Erfahrungsbericht Florian Gottschalk

Transcrição

Erfahrungsbericht Florian Gottschalk
Erfahrungsbericht Tasmanien Land und Leute
Tasmanien: Träume, Teufel, Tatbestände Ein Semester Internationales Recht an der University of Tasmania Erfahrungsbericht eines Augsburger Jurastudenten T asmanien. Das ist das Land rarer
Gegensätze. Das sind verschneite
Gebirgsketten und weiße Traumstrände. Das ist unberührte, wilde Natur
und moderne Zivilisation. Das ist das
Land, von dem viele Träumen, das aber
kaum einer wirklich kennt. Das hört sich
sehr hochtrabend an, beweist aber doch
nur, welche Faszination von diesem grünen Fleckchen Erde ausgehen kann.
Land und Leute Attraktionen auch touristisch erschlossen.
Viele Sehenswürdigkeiten sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln (z.B. Bus und Schiff)
zu erreichen und in der Regel auch für
Rollstuhlfahrer zugänglich. Wen das jetzt
an den in Europa so beliebten (und wahrscheinlich auch unvermeidbaren) Massentourismus erinnert, dem sei das nicht verübelt. Doch zum Glück bleibt die einfache
Zugänglichkeit zu Sehenswürdigkeiten im
Normalfall die einzige Parallele. Denn die
Tasmanier haben erkannt, dass es zum
Schutz der Wildnis und der Naturbelassenheit ihres Landes
eines Tourismus bedarf, der in Einklang mit
der Natur steht.
The Natural State. Insgesamt verbrachte
ich über vier Monate in
Australiens kleinstem
und südlichstem Bundesstaat, der flächenmäßig ungefähr der
Sehenswürdigkeiten.
Größe des Freistaats
Diesem
behutsamen
Bayern
entspricht.
Ökotourismus ist es
Setzt man dies in Vermeiner Meinung nach
bindung mit der gerinauch zu verdanken,
geren Einwohnerzahl
dass man selbst an
von
lediglich
einer
weißen Sandstränden,
knappen halben Million BAY OF FIRES Traumhafter Küstenabschabschnitt die zu den zehn
(Bayern hat zum Ver- im Nordosten Tasmaniens schönsten der Welt
gleich über 12 Milliogehören (Wineglass Bay, Bay of Fires),
nen) lässt sich bereits das wohl wesentkeine monströsen Hotelkomplexe findet,
lichste Charakteristikum Tasmaniens ersondern sich der für einen Europäer fast
kennen: die Dominanz der Natur. Denn
unglaublichen Tatsache ergeben muss,
Tasmanien besteht zu etwa 45% aus Nadass man alleine ist. Sogar an den Topatttionalparks. Die Natur ist sogar so domiraktionen wie der Bay of Fires oder den
nant, dass es vor allem im Südwesten
Friendly Beaches im Freycinet National
Gebiete gibt, die nur vom Flugzeug aus
Park kann man sich völlig ungestört und
vermessen sind, da sie kaum zugänglich
sogar kostenlos mit dem Wohnmobil an
sind. Um diesen naturbelassenen Zustand
den Strand stellen und am nächsten Morzu bewahren ist etwa ein Viertel der Insel
gen alleiniger Nutzer eines kilometerlanauch als UNESCO-Weltnaturerbe ausgegen weißen Sandstrandes sein. Und abwiesen worden. Trotz dieser Bemühungen
gesehen davon lassen die Parkplatzkapaentdeckt man das Nationaltier Tasmazitäten an Sehenswürdigkeiten wie der
niens, den Tasmanischen Teufel, leider
Wineglass Bay, dem Dove Lake zu Füßen
kaum in freier Wildbahn, sondern nur in
des Cradle Mountain oder dem erloschesogenannten Wildlife Sanctuaries.
nen Vulkan The Nut auch nicht darauf
schließen, dass sich selbst bei maximalem
Tourismus. Doch was würde es TasmaBesucherandrang ein unbehagliches Genien nützen, wenn kein Mensch seine
fühl einstellen könnte.
Schätze zu Gesicht bekäme. Deshalb sind
zumindest die meisten landschaftlichen
1
Erfahrungsbericht Tasmanien Universität und Studium
Universität und Studium denten (zu denen ich mich auch zähle)
mag dies zunächst befremdlich wirken.
