ERLEUCHTUNG

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ERLEUCHTUNG
Test und Technik I Vor- und Endverstärker
ERLEUCHTUNG
Nach einer kreativen Pause will AVM jetzt als welterste Firma mit
Verstärkern triumphieren, die der Highender durch subtile Justage des
Klirrverhaltens auf seine Kette feinabstimmen kann. Klappt so etwas?
Test: Johannes Maier, Fotos: Julian Bauer
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er Chefentwickler von
AVM würde eher echte
Kaninchen züchten, als dass er
wie der eine oder andere Wettbewerber welche aus dem Hut
zaubern würde. So witterten die
stereoplay-Tester eine Sensation,
als ihnen der Diplomingenieur
D
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Günther Mania berichtete: „Ich
habe bei unseren Monoblöcken
M 3 und bei der Vorstufe V 3
(Test 12/93 und 11/94!) jetzt echte Verbesserungen hingekriegt.“
Damit meinte er aber weniger, dass die Newcomer mit der
Zusatzbezeichnung „Next Ge-
neration“ und mit den Preisen
von 2800 Euro (für das Monoblock-Paar) und 1600 Euro bei
entscheidenden Ein- und Ausgängen jetzt mit den neuesten
WBT-Kontaktern glänzen.Vielmehr habe er sich für die Amps,
die ansonsten ihren Vorfahren
sehr ähneln, ein neues PlatinenLayout und neue Schaltungskniffe ausgedacht.
So nahm er jetzt, um die Eingangssektion so klein wie möglich zu halten, bewusst keine
Relais, sondern Halbleiterschalter für die Quellenwahl her.
»
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Test und Technik I Vor- und Endverstärker
AVM M 3 NEXT GENERATION
Verspricht stabile Verhältnisse: Die Eingangs- und Treiberstufen der
M 3 NG werden von einem eigenständigen Netzteil (oben) versorgt.
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3
1
2
3
4
3
5
Danach verleihen Pufferverstärker des Burr-Brown-Typs
OPA 134 den Signalen subito
Stromformat (bei den zusätzlich vorhandenen symmetrischen Eingängen sitzen weitere
OPAs direkt vor Ort). Das
schützt sie vor Einstreuungen
und bewirkt, dass der unmittelbar folgende Lautstärkeregler
– ein mit feinen Widerstandsbahnen arbeitendes IC namens
CS 3310 – den avisierten Lautstärkewert nicht nur in präzisen
Halb-Dezibel-Schrittchen, sondern auch sehr rausch- und
klirrarm einstellen kann.
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Vortreiber- und Treiber-Transistoren mit Finger-Kühlkörpern.
Haupt-Kühlkörper mit acht Hochstrom-Feldeffekttransistoren.
5 Steuerungs- und Schutzschaltungs-Elektronik.
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1
Eingangsverstärker mit variabler Oberwellen-Zumischfunktion.
Gegentakt-Spannungsverstärker mit Einzeltransistoren.
Nach weiterer IC-Rückenstärkung wandern die Musikschwingungen dann zu insgeDIE V 3 NG BIETET ALLE
ANSCHLUSSOPTIONEN
samt vier LeistungstransistorStufen, die sowohl Cinch- als
auch XLR-Ausgänge versorgen.
So weit, so gut, darf der geradlinige High-Ender murmeln,
wobei er noch gerne erfährt,
dass er auch bei der Next-Generation-Vorstufe ein frisch entwickeltes 300-Euro-Phonoteil
einschieben darf, das sich über
neun Minischalter an jedes nur
denkbare Moving-Magnetund Moving-Coil-System anpassen lässt.
Nun gibt’s auch andere
Leute. Etwa solche, die eine
Tape-Monitor-Funktion oder
einen Prozessor-Ein/Ausgang
brauchen. Oder Klangregler
oder einen Loudness-artigen
Frequenzgang. Oder ein Lowcut-Trennfilter, das die Hauptkanäle mit Mitten und Höhen
und einen aktiven Subwoofer
über einen Extra-Cinchausgang mit Bassgegrummel bedient. Also baute AVM in die
mit einem Grafikdisplay geschmückte Vorstufe auch diese
Vorzüge ein, wobei Goldkontakt-Relais der Firma Finder
die Weichen stellen.
