Katalog 30 - Antiquariat Mantler

Transcrição

Katalog 30 - Antiquariat Mantler
Katalog 30
Bücher und Graphiken
Antiquariat Wolfgang Mantler
Geschäftsbedingungen
Preisangaben in Euro, inklusive der gesetzlichen Umsatzsteuer.
Prices expressed in Euro, including VAT.
Alle Angebote sind freibleibend, es besteht kein Lieferzwang. Um eventuelle Unklarheiten zu
vermeiden, bitte ich um schriftliche Bestätigung einer telephonischen Bestellung.
Die Rechnung ist nach Erhalt der Sendung ohne jeden Abzug fällig. Versand- und
Versicherungsspesen gehen zu Lasten des Bestellers. An mir unbekannte Besteller erfolgt die
Lieferung nur gegen Vorfaktura. Öffentliche Bibliotheken und Institute erhalten gegebenenfalls ein
verlängertes Zahlungsziel.
Rücksendungen sind nur bei begründeter Beanstandung innerhalb von zwei Wochen zulässig. Eine
vorherige Rücksprache diesbezüglich wird erbeten.
Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Wien. Durch Aufgabe der Bestellung werden die Geschäftsbedingungen anerkannt.
Kein Ladengeschäft
Temporäre Postanschrift:
Wolfgang Mantler
Johann Strauß Promenade 6
2000 Stockerau
Austria
Telephon: (0043 - 1) 548 20 90
E-Mail: [email protected]
Home: www.mantler-rarebooks.com
VAT/Ust.-IdNr.: ATU 11886404
Bankverbindung:
Bank für Arbeit und Wirtschaft (BAWAG), Konto Nr. 0491 0778 612
BLZ 14000
BIC: BAWAATWW
IBAN: AT651400004910778612
Alchemie
One of the rarest books in the history of Alchemy
(1) (Reusner, Hieronymus [Hrsg.]). Pandora: Das ist, Die edelst Gab Gottes, oder der werde vnd
heilsame Stein der Weysen, mit welchem die alten Philosphi, auch Theophrastvs Paracelsvs, die
vnvollkommene Metallen durch gewalt des Fewrs verbessert [...]. Ein Guldener Schatz, welcher durch
einen Liebhaber dieser Kunst, von seinem Undergang errettet ist worden [...] jetzt widerumb in Truck
verfertiget. Basel, Durch Sebastianum Henricpetri, [1588]. 8 nn Bll., 317 SS. [ohne das letzte nn. Bl.].
Mit ca. 40 (20 nahezu blattgroßen) Textholzschnitten. 8vo. Halbpergamentband mit goldgeprägt.
Rückenschildchen.
25 000,VD 16, R 1363; Ferguson II, 258 f.; Sudhoff, Paracelsus S. 365; Frewer, Bibliothea Sudhoffiana 200, 1421;
Caillet 10913 (irrig als Ausg. von 1582; unter Ulmann); vgl. Duveen 504 f.: „An extremely rare book of
very great interest of the symbolical pictures it contains“.
Zweite Ausgabe, erstmals 1582 bei Apiarius in Basel erschienen, die dritte Ausgabe druckte ebenfalls
Henricpetri 1598. Eine Neuausgabe bei der die Holzschnitte durch Kupfer ersetzt wurden erschien
1706 in Frankfurt unter dem Titel Compendium alchymist, novum, sive Pandora explicata und dem Straßburger Arzt Johann Michael Faust als Herausgeber.
Eine der bedeutendsten alchemistischen Schriften, u. a. von C. G. Jung benutzt und kommentiert (vgl.
Psychologie und Alchemie(2) S565 f. (mit Abb.)).
Die Verfasserfrage ist bis heute nicht geklärt. Christoph Reusner, ein 1558 in Lemberg (Schlesien)
geborener Arzt der in Basel studierte und später in Hof und Nördlingen tätig war, ist jedenfalls nur
der Herausgeber. Das Buch selbst nennt einen Franciscus Epimetheus als Verfasser. Fictuld, Probierstein
(1753) I, 118 hält einen Franziskaner namens Ulmannus für den Autor. Auch in unserem Exemplar
wurde dieser Name von alter Hand als Auflösung des Pseudonyms angegeben (Bl.1). Tatsächlich
stehen zumindest die (in allen drei Ausgaben des XVI. Jahrhunderts gleichen) Illustrationen in
Abhängigkeit zu denen im Buch der heiligen Dreifaltigkeit des Ulmannus, dessen ältestes Manuskript
aus dem frühen XV. Jahhundert stammt (Berlin Cod. 78 A 11). Auch zu den Holzschnitten im
Rosarium philosophorum von 1550 besteht ein Zusammenhang. Die Tafeln der Pandora werden lt.
Ferguson bereits 1572 im Liber de arte chimica incerti authoris rezipiert. Ferguson hält es deshalb für
möglich, daß die Holzschnitte (gemeint sind die 18 ganzseitigen mit Binnentext und Einfassung)
bereits früher - unklar ob mit oder ohne Text - erschienen sind. Falls dies so wäre, ist es reizvoll, über
ein verschollenes Blockbuch als Vorlage zu spekulieren - stilistisch gesehen nicht unwahrscheinlich.
Eine ausführliche (englischsprachige) Beschreibung der ersten 16 Holzschnitte findet sich online
unter: http://www.levity.com/alchemy/s_pandor.html. Zwei der Holzschnitte werden bei J.
Fabricius, Alchemy. The Medieval Alchemists and their Royal Art S. 132 f. abgebildet und analysiert. Es
gibt auch Diskussionen, die die Illustrationen in einen (für uns allerdings nicht erkennbaren)
Zusammenhang mit dem sogen. Cypher- oder Voynich Manuskript bringen.
Leider kein sehr gutes Exemplar: durchgehend mit teils starken Fingerspuren (besonders der Titel ist
stark angeschmutzt), zahlreiche Anstreichungen im Text und teils gelöschte Marginalien, teils
wasserrandig. Einige Holzschnitte seitlich bis in die Einfassung beschnitten. Titel mit wagrechtem
Schnitt, Besitzvermerken und mit minimalem Buchstabenverlust unterlegt. Blatt 317 unten beschnitten
(und weiß ergänzt, wobei allerdings nur das Wort „FINIS“ dadurch verloren ging). Wie bei der
Mehrzahl der nachweisbaren Exemplare (z.B. das digitalisierte Expl. der BSB, das Expl. der Slg.
Sudhoff etc.) fehlt das Schlußblatt mit dem Druckvermerk. Trotz dieser Mängel handelt es sich um ein
Glanzstück jeder einschlägigen Sammlung.
*Second edition of one of the most important, but also rarest books in the history of Alchemy. Illustrated with
some 42 woodcuts, including the well known set of 18 full page illustrations, most probably after a German
manuscript from the early 15th century. For details on content and illustrations cf. Ferguson II, 258 f.- Copy
with stronger traces of use: spotted and stained (title affected to a higher degree and mounted with loss of a few
letters). Marginal notes and numerous underlines, lower part of the last page of text cut off (with loss of the
word: FINIS), and, like most copies, without the last page with the printers device.
(1)
„Der bedeutendste österreichische kameralistische Theoretiker seiner Zeit“ (Czeike)
(2) Schröder, Wilhelm Freiherr von. Wilhelm Freyherrn von Schr. aus der Royal Societät von
Engelland Nothwendiger Unterricht Vom Goldmachen, Denen Buccinatoribus Oder so sich selbst
nennenden Foederatis Hermeticis, auf Jhre drey Episteln zur Freundlichen Nachricht. Leipzig, Zu
finden bey Jacobo Gerdesio, 1684. 5 nn. Bll., 110 SS. 12mo. Interimskartonage d. Zt.
2 800,VD 17, 39:117129; Ferguson II, 345 (kein Expl. in der Young-Collection); Handwörterbuch der Staatswissenschaften(4) VII (zit. nach DBA, NF 1186, 315 f.); ADB XXXII, 532; nicht bei Duveen.
Erste Ausgabe, 1727 von Roth-Scholz in Deutschlands theatrum chemicum sowie in allen späteren
Ausgaben der Fürstlichen Schatz- und Rentkammer wieder abgedruckt. Die vorliegende Erstausgabe ist
sehr selten: nur acht Exemplare sind für uns nachweisbar (das hier mitgezählte Expl. der Jämtslands
Bibl. ist unvollständig).
„In dieser Abhandlung bekämpft er zwar den „Stein der Weisen“, ist aber „was die Wahrheit und
Realität des Goldmachens durch Kunst betrifft, deren ganz versichert“ und erklärt sich bereit, das
Goldmachen experimentell zu erweisen, während diese Sache bisher „geheim hermetisch
philosophisch“ behandelt wurde. Alles offenbar in gutem Glauben an die Richtigkeit dessen, was er
schreibt„ (ADB a.a.O.). Er greift auch die Rosenkreuzer als „Zigeuner-Gesindlein“ an, namentlich
„John Heyde [...], der eine gantze Historiam Fratrum Rosae-Crucis in einem grossen volumine
geschrieben, und sich servum DEI & Secretarium naturae genennet, viel vornehme Leute jämmerlich
hinterführet, und nach der Zeit elendiglich gestorben ist, ob zwar seine Bücher noch ietzo allenthalben
herumb getrage[n] werden“. Enthält am Schluß eine „Zugabe Etzlicher Experimenten Von Der
Betrügerey in der Arte Alchymiae“ nämlich die „Narren-Tinctur“, die „Schelmen-Tinctur“ und ein
„bewährtes Diebs-Particular“.
Schröder, 1640 als Sohn des aus Salzburg stammenden Hofrates gleichen Namens in Königsberg
geboren, ging nach begonnenem Studium der Rechte nach Holland und England, wo er Mitglied der
Royal Society wurde und mit bedeutenden Männern wie Hobbes, Petty und Boyle in Verbindung trat.
1673 bot er Leopold I. von Österreich seine Dienste an, seither ist sein Leben eng mit der
merkantilistischen Wirtschaftspolitik in Österreich verknüpft. 1677 übernahm er das 1665 von Johann
Joachim Becher begründete Kunst- und Werkhaus am Tabor (im Türkenjahr 1683 niedergebrannt);
unter seiner Führung entfaltete sich hier ein echter Manufakturbetrieb, wobei er vor allem mit der
Glas- und Tuchfabrikation ansehnliche Fortschritte erzielte. 1678-81 hielt er sich als politischer Agent
in England auf und propagierte seither die Wolleinfuhr. 1688 wurde er kgl. ungarischer
Hofkammerrat, 1699 verstarb er verarmt in Eperies (Ungarn). „Schröder gilt als der bedeutendste
österr. kameralistische Theoretiker seiner Zeit. Seine Staatswirtschaftskonzeption trug trotz des
absolutistischen Kameralismus bereits westeuropäische merkantilistische Züge“ (Czeike, in DBE IX).
Seine Vorschläge führten zur Errichtung der Wiener Stadtbank durch Starhemberg und der staatlich
beaufsichtigten sächsischen Depositenbank durch Friedrich August I.
Etwas gebräunt, teils braunfleckig.
*Rare first edition of this critical view on alchemy. The author was member of the Royal Society in England and
became later Austrias leading expert in economics.- Some browning and stains. Contemporary boards.
Antike
(3) Bellori, Giovanni Pietro und Michelangelo Causei dela Chausse. Le Pitture Antiche delle Grotte
di Roma, e del Sepolcro de´Nasonj Disegnate, & intagliate alla similitudine degli Antichi Originali da
Pietro Santi Bartoli, e Francesco Bartoli [...]. Rom, Nella Nuova Stamparia di Gaetano degli Zenobj,
1706. 6 nn. Bll., 63 SS., 75 (2 doppelblattgroße) Kupfertafeln. Mit zahlreichen Vignetten und Initialen.
Folio. Brauner Kalblederband d. Zt. mit blindgeprägter Deckelbordüre und goldgeprägten Deckelfileten sowie goldgeprägt. Rückenschildchen und Rückenvergoldung.
2 500,BrunetEbert 1885: „Nach Clèment bibl. cur. III, 76. soll v. d. Ausg. v. 1706 nur 36 Exx. abgez.
seyn. Nicht glaublich“; IT\ICCU\UM1E\006603; Tedder, A Catalogue of the Books in the Library of the
Royal Academy of Arts 18; vgl. Cicognara 3611 und Katalog der Ornamentstichsammlung Berlin 3945
(beide die Ausgabe von 1680 mit nur 35 Kupfern).
Zweite Ausgabe, jedoch die erste vollständige mit 75 Kupfern. Weitere italienische Ausgaben
erschienen lt. Ebert 1711 und 1719.
„One of the most important archaeological finds of the period, the tomb of Quintus Nasonius
Ambrosius was originally unearthed in March 1674 during the course of excavations of the Via
Flaminia. Regarded as one of the most elaborate examples of sepulchral art from the Roman era,
painted around 150 AD, it´s discovery occasioned much excitement, not least because at first it was
widely believed to be the tomb of the poet Ovid. The tomb was a family burial place with multiple
niches, adorned by frescoes with a series of seven apse paintings, a figured frieze incorporating ten
enigmatic mythological figures, and a cassette ceiling. The walls contain scenes referring to death and
the underworld, while the ceiling alludes to the soul's liberation after death [...]. Pietro Santi Bartoli
(1635-1700), the engraver and draughtsman, was probably engaged by Cardinal Camillo Massimo to
produce a record of the frescoes adorning the walls of the tomb [...]. Bartoli was born in Perugia in
1635 and died in Rome on 7 November 1700. According to tradition, he was a pupil of Poussin.
Known primarily as a draughtsman, engraver and painter, he also served Christina, Queen of
Sweden, as an antiquarian. He was responsible for several publications on Roman sculpture and
works of art, such as the Admiranda romanarum antiquitatum of 1693. In 1680, he produced engravings
of the Nasonii tomb paintings in Le pitture antiche del sepolcro de Nasonii nella Via Flaminia; this work
included a commentary by Bartoli's friend, Giovanni Pietro Bellori (1613-96), the leading theorist of
seventeenth century classicism [...]. The tomb was much visited for several years after its discovery,
and may still be visited today, although the interior decoration has suffered much damage over time.
Shortly after the excavation, for example, three panels were removed from the tomb by Don Gasparo
Altieri and lost; in 1865 a further six panels appeared on the market and were later acquired by the
British Museum“ (http://special.lib.gla.ac.uk/exhibns/month/may2000.html).
Exlibris der „North Library“ [London] von 1860. Wenige Tafeln etwas gebräunt, sonst sehr schönes
Exemplar.
*Second edition,but the first one with all 75 plates.- Very fine copy in contemporary calf.
(4) Cuper, Gisbert. Apotheosis vel consecratio Homeri [...]. Amsterdam, Apud Henricum, & Viduam
Theodori Boom, 1683. 8 nn. Bll., 324 SS., 2 nn. Bll. Titel in Rot und Schwarz gedruckt. Mit 9
Kupfertafeln (davon 2 gefalt.) und 30 Textkupfern. 4to. Pergamentband d. Zt.
950,Cicognara 2668; Ebert 5514; Getty Research Library Catalog ID number 2579-621; nicht bei Sinkankas
und bei Vinet.
Erste Ausgabe.
Sammlung der fünf Schriften „Apotheosis seu Consecratio Homeri“, „Explicatio Vestimentorum
Quibus Artes & Disciplinae Homero“, „Explicatio Gemmae Augustaeae“, „Inscriptiones et Marmora
Antiqua Exposita et Illustrata“ und „Utilita quam ex Numismatis Principes Capere Possunt“.
Gisbert Cuper (1644 - 1716) war klassischer Philologe, Archäologe und erfolgreicher Politiker, er stand
mit Gelehrten wie Hugo Grotius, Constantijn Huygens und Gottfried Wilhelm Leibniz in Kontakt
(vgl. ausführlich: B. Chen, Digging for Antiquities with Diplomats: Gisbert Cuper (1644-1716) and his Social
Capital.” http://arcade.stanford.edu/journals/rofl/files/article_pdfs/roflv01i01_Chen_072309.pdf).
„Le tavole numerose di monumenti e medagli sono sparse per l´opera fra il testo. È da osservarsi che
non manchi in principio la belissima Tavola grande dell´Apoteosi intagliata dal Gallestruzzi“
(Cicognara). Giovanni Battista Gallestruzzi (ca 1615 in Florenz - nach 1669 in Rom), hatte bei
Francesco Furini in Florenz gelernt und war seit 1652 Mitglied der Accademia di San Luca. Sein Stil ist
stark von Stefano della Bella beinflußt, der ihn vermutlich in die Technik des Kupferstiches einführte.
Der erwähnte Stich (Faltkupfer mit alt unterlegten Rissen in den Fälzen) ist auf 1658 datiert.
Einband stärker angestaubt, untere Ecke des HD defekt. Etwas fleckig, einzelne Lagen papierbedingt
etwas gebräunt, wenige Bll. mit tls. alt ausgebesserten Randläsuren. Unbeschnitten.
*First edition. Illustrated with 9 copperplates and 30 engravings in the text.- Contemp. vellum, worn. Some
browning, a few old repairs in margins. Uncut.
„Von epochenmachender Bedeutung für die Kunstgeschichte“
(5) Junius, Franciscus. Von der Mahlerey der Alten in drey Bücher. Aus dem Lateinischen. Breslau,
bey Johann Ernst Meyer 1770. 824 SS., 2 Bll. Mit Holzschnittvignette am Titel und einigen Zierstücken
in Holzschnitt. 8vo. Halblederband d. Zt.
850,Graesse III, 499 (Anmerkung); vgl. ADB XIV, 734 („von epochenmachender Bedeutung für die
Kunstgeschichte“), Schlosser 450, Arntzen- Rainwater H64, Pochat 320 ff. u. ö. und Tatarkiewicz III,
348 f.
Erste deutsche Ausgabe, übersetzt von Ch. G. Steinberg und C. F. Lentner (Holzmann- B. II, 11560).
