Chinesische Bauunternehmen
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Chinesische Bauunternehmen
Chinas Öffnung nach außen: Chinesische Bauunternehmen auf dem globalen Markt und das Engagement der BHI BHI Bau- und Holzarbeiter Internationale www.bwint.org Die Bau- und Holzarbeiter Internationale (BHI) ist ein Weltverband von freien und demokratischen Gewerkschaften mit Mitgliedern in der Bauindustrie, im Baustoffgewerbe, in der Holzindustrie und der Forstwirtschaft und verwandten Industriezweigen. Die BHI hat 333 Mitgliedsorganisationen mit 12 Millionen Mitgliedern aus 130 Ländern. Der Sitz der Organisation ist Genf in der Schweiz. Die BHI verfügt außerdem über Regionalbüros und Projektbüros in Panama, Malaysia, Südafrika, Indien, Burkina Faso, Kenia, Südafrika, Thailand, Russland, Peru und Brasilien. Die Mission der BHI ist die Entwicklung von Gewerkschaften in der Bau- und Holzindustrie weltweit zu fördern und Arbeitnehmerrechte in Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung zu fordern und zu stärken. Bau- und Holzarbeiter Internationale (BHI), Genf, Oktober 2013 www.bwint.org Chinesische Bauunternehmen gehören heute in vielen Ländern weltweit zu den größten Arbeitgebern und führen umfangreiche Infrastruktur- und andere Bauprojekte durch. Obwohl die BHI über einen Wissens- und Erfahrungsschatz im Umgang mit europäischen multinationalen Unternehmen (MNUs) verfügt, stellen die chinesischen Unternehmen eine ganz neue Herausforderung dar, da hier keinerlei Tradition im Rahmen eines Sozialdialogs besteht. Ebenso wenig kann die BHI auf die Unterstützung und die Erfahrungen ihrer Mitgliedsgewerkschaft im Stammland des multinationalen Unternehmens zurückgreifen und es bestehen keine internationalen Rahmenvereinbarungen. Auch die multilateralen Entwicklungsbanken sind nicht beteiligt, so dass ihre Beschaffungsrichtlinien nicht direkt zur Anwendung kommen. Wie können die BHI und ihre Mitgliedsgewerkschaften die gewerkschaftliche Organisierungsarbeit auf chinesischen Projektbaustellen verstärken? Welche Informationen könnten für die Entwicklung eines besseren Verständnisses seitens der Unternehmen hilfreich sein, auf dessen Grundlage sich eine Organisierungsstrategie ausarbeiten ließe? Wie sehen die bislang gemachten Erfahrungen der Mitgliedsgewerkschaften aus? Die Zielsetzung dieser Broschüre1 besteht darin, einige Gründe zu erläutern, die der außergewöhnlichen Expansion chinesischer Bauunternehmen in den vergangenen zehn Jahren weltweit zugrunde liegen. Zudem liefert sie Informationen über Strukturen und Funktionsweisen der Unternehmen sowie über die derzeit gültigen gesetzlichen Rahmenbedingungen und Richtlinien zur unternehmerischen Sozialverantwortung (CSR). Darüber hinaus werden Erfahrungen der Mitgliedsgewerkschaften mit chinesischen Bauunternehmen sowie die Herausforderungen und potentiellen Strategien und Anknüpfungspunkte für ein mögliches gewerkschaftliches Engagement der BHI und ihrer Mitglieder für die kommende Kongressperiode dargestellt. 1 Sämtliche technische Informationen sind einer von der BHI in Auftrag gegebenen Studie über chinesische Bauunternehmen vom Februar 2013 entnommen. 3 Chinesische Bauunternehmen sind keine unabhängigen Marktakteure. Die bedeutendsten von ihnen sind staatseigene Betriebe oder deren Tochtergesellschaften. Internationale Bauprojekte sind integraler Bestandteil der Politik und der Prioritäten der Regierung und werden größtenteils im Rahmen regionaler oder zwischenstaatlicher Kooperationsvereinbarungen über Darlehen von Regierungsbanken finanziert. Die Führungsstrukturen der Unternehmen befinden sich – auch in den börsennotierten Tochtergesellschaften – weitgehend unter der Kontrolle des chinesischen Staatsrates und der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Für die Weiterentwicklung der BHI-Strategien ist es von Bedeutung, all diese bestehenden Verflechtungen zu berücksichtigen. Die chinesische Auslandshilfepolitik im Wandel Die chinesische Auslandshilfepolitik hat sich von einer ideologisch motivierten Hilfe zu einer Politik des gegenseitigen wirtschaftlichen Interesses entwickelt. Ihre zentralen Zielsetzungen bestehen darin, die Investitionen der chinesischen Unternehmen, die geopolitische Strategien verfolgen, zu stärken. Dabei geht es in erster Linie darum, den Energiebedarf des Landes zu decken und es mit den dafür erforderlichen natürlichen Ressourcen zu versorgen. In den Jahren vor dem Beitritt in die Welthandelsorganisation 2005 unterstützte die chinesische Regierung ausländische Investitionen mit großem Nachdruck – diese Strategie ist unter dem Begriff “wirtschaftliche Öffnung nach außen“ bekannt. Als Folge daraus erhöhten chinesische Bauunternehmen ihren Anteil am Weltmarkt in erheblichem Maß. China hat die USA als internationalen Bauunternehmer inzwischen überholt. Im Jahr 2010 führte China nahezu 15% der internationalen Bauverträge auf dem Weltmarkt aus. Davon entfielen 25% auf den asiatischen und knapp 40% auf den afrikanischen Markt. Die große Mehrheit der chinesischen Bauprojekte ist Bestandteil bilateraler regionaler oder zwischenstaatlicher Kooperationsabkommen. So hat China über die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) mittels umfangreicher Entwicklungs- und Investitionsprojekte die Führungsrolle bei der Förderung der regionalen Zusammenarbeit in Asien übernommen. Ein weiteres Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit ist das im Jahr 2012 zwischen China und der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) abgeschlossene Strategieabkommen für grenzübergreifende Infrastrukturprojekte, gemeinsame Produktion und Technologietransfer. Bilaterale zwischenstaatliche Abkommen bestehen im Allgemeinen aus einem Paket von Darlehensvereinbarungen, technischer Unterstützung und bestimmten Formen des kulturellen Austausches. Der Hauptschwerpunkt liegt auf Infrastrukturprojekten in den Bereichen Verkehr, Elektrizität, Energie sowie auf der Rohstoffwirtschaft, darunter Öl und Mineralstoffe. Zahlreiche Projekte stehen miteinander In Verbindung und verfolgen das Ziel, die subregionale Entwicklung durch integrierte Straßennetze, Häfen, Energie und Bergbauprojekte sowie durch Investitionen in die Landwirtschaft zu fördern. In einigen Ländern sind auch die Exporthandelszonen (EPZ) mit eingeschlossen. 