XLR- oder Cinch-Eingang,
ein doppelter Satz von WBTLautsprecherklemmen, Kurzschluss- und Überhitze-Warn-
LEDs, ein Schalter, der die
Auswahl zwischen Dauer-Ein,
Musik-Schaltautomatik oder
Triggersteuerung gestattet: Die
jeweils 10 Kilogramm schweren Monoblock-Quader offerieren zunächst bekannte Ausstattungspunkte.
Doch dann findet sich noch
ein unscheinbares Drehknöpfchen – und dessen Funktion
stellt in der Verstärkerwelt ein
absolutes Novum dar. Es leitet
einen mehr oder minder
großen Anteil der Eingangssignale zu einem Abstecher
durch eine von zwei Transistoren gebildete Class-A-Sonderstufe. Diese sorgt im Kontext
mit dem gesamten Verstärker
für ein nach wie vor sauberes,
dabei aber subtil veränderbares
Klirrverhalten, bis es – mit dem
Drehpotentiometer am linken
Anschlag – dem eines RöhrenAmps gleicht.
Kleiner Knopf, Riesen-Bedeutung: Ein Justage-Poti, das links neben dem XLR-Eingang
sitzt, erlaubt, die Oberwellenverteilung des Verstärkers subtil zu verändern.
Die Betonung liegt auf
„sauber“ und „subtil“! Versuche anderer Entwickler, der
Musik im Verstärker-Vorfeld
einen röhrenartigen Klirr anzuhängen, liefen stets auf ein
DIE ERSTEN AMPS MIT
VARIABLEM KLIRRTUNING
ziemlich heilloses Durcheinander der erzwungenen und der
im Zeitverlauf nicht dazu passenden Obertonschwingungen
der Endstufen hinaus.
„Meine alten M 3 waren
gewiss nicht schlecht“, stöhnt
Mania, „doch um die jetzt notwendige Grundsauberkeit und
Impulsschnelligkeit ohne eine
überzogene GegenkopplungsZwangskorrektur hinzukriegen,
musste ich wirklich mächtig
feilen.“ Nun macht auch die
überschwängliche Stromversorgung der Ausgangsstufe
Aus dem Messlabor
Klirr royal
Wie die Klirrverlaufsdiagramme zeigen, hat
AVM seine Monoblöcke perfekt abgestimmt.
Bei praktisch jeder Aussteuerung fallen
die Oberwellen in harmonischer Ordnung
schnell ab. Die Klirr-Tuning-Funktion bringt
dann hauptsächlich zusätzliche Anteile der
ersten und zweiten Oberwelle dazu. Die
werden selbst nicht hörbar, sie verschieben
den Klang aber in Richtung Röhrenklang.
Klirrverlauf der
AVM-Monoblöcke
ohne Mitwirkung
der ObertonTuningstufe.
Oberton-Stufe mit
Regler in Maximal-Position. Der
Verlauf erinnert an
Trioden-Amps.
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AVM V 3 NEXT GENERATION
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1
Den wichtigsten Line-Ein- und -Ausgängen hat AVM sowohl symmetrische XLR-Kontakte als auch edelste WBT-Cinchbuchsen spendiert.
1 Neben dem Einschub-Phonoteil gibt es noch Platz für einen
zukünftigen UKW/DAB-Tuner und einen Digital/Analog-Wandler.
2 Ein CS 3310 von Cirrus stellt die Lautstärke und bei Bedarf
individuell programmierbare Vorpegel für die Eingänge ein.