„Franciscus Junius (1589 - 1674), in den Niederlanden und in England tätig, zählt zu den führenden
Humanisten und Kunsttheoretikern in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. In seinem großen
Traktat „De pictura veterum”, der in drei Büchern 1637 in Amsterdam erschien, wendet er sich an die
gelehrte Welt, an Philologen und Antikenkenner und versucht, die antike Kunst in all ihrem Reichtum
zu neuem Leben zu erwecken [...]. Im ersten Buch der „De pictura veterum” wird der Ursprung der
Kunst erörtert, als deren Triebfeder die Naturnachahmung und die Phantasie, „imitatio” und
„phantasia”, maßgeblich gedient hätten. Als übergeordnete Instanz sei die letztere zu verstehen. Auch
der Betrachter müsse Einbildungskraft besitzen um ein Kunstwerk richtig sehen und beurteilen zu
können. Im „zweiten Buch” geht es um die Entwicklung der Kunst und die Ausbildung des Künstlers
[...] die klassizistische Haltung tritt in jenem Abschnitt noch verstärkt hervor, in dem die Antike als
das einzig wahre Vorbild des Künstlers gerühmt wird [...]. In der Einleitung des „dritten Buches”
werden die wichtigsten Grundsätze angeführt, die der Künstler zu beachten habe [...]“ (Pochat).- „Er
war ein Gelehrter, kein Künstler, aber von Künstlern (u. a. Rubens) hochgeschätzt, und er studierte
die antike Kunst mit der Absicht, den zeitgenössischen Künstlern dienstbar zu sein. Er hat wesentlich
dazu beigetragen, dass die antike Konzeption der Kunst neu belebt und sogar zum Kanon gemacht
wurde“ (Tatarkiewicz).
Gering gebräunt. Einband berieben.
*First German edition of this influental book „De pictura veterum libri tres”.- Contemporary half-calf
(somewhat rubbed).
Oppianus [Anazarbensis]. Oppiani poetae alievticon, sive de piscibus,... siehe Nr. 31
(6) Optatianus Porfyrius, Publius. Panegyricvs dictvs Constantino Avgvsto. Ex codice manuscripto
Pavlli Velseri Patricij Aug. Vind. Augsburg, ad insigne pinus, 1595. 28 nn. Bll. Mit 24 Figurengedichten, davon 19 schablonenkoloriert, Verlegermarke am Titel und einigen figürl. Initialen. Folio.
Halbpergamentband des XIX. Jahrhunderts.
9 500,VD 16, O 818; Ebert 15157 (nur 6 Bll.), Clarke-Harwood, A bibliographical dictionary V, 139; vgl. Massin,
Buchstabenbilder und Bildalphabete S. 160 (kennt nur den Abdruck in Poetae latini minores von 1780).
Erste Einzelausgabe, zuvor 1590 in Paris gedruckt (Pithoeus, Poemata vetera), 1682 in Nürnberg mit
einem Anhang erneut aufgelegt.
Prachtvoller Druck aus der von Markus Welser gegründeten Privatpresse Ad insigne pinus, die bis zu
seinem Tod 1614 und darüber hinaus etwa neunzig Titel herausbrachte, insbesonders Werke der
christlichen Antike. Als Vorlage dieser Edition diente ein im Besitz der Welser befindliches
Manuskript aus dem Anfang des XVI. Jahrhunderts, welches nun in der Herzog August Bibliothek in
Wolfenbüttel (Cod. Guelf. 9 Aug. 4o) aufbewahrt wird (Adler-Ernst, Text als Figur, Ausstellungskat.
der HAB 1987, Nr. 1). Wie ein Vergleich u. a. mit dem digitalisierten Exemplar der Bayerischen
Staatsbibliothek zeigt, wurden die roten Hervorhebungen in den einzelnen Figurengedichten wohl
mittels einer Schablone bereits in der Druckerei angefertigt.
(6)
Der im vierten nachchristl. Jahrhundert lebende lateinische Dichter Porfyrius Optatianus war einer
der frühesten Verteter des sogen. Figurengedichts. Sein Werk, von dem insgesamt 28 Gedichte
erhalten sind, gilt als Stilvorbild für die nachfolgenden lateinischen Dichter solcher carmina figurata,
unter anderem für Venantius Fortunatus, Alkuin und Hrabanus Maurus, von denen der letztere sich
ausdrücklich auf Porphyrius als Vorbild für sein „Ausstreuen der Buchstaben“ (litteras spargere)
bezieht. „Viele seiner Gedichte stellen Quadrate dar, indem so viele Verse aneinandergereiht sind, als
jeder Vers Buchstaben enthält. Diese Quadrate bilden natürlich auch Acrosticha und Telesticha. Aber
damit gibt sich der Verseschmied noch nicht zufrieden. Auch die Diagonalen sind für sich lesbar;
ausser den Diagonalen heben sich noch andere geometrische Gebilde heraus; selbst das Monogramm
Christi ist dem Kaiser zuliebe eingewoben. Nicht bloss lateinische Sätze, sondern sogar griechische
werden auf diese Weise hervorgezaubert. Seine Meisterstücke liefert aber Porfyrius, wenn er durch
seine Produkte Gegenstände nachbildet. So stellt uns Gedicht 9 eine Palme dar, Gedicht 20 eine
Wasserorgel, Gedicht 26 einen Altar und Gedicht 27 eine Hirtenflöte. Ausser den architektonischen
Kunststücken hat Porfyrius noch andere Künsteleien in Anwendung gebracht, er baut Verse, die vom
letzten Wort an gelesen, wieder dasselbe Metrum ohne Aenderung des Sinnes ergeben. Aus Justis
serene populis, favente mundo wird so: Mundo favente populis serene iustis. Ein ganzes Schock von
Wunderlichkeiten hat der Verskünstler im Gedicht 15 zusammengehäuft. [...]. Eine Reihe von Versen
ist so gebaut, dass sie rückwärts gelesen wieder einen Satz mit anderem Metrum ergeben [...].
Natürlich musste der Dichter bei solchen Spielereien den Leser eigens aufmerksam machen, d. h. eine
Gebrauchsanweisung beilegen, wie dies bei Gedicht 13, 15 und 25 in prosaischer Form geschehen. Bei
den architektonischen Produkten mussten durch Mennig die Künsteleien veranschaulicht werden;
doch werden sie hie und da auch im Text angedeutet.[...]. Dem Panegyriker fliesst überdies der Stoff
leicht zu. Merkwürdig ist die Mischung des christlichen und heidnischen Elements. Man sieht
deutlich, dass die lateinische Poesie ihren Wort- und Phrasenschatz aus der Blütezeit aufgespeichert
hatte, von dem der Dichter nicht abweichen konnte. Es zeigen sich daher bei Porfyrius sowohl in der
Sprache wie im Metrum nur wenig Spuren seiner Zeit. Selbstverständlich mussten die technischen
Schwierigkeiten oft dunkle und geschraubte Ausdrucksweise herbeiführen“ (Müller, Handbuch der
klass. Altertumswissenschaft. VIII: Geschichte der römischen Litteratur bis zum Gesetzgebungswerk des Kaisers
Justinian, 12).
Sehr schönes, nur unbedeutend gebräuntes oder fleckiges Exemplar.
*First separate edition, after a ms. in the Welser collection (Augsburg, now in the HAB in Wolfenbüttel),
printed on the private press of Markus Welser. Publilius Optatianus Porfyrius was a Latin poet, possibly a
native of Africa. Twenty-eight poems are extant under his name, of which seversal were included in the
panegyric to the Emperor Constantine I. The present edition gives 24 of them, of which 19 are coloured in red in
the printshop.- Very fine copy in half vellum.
Deutsche Versdichtungen
Ein Christenlicher zůg, wider den Tůrcken... siehe Nr. 22
(7) Füger, Kaspar. Glückwünschung. Auff die Hochzeit DEs Durchlauchtigen, Hochgebornen Fürsten
vň Herrn, Herrn Christiani, Hertzogen zu Sachsen, etc. Vnd seiner Fürstlichen Gnaden Hertzallerliebsten Braut, Frewlein Sophia, Marggreffin zu Brandenburg, etc. Jn Reimweise gemacht. Dresden,
(durch Gimel Bergen, den 25. April) 1582. 20 nn. Bll. Mit Wappenholzschnitten am Titel und letzten
Blatt. Titel in Rot und Schwarz gedruckt. 4to. Rückenbroschur.
950,VD 16, ZV 6285; Weller, Annalen II, 466, 926; nicht bei Hayn, Bibliotheca Germanorum nuptialis.
Wohl zweiter Druck, mit dem Datum 25. April (statt 23. April) und 20 (statt 24) Blatt. Sehr selten: nur
zwei Exemplare dieser Variante im VD 16 (Berlin und Jena), fünf der anderen (München, Budapest,
Jena, Wolfenbüttel und Zwickau).
Enthält ein „Epithalamion von 7 Personen, und 5 Lieder“ (Weller). Die auftretenden Personen sind:
Christianus König in Dennemarcken; Georg Hertzog zu Sachsen; Heinrich Hertzog zu Sachsen; sein
Gemahl, Fraw Katharina, Geb. Hertzoginne zu Mechelnburg; Marggraff Joachim Churfürst zu
Brandenburg; Hertzog Moritz, Churfürst zu Sachsen; und Alexander, Hertzog zu Sachsen.
Bei dem Verfasser handelt es sich vermutlich um den den Älteren Kaspar Füger (vor 1521 in Dresden nach 1592 ebenda), den evangelischen Kirchenlieddichter. Er arbeitete als sächsischer Hofprediger in
Torgau, später wirkte er als Pfarrer an der Dresdner Kreuzkirche. „Er ist bekannt als Dichter des
Weihnachtsliedes "Wir Christenleut habn jetzund Freud“ (BBKL II, 149). Sein als Verfasser eventuell
auch in Frage kommender gleichnamiger Sohn (um 1562 in Dresden - 27. Juli 1617 ebenda) war
deutscher Komponist und wirkte ebenfalls als evangelischer Kirchenlieddichter und Kreuzkantor. Er
besuchte ab 1575 die Fürstenschule in Meißen und studierte ab 1581 an der Universität Leipzig.
Am 25. April 1582 heiratete Sophie von Brandenburg (1568-1622) in Dresden Kurfürst Christian I. von
Sachsen (1560–1591). Zum Zeitpunkt der Hochzeit war Sophie 14 Jahre alt, bereits ein Jahr später
bekam sie ihr erstes von sieben Kindern. Nach dem Tod ihres Ehemanns, der bereits mit 31 Jahren
starb, wurde Sophie, gemeinsam mit Herzog Friedrich Wilhelm von Sachsen-Weimar, Regentin des
Kurfürstentums für ihren ältesten Sohn.
Der Titelholzschnitt zeigt das sächsische Wappen von Putten gehalten, der Schlußholzschnitt das
Wappen im Laubkranz mit Vögeln.
Etwas gebräunt, Ecken teils etwas knittrig.
*German nuptial „epithalamion“ with five songs on the wedding of Elector Christian I of Saxony (1560–1591)
with Sophie Princess of Brandenburg (1568 – 1622) and by marriage Electress of Saxony. She was the regent of
Saxony during the minority of her son (from 1591). On her wedding day, Sophie was 14 years old, and only a
year later, she had her first child (of seven).- Some browning.
(8) [Sachs, Hans]. Drey schöner Hißtorij. Von dreyen Heidenischen mörderischen Frawen. (Nürnberg,
bey hañs Wandereisen) 1540. 4 nn. Bll. 4to. Kartonage um 1900.
1 650,VD 16, D 2675; Weller, Sachs 79 Keller/Goetze, Hans Sachs, XXIV, S. 158, Enr. 151.a.
Erste Ausgabe, anonym erschienen, sehr selten.
Gereimte Beschreibungen dreier Frauenfiguren nach antiken Autoren: „MAn fint haidnischer Weyber
drey// Sind durch jr wüttent mörderey// Jnn schentlicher gedechtnus blyben// Virgilius der hat
beschriben// Das erst weyb heist Clitemestra// Des Künigs von Cebalia// Tochter, hoch
Künicklicher gepurt// Agamenonj vermehlet wurdt// [...]“, gefolgt von „Thullia die ander mitt
nom// Des Sechsten Künigs zu Rom// Seruii Tochter von dem Weyb// Vns Thittus Liuius
beschreyb// [...]“, den Schluß bildet „Cleopatra das Tritte Weyb// Von der Bocacius peschreyb//
Eyn Tochter Dionisij// Des reichen Künigs Egyptij// [...]“.
Der Drucker Hans Wandereisen war auch als Briefmaler und Formschneider tätig. Aus seiner
zwischen 1523 und 1548 in Nürnberg aktiven Presse werden „nur 15 Titel im VD 16, darunter einige
Werke von Hans Sachs“ genannt (Reske S. 666).
Rücken stärker beschabt. Wasserrandig. Exlibris Liechtensteinianis.
*First edition, published anonymously. Poem on three pagan and murderous women.- Boards. Bookplate of
Prince of Liechtenstein.- Waterstained.
(9)
Das einzig bekannte Exemplar
(9) Sachs, Hans. Zwey schöne newe kürtzweylige Faßnacht Spil. Das erste mit vier Personen. Von
eines Bawrn Son, der zwey Weyber wolt haben. Das ander, mit fünff Personen, von dem Schwangern
Bawrn. (Nürnberg, durch Valentin Newer [Neuber] wohnhafft im Obern Wehr), ohne Jahr [1551/60].
20 nn. Bll. Mit zwei kleinen, nebeneinander gedruckten Titelholzschnitten. Klein-8vo. Pappband.
6 500,VD 16, S 628 (ohne Standortnachweis); Goetze 201a; Weller, Sachs 173 (dat. ca. 1550).
Erste Ausgabe. Rarissimum: kein Exemplar im KVK genannt.
Das im November 1544 entstandene Spiel vom „Schwangeren Bauern“ zählt zu den bekanntestesten
Stücken von Sachs und wird noch immer aufgeführt. Das Spiel vom Bauernsohn (lt. Register der
Fastnachtsspiele „Der Bauernknecht...“) der zwei Weiber haben wollte, schrieb er im Oktober 1551.
Das Fastnachtsspiel des XVI. Jahrhunderts wurde durch Hans Sachs geprägt. Er setzte zunächst die
alte Tradition des Nürnberger Fastnachtsspiels fort und schrieb auch Reihenspiele, die meisten seiner
Stücke waren allerdings bereits Handlungsstücke. Er ersetzte die Einzelvorträge durch handlungsbezogene Monologe und Dialoge und kreiert daraus eine geschlossene Handlung. Des Weiteren
trennte er Spiel und Fastnachtsgeschehen bewußt voneinander, was nötig war, da die Bedeutung der
Fastnacht mit dem Einsatz der Reformation verloren ging. Fastnachtliche Zusammenkünfte fielen weg
und damit auch die fastnachtsüblichen erotischen Wortspiele und Bilderrätseln in den Reihenspielen.
Dabei war der tölpelhafte Bauer die mit Abstand beliebteste Figur, weiters waren zänkische Eheweiber, Pantoffelhelden und Kleriker beliebte Ziele des Spottes.
Von Weller wird der Druck auf ca. 1550, vom VD 16 auf ca. 1560 datiert. Der Adresszusatz „wohnhafft
im Obern Wehr“ ist wohl für alle seit 1548 erschienenen Drucke Valentin Neubers gültig, da er in
diesem Jahr die dort wohnhafte Druckerwitwe Kunigunde Hergot heiratete. „Hat sonach Ulrich
N[euber] mit Joh. vom Berg die theologische und religiöse Litteratur besonders bevorzugt, so ist
dagegen von Valentin N[euber] die Volkslitteratur als solche, zumal die poetische, fast ausschließlich
gepflegt worden. Nur wenige unbedeutende Drucke desselben ließen sich finden, die nicht dahin
gehören. Dagegen sind in Goedeke’s Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung, Bd. I der 1.
Aufl. und in Weller’s Annalen der Poetischen Nationallitteratur, Bd. I und II, an 150 Drucke
aufgeführt, die Val. Neuber’s Namen tragen, geistliche und weltliche Sachen, ganze Sammlungen und
– dies namentlich häufig – einzelne Liederheftchen. Nimmt man dazu, wie manches derartige wohl
ohne seinen Namen ausgegangen sein mag, so wird man sagen können, daß diese Neuber’sche Presse
zu denjenigen gehört, welche in jener Zeit am meisten für das Lesebedürfniß des Volkes gesorgt und
damit auf dessen geistige Bildung Einfluß genommen haben“ (ADB XXIII, 477).
Gering gebräunt, erste Bll. im Innenrand mit blassem Wasser- und kleinem Braunfleck.
Titel verso mit hs. Besitzmerk des Schriftstellers, Sammlers und Hans Sachs-Forschers Richard
Zoozmann, dat. 1898 (vgl. Folter, Deutsche Dichter- u. Germanistenbibliotheken S. 216).
*Only recorded copy of this first edition of the two Carnival (Shrovetide) plays. The first one is on a
peasants´son, who wanted two wives; the second one is on a pregnant peasant. This play is still performed on
German stages.- Two small woodcuts on title. Some browning, first leaves waterstained.
(10) Sachs, Hans. Der Teuffel lest kein Landsknecht mer inn die Helle faren. (Nürnberg, durch Georg
Merckel, 1559). 4 nn. Bll. Mit Titelholzschnitt. 4to. Rückenbroschur.
1 450,VD 16, S 555; Goetze 245d; vgl. Weller, Sachs 199 (andere Ausgaben). Zum Titelholzschnitt s. Die Welt
des Hans Sachs Nr. 288.
Vierte von Merckel gedruckte Ausgabe, erstmals 1555 erschienen. Selten: nur drei Exemplare im VD
16 genannt.
Herrliche Satire auf die rohen Sitten der Landsknechte und ihr protziges Gehabe. „Als das frühere
Ansehen der verwilderten Haufen [der Landsknechte; Anm.] ganz und gar geschwunden war, erzählt
in Hans Sachsens prächtigem Schwank „Der Teuffel lest kein Landsknecht mer inn die Helle faren“
Belzebock, der von Lucifer abgesandt war, um die leer gewordene Hölle mit gottlosen Kriegsknechten
neu zu füllen, und nun voll Grausen vor den wüsten Gesellen bebend heimkehrt:
„Ir kleyder auff den wildesten sitten
Zerflambt, zerhawen und zerschnitten.
Eins theyls jr schenkel blecken thetten.
Die andern gross weyt hosen hetten.
Die ja bis auff die füss rhab hiengen
Wie die gehosten dauber giengen“.
(M. Osborn in der Einleitung zu: Andreas Musculus, Vom Hosenteufel. (Halle a. S., 1894); S. V).
Der Titelholzschnitt zeigt den hinter einem Ofen versteckten Teufel, der die drei bei Tisch sitzenden
Landsknechte belauscht. Gegenüber der Abb. im Katalog Die Welt des Hans Sachs etwas undeutlicher
Druck, wohl vom abgenutzten Stock.
Titel und letzte S. im Druck etwas blaß. Titel mit Wasserfleck. Etwas stockfleckig.