4 Internationale chinesische Bauprojekte werden größtenteils durch die staatseigenen Banken, die Chinesische Export-Import Bank (China Exim-Bank) und die Chinesische Entwicklungsbank (CDB) finanziert. Zusammen übersteigt das Darlehensportfolio dieser beiden Banken das der Weltbank. Im Jahr 2010 verfügte die China Exim-Bank über mehr als 70 Projekte, die in diesem Jahr auf einen Wert von 13.6 Milliarden USD geschätzt wurden. Die Chinesische Entwicklungsbank finanzierte 60 Projekte in 30 afrikanischen Ländern und stellte lateinamerikanischen Ländern mehr als 61 Milliarden USD als Darlehen für Energie-, Transport- und Wohnungsbauprojekte bereit. Auslandshilfe wird entweder über Darlehen zu besonders guten Bedingungen und niedrigen Zinssätzen, Subventionen und Direktinvestitionen oder durch „Rohstoffe gegen Infrastruktur“Vereinbarungen bereitgestellt. Die Darlehen sind in der Regel daran gebunden, dass chinesische Bauunternehmen beauftragt werden und chinesische Maschinen und Güter zum Einsatz kommen. Demzufolge werden die Projekte nicht öffentlich ausgeschrieben oder unterstehen den im Empfängerland bei der öffentlichen Auftragsvergabe üblichen Vorgehensweisen. Die Darlehen sind “nicht-interventionistisch”, was bedeutet, dass sie nicht an die Annahme bestimmter wirtschaftlicher Strategien, die Durchführung demokratischer Reformen, die Einhaltung der Menschenrechte oder bestimmter Umwelt- oder Arbeitsnormen gekoppelt sind. Während die China Exim-Bank in der Regel Darlehen bereitstellt, setzt die Chinesische Entwicklungsbank auf ein anderes Investitionsmodell. Dieses versucht zu vermeiden, dass Entwicklungsländer mit umfangreichen Darlehen und Schulden belastet werden. So gründete die Chinesische Entwicklungsbank beispielsweise den Chinesisch-Afrikanischen Entwicklungsfonds (CAD-Fonds) und stellt in strategischen Bereichen wie Landwirtschaft, Exporthandelszonen (EPZ), Infrastruktur und natürlichen Ressourcen Kapitalinvestitionen an den afrikanischen Projekten der chinesischen Unternehmen bereit. In jüngster Zeit hat sich ein drittes Finanzierungsmuster herausgebildet: Das Empfängerland bzw. der ausländische Projekteigner bietet den chinesischen Unternehmen Vorzugsverträge an, in der Hoffnung, dass der chinesische Bauherr ihnen den Zugang zu Darlehen mit besonders günstigen Bedingungen von chinesischen Banken erleichtert. Chinesische Bauunternehmen und der Staat Die wichtigsten chinesischen Bauunternehmen sind nahezu allesamt staatseigene Betriebe und werden als staatseigene Zentralunternehmen bezeichnet. Die Zentralunternehmen wurden im Rahmen der 1979 durchgeführten Unternehmensreform mit der Zielsetzung gegründet, Geschäftstätigkeiten von den Ministerien zu trennen. In den 1990er-Jahren wurden Eigentum, Geschäftsführung und Aufsichtsfunktionen voneinander getrennt. In jüngster Vergangenheit wurde als Reaktion auf die Zunahme internationaler Verträge erneut eine Umstrukturierung der Zentralunternehmen vorgenommen. So wurden börsenkotierte Tochterunternehmen gegründet, deren größter Vermögensanteil dem Staat vorbehalten bleibt. Die Unternehmen sind hauptsächlich an den Börsen in Hong Kong und Shanghai kotiert. 5 Die sieben Riesen der chinesischen Bauindustrie Unter den zahlreichen Bauunternehmen befinden sich sieben besonders wichtige Zentralunternehmen. Hierbei handelt es sich um die Unternehmen, denen in den Sektoren Eisenbahn, Häfen, maritime Infrastruktur, Bergbau, Maschinenbau und Wasserkraft die wichtigste strategische Bedeutung zufällt. Sie hatten im Zusammenhang mit den chinesischen Hilfsprojekten im Ausland in den 1950er- und 1960er-Jahren eine Vorreiterrolle inne und profitierten als Erste von der Regierungspolitik der „Öffnung nach außen“. Ein hoher Anteil ihrer Einnahmen wird inzwischen durch ihre internationalen Geschäfte generiert. China Railway Group Ltd, CRG (China Railway Engineering Corporation) & China Railway Construction Corporation Ltd., CRCC (China Railway Construction Corporation) Diese beiden Unternehmen sind im Hinblick auf ihren Gesamtumsatz gemäß des wöchentlich erstellten Rankings des Engineering News Record – der sogenannten ENR-Liste – weltweit führend. Bis 2011 hatte die CRG mehr als 230 Auslandsprojekte in 55 Ländern durchgeführt. In Lateinamerika nahm die CRG im Jahr 2011 den sechsten Platz unter den internationalen Bauunternehmen ein. Die auf Schieneninfrastruktur spezialisierte CRCC hat bereits in 60 Ländern Projekte durchgeführt. Das Unternehmen beschäftigt in seinen Auslandsprojekten mehr als 10.000 Mitarbeiter. Im Jahr 2011 führte das Unternehmen insgesamt 283 internationale Projekte in 48 Ländern durch und war das zehntgrößte internationale Bauunternehmen in Afrika. China Communications Construction Corporation Ltd., CCCC Die CCCC ist gemessen am Gesamtumsatz das fünftgrößte Bauunternehmen und nimmt gemäß ENR-Liste hinsichtlich ihres Umsatzes aus internationalen Verträgen den elften Rang ein. Seit 2006 generiert das Unternehmen mehr als 20% seines Gesamtumsatzes aus internationalen Bauprojekten. Dies ist der höchste Anteil unter den sieben in diese Erhebung einbezogenen Unternehmen. Im Jahr 2011 führte die CCCC in 80 Ländern der Welt Projekte und Geschäfte durch. Das Unternehmen beabsichtigt, während des Fünfjahreszeitraums 20122017 seine internationalen Geschäfte auf 30 bis 40% seines Gesamtumsatzes zu erhöhen. Metallurgical Corporation of China, MCC (China Metallurgical Group Company) Die MCC ist der größte Hersteller von Stahlkonstruktionen in China sowie das Zentralunternehmen, das am meisten Wohnungen zu erschwinglichen Preisen bereitstellt. Sein Produktionsvolumen stieg von 200 Millionen im Jahr 2003 auf 700 Millionen Tonnen im Jahr 2011 an. Seit 2002 hat die MCC einen Teil ihrer Geschäftstätigkeit in den Bergbausektor verlagert. Der Umsatz aus internationalen Bergbauverträgen belief sich im Jahr 2010 auf 20% bis 30% des Neuvertragsvolumens. 6 China State Construction and Engineering Corporation Group, CSCEC Die CSCEC war im Jahr 2010 gemäß ENR-Liste auf Grundlage ihres Gesamtumsatzes das drittgrößte international tätige Bauunternehmen und führte in den vergangenen drei Jahrzehnten über 5.000 Projekte in 116 Ländern durch. Derzeit ist die Gesellschaft in 27 Ländern aktiv und erwirtschaftete im Jahr 2011 460 Milliarden CNY (57 Milliarden USD) aus internationalen Verträgen. Dies entspricht 20% des Gesamtumsatzes. China National Machinery Industry Corporation, Sinomach Sinomach war 2010 gemäß ENR-Liste das viertgrößte internationale MaschinenbauUnternehmen. Es verfügt über den höchsten Umsatzanteil aus internationalen Verträgen und erwirtschaftete 80% seines Umsatzes im Jahr 2008 (2010: 75%) aus Auslandsprojekten. Im Zeitraum 2006-2010 steigerte Sinomach seinen Bruttoertrag um sagenhafte 574%. Sinohydro Corporation (Sinohydro) /Power Construction Corporation of China (Power China) Power China nimmt gemäß ENR-Liste den 16. Platz im Bereich der Bauplanung ein und generierte 30% seines Umsatzes, 40% seiner laufenden Verträge und 57% seiner Erträge aus dem internationalen Geschäft. Im Jahr 2013 führte Power China 728 Projekte in 81 Ländern durch. Sinohydro war im Jahr 2010 gemäß ENR-Liste der weltweit drittgrößte Konzern im Bereich Kraftwerksbau und generierte nahezu 25% seines Umsatzes durch internationale Geschäfte. Das Unternehmen hat in den Bereichen