Ausbauhaus + Schwarzarbeit = Traumhaus?

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Ausbauhaus + Schwarzarbeit = Traumhaus?
Haustechnik im Ausbauhaus
Sparen am Bau ist kein neues Thema, mit der
sogenannten „Muskelhypothek“ bauen ebenfalls
nicht. Gerade junge Familien mit wenig Kapital
versuchen, sich den Traum vom Eigenheim mit
Eigenleistung zu verwirklichen. Es wird ein sogenanntes Ausbauhaus geordert, die Sanitärinstallation macht der Nachbar, die Heizungsanlage der
Schwiegervater und die Elektroinstallation erfolgt
in Selbsthilfe. Doch nicht immer steht am Ende das
Traumhaus: Die luftdichte Ebene ist von Kabeln
und Dosen durchlöchert, die Heizung erwärmt
einige Räume nur unzureichend oder gar nicht
und der Eimer unter den Waschbeckenanschlüssen
muss regelmäßig ausgeleert werden.
Dieser Ärger ist auch
beim Ausbauhaus vermeidbar. Mit einer betreuten
Selbsthilfe können auch
Nicht-Handwerker ans Ziel
geführt werden.
Eine Möglichkeit ist, das
eigene Haus im Verbund
mit anderen „Selberbauern“
zu erstellen, die jeweiligen
Fähigkeiten und Kenntnisse
der Baupartner nutzen.
Dabei kann man sich bei
Planung und Ausführung
die Unterstützung von
Fachleuten sichern. So
können nicht nur Rohbauarbeiten und Innenausbauten sondern auch zumindest
ein Teil der haustechnischen
Gewerke funktionsfähig,
sicher und – möglicherweise
– auch kostensparend ausgeführt werden. Doch eher
selten findet sich eine
Baugemeinschaft, die eine
Reihenhauszeile oder eine
Siedlung zusammen erstellen will.
Auch eignen sich nicht
alle Bereiche für die Selbsthilfe. Die Verlegung einer
Gasleitung ist ebenso wie
die Erstellung eines ElektroVerteilerschrankes Sache
eine Fachbetriebs. Daher
haben die Baumärkte eine
ernst zu nehmende „Konkurrenz“ bekommen:
Systemanbieter bieten
komplette Selbstbausätze
inklusiv Baustellenbetreuung an.
Selbstbausätze
Es sind nicht immer
„Leute vom Fach“, die die
Eigenleistung erbringen
wollen. Selbstbausätze müssen gut vorbereitet werden,
sonst sind die Regressansprüche vorprogrammiert.
Die Voraussetzung für einen
gut organisierten Selbstbau
ist daher ein System exakt
aufeinander abgestimmter
Bauelemente. Bestandteile
eines solchen Pakets sind
üblicherweise:
G eine Wärmebedarfsberechnung nach
DIN 4701,
G eine Heizkörperauslegung,
G Rohrnetzberechnungen
für Sanitär und Heizung,
individuelle Verlegepläne
nach den jeweiligen
Grundrissen des Hauses,
G die Konfektionierung des
Materials bis zur sprichwörtlich letzten Schraube,
G verständliche und bebilderte Montageanleitungen für jedes Teilgewerk
und jede Baugruppe.
Der Vorteil eines guten
Selbstbausatzes liegt zweifelsohne in diesen Komplettpaketen: Die Berechnungen und Auslegungen
der Systemkomponenten
sind – genauso wie die Abnahme und Inbetriebnahme
– im Preis enthalten.
Vom „Installateur-umdie-Ecke“ ist – leider – oft
weniger Leistung zu bekommen, denn häufig erfolgt
die Heizkörperauslegung
des „Klempners“ mit der
G
Für Ausbauhäuser ohne
Installationsebene geeignet:
Die Rohr- und Kabelverlegung
im Fußleistenkanal.
Durch die Schiebehülsentechnik ist das Rehau-Rohr
aber nur durch Fachhandwerker zu verlegen. Selbstbauer
müssen Schraubverbindungen
verwenden.
Foto: Fa. Rehau
Autor:
Armin Grebe, Sachverständiger
für Gebäudetechnik,
Hannover
5/2002
33
Haustechnik
Ausbauhaus + Schwarzarbeit = Traumhaus?
Haustechnik
Faustformel „Pi-mal-Daumen“, die Wärmebedarfsberechnung fällt unter den
Tisch und die Nachfrage
nach der Rohrnetzberechnung mit Ventileinstellwerten führt zur Aussage
„Das haben wir ja noch nie
gemacht“.
