Bauwirtschaft (Hochbau/Gebäudebau)

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Bauwirtschaft (Hochbau/Gebäudebau)
Bauwirtschaft (Hochbau/Gebäudebau)
Marokko
Marokko - Bauwirtschaft (Hochbau/Gebäudebau)
Branche kompakt:
Marokko - Bauwirtschaft (Hochbau/Gebäudebau) (Dezember 2010)
Tunis (gtai) - Nach mehreren sehr erfolgreichen Jahren geriet der Aufschwung der marokkanischen Bauindustrie 2009 vorübergehend ins Stocken. Bereits im Folgejahr deutet sich eine Erholung an, und die
Aussichten für 2011 sind ebenfalls gut. Wichtige Wachstumsbereiche sind insbesondere der Wohnungsbau und Bautätigkeiten im Tourismussektor. Gute Geschäftschancen dürften 2011 vor allem für deutsche
Ingenieurbüros und Ausstatter von Hotels bestehen. Zudem starten Pilotprojekte im Bereich Energieeffizienz.
Marktentwicklung/-bedarf
In Marokko hat sich der seit 2003 anhaltende Bauboom 2009 deutlich abgeschwächt. Während der
Produktionsindex für den gesamten Bausektor im Jahresdurchschnitt 2008 noch um 9,5% wuchs,
waren es 2009 nur noch 3,4%. Die Baukonjunktur dürfte 2010 wieder anziehen, auch 2011 ist eine
positive Entwicklung zu erwarten. Rund 70% der Aktivitäten des Bausektors im Land hängen von öffentlichen Aufträgen ab.
Eine Gewichtung einzelner Bausparten ist mangels statistischer Differenzierung nicht möglich.
Der soziale Wohnungsbau sowie Infrastruktur- und Tourismusprojekte sind jedoch wichtige Motoren der Branche. Zu starken Einbrüchen kam es 2009 vor allem beim staatlich geförderten Wohnungsbauprogramm (durch steigende Grundstücks- und Baumaterialpreise) sowie dem Bau von
Hotelanlagen, Ferienvillen und Freizeitanlagen.
Wichtige Impulse erhält der Hochbau in Marokko hingegen durch das Programm zur Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus „Plan de Relance des Logements Sociaux“ (PRLS). Im Land fehlen
insgesamt etwa 1 Mio. Wohnungen. Das Ministerium rechnet mit der Fertigstellung von 131.000
neuen Wohnungen pro Jahr. Rund die Hälfte davon soll dazu dienen, die Anzahl der Elendsviertel
zu verringern.
Der marokkanische Staat unterstützt den Wohnungsbau, indem er angebotsseitig den Bau von Sozialwohnungen von Steuern auf Baumaterialien sowie der Einkommen- und Gesellschaftssteuer
befreit. Im Gegenzug dürfen die Entwickler pro Wohnung nur maximal 250.000 Dirham (DH; rund
22.200 Euro; durchschnittlicher Devisenkurs Januar bis November 2010: 1 Euro = 11,26 DH) verlangen. Auf der Nachfrageseite stellt der Staat günstige Baukredite für das Wohnungsprogramm zur
Verfügung. Die Einheiten müssen dazu eine Fläche von 50 bis 100 qm aufweisen. Entscheidend für
den Erfolg des Programms wird insbesondere sein, ob in den Ballungszentren genug preiswertes
Bauland zur Verfügung stehen wird und ob auch die Bauwirtschaft mit günstigen Krediten versorgt wird.
Regierungsangaben zufolge handelt es sich bei rund 60% der Neubauten um staatlich geförderte
Wohnungen. Auftraggeber ist hier die Gesellschaft Al Omrane, die auch das Gros der Einheiten
selbst errichtet. Den Rest bestreiten zumeist andere inländische Bauunternehmen. Die neuen
Wohnungen entstehen oft in neuen Satellitenstädten mit Schulen, Moscheen sowie Gesundheitsund Einkaufszentren. Im Unterschied zu den Erfolgen beim Bau stagniert die notwendige Sanierung bestehender Wohnviertel.
