
Devotionalien und Folkloreartikeln. Hier befand sich auch der kleine Kinosaal, in dem man einen
sehr netten kurzen 3D-Film zeigte. Man unternahm sozusagen eine Zeitreise und erlebte die
Entstehung der Salzstöcke, ihre Bedeutung für die Ureinwohner des Landes und den Abbau des
Salzes heute.
Als wir die Stätte verließen, standen rechts und links des spärlich beleuchteten Ganges Polizisten
und präsentierten ihre Fahnen. Zwar waren wir nicht die heutigen VIPs, aber es wirkte sehr
eindrucksvoll.
Draußen erwartete uns leichter Regen, und in dem kleinen Städtchen Raquirá, bekannt für sein
Kunsthandwerk und vor allen Dingen Keramik, regnete es wie aus Kübeln. So kamen die bunten
Häuser gar nicht recht zur Geltung. Eines der hübschen Windspiele aus Keramik haben wir aber
doch gekauft, obwohl es ziemlich schwer ist.
Villa de Leyva ist ein hübsches kleines koloniales Städtchen, sehr malerisch mit seinen bunten
Häusern, voller Touristen, Restaurants und Andenkenläden. Die Plaza ist, wie man sagt, die größte
in ganz Kolumbien, wirkt aber völlig überdimensioniert. Die Kirche und die Gaststätten am Rande
kommen da nicht richtig zur Geltung.
Man kann lange durch die kleinen Gassen spazieren und schauen. Das unebene Straßenpflaster aus
riesigen Steinen sollte man aber gut kennen, ehe man einen Nachtspaziergang unternimmt.
Unser Hotel in Villa de Leyva, die Posada de San Antonio, war ein kleines koloniales Haus am
Stadtpark. Eine Ritterrüstung stand als Wache direkt neben der Haustür. Unser Zimmer war
eingerichtet wie eine Puppenstube mit gehäkelten weißen Tagesdecken (man konnte sie kaufen!), so
dass man automatisch die Betten nicht mit dem Gepäck belegte. Der Innenhof stand voller
Antiquitäten, dazwischen Pflanzen und gemütliche Sofas, auf denen man sich gerne niederließ und
den angebotenen Cocktail aus Zuckerrohrsaft, Zimt und „un poquito de Aguardente“ genoss.
Reisetag – Katastrophen inklusive
Leider mussten wir Villa de Leyva heute schon verlassen. Wir wären gerne noch in dem
gemütlichen Hotel und dem malerischen Städtchen geblieben, aber Emma holte uns pünktlich um 9
Uhr ab. Wir hatten einen langen Weg vor uns zurück nach Bogotá, wo um 18 Uhr unser Flug nach
Pereira, einer Stadt in der Kaffeezone, gehen sollte.
Anstelle des vorgesehenen Dominikanerkosters, das keine besondere Sehenswürdigkeit ist,
besichtigten wir die erst kürzlich gefundene Ausgrabung El Infierníto, das alte astronomische
Zentrum der Muisca-Indianer. Man fand insgesamt 34 riesige Säulen in Zweierreihen.. Anhand des
Schattens, den die Sonne warf, errechnete man wohl die Zeit für die Aussaat. Wir schossen eine
Menge Bilder von den wieder aufgerichteten und offensichtlich bearbeiteten Säulen. Der Film war
schneller voll als erwartet und musste ausgetauscht werden. Aber aus irgendeinem unerfindlichen
Grund klemmte das Rückspulen und der Film riss ab. Ade, ihr schönen Fotos! Zum Glück gab es
noch die Bilder, die Karlheinz mit seiner neuen Kamera gemacht hat. So war der Schaden nicht gar
so groß.