Wasserkraft, Wärmekraft, Wohnungsbau und Infrastruktur bereits über 2.500 Projekte in 62 Ländern durchgeführt. Regulierung und Führung der Zentralunternehmen Der Staatsrat und die KPCh verfügen in Verwaltung und Führung der Zentralunternehmen über einen allumfassenden Einfluss. Darüber soll die politische Linientreue des Unternehmens sichergestellt und die Geschäftstätigkeiten des Unternehmens und seiner Mitarbeiter kontrolliert werden. Die Zentralunternehmen stehen unter der Kontrolle der Kommission des Staatsrates zur Kontrolle und Verwaltung des Staatsvermögens (SASAC), die wiederum dem Staatsrat unterstellt ist. Das SASAC-Büro für Parteiaufbau und das Büro für Massenbeschäftigung bauen eine Parallelstruktur mit KPCh-Komitees und Branchengewerkschaften auf, die in den einzelnen Zentralunternehmen dem All-Chinesischen Gewerkschaftsbund (ACGB) angegliedert sind. In ähnlicher Weise verfügt die Zentrale Kommission für Disziplin-Inspektion (CCDI), ein Parteiorgan zur Überwachung der Integrität der Parteiführer und zur Vorbeugung von Korruption, ebenfalls über Parallelstrukturen in der SASAC und den Zentralunternehmen. Jedes Zentralunternehmen verfügt über einen Aufsichts- und Verwaltungsrat sowie – im Falle der börsenkotierten Unternehmen – über eine Hauptversammlung. Die Arbeitnehmerbeteiligung wird durch die Ernennung eines Arbeitnehmeraufsehers, eines Arbeitnehmerverantwortlichen sowie die Arbeitnehmervertreterversammlung sichergestellt. Diese Vertreterpositionen werden durch den zuständigen Sektor des ACGB oder des KPCh-Komitees kontrolliert. 7 Die Mehrzahl der Zentralunternehmen geben hohe Organisierungsraten mit über 97% der Mitarbeiter an. Die wichtigste Rolle des ACGB in den Zentralunternehmen besteht darin, die Stabilität innerhalb der Belegschaft aufrechtzuerhalten. Zentralunternehmen und die Rolle des All-Chinesischen Gewerkschaftsbundes (ACGB) Der All-Chinesische Gewerkschaftsbund (ACGB) ist die offizielle und einzige Gewerkschaft in China. In den Zentralunternehmen werden die entsprechenden Gewerkschaftssektoren über ein duales Führungssystem bestehend aus dem SASACBüro für Massenbeschäftigung und dem jeweiligen Provinz- oder Städteverband des ACGB geführt. Den Gewerkschaften werden finanzielle Mittel und bezahlte Mitarbeiter bereitgestellt. Um den Einfluss der KPCh sicherzustellen, besteht ein System der wechselseitigen Vertretung zwischen den Gewerkschaften, der Geschäftsführung und dem Parteikomitee. So ist etwa der Gewerkschaftsvorsitzende häufig gleichzeitig ein Mitglied der Geschäftsleitung. Darüber hinaus kann er zudem auch noch Sekretär bzw. stellvertretender Sekretär des KPCh-Komitees im Unternehmen sein. Das Büro für Massenbeschäftigung sorgt für die ideologische Ausrichtung der Gewerkschaften in den Zentralunternehmen und organisiert Schulungen für die Arbeitnehmer. Im Jahr 2012 erstellte das Büro 17 Richtlinien für die Gewerkschaften in den Zentralunternehmen zu einer Reihe von Themen. So wurde in einer dieser Richtlinien erläutert, wie der Infiltrierung feindlicher Kräfte in die Arbeitnehmerschaft vorgebeugt werden kann. Dies war offensichtlich eine Reaktion auf die Mobilisierungen der Arbeitnehmer und die Generalstreiks in Europa. Andere Themenfelder sind häufig allgemeiner Natur. So geht es um zunehmende Teilnehmerraten in den Arbeitnehmerversammlungen, die Fähigkeit zur gewerkschaftlichen Organisierung oder um Produktivitätswettbewerbe. Auffällig ist das Fehlen von Informationen bezüglich Tarifverträgen oder Lohnverhandlungen. Korruption und spekulative Investitionen in den Zentralunternehmen Die Kommission des Staatsrates zur Kontrolle und Verwaltung des Staatsvermögens (SASAC) und der Staatsrat haben zunehmend Schwierigkeiten, ein effizientes System von Überprüfungen und Kontrollen einzurichten, mit dem sich hoch-riskante und willkürliche Investitionen und korrupte Vorgehensweisen verhindern lassen. Offensichtlich als Folge der steigenden Besorgnis darüber hat die SASAC in den Jahren 2011 und 2012 eine Reihe von Maßnahmen verabschiedet, die den Vermögens-, Immobilien- und Kapitaltransfer über ausländische Tochterunternehmen verbieten und die Führungskräfte für Verluste und Wertrückgänge von Vermögenswerten des Unternehmens zur Rechenschaft ziehen. Infolge der Finanzkrise 2008 verzeichneten 68 Zentralunternehmen erhebliche Verluste, die auf spekulative Investitionen in hochriskante Wertpapiere und Derivate zurückzuführen waren. Seit 2009 unterliegen die Finanzberichte der Zentralunternehmen externen Prüfungen durch das dem Staatsrat unterstellte Ministerium für Rechnungsprüfung. Die externen Prüfungen im Jahr 2012 brachten zahlreiche Missbrauchsfälle im Zusammenhang mit dem unrechtmäßigen Besitz von Aktien- und Vermögensanteilen sowie unrechtmäßigem Kapitaltransfer und illegalen Methoden im Rahmen von Ausschreibungsverfahren ans Tageslicht. Darüber hinaus bestehen systematisch Probleme hinsichtlich nicht ordnungsgemäßer Rechnungslegungspraktiken. 8 Auslandsinvestitionen und Genehmigung internationaler Verträge Die ausländischen Investitionen der Zentralunternehmen werden von der Staatlichen Kommission für Entwicklung und Reform (NDRC) sowie dem Ministerium für Handel und Wirtschaftliche Zusammenarbeit der Volksrepublik China (MOFCOM) reguliert. Die NDRC erstellt die makroökonomischen Pläne, während das MOFCOM für die Verwaltung der ausländischen Investitionen und die Handelsvereinbarungen mit anderen Ländern - darunter auch das internationale Vertragswesen sowie die Entsendung chinesischer Arbeitnehmer ins Ausland verantwortlich ist. Für sämtliche Großinvestitionen ist die vorherige Genehmigung durch die NDRC oder das MOFCOM erforderlich. In den letzten Jahren ist den Zentralunternehmen bei den Investitionsentscheidungen eine größere Autonomie eingeräumt worden. Die NRDC erhöhte 2011 das Mindestvolumen, ab dem die Unternehmen eine staatliche Genehmigung einholen müssen, auf 5 Millionen USD. Der vom Handelsministerium erstellte Fünfjahresplan für internationale Verträge und Kooperation für den Zeitraum 2011-2015 beinhaltet beispielsweise folgende Aspekte: • 7% Zunahme der ausländischen Direktinvestitionen • 6% Umsatzsteigerung über neue internationale Verträge • Erhöhung der Anzahl der ins Ausland entsandten chinesischen Arbeitnehmer auf über eine Million. Umwelt- und Sozialstandards und die unternehmerische Sozialverantwortung (CSR) China verfügt über kein Gesetz, das Auslandshilfe und ausländische Investitionsprojekte reguliert. Zudem ist keine Regierungsbehörde ausschließlich für Umwelt- und Sozialstandards zuständig. Hierfür sind vielmehr verschiedene Behörden wie etwa die Entwicklungsbanken, das Außenministerium sowie das Handelsministerium MOFCOM verantwortlich. Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfungen sowie die unternehmerische Sozialverantwortung (CRS) sind relative neue Themenfelder für China und in hohem Ausmaß eine Reaktion auf internationale Kritik. Die derzeit bestehenden Standards sind schwach und in der Praxis schwierig umzusetzen. Zudem beziehen sie sich nicht explizit auf die ILO-Arbeitsnormen. Es existieren eine Reihe sich überschneidender Richtlinien und Mechanismen, die für die BHI und ihre Mitgliedsgewerkschaften möglicherweise von Nutzen sein könnten. Richtlinien der Finanzierungsbanken Im Jahr 2007 gaben die China Exim-Bank wie auch die Chinesische Entwicklungsbank (CDB) Umwelt- und Sicherheitsrichtlinien heraus. Diese Richtlinien wurden vom internationalen Umweltbündnis International Rivers and Friends of the Earth kritisiert, da sie nur vage Grundsätze und keine spezifischen Standards oder Indikatoren für eine entsprechende Umsetzung enthalten. Im Jahr 2012 legte der Chinesische Bankregulierungsausschuss die Richtlinien zur Umweltrisikobewertung vor. Auch diese Richtlinien sind sehr vage und nehmen auf keine spezifischen ILO-Standards Bezug. Artikel 21 lautet wie folgt: “Die Bankinstitutionen müssen das Risikomanagement im Hinblick auf Umwelt- und Sozialstandards im Zusammenhang mit den durch ihre Kredite finanzierten Projekte im Ausland stärken und 9 sicherstellen, dass die Geldgeber die gültigen Gesetze und Bestimmungen zum Umweltschutz sowie die Gesundheitsschutz- und Sicherheitsbestimmungen usw. des Landes einhalten, in dem das Projekt durchgeführt wird. Die Banken müssen sich öffentlich zur Einhaltung angemessener internationaler Vorgehensweisen bzw. internationaler Normen sowie deren Befolgung im Rahmen ihrer hiervon betroffenen Auslandsprojekte bekennen, damit die Einhaltung der guten internationalen Vorgehensweisen sichergestellt werden kann.“ MOFCOM, SASAC, das chinesische Außenministerium und der Chinesische Industrie- und Handelsverband (CIHD) geben im Jahr 2011 die Richtlinien für das Arbeitnehmermanagement chinesischer Auftragsunternehmen im Ausland heraus Diese Richtlinien sind ein erster Schritt hin zu einer regulierten Arbeitsverwaltung – eine Thematik, die bis dahin als „unbeschriebenes Blatt“ bezeichnet wurde. Diese Richtlinien gelten für alle chinesischen Unternehmen, die im Ausland investieren sowie für alle Beschäftigen, also sowohl die chinesischen und lokalen Arbeitnehmer sowie Beschäftigte einer anderen Nationalität. Artikel 3 und 7 lauten wie folgt: “Verpflichtungen chinesischer Unternehmen: Chinesische Unternehmen haben die Arbeitsgesetzgebung Chinas sowie diejenige des Projektlandes genau zu kennen und strikt einzuhalten. Beschäftigungspraktiken: Gleiche Beschäftigungschancen sind zu beachten. Es gilt Diskriminierungen zu vermeiden, die auf die Zugehörigkeit zu einer Rasse, einem Stamm, zu ethnischen bzw. religiösen Gruppen zurückzuführen sind. Die lokalen Gesetze zur Beschäftigung und zu Arbeitsverträgen sind zu beachten. Den Arbeitnehmern sind Ansprüche entsprechend der lokalen Gesetzgebung und den Vertragsbedingungen zu gewähren. Darüber hinaus gilt es, die Beschäftigung zu schützen und die lokalen Gesetze zur Sicherheit am Arbeitsplatz sowie zur beruflichen Unfallversicherung einzuhalten. Es sind regelmäßige Kommunikationsmechanismen mit den Beschäftigten einzuführen, um ihren Fragen und Forderungen nachzukommen. Des Weiteren ist eine Abteilung einzurichten bzw. eine Führungskraft für die Verbindungs- und Kommunikationsarbeit mit der lokalen, aus Beschäftigten des Projektlands bestehenden Gewerkschaft zu bestimmen. Arbeitsstreitigkeiten: Die chinesische Botschaft im Projektland ist regelmäßig, unverzüglich und wahrheitsgemäß über Arbeitsstreitigkeiten in Kenntnis zu setzen.” Diese Richtlinien erkennen Gewerkschaftsrechte bzw. lokales Gewerkschaftsrecht nicht explizit an. Vielmehr sprechen sie sich für “Kommunikationsmechanismen” anstatt für die Anerkennung von Gewerkschaften bzw. die Aushandlung von Tarifvereinbarungen mit lokalen Gewerkschaften aus. Es ist klar zu erkennen, dass der chinesischen Botschaft hier eine Schlüsselrolle zukommt. Zudem sehen die Mechanismen keinerlei Verpflichtungen gegenüber den Gewerkschaften vor – unabhängig davon, ob es sich dabei um lokale Gewerkschaften im Projektland oder um den ACGB handelt. Der Leitfaden des Chinesischen Verbands internationaler Bauunternehmer (CHINCA) zur unternehmerischen Sozialverantwortung (CSR) der international tätigen chinesischen Bauindustrie 2010 Die im Jahr 1988 gegründete CHINCA ist eine nationale Handelsvereinigung internationaler Bau-, Leiharbeits- und Anlageinvestitionsunternehmen. Sie verfügt über 1.300 Mitglieder. Obwohl sie eine mitgliederbasierte Organisation darstellt, ist sie direkt der Überwachung des MOFCOM unterstellt. CHINCA stellt sich auf internationaler Ebene selbst als offizieller Vertreter der Bauunternehmen dar. Der vom Handelsministerium MOFCOM herausgegebene Leitfaden stellt ein relativ allgemein gehaltenes Rahmenwerk dar, das weder auf nationale chinesische Gesetze noch auf Gesetze des Projektlandes Bezug nimmt. Allerdings weist er – wenn auch nicht näher spezifiziert – auf die “relevanten ILO-Konventionen” hin und hält unter anderem fest: 10 “Entlohnung und Sozialleistungen: Die Löhne dürfen die lokalen Mindestlöhne bzw. die allgemeinen Branchenstandards nicht unterschreiten. Die Sozialleistungen sollten den lokalen Gepflogenheiten und Geschäftspraktiken entsprechen. Zudem ist ein jährlicher Lohnerhöhungsmechanismus für die Arbeitnehmer einzuführen. Kommunikation und Beteiligung der Arbeitnehmer: Die Mechanismen für die Verhandlungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern müssen den lokalen Gepflogenheiten entsprechen, die Kommunikation hat in beide Richtungen zu erfolgen.“ Die jährlichen CSR-Berichte der großen Bauunternehmen Die größten Zentralunternehmen veröffentlichen nun jährliche CSR-Berichte, die sich weitestgehend auf die Richtlinien der CHINCA stützen. Allerdings beziehen sich einige auch auf die Global Reporting Initiative (GRI) sowie auf den ISO-Standard 26000 zur unternehmerischen Sozialverantwortung. Die der stärksten Kritik ausgesetzten Unternehmen – darunter die an Staudammprojekten beteiligten Gesellschaften – haben die Anhörung von Interessengruppen in ihr CSR-Konzept aufgenommen. Die CSR-Konzepte und Zielsetzungen werden in der Regel von der Hauptniederlassung des Unternehmens erstellt und dann an die Tochterunternehmen sowie die Zulieferer weitergegeben. Allerdings sind die bestehenden Überwachungs-mechanismen weder klar noch effizient. Dennoch wird die Aufnahme von Beziehungen zu Gewerkschaften vor Ort im Rahmen von Auslandsprojekten von keinem Zentralunternehmen als gangbare Strategie anerkannt und es wird keinerlei Bezug auf die von der ILO verabschiedeten Kernarbeitsnormen hergestellt. Die Erfahrungen der BHI-Mitgliedsgewerkschaften mit chinesischen Bauunternehmen Die chinesischen Bauunternehmen scheinen ziemlich unterschiedliche Ansätze in Bezug auf die gewerkschaftliche Organisierung ihrer in internationalen Projekten beschäftigten Arbeitnehmer zu haben. Woher diese Unterschiede kommen, ist nicht klar. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang mit den Beziehungen der chinesischen Staatsführung zur jeweiligen nationalen Regierung oder dem Auftraggeber. Zudem variieren die Vorgehensweisen auch je nach der politischen Ausrichtung innerhalb der chinesischen Botschaft, den nationalen Gegebenheiten zwischen den Sozialpartnern oder hängen von anderen Faktoren ab. In einigen Ländern hat sich die Einstellung der Unternehmen in Bezug auf die gewerkschaftliche Organisierung offenbar verändert. Lokale BHI-Mitgliedsgewerkschaften in Ghana, Kenia und Uganda berichten, dass sie sich organisieren konnten und es vor kurzem sogar zur Unterzeichnung von Tarifvereinbarungen kam. In anderen afrikanischen Ländern wie etwa Tansania entsprechen die Unternehmen zwar mittlerweile dem minimalen Lohn- und Gehaltsniveau, halten jedoch andere Beschäftigungsgesetze sowie die Bestimmungen zur Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz nicht ein. In diesen Unternehmen scheint die Geschäftsleitung die gewerkschaftliche Organisierung ihrer Beschäftigten sogar aktiv zu unterbinden. Anderswo drücken die Regierungen in ihrer Eigenschaft als Auftraggeber von Infrastrukturprojekten an chinesische Bauunternehmen bei Missachtung der Beschäftigungsgesetze gern ein Auge zu, wie dies zum Beispiel in Namibia der Fall ist. Schließlich gibt es Länder, wie etwa Pakistan, in denen die Regierungen aktiv die Unterdrückung von Gewerkschaften unterstützen. 11 Ghana: Gewerkschaft unterzeichnet acht Tarifvereinbarungen mit chinesischen Unternehmen Bis Anfang des Jahres 2013 hatte die Gewerkschaft der Beschäftigten der ghanaischen Baumaterialindustrie (CBMWU) acht Tarifvereinbarungen mit verschiedenen chinesischen Unternehmen unterzeichnet. Die Tarifvereinbarungen beinhalten die Anerkennung von Gewerkschaften, weisen gewerkschaftliche Sicherheitsklauseln auf und gewähren individuelle und kollektive Rechte. Darüber hinaus legen sie Vorgehensweisen im Rahmen von Konflikten zwischen den Sozialpartnern sowie zur Verteidigung von Arbeitnehmerrechten, monetäre und nicht monetäre Zuwendungen, bezahlten Urlaub und Abfindungsvergütungen fest. „Ursprünglich gab es Widerstand, jetzt haben sich die Unternehmen jedoch geöffnet. Sie ermöglichen nun gewerkschaftliche Organisierung, den Abschluss von Tarifvereinbarungen mit unserer Gewerkschaft und respektieren die Beschäftigungsgesetze und Gewerkschaftsverträge. Wir haben erhebliche Verbesserungen festgestellt, was einen Anstieg unserer Mitgliedszahlen um 30% zur Folge hatte.“ Pius Quainoo, Generalsekretär, Gewerkschaft der Beschäftigten der ghanaischen Bau- und Baumaterialienindustrie (CBMWU). KenIa: Gewerkschaft unterzeichnet vier Tarifvereinbarungen – weiteres Abkommen in Vorbereitung Die kenianische Gewerkschaft für Beschäftigte im Hoch- und Tiefbau sowie der Holz- und Möbelindustrie konnte vier Tarifvereinbarungen mit den Unternehmen China Road and Bridge Corporation, China Sinohydro Cooperation, China Overseas Corporation und China Jiangsu International unterzeichnen. Der Tarifvertrag beinhaltet Standardklauseln zur gewerkschaftlichen Anerkennung, Mechanismen zur Streitschlichtung, Verbesserung der Löhne und Gehälter sowie Abgeltung von Überstunden, Reisezeit, Wohn- und Arbeitswegzulagen, Urlaubsgeld, Entschädigungen bei Berufsunfällen, Mutterschaftsurlaub, Entlassungs- und Rentenregelungen sowie die Definition der Vorgehensweise bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Allerdings sind die Klauseln bezüglich der Verantwortung des Hauptbauunternehmens im Rahmen des Einsatzes von Subunternehmern nicht bindend. Die Vereinbarung legt fest, dass das Unternehmen die Subunternehmer und Leiharbeitsfirmen auf die Existenz einer solchen Tarifvereinbarung “aufmerksam zu machen“ und “ihnen dringend zu empfehlen“ habe, auf allen Baustellen faire Beschäftigungspraktiken einzuhalten und der Unterbezahlung ihrer Beschäftigten vorzubeugen. 12 Uganda: Gewerkschaft und nationaler Gewerkschaftbund handeln Anerkennung und Tarifvereinbarungen aus Die chinesischen Bauunternehmen verfügen in den großen Infrastrukturprojekten in Uganda sprichwörtlich über ein Monopol und decken über 80% der Verträge ab. Auf den meisten Baustellen werden die grundlegenden Beschäftigungsrechte nicht respektiert und Bestimmungen zur Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz ignoriert. Zudem scheint die Regierung in ihrer Rolle als größter Auftraggeber gerne ein Auge zuzudrücken und die Realität zu ignorieren und unternimmt keine ausreichenden Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer. In jüngster Zeit waren bei der gewerkschaftlichen Organisierung der Baustellen Fortschritte festzustellen. Im Jahr 2012 rekrutierte die ugandische Baugewerkschaft (UBCCECAWU) mehr als 200 weibliche sowie 1.600 männliche Mitglieder in chinesischen Unternehmen. Zudem gelang es der Gewerkschaft, auch Arbeitnehmer der notorisch schwierigen chinesischen Arbeitgeber, darunter China Sinohydro Construction Corporation (Ntugamo-Projekt) und China Chonguing International Construction Corporation (CICO) als Mitglieder zu gewinnen. Derzeit führt die Gewerkschaft unter anderem in den Unternehmen China Railways Seventh Group (C.R.S.G), China Communications Construction Company (C.C.C.C) und China Henan International Construction Company Group (CHICO) Rekrutierungskampagnen durch. Bislang konnte die Gewerkschaft eine Tarifvereinbarung mit China Sinohydro aushandeln. Darüber hinaus wurden vier Verträge zur Anerkennung der Gewerkschaft mit chinesischen Unternehmen ausgehandelt, die zur Unterzeichnung von weiteren Tarifverträgen führen dürften. Mit der Unterstützung des nationalen Gewerkschaftsbundes (NOTU) ruft die Gewerkschaft die Regierung nun dazu auf, Maßnahmen zur Durchsetzung der Arbeitsgesetze und Bestimmungen über das zuständige Handelsgericht sowie über mehrere erst seit kurzem bestehende dreigliedrige Beschäftigungsbeiräte zu ergreifen. Zudem hat die Gewerkschaft die weit verbreitete HIV/AIDSErkrankung in die Gesundheits- und Sicherheitsregeln aufgenommen und einen bilateralen Ausschuss für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie den Ausschuss für HIV/AIDS ins Leben gerufen. In den Tarifvereinbarungen wird diese Thematik ebenfalls berücksichtigt. 