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Marokko - Bauwirtschaft (Hochbau/Gebäudebau)
Im Bau befindliche oder geplante Satellitenstädte in Marokko (Flächen in Hektar)
Name
Stadt
Fläche
Zenata
zwischen Casablanca und Mohammedia
1.925
Lakhyayta
Casablanca
1.500
Al Aroui
Tetouan
1.400
Tamansourt
Marrakech
1.200
Tagadirt
Agadir
1.130
Melloussa
Tanger
1.050
Tamesna
Rabat
840
Quelle: Ministère de l’Habitat, de l’Urbanisme et de l’Aménagement de l’Espace, Oktober 2010
Seit der 2. Jahreshälfte 2010 erstarkt die Bautätigkeit in Casablanca und Rabat wieder. Zwar bleibt
das Stadtentwicklungsprojekt Amwaj zwischen Rabat und der Nachbarstadt Salé unterbrochen,
das nahegelegene Wohnsiedlungsprojekt Bab al Bahr wird aber fortgesetzt. Marina de Casablanca
- ein gemischtes Bauprojekt für den Tourismus-, Büro- und Wohnungsbau - wird ebenfalls weiter
gebaut, allerdings langsamer als geplant. Investor ist die Compagnie Générale Immobilière (CGI),
eine Tochter der marokkanischen Rentenkasse Caisse de Dépot et de Gestion (CDG).
Marokko verfügt über sehr günstige touristische Voraussetzungen. Im Jahr 2001 hatte König
Mohammad VI das Konzept „Plan Azur“ vorgestellt und die Entwicklung der Tourismusbranche zu
einer wirtschaftspolitischen Priorität erklärt. Bis 2010 war die Fertigstellung von 6 Tourismuszentren und 10 Mio. Besucher einkalkuliert.
Im „Plan Azur“ geplante Touristenzentren in Marokko
Ferienanlage
Beschreibung
Mogador
11 Hotels, 150 Pensionen, 3 Golfplätze,
Geschäfte und Häuser
Port Lixus
2 Hotels, u.a. 2 Golfplätze, Handel,
Yachthafen, Häuser und Wohnungen
Taghazout
9 Hotels, 13 Wohnkomplexe, 2 Golfplätze, eine Medina, 3 Clubs, 5 Beach
Clubs
La Plage Blanche Saidia
Mazagan
Erstes Hotel: 2012, Fertigstellung gesamt: 2017
29 Hotels, 1 Jachthafen, 3 Golfplätze, Erstes Hotel: Juni 2009, FertigHäuser und Wohnungen etc.
stellung gesamt: 2018
4 Hotels, 2 Golfplätze, 1 Kongresszen- Erstes Hotel: Oktober 2009,
trum, Häuser und Wohnungen etc.
Fertigstellung gesamt: 2018
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest, Oktober 2011
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Branche kompakt
Stand/geplante Fertigstellung
Erstes Hotel: Anfang 2011,
Fertigstellung gesamt: 2016
Erstes Hotel: Anfang 2011,
Fertigstellung gesamt: 2018
Fertigstellung gesamt: 2016
Von den sechs im „Plan Azur“ geplanten Tourismuszentren sind bislang erst Saidia (Juni 2009) und
Mazagan (Oktober 2009) eröffnet worden. Die Regierung hat den Plan zudem revidiert und die avisierte Bettenzahl 2009 um 50.000 auf 35.000 reduziert. Außerdem wurde die Realisierung der geplanten Zentren auf 2016 verschoben. Der Hauptgrund dafür ist, dass bis auf einen zwischen 2007
und 2009 alle ausländischen Entwickler abgesprungen sind. Die Umsetzungschancen der Projekte
haben jedoch zuletzt wieder deutlich zugenommen.