Nutzt dieser die Bibliothek während des
Semesters doch nur ab und an und besucht sie hauptsächlich zur Quellensuche
im Rahmen von Hausarbeiten während
der vorlesungsfreien Zeit.
University of Tasmania. Doch um hier
nicht den im übrigen unbegründeten Verdacht entstehen zu lassen, dass ich während meines Tasmanienaufenthaltes eher
zum Tourismus- als zum „Internationalen
Rechtsexperten“ avancierte, möchte ich
Vorlesungen. Doch die Ausgestaltung von
an dieser Stelle klarstellen, dass das stuVorlesungen unterscheidet sich vor allem
dentische Leben in Tasmanien auch die
im Hinblick auf Hausarbeiten (sog. EsTeilnahme an diversen Lehrveranstaltunsays) maßgeblich von den deutschen Gegen an der University of Tasmania (UTAS)
pflogenheiten. Während Hausarbeiten in
umfasst. Zur Universität in Hobart ist zuDeutschland innerhalb der vorlesungsfreinächst zu sagen, dass sie von der Größe
en Zeiten zu bearbeiten sind, sind Essays
ungefähr der Augsburger entspricht, also
in Tasmanien feste Bestandteile einer Vorungefähr mit einer mittelgroßen deutschen
lesung und daher auch schon während
Universität zu vergleichen ist. Der Campus
des Semesters zu erstellen und einzureibefindet sich im Stadtteil Sandy Bay, wo
chen. Zumindest alle meine Vorlesungen
zum einen viele Studentenwohnungen zu
(Legal Systems, International Law und
finden sind, welches aber auf Grund des
Law of the Oceans and the Antarctic) umherrlichen Ausblicks und seiner Lage an
fassten auch ein soleinem
weitläufigen
ches Essay. Der UmStrand auch als Villenfang dieser Arbeiten
viertel gilt. Kehrseite
reichte von 1000 bis zu
des Ausblicks auf die
4000 Wörtern. In zwei
Mündung des River
Vorlesungen
konnte
Derwent ist allerdings,
aus einer vorgegebedass man beim Gang
nen Auswahl, in einer
zu den teilweise in verVorlesung das Thema
schiedenen Gebäuden
sogar völlig frei gewählt
liegenden Hörsälen und
werden. In International
Bibliotheken
diverse
Höhenmeter zu bewäl- UTAS Der Campus der University of Tasmania in Law war die Arbeit darSandy Bay über hinaus auch im
tigen hat. Die etwa in
Rahmen
eines
Referates
vorzustellen.
der Mitte der Uni gelegene ZentralbiblioDas Zustandekommen der Endnote ist
thek (Morris Miller Library) beheimatet
daher vielschichtiger. Denn es ist nicht
neben umfangreicher Literatur auch viele
selten, dass sich das Endergebnis einer
PC-Arbeitsplätze mit Internetzugang und
Vorlesung aus einem Essay, einem RefeDruckmöglichkeit. Darüber hinaus ist an
rat und ein oder zwei Klausuren ergibt. Die
der gesamten Universität der Zugang zum
Klausuren finden hingegen wie in
Internet nach Installation eines Clients
Deutschland teilweise während des Seauch vom eigenen Laptop aus möglich.
mesters oder nach Ende dessen in der
Jura Fakultät. Ist man jedoch auf der SuPrüfungszeit statt. Dabei gestaltet sich die
che nach juristischer Literatur, so führt es
Notenvergabe nicht ganz so extrem wie in
einen nicht in die Morris Miller Library,
Deutschland. Sehr gute Ergebnisse sind
sondern direkt in die am Anfang des Camzwar auch in Tasmanien sehr rar aber
pus befindliche Juristische Fakultät. Nedoch möglich.
ben
mehreren
Hörsälen,
PCProfessoren. Der Umgang zwischen ProArbeitsplätzen und Gruppenarbeitsräumen
fessor und Student erschien mir generell
befindet sich hier nämlich auch die eigene
sehr freundschaftlich. Die Professoren
juristische Teilbibliothek. In diesen ehrhatten stets ein offenes Ohr für Nachfrawürdigen „Hallen“ verbrachte ich abgesegen und verhielten sich vor allem gegenhen von den Vorlesungen auch einen
über den Austauschstudenten sehr aufgeGroßteil meiner Zeit während des Semesschlossen.