Über 120 Millionen Jahre alt ist das vollständig erhaltene Skelett eines Kronosaurus, das bei dem
Städtchen Santa Sofia entdeckt wurde. Um diesen einzigartigen Fund nicht zu beschädigen, ließ
man ihn an Ort und Stelle und baute um das Fossil herum ein kleines und sehr schön gestaltetes
Museum. Außer dem riesigen, elf Meter langen Dinosaurier, dem absoluten Prunkstück, gibt es
unzählige Schaukästen voller Versteinerungen, die in großer Menge bei Santa Sofia gefunden
wurden. Händler haben rund um das Museum ihre Stände errichtet und bieten neben
Versteinerungen auch Kristalle, Bernstein und landesübliche Handarbeiten an und nutzen auf ihre
eigene Weise den Fund von „El Fosil“
An der Puente de Boyoaca gewann seinerzeit Simon de Bolivar die entscheidende Schlacht gegen
die spanischen Eroberer. Eines der wichtigsten Nationaldenkmäler Kolumbiens ist hier
entstanden.Wir hörten interessiert Emmas Bericht über die Befreiungskriege zu, Besucher stiegen
die Treppen zum Standbild empor, Schulklassen ließen sich vom Bus nach oben fahren. Die
Anlage erinnert an das deutsche Niederwalddenkmal.
Allmählich wurde es für uns Zeit, Bogotá zu verlassen. Emma brachte uns zum Flughafen, und hier
war es endlich möglich, Reiseschecks umzutauschen. Wir konnten unsere Schulden bezahlen und
verabschiedeten uns nach dem Einchecken herzlich von unserer netten Reiseleiterin.
Nervös wurden wir, als unser Flug nach Pereira noch immer nicht auf der Anzeigentafel erschien,
obwohl die Abflugzeit schon fast erreicht war. Es gab auch keinen Hinweis auf eine eventuelle
Verspätung.Wir erkundigten uns bei der Information und hörten hier: „Pereira? Puerta uno, rapido,
rapido!“ Wir rannten fast zum Schalter, saßen aber noch fast eine dreiviertel Stunde im
unterkühlten Warteraum, ehe das Flugzeug endlich startete. In Pereira erwartete uns Reiseleiter
Agustin. Die Fahrt zur Finca Bosque de Samán war kurz, aber wegen aufgeweichter Straßen eine
echte Herausforderung für unseren Chauffeur Julian.
Kaffee, Kaffee, Kaffee.
Heute sollten wir eine Menge über die Kaffeeherstellung erfahren. Auf dem Weg zu einer Hacienda,
die Führungen durch ihre Plantagen anbot, genossen wir die abwechslungsreiche Landschaft rund
um das Städtchen Alcalá, sahen ausgedehnte Kaffeefelder und bewunderten die Bambuswälder mit
ihren hellgrünen Zweigen, die von weitem fast wie Federn aussahen. In der Finca begrüßte man uns
mit dem für Kaffeepflücker üblichen Getränk aus Zuckerrohrsaft, Zitrone und Zimt.
Der junge Arton in seiner rot-weißen Pflanzertracht mit Hut und martialischer Machete führte uns
durch die Pflanzung. Er erläuterte an Schautafeln das Wachstum und die Pflege des Kaffees vom
Kern bis zur blühenden und Früchte tragenden Pflanze, zeigte uns die Kleidung der Pflücker und
den Pflückkorb, den man uns schließlich umschnallte und ins Feld schickte zur Kaffee-Ernte.
Erstaunlicherweise lassen sich diese roten Früchte nur schwer vom Zweig lösen. Wir bekamen
spielerisch eine Ahnung von der schweren Arbeit des Kaffeepflückens. Unsere Ausbeute würde
kaum für eine Tasse Kaffee reichen. Trotzdem erhielten wir das schon bekannte Erfrischungsgetränk aus Zuckerrohrsaft und Zitrone.
Das Schälen der Kirschen sowie das Fermentieren und Trocknen der frischen Kaffeebohnen
erläuterte uns Arton anhand der altertümlichen Geräte, die für solche Führungen aufbewahrt
wurden. Man hatte auch eines der kleinen Häuschen, wie sie früher von den Pflückern bewohnt
wurden, zu Anschauungszwecken aufgebaut. Es enthielt die Betten, Tisch und Stühle und einen
Herd. Die Menschen lebten damals bescheiden.
Unser Mittagessen hatten wir uns nach all diesen Informationen redlich verdient. Wir bestellten das
typische Gericht Reis mit Bohnen, Fleisch, Würstchen, Kochbanane und Ei, gegart und serviert auf
einem Bananenblatt, das dem Gericht den typischen Geschmack verleiht. Dazu tranken wir wieder
Zuckerrohrsaft.