Die meisten Tourismusprojekte in Marokko hängen von ausländischen Geldgebern ab. Investoren
aus den Golfregion zogen sich jedoch in der Krise nur teilweise aus dem weiterhin als lukrativ geltenden Luxussegment zurück. Die Entwicklungsgesellschaft Sama Dubai ist hingegen endgültig
aus dem 3 Mrd. US$ teuren Amwaj-Projekt bei Rabat ausgestiegen. Die Zukunft dieses Vorhabens
ist derzeit offen.
Andere internationale Unternehmen haben laufende Projekte außerhalb des „Plan Azur“ in verringertem Umfang fortgesetzt, vor allem im obersten Luxussegment in Marrakesch. In den Jahren
2009 und 2010 sind einige neue Hotels, Villen, Golf- und Poloplätze eröffnet worden beziehungsweise befinden sich im Bau oder in der Planung. Andere Vorhaben bleiben jedoch auch hier gestoppt. Marrakesch gilt auch als wichtiger Ort für den Neubau und die Instandsetzung von Erstund Zweitwohnsitzen insbesondere wohlhabender Europäer. In diesem Segment sind derzeit allerdings nur schwache Aktivitäten zu verzeichnen.
Ausgewählte Großprojekte im Tourismus- und Luxusbau in Marokko (in Mio. US$)
Vorhaben
Investitionssumme Projektstand
Orascom Resort, 50 km von
1.500 Planung
Tan-Tan
Porta Moda City, Marrakesch
1.400 im Bau
Gateway to Morocco, Tanger
1.263 Planung
Bahia Golf Beach, zwischen
Rabat und Casablanca
1.200 im Bau
Equestrian City, Marrakesch
1.000 im Bau
Tinja, bei Tanger
1.000 im Bau
Anmerkungen
Entwickler: Orascom
(Ägypten)
Entwickler: Abu
Dhabi Investment
House (VAE)
Entwickler: Gulf
Holding Company
(Bahrain)
JV zwischen Emaar
Morocco (VAE) und
ONAPAR (Marokko)
Entwickler: Gulf
Finance House (Bahrain)
Hauptentwickler:
Emaar Morocco
(VAE)
Quellen: ProLeads, Recherchen von Germany Trade & Invest, Oktober 2011
Der Hochbau in Marokko steht bislang kaum im Fokus deutscher Unternehmen. Im Tourismusbau
könnten sich im Jahresverlauf 2011 jedoch insbesondere Geschäftschancen für deutsche Architekturbüros und Hotelausstatter ergeben.
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Marokko - Bauwirtschaft (Hochbau/Gebäudebau)
In Marokko werden derzeit mehrere Krankenhäuser neu gebaut. Zuletzt legten Königin Lalla Salma und König Mohammad VI den Grundstein für zwei Hospitalprojekte mit insgesamt knapp
100 Betten. Im September 2010 gab der König den Startschuss für den Bau einer weiteren Klinik
(250 Betten) in Salé. Das rund 24 Mio. Euro teure Projekt wird zu 50% von der Europäischen Investitionsbank finanziert. Für 2011 sind weitere Vorhaben im Gesundheitssektor zu erwarten.
Ein bedeutender Posten unter den staatlichen Vorhaben sind auch die Instandsetzung und der
Neubau von Moscheen. Rund 100 Mio. Euro sind in einem entsprechenden nationalen Plan veranschlagt. Zudem investiert Marokko in Salé gegenwärtig rund 900.000 Euro in ein soziokulturelles
Zentrum für junge Menschen.
Wichtigstes Großprojekt im Industriebau ist die Errichtung eines Renault-Werkes bei Tanger zur
Produktion von zunächst 200.000, später 400.000 Dacia-Pkw. An dem 3-Mrd.-Euro-Vorhaben
hängt eine Vielzahl von Folgeinvestitionen. Die Inbetriebnahme der Fabrik ist für 2012 geplant.