*Fourth edition of a poem on the crude manners of lansquenets. With a title-woodcut. Waterstain on title, some
spotting.
(11) [Schrot, Martin]. Vrsprung vnnd Vrsach diser Auffrur, Teutscher Nation. Ohne Ort, Drucker und
Jahr [Nürnberg, Christoph Gutknecht, um 1546]. 6 nn. Bll. Mit einem Titel- und einem Textholzschnitt.
4to. Kartoniert.
1 800,VD 16, S 4304; Goedeke II, 300, 176; Wackernagel, Bibliographie des deutschen Kirchenliedes 503;
Liliencron, Die historischen Volkslieder der Deutschen IV, 528 B; Breslauer, Das deutsche Lied 179
(vermutet Hans Varnier in Ulm als Drucker); ADB XXXII, 557; vgl. Halle 301 (andere Ausgabe).
Eine von vier heute bekannten Ausgaben.
„Protestantisches Lied voll der allerschärfsten Schmähungen des Papstes. Die beiden grossen
Holzschnitte sind bemerkenswert“ (Breslauer). Der Titelholzschnitt zeigt den Engel mit dem
Mühlstein („Und ein starker Engel hub einen großen Stein auf als einen Mühlstein, warf ihn ins Meer,
und sprach: Also wird mit einem Sturm verworfen die große Stadt Babylon, und nicht mehr erfunden
werden“ Offb 18, 21), der Holzschnitt verso zeigt die Hure Babylon. Das Lied besteht aus 27
achtzeiligen abgesetzten Strophen, zu singen im „Bruder Veiten thon“, sowie einem weiteren
8zeiligen Vers am Titelblatt.
Martin Schrot (gest. 1575/76), Verfasser protestantischer Flugschriften und Lieder, stammte aus
Augsburg, wo er vermutlich den Großteil seines Lebens verbrachte. Er war Mitglied der Augsburger
Meistersängerschule und zählte sogar zu der auserlesenen Zwölfzahl der Augsburger Meister. Er
erfand eine 20reimige Schrotweis und eine 24reimige Narrenweis, beide wurden auch von Hans Sachs
aufgegriffen. „Er stand Zwingli´s Lehre wahrscheinlich näher als Luther´s, dessen Namen nie bei ihm
begegnet; demgemäß citirt er überwiegend die Züricher Bibel und copirt sogar ein paar mal deren
Holzschnitte. Seine schriftstellerische Thätigkeit concentrirt sich auf die ernsten Jahre 1545-52, auf das
Decenium des Schmalkaldischen Krieges [...]. Aber charakteristischer für Schrot´s Art sind die
erhitzteren Lieder des durch Moritz von Sachsen unerwartet günstig entschiedenen Krieges. Da,
zumal in den Jahren 1546 und 1552, wird S. ein gewaltiger Apokalyptikus, der nirgends besser zu
Hause ist, als in der Offenbarung Johannis und der Propheten; er erhebt etwa auf seine
Siegeshoffnung hin ain Freudengeschrey über das gefallen Bapstum, das er in ausführlicher Deutung auf
das siebenköpfige Thier und die babylonische Hure zugleich bezieht; er betitelt im Liede vom
Ursprung und ursach diser Aufrur Teütscher Nation, bestimmt die im Unglück Schwankenden bei der
guten Sache zu erhalten, den Papst Antichrist, blutgierigen Hund, Mordfuchs; seine Anhänger in
Deutschland, das der Papst als milchende Kuh betrachtet, sind ihm ein ehrlos Nattergezücht, das das
eigene Nest beschmutzt [...]“ (Roethe in ADB).
Gutes, breitrandiges Exemplar.
*One of four editions from the same year of a long (224 lines) rhyming German anti-papal poem by the
Augsburg protestant author M. Schrot. With another 8-line poem on the title-page. Large woodcut on title;
another one („Apocalypse“) on verso.- Very fine copy.
(12)
(12) Trivmph Des Durchlauchtigen Schmöckers, Heinrich des Jüngern von Braunschweig, Obersten
Gubernatorn aller Papistischen meuterey vnd vnart, Jhne vntertheniglich zum newen Jar, damit
verehret. Ohne Ort und Drucker [Zwickau, Wolfgang Meyerpeck], 1546. 12 nn. Bll. Mit Titel- und zwei
Textholzschnitten. 4to. Rückenbroschur.
1 600,VD 16, T 2012; Goedeke II, 299, 165; Weller, Annalen I, 50, 205; Hohenemser 4384; Kuczynski 2640.
Einzige Ausgabe, sechs Exemplare über KVK nachweisbar.
Anonyme Flugschrift in Gedichtform gegen Heinrich II. Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel
(1489 - 1568), den letzten katholischen Fürsten im niedersächsischen Raum.
„Herzog Heinrich unterstützte 1538 den Zusammenschluss der katholischen Reichsfürsten zur Liga
gegen den Schmalkaldischen Bund der reformierten Reichsstände. Dabei wurde sein Fürstentum mit
Unterstützung der Städte Goslar und Braunschweig besetzt und die Reformation eingeführt. Heinrich
wurde daraufhin in Ziegenberg (Hessen) inhaftiert. Erst der Sieg der Liga unter Kaiser Karl V. in der
Schlacht bei Mühlenberg 1547 gegen den Schmalkaldischen Bund, ermöglichte die Rückkehr von
Herzog Heinrich den Jüngeren“ (http://www.welfen.de/heinrich9.htm).
Bei den drei Holzschnitten (Pegasus, Löwe und Adler) handelt es sich wohl um Illustrationen zu
einem astronomischen oder astrologischen Druck.
Unbedeutend gebräunt, minimale Papierdefekte.
*First edition of this pamphlet in German verses against Henry II. Duke of Brunswick-Lüneburg, called the
Younger, Prince of Wolfenbüttel from 1514 until his death. With three small woodcuts.
Die ersten gedruckten Fabeln von Waldis
(12) W[aldis], B[urkhard]. Ein warhafftige Historien von zweyen Mewssen, So die Pfaffen in Hüttenberge bey Wetzfalar haben verbrennen lassen [...]. Jtem Drey schoner newer Fabeln. Ohne Ort und
Drucker [Wittenberg, Josef Klug], (1543). 24 nn. Bll. 4to. Rückenbroschur.
2 500,VD 16, W 846 (& 833); Goedeke II, 451, 8; ADB LX, 705; nicht bei Weller, Annalen, bei Hohenemser, bei
Fabula docet etc.
Erste Ausgabe, nur acht weitere Exemplare via KVK nachweisbar.
Gereimtes Pamphlet gegen die katholische Geistlichkeit, „in dem ein Hauch von Fischart’s groteskem
Humor zu verspüren ist“ (ADB). Enthält weiters drei gereimten Fabeln: Die Erste. Wie die Welt alle
wolthat mit vndanckbarkeit pflegt zu bezalen. Von einem Pawren, vnd von einem Lindtworm.- Die
Ander. Das ein jeder in seinemm ambt bleiben, Vnd andere Stende nicht begeren noch vrteylen solle.
Von Sanct Petro wie er Gott sein wollte.- Die Dritte. Wider die Schmeichler. Von dem Fuchs, vnd dem
Wolffe.
Burkard Waldis, zeitgenössisch Burcard Waldis (um 1490 in Bad Sooden-Allendorf in Hessen - 1556 in
Abterode, Werra-Meißner-Kreis) einer der bedeutendsten protestantischen Fabeldichter, Dramatiker
und Fastnachtsautoren, wurde 1522 Franziskaner in Riga. Durch eine Reise im Auftrag des Erzbischof
Jasper Linde zu Kaiser Karl V. und nach Rom erbat er Unterstützung gegen die erstarkende
Reformation in Livland, weshalb er 1524 in Haft kam. Er konvertierte während der Haft zum
Protestantismus und verließ den katholischen geistlichen Stand, heiratete und ließ sich als Zinngießer
in Riga nieder. Als solcher unternahm er ausgedehnte Reisen, die ihn bis Antwerpen und Lissabon
führten. Von 1536 bis 1540 war er wegen „ketzerischer Umtriebe“ gegen den Deutschen Orden
wiederum in Riga in Haft, wo er mit den Fabeldichtungen beginnt. Gesundheitlich geschwächt und
durch die erlittene Folter gebrochen, kehrte Waldis in seine hessische Heimat zurück. Sein
Fastnachtsspiel Die Parabel vom verlorenen Sohn, das 1527 in Riga aufgeführt wurde, gehört zu den
frühesten und bedeutendsten Leistungen des Reformationsschauspiels. Sein wichtigstes Werk war die
umfangreiche Fabelsammlung Esopus. Ganz neugemacht und in Reime gefaßt, die 1548 erschien und
große Wirkung auf zeitgenössische Dichter und die Schriftsteller der Frühaufklärung hatte. Vorliegt
der Erstdruck der Waldis´schen Bearbeitung der oben genannten drei Fabeln, diese wurden im Esopus
erneut abgedruckt (vgl. auch A. Hoefer (Hrsg.) Burkhard Waldis. Parabel vom verlornen Sohn (Greifswald
1851) S. XXIII).
Mäßig wasserrandig und vereinzelt fleckig, im Ganzen jedoch ordentliches Exemplar.
*First edition, including three fables in German verses. Some waterstains.
Kometen
(14) Abbildung deß Neuen Comet= und Wunder= Sterns, Wie sich derselbe in den Jnnern
Oesterreichischen Landen, und benachbarten Croatischen Orten, besonders aber über Rackelspurg
und Czackenthurn Morgends zwischen 2. und 3. Uhren den 12. Jannuarii dieses 1664sten Jahrs, mit
erschrecklicher Entsetzung der Anschauenden, hat sehn lassen. Nürnberg, bey Paulus Fürst, [1664].
Ein Blatt, einseitig bedruckt. Mit einem Kupfer (88 x 150 mm). Folio (ca. 308 x 200 mm).
1 850,VD 17, 23:676348X; Harms I, 195; Paas, The German Political Broadsheet IX, P-2661; Brüning 1067;
Einblattdruck-Sammlung Gustav Freytag (online), http://edocs.ub.uni-frankfurt.de/volltexte/2007/
7517/ (nicht bei Hohenemser).
Einer von mindestens vier bekannten deutschsprachigen Einblattdrucken zu dieser Beobachtung (teils
mit Erwähnung einer Sichtung über Graz), eine englische Fassung erschien 1664 in London
(„Pourtraict [sic] of the new wonderful blazing star, which appear'd to the inner Austrian countries...“;
Marquess of Bute Broadsides, A161).
Variante zu den Exemplaren in Frankfurt und Wolfenbüttel: die ornamentale Einfassung ist hier nicht
mitgedruckt. Dies und der Umstand, daß der Stich noch feinste Spuren des Stichels aufweist, lassen
auf einen frühen Druck schließen.
Das Kupfer zeigt den nach Süden gerichteten Kometen, in seinem Kopf sind zwei sich
überschneidende Halbmonde eingezeichnet. Der gezackte Kometenschweif läuft im Norden in vier
Flammenzungen aus.
Der am 12. Jänner 1664 in Bad Radkersburg (Steiermark) und in Čakovec (Kroatien) beobachtete
Komet (nicht zu verwechseln mit dem großen Kometen vom Jahresende 1664) wurde als Anzeichen
künftigen Unheils gedeutet und seiner Gestalt wegen mit den Türkenkriegen in Verbindung gebracht.
„Der Verfasser stützt seine Prognose viel grösserer Kriegs-Wirkung auf die Kometenerscheinungen der
Jahre 1618 und 1652, in deren Folge sich der Dreißigjährige Krieg und der Polnische/ Schwedische und
Dähnische Krieg ereignet hätten, zieht aber auch die aktuelle Situation infolge der der türkischen
Machtausweitung seit dem türkischen Sieg bei Neuhäusel (August 1663) in Betracht. Als astrologische
Ursache der Kometenerscheinung bezeichnet er die grosse Conjunction der beyden Obern Planeten Saturni
und Jovis im feurigen Zeichen deß Himmlischen Schützen“ (Harms).
Linker Blattrand alt angefalzt, kleine Anmerkung von alter Hand. Sehr schönes, breitrandiges
Exemplar.
*Broadside on a comets, observed in Styria and Croatia on Jannuary 12th, 1664. With an engraving, depicting
the comet with two half-moons as symbols for the menace by the Turks.
Ein „Freigeist aus dem Gottsched-Kreis“
(15) Heyn, Johann. Sammelband mit fünf Erstausgaben, darunter vier Kometenschriften. Berlin und
Leipzig, Haude, 1742 - 1745 (I-IV) bzw. Frankfurt und Leipzig, Selbstverlag, 1746 (V). 8vo. Lederband
d. Zt. mit Resten der Rückenvergoldung.
I) Versuch Einer Betrachtung über die Cometen, die Sündflut und das Vorspiel des jüngsten Gerichts,
Nach astronomischen Gründen und der heiligen Schrift angestellet, und mit Herrn Johann Christoph
Gottscheds [...] Vorrede begleitet. Berlin und Leipzig, bey Ambrosius Haude, 1742. 28 nn. Bll., 328 SS.
Mit zwei (einer mehrfach gefalt.) Tafeln in Holzschnitt.
II) Sendschreiben An des [sic] Hrn. Magister Semlers, [...] Worinnen Einige unmaßgebliche Vorschläge
gethan werden, Wie Dessen Vollständige Beschreibung des Sterns der Weisen Noch etwas vollständiger gemacht werden könnte. Ebda., 1743. 32 SS.
III) [Maupertuis, Pierre Louis Moreau]. Eines Parisischen Astronomi Sendschreiben von den
Cometen, Aus dem Frantzösischen übersetzet [von J. Heyn], Und Mit einem Brief eines Schlesischen
Freyherrn [...]. Ebda, 1744. 2 nn. Bll., 92 SS.
IV) Gesamlete Briefe von den Cometen, der Sündflut, und dem Vorspiel des jüngsten Gerichts, etc.
Worinnen er sich theils den Untersuchungen des [...] Wiedeburgs, [...] Knutzens, [...] Guttmanns, [...]
Schuberts, [...] Obbarius, und seiner übrigen gelehrten Gegner bescheiden widersetzet [...]. Ebda.,
1745. 12 nn Bll., 798 SS. Mit einer gestochenen Tafel.
V) Sendschreiben An Herrn Doctor Siegmund Jacob Baumgarten [...] worinnen [...] Jsaac Watts
Meinungen vom Schlaf der abgeschiedenen Seelen bescheiden geprüfet sind [...]. Frankfurt und
Leipzig, Auf Kosten des Autoris, 1746. 1 Bl., 181, (1) SS.
3 200,-
I) Brüning 1651; Rosenthal 3590 (& 3606); II) Brüning 1662; Houzeau-Lancaster I, 347, 198; Rosenthal
3606; III) Brüning 1683; Rosenthal 3590 (& 3606); IV) Brüning 1708 („Gesammelte“); V) Holberg,
Allgemeine Kirchenhistorie (1773) V, 454 ff.
Vorliegender Sammelband enthält die wohl wichtigsten gedruckten Schriften des Rektors der
Saldrischen Schule zu Alt Brandenburg, späteren Pastors in Netzen und Oberpredigers zu Werder bei
Potsdam, Johann Heyn (1709-1746). „Heyn hatte Gottsched um eine Vorrede für seinen „Versuch
Einer Betrachtung über die Cometen [...]“ gebeten. Gottsched sagt gern zu, und im August kann das
Werk erscheinen, beim Berliner Verleger und Aletophilen-Mitglied Ambrosius Haude [...]. Gewidmet
ist es dem preußischen König, da Heyn vom Berliner Hof Protektion für die brisante Veröffentlichung
erhält [...]. Beflügelt durch den Erfolg, traute sich Heyn mehr und mehr zu, auch in direkter Weise in
theologische Debatten einzugreifen [...]. Manteuffel und von Rosey, Heyns Protektoren, begannen sich
langsam Sorgen zu machen und vesuchten den Schulmeister zu bremsen. Es war nicht klar, wie lange
sie ihn auf seiner halsbrecherischen Fahrt ins immer Radikalere noch stützen konnten [...]. 1745 ließ
Heyn eine Sammlung von Briefen erscheinen, in denen die Themen, die er Gottsched gegenüber
angedeutet hatte, enthalten waren. Edelmann, der Heyns Entwicklung genau beobachtet hat, war
begeistert [...]. Eine der Ideen, die in diesen Briefen anklingen, ist diejenige vom Schlaf der Seele nach
dem Tode [...]“ (Muslow, Freigeister im Gottsched-Kreis. Wolffianismus, studentische Aktivitäten und
Religionskritik in Leipzig 1740-1745 S. 41 ff. (sehr ausführlich, mit weiteren Kapiteln zu Heyn, dem
„Seelenschlaf“, den Kometenschriften etc.).
Ordentliches Exemplar aus der 1992 in Berlin-Zehlendorf aufgelösten Kirchlichen Hochschule mit
entsprechenden Stempeln (auf den Titelbll. tls. gelöscht, dadurch winzige Löcher).
*Fine Sammelband with five works written (4) or translated (1) by Heyn (1709-1746) on comets (4) and on the
„sleep of the dead souls“ (1), all in first edition. The auther belonged to the circle around Gottsched.- Recent calf.
With library stamps (some erased).
Prognostiken & Prophezeiungen
(16) [Alofresant von Rhodos]. Eyn Prophecey vnd Weyssagung von den vier erben Hertzog Johansen
von Burgundi, der von dem Türcken gefange[n] des jars 1395. wie es jn jres regiments ergehen sollte
byß auf Künig Karol in Hyspanien, so nun regierender Römischer Kayser der fünfft etc. [...] durch ein
Heydnischen meyster, Astolgant genant, welcher des grossen Türcken Astronomus gewest [...].
(Nürnberg, bey Georg Wachter, 1530). 4 nn. Bll. Mit Titelholzschnitt. 4to. Pappband.
2 500,VD 16, A 1935 (nur die Expl. in Budapest und Wolfenbüttel); Index Aureliensis 103.801; Köhler,
Bibliographie der Flugschriften I/1, Nr. 83; Roloff [Hrsg.], Die Deutsche Literatur Reihe II, Abt. A, Bd. II,
219, 1.1.a.09; Ebner, Catalogus Bibl. IV, 462, 13362; vgl. Thorndike V, 313 f.