Beim anschließenden Besuch eines Schmetterlingsgartens erklärte ein Biologiestudent die
Sammlung von Palmen und einheimischen Pflanzen, führte uns zur Vogelbeobachtung und erklärte
anhand von Schautafeln die Entwicklung der Insekten.
Am Abend gab es Wetterleuchten, und in unserem Zimmer machte ein närrisch gewordener
Nachtfalter stundenlange Flugübungen.
Cocorá Nationalpark
Am nächsten Morgen schien die Sonne. Unserem Ausflug zum Cocorá Nationalpark stand also von
Seiten des Wetters nichts im Wege. Da wir wieder mit dem Auto unterwegs waren und mehr von der
wunderschönen Landschaft sehen sollten, wählte der Reiseleiter eine andere Route als gestern. Man
bog auf einen Seitenweg ab, der sich aber als ausgesprochene Schlaglochpiste entpuppte. Der arme
Julian kurbelte wie besessen am Lenkrad, wich riesigen Steinen aus, Wacker schlugen gegen den
Unterboden des Fahrzeugs – und plötzlich versperrte ein Straßenbaufahrzeug den Weg. Aber wie
überall hierzulande regelte man das Problem, und das Ende der Hoppelpiste wurde von allen mit
lautem Hurra begrüßt.
Schonender für unsere Wirbelsäulen war der Rundgang durch die kleinen Dörfer Salento und
Filandia. Rund um die Plaza findet man bunt bemalte Häuser und Geschäfte mit Kunsthandwerk,
also alles, was ein Tourist so braucht. Es wirkte sehr malerisch.
Auf dem Weg zum Cocorá-Naturpark stoppte ein Umweltpolizist unseren Wagen. Wir wurden
freundlich ermahnt, bei unserem Besuch keinerlei Unrat zurückzulassen.
Die höchste Palme der Welt, die Palma de Cera, wächst hier im Valle de Cocorá. Sie wird bis zu 70
Meter hoch und ist der Nationalbaum Kolumbiens. Wir nutzten die Gelegenheit, zu Pferde oder zu
Fuß in Begleitung eines Parkrangers bis zum Wasserfall zu wandern bzw. zu reiten. Mein Pferd hieß
Aguila, war lammfromm und ließ mich bedenkenlos aufsteigen.
Unser Ranger vermittelte uns eine Menge Wissen über die Palme, die unter strengem Naturschutz
steht. Er wies auf die zahlreichen Epiphyten in den Ästen der Bäume hin, erklärte ihre Aufgabe in
der Natur und zeigte uns eine Pflanze, deren getrocknete Blätter man zu einem KO-Pulver zerreiben
kann, das einen Menschen blitzartig ins Reich der Träume schickt.
Natürlich aßen wir die köstlichen Forellen aus dem klaren Wasser des Rio Quindío, während
draußen allmählich dicke Wolken aufzogen. Es war halt Regenzeit in Kolumbien.
Filandia, Quimbaya und Montenegro
Es hatte in der Nacht stark geregnet und der Fluss Rio de la Vieja führte Hochwasser. Der Ausflug
mit den Willies-Jeeps und die geplante Floßfahrt waren daher leider nicht möglich. Agustin schlug
uns vor, statt dessen einige kleine Städtchen der Kaffeezone zu besichtigen. Das malerische Filandia
hatten wir schon gestern gesehen, hatten heute aber mehr Zeit, die Kirche und die Plaza zu
fotografieren. Auch in den Orten Quimbaya und Montenegro gibt es die bunt bemalten Häuser. Da
es noch früh am Tag war, versperrten uns keine schlendernden Touristen den Blick in die kleinen
Läden. Bunte und fantasievolle Dekorationen waren zu sehen, man konnte Kunsthandwerk kaufen,
ein Laden hatte schon Weihnachtsschmuck ausgestellt. Wir kamen mit Umweltaktivisten im
Rentenalter ins Gespräch, die gerade dabei waren, die Rasenflächen und Blumenbeete am Straßenrand zu säubern. Wie sie uns erzählten, kümmern sie sich auch um Mülltrennung und versuchen vor
allem, den Gedanken des Umweltschutzes in ihrer Stadt zu verbreiten.