13 TanSania: Weit verbreiteter Missbrauch und Gewerkschaftsverbot auf chinesischen Baustellen Im Jahr 2012 waren in Tansania mehr als 30 chinesische Bauunternehmen mit nahezu 3.000 chinesischen Mitarbeitern und über 30.000 tansanischen Beschäftigten aktiv. Zu ihren Projekten gehören der Bau von Straßen und Brücken, Wasserversorgung, Gebäude, Telekommunikation und weiterer Infrastrukturvorhaben. Anders als in Tansania oder Kenia gewähren die chinesischen Unternehmen in Tansania den Organisierungskampagnen keinen Zugang zu den Baustellen, obwohl die Gewerkschaften sämtliche erforderlichen Bedingungen eingehalten haben. Untersuchungen, die im Jahr 2012 auf vier von chinesischen Bauunternehmen betriebenen Baustellen durchgeführt wurden, zeigten einen sehr hohen Anteil an Gelegenheitsbeschäftigten und einen Anteil an lokalen Arbeitnehmern von über 80%. Die Gelegenheitsbeschäftigten verfügten über keine Arbeitsverträge, waren nicht bei der nationalen Sozialversicherung gemeldet und hatten somit keinerlei Ansprüche auf Sozialleistungen wie etwa der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Der gesetzliche Mindestlohn in Tansania wurde nicht an die steigenden Lebenshaltungskosten angepasst und befindet sich auf einem Armutsniveau von 1,80 USD pro Tag. Die meisten Unternehmen zahlen zwar Gehälter, die geringfügig über diesem Betrag liegen, entlohnen aber in den meisten Fällen keine geleisteten Überstunden. Obwohl Tansania aufgrund der vertraglichen Bedingungen für die Durchführung eines Bauprojekts über gute Gesundheits- und Sicherheitsgesetze verfügt, haben Besuche auf den Baustellen gezeigt, dass es dort keine Gesundheits- und Sicherheitsausschüsse gab und den Arbeitnehmern – abgesehen von Sicherheitshelmen – keinerlei Arbeitskleidung zur Verfügung gestellt wurde. An der Baustelle für das internationale Julius Nyerere-Kongresszentrum des Bauunternehmens Fujian Construction Engineering Group, das vom tansanischen Außenministerium in Auftrag gegeben worden war, wurden sehr schlechte Sicherheitsbedingungen festgestellt: Zudem war dort eine hohe Zahl an jungen Gelegenheitsarbeitern tätig, die keinerlei Arbeitskleidung erhielten und sogar barfuß arbeiten mussten. Dies steht in harschem Kontrast zu den chinesischen Beschäftigten, die allesamt mit Schutzkleidung und Helmen versorgt wurden. “Wenn die chinesischen Unternehmen vor die Vermittlungs- und Schlichtungskommission geladen werden, tun sie so, als ob sie das Gesagte dort nicht verstünden, obwohl wir wissen, dass sie auf den Baustellen klar mit den Arbeitnehmern kommunizieren.“ Anasimbo Nico Lema, Regionalsekretär der tansanischen Bergbau- und Baugewerkschaft (TAMICO). Das internationale Julius Nyerere-Kongresszentrum ist ein Projekt des tansanischen Außenministeriums. Es erscheint unwahrscheinlich, dass das Ministerium nicht über die Verletzungen der Beschäftigungsbedingungen im Rahmen eines so umfangreichen Bauprojekts informiert ist. 14 “Wir haben weit verbreitete Klagen über die Behandlung durch die chinesischen Arbeitgeber erhalten. In den meisten Unternehmen sind Gewerkschaften nicht gern gesehen und sie erhalten keinen Zutritt zu den Baustellen. Wir haben uns sogar mit Regierungsbeamten getroffen, um sie darüber zu informieren. Ein Hauptproblem besteht darin, dass die Regierung chinesische Investoren in Schutz nimmt, sobald wir etwas gegen ihre Verhaltensweisen unternehmen möchten.“ Hezron Kaya, Stellvertretender Generalsekretär des tansanischen Gewerkschaftskongresses (TUCTA). Namibia: Chinesische Unternehmen zahlen 50% des offiziellen Mindestlohns In Namibia besteht eine solide rechtliche Basis für Beziehungen zwischen den Sozialpartnern. Dazu gehört auch ein gültiger Tarifvertrag für die Bauindustrie, der zwischen der namibischen Metallarbeitergewerkschaft (MANWU) und dem namibischen Bauunternehmerverband (CIF) unterzeichnet wurde. Die Vereinbarung ist nun seit über einem Jahrzehnt in Kraft, wird alle zwei Jahre überarbeitet und dann offiziell als Parlamentsbeschluss im Amtsblatt bekanntgegeben. Nach offizieller Bekanntmachung sind sämtliche Arbeitgeber gesetzlich daran gebunden, unabhängig von der Größe ihres Unternehmens sowie davon, ob es sich um eine lokale oder internationale Bauunternehmung handelt. Sämtliche Mitglieder des Bauunternehmerverbandes (CIF) müssen bestätigen, dass sie die namibischen Gesetze einhalten und ein Zertifikat der Staatlichen Kommission für soziale Sicherheit sowie ein Schreiben der Metallarbeitergesellschaft MANWU vorweisen, in dem zertifiziert wird, sie das Beschäftigungsgesetz einhalten. Derzeit sind nur zwei chinesische Bauunternehmen Mitglieder des CIF. Zudem verweigerte der Bauarbeitnehmerverband im Jahr 2012 der chinesischen Gesellschaft New Era Investments die Mitgliedschaft, weil es das erforderliche MANWU-Zertifikat nicht vorlegen konnte. 2012 erhielten Beschäftigte an der Baustelle der Militärakademie in Okahandja, einem Projekt der chinesischen Jiangsu Zhengtai Company nur 50% des Minimallohns. Außerdem verfügten die Arbeitnehmer über keine Arbeitsverträge, erhielten keine Lohnabrechnungen, bekamen keinerlei Lohnfortzahlung im Urlaubs- oder Krankheitsfall und verfügten über keine Sozialversicherungsdeckung. “Die Minimallöhne wurden offiziell kommuniziert. Sie sind gesetzlich festgelegt. Realität und beschriftetes Papier sind aber zweierlei Dinge. Die asiatischen Unternehmen haben die Tendenz, sich nicht an die Gesetze zu halten. Die Arbeitnehmer erhalten dort nicht einmal Lohnabrechnungen. Es ist wie im Mittelalter. Allerdings bezahlen nicht nur die asiatischen Unternehmen keine Minimalgehälter. Dies ist auch bei den kleinen und mittleren Bauunternehmen – sogar unter unseren Mitgliedern – der Fall.” Malte Beierdörffer, Leitender Fachberater, CIF. 15 In Bezug auf die Militärakademie in Okahandja stellte MANWU-Generalsekretär Bernard Milinga fest: “Wir haben immer noch Schwierigkeiten wenn es darum geht, unsere Forderungen nach einem Mindestgehalt und Jahresurlaub sowie im Bezug auf Sozialversicherung, unfaire Entlassungen, der Aushändigung von Schutzkleidung, Probleme bei der Unterbringung oder aufgrund der unzureichenden Anzahl an Toiletten sowie an Wasch- und Verpflegungsräumen anzusprechen“. Pakistan: Die Gewerkschaften bringen chinesisches Konsortium wegen Verstößen gegen Beschäftigungsgesetze vor Gericht In Pakistan stellte sich das chinesische Konsortium CGGC-CMEC entschieden gegen die gewerkschaftliche Organisierung und verstößt damit gegen zahlreiche Beschäftigungsgesetze. Das Neelam Jhelam-Staudammprojekt ist ein über acht Jahre angelegtes Projekt (2008-2016), mit geschätzten Gesamtkosten in Höhe von 2.1 Milliarden USD. Hierbei handelt es sich um ein Regierungsprojekt unter der Aufsicht der pakistanischen Behörde für Wasser- und Stromversorgung (WAPDA). Das chinesische CGGC-CMEC-Konsortium erhielt im Januar 2010 nach einer Ausschreibung den Zuschlag für den Bauauftrag. Auf der Baustelle sind 600 chinesische und 2.400 pakistanische Arbeitnehmer beschäftigt, von denen viele über pakistanische Subunternehmen angestellt sind. Die pakistanischen Arbeitnehmer bildeten im Rahmen des Staudammprojekts die Gewerkschaft