Eine Durchsicht der
Montageanleitungen ergab
ein erstaunlich hohes
Niveau an Information für
den „Heimwerker“. Manchen Heizungs- und
Sanitärinstallateuren sei
geraten, sich für das nächste Bauobjekt einen solchen
Bausatz zu bestellen und
die Unterlagen in Ruhe zu
studieren. Manche Fehler
könnten so vermieden werden.
Fachbetreuung
Banken setzen z.B. eine
solide und fachlich betreute
Bauleistung für einen Kredit
voraus. Ein Kreditinstitut
kann Baugeld nur dann
freigeben, sofern das Haus
professionell betreut wird.
Daher sollten Selbstbaupakete folgende Punkte
beinhalten:
G fachliche Einbaubetreuung während der Bauphase,
G Abnahme der Fußbodenheizung vor Verlegung
des Estrichs,
G Vermittlung eines Fachbetriebs für den Einbau
von „Nicht-SelbstbauTeilen“ z.B. des Gasanschlusses,
G Endabnahme und Inbetriebnahme mit Einweisung durch den Fachmann des Systemanbieters.
Alle Systemanbieter, die
im Verband Europäischer
Selbstbau e.V. (V.E.S)
zusammengeschlossen sind,
wie z.B. die Firmen Heat
oder Plinius für die Haustechnik, bieten eine solche
Bauaufsicht im Komplettpaket mit an.
Luftdichtheit und
Installationsebene
Es vereinfacht die Installation deutlich, wenn für
die Ausbauhäuser eine
Installationsebene vorgesehen wird. Gerade die
Elektroinstallation lässt sich
dann problemlos verlegen,
die Gewährleistung des
Hausherstellers für eine
luftdichte Gebäudehülle
bleibt erhalten.
Leider wird in den Montageanleitungen der Selbstbausysteme das Thema der
luftdichten Gebäudehülle
nicht angesprochen. Ausführungsdetails für den
Anschluss der Fallrohrentlüftung an die luftdichte
Ebene im Dach sucht man
vergebens. Allerdings
unterscheidet sich hier das
Wissen der Systemlieferanten nicht wesentlich von
dem der meisten Installateure!
Bei der Abnahme, die
üblicherweise zum Lieferumfang eines Bausatzes
gehört, kümmern sich die
Bauleiter – bisher – nur um
die Technik. Eine Beratung
hinsichtlicht der Einhaltung
der Luftdichtigkeit, z.B.
durch Anbieten eines Blower-Door-Test, gehört noch
nicht zum Umfang.
Welche Systeme sind
für den Selbstbau
geeignet?
Prinzipiell lassen sich
natürlich alle haustechnischen Gewerke in Eigenleistung erbringen. Vom
Brennwertkessel oder Holzkessel, mit oder ohne Pufferspeicher über Fußbodenheizung und Fotovoltaikanlagen bis hin zur Regenwassernutzung sind aufeinander abgestimmte Systeme
zu bekommen. Sicherheitsrelevante Arbeiten wie das
Verlegen einer Gasleitung
sind natürlich davon ausgenommen.
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Sinnvoll ist, dass lohnintensive Arbeiten, die kein
hohes Fachwissen voraussetzen, bei der Eigenleistung
im Vordergrund stehen. Bei
einem durchschnittlichen
Einfamilienhaus lassen sich
rund 3.000 k im Heizungsbereich, rund 2.500 k bei
den Sanitärarbeiten und
2.000 k bei den Elektroarbeiten einsparen. Auch
wenn mancher Selbstbauer
den Zeitaufwand solch
einer Eigeninstallation möglicherweise unterschätzt,
die Technik gibt’s zum
Fixpreis.
Lüftung
Schwierig ist es, eine Lüftung, ggf. noch mit Wärmerückgewinnung, selbst einzubauen. Notwendig hierfür
ist die komplette Durchplanung des Ausbauhauses
mit den notwendigen
Durchbrüchen, Wechseln,
Aussparungen etc., um ein
Rohrnetz mit Zu- und Abluftkanälen unterbringen zu
können. Außenwanddurchführungen mit Leerrohren,
die in die luftdichte Ebene
eingeklebt werden müssen,
sind vom Hersteller des
Ausbauhauses zu liefern.
Wird hingegen im Ausbauhaus die Lüftungsanlage
von vornherein mit eingeplant, spricht auch hier
nichts gegen die Selbstmontage. Die Einregulierung
der Ventile kann bei der
Schlussabnahme durch den
Servicetechniker erfolgen.