Auch heute hatten wir wieder ein schmackhaftes und interessantes Essen aus dem Bananenblatt,
Hühnchen mit Reis und Bohnen und Kochbanane, dazu tranken wir Zuckerrohrsaft. Nach der
Rückkehr zur Finca mussten wir leider unsere Koffer packen, denn morgen stand uns wieder ein
anstrengender Reisetag bevor.
Reisetag nach San Agustin
Heute haben wir zum letzten Mal Arepas zum Frühstück gegessen. Man bestreicht diese Reis- oder
Maisfladen mit Butter und Marmelade oder isst sie zum Rührei. Für uns war das eine interessante
Alternative zur gewohnten Brotschnitte.
Es gab noch eine kleine Aufregung, ehe wir zum Flughafen aufbrachen. Julian sollte mit dem Auto
um acht Uhr in der Finca sein. Unsere Flugzeit hatte sich allerdings um eine dreiviertel Stunde
verschoben, so dass er uns logischerweise auch später abholte, was wir allerdings nicht wussten.
Die Angestellten im Bosque telefonierten für uns mit dem Reisebüro in Pereira und waren sehr
besorgt, aber alles löste sich in Wohlgefallen auf, als Julian strahlend an der Einfahrt stand.
Der Anschlussflug von Bogotá nach Neiva war sehr pünktlich. Raffael holte uns vom Flughafen ab.
Er hatte schon eine achtstündige Busfahrt von Bogotá nach hier hinter sich. Die Fahrt durch das Rio
Magdalena-Tal mit Besichtigung des großen Wasserkraftwerkes dauerte gut vier Stunden. Wir
waren, genau wie Raffael, rechtschaffen müde, als wir in der Hacienda Anacaona ankamen.
Parque arqueológico San Agustin
Raffael war pünktlich um 8 Uhr zur Stelle für die Fahrt zum Parque arqueológico, wo wir am
Eingang unser gelbes Armband erhielten für die archäologischen Stätten von heute und dem
nächsten Tag. Trotz der frühen Stunde war es bereits beträchtlich heiß.
Im Internet hatten wir schon einen Teil der rätselhaften Statuen gesehen, waren aber äußerst
beeindruckt von deren Größe und Ausdruckskraft. Man hatte für die Grabmäler – um diese handelt
es sich bei allen Ausgrabungen hier – jeweils die obere Spitze eines Hügels abgetragen, so dass eine
künstliche Ebene entstand, eine sogenannte Mesa. Vier dieser Mesas kann man besuchen, wobei der
Aufstieg zu Mesa 4 sehr steil und anstrengend war und voll in der Sonne lag. Aber diese Treppe
führte immer wieder an kleinen Verschnauf- und Verkaufsstellen vorbei. Raffael hatte hier gute
Freunde, die er bei dieser Gelegenheit besuchte. Er stellte uns seiner „Lieblingsfreundin“ vor, die
krank im Bett lag. Die Tür zu ihrem Zimmer war landesüblich weit geöffnet, aber es war ihr (und
uns) doch recht peinlich, als wir einfach an ihr Bett kamen, um guten Tag zu sagen. Raffael dagegen
meinte, das sei völlig in Ordnung.
Anscheinend war heute der Tag für Schulausflüge. Eine große Gruppe etwa 10-jähriger Kinder saß
im Schatten eines Baumes auf dem Rasen und hörte konzentriert ihrem Lehrer zu. Wir fremden und
rotgesichtigen Europäer mit unseren Sonnenhüten störten die Unterrichtsstunde jedoch erheblich.
Auch eine Gruppe Teenager interssierte sich sehr für uns. Es gab Fragen nach dem Woher und
Wohin, sie fotografierten sich gegenseitig mit uns „Gringos“, wollten alles mögliche von uns
wissen. Zum Glück war ihr Reiseleiter ein guter Freund Raffaels.
Beim Abstieg von Mesa 4 kam uns eine große Gruppe Kolumbianer entgegen. Wir sahen mit
leichter Schadenfreude, dass sie beim Aufstieg genau so außer Atem kamen wie wir zuvor, obwohl
sie besser an das Klima angepasst sein müssten.
Die heilige Quelle, in der in dieser alten Zeit nach den Darstellungen auf den Reliefs Kinder
geboren wurden, evtl. besondere, ausgewählte Babies, führte heute leider wenig Wasser. Das
Besondere dieser Stätte, das Raffael uns gerne zeigen wollte, blieb uns daher leider verschlossen.
Vereinzelte zufällige Funde hat man im sogenannten Statuenwald zusammengetragen. Etwa 40
solcher Standbilder sieht man auf diesem Rundweg. Das kleine Museum auf dem Gelände zeigt
neben einigen Skulpturen auch Keramik aus jener Zeit sowie Szenen aus der Vergangenheit.
Gegessen haben wir in einer kleinen Gaststätte in San Agustin. Wir fremden Touristen wurden mal
wieder angestaunt wie bunte Hunde.
Zum Felsenbild der Sonnengöttin Chaquira führte von unserer Finca ein kurzer Weg quer durch die
Nachbarfarm. Die anschließende gut ausgebaute Straße ging in eine Unmenge immer steilerer
Stufen über, aber dann war es geschafft: Wir standen vor dem Bildnis der Chaquira, das seit
Jahrhunderten über die Schlucht des Rio Magdalena blickt, rätselhaft und unerforscht. Schade, dass
man über diese Zeit nie etwas erfahren wird.
Den Aufstieg hat uns Chaquira in der Hitze des Nachmittags nicht gerade leicht gemacht. Wir
rasteten gerne an einem kleinen Gehöft. Neben Getränken verkauft man hier auch sehr natürliche
Nachbildungen der archäologischen Funde. Wir erstanden ein Bildnis dieses hübschen Vogelwesens
von Mesa 1, das angeblich einen Adler darstellt. Es sieht aber eher aus wie eine Eule.
Noch blieben vier Statuen, die uns Raffael unbedingt zeigen wollte. Der Weg führte durch das
Anwesen einer guten Bekannten unseres Reiseleiters, die Charakter und Wesen ihrer Kunden
anhand der Geburtsdaten aus dem Mayakalender abliest. Hier erfuhren wir, dass Karlheinz zum
Jaguar-Stamm gehört und ein Kristallkrieger ist.
Wir waren todmüde an diesem Abend und gingen früh zu Bett. Aber die Gesichter der Statuen
geisterten lange durch unsere Träume.
Parque Arqueológico Alto de los Idolos und Alto de las Piédras
Bis heute hatten wir mit dem Wetter trotz der Regenzeit unwahrscheinliches Glück. Wir
bewunderten die Landschaft des Rio Magdalena und stiegen an der Flussenge „Estrecho de
Magdalena“ zum Wasserfall hinab, der leider gar nicht so viel Wasser wie sonst führte.
Der „Alto de los Idolos“ war noch einmal sehr beeindruckend mit den größten bisher gefundenen
Skulpturen.Im Gegensatz zu den zahlreichen Besuchern in Parque Arqueológico von San Agustin
waren wir hier fast die einzigen Touristen. Am nächsten Wasserfall, dessen Namen wir leider
vergessen haben, ersparten wir uns den Abstieg über den schmalen und rutschigen Weg, der eher für
Bergziegen geeignet ist. Er sah auch von oben beeindruckend aus.Wir fuhren lieber weiter zum
„Alto de las Piedras“, unserem absolut letzten Rundgang zu diesen einmaligen Ausgrabungen.
Anschließend besuchten wir den Wochenmarkt des kleinen Städtchens San José del Valle. Es war
ein chaotisches Gewimmel aus Marktständen, Menschen, Autobussen, Mopeds, Pferdekarren. Alles
wuselte durcheinander, die großen Busse hupten, Touristen schossen Fotos.
Gegessen haben wir in einem kleinen Lokal nahe der Plaza. Das Tagesmenü war Reis mit Bohnen,
gebratenes Fleisch und Gemüse. Und es gab frischen Brombeersaft. Jugo de Mora scheint in
Kolumbien sehr beliebt zu sein.
Der verweigerte Wasserfall brachte uns eine Stunde früher zurück ins Hotel, aber das war unser
Glück. Seit drei Stunden sitzen wir vor unserem Zimmer auf den Stühlen unter dem Dach, und
draußen regnet es wie aus Eimern.Es blitzt und donnert. Eine Gruppe Touristen, die einen
Reitausflug machen wollten, kommt völlig durchnässt zurück. Durch das Gewitter fiel in ganz San
Agustin und natürlich auch in unserer Hacienda der Strom aus.
Im Restaurant gab es abends ein wärmendes Kaminfeuer, heiße Schokolade und eine riesige Portion
Steak mit Pommes frites und gebratener Banane – und rechtzeitig zum Kofferpacken hatten wir
auch wieder Licht. Wir gingen früh zu Bett. Erstens war es, wie an jedem Abend, empfindlich kühl,
und der nächste Tag mit 4 Stunden Autofahrt bis Neiva und zwei Flügen über Bogotá nach
Cartagena würde wieder sehr anstrengend werden.
Cartagena de Indias
„Es ist heiß hier,“ war unser allererster Eindruck von Cartagena, Luftfeuchtigkeit 90%, gefühlte
Temperatur 35 Grad. Wir waren durchgeschwitzt, als wir die üblichen Kontrollen hinter uns hatten.
Reiseleiter Willi stand am Ausgang und hielt suchend unser Namensschild in die Höhe. Wir waren
dankbar, dass die Fahrt zu unserem Hotel nicht allzu lange dauerte.
Unser Zimmer im Hotel Alfiz war äußerst geschmackvoll eingerichtet. Die Moskitonetze über
unseren Betten beherrschten das Bild, auf den Nachtschränkchen standen antike Kerzenhalter und
Dosen, zwei gekreuzte Degen schmückten die Wand, auf einem sehr schönen und wohl antiken
Stuhl lag ein dickes Kissen. Konnte man sich wirklich mit gutem Gewissen daraufsetzen? Es fehlte
aber auch hier ein wenig an Ablagemöglichkeiten und Kleiderbügeln in dem antiken Schrank, doch
wir hatten inzwischen gelernt, aus dem Koffer zu leben. Der Speiseraum befand sich im Innenhof.
Hier gab es zum Frühstück das beste Obst während der gesamten Rundreise. Leider war man nicht
auf weitere Mahlzeiten eingestellt, aber man half uns, ein geeignetes Restaurant in der Nähe zu
finden. Da Cartagena eine reine Touristenstadt ist und außerdem der nächste Tag ein Feiertag war,
mussten wir wegen vieler Gäste geraume Zeit auf unser Essen warten.
Willi schlug vor, die für den nächsten Tag geplante Stadtbesichtigung der Hitze wegen am frühen
Morgen zu beginnen. Zur heimlichen Freude der Langschläferin sollten aber zur gleichen Zeit zwei
Kreuzfahrtschiffe anlegen, so dass uns erst ab 9 Uhr ein Taxi zur Verfügung stand. Nun, die Schiffe
kamen erheblich später an. Wir hatten den Konvent San Pedro Claver, das Kloster La Popa, die
Festung San Felipe und das historische Zentrum der Stadt fast für uns. Besonders beeindruckend
war die Festung San Felipe.Sie ist nur über eine Rampe zu betreten, an deren Ende eine Zugbrücke
war. Wir erkundeten alle Etagen des Forts, die Kasematten und Pulverkammern und Willi erklärte
immer wieder, weshalb die Festung beinahe uneinnehmbar war. Beim anschließenden Rundgang
durch das historische Zentrum sahen wir den Uhrenturm und die massiven Befestigungsmauern der
Stadt, die Verwaltungsgebäude an der Plaza Aduana und liefen durch die engen Gassen mit zum
Teil prächtigen Herrenhäusern und malerischer Balkone. In einer Seitenstraße befand sich ein
langgestrecktes niedriges Gebäude mit vielen Fenstern. „Hier war das Schlafzimmer meines Großvaters,“ erklärte Willi, Lehrer an der hiesigen Universität und Reiseleiter. Wir standen vor der
ehemaligen Sklavenunterkunft Cartagenas.