Awami Labour Union, die im August 2010 amtlich registriert wurde. Als die chinesische Geschäftsführung darüber informiert wurde, kündigte sie 300 Arbeitnehmern, um die Gewerkschaft einzuschüchtern. Die Gewerkschaft wich jedoch nicht von ihren Forderungen zurück, sondern legte der Geschäftsleitung vielmehr eine ganze Reihe von Forderungen vor, die sie zum Einhalten der Beschäftigungsgesetze bewegen sollten. Die Gewerkschaft organisierte daraufhin eine Streikaktion zur Bekräftigung ihrer Forderungen, woraufhin die Geschäftsführung die Armee hinzuzog und den Arbeitnehmern mitteilte, dass ihnen, falls sie die Arbeit nicht wieder aufnähmen, gekündigt und sie von anderen Arbeitnehmern ersetzt würden. Aufgrund der weit verbreiteten Arbeitslosigkeit in der Region kamen die Arbeitnehmer ihrer Pflicht nach. Später, im Oktober 2011, wurde von der Geschäftsleitung und der Gewerkschaft in Anwesenheit der Behörde für Wasser- und Stromversorgung (WAPDA) eine Tarifvereinbarung unterzeichnet. Allerdings setzte die Geschäftsleitung die Vereinbarung nicht um, woraufhin die Gewerkschaft bei den lokalen Arbeitsgerichten klagte. Obwohl die Geschäftsleitung bereits zweimal vorgeladen wurde, erschien sie bislang nicht vor Gericht. Die Geschäftsleitung verletzt zahlreiche Beschäftigungsgesetze: • Keine Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns für ungelernte und halb angelernte Arbeitnehmer 16 • Keine Bezahlung von Überstunden • Kein Ausgleich für Verletzungen durch Unfälle am Arbeitsplatz • Kein sauberes Trinkwasser und keine Kantine Weitere Erfahrungen mit chinesischen Bauunternehmen Für die BHI-Mitgliedsgewerkschaften bestehen Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit UmweltNGOs oder Organisationen, die sich für die Rechte indigener Völker einsetzen. So können gemeinsame Aktionen zum Erhalt der Umwelt- und Beschäftigungsstandards durchgeführt werden. Ebenso besteht die Möglichkeit zur Zusammenarbeit mit Anti-Korruptions-Kampagnen. Umwelt-NGOs wie etwa das Umweltbündnis International Rivers and Friends of the Earth haben erfolgreiche Kampagnen zum Protest gegen Umweltverschmutzung und -kontaminierung durch chinesische Energie- und Bergwerksprojekte durchgeführt. Starke lokale Kampagnen können zusammen mit internationalem Druck Wirkung auf chinesische multinationale Unternehmen haben und der Stärkung der lokalen rechtlichen Prozesse vor Ort dienlich sein. Papua-Neuguinea: Internationale NGOs erfolgreich bei Umweltkampagnen Das Ramu-Nickelprojekt in Madang/Papua-Neuguinea ist eine der größten Nickel-Kobalt-Minen und besteht aus einem Joint Venture zwischen der MCC, der australischen Highlands Pacific Ltd. und anderen chinesischen Unternehmen. Das Projekt wurde im Jahr 2008 begonnen. Bereits im Jahr 2009 kam es aufgrund von schlechten Sicherheitsbedingungen, Ungleichbehandlung und Kommunikationsbarrieren zu Auseinandersetzungen zwischen chinesischen Arbeitnehmern und lokalen Arbeitnehmern aus Papua-Neuguinea. Im März 2010 wurde das Projekt infolge der Einleitung eines Strafverfahrens und dem darauffolgenden Gerichtsprozess gestoppt. Das Verfahren hatten lokale Landbesitzer aufgrund der Entsorgung von Minenabraum ins Meer angestrengt. Sie klagten die MCC und die Regierung von Papua-Neuguinea wegen Nichteinhaltung des Umweltgesetzes an. Die Regierung erweiterte daraufhin das Umweltgesetz und verbot Projekte, die im Vorfeld bereits die Zustimmung der Regierung erhalten hatten. Das Earth Action Network lancierte eine erfolgreiche E-Mail-Kampagne, die über 1.700.000 Protestmails aus 112 Ländern aktivierte. Als im Jahr 2011 eine neue Regierung die Macht übernahm, kündigte der neue für Bergwerke zuständige Minister die Anerkennung und den Schutz der Rechte der traditionellen Landbesitzer an. Zudem wurden die Anfechtungen gegen die Erweiterung des Umweltgesetzes zurückgewiesen. Die Produktion wurde erst im August 2012 wieder aufgenommen. Anti-Korruptions-Kampagnen Bei Projekten, die von der Weltbank oder anderen internationalen Kreditanstalten finanziert werden, müssen die chinesischen Unternehmen Dritten transparenten Einblick gewähren. Das Unternehmen CSCEC und die Straßen- und Brückenbaubranche der CCCC wurden für eine Dauer von bis zu acht Jahren von Ausschreibungen für von der Weltbank finanzierte Projekte ausgeschlossen, 17 nachdem herausgekommen war, dass sie in einen Bestechungsskandal im Rahmen eines von der Weltbank finanzierten Straßenerweiterungsprojekts auf den Philippinen beteiligt gewesen waren. Beide Gesellschaften wurden auch wegen Betrugs und illegaler Absprachen bei Ausschreibungen im Rahmen des Baus der Hochgeschwindigkeitsverbindung Peking-Shanghai für schuldig befunden. Schlussfolgerungen Im Verlauf des letzten Jahrzehnts nahmen die Auslandsgeschäfte der chinesischen staatseigenen Unternehmen, insbesondere im Bereich Infrastrukturentwicklung und der rohstofffördernden Industrie signifikant zu. Diese Investitionen wurden von der chinesischen Regierung über die Import-Export-Bank Chinas und der chinesischen Entwicklungsbank angeführt und unterstützt. Die Regierung schloss subregionale und bilaterale Verträge ab, die ein Paket an Investitionen und Darlehen umfassen und an den Einsatz chinesischer Vertragsunternehmen, die Ausrüstung mit chinesischen Maschinen und anderen Produkten gebunden sind. Die Entwicklungshilfe aus China wird von Entwicklungsländern oftmals aufgrund des Ausmaßes der getätigten Investitionen, den vergleichbar geringen Kosten und der Art der Darlehensmechanismen bevorzugt. Die Darlehen sind mit niedrigen Zinssätzen verbunden und sind insofern „nicht interventionistisch“, als sie nicht an die Übernahme einer spezifischen Wirtschaftspolitik, demokratische Reformen sowie die Umsetzung von Menschenrechten oder Beschäftigungsstandards gebunden sind. Die dominanten chinesischen Bauunternehmen sind allesamt Zentralunternehmen, die von den Staatsministerien abgetrennt wurden und nun unter der Aufsicht der Kommission des Staatsrates zur Kontrolle und Verwaltung des Staatsvermögens (SASAC) stehen. So besteht ein durchgehender Einfluss des Staates und der Kommunistischen Partei. Die branchenspezifischen Sektoren des All-Chinesischen Gewerkschaftsbunds (ACGB) spielen in diesen Unternehmen eine untergeordnete Rolle, ihre Aufgabe beschränkt sich auf den Erhalt der Beschäftigungsstabilität. Die SASAC verfügt über keine Kontrollmechanismen zum Erhalt eines genauen Bestandes der Auslandsvermögensbestände, Investitionen und rechtlichen Übereinstimmung der Zentralunternehmern und ihrer Tochtergesellschaften. Viele Zentralunternehmen waren stark von der Finanzkrise im Jahr 2008 betroffen, weil sie in hochriskante und spekulative Anlagen verwickelt waren. Vielen Zentralunternehmen machen die nicht dem Standard entsprechenden Rechnungslegungspraktiken sowie Korruption auf Geschäftsleitungsebene