„In Form einer Prophetie gehaltene Flugschrift, die wohl nach der Wahl Karls V. zum Deutschen
Kaiser (28. Juni 1519) entstanden ist und in der Tradition der unter Maximilian I. entwickelten
politischen Publizistik zum einen die habsburgischen Hegemonie in Europa propagiert, zum andern
den territorialen Anspruch von Österreich auf das von Frankreich eroberte Herzogtum Burgund
geltend macht und dabei die Notwendigkeit eines Krieges gegen Frankreich mit der Bedrohung
Europas durch die Türken begründet [...]. Der fiktive Verfasser wird zu Beginn der Flugschrift
eingeführt. Er nennt sich Alofresant von Rhodos und bezeichnet sich als einen über hundertjährigen,
zum Christentum übergetretenen türkischen Astronomen, der sich anschickt, das künftige politische
Verhalten der vier Erben Johanns von Burgund gegenüber Frankreich im Zeitraum von 1425 bis 1540
zu prophezeien [...]. Zunächst rekapituliert Alofresant kurz die Geschichte Herzog Johanns ohne
Furcht (geb. 1371, Hzg. 1404-1419) [...]. Im folgenden weissagt Alofresant die Auseinandersetzungen,
die die Nachfolger Herzog Johanns, Philipp der Gute, der Erst Erb (Hzg. 1419-1465), Karl der Kühne,
der Ander Erb (1465-67 Regent für seinen Vater, Hzg. 1467-1477) und dessen Erbin, Maria von Burgund
(die ainige tochter, 1477 mit Maximilian von Österreich vermählt), mit Frankreich führen [...]. Die
Flugschrift von den vier Erben Herzog Johanns von Burgund erschien 1519 in Basel zunächst in
lateinischer Sprache (Pronosticon Autore M. Alofresant Sene), fand aber durch volkssprachliche Übersetzungen ins Deutsche, Niederländische und Französische bald weite Verbreitung [...]“ (Jungmayr,
DDL S. 213 f.; sehr ausführlich).
Leicht gebräunt, knapp und schief beschnitten. Erstes Bl. verso und letztes Bl. recto mit Stempel des
Londoner Verlegers Richard Bentley („RB“ im Kreis mit umlaufendem Motto: „Fide et fiducia“).
*Rare edition of a political pamphlet on the dukes of Burgundy, the Turks and the French. First published in
Latin in 1519, and later translated in several vernacular languages.- Old boards. Cut close and irregulary.
(17) Capestrano, Johann. Woldenckwürdige Weissagung vnd Propheceyung von dem jetzigen
Läufften, und sonderlich von dem noch instehenten 1619. Und nachfolgenten 1620. 1621. 1622. 1623.
Jahren. Männiglich zur Warnung und sonderlicher Nachrichtung dem alten Exemplar Nachgedruckt
in diesem 1619. Jahr. Ohne Ort und Drucker, 1619. 12 nn. Bll. 4to. Pappband.
950,VD 17, 14:002792C; Zinner 4695 (zit. nach Hohenemser, Freytag); Hohenemser 230 (abweichend
Weissagung oder Propheceyung); nicht bei Halle.
Eine von mehreren Ausgaben im Jahr des Erstdruckes, auch in den folgenden Jahren noch
nachgedruckt. Alle Ausgaben sind nur in wenigen Exemplaren nachweisbar.
Der Verfasser wird am Titel als ein „Schlesier mit Prophetischen Gaben“ bezeichnet und soll als
„weitberühmter Astronom“ seine Vorhersagen „1460. als[o] vor 159. Jahren“, (das wäre posthum!)
gemacht haben.
Johannes von Capestrano (1386-1456) studierte Rechtswissenschaft in Perugia und wurde dort 1412
königl. Statthalter. Seine Gefangennahme und Einkerkerung im Verlauf des ital. Städtekrieges (1415)
löste eine seelische Krise aus, die ihn zum Eintritt in den Franziskanerorden veranlasste. Nach seiner
Priesterweihe (1420) wurde er zu einem der bekanntesten Bußprediger seiner Zeit, trat als Inquisitor
auf und diente als päpstlicher Legat und Berater. Er predigte in Deutschland, Österreich, Böhmen,
Polen und in den Niederlanden gegen Sittenlosigkeit und Unbußfertikeit, gegen Putzsucht und
Spielleidenschaft, gegen die Hussiten und andere Ketzer, sowie – als Geißel der Hebräer – gegen die
Juden. In Bayern setzte er 1452 durch, daß die Juden das Wohnrecht und das Schutzrecht verloren
und auf diese Weise vogelfrei wurden. In Breslau ließ er 1453 Juden so lange foltern, bis sie den
Hostienfrevel zugaben und daraufhin verbrannt werden konnten. König Kasimir von Polen (14471492) erklärte auf Capestranos Drängen hin die polnischen Juden für schutzlos, was Verfolgung und
Totschlag zur Folge hatte. Nach dem Fall Konstantinopels (1453) predigte und organisierte er einen
Türkenkreuzzug, den er selbst begleitete. Es war angeblich seiner Predigt zu verdanken, daß eine
schon verloren gegebene Entscheidungsschlacht bei Belgrad (1456) noch gewonnen wurde. Im
gleichen Jahr starb er in Ilok (heute Serbien) an der Pest. „Der Vielfalt seiner Tätigkeiten bzw.
Interessen entspricht die Vielfalt seiner literarischen Tätigkeit. Es existieren aus seiner Feder
kanonistische Untersuchungen, theologische Abhandlungen und Traktate, Bußbücher, Briefe und
vieles mehr. Er gehört auch in dieser Hinsicht zu den facettenreichsten Gestalten der Kirchen - bzw.
Heiligengeschichte“ (BBKL; ohne Erwähnung der Judenverfolgung).
Titel verso mit dem sehr undeutlichen Stempel des Londoner Verlegers Richard Bentley („RB“ im
Kreis mit umlaufendem Motto: „Fide et fiducia“). Etwas gebräunt. Kurzrandig. Die beiden letzten
Blätter im Falz verstärkt.
*One of several editions of the prognostication for the years 1619 - 1623, attributed to John of Capistrano.- Some
browning, cut close.
(18) Heiden, Christian. PRactica [...] Auff das M. D. LXVII. Jar. Nach der heyligen Geburt Jhesu
Christi. Jn gutem zu trewer warnung geschrieben. Nürnberg, durch Nicolaum Knorrn, [1566]. 12 nn.
Bll. Mit fünf kleinen Titelholzschnitten. 4to. Halbleinenband.
1 600,VD 16, H 3319; Zinner *2421 („Vorhersage“); Kenney, Catalogue of rare Astronomical Books in the San
Diego State Univ. Library Nr. 82.
Einzige Ausgabe dieses Jahrganges.
Behandelt zunächst die „Regenten des Jahres“, gefolgt von einer ausführlichen Abhandlung zu einer
am 9. April zu erwartenden Sonnen- und einer für den 18. Oktober vorhergesagten Mondfinsternis.
Auch vermutet er das Erscheinen eines Kometen Ende 1566 oder Anfang 1567. Das dritte Kapitel
handelt vom „Kriegßgeschrey“, das vierte von der Witterung, weiters über Krankheiten und die
Ernte.
Die fünf, wohl jeweils von einem eigenen Stock gedruckten Titelholzschnitte zeigen die drei
„Regenten diß Jars“: Mars, Saturn und Merkur, darunter - teils verfinstert- Sonne und Mond.
Heiden (auch Heyden; 1526 - 1576), Sohn des Sebald H., hatte in Leipzig und Wittenberg studiert
bevor er Schulmeister und „Mathematicus“ am Nürnberger Gymnasium wurde. Er verfaßte
zahlreiche Kalender, astrologische Vorhersagen und andere Schriften, war aber auch als
Instrumentenmacher tätig. 1570 wurde er als Schulleiter unter Beibehaltung der Mathematikprofessur
entlassen. Damit sollte ihm ermöglicht werden, sich voll den Aufträgen von Kaiser Maximilian II.
(1527-1576) zu widmen, der bei ihm astronomische Geräte bestellt hatte. Wegen eines großen
Planetenwerkes sollte er 1576 auf Befehl des Kaisers nach Wien reisen, verstarb jedoch kurz vorher.
„Er lieferte Werke an Kaiser Maximilian II. und seinen ehemaligen Lehrer Philipp Melanchthon in
Wittenberg. Seine Instrumente sind durch ihre geschmackvolle, zurückhaltende künstlerische
Gestaltung geprägt“ (Zenkert. Faszination Sonnenuhr p. 24). Er war der erste, der ausdrücklich als
offizieller Kalenderschreiber der Stadt Nürnberg genannt wurde.
Wappenexlibris „Thorwart“. Etwas stockfleckig, die äußersten Blattränder angestaubt. Unbeschnittenes Exemplar.
*Sole edition. With five small woodcuts on the title. Some spotting and browning in margins, uncut.
(19) (Lichtenberger, Johann und Joseph Grünpeck). Trübsal Der gantzen Welt, auch Veränderung
vieler Herrschafften vnd Regimenten. Ohne Ort und Drucker, 1621. 1 Bl., 53 SS. Mit Titel- und sieben
Textholzschnitten (inkl. Wiederholunge des Titelholzschnittes) und einigen Vignetten. 4to. Rückenfalz.
850,VD 17 32:630061B; Bircher B 16888; nicht bei Hohenemser und Zinner.
Zweite Ausgabe dieser Kompilation unter diesem Titel, bereits ein Jahr zuvor in abweichender
Zusammenstellung erschienen. Die am Titelblatt verso angekündigten Prophezeiungen von Carion
und Capistranus wurden nicht mitgedruckt: Der Text endet auf Bl. G4 recto mit der Kustode
„Prophe-“, die Rückseite ist unbedruckt. Unser Exemplar entspricht somit in der Kollation den drei
weiteren bekannten (HAB Wolfenbüttel, Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar und NLB
Hannover).
Enthält einen mit sieben Holzschnitten illustrierten Auszug aus der berühmten „Practica M. Johann
Liechtenbergers, wie selbige in Anno 1549. ohne benennung des Ortes, getruckt worden“ (bis S. 46),
gefolgt von dem „Buch M. Josephs Grünpeck, Von der Reformation der Christenheit vnd der
Kirchen“. Diese Zusammenstellung erfreute sich offenbar großer Beliebtheit wie Nachdrucke bis in
die zweite Hälfte des XVII. Jahrhunderts hinein zeigen.
Titelblatt mit Resten einer kleinen Bibliotheksmarke, verso mit geschwärztem Stempel.
*Compilation of two famous prognostications, illustrated with seven woodcuts. As the three other copies known,
without the treatises by Carion an Capistran, which the title calls for. Library stamp inked out.
(20) Weise, Nikolaus. Prognosticon astrologicvm. Von dem 1572. bis auff das 1588. Jar wehrende,
Dorinnen gründlichen vnd gewis angezeiget wird, was sich in obgemelten jaren künfftig begeben vnd
zutragen werde [...]. Ohne Ort, Drucker und Jahr [um 1571]. 12 nn. Bll. Mit Titelholzschnitt.
(Beigebunden:)
J. S. Prophecey auf 50 Jar (und weitere kurze astrologische Texte). Deutsche und lateinische
Handschrift auf Papier, um 1570. 3 nn. Bll., davon 5 SS. beschrieben. 4to. Kartoniert.
2 500,VD 16, ZV 18260; Zinner *2562 (dieser Druck?); vgl. Houzeau-Lancaster 14813 (andere Ausgabe).
Eine von etwa zehn heute bekannten Ausgaben, sehr selten: nur zwei weitere Exemplare scheinen
bekannt zu sein.
Wie die bereits erwähnten zehn Ausgaben zeigen war die Schrift überaus populär: weitere Drucke
davon erschienen zusammen mit der Vorhersage des Ursinus, aber auch Übersetzungen ins Polnische
und Dänische sind bekannt (s. Houzeau-L.).
„Im 1571 [...] gedruckten „Prognosticon Astrologicum“, das sich auf die Jahre von 1572 bis 1588
bezieht, schrieb der Mathematicus Nicolaus Weyse eine vergleichsweise noch günstige Prognose für
die Jahre 1572-74. Es gehört aber zu den geradezu selbstverständlichen Bestandteilen dieser Art von
Voraussagen, daß sie trotz guter Aussichten für das Wetter und den menschlichen
Gesundheitszustand Unwetter und schlimme Krankheiten voraussagen, auf die sich die Leser
einzustellen haben. Seiner Kennnis der politischen Verhältnisse ist es zu verdanken, daß er in
Frankreich und den Niederlanden politische Unruhen kommen sieht, die sicherheitshalber auch auf
Welschland und Spanien ausgeweitet werden [...]. Ausgesprochen düstere Perspektiven eröffnen sich
dem Sterndeuter für das Jahr 1574. Ganz Mitteleuropa wird von Kriegen, Aufruhr, Raub, Mord und
Brand bedroht werden: die Ankündigung von Feldschlachten, großem Sterben und einer Pestilenz
vervollständigen das beängstigende Bild. Weyse begründet das aus der Mondfinsternis am Ende 1573.
Da Verfinsterungen als Vorzeichen gelten, treten ihre Wirkungen erst mit einiger Verspätung ein“
(Weichenhan, „Ergo perit coelum...“ Die Supernova des Jahres 1572 und die Überwindung der aristotelischen
Kosmologie S. 450).
Über den Verfasser ist offenbar wenig bekannt. Er nennt sich hier nur „Mathematicus“, aus anderen
Quellen geht hervor, daß er in Erfurt tätig war.
Von besonderem Interesse ist der künstlerisch beachtenswerte Titelholzschnitt. Er zeigt verschiedene
Szenen aus der Apokalypse wie Feuerregen, eine Reiterschaar (mit türkischer Fahne) und einen
Widder: dieser steht schon bei den Griechen für den Kriegsgott Ares, ein Jahr, das im Haus des
Widders beginnt, bedeutete im Frühjudentum ein Jahr apokalyptischer Katastrophen.
Das beigebundene Manuskript enthält zunächst eine „Prophecey auf 50 Jar“ in Reimen: „Wenn man
wird schreiben sechzig Jar// desselben wen ein ich war// zwo Sonn vertuncklung wird man sehn//
Ein sechs punckt gros, die andr zehn [...]“ (3¾ SS.), gefolgt von einem lateinischen Zweizeiler, einer
kurzen Vorhersage auf das Jahr 1560 in deutscher und einer weitern auf das Jahr 1569 in lateinischer
Sprache. Bei der „Prophecey auf 50 Jar“ handelt es sich vermutlich um die Vorrede zu einer
umfangreicheren Schrift. Wer sich hinter den Initialen „J. S.“ verbirgt konnten wir leider nicht
feststellen. Das kleine Manuskript stammt von der gleichen Schreiberhand wie die von uns im Katalog
29 unter Nr. 32 angebotene astrologische Sammelhandschrift Thurneysser´scher Texte. Laut altem
Eintrag (von Jan Kok?) handelt es sich dabei um ein Autograph Thurneyssers; laut freundlicher
Mitteilung der Staatsbibliothek zu Berlin jedoch „ist sie in seiner unmittelbaren Umgebung, wohl in
seiner Werkstatt und unter seiner Aufsicht entstanden“; sie stammt also vermutlich von einem seiner
Mitarbeiter.
Aus der Sammlung des niederländischen Pharmazeuten Jan Kok (1899-1982) mit seinem von J. Buning
entworfenen Exlibris.
*One of some ten editions, only two other copies are known. With a remarkable woodcut on the title. Bound with
an astrological manuscript (5 pages) in German rhymes and in Latin, most probably written in the workshop of
Leonhard Thurneysser.
Turcica
(21) Ain Anschlag wie man dem Türcke[n] widerstand thun mag vnd durch gantz christenhait baide
von gaistliche[n] vn[d] weltliche[n] stant geleyche bürde getrage[n] würde on beschwerniß mit
ordenung der müntz gar schön zulesen yetz new gedruckt. Ohne Ort und Drucker [Augsburg, Jörg
Nadler], 1522. 8 nn. Bll. Mit Titel- und einem Textholzschnitt. 4to. Pappband.
2 500,VD 16, D 164; Göllner 160 (jedoch die Schreibweise des Datums wie bei dem unter Nr. 161
verzeichneten Druck); Köhler I, 133; Panzer II, 121, 1577; Weller, Repertorium 1984; vgl. HammerPurgstall, Geschichte des Osmanischen Reiches X, 71, 186.
Eine von vier bei Göllner gen. Ausgaben mit dem Vermerk „yetz new gedruckt“, sehr selten. Andere
Ausgaben erschienen unter dem Titel „Das ist ein Anschlag eins Zugs wider die Türken“. Die
Zuschreibung dieser Ausgabe an den Drucker Jörg Nadler erfolgte durch Helmut Claus (Gotha).
„Der Vermerk yetz new gedruckt weist auf eine frühere Ausgabe hin. Anlaß zu diesem Anschlag war
scheinbar die Eroberung von Belgrad. Durch entsprechenden Wehrdienst der Geistlichen und
Weltlichen hoffte man Summa sumarum zu Rosz und fusz 248.000 Söldner aufstellen zu können“
(Göllner). Enthält auf Bl B2v deutsche Verse, auf B3r ein Portrait Kaiser Karls, gefolgt von einer
„Prophezeiung“ auf Kaiser Karl in lateinischer und deutscher Sprache, die angeblich im St.
Salvatorkloster in Bologna gefunden wurde. Damit gehört diese Flugschrift zu jener Gruppe, die nach
der Wahl Karls V. zum Deutschen Kaiser (28. Juni 1519) entstanden ist und die die habsburgische
Hegemonie in Europa propagiert.
Der etwas grob geschnittene Holzschnitt zeigt Karl V. im Profil nach rechts, er geht auf die
Eisenradierung Daniel Hopfers von 1517 zurück (B 80), diese wiederum auf eine Medaille von Gian
Maria Pomedello von 1516 (vg. Metzger, Daniel Hopfer S. 420). Hinzugefügt wurden die Wappen und
das seitliche Astwerk. Der ebenfalls etwas ungelenke Titelholzschnitt zeigt einen stehenden Krieger
mit Federhut, Kurzschwert und Lanze (oder Fahnenstange), rechts von ihm ein auf einem Thron mit
Baldachin (?) sitzender Regent mit einem Geldbeutel in seiner Rechten, in der unteren Ecke ein
stehendes Kind. Größere Teile des Holzstockes wurden offenbar vor dem Druck herausgeschnitten.
Vorsatz mit Zuschreibung des Druckes an Gengenbach in Basel. Teils im Falz vertärkt. Leicht fleckig,
breitrandig.
Aus dem Besitz von Richard Zoozmann (Exlibris und Kaufvermerk; vgl. Folter, Deutsche Dichter- u.