3 Haupt- und Neben-Schaltnetzteil für die Steuerungsfunktionen.
über einen vergossenen 500Watt-Trafo und die separate der
Vorkreise via Extraübertrager
AN LEISTUNG LIEFERN
DIE M 3 MEHR ALS GENUG
durchaus Sinn, die bei den alten
M 3 fast übertrieben wirkte. In
dem neuen Licht erscheinen
auch die sechs sündhaft teuren
Röderstein/Vishay-Elkos jedes
Monoblocks als probate Mittel
zur Haupt-Stromspeicherung.
Bei aller Spannung ob des
Vario-Tunings, bei den Hörtests
stand zuerst die Vorstufe auf
dem Programm. Der Vergleich
mit AVM-Vorgängerinnen war
schnell abgehakt: Die Novizin
spielte in diversen Ketten – im
Bass agiler und obenraus freier
– klar besser als etwa AVMs V 2
(8/00, 52 Punkte, 1350 Euro).
Die LP- stand der CD-Wiedergabe nicht nach. Im Gegen-
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teil, die neue V 3 ließ analoge
Vorzüge wie unmittelbare Lebendigkeit und schöne Höhenaura nur so blühen. Zumindest
bei MM-Tonabnehmern; bei
MC tönte sie zwar immer noch
sehr ordentlich, allerdings ein
wenig bedeckter.
Bis dahin hätte die neue
AVM trotzdem 53 Punkte verdient. Noch feiner und sensibler
agierend, meldete Linns teurere Majik Kontrol (Seite 42) nun
aber erfolgreich Widerspruch
an, sodass die AVM mit dem
Titel „Die Schönste und Beste
der 52er“ leben muss.
Ob zusammen mit ihrer
Schwester oder etwa einer Lyra
Connoisseur: Die M-3-Monoblöcke liefen bereits in der
„Null-Tuning“-Position zu absoluter Höchstform auf. Herrlich, sich von den AVMs in die
Bassschluchten der CD „Moloko Catalogue“ (PIAS / Rough
Trade) führen zu lassen. Nicht
einfach in dunkle wie bei minderen Verstärkern, sondern in
eine an Formen, Mustern und
Farben reiche Unterwelt.
Über alledem erschien die
Stimme von Roisin Murphy
umso klarer, natürlicher und
eindringlicher. Und zur Krönung des Ganzen durften die
Höhen so leuchten, wie sie es
von Haus aus wollten: warm,
völlig gelöst, nach Belieben weit
und ohne den geringsten Anflug von schärflichem Billigtransistor-Glanz.
Ergo klangen die AVMs bei
aller Tiefen-Gestaltungskraft so
schon ähnlich wie eine gute
Röhre. Bald stellte sich heraus,
dass der Dreh an dem kleinen
Rückseiten-Regler diese Eigenschaft noch vertieft. Der linke
Anschlag lieferte dabei fast
schon des Guten zuviel: Schlagzeugbecken sprühten dann be-
sonders feurig, dafür wirkte die
Bassstruktur minimal weicher.