zu schaffen. Chinesische Bauunternehmen sind mehr und mehr nicht nur an internationale Bauaktivitäten beteiligt. So sind sie häufig auch über Kapitalinvestitionen in die Projekte, mit denen sie beauftragt wurden, involviert. Zudem bewerben sie sich um verschiedene Vertragsformen wie zum Beispiel BOT- und PPP-Verträge, um so die Risiken zu minimieren und stabile Einkommen zu schaffen. Als Reaktion auf die internationale Kritik insbesondere in Bezug auf die ökologischen Auswirkungen von Staudammgroßprojekten und Bergwerken, haben die chinesischen Entwicklungsbanken, der chinesische Bauunternehmerverband (CHINCA) und die meisten Staatsunternehmen jüngst Sozial- und Umweltrichtlinien beschlossen. Diese Richtlinien bestehen allesamt aus schwachen, allgemeinen Prinzipien, die nichts mit spezifischen Standards, messbaren Kennzahlen oder Sanktionsmechanismen zu tun haben. Sie enthalten keinerlei Bezug auf die Grundrechte und Prinzipien der ILO. 18 Die chinesische Export-Import-Bank hat zu regionalen Finanzpartnerschaften mit asiatischen und afrikanischen Entwicklungsbanken sowie der Weltbank aufgefordert. Infolgedessen müssen die chinesischen Banken ihre Standards in Zukunft überprüfen, um sie denen der multilateralen Banken noch weiter anzupassen. Die Regierung und der All-Chinesische Handels- und Industrieverband brachten im Jahr 2011 erstmals Richtlinien für die Personalführung von aus China finanzierten Auslandsunternehmen heraus. Obwohl diese Richtlinien nicht obligatorisch zu befolgen sind, sind sie doch ein erster Schritt hin zu einer Regulierung der Beschäftigung – ein Bereich, der bislang ein vollkommen unbeschriebenes Blatt war. Sie halten fest, dass die im Ausland tätigen chinesischen Bauunternehmen sich an den lokalen Beschäftigungsgesetzen zu orientieren haben. Obwohl nach Aussagen der Staatsunternehmen selbst 97% ihrer in China Beschäftigten Gewerkschaftsmitglieder sind, richten sich die im Ausland tätigen Tochtergesellschaften meist entschieden gegen eine gewerkschaftliche Organisierung ihrer lokalen Belegschaften. Fallstudien zeigen, dass die Unternehmen in einigen Ländern Bereitschaft zeigen, gegenüber den Gewerkschaften Verpflichtungen einzugehen und Tarifvereinbarungen unterzeichnen, wohingegen sie anderswo nicht einmal die minimalen Beschäftigungsgesetze und Bestimmungen für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz respektieren. Es gibt keine spezifische staatliche Stelle, die für die Beziehungen zwischen den Sozialpartnern und für die Beschäftigungspraktiken im Rahmen der chinesischen Auslandsbeteiligungen verantwortlich ist. Internationale Bestimmungen für Leiharbeitsverträge heben die Vorgehensweise beim Umgang mit Streitigkeiten und Notfällen im Ausland hervor. Die chinesische Botschaft spielt dabei eine wesentliche Rolle und übernimmt eine Vermittlerrolle zwischen dem Außenministerium, der chinesischen Bauunternehmervereinigung CHINCA und den jeweiligen lokalen Regierungen der Länder, in denen sich die Vermittlungsagentur befindet. Diese Mechanismen sehen keinerlei Beteiligung weder der lokalen Gewerkschaften im Projektland noch seitens des ACGB vor. Der Umweltstreit, in den die MCC im Rahmen des Nickel-Bergwerkprojekts in Ramu/PapuaNeuguinea involviert ist, zeigt den typischen Mangel an Bereitschaft und Fähigkeit seitens der chinesischen Gesellschaften, zur Beilegung von Konflikten auf der Grundlage der lokalen Bestimmungen in Kontakt mit den Beteiligten vor Ort zu treten. Stattdessen suchen die Zentralunternehmen den Schutz der Regierung im Projektland. Allerdings zeigt der Fall Ramu, dass starke lokale Kampagnen im Zusammenspiel mit internationalem Druck effizient sein können. Die BHI kann daraus durchaus nützliche Lehren ziehen. Zukunftsperspektiven Obwohl es verschiedene Ansichten über Vor- und Nachteile der Entwicklungshilfepolitik der chinesischen Regierung sowie die allgemeinen Auswirkungen der chinesischen Infrastrukturund anderer Bauprojekte geben mag, kann angesichts des Umfangs und der wachsenden Präsenz chinesischer Unternehmen kein Zweifel daran bestehen, dass die BHI alles daran setzen muss, die in den Projekten beschäftigten Arbeitnehmer gewerkschaftlich zu organisieren. So bestehen erhebliche Missstände bei den Arbeitsbedingungen. In vielen Fällen werden in unorganisierten Bauunternehmen keine Arbeitsverträge abgeschlossen und niedrige Löhne unter der Mindestlohngrenze ausgezahlt. Zudem ist Gelegenheitsarbeit weit verbreitet und es bestehen keinerlei Sozialversicherungsschutz, mangelnde Arbeitnehmerbeteiligung am Entscheidungsprozess sowie schlechte Gesundheitsschutz- und Sicherheitsmaßnahmen. 19 In diesem Stadium ist es wichtig, eine klare BHI-Politik und Strategie zu verfolgen, um den Mitgliedsgewerkschaften in der gewerkschaftlichen Organisierung und Verhandlung mit den chinesischen MNUs auf den Baustellen Orientierungshilfen zu bieten. Derzeit bestehen jedoch noch viel mehr Fragen als Antworten. Da wir auch weiterhin Informationen erhalten, die verschiedenen Ansätze untersuchen und an einem effektiveren Ansatz arbeiten, haben wir nachfolgend nützliche Richtlinien oder Instrumente angeführt, derer sich die Mitgliedsgewerkschaften bedienen können, wann und wo immer dies erforderlich ist: Auf nationaler Ebene haben die Gewerkschaften eine Reihe von Konzepten erarbeitet, die in einem gewissen Ausmaß auch von der Bereitschaft ihrer jeweiligen Staatsführung abhängen, die Gewerkschaft bei ihrer Arbeit im Zusammenhang mit der Einhaltung der nationalen Arbeitsgesetze zu unterstützen. Während die Gewerkschaften bislang stets versucht haben, die Arbeitskräfte durch traditionelle Rekrutierungsmethoden zu organisieren, haben sie nun auch zusätzliche Strategien verabschiedet oder in Erwägung gezogen. Hierzu gehören: • Annäherung an die Auftraggeber der Bauprojekte in den entsprechenden Staatsministerien. Die Gewerkschaften haben die Ministerien aufgefordert, Druck auf die chinesischen Bauunternehmen zur Einhaltung der nationalen Arbeitsgesetzgebung auszuüben. • Sitzungen mit Mitgliedern der Geschäftsleitungen in der chinesischen Botschaft zur Dokumentierung konkreter Fälle, in deren Rahmen die chinesischen Bauunternehmen die nationalen Arbeitsgesetze nicht einhalten sowie darauffolgende Veröffentlichung einer entsprechenden Pressemitteilung. • Sitzungen mit dem nationalen Bauunternehmerverband oder der Branchenvereinigung, um Probleme hinsichtlich der Nichteinhaltung von Bestimmungen und Gesetzen sowie in Bezug auf unlauteren Wettbewerb anzusprechen. • Erörterung von Fällen der Nichteinhaltung der Regelungen durch chinesische Unternehmen im Rahmen der Sitzungen des dreigliedrigen sektoralen Sozialdialogs. • Lobbyarbeit für ein unabhängiges Regulierungsorgan für die Bauindustrie, das auch die Durchsetzungsmechanismen zur Einhaltung der Bestimmungen für sