Natural Born Golfers
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Natural Born Golfers
10 JUNGE SZENE Donnerstag, 6. April 2006 Stuttgarter Zeitung Nr. 81 Jugend trainiert für Pulitzer Put, put, put – Golfen in der Großstadt Exklusive Spielorte sind ein Muss für „Natural Born Golfers“ Sie pfeifen auf teure Clubs, Handicaps und Karohosen und spielen, wo es ihnen passt – auf Hochhäusern, in Fußballstadien oder im Hafengelände. Junge GolfFreaks, die „Natural Born Golfers“ erobern die Großstädte. Von Andrea Peus Thimo ist ein lässiger Typ. Wollmütze, Sonnenbrille, nackter Oberkörper, die Jeans auf halb acht in Hüfthöhe. Konzentriert steht er mitten in Hamburg auf dem Dach eines alten Bunkers, den Golfschläger in der Hand, den Ball im Visier. Der nächste Schlag muss sitzen. Thimo ist in guter Gesellschaft. Rings um ihn herum ähnliche Typen wie er: jung, unkonventionell und allesamt ausgestattet mit Golfschlägern und einem Sack ausrangierter Bälle. Sie pfeifen auf Polohemd und Karohose, boykottieren teure Clubbeiträge und gepflegte Grünflächen. Gespielt wird, wo es Spaß macht. Ob in Hamburg, München, Berlin, Dortmund, Leipzig, Frankfurt oder Köln, überall stehen sie auf Hochhäusern, stillgelegten Industrieflächen, in Fußballstadien oder im Hafengelände und schlagen ihre Bälle in Container oder Ölfässer, auf Autowracks oder Baggerschaufeln. Regeln gibt es keine. „Es kann jeder im Prinzip spielen wie er will, er muss nur aufpassen, dass keiner im Weg steht“, sagt Torsten Schilling, einer der beiden Erfinder des Crosssports und Präsident des Dachver- „Natural Born Golfers“: Nikola und Torsten. bands „Natural Born Golfers“ (NBG) in Hamburg. Bei den Turnieren geht es daher nicht um sportliche Höchstleistungen, sondern um den Spaß an der Freude. So werden die begehrten Pokale in Kategorien wie „Nice Style“, „Hardest Try“, „Big Talent“ oder „Best Entertainment“ vergeben. Soll heißen: entscheidend ist der beste Auftritt und der witzigste Abschlag. Dabei darf auch ruhig mal laut über schlechte Schläge geflucht oder ein Bier nebenher getrunken werden. „Wofür wir die Pokale verleihen, wissen wir morgens oft noch nicht. Das kann auch schon mal für den schönsten Schuh oder einen plüschumwickelten Schläger sein“, sagt Schilling. Die Idee zum Crossgolf entstand rein zufällig. Noch in seinem alten Job als Setdesigner begleitete Torsten Schilling 1992 zusammen mit der Fotografin Nikola Krasemann eine Rockband auf ihrer Tour. Eines Abends packten die Bandmitglieder – allesamt begeisterte Golfspieler – aus einer Bierlaune heraus ihre Schläger aus, und ab ging’s durchs Hotel: den Gang entlang, in den Fahrstuhl, hoch ins nächste Stockwerk und wieder zurück. „Wir waren total euphorisch, und irgendwann kamen wir auf die Idee, dass wir vielleicht auch außerhalb des Hotels, beispielsweise auf dem gegenüberliegenden Hochhausdach, spielen könnten“, sagt Schilling. Die Suche nach exklusiven Spielorten wurde zum festen Bestandteil des Sports. Anfangs noch im kleinen Freundeskreis, wuchs die Fangemeinde schnell. Im Jahr 2000 beschlossen Schilling und Krasemann, ihre Jobs an den Nagel zu hängen und das Crossgolfen professionell zu organisieren. Inzwischen haben sie alle Hände voll zu tun. In Deutschland betreuen sie nach eigenen Angaben etwa 60 000 Crossgolfanhänger, 80 Prozent davon sind zwischen 20 und 30 Jahre alt. Weltweit dürften es sogar 180 000 Anhänger sein, schätzt Schilling. Neben ihrem Hauptsitz in Hamburg gibt es Büros in Berlin, Köln, München, Paris, San Francisco, Warschau und sogar in Kuala Lumpur. „Dass wir mit dem Sport einen solchen Hype auslösen würden, hätten wir selbst nie gedacht“, sagt Schilling. Sie lassen sich einiges einfallen, um ihre Fans bei der Stange zu halten. So bot die letzte Veranstaltung in Hamburg, das „Rock ’n’ Hole Festival“, einen bunten Mix aus Liverockbands, DJs und ausgefallenen Abschlaglocations. Mit Bussen karrten sie die jungen Golfer zum Hamburger Hafen. Eigentlich hatten sich nur rund 60 Teilnehmer angemeldet, am Ende waren es rund 120. Auf einem Elbschiff ging die Party dann weiter. Vom Wasser aus wurden die Bälle in ein abgesperrtes Gelände im Freihafen geschossen. Ziel war eine alte Cessna, die Schilling und sein Team zuvor extra dorthin geschafft hatten. Nichts ist unmöglich, nichts zu verrückt. „Wir haben auf dem Hafengelände schon mal ein komplettes Wohnzimmer aufgebaut“, erzählt Schilling, „Ziel war es, vom Schiff aus den Fernseher zu treffen.“ Die Bälle, die dabei zu hunderten in die Elbe sausen, lösen sich nach einer Woche auf. Schilling: „Das sind extra für uns angefertigte Ökobälle.“ Die National Born Golfers haben auch eine eigene Kollektion herausgebracht: StZ-Schülerzeitungswettbewerb Rasende Reporter aufgepasst: jetzt heißt es fleißig schreiben, redigieren, layouten und kürzen. Die Stuttgarter Zeitung ruft zum sechsten Schülerzeitungswettbewerb auf. Ende Juli wird das beste Blatt BadenWürttembergs prämiert. Von Simone Drescher Es muss nicht immer Karo sein: die „Natural Born Golfers“ pfeifen auf Konventionen und spielen in Alltagskluft auf Hausdächern. Fotos NBG Hosen, Hemden, Kapuzensweatshirts, Jacken und T-Shirts – allesamt verziert mit dem beliebten Logo der Crossgolfer, einem Totenkopf mit gekreuzten Golfschlägern. Der Geschmack der Spielerinnen kommt dabei nicht zu kurz. Denn die Fangemeinde hat sich in den vergangenen Jahren ziemlich gewandelt: „Waren es am Anfang hauptsächlich Männer, die sich für den Sport begeisterten, sind es heute fast genauso viele Frauen.“ Die meisten kommen aus der Medienbran- che, sind zwischen 20 und 40 Jahre alt und modebewusst. Bereits die ersten nur provisorisch am Hauptbahnhof bedruckten T-Shirts wurden Schilling und Krasemann förmlich aus den Händen gerissen. Für die neue Kollektion konnten sie die Hamburger Designerin Marie Richers („Goldmarie“) gewinnen, die auch schon den Hamburger Kult-Verein FC St. Pauli ausstaffierte. www.naturalborngolfers.com Ein schmerzhafter Schrei nach Liebe und Anerkennung Eine niederländische Studie befasst sich mit dem Phänomen der Selbstverletzung bei Jugendlichen Sie ritzen sich Wunden in die Arme, reißen sich Haarbüschel aus oder knallen ihren Kopf gegen eine Wand: Jugendliche im Pubertätsalter mit Hang zur Selbstverletzung. Eine niederländische Studie ergab, dass rund fünf Prozent aller europäischen Jugendlichen davon betroffen sind. Von Helmut Hetzel, Den Haag Susanne sitzt auf der Bettkante ihres Zimmers. In der rechten Hand hält sie ein Brotmesser. Der linke Arm ist entblößt. Dann schneidet sie mit dem Messer eine Kerbe in ihren linken Unterarm. Sie lässt die Wunde bluten. „Ich habe das immer gemacht, wenn ich mich beschissen fühlte. Dann verschwand die Angst in meinem Kopf für einen Augenblick. Es tat richtig gut, es erleich- STRESS DER WOCHE terte,“ erklärt die 16-Jährige ihren Hang zur Selbstverletzung. Susanne ist nicht die Einzige, die sich selbst verletzt und peinigt. Immer mehr pubertierende niederländische Jugendliche beschädigen ihren Körper absichtlich. Sie ritzen sich Wunden in Arme und Beine, reißen sich Büschel von Haaren aus oder knallen ihren Kopf gegen eine Wand, solange bis sie Blutergüsse an der Stirn haben. Aber warum? „Die Gründe für dieses Verhalten von Jugendlichen können vielfältig sein,“ sagt der Soziologe Erik Jan de Wilde vom Rotterdamer Gesundheitsamt GGD, das zusammen mit der Universität Leiden die Studie: „Child and Adolescent Selfharm in Europe“ (CASE) durchführen ließ. „Die Art der Verwundungen, die Jugendliche sich selbst zufügen, sagt nur wenig über die dahinter liegenden Motive.“ Ein Kratzer am Puls könne Ausdruck einer Todessehnsucht sein. Oft wollten die Jugendlichen auch nur auf sich aufmerksam machen. „Selbstverstümmelung kann auch ein Schrei nach Liebe sein oder der Ausdruck von Verzweiflung“, so de Wilde. Neu aber sei, dass es offenbar einen Zusammenhang zwischen Selbstverstümmelung und Selbstmordwünschen gebe. In der CASE-Studie beispielsweise berichtet eine andere junge Niederländerin, dass sie regelmäßig auf die oberste Etage eines Parkhauses ging, sie es aber nie geschafft habe, vom Parkhausdach hinunterzuspringen. Sie sei aber vom Todeswunsch eine Zeit lang regelrecht besessen gewesen. Die Wissenschaftler, die für die repräsentative CASE-Studie allein in Holland 4000 Jugendliche befragten, haben auch in anderen europäischen Ländern geforscht. Sie schätzen, dass mindestens fünf Prozent aller europäischen Jugendlichen sich selbst verletzen, Früh übt sich, wer ein großer Schreiber werden will. Und was könnte eine bessere Plattform für die eigenen kreativen Ergüsse sein als die Schülerzeitung? Da das auch erfahrene Journalisten wissen – schließlich haben einige davon selbst einmal als Schülerzeitungsredakteure angefangen – sollen die besten Exemplare in diesem Jahr erneut prämiert werden. Die Stuttgarter Zeitung schreibt zum sechsten Mal den Wettbewerb für die beste Schülerzeitung in Baden-Württemberg aus, Einsendeschluss ist der 30. Juni 2006. Für den ersten Platz gibt es 1000, für den zweiten 500, für den dritten 250 Euro. Außerdem bietet die Redaktion allen Gewinnern einen Workshop im Anschluss an die Preisverleihung Ende Juli an. Sei es ein Abriss über die Geschichte der Schokolade, ein Interview mit einem Genforscher, eine polemische Betrachtung der Überflutung durch Handyklingeltöne oder, ganz klassisch, das Porträt des Hausmeisters oder die Reportage über die Studienfahrt – Themen und Geschichten gibt es wie Sand am Meer. Eine Jury, bestehend aus Redakteuren, Layoutern sowie einem Vertreter der Chefredaktion der Stuttgarter Zeitung, bewertet die Themenauswahl, die Gestaltung und die Originalität der Beiträge in den Werken. Eine der facettenreichsten Stilformen ist die Reportage. Deshalb verleiht die Stuttgarter Zeitung einen Sonderpreis für den besten Einzelbeitrag in der Kategorie Reportage. Dieser Preis ist mit 250 Euro dotiert. Die Reportage ist Ende des 19. Jahrhunderts entstanden und ist heute in allen Zeitungsressorts zu Hause. Die früheren Reportagen dienten vor allem dazu, dem Leser entfernte und exotische Schauplätze näher zu bringen. Schließlich war die Mobilität längst nicht so fortgeschritten wie heute, nur die wenigsten konnten ferne Länder bereisen. Insofern waren Reisereportagen ein wichti- weil sie Probleme während der Pubertät haben. Im Haager Gesundheitsministerium nimmt man die Ergebnisse der Studie sehr ernst. Ende 2005 wurde ein Aufklärungsfilm mit dem Titel: „Unter der Haut“ gedreht, der sich ausschließlich mit dem Problem Selbstververletzung bei Jugendlichen beschäftigt. Susanne ist inzwischen in psychologischer Behandlung, da sie die immer zahlreicher werdenden Narben an ihrem linken Unterarm nicht länger verbergen konnte und sie ihren Eltern und Lehrern erklärte, woher diese kamen. Der Psychologe hat ihr Antidepressiva verschrieben. Die scheinen zu helfen. Mit dem Schneiden in den Unterarm hat sie jedenfalls aufgehört. „Wenn man sich gut fühlt, dann braucht man sich nicht selbst wehzutun,“ sagt die 16-Jährige jetzt. Sie wird aber noch eine ganze Weile unter ärztlicher Begleitung und Beobachtung stehen. SCHÜLERZEITUNGEN GESUCHT ges Medium. Heute steht die anschauliche Schilderung eines einzigartigen oder zumindest ungewöhnlichen Erlebnisses im Mittelpunkt, an dem der Autor seinen Leser quasi durch das Objektiv einer Kamera teilhaben lässt. Die Reportage beruht auf Tatsachen, ist jedoch stets persönlich gefärbt. Wer also noch mehrere weiße Seiten füllen muss, bevor die aktuelle Ausgabe der Schülerzeitung in den Druck geht, schickt am besten die Edelfeder der Schülerzeitungsredaktion los und lässt sie eine schillernd-facettenreiche Reportage verfassen – es winken immerhin 250 Euro. Schickt bis zum 30. Juni ein Exemplar eurer Schülerzeitung aus dem laufenden Schuljahr an: Stuttgarter Zeitung, Redaktion Junge Szene, Plieninger Straße 150, 70567 Stuttgart. Den Namen der Schule sowie einen Ansprechpartner samt Telefonnummer und E-Mail-Adresse nicht vergessen! Ein Magazin für die Generation Praktikum Den Einstieg in den Beruf bekommt man immer öfter durch ein Praktikum. Das wird leider auch immer öfter ausgenutzt: von schlechter Bezahlung in Verbindung mit jeder Menge Arbeit können tausende von Praktikanten ein Lied singen. Nichtsdestotrotz gibt es jetzt ein Magazin für „Betroffene“. Der „Jobguide Praktikum“ präsentiert auf 154 Seiten mehr als 50 000 Praktikumsplätze in über 400 Unternehmen (es gibt auch Regionalausgaben). Außerdem gibt es Erfahrungsberichte, Informationen über Förderprogramme und Auslandspraktika. sdr Annette Eicker: Jobguide Praktikum, Matchboxmedia, Düsseldorf. 5,90 beziehungsweise 9,90 Euro, www.jobguide.de Amani Hussein, 20, Abiturientin am Burggymnasium in Schorndorf, hat diese Woche jede Menge Abistress. Oft ersehnt und lange darauf hingearbeitet – jetzt ist es endlich so weit: schriftliche Abiturprüfungen. Für mich bedeutet das vier Klausuren in dieser Woche. Ich bin gut vorbereitet und trotzdem zwiegespalten. Ich wusste, dass es eine harte Woche wird, und bin froh, wenn es vorbei ist. Am Montag nach der Deutschprüfung war es ein geiles Gefühl, es hinter sich zu haben. Thema war „Effi Briest“, und zum Glück hatten wir genau die Aufgabe, die im Abi drankam, zufällig schon im Unterricht bearbeitet. Das kam mir natürlich entgegen. Morgen habe ich die letzte Prüfung im Wahlfach Geschichte. Danach gönne ich mir zwei Wochen Urlaub! cib Frankreich hautnah beim Schüleraustausch Einen Schüleraustausch sollte jeder einmal mitgemacht haben. Es gibt wohl kaum eine bessere Gelegenheit, sich mit dem Land und seinen Leuten vertraut zu machen. Das Deutsch-Französische Jugendwerk ist genau dieser Meinung und bietet deshalb das Schüleraustauschprogramm „Brigitte Sauzay“ an. Schüler und Schülerinnen der Klassen acht bis elf haben die Möglichkeit, drei Monate in der Familie eines französischen Austauschpartners zu leben und mit ihm zur Schule zu gehen. Im Gegenzug kommt der junge Franzose beziehungsweise die junge Französin für drei Monate nach Deutschland. Interessierte Jugendliche sollten seit mindestens zwei Jahren Französisch lernen. Weitere Informationen unter www.dfjw.org oder unter Telefon 0 30/28 87 57 15. sdr