Eine perfekte Feineinstellung gelang mit der ebenso
glasklar gespielten wie aufgenommenen Bachschen PianoPartita II c-Moll (Christiane
Klonz, Bauer-CD). stereoplays
IDEALES FEINTUNING FÜR
DIVERSE ABHÖRKETTEN
Analog-Goldohr Dalibor Beric
legte sich fest: „Bei der Kette
mit dem Linn CD 12 (11/02)
und der Lyra-Referenzvorstufe
(8/05) sowie den Lautsprechern
Sonics Allegra (8/05) muss der
Regler genau auf 11 Uhr 30
stehen.“
Wobei das mehr die Freude
als die Wertung steigerte: Weil
die neuen M 3 schon ohne
Tuning in der Preisklasse einmalige 54 Punkte und ein strahlendes Highlight bekamen. ■
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stereoplay
Highlight
AVM Evolution M 3
AVM Evolution V 3
1.600 Euro(Herstellerangabe)
2.800 Euro(Herstellerangabe)
Vertrieb: Wolfgang Roza
Telefon: 040/6788166
Internet: www.avm-audio.com
Auslandsvertretungen siehe Internet
Maße: B: 43,0 x H: 8,5 x T 34,0 cm
Gewicht: 6,2 kg
Vertrieb: Wolfgang Roza
Telefon: 040/6788166
Internet: www.avm-audio.com
Auslandsvertretungen siehe Internet
Maße: je B: 25,0 x H: 13,0 x T: 38,0 cm
Gewicht: je 10,5 kg
Messwerte
Messwerte
Frequenzgang
Frequenzgang
18dB
6dB
15dB
3dB
12dB
0dB
9dB
-3dB
6dB
-6dB
3dB
-9dB
0dB
10Hz
100Hz
1kHz
10kHz
100kHz
Sehr ausgewogen, fest geschaltetes
Subsonic-Filter bei Phono
Verzerrungsspektrum
-12dB
10Hz
0dBV
-50dB
-20dBV
-70dB
-40dBV
-90dB
-60dBV
-110dB
-80dBV
-130dB
-100dBV
200 Hz
2kHz
20 kHz
Sehr geringer, gutmütiger Klirr;
sehr geringe Störeinflüsse
Klirranalyse (k2 bis k5 vs. Amplitude)
-120dBV
10mW
100mW
1W
10W
8Ω
6Ω
4Ω
3Ω
2Ω
-70dBV
-90dBV
100W
1kW
196W
139/251W
83/354W
65/427W
35/544W
0
-110dBV
20W
100W
500W
1000W
Leistung bis 544 W an 2 Ω, an komplexer Last limitiert Schutzschaltung
-130dBV
50mV 100mV 200mV
500mV
1V
2V
Praktisch nur 1. und 2. Oberwelle vorhanden mit tadellosem Verlauf
Störabstand (A-bew.) Line
96 dB
Phono MM-System/MC
78/72 dB
Eingangskapazität PhonoMM >115pF
Ausgangswid. RCA/XLR 75/328 Ω
VerbrauchStandby/Betrieb 1,2/9 W
52
20
30
Sinusleistung 8 Ω/4Ω
187/312 W
Dämpfungsfaktor
100 Hz / 10 kHz
1160/552
Störabstand (A-bew.)
104 dB
VerbrauchStandby/Betrieb 1,5/45 W
Bewertung
Bewertung
Klang
10
100kHz
stereoplay Leistungsprofil
-30dBV
0
10kHz
Günstig abgestufte und sehr gleichmäßig steigende Klirrkomponenten
-50dBV
-150dBV
20mV
1kHz
Klirranalyse (k2 bis k9 vs. Leistung)
-30dB
-150dB
20 Hz
100Hz
Ausgewogen und sehr breitbandig
40
50
60
Klang
0
70
10
54
20
30
40
50
60
70
9
Messwerte (max.10 Punkte)
9
Messwerte (max.10 Punkte)
Praxis (max.10 Punkte)
9
Praxis Endverstärker (max.10 Punkte) 9
Wertigkeit (max.10 Punkte)
9
Wertigkeit (max.10 Punkte)
9
Praktische Vorstufe, die lupenreine
Messdaten mit mannigfaltigen
Bedienungs- und Anschlussoptionen
verbindet. Klingt sauber und ausgeglichen mit einem sympathischen Hang
zur wuchtigen Dynamik.
Fabelhafte Monoblöcke, die nicht nur
messtechnisch inklusive Klirrverlauf
ohne Fehl und Tadel dastehen, sondern andererseits auch wirklich fantastisch klingen. Abartige Dynamik und
völlige Klarheit werden von warm-lebendigen, ultrafeinen Höhen gekrönt.
stereoplay Testurteil
stereoplay Testurteil
Klang
Klang
Spitzenklasse
52 Punkte
gut - sehr gut
Preis/Leistung
Spitzenklasse
54 Punkte
Gesamturteil:
Gesamturteil:
79 Punkte
sehr gut
sehr gut
Preis/Leistung
81 Punkte
überragend