Isla del Pirata
Sonne, Strand und Meer erwarteten uns am letzten Tag unserer Rundreise. Mit dem Schnellboot
fuhren wir durch die Bucht von Cartagena, am Fort San Fernando vorbei zur Isla del Pirata, die
zum Nationalpark Islas del Rosario gehört. Etwa 30 Inseln und Inselchen bilden diesen von
Korallenriffen umgebenen Archipel. Trotz gelegentlichem leichten Regen genossen wir den
Aufenthalt am Strand. Hier im karibischen Teil Kolumbiens boomt der Tourismus, und natürlich
zieht das eine Menge Händler an. Mindesten zehn Strandboys kamen zu unserem Liegestuhl. Man
bot uns Hummer, Massagen und eine Unmenge selbstgefertigter Halsketten an, immer mit einem
unverfänglichen Gespräch verbunden. Selbst ein Bad im Meer fand unter den wachsamen Augen
eines Verkäufers statt. Natürlich verstehen wir, dass die Leute jede Gelegenheit nutzen müssen, um
ihre Familien zu versorgen, aber leider kann man nicht alle angebotenen Dinge kaufen.
Interessant war der Besuch des natürlichen Unterwasserzoos auf der Insel San Martin. In
abgetrennten Becken schwammen Schildkröten, Rochen, Delfine, Haie und andere große
Meeresfische, die ihre Schnelligkeit und Kraft ungewollt während der Fütterung demonstrierten.
Und natürlich ging auch der eine oder andere Bissen an die unzähligen Seevögel, die den vollen
Fischeimer nicht aus den Augen ließen.
Nach dem Mittagessen – natürlich gab es Fisch – blieb uns noch eine Weile Zeit, in der Hängematte
zu liegen, ehe es Zeit für die Rückfahrt war. Willis Assistentin holte uns pünktlich am Hafen ab. Sie
musste all ihre Überredungskunst anwenden, damit sie uns bis zu unserem Hotel bringen durfte,
denn heute nachmittag war die Altstadt von Cartagena für den Autoverkehr gesperrt. Ein
Kreuzfahrtschiff wurde erwartet, und wenn all die vielen Leute durch die engen Gassen schlendern
und die Händler ihre Stände aufgebaut haben, bleibt für Autos kein Platz.
Wir spazierten am Abend noch einmal durch die malerischen Gassen, mussten aber auf die geplante
Kutschfahrt verzichten. Die Kutschen waren wohl alle mit Kreuzfahrttouristen unterwegs.
Willi begleitete uns am nächsten Morgen zum Flughafen. Wir wurden beim Einchecken nach San
Andrés zum ersten Mal auf dieser Rundreise eingehend durchsucht und mussten unsere Koffer
öffnen. Unser Reiseleiter meinte dazu: „Sie suchen, na ja, Sie wissen schon, was.“ Alle Reisenden
auf diesem Flug wurden genau durchgecheckt. Man ging mit seinem Handgepäck an Polizisten mit
Drogenhunden vorbei, die Bordkarten und Pässe wurden vor dem Einsteigen nochmals genauestens
verglichen. Kolumbien ist dringend darum bemüht, den negativen Ruf der Vergangenheit
abzustreifen.
San Andres
Der Flug von Cartagena nach San Andres war ziemlich bewegt und die Wolkendecke, die das
Flugzeug zu durchqueren hatte, war superdick. Am Flughafen wurden unsere Koffer nochmals
eingehend kontrolliert und die Tickets und Einreisepapiere gecheckt. Und natürlich mussten wir
auch mit Sack und Pack an den Drogenhunden vorbeimarschieren. Draußen ging derweil ein Regen
nieder, der sofort alle Straßen in ein Flussbett verwandelte. Wir hatten Glück, dass einer der
Taxifahrer bereit war, uns trotz des Unwetters wohlbehalten im Sol Caribe Campo abzuliefern.
Wir hatten von unserem Zimmer einen wunderbaren Ausblick über die Grünanlagen hinweg auf den
Strand, das Meer und das Wrack eines Schiffes, das schon seit ca 40 Jahren dort liegt. Wir sahen,
wie der Sturm die Wellen hochpeitschte und die Palmen schüttelte. Der Wind war auch noch in der
Nacht so heftig, dass unsere Balkontür mit lautem Krachen gegen die Wand schlug. Wir
verbarrikadierten sie erfolgreich mit der Kofferbank.
Das Sol Caribe Campo ist eine sehr malerisch gestaltete Anlage, die aber eine gründliche
Renovierung vertragen könnte. Die Häuser im karibischen Stil liegen auf einem Hügel zwischen
viel Grün.
Sehr angenehm ist das Restaurant, in dem es noch keine der scheußlichen Klimaanlagen
gibt, die den Raum in eine Kühlkammer verwandeln. Das Essen war einfach, aber gut. Man fand
immer etwas Schmackhaftes.
Drei Schwimmbecken hatten wir zur Verfügung, denn jede Etage des Hotels verfügt über einen
eigenen Pool. Allerdings vermissten wir Sonnenschirme zum Schutz gegen die intensive Sonne.
Zum Strand gab es einen halbstündigen Busshuttle, der auch zum Stadtzentrum fuhr, wo sich ein
Schwesterhotel des Sol Caribe befindet. Oft saßen wir auch auf dem Balkon, denn die Regenzeit
ließ gelegentlich heftige Schauer niedergehen. Wir genossen dann den herrlichen Blick zum Strand
und freuten uns nachträglich, dass es das Wetter während unserer Rundreise so gut mit uns gemeint
hatte.
Wir haben viele Kolumbianer während unseres Urlaubs kennengelernt. Sie stellten uns Touristen
aus dem fernen, unbekannten Europa eine Menge Fragen: Wie kalt wird es denn im Winter? Gibt es
viel Schnee bei Euch? Ist es nicht wunderschön, wenn in Deutschland im Frühling alle Bäume
blühen? Wir erzählten, dass die Bäume in Winter völlig kahl sind. Das konnte sich hier keiner so
richtig vorstellen, denn in Kolumbien kennt man außer Regen- und Trockenzeit keine Jahreszeiten.
Natürlich wollte man wissen, wie es uns in Kolumbien gefällt. Jeder freute sich über unsere
ehrliche Antwort, dass wir das Land ganz fantastisch finden, uns hier wohlfühlen und viele
interessante, schöne und einzigartige Dinge gesehen haben. Und dann kam fast immer die Bitte, in
Europa über das neue, schöne und wieder sichere Kolumbien zu berichten.
Eine Eigenheit des Landes muss aber noch erwähnt werden: Es gibt in Kolumbien anscheinend
keine staatliche Post. Diverse private Unternehmen befördern Briefe und Pakete. Im Stadtzentrum
von San Andres soll es ein Postamt geben, das wir aber nicht fanden. Man sagte uns, dass wir
unsere Grußpostkarten nach Deutschland am Flughafen Bogotá frankieren bzw. mit Freistempel
versehen lassen könnten. Dort gab es zwar eine „Stempelstelle“, aber die war an diesem Tag
geschlossen. „La Señora no está hoy!“ Wir nahmen uns vor, die Karten in Madrid bei der
Zwischenlandung zu frankieren. Aber auch hier gab es kein Postamt. Zu Hause haben wir dann
unsere Feriengrüße mit deutschen Briefmarken versehen und abgeschickt. Es hat bisher den
Anschein, dass dies noch keinem aufgefallen ist – ein kolumbianisches Wunder?
Wir sind voll Spannung und mit leichtem Bauchgrimmen losgefahren. Wir fanden ein
faszinierendes Land mit intakter Natur, mit ungewöhnlich gut erhaltenen kolonialen Städten,
interessanten archäologischen Stätten und unbeschwertes karibisches Leben in Cartagena. Die
Menschen sind nett und hilfsbereit. Natürlich muss man in Großstädten, wie überall auf der Welt,
dunkle und enge Gassen meiden, sollte auf Schmuck verzichten und Wertgegenstände wie teure
Uhren und Kameras nicht gut sichtbar herumtragen. Aber das gilt, wie gesagt, nicht nur für
Kolumbien. Dieses Land ist sehenswert und kann, mit Ausnahme einiger weniger Gegenden, wieder
sicher bereist werden. Man sollte es besuchen, ehe die negativen Auswirkungen des Tourismus auch
hier ankommen.
Oberursel, 12. Dez. 2009
Edith Rompf