Germanistenbibliotheken S. 216) und des Graphiksammlers Gerhart Güttler (Lugt 2807b: „très bonne
qualité, d´estampes allemandes du XVe et du commencement du XVIe siecle, dont beaucoup de pièce
rares“), sowie mit zwei weiteren Besitzeinträgen am Titelblatt.
*One of four editions of a German pamphlet against the Turks. With a woodcut on the title, and a portrait of
Charles V. in woodcut in the text.
(22) Ein Christenlicher zůg, wider den Tůrcken. Hierin finde man ein new gedicht Zů einem Krieg ist
zůgericht Darin man hört wie from vnd wol Ein jeder Landtsknecht sich halten sol. Ohne Ort, Drucker
und Jahr [Mainz, Ivo Schöffer, 1532]. 13 nn. Bll. 4to. Pappband.
2 850,VD 16, C 2386; Göllner 407 („1530“) und 788 („1542“); Weller, Annalen I, 24, 110; Kertbeny 365.
Einzige Ausgabe.
Die Zuschreibung an Ivo Schöffer als Drucker und die Datierung nach dem VD 16.
Die vorliegende Flugschrift „Ein Christlicher zug, wider den Türcken“ stammt von einem anonymen
kaisertreuen Zimmermann (zumindest gibt sich der Autor als solcher aus), und wurde in der Zeit
nach der Belagerung Wiens 1529 verfaßt. Die Flugschrift selbst ist in drei Teile gegliedert. In der
Einleitung geht der Autor auf seine Motive ein, die ihn zum Verfassen des Gedichtes veranlaßt haben,
während der Hauptteil der Flugschrift das Gedicht mit dem Titel „Trummenschläger“ bildet.
Darinnen versucht der Verfasser durch das Verwenden bestimmter Namen dem Leser seine Meinung
über die notwendigen Charaktereigenschaften von Landsknechten nahe zu bringen. Der Schluß ist ein
neunstrophiges Lied. In seiner Einleitung kritisiert der Autor den religiösen und moralischen Verfall
der christlichen Gesellschaft, welcher in seinen Augen von Ungehorsam, Untreue, Völlerei, Gotteslästerung und anderen Lastern geprägt ist. Daher kommt er zu dem Schluß, daß die Türken eine von
Gott geschickte Strafe für die Verfehlungen der Christenheit sind. Um aber einen erfolgreichen Krieg
gegen die Türken zu führen, appelliert er an den Leser, nicht nur den rechten Glauben an Gott wieder
zu finden, sondern sich auch in den Dienst des Kaisers zu stellen und in den Krieg zu ziehen. In der
Hoffnung diesen Wandel herbeizuführen, sah sich der Autor veranlaßt diese Flugschrift zu verfassen
und bittet die Leser gegebenenfalls sein Gedicht zur Erreichung dieses Zieles zu verbessern. Das Lied,
daß dann den Abschluss dieser Flugschrift bildet, hat vom Autor keinen eigenen Titel erhalten, ist
jedoch an die Melodie des Liedes „Das Fräulein aus Britannien“ angelehnt. In dem Lied steht Kaiser
Karl V. im Mittelpunkt, aber auch die Landsknechte, die sich in den Dienst des Kaisers gestellt hatten,
werden von dem Autor entsprechend gewürdigt (zit. nach Almer-Gottinger, Anonymus, Ein Christenlicher// zug/ wider den// Türcken. Online: www.historicum.net).
Rücken etwas lädiert.
*Sole edition of this German poem on the war against the Turks. The anonymous auther calls himself a
carpenter. With a song in nine staves at the end.
Varia
(23) [Boeham von Neuhaus, Matthias]. Ain nutzliche, vnnd für den gemainen Man, genůgsam
gegründte vnderricht, wie sich dieser zeyt der Pestilentz halben zuhalten sey. (Augsburg, durch
Philipp Ulhart), ohne Jahr [um 1560]. 18 nn. Bll. (das letzte weiß). Mit Titelholzschnitt und
schwarzgrundiger Holzschnittvignette am Titel sowie zwei Textholzschnitten. 4to. Pappband mit
Inkunabelpapierbezug.
2 800,Vgl. VD 16 B 6302 & ZV 2179, Arnold, Augsburger medizinische und naturwissenschaftliche Drucke [...] in
der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (in: Brüning-Niewöhner, Augsburg in der Frühen Neuzeit) S. 93,
Nr. 18 und Wellcome I, 926 (andere Ausgaben); nicht bei Durling, Waller, Hirsch, Haeser etc.
Wohl fünfte Ausgabe, von den früheren Drucken sind jedoch keine Exemplare im KVK genannt.
Herausgegeben und mit einer Vorrede des Arztes und Astronomen Johann Vogt d.J. sowie einer
weiteren Vorrede des Paracelsus-Schülers und Freundes Wolfgang Thalhauser versehen, der nach
eigener Angabe den Text um ein Drittel erweiterte. Die Vorrede Vogts ist offenbar den beiden im VD
16 gen. Ausgaben nicht beigedruckt. Darinnen erwähnt er auch eine hier nicht vorhandene, nur einem
der drei Wolfenbütteler Exemplare beigebundene Tafel mit einem Text seines Vaters. Der Erstdruck
der vorliegenden Abhandlung dürfte lt. der Vorrede in den 1530er Jahren erschienen sein: „[...] der
maist inhalt dises Biechleins, vnnd dero zway Bilder, seind vor vier mal in Truck verordnet worden
[...]. von meinem Herr Vatter zway mal, zum ersten vor dreysig jaren zů Straßburg, vor etich vñ
zwaintzig jaren zů Augspurg nach dem Schmalkaldischen Krieg gebessert, vnd wider zůTrucken
verordnet durch D.W. Talhauser [...]“.
Behandelt zunächst die Diagnose und die Arten des Fiebers, die Prävention und die Diagnose der
Pest, gefolgt vom zweiteligen Schlußkapitel: „An welchen orten die Apostemata herauß brechen, vnd
wie man ain yedes Curieren sol“, illustriert mit zwei großen Textholzschnitten. Diese zeigen einen
männlichen Körper in Vorder- und Rückenansicht mit alphabetischen Markierungen der jeweiligen
Stellen. Eine verkleinerte Wiederholung dieser Holzschnitte findet sich am Titelblatt.
Über den Verfasser scheint wenig bekannt zu sein. Neben dem vorliegenden Pestregiment ist lediglich
eine weiter Schrift astronomischen Ihnaltes („Canones astrolabii...“) von ihm nachweisbar. In dieser
nennt er „Nova Domus“ (Neuhaus) als seinen Herkunftsort. Da es jedoch zahlreiche Ortschaften
dieses Namens gibt, ist eine nähere Eingrenzung nicht möglich. Vermutlich lebte er um 1530 in
Wittenberg, wo die erwähnte astronomische Abhandlung - und laut Vorrede Thalhausers - der
Erstdruck unserer Schrift erschien. Thalhauser bezeichnet ihn als „Hochgeleert[en] Doctor“, mit
„vielfätiger erfarung“; vermutlich war er in Wittenberg als Arzt tätig. Er scheint eine für seine Zeit
aufgeschloßene Haltung eingenommen zu haben: so z. B. steht er dem Einfluß der Planeten auf den
Ausbruch der Pest kritisch gegenüber und will das Thema nicht näher kommentieren, auch die
Verwendung von Essig - in der galenischen Medizin mit Skepsis betrachtet - ist ihm geläufig: „Die
speiß soll vil mit Essig zůgericht werden, dann der Essig ist dem gifft zuwider, vnd bringt lust
zuessen“ (Bl. C3v).
Leicht stockfleckig. Mit Marginalien und Unterstreichungen von alter Hand.
*Fifth (?) edition of this rare treatise on the plague, illustrated with a woodut on the title and two in the text.
With forewords by Johann Vogt and Wolfgang Thalhauser, a disciple of Paracelsus.- Without a folding plate,
recorded in one copy only.- Some notes and underlinings by early hands.
(24) Ernst, Herzog von Bayern. Münzverruf, betreffend das Verbot des „Seeländischen Gulden“ und
des „Neuen Schwollischen Pfenning“. [Incipit:] „Von Gottes Gnaden Wir Ernst Ertzbischoff zu Cölln
[...].“ Ein Blatt, einseitig bedruckt. Mit papiergedecktem Siegel und einem montierten Münzholzschnitt. Münster, 21. Juli 1603. Quer-Folio (350 x 386 mm).
520,Nicht im VD 17.
Münzverruf betreffend das Verwendungs- und Einfuhrverbot zweier Münzsorten: „den
Seeländischen güldener aber sampt den newen Schwollischen Pfenning, gantz und gar für keine
werthschafft annehmen oder außgeben, auch in unserm Stifft und Gebiet nit einführen [...]“.
Mit Holzschnitt der beiden Münzsorten (jeweils Avers und Revers) auf einem aufkaschierten
Papierstreifen, darunter die Kanzleiunterschrift (G. Orthoff ?).
Ernst, Herzog von Bayern (1554- 612), war Erzbischof und Kurfürst von Köln, Bischof von Freisingen,
Hildesheim, Lüttich und ab 1584 auch Bischof von Münster. Insbesondere im kurrheinischen und im
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis wurden weite Teile von ihm beherrscht. Wenn auch nicht
ausgeführt, plante er sogar eine engere Verbindung der einzelnen Territorien miteinander. Man
bezeichnete ihn daher auch als die Schutzmacht des Katholizismus im Nordwesten des Reiches.
Innenpolitisch versuchte er im Sinne des Absolutismus den Einfluß der Landstände zurückzudrängen. Im Jahr 1595 erließ er für die rheinischen und westfälischen Besitzungen eine umfassende
Polizeiordnung, aber auch eine Medizinalordnung als Folge einer Pestepidemie wurde 1606 erlassen.
Gefaltet.
*Edict by Ernst, Duke of Bavaria, concerning the ban of two sorts of coins in Muenster in Westphalia. Broadside
with woodcuts on a mounted paper slip. With a paper-covered seal and the signature of a minister.
(25) Franckenberg, Abraham von [Pseudo- (?)]. Nosce teipsum. Das ist: Gründliche Durchsuchung
und eigentliche Nachforschung, wie der Mensch sich in scharfer anatomischer Betrachtung seiner
selbst, als das edelste und nach dem Ebenbild GOttes erschaffenes Geschöpffe, sich selbst erkennen
lernen solle und müsse, und wie er sich in dreyerley Stande wol zu prüfen habe. Frankfurt/M., Bey
Jacob Gottfried Seyler, 1675. 140 SS. Mit einem Faltkupfer. 8vo. Pappband d. Zt.
2 800,.
VD 17, 14:699198P (nur ein Expl. in Dresden); Dünnhaupt(2) III, 1575, F 5 (mit weiterer Literatur);
Bruckner, Abraham von Franckenberg. A bibliographical catalogue 52, A 64 (ebenso).
Erste Ausgabe, selten: Dünnhaupt und Bruckner nennen zusammen nur sieben Bibliotheksexpl., dazu
kommen die Exemplare in Dresden und in Erlangen/Nürnberg.
Die Verfasserschaft ist nicht eindeutig: Peuckert (426; 2378), Schrade und Dünnhaupt bezweifeln die
Echtheit, Poscharsky, Schöne und das VD 17 schreiben die Schrift Franckenberg zu.
Franckenberg (1593 - 1652), ein stark durch Böhmes Aurora oder die Morgenröthe beeinflußter Mystiker,
war in Deutschland mit Druckverboten belegt, er veröffentlichte teils unter Pseudonym, zum Teil
kamen seine Schriften - wie die vorliegende, aber auch die von Paracelsus beeinflusste Medicina Dei,
(Amsterdam 1670) und Raphael oder Arztengel - posthum unter die Presse. Es bildete sich unter seiner
Führung ein Freundeskreis der Mystiker und Rosenkreuzer, der sich entweder bei ihm in
Ludwigsdorf oder bei einem anderen Gönner des Jakob Böhme, dem Herrn der Schweinhausburg,
Johann Sigismund von Schweinichen (1590–1664) versammelte. Er gehörte dem schlesischen
Mystikerkreis an, zu dem auch Angelus Silesius zählt. Wie auf dem Grabstein Schweinichens steht,
hat er „im Manlichen Alter alle weltliche Gesellschaft verlassen und für sich in einsahmen Betrachtungen der
Geheimnissen Gottes und der Natur die größte Zeit seines Lebens zugebracht“, was man von allen
Mitgliedern des Franckenberg-Kreises sagen kann.
Einband stark berieben. Buchblock gering gebräunt, Faltkupfer etwas fkeckig und mit kurzem Einriß.
Gutes Exemplar.
*First edition, published posthumously. Mystical treatise, the authorship is uncertain. Franckenberg (1593 1652), a Silesian nobleman, was a German mystic, poet and hymn-writer, influenced by Jacob Boehme. His
works show ideas drawn from many sources: from the Kabbalah, Paracelsian alchemy, medieval mysticism, the
medieval 'heretics' of the Reformation, Spanish sixteenth-century Quietism, Lutheran mysticism and
Pansophism.- Contemporary boards, worn. sSome browning, but a very fine copy with the enraved folding plate.
Mit einem ripuarischen Sterbegebet
(26) Jacobus Magdalius von Gouda. ORationes saluberrime sup[ro] infirmos [et] agonizantes dicende
a fratre Magdalio Jacobo Gaudensi ex vtroq[ue] [et] testamento [et] alijs sacre scripture [...] in hũc
tractatulũ [con]geste. (Köln, in domo Quentell, Juni 1515). 10 nn. Bll. [a6, b4]. Mit großem Titelholzschnitt, einer figürl. Initiale in Holzschnitt am Titel und zahlreichen Lombarden im Text. 4to. Lederband.
1 800,VD 16, J 132.
Einzige Ausgabe, selten: nur ca. 14 weitere Exemplare via KVK nachweisbar.
Sammlung von Kranken- und Sterbegebeten des Dominikaners Magdalius, vorwiegend aus dem
Alten Testament, aber auch nach Walter von Castellion, Peter Damian etc. Enthält auch ein von
Magdalius selbst verfasstes ripuarisches Gebet (Bl. b3): „Myn leuē neckt tzom ende. de doet kompt
mit gewalt. och wair hen ich mich wēde onrast myr oueralt [...]“.
Jacobus Magdalius von Gouda (um 1470 in Gouda - vor 1520 in Köln), nimmt eine hervorragende
Stellung unter seinen Zeitgenossen ein und gehört zu den bedeutenden Gelehrten seiner Zeit. Nicht
nur die Sprachbeherrschung, sondern auch der kundige und bibelkritische Umgang mit der Heiligen
Schrift prägten seinen Ruf. Als Angehöriger des Predigerordens wurde er 1490 Baccalaureus an der
Kölner Artistenfakultät.
Der Titelholzschnitt zeigt die Grablegung Christi.
Winziges Wurmloch im breiten weißen Rand. Bindung etwas gelockert. Alte hs. Paginierung, hs. Nr.
am Titel. Einband und Vorsätze unfrisch.
*Rare collection of prayers for the infirm and the dying from biblical (usually Old Testament) and patristic
sources, there are rhyming works by Walter of Castellion, Peter Damian, an unknown author, and Magdalius
himself (in Latin and German). Magdalius was a Dominican monk. With a fine title-woodcut. Beside the
somewhat worn recent calf binding, a fine copy.
Leibarzt der Habsburger
(27) Mattioli, Pietro Andrea. Opvscvlvm, de Simplicium medicamentorum facultatibus secundum
locos, & genera. Venedig, Apud Vincentinum Valgrisium, 1569. 328 gez., 2 nn. Bll. Mit Druckermarke
auf Titel und letztem Bl. sowie sechs nahezu ganzseitigen Textholzschnitten. 12mo. Pergamentband d.
Zt.
1 800,EDIT16, CNCE 39014; Durling 3030; Pritzel 5981; Wellcome I, 4156; Hirsch IV, 168.
Erste Ausgabe, 1571 in Lyon erneut gedruckt.
Auf Dioskorides basierende pharmazeutische Schrift über Herstellung und Gebrauch einzelner
Arzneien, nach den Teilen des Leibes und deren Gebrechen geordnet.
Mattioli, 1501 in Siena geboren, war nach Studien in Padu und Perugia in Rom als Arzt tätig. Er
arbeitete danach als praktischer Arzt in Valle Anania bei Trient, ab 1539 in Görz. Von dort berief ihn
der römisch-deutsche König und spätere Kaiser Ferdinand I. 1554 oder 1555 nach Prag und ernannte
ihn zum Leibarzt seines Sohnes Erzherzog Ferdinand II. Mattioli stand am Hof in hohem Ansehen
und wurde 1562 in den Adelsstand erhoben und zum Hofrat ernannt. Als nach dem Tod des Kaisers
1564 Maximilian II. dessen Nachfolge antrat, ließ dieser sich Mattioli von seinem Bruder als Leibarzt
abtreten. 1568 reichte Mattioli seinen Abschied ein und kehrte nach Italien zurück, wo er 1577 in
Trient einer Pestepidemie erlag. Mattioli war nicht nur Verfasser fachmedizinischer Schriften, sondern
ein Vertreter des volkssprachlichen Renaissance-Humanismus, der durch die Übersetzung wissenschaftlicher Werke aus dem Griechischen und Lateinischen gelehrtes Wissen in seiner Muttersprache
popularisierte und dadurch zugleich deren Vokabular und wissenschaftliche Ausdrucksmöglichkeiten erweiterte. Als Übersetzer war er beteiligt an Jacopo Gastaldos Ausgabe der Geographie des Ptolemäus (1547/48), erfolgreich war er jedoch vor allem als Übersetzer und Kommentator der Materia medica des Dioscurides. 1544 veröffentlichte er seine italienische Übersetzung der
Materia medica auf der Grundlage der lateinischen Übersetzung von Jean Ruel (1516), mit einem
umfangreichen eigenen, ebenfalls italienischsprachigen Kommentar.- „Er bemühte sich vor allem um
eine wissenschaftl. Renaissance der alten Klassiker. Durch seine Arbeit wurden alle früheren Werke
für die Wissenschaftler überflüssig und als überlebt beiseite gelegt". (Heilmann).
Die nahezu ganzseitigen Holzschnitte zeigen Destillieröfen.
Titel mit zwei alten hs. Einträgen sowie kleiner Inventarnummer im oberen Rand. Letzte Blätter mit
winzigem Wurmloch im Bug. Titel und letztes Blatt etwas stärker gebräunt. Sonst nur stellenweise
sehr schwach gebräunt und ganz vereinzelt minimal fleckig. Spiegel und Vorsatz alt gestempelt. Sehr
schönes Exemplar.