ters. Für einen „normalen“ deutschen Stu 2
Erfahrungsbericht Tasmanien Freizeit
Freizeit Clubs. Auch wenn das Schreiben der Essays einen nicht unerheblichen zeitlichen
Aufwand erfordert, so muss man allerdings nicht befürchten, dass man während
des Semesters in Arbeit erstickt. Da man
als Austauschstudent lediglich drei Vorlesungen besuchen muss, bleibt genug Zeit
für Freizeitaktivitäten. Wer sich gern sportlich betätigt, der sollte gegen eine sehr
geringe Aufnahmegebühr (meistens ca.
zehn Dollar) einem der zahlreichen Clubs
der Universität, etwa dem Rafting- oder
Bushwalkingclub (Wandern) beitreten.
Diese veranstalten fast jedes Wochenende Trips und laden oft zu BBQs ein.
rum und am Hafen befinden sich einige
Clubs und Bars.
Finanzen Lebensmittel. Zu guter letzt stellt sich nun
noch die Frage der Finanzen. Grundsätzlich ist hierzu zu sagen, dass die Preise
(abgesehen von den Spritpreisen) etwas
über dem deutschen Niveau liegen und
bei Lebensmitteln meinem Empfinden
nach größeren Schwankungen unterliegen. Vor allem Obst und Gemüse sind
teilweise sehr teuer.
Unterkunft. Für eine mit den wichtigsten
Gegenständen eingerichtete Unterkunft
sind mindestens 150 Dollar pro Woche
einzuplanen. Zimmer können entweder
direkt bei der UTAS oder von privaten Anbietern gemietet werden.
Ausflüge. Ansonsten empfiehlt es sich vor
allem sich mit anderen Austauschstudenten zusammen einen fahrbaren Untersatz
Reisen. Flüge zwischen
zu mieten und das
Melbourne und TasmaLand auf eigene Faust
nien sind schon ab ca.
zu erkunden. Im Zent50 Dollar zu haben. Vor
rum von Hobart befinallem Virgin Blue, Jetden sich diverse Anbiestar und Tiger Airways
ter. Ist man zu fünft so
bieten früh und abends
bekommt man einen
Verbindungen zu dieMietwagen schon ab
sen Konditionen an.
ca. 15 Dollar pro Tag
Grundsätzlich gilt aber
und Person. Möchte
auch hier immer: je
man mehrere Tage am
früher man bucht, desto
Stück unterwegs sein, HOBART Der Fischerhafen im Zentrum der Stadt billiger der Flug.
sind auch Überführungen von Autos und
Wohnmobilen zu empfehlen (sog. Relocations, www.standbyrelocs.com).
Weitere Informationen Hobart. Sollte es einmal nicht in einen der
unzähligen Nationalparks Tasmaniens
gehen, so kann man sich auch in Hobart
und dessen Umgebung mehr als nur die
Zeit vertreiben. In Hobart selbst befinden
sich diverse Museen und Ausstellungen,
ein Schwimmbad, sowie Kinos. Jeden
Samstag werden die Verkaufsstände des
Salamanca Market aufgeschlagen. Am
Hafen werden diverse (aber relativ teuere)
Boots- und Schiffsfahrten angeboten. Von
dort starten auch die kurzen und recht
preiswerten und vor allem bei schönem
Wetter sehr lohnenswerten Busfahrten auf
den Mount Wellington (den „Hausberg“
von Hobart). Hobart verfügt auch über ein
lebendiges Nachtleben. Vor allem im Zent Für weitere Informationen und Rückfragen
stehe ich gerne zur Verfügung. Hinweisen
möchte ich an dieser Stelle aber auch auf
meine Webseite www.gotasmania.de mit
Reiseberichten, Informationen über Tasmanien und umfangreichem Bildmaterial.
Abschließend möchte ich mich beim gesamten Lehrstuhl von Prof. Dr. Möllers
und allen mit dem Austausch befassten
Mitarbeitern für die Ermöglichung dieses
Auslandssemesters bedanken.
_____________________
Florian Gottschalk | Jurastudent an der Universität Augsburg | [email protected]
3