Im März 2010 hat die marokkanische Behörde ADEREE ein Programm zur Energieeffizienz in Gebäuden lanciert. Es sieht vor, energieeffiziente Baunormen und technische Leitfäden für Baufachleute zu entwickeln. Gleichzeitig soll das Bewusstsein für Energieeffizienz im Land gefördert werden. Beteiligt an der Finanzierung und Formulierung des Aktionsplans sind internationale Kreditgeber und Entwicklungsagenturen, darunter auch die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (gtz). Im Rahmen von Pilotprojekten ist 2011 vermehrt mit energieeffizienten Bauvorhaben zu
rechnen.
Produktion/Branchenstruktur
Der Bausektor ist ein wichtiger Arbeitgeber in Marokko und steht für rund 8% des inländischen
BIPs. Zwischen 8 und 11% der Arbeitsbevölkerung arbeiten im Baubereich. Seit 2006 lag das jährliche Beschäftigungswachstum der Branche trotz der durch die Weltfinanzkrise gebremsten Konjunktur bei über 5%.
Bauunternehmen in Marokko sind häufig unterkapitalisiert und weisen in der Regel ein geringes
betriebswirtschaftliches Organisationsniveau auf. Zudem fehlen Fachkräfte. Die heimische Produktion von Baumaterialien erfüllt oftmals nicht die Kriterien für Bauten mit hohen Standards.
Wichtige inländische Unternehmen im Wohnungsbau sind Addoha, Alliances, Dyar Al Mansour,
Palmeraie Development und Compagnie Général Immoblière. Ein bedeutender ausländischer
Player ist die RealCapita aus Bahrain. Zu den führenden Entwicklern im Tourismusbereich zählen
Emaar, Qatari Diar, Alain Crenn Group, Orascom, Gulf Finance House, Kerzner und die CDG Group.
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Branche kompakt
Geschäftspraxis
Marokko von einer hohen wirtschaftlichen Freiheit und einer dynamischen Unternehmerschaft
gekennzeichnet. Wie anderswo in der arabischen Welt haben persönliche Kontakte beim Aufbau
einer Geschäftspartnerschaft einen hohen Stellenwert.
Für eine erfolgreiche Bearbeitung des marokkanischen Marktes bedarf es in der Regel eines gut
eingeführten lokalen Partners. Verhandlungen werden üblicherweise in Französisch geführt. Die
Bürokratie, insbesondere auf der lokalen und mittleren Ebene, ist eher schwerfällig. Die engagierten Bemühungen des marokkanischen Königs und der obersten Entscheidungsebenen spiegeln
sich auf den unteren Verwaltungsebenen noch nicht wider. Auch die Mühlen der Rechtsprechung
mahlen langsam.
Kontaktadressen
Bezeichnung
Ministère de l’Habitat, de
l’Urbanisme et de l’Aménagement
de l’Espace
Fédération Nationale du Bâtiment
et Travaux Publics
BATEXPO
Internetadresse
www.mtpnet.gov.ma
www.fnbtp.ma
www.batexpo-maroc.com
Anmerkungen
Ministerium für Wohnen,
Städtebau und Raumordnung
Branchenverband
Fachmesse für Bautechnik, 16.-19.06.11 in
Agadir
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Kontakt
Impressum
Herausgeber: Germany Trade and Invest
Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH
Villemombler Straße 76
53123 Bonn
Tel.: +49 (0)228/24993-0
Fax: +49 (0)228/24993-212
E-Mail: [email protected]
Internet: www.gtai.de
Autor: Fausi Najjar, Tunis
Redaktion: Oliver Idem
Tel.: +49 (0)228/24993-480
E-Mail: [email protected]
Ansprechpartnerin:
Meike Eckelt
Tel.: +49 (0)228/24993-278
E-Mail: [email protected]
Redaktionsschluss: Dezember 2010
Bestell-Nr.: 15730
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