Elektro
Sicherheitsrelevante
Dinge wie Kabelquerschnitte, Absicherung und
Erdung sind vor der Montage zu planen und dem Bauherrn zu vermitteln. Vertauschungssichere Installationen erleichtern die Verdrahtung. So wurden beispielsweise von dem Bausatzlieferanten Heat-GmbH
Sonderkabel ähnlich denen
in der Automobilindustrie
entwickelt, so dass es möglich ist, alle Leitungen „Farbe auf Farbe“ zu verklem-
Elektroinstallation durch den
„Heimwerker“: Sonderkabel
ermöglichen eine Verbindung
„Farbe auf Farbe“, Verwechselungen sind nahezu unmöglich
Foto: Fa. HEAT-GmbH
men. So können auch Laien
die Elektroinstallation
problemlos durchführen
(Bild oben).
BUS-Systeme können
dabei die Kabelverlegung
vereinfachen. Es ist dann
nicht notwendig, dass
Deckenauslässe mit den
Schaltern verbunden werden. Die „Verknüpfung“,
d.h. die Programmierung
von Schaltern und Lichtauslässen erfolgt ebenso wie
die Einbindung von Heizkörpersteuerungen und
Für Selbstbauer geeignet:
Heizkörperanschluss mit
Verschraubung. Nach der
Installation muss das Rohr mit
Rosetten gegen UV-Strahlung
geschützt werden
Foto: Fa. Gabo-Systemtechnik
Rauchmeldern nach der
Fertigstellung der Installation.
Der Zählerschrank wird
individuell nach den Vorschriften des EVU komplett
vorverdrahtet vom Selbstbaulieferanten gefertigt und
durch einen Elektromeister
eingebaut.
Heizung
Bis auf den Gasanschluss
und die Inbetriebnahme des
Heizungskessels können
sowohl Fußbodenheizungen
als auch Heizungen mit
Standardheizflächen in
Eigenbau erstellt werden.
Sollte der Fußboden noch
nicht erstellt sein (Neubau), ist eine Rohrverlegung
auf dem Rohboden empfehlenswert. Hierbei darf die
unterseitige Dämmung
natürlich nicht vergessen
werden!
Ein zentraler Steigleitungsstrang versorgt dabei
das gesamte Gebäude. Die
Etagen werden über eine
Verteilerstation angeschlossen. Von hier aus führen
Einzelrohre aus flexiblem
Doppelrohr (Polyethylen =
PE oder Polybuten = PB)
für Vor- und Rücklauf zu
den einzelnen Heizkörpern.
Kreuzungspunkte werden so
vermieden. Die inneren
Rohre sind sauerstoffdicht.
Der Luftraum der Rohr-inRohr wirkt als Isolierung,
reicht aber natürlich im
Erdgeschoss auf der Rohbetondecke alleine nicht aus.
Die Verlegung der Rohre
erfolgt unter dem Estrich
Haustechnik
Für Ausbauhäuser geeignet:
Die Rohrverlegung im Fußleistenkanal.
Durch die Schiebehülsentechnik ist das Rehau-System
aber nur durch Fachhandwerker zu verlegen. Selbstbauer
müssen Schraubverbindungen
verwenden.
Foto: Fa. Rehau
bzw. unter dem Dielenboden, also auf kürzestem
Wege vom Verteiler zum
Heizkörper.
Sanitär
In diesem Bereich ist die
Eigenmontage mit den
wenigsten behördlichen
Auflagen versehen. Alle
Teile der Installation können in Eigenleistung montiert werden (Bild unten
rechts). Auch hier haben
sich wie im Heizungsbereich
Kunststoffrohrsysteme mit
Klemmverschraubungen für
die Trinkwasserinstallation
durchgesetzt. Der Etagenanschluss erfolgt mit Verteilern, sodass jedes Objekt
seine eigene Zuleitung hat.
das UV-empfindliche PBbzw. PE-Rohr mit einer
Rosette geschützt werden.
Eine Rohrführung in den
Wänden durch die Installationsebene ist zwar möglich,
für den einfachen Ausbau
aber eher hinderlich.
Rohrführung auf der
Wand
Sollte der Fußboden
schon erstellt sein, werden
die Rohre in Fußleistenkanälen verlegt. Vom zentralen Steigleitungsstrang
gehen Stiche auf jeder
Etage ab. Die Verlegung
von Vor- und Rücklauf
erfolgt übereinander, der
Anschluss der Ventilheizkörper über Anschluss-
Ausführliche Montageanleitung
für die Sanitärinstallation
Grafik: Fa. HEAT-GmbH
L
Als Zentrale bieten einige
Lieferanten komplette vorinstallierte Schränke mit
Kessel, Speicher, Regelung
und Heizkreisverteilern an.
Der Gasanschluss sowie die
Inbetriebnahme erfolgt durch
den Servicetechniker.