*First edition of a pharmacological work by the Italian MD and naturalist. Illustrated with six very fine
woodcuts of distillation-furnaces.- Contemporary vellum. Early ownership inscriptions and -marks on flyleaf
and title, else a very fine copy.
Mit einem Selbstportrait des Illuminators?
(28) [Missale]. Prachtvoll illuminiertes Einzelblatt mit Gebeten zum Fest Purificatio Mariae (Mariä
Lichtmess) aus einem großformatigen Missale. Lateinische Handschrift in roter und brauner Tinte auf
Pergament. Frankreich (Savoyen? oder Elsass?), um 1450. 2 Spalten, 21 Zeilen. Schriftspiegel ca. 180 x
140 mm. Recto mit 5zeiliger szenischer Initiale in Gold und Farben, drei kleineren Goldinitialen,
Mittelsteg und Drollerien in Gold und Farben sowie Blattranken. Verso zwei weitere zweizeilige
Goldinitialen und Blattwerk sowie die kleine Sepiazeichnung eines Männerkopfes mit Spruchband
(Selbstportrait des Illuminators?). Folio. Blattgröße ca. 314 x 220 mm.
6 250,Zu Schwesterblättern siehe „Les Enluminures“, Cat. 3, Nr. 23-24 und Cat. 5, Nr. 17 a & b (mit Abb.).
Vorliegendes Blatt enthält Gebete zum Fest Mariä Lichtmess. Die „Darstellung des Herrn“ oder Mariä
Lichtmess (früher auch: Mariä Reinigung, Purificatio Mariae) ist der vierzigste Tag nach Weihnachten.
Das kirchliche Fest entstand im 4. Jahrhundert in Jerusalem als genuin christliches Nebenfest von
Christi Geburt, und wurde im 5. Jahrhundert durch eine Lichterprozession angereichert. Das
Festdatum war anfangs der 14. Februar (berechnet vom 6. Januar ab), ab dem 6. Jahrhundert der 2.
Februar (berechnet vom 25. Dezember). Mit der Darstellung des Herrn im Tempel von Jerusalem
feierte man zugleich den ersten Besuch Jesu Christi in der Heiligen Stadt.
Die ca. 42 x 42 mm große Initiale „S“ (Suscepimus Deus misericordiam...) zeigt Maria und den Priester
Simeon im Tempel, der das auf einem Altar stehende Kind als kommenden Messias in Empfang
nimmt. Ober- und unterhalb des Schriftspiegels reiches Ranken- und Blattwerk, mit floralen
Elementen durchsetzt. Im oberen Teil die Darstellung eines Vogelmenschen mit Hut, von rotem und
blauem Zierakanthus umrahmt. Im unteren Feld beobachtet ein Marder einen oberhalb von ihm
sitzenden Vogel. Auf der Rückseite unterhalb des Textes befindet sich eine in brauner Feder
ausgeführte Portraitzeichnung eines Mannes mit Kopfbedeckung, Bart und schulterlangem Haar,
daneben ein Spruchband mit den Worten „nomen tuum dñe“ (ca. 35 x 48 mm). Es ist reizvoll darüber
zu spekulieren, ob sich hier vielleicht der Illuminator der Handschrift selbst dargestellt hat.
Die Lokalisierung der Handschrift ist nicht ganz eindeutig. „Les Enluminures“ boten in ihren
Catalogue 5 unter der Nr. 17a ein Schwesterblatt mit dem Wappen der 1131 von Reinold von
Luxembourg gegründeten Zisterzienserabtei in Neubourg bei Hagenau (Diöz. Strasbourg) an und
vermuteten eine lokale Entstehung. Sie sahen in den Bordüren Verwandtschaften zu Mittelrheinischen
Spielkarten und Illuminationen von Handschriften und Inkunabeln, „including the famous Gutenberg
Bible“. Laut freundl. Mitteilung des bedeutenden Handschriftenexperten Dr. François Avril (Département des Manuscrits de la Bibliothèque nationale de France) ist hingegen Savoyen als Entstehungsort
anzunehmen.
Minimal berieben. Im oberen Rand Spuren von alter Montage (Bräunung), in den Rändern teils gering
nachgedunkelt. Minimale Randläsur ohne Bild- oder Textberührung.
Provenienz: Zisterzienserabtei Neubourg bei Hagenau (Elsass); Züricher Privatsammlung.
*Finely illuminated leaf in very fine condition from a large Missal, either written near Haguenau/Strasbourg or
in Savoy, c. 1450. The present leaf with prayers for the Feast of the Presentation of Jesus at the Temple.
The miniature (c 42 x 42 mm) shows the presentation of Jesus at the temple. With rich border decoration in
colours and gold, including a hooded grotesque, animals and flowers. On the reverse a small portrait drawing of
a bearded man with cap and a banderole with the words „nomen tuum dñe“. It would be nice to consider, if this
is a self-portrait of our illuminator.
A sister leaf bears the coat of arms of the Cistercian Abbey of Neubourg near Haguenau in the diocese of
Strasbourg. „The Rhenish style of the miniatures, [...] certain liturgical peculiarities, and the use of the
>punctus flexus< system of punctuation characteristic of Cistercian manuscripts, support this provenance [...].
The lively border decoration - including a hooded grotesque [...] - should be compared with the motifs that
circulated widely, especially in the area of the Middle Rhine in printed playing cards and which adorn many
Rhenish manuscripts and incunables, including the famous Gutenberg Bible“ (Les Enluminures Cat. 5, lot 17).Traces of mounting in upper margin.
Das vollständigste bekannte Exemplar
(29) Neudörffer, Anton und Johann Neudörffer d. J. Schreibkunst. Zwei Teile und Appendix in
einem Band. Nürnberg 1601-1631. 4to. Alter roter Halbpergamentband mit Vollgoldschnitt.
I) Schreibkunst. Das erste Theil. Inn Welchem die künstliche Außtheilung des gantzen Kils,
Temperierung un[d] Proportionierung desselben, auch wie man die Feder recht fassen sol [...]
klerlichst angezeigt und angewisen das ein anfangender gar leichtlich daraus schreiben lernen kan [...]
Durch Antonium Newdörffer, Rechenmaister vnd Modist der Statt Nürnberg. (Nürnberg, durch
Paulum Kauffmann, 1601). 46 nn. Bll. (inkl. Kupfertitel von Heinrich Ulrich). Mit zwei mehrfach
gefalteten Kupfertafeln sowie zahlreichen Holzschnitten und Schriftproben im Text..
II) Vermehrter Anderer Theil Antonij Neudörffers seligen Schreibkunst: DArinnen nicht allein die
siebzehnerley in Holz geschnittene schöne Teutsche Versal-Alphabet [...] sondern auch im neuen
Appendice vielerley außerlesene, in Silber vnd Kupffer gestochene, Hand: Current: Copier: Zier: vnd
andere Schrifften [...]. Alles auß Newdörfferischer alter vnd newer Schul zusammen gebracht [...]
Durch Johann Newdörffer den Jüngern [...]. (Kupfertitel: Das ander Theil der Schreibkunst. Begreifft
in sich [...]). (Nürnberg, Von den Newdörffern verlegt, Und durch Simon Halbmayern gedruckt, 1631).
60 nn. Bll. (inkl. Kupfertitel (von H[einrich] U[lrich]), die beiden „Faltblätter“ hier als Doppelbll.
eingebunden) davon 56 Bll. mit Alphabeten in Holzschnitt und Kupferstich.
III) Appendix Oder Kurtzer begriff ettlicher schonen Hand vnd anderer Schrifften zu der
Neudörfferischen Schreibkunst gehörig [...] Durch Johann Newdörffern den Jüngern, deß ersten
Johann Newdörffers Rechenmaisters zu Nürmberg seel: UhrEniglein. (Nürnberg, Von den
Neudörffern verlegt: gestochen aber zum theil vnd gantz getruckt Durch Johann Pfann Kupferstecher,
1631). 32 nn. Bll. [von 33] mit 34 Kupfern (inkl. gest. Titel (Joh. Pfann sculpsit) und gest.
Druckvermerk).
16 500,VD 17, 75:705751X (= Tl. I: 75:705752E; Tl. II: 75:705754V; App.: 75:706055U); Doede 51, 1-3; Henning,
Magazin der Schreibkunst Erster Jg. (1821), 63 f.; Katalog der Ornamentstichsammlung Berlin 4813 (nur
Teile I & II); Sammlung Dr. Ernst Hauswedell (Hauswedell & Nolte, Auktionskatalog 252) Nr. 223
(unvollständig); Doede, Schön schreiben, eine Kunst. Johann Neudörffer und seine Schule im 16. und 17.
Jahrhundert (passim).
„Sehr seltene von Johann Neudörffer dem Urenkel herausgegebene erweiterte Ausgabe der
Schreibkunst Anton Neudörffers, die 1601 erschien“ (Hauswedell).
„Anton Neudörffer wurde nach dem frühen Tode seines Vaters Johann N. d. J. durch Anton Strobl in
der Schreibkunst unterrichtet und wurde ebenfalls Modist (Schreibkünstler) und Rechenmeister. Er
gab 1601 „dero wegen es nicht das Ansehen haben möchte, als ob der Neudörffer´sche Namen ganz
und gar erloschen und erstorben wäre“ ein Werk über die Schreibkunst in zwei Theilen heraus, deren
erster zwei Tractate seines Großvaters und deren zweiter mit schönen Ornamenten geschmückt, 29
deutsche Versalphabete (in Holzschnitt) enthält [...]. Sein Sohn Johann ließ die Werke seines Vaters
mit einem Anhange versehen, im J. 1631 und später noch zweimal in neuen Auflagen erscheinen“ (R.
Bergau in: ADB XXIII, 484. Diese „neuen Auflagen“ sind jedoch nicht nachweisbar, Anm.).
Enthält im ersten Teil die beiden Faltkupfer von 1544 mit der korrekten Stellung der Hand beim
Schreiben und der Zurichtung der Feder. Der zweite Teil (1601) behandelt Versalien in reichster
barocker Ausstattung, der Appendix enthält Kupfer von Joh. Neudörffer d. Ä., darunter drei mit
Datierungen zwischen 1538 und 1540. Somit gibt dieser Band eine hervorragende Übersicht über die
Entwicklung der Schreibkunst von der Renaissance zum Barock, anhand von Beispielen aus der
bedeutendsten Schreibmeisterfamilie aller Zeiten.
Es fehlt eine der nn. Tafeln im Appendix, die beiden Faltblätter des zweiten Teils sind hier als
Doppelblätter eingebunden; sonst stimmt unser Exemplar mit der bei Doede genannten Kollation
überein. Im Vergleich mit allen von ihm gelisteten Exemplaren handelt es sich hier um das bei weitem
vollständigste.
Einband restauriert. Der erste Teil durchgehend in der oberen Ecke wasserrandig, sonst nur vereinzelt
schwache Nässespuren. Die Falttafeln mit fachmännisch restaurierten Einrissen. Die letzten Bll. des
„Appendix“ mit winzigem Wurmloch. Nur vereinzelt unbedeutend gebräunt. Im Ganzen sehr
schönes Exemplar.
*The most complete known copy (cf. Doede) of this rare work on callygraphy, lacking only one plate in the
„Appendix“. With numerous etchings and woodcuts, illustrating the developement of the art of writing in
Renaissance and Baroque by members of the Neuddoerffer family at Nuremberg.- Old half vellum binding.
restored. Gilt foredges. Folded plate with repaired tear. Some waterstains (stronger in the first part).
Bayern und der Papst
(30) Neunhauser, Johannes. Oratio ad Innocentium VIII. [Rom, Stephan Plannck, nach Juni 1485]. Got.
Typen, 34 Zeilen, 2 nn. Bll. 4to. Halbpergamentband des frühen XX. Jahrhunderts.
3 800,GW M25995; ISTC in00016000; Hain 11696; Goff N-16 (2 Exemplare); BSB-Ink. N-28; BMC IV, 86.
Erste Ausgabe, gefolgt von einem undatierten Druck mit 33 Zeilen (Hain 11697). Selten: nur 21 weitere
Exemplare werden im ISTC bzw. GW genannt, vier davon in deutschen Bibliotheken.
Wichtiges Dokument zur bayerischen Geschichte. Neunhauser (Neuhauser) wurde 1473 Domdechant
in Regensburg; später unterzeichnete er als „Decretorum Doctor“ (1485) und „Doctor beider Rechte“
(1495, 1500). Als herzogl. Rat verhandelte er 1473 erstmals im Auftrag Herzog Albrechts IV. v. Bayern
an der römischen Kurie. Mehrere Gesandtschaften führten ihn nach Rom, u. a. 1485 zur „Obedienz“
gegen den neuen Papst Innozenz VIII., wobei er die vorliegende Rede hielt. Seit 1487 ist Neunhauser
als Dechant der Pfarrei St. Peter in München nachgewiesen (resigniert 1501); im selben Jahr konnte er
nach langen Auseinandersetzungen eine Domherrnstelle in Freising einnehmen (resigniert 1492). 1488
übernahm er das Amt des Kanzlers im Teilherzogtum Bayern-München (Oberbayern) und wurde
nach der Wiedervereinigung 1505 der erste Kanzler des Gesamtherzogtums (bis 1514). Eine
wesentliche Rolle spielte Neunhauser auch in Herzog Albrechts Regensburg-Politik seit 1485 sowie
bei der Gründung des Kollegiatstiftes an der Münchener Frauenkirche (1494), dessen erster Propst er
wurde und dessen Statuten er verfaßte. Für Herzog Ludwig X. übernahm er 1495 die Patenschaft; 1508
trat er in die Vormundschaftsregierung Herzog Wilhelms IV. ein, als dessen Kanzler er 1514/15
amtierte. 1515 wurde er des Landesverrats bezichtigt und inhaftiert, er starb am 26. Januar 1516 in
München.
Innozenz VIII. (1432 Genua - 1492 Rom), eigentlich Giovanni Battista Cibo, war Papst vom 29. August
1484 bis 25. Juli 1492. Er sicherte sich seine Wahl durch die Bestechung der Kardinäle in der Nacht vor
der Entscheidung. Bekannt wurde Cibo vor allem durch die Förderung von Inquisition und
Hexenverfolgung. Er hinterließ zahlreiche Kinder, die er bestens versorgte: Octo nocens pueros genuit,
totidemque puellas; hunc merito poterit dicere Roma patrem („Acht Buben zeugte er unnütz, genauso viele
Mädchen, wegen dieser Verdienste könnte er der Vater Roms genannt werden“).
Der Drucker Stefan Plannck (Planck) war Magister und Kleriker der Diözese Passau und begann
1479/80 seine Druckertätigkei in Rom. „In seiner über zwanzigjährigen Wirksamkeit (sein letzter
datierter Druck ist vom 22. Juli 1500) brachte er etwa 300 Drucke heraus [...]. Die größere Masse dieser
Drucke besteht allerdings aus Erzeugnissen von wenigen Blättern: Ansprachen von Gesandten, die
am päpstlichen Hofe gehalten wurden, Predigten, Festreden [...]“ (Geldner, Die deutschen Inkunabeldrucker II, 52 f.).
Im Falz etwas fleckig, sonst schönes Exemplar.
*Editio princeps, rare: 21 other copies are recorded (two in the USA). Gothic letters, 34 ll., 2 leaves.- Oration of
the Bavarian councillor and clergyman Neunhauser to pope Innocent VIII. - Early 20th cent. half vellum. Some
stains in margins, otherwise fine.
(30)
(31) Oppianus [Anazarbensis]. Oppiani poetae alievticon, sive de piscibus, Libri quinq[ue] è graeco
traducti ad Antonium Imperatorem [...] authore Laurentio Lippio Collensi, interprete librorum
quinq[ue] Oppiani. C. Plinii Secvndi natvralis historiae libri duo, [...] de naturis piscipium, in altero
uero de medicinis ex aquatilibus siue piscibus. Pavli item Iovii de piscibvs liber unus [...] Iohannes
Caesarius [...] castigauit, [...] & scholijs passim explanauit. Drei Teile in einem Band. Straßburg,
excvdebat Iacobus Cammerlander, Februar 1534. 4 nn., 152 gez. Bll. Mit Druckermarke in Holzschnitt
am letzten Bl. und einigen Initialen in Holzschnitt. 4to. Pergamentband um 1900 im Stil d. Zt. („Bound
by D. V. Brady“).
1 600,VD 16, O 803; Muller II, 348, 25; Benzing, Cammerlander 85; Westwood-Satchell, Bibliotheca piscatoria 1.
Erste von dem deutschen Humanisten Johannes Caesarius (um 1468 - 1550) besorgte Ausgabe des
ersten (erstmals 1478) gedruckten Buches über Fische, in der Übersetzung von Lippi und mit dessen
Zusätzen wie z. B. Rezepten etc. Beigedruckt sind die inhaltlich verwandten Schriften von Plinius
Secundus (61/62 - 113/115) und Paolo Giovio (1483 - 1552).
Das ca. 3500 Zeilen umfassende Gedicht Halieutica entstand während Oppians Aufenthalt auf Malta,
wohin seine Vater verbannt wurde. Nach dem Tod des Verus (169) kehrte er nach Rom zurück, wo er
Kaiser Marc Aurel das Werk übereignete. Angeblich entlohnte ihn dieser mit einem Goldstück für
jede Zeile und begnadigte seinen Vater. Kurz darauf jedoch verstarb Oppian, kaum 30 Jahre alt, an der
Pest. Seine Zeitgenossen errichteten ihm eine Statue mit einer noch heute vorhandenen Laudatio auf
ihn. Er ist nicht zu verwechseln mit dem Oppianus von Apamea, der um 211 ein Lehrgedicht über die
Jagd (Cynegetica) schrieb; beide Gedichte wurden - ohne Unterscheidung der Verfasser - mehrfach
zusammen veröffentlicht.
Einband etwas angestaubt. Leicht gebräunt bzw. minimal fleckig.
*Oppian's poem on fishing was the first book on the subject to be printed (in 1478). It contains most of the
ichthyological knowledge of the early Christian era, describes methods for catching fish and the translator Lippi
adds recipes for cooking, distichs on animals, fruit, minerals, precious stones, etc. To this Strassburg edition are
added two chapters on fishes from Pliny's Natural History, and a work on the subject by Jovius.- Later vellum.
Some browning, else a fine copy.