Foto: Fa. Plinius
Heizflächen
Als Heizflächen sollten
solche mit eingebauten
Ventilgarnituren gewählt
werden. Vor- und Rücklauf
werden entweder über
einen Bodenanschluss mit
der Wand- und Bodenanschlussdose oder direkt
mit dem Heizkörper verbunden. Dann aber muss
blöcke (Bild links). Insbesondere bei Ausbauhäusern
ohne Installationsebene ist
dieses System auch für die
Elektroinstallation empfehlenswert, da sich Heizungsrohre und Kabel in einem
Kanal unterbringen lassen.
Hier sehen Sie den Abwasser-Anschluß eines
Waschbeckens mit einer in der Wand montierten
Abflußleitung.
Bei diesem Beispiel ist der Abfluß des Waschbeckens
an eine DN 100 Abflußleitung, vom WC kommend,
angeschlossen.
Der Anschluß führt zu einer Falleitung DN 100.
Die Falleitung wird nach oben über Dach entlüftet.
An dem Waschbecken wird eine Ablaufarmatur
montiert.
80-85
40-52 cm
Rohr
DN 100
GummiManschette
Siphonbogen
50/30 mit
Gummi-Manschette
Rohr
DN 50
Einfachabzweig
DN 100
Rohr
DN 100
Bogen
DN 50
45°
Hier sehen Sie den Anschluß eines Waschbeckens in Vorwandinstallation.
Bei diesem Beispiel ist der Abfluß des Waschbeckens an eine DN 50 Abflußleitung, z. B. von
einem Waschmaschinenanschluß kommend, angeschlossen. Der Anschluß führt zu einer
Falleitung DN 100. Die Falleitung wird nach
oben über Dach entlüftet.
An dem Waschbecken wir eine Ablaufarmatur montiert.
Rohr
DN 100
Rohr
DN 100
Abzweig
DN 100/50
45°
Abzweig
DN 100/50
87°
Rohr
DN 100
Rohr
DN 100
Rohr
DN 100
L
GummiManschette
Siphonbogen
50/30 mit
Gummi-Manschette
Rohr
DN 50
Bogen
DN 50
45°
Rohr
DN 50
Rohr
DN 100
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Rohr
DN 50
Abzweig
DN 100/50
87°
Abzweig
DN 50
45°
Rohr
DN 50
Fazit
Die vom VES beauftragte
Emnid-Studie ergibt: 7 Millionen Bundesbürger möchten in den nächsten drei bis
fünf Jahren ein Eigenheim
erwerben. Bei weiteren
5 Millionen steht das
Wohneigentum auf der
Wunschliste ganz oben.
Damit beschäftigen sich
über 12 Millionen Bundesbürger mit dem Gedanken,
mittelfristig EigenheimBesitzer zu werden.
Bei einem Marktanteil
von rund 20 % für den
Selbstbau ergibt sich hier
ein Marktpotential von
über 2,4 Millionen im
Selbstbau erstellter Einund Zweifamilienhäuser in
den kommenden Jahren.
Hier bieten Selbstbausysteme die Chance, qualitativ
hochwertige Häuser zu
günstigeren Konditionen
anzubieten.
Gegenüber der Ausführung durch den Klempner, der die Heizungsanlage nur geschätzt und nicht
gerechnet hat und dessen
Leistung häufig nur er
selbst oder besser gesagt
dann keiner abnimmt, ist
eine selbstgebaute Anlage
mit qualifizierter Abnahme
durch den Lieferanten vorzuziehen.
I
Der Verband Europäischer
Selbstbau e.V
Der Verband Europäischer Selbstbau e.V. ist ein Zusammenschluss von selbstbauerfahrenen Architekten, Ingenieuren, Bausatzanbietern und Dienstleistern. Er wurde
1987 gegründet. Inzwischen sind über 40 Unternehmen
mit mehr als 2.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mehreren Millionen Euro Mitglied im VES.
Dazu gehören unter anderem:
G Architekten und Baubetreuer
G Systembausatz-Anbieter
G Haus-, Heizungs- und Sanitärtechniker
G Hersteller von Selbstbauprodukten und -systemen
G Finanzierungsfachleute
G Versicherungen
Anschrift:
Verband Europäischer Selbstbau e. V.
Normannenstr. 24, 41462 Neuss
Telefon: +49 2131 4021888, Telefax: +49 2131
4021887
E-Mail: [email protected], Internet:
www.selbstbauverband.de
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Haustechnik
Die Objekte werden an
vorgefertigte Objektträger
gehängt, wie es auch durch
den Installateur gebaut
würde.
Der Unterscheid zur
Montage durch den
Sanitärinstallateur besteht
hauptsächlich in den verwendeten Formstücken für
das Trinkwassernetz. Fachbetriebe verlegen die Rohre
mit preiswerteren Presssystemen, deren Einsatz
aber treures Werkzeug
erfordert und daher für den
Heimwerker ausscheidet.