(32) Orzechowski, Stanislaw. Chimaera: sive de Stancari fvnesta regno Poloniae secta. Attendite à
falsis Prophetis: qui ueniunt ad uestiu ouium: intus autem sunt lupis rapaces. Ohne Ort und Drucker
[Krakau, Lazarz Andrysowicz (?)], 1562. 8 nn., 104 gez., 6 (inkl. 1 weißes) nn. Bll. Mit Holzschnittvignette am Titel, einer gefalteten allegorischen Tafel in Holzschnitt und einem ganzseitigen
Wappenholzschnitt. 4to. Halblederband des XVIII. Jahrhunderts.
8 250,Estreicher XXIII, 446 f.; Ders., Bibl. Polska XV.-XVI. Stólecia 43 („Crac. Laz.“); Wierzbowski, Bibliographia Polonica XV. et XVI. saeculi I, 229; Sosnowski - Kurtzmann, Catalog der Raczynskischen Bibliothek
in Posen III, 251 („Lazarus“); BBKL VI, 1294 ff.; Vgl.: S. Kubala, Orzechowski i wplyw jego na rzecrpospolita
wobec reformacyi 16 wieku und: Ders., Stanislaw Orzechowski a wplyw jego na rozwoj i upadek Reformacyi w
Polsce.
Erste Ausgabe der Schrift gegen Francesco Stancaro und die Ketzerei im Königreich Polen, bereits ein
Jahr später in Köln nachgedruckt. Selten: nur sechs weitere Exemplare (München, LudwigMaximilians-Universität; Regensburg, Staatl. Bibl.; Moskau, Russ. Staatsbibl. und London, British
Library) sowie je ein weiteres ohne die Falttafel in New York, Public Library und Cambridge, Harvard
University (HOLLIS 006380754) sind im KVK gelistet; dazu kommt eine nicht genau bestimmbare
Anzahl in polnischen Bibliotheken.
Orzechowski, (1513 in Orzechowice bei Przemyśl - 1566) war politischer Schriftsteller und Polemiker.
Er betonte seine Herkunft aus dem damals polnischen Teils Rutheniens durch den Namenszusatz
„Roxolani“. Er absolvierte seine Studien in Krakau, Wien, Wittenberg, Bologna und Padova. Nach
seiner Rückkehr nach Polen im Jahre 1543 wurde er unrechtmäßig zum Priester geweiht. Er
polemisierte seit 1548 gegen den Zölibat, drei Jahre darauf heiratete er Magdalena Chelmska und
wurde von seinem Bischof infolgedessen exkommuniziert und zur Verbannung aus der Diözese
verurteilt. Seine Appelle an die Universität zu Krakau, den polnischen Sejm und Papst Julius III.
blieben vergeblich. In Streitschriften trat er für die Vorrechte der Szlachta ein, für eine Vereinigung
mit den orthodoxen Kirchen und gegen das Papsttum. Nach der Warschauer Synode 1559 bekannte er
sich wieder zur röm.-kath. Kirche und wurde zum Gegner der Reformatoren; er propagierte in Wort
und Schrift eine Erneuerung der röm.-kath. Kirche und unterwarf seine Reformschriften dem Urteil
des Konzils von Trient. „Verlassen von allen, starb er unausgesöhnt mit der Kirche“ (LThK VII, 793).
Der hier angegriffene italienische Theologe und Reformator Francesco Stancaro (um 1501 in Mantua 1574 in Stopnica/Polen) kam 1544 nach Wien, später nach Basel, wo er eine hebräische Grammatik
herausgab (1547). 1548 gelangte er über Siebenbürgen nach Polen, wo er an der Universität Krakau
Hebräisch unterrichtete. Wegen seiner Kritik an der Heiligenverehrung, die er in einer Vorlesung über
die Psalmen geäußert hatte, wurde Stancaro 1550 denunziert und in Lipowitz in Haft gesetzt. Nach
zwei Monaten wurde er befreit und floh nach Königsberg (1551), wo er an einer Schule lehrte. „Seine
spezielle Lehre vom Mittleramt Jesus Christi brachte ihn zum Wiederspruch mit der reformierten
Kirche. Er verwarf die Lehren seiner antitrinitarischen Landsleute Sozzini, Gribaldi u. Biandrata und
stimmte grundsätzlich dem Trinitätsdogma und der Zweinaturenlehre zu, aber in seiner Theologie
verflüchtigt sich Christus nach seiner göttlichen Natur so sehr ins Abstrakte, daß das theologische
Begreifen ganz auf die menschliche Natur angewiesen ist. Jesus Christus in seiner als Mensch
geleisteten Mittlertätigkeit stand im Mittelpunkt seiner Theologie“ (BBKL X, 1148 ff).
Die im Kölner Nachdruck nicht vorhandene Holzschnittafel zeigt den Verfasser mit Lorbeerkranz als
Bellerophontes, die Chimaere mit Kreuz und Beil bekämpfend, die polnische Krone liegt zwischen
Schwein und Hund auf der Erde.
Die Titelvignette zeigt eine nach links gerichtete Axt im Laubkranz, vielleicht das Zeichen der
polnischen Wappengemeinschaft „Oksza“.
Auch typographisch bemerkenswert: Rückseite des Titelblattes mit den Reimen des Albertus
Vedrogovius sowie die Titeln von Kaiser Sigismund (auf Bl. A1r) in Civilite gesetzt (nicht bei CarterVervliet, Civilite Types).
Kapitale lädiert, Einband etwas berieben. Leicht gebräunt, unbedeutend fleckig. Alte Besitzvermerke
am Titel. Im Ganzen schönes Exemplar.
*First edition, reprinted in Cologne in the following year.- With an allegoric woodcut (folded; lacking in the
copies at N.Y and Harvard) and a full-page woodcut with the Polish coat of arms. - Stanislaw Orzechowski
(1513 - 1566) is mainly known because of the preaching of his views on the church discipline and conduct, which
caused much confusion in the Polish Catholic Church in the sixteenth century. - 18th century half calf (binding
defective), some browning.
Mit einer Ansicht des Arsenals
(33) Rechperger, Wilhelm. Almanach auff das Jahr nach der Mensch-//werdung vnsers eynigen
Heylands vnd Seligmachers Jhesu Chri-//sti M.DC.III das dritte nach dem Schaltjahr [....]. Ohne Ort,
Drucker und Jahr [Wien, 1602]. Einblattdruck [Fragment]. Rot und Schwarz gedruckt. Mit einer
satzspiegelbreiten Ansicht von Wien, zwei Wappen und 16 (sowie einigen fragmentierten)
Monatsbildern in Holzschnitt. Groß-Folio [?] x 290 mm (Satzspiegel). Zwei größere Fragmente, (je ca.
220 x 320 mm) fachmännisch auf ein Blatt aufgelegt
1 200,Nicht bei Zinner, bei J. Wünsch, Wiener Kalender-Einblattdrucke, bei Seethaler, Das Wiener Kalenderwesen, bei Mayer und im VD 17.
Seethaler kennt Fragmente Rechperger´scher Wandkalender für die Jahre 1608, 1609 und 1612 (Nr.
169, 171 und 175) und schreibt sie der Offizin der Margarete Formica zu. Wir konnten vor einigen
Jahren einen bis dahin unbekannten Wandkalender Rechpergers auf das Jahr 1610 anbieten, der den
Druckvermerk von Michael Christoph in Wien trug. Da beim vorliegenden Blatt leider Impressum
und sicheres Vergleichsmaterial fehlen, muß die Druckerfrage im Moment unbeantwortet bleiben.
Rechperger (Rechberger) war Doktor der Philosophie und Medizin, kaiserlicher Mathematiker und
Professor an der Wiener Universität. Neben zahlreichen, meist offenbar verloren gegangenen
Kalendern und Prognostiken, schrieb er eine Abhandlung über Astrolabien.
Hervorzuheben ist der Holzschnitt der Kopfleiste: eine Ansicht von Wien von der Seite der Leopoldstadt aufgenommen. Wünsch kennt eine Verwendung des Holzstockes in Rot- und Schwarzdruck bei
einem Wandkalender auf das Jahr 1574. „Von besonderem Interesse ist bei dieser Ansicht die
Darstellung des Arschional, dessen Totalansicht auf keiner der uns bekannten Ansichten von Wien aus
jener Zeit vors Auge geführt wird. Dasselbe befand sich, wie schon auf den Plänen von Wohlmuth
und Hirschvogl vom Jahr 1547 ersichtlich ist, im Untern Werd vor dem Werdertore auf einer Insel,
deren Ufer durch Pilotierung geschützt sind. Hinter dem Arsenal ist der noch unausgebaute Teil des
Ringwalles zwischen Neutor- und Elendbastei sichtbar“ (Wünsch Nr. 16 und Abb. Tafel VIIa).
Abweichend zu dieser frühen Verwendung weist der Stock hier einige kleine Ausbrüche (z. B. bei den
Gebäudenamen) auf. Auch die Überschrift in der Darstellung wurde entfernt.
Vorhanden sind ca. 2/3 des ursprünglichen Blattes. Buchdeckelfund mit den entsprechenden
Merkmalen wie einzelnen Wurmspuren und Bereibungen.
*Fragment of an unrecorded wall-calendar (printed in red and black) for the year 1603 with an interresting view
on Vienna in woodcut. Its author was professor for medicine and mathematics in Vienna.
Graphiken
(34) Beatrizet, Nicolas. Das Opfer der Iphigenie. 1553. Kupferstich nach Bandinelli, Michelangelo
Buonarotti, Salviati oder Perino del Vaga. Auf Bütten mit WZ „Anker im Kreis“. In der Auflage von
Jacobus de Rubeis, Rom 1681. Plattengröße ca. 330 x 460 mm, breitrandig.
1 450,Vgl. The Illustrated Bartsch XXIX, S. 301, 43-I (261) und British Museum Collection Database 1951,0407.80
& 1853,1112.01 (andere Zustände).
Unbeschriebene Variante des ersten Zustandes (von zwei) mit der Adresse von Rubeis.
Nach der Zeichnung eines florentinischen Meisters, womöglich Bandinelli, Michelangelo Buonarotti,
Salviati oder Perino del Vaga. Bartsch verweist darauf, dass der vorliegende Kupferstich ehemals
Francesco Salviati und Perino del Vaga zugeschrieben war. - Vor der Auslöschung der Inschrift und
der Hinzufügung der beiden Wappen. Mit der ursprünglichen Adresse von Michele Tramezzino, Rom
1553, darunter die Adresse Rubeis´ mit dem Datum 1681.
Iphigenie, Tochter des Agamemnon und der Klytämnestra, wurde im Trojanischen Krieg von den
Griechen bei Aulis geopfert, um die von Agamemnon beleidigte Artemis zu versöhnen, die zur Strafe
eine Flaute geschickt hatte um das Auslaufen der Schiffe zu verhindern. Nach Euripides wird sie von
Artemis gerettet und nach Tauris gebracht, wo sie der Göttin als Priesterin diente.
Beatrizet (Thionville um 1507/15 - nach 1577 Rom), war zwischen 1540 und 1562 in Rom tätig.
Vielleicht bei Agostino Veneziano geschult, bildete er „unter dem Einfluß der Ghisi eine kräftige, stark
mit Punkten arbeitende Manier aus, die zusammen mit seinem Streben nach Klarheit der
Bildgestaltung und seiner wunderbaren Schriftgestaltung vor allem seinen Blättern nach der Antike
eine eindrucksvolle Feierlichkeit und Größe vereiht“ (Oberhuber, Renaissance in Italien. Die Kunst der
Graphik, III, S. 189).
Ränder etwas stockfleckig. Geglättete vertikale Mittelfalte.
*Unrecorded variant of the first state (of two), with the address of Rubeis in Rome, dated 1681. Fine impression
with margins. Some spotting in margins, traces of a vertical centerfold.
(35) Beatrizet, Nicolas. Tabula marmorea, pugnae Daciae: ex diruto Traiani, ut putatur, arcu; in
Constantini cognomento Magni [...]. Römische Soldaten im Kampf mit den Dakern (nach einem Relief
auf dem Konstantinbogen). Monogrammierter Kupferstich auf feinem Bütten mit WZ „Kreis“. Rom,
Antonij Lafrerij [...], 1553. Plattengröße ca. 302 x 455 mm, breitrandig.
1 200,The Illustrated Bartsch XXIX, S. 355, Nr. 94 (266); Huelsen, Das Speculum Romanae Magnificentiae des
Antonio Lafreri, 16; British Museum Collection Database 1869,0410.2149; Nagler I, 342.
Der dreitorige Triumphbogen wurde zu Ehren Kaiser Konstantins in Erinnerung an dessen Sieg bei
der Milvischen Brücke (im Jahre 312) über seinen Widersacher Maxentius in Rom errichtet. In der
Forschung ist es umstritten, ob die Wiederverwertung älterer Werke (Spolienzyklen) von möglichen
finanziellen Schwierigkeiten und Sparzwang zeugt, oder ob Konstantin dadurch in die Tradition
früherer, in der senatorischen Geschichtsschreibung hochgelobter Kaiser gestellt werden sollte. Es
wird teils vermutet, daß der Bogen bereits einen Vorgängerbau aus Hadrians Zeit hatte, der lediglich
mit der Attika aufgestockt und neu verkleidet wurde. Die aufbereiteten und überarbeiteten Reliefs
stammen aus den Regierungsjahren der Kaiser Trajan (98–117), Hadrian (117–138) und Marcus
Aurelius (161–180).
Blattränder schwach fleckig und etwas unfrisch; zwei kurze hinterlegte Einrisse am oberen Rand.Kräftiger, kontrastreicher Druck.
*Fine impression of the only state. With two short tears in the wide margins (underlaid), some bright spotting.
Overall a very fine copy.
(36) Bussemacher, Johann - Marten de Vos. Die Passion Christi. Folge von zwölf Kupferstichen, von
Bussemacher nach Marten de Vos gestochen [Köln, nach 1583/83]. Alle Bll. mit ein bis drei Zeilen
deutschem Text. Alt koloriert, weite Teile ausgeschnitten und mit bunten Stoffen hinterklebt (s. u.).
Ca. 245 x 190 mm. Unter Passepartouts und in Rahmen des XIX. Jahrhunderts.
14 000,Hollstein (German) V, 10-23; Hollstein (Dutch & Flemish) XLIV, 100, „Copies a“; Schöller, Kölner
Druckgraphik der Gegenreformation [...], Nr. 15; Nagler, Monogrammisten III, 1888; Benzing, Der
Kupferstecher, Kunstdrucker und Verleger Johann Bussemacher zu Köln, Nr. 98 (mit weiterer Literatur).
Bis auf das Blatt 7 (nach Schöller) „Dornenkrönung“ komplette Folge. Das Blatt 5 (vermutlich
„Christus vor Pilatus“) ist nicht nachweisbar und wohl auch nie erschienen.
Die Folge wurde erstmals von Johann I Sadeler gestochen, die - wie Marten de Vos´ Vorzeichnung zu
„Noli me tangere“ - das Datum „1582“ trägt. Sadelers Arbeiten an der Passion müssen sich bis in das
darauf folgende Jahr hingezogen haben, da de Vos´ Vorzeichnung zur „Kreuzabnahme“ auf 1583
datiert ist (A. Zweite, Marten de Vos als Maler, 1980, Abb. 232): Das letzte Blatt der Passion entstand
also früher als die Kreuzabnahme (zit. nach Schöller). Es handelt sich bis auf die Bll. „Das letzte
Abendmahl“, „Gefangennahme Christi“ und die „Auferstehung“ um zu Sadeler seitenverkehrte
Stiche.
Unsere Folge zeichnet sich durch die wohl nur wenig später erfolgte Bearbeitung aus: Die Stiche
wurden (etwas laienhaft) koloriert, stellenweise ausgeschnitten und als sogen. „Spickelbilder“ mit
Stoffstücken (wohl von sakralen Textilien stammend) „ergänzt“. Dieser Typus der „gespickten“ Bilder
entstand zunächst in Nonnenklöstern, später griffen auch Bürgerinnen diese Technik auf und
produzierten Bildchen mit Blumen-, Landschaft-, und Personendarstellungen. Ein kleiner Teil von nur
fünf Bll. aus der vorliegenden Folge in vergleichbarer Bearbeitung befindet sich im Germanischen
Nationalmuseum in Nürnberg (MAI: 8100, C 1 - 5).
Hervorzuheben ist die Homogenität unserer Folge, die sowohl der Kolorierung als auch den Textilapplikationen zu danken ist. Vermutlich entstand sie als Klosterarbeit und diente als Kreuzweg zur
privaten Andacht. Leider ist eine genauere Lokalisierung nicht möglich, doch ist dem Kolorit und der
Provenienz nach der flämische Raum anzunehmen.
Der Zeichner der Blätter, Marten de Vos, wurde im Jahre 1532 zu Antwerpen geboren, er war
zunächst Schüler seines Vaters und von Frans Floris. Danach ging er nach Venedig, wo er sich er sich
Tintoretto anschloß, dessen Kolorit er nachzuahmen suchte. Als er 1558 nach Antwerpen zurückkehrte, wurde er in die dortige Malergilde aufgenommen, als deren Dekan er 1578 erscheint. Er schuf
zahlreiche Altarbilder sowie Allegorien und Darstellungen aus dem Leben der Heiligen, die zum Teil
noch in belgischen Kirchen ihrem ursprünglichen Zweck dienen. Als er am 4. Dezember 1603 starb,
hinterließ er eine Menge Zeichnungen, die den Kupferstechern ebenso wie seine Bilder häufig als
Vorlage für ihre Arbeiten dienten (vgl. ADB). Der Stecher unserer Folge, Johann Bussemacher (tätig
ca. 1580-1616), war „der bedeutendste unter den Kölner Kupferdruckern um 1600 und später […],
dessen Kunstdrucke heute noch beliebte Sammelobjekte darstellen“ (Benzing).
Alle Bll. mit grünlich/schwarzer Einfassung auf dem Trägerpapier. Vereinzelt Bereibungen,
Farbabplatzungen und kleine Fehlstellen (teils retuschiert). Von den Rahmen abgesehen in sehr
ansprechender Erhaltung.
Provenienz: Belgische Privatsammlung.
*Set of 12 coloured engravings by Bussemacher after de Vos, showing the Passion of the Lord. All plates with
larger cuttings, underlaid with different sorts of textiles. This sort of artwork is typical for the production of
nunneries.- Without the plate depicting the „Coronation with the crown of thorns“ and the not traceable plate
„Christ before Pilate“.- Some older repairs, not affecting the overall fine impression. Matted and framed.
(37) Collaert, Adriaen. Entwürfe für Schalenböden mit Meeresgöttern, Fabelwesen und Fischen. Folge
von vier num. Kupferstichen bei Philipp Galle. Plattengröße ca. 169 x 166 mm, alle Bll. mit ca 5 mm
Rand.
5 600,New Hollstein (Dutch & Flemish), The Collaert Dynasty VI, S. 312 ff., 1682-1685; Nagler, Monogrammisten
I, 294; HAB, Graph. A1: 472 a-d; Katalog der Ornamentstichsammlung Berlin 1008, (1).
Die komplette Folge in prachtvollen Abzügen. Dargestellt sind Orion, Thetis, Neptun und Galathea.
Die Stiche waren als Vorlagen für Gold- oder Silberschmiede gedacht; finden sich aber auch im Archiv
der Meissener Porzellanmanufaktur (vgl. Cassidy-Geiger, Graphic Sources for Meissen Porcelain: Origins
of the Print Collection in the Meissen Archives 118).
Adriaen Collaert (um 1560 in Antwerpen - 1618 ebda.), war von 1580 bis 1593 Mitarbeiter von Philipp
Galle, in dessen Atelier er den wichtigsten Teil seiner Ausbildung erfuhr. „Als geübtester und
produktivster Stecher (ca. 600 eigenhändige Bll.) der Fam. C. ist die Manier und Technik stark von C.s
Lehrmeister Galle beinflußt: verfeinerte Gravierweise in Verbindung mit geschmeidiger Linienführung, deutl. Tiefenwirkung, Anwendung versch. Schraffurtechniken, um wesentl. effektiver als
frühere Generationen mit unterschiedl. Grautönen zu arbeiten, und eine ikonogr. deutlichere
Akzentuierung der Komposition“ (AKL XX, 272).
In den Rändern dünne Stellen, vereinzelt mittig schwache (Hänge- ?) Falten. Aus dem berühmten
„Cabinet Brentano-Birckenstock“ (Lugt 345; mit einem ganzs. Kommentar zu dieser Sammlung).
*Complete set of four engravings of roundels with Orion, Thetis, Neptune and Galathea, surrounded by a broad
border with fishes and fantastic sea creatures. Plates placed to a black background. Conceived as designs for a
gold- or silversmith. Superb impressions with small margins. Some light creases, thin areas in margins. From
the Cabinet Brentano-Birckenstock (Lugt 345.)
(38) [Collignon, François]. Theaterkulissen für die Oper Sant Alessio. Folge von acht num. Kupferstichen auf Bütten, auf Trägerpapier montiert. Um 1634. Je ca. 184 x 270 mm. Paarweise unter Passepartout, in Kassette.
2 400, Brown, The Oxford Illustrated History of Theatre S. 136 f. (mit Abb.); Merz, Pietro da Cortona and Roman
Baroque Architecture S. 45 f.; Tintelnot, Barocktheater und barocke Kunst 131 f.; Gregor, Weltgeschichte des
Theaters 394 f. (mit Abb.).
Vollständige Folge der Bühnenbilder, die anläßlich der Wiederaufführung 1634 enstanden. Sant
Alessio, das Leben des hl. Alexander behandelnd, war die erste Oper zu einem historischen Thema.
Komponiert von Stefano Landi im Jahre 1631 und von Giulio Rospigliosi mit dem Libretto versehen,
wurde sie am 18. Februar 1632 im Palazzo Barberini in Rom uraufgeführt. Bei der Aufführung 1634
zu Ehren des polnischen Prinzen Alexander Wasa kam es zu einigen Veränderungen wie neuen
Szenen und Personen.
„[Cortonas´ stage designs] were considerably alterd by the painter Francesco Buonamici and the
professional stage designer Francesco Guitti when the opera was restaged in 1634 in honour of
Alexander Wasa, the brother of the King of Poland. At that time the set consisted of eight scenes,
including the second representing the dance of the devils in hell which were engraved by Francois
Collignon and inserted in the sumptuous score published in the same year“ (Merz). Tintelnot hält
hingegen Lorenzo Bernini für den Entwerfer: „Seine Tätigkeit als Bühnenbildner ist nur in einer
Stichfolge Collignons erhalten, die Dekorationen zu Rospigliosis Musiktragödie San Alessio
wiedergibt. Die Bühnenbilder zeigen durchwegs die hochbarocke Tiefenachse mit klarer seitlicher
Kulissenstaffelung. Zahlreiche Göttererscheinungen, Wolkenmaschinerien, Flugapparate treten auf.
Für die Charakterisierung Berninis als Inszenator wesentlich ist ja seine Berühmtheit als Erfinder
wirkungsvoller, neuer Theatereffekte und Maschinen [...].
F. Collignon (1609 - 1657), ein Schüler von Callot, war in Paris und Rom als Radierer und
Kupferstichhändler tätig (vgl. Thieme-Becker VII, 227), ist aber auch in Augsburg nachweisbar.
Ohne die bei allen Blättern gleiche gestochene Umrahmung aus Säulen und einer Treppe, wie sie in
den Abb. bei Brown und Gregor zu sehen ist. Ausgezeichnete Drucke, meist mit kleinem Rändchen.
Ein Bl. mit unterlegtem Einriß. Alle Bll. seitlich auf Untersätze montiert.
*Set of 8 etchings that accompanied the score of Stefano Landi's opera San Alessio, libretto by Giulio Rospigliosi.
Rome, 1634. Each approx. 184 x 270mm, mounted. Cloth folding case. The 1634 production of Landi's San
Alessio was presented in honor of Prince Alexander Charles of Poland as part of Carneval organized by Cardinal
Francesco and Cardinal Antonio in Rome. On this occasion the score was printed, enhanced by Collignon's
illustrations that testify to the splendor of the performances. The name of the designer in 1634 is not known,
though some have attibuted it to Bernini. The 1634 version has some changes from previous: added scenes, new
characters, and new effects like the flight of Religion, which "passes through the air above a wagon surrounded
by clouds." See Frederick Hammond, Music & Spectacle in Baroque Rome (New Haven, 1994), pp. 170-71.
(39) Hoy, Nicolaus van (nach). Die Marter der zehntausend Christen. Kupferstich von Frans van der
Steen nach Nicolaus van Hoy nach dem Gemälde Albrecht Dürers. Abdruck einer (von vier) Platten
auf festem Papier ohne WZ. Mit zweizeiligem Text unterhalb der Darstellung. [1661]. Plattengröße ca.
605 x 465 mm. Mit Rand.
650,Hollstein (Dutch) XXVIII, S. 83, 17; British Museum 1950,0401.85-86; Füssli, Allgemeines Künstlerlexikon II
(1814) S. 1717.
Sehr seltene Arbeit, von der wir nur drei komplette Exemplare (London, Paris, Wien) und ein
Einzelblatt (Antwerpen) feststellen konnten. Füssli bemerkte bereits 1804 darüber: „Eines der bemerkenswerthesten [Blätter; Anm.], das uns aber niemals zu Gesicht gekommen...“.
Vorliegt ein prachtvoller, wenngleich vermutlich etwas späterer Abzug der linken unteren Platte, und
somit eine Wiedergabe des rechten unteren Viertels des Dürer-Gemäldes von 1508. Die Wiedergabe
erfolgte jedoch nicht nach dem Original, sondern nach einer Vorlage von Nicolaus van Hoy. „The
inscription states that the Emperor Leopold I commissioned Nikolaus van Hoy to make a design after
Dürer's painting, the 'Martyrdom of the Ten Thousand' of 1508, at that time in his collection, and
Franciscus van Steen to engrave it. The resulting print is a close copy, in reverse, of the painting. The
artists, both from Antwerp, collaborated on the production of various prints after paintings in the
imperial collection (see Hollstein 19, 20, 23), but the massive size of this engraving, which is close to
the size of the painting, is unusual and must indicate that the emperor attached a particular
significance to Dürer's work. Dürer's 'Martrydom of the Ten Thousand' (Vienna, Kunsthistorisches
Museum Anzelewsky 105) was commissioned by Friedrich the Wise of Saxony and is based on the
artist's woodcut, with signficant differences to accomodate the grander scale” (BM).
Stockfleckig, im oberen und unteren breiten weißen Rand Wasserflecken.
*The Martyrdom of the Ten Thousand, a reversed copy after Dürer's painting. Here one of four plates: the lower
left quarter of this monumental engraving. Spotted, waterstains in margins.
Ein Schaf spielt Dudelsack
(40) Obermair Urban und Paul Goldstein. Zwei Bögen mit je 16 teilkolorierten Zahlenkarten in
Holzschnitt. Im Stock seitlich bezeichnet: „Urban Obermair zu wels“, auf der „Herz IV“ datiert 1554.
Auf „Schelle IV“ ein Wappenschild mit Monogramm „P G“ [Paul Goldstein]. Karten je 77 x 49 mm,
Bogen je 310 x 210 mm.
Unbeschrieben.
Bei den hier vorliegenden Bögen handelt es sich vermutlich um die ältesten erhaltenen Spielkarten aus
Oberösterreich und die einzigen erhalten Karten von Obermair. Wacha, Vier Farben, erwähnt Bögen
im Welser Museum, die jedoch dort nicht mehr vorhanden sind (lt. frdl. Mitteilung des Stadtmuseums
vom 13. 12. 2010). Die Tätigkeit Obermairs als Welser Kartenmacher war nach Holter (Zum Welser
Buchwesen (in:) Mitteilungen d. OÖ. Landesarchivs III., S. 103) und (ihm folgend) Wacha nur für die Jahre
1543-1552 bekannt. Eine Zusammenarbeit mit Paul Goldstein, der seit 1553 in Wels tätig war, ist
bislang nicht bekannt gewesen.
Beide Bögen zeigen Zahlenkarten der Farben Eichel, Blatt, Herz und Schelle. Vier Karten sind mit
einem Tierbild geschmückt, ein Brauch, der sich schon im XV. Jahrhundert nachweisen läßt.
Ungewöhnlich sind hier die Darstellung eines Fisches - vielleicht als Anspielung auf den Namen der
Stadt - und einer personifizierten „Bockpfeife“: ein sitzender Schafbock der eine Art Dudelsack bläst.
Dieses Instrument war bis ins XIX. Jahrhundert in Mitteleuropa weit verbreitet, die wohl bekanntesten
Darstellungen d. Zt. finden sich in den Gemälden von Pieter Brueghel d. Ä. (z. B. dem „Bauerntanz“).
Das zweite Blatt zeigt einen liegenden Hirsch und einen Löwen mit Menschengesicht.
Die Kolorierung wohl mittels einer Schablone in den Farben Ocker, Rotbraun und Dunkelbraun.
Beide Bogen mäßig gebräunt. Von kleinen Wurmgängen in den Ecken abgesehen von sehr guter
Erhaltung.
*Two unrecorded coloured sheets (c 310 x 210 mm) of playing cards, with together 32 cards (each 77 x 49 mm).
Signed (in woodcut) by Urban Obermair and with a monogram of Paul Goldstein, both cardmakers in Wels
(Upper Austria), dated 1554. With together four pictures with animals: a deer, a lion with human face, a fish (as
an allusion on the name of the town?) and a sitting sheep, playing bagpipe (!)- These are the earliest existing
cards from Upper Austria which are known yet, as well, as the only known cards by Obermair, whose activity as
a cardmaker is recorded for the years 1543-1552. His cards in the collection of the City Museum of Wels are lost.
Some marginal worming, otherwise a fine set.
(40)
Der Beginn der Hochzeitsfeierlichkeiten
(41) Ossenbeeck, Jan van (nach). Als Ihro Kayserl. Mayest: von Glocknitz zu Ihro Mayestätt der
Kaysserin nacher Schottwienn incognito ritten […]. Wien, 1666. Vollständige Folge von vier
Kupferstichen, tls. mit Radierung, (ca. 230 x 655-765 mm) und einem Bl. mit der gestochenen
Erklärung (240 x 190 mm) von Gerard Bouttats nach Jan van Ossenbeeck. Unter Passepartouts (je 360
x 1030 mm) und in Mappe.
3 500,Hollstein (Dutch & Flemish) XIV, S. 212, Nr. 77-80; Nagler, Monogrammisten IV, S. 251, Nr. 71, 2. Nicht
im VD 17, bei Vinet und in der Gourary Collection.
„Dieser interessante Fries ist von grösser [sic!] Seltenheit“ (Nagler, der wie auch Hollstein keinen
Standort nachweist). Wir konnten eine Folge ohne das Textblatt im Getty Research Institute und ein
Einzelblatt im Harry Ransom Humanities Research Center, Austin TX nachweisen.
Die vorliegende Folge illustriert den Ritt Kaiser Leopolds I. (bei Nagler - und ihm folgend Hollstein irrig Kaiser Karls VI.) zu seiner in Schottwien befindlichen Braut, Margarita Theresa von Spanien. Der
berittene Zug bestand - inkl. dem Kaiser selbst - aus 39 in der Platte bezeichneten Personen oder
Gruppen, alles Mitglieder des Hofes. Es handelt sich hierbei gewissermaßen um den Auftakt zu den
Hochzeitsfeierlichkeiten, deren Höhepunkte das Rossballett „La Contesa dell'aria e dell'acqua“ und
die Oper „Il pomo d'oro“ von Antonio Cesti, die Leopold teilweise selbst komponiert hatte, bilden
sollten. Der Kaiser hatte seine erst 15jährige Nichte (und Cousine) Margarita Theresa zu Ostern 1666
per procurationem geheiratet, erst im Dezember traf die Braut in Wien ein. Bis dahin hatte er sie nur
durch die Gemälde von Velazquez, welche die junge Infantin im Alter von drei, fünf und acht Jahren
zeigen, gekannt.
Das Panorama erreicht im zusammengesetzten Zustand eine Länge von ca. 2,86 Metern.- „Das letzte
[Blatt] ist aber so leicht und geistreich radirt, dass man es nur dem Ossenbeeck selbst zuschreiben
kann“ (Nagler). Das gestochene Textblatt enthält u. a. genaue Angaben zur Bekleidung der
Teilnehmer.
Jan van Ossenbeeck (Rotterdam um 1624 - 1674 Wien), studierte in Rom und scheint mit dem
Antwerpener Maler Nicolaus van Hoy von dort nach Brüssel gereist zu sein, wo beide während der
Statthalterschaft Erzherzog Leopold Wilhelms (1647/55) oder wenig später an David Teniers´
Theatrum Pictorium mitarbeiteten. Er ging, vermutlich wieder zusammen mit van Hoy, nach Wien, wo
er vor 1659 eintraf und 1670 zum Hofmaler ernannt wurde (vgl. Thieme-BeckerXXVI, 72). Er war nach
van Hoy Stecher des oben gen. „Pferdeballetts“ Leoplds I.- Gerard Bouttats (1630 – nach 1668), ein
flämischer Kupferstecher, war seit 1655 als „Chalcograph” der Wiener Universität tätig.
Die Kupfer bis an den Blattenrand beschnitten, verso teils alte Montagereste. Ein Blatt mit kleinen
Fehlstellen im oberen Rand (ohne Darstellungsverlust), teils leichte Knitterspuren. Mit sehr undeutlichem Sammlerstempel in der unteren Ecke.
*Set of 4 engravings (one with etching) and one sheet of engraved explanatory text by Gerard Bouttats after
Ossenbeeck of the procession of Emperor Leopold I and his court, for the reception of his bride, Empress
Margarita Theresa, December 1666. When Emperor Leopold I was married to Margarita Theresa in 1666, a plan
was conceived to undertake spectacles for her reception on a scale which had never been seen at a German court.
The four large horizontal engravingsd depict Emperor Leopold I, preceded by heralds, and followed by members
of his court, all on horseback.- The engraved legend describes in detail the costumes of silk, gold borders and
brocades, worn by the principal figures. Each approx. 230mm tall x 655 to 765mm in length, the text leaf 240 x
190mm. The third with 2 small patches in upper margin, remnants of old glueing along folds on verso, a few
small repairs.
(42) Vos, Maarten de (nach). Spiritvale Christiani militis certamen. Kupferstich von Hieronymus
Wierix bei Gerard de Jode auf feinstrukturiertem Bütten mit WZ „Trauben”. Um 1580. Pattengröße ca.
302 x 398 mm.
4 500,Hollstein (Dutch & Flemish) XLIV (Maarten de Vos), Nr. 1199 I (von III); Hollstein (D & F) LXVI (The
Wierix Family) Nr. 1795 (I von III); Mauquoy-Hendrickx, Les Estampes des Wierix conservees au Cabinet
des Estampes de la Bibliotheque Royale Albert Ier, 1470; British Museum Collection Database 1874,1212.484;
G. 8Bartrum (in: F. Carey (ed.), The Apocalypse and the Shape of Things to Come, (exh. cat., BM, London
1999), S. 193, no. 102 (2nd state).
Erster Zustand (von drei), mit der Adresse von de Jode.
Von Hieronymus Wierix (1553 - 1619) nach Maarten de Vos (Antwerpen 1532 -1603) gestochene
flugblattartige Allegorie: Der christliche Ritter zertritt die fleischlichen Gelüste, umgeben von Welt,
Sünde, Teufel und Tod. Oben links führt ein Pfad ins Neue Jerusalem.
“This complex allegory illustrates the true Christian in terms of a warrior, and the sheet is covered
with quotations from the Old and New Testament which elucidate this visual message. The main
theme of the Christian knight comes from Paul´s Epistle to the Ephesians (6: 10-20) […]. The theme
also appeared in fifteenth-century woodcuts before it found its most famous expression in Dürer´s
masterly engraving of 1513, The Knight, Death and the Devil […]. Wierix´s print was copied for an
apparently propagandist purpose, in a decorative border of a map of the world engraved and
published by Jodocus Hondius in 1596-7 (Hollstein 51) […]” (Bartum a.a.O.).
Auf Plattenkante beschnitten, vereinzelt darüber. Geglättete und unterlegte Mittelfalte, schwach
gebräunt und kaum altersfleckig. Vereinzelte dünne Stellen, nur verso sichtbar. Ordentliches
Exemplar des höchst interessanten Blattes.
*Engraved broadside in first state (of three). The Christian Knight trampling upon „Caro“ (Carnal Desires),
surrounded by the threats of the World or „Mundus“, „Peccatum“ (Sin), a monstrous half-woman, half-serpent,
the Devil or „Diabolus“, aiming three flaming arrows, and „Mors“ (Death), wielding a scythe; at upper left a
path leads to the New Jerusalem. Trimmed close, some browning and spotting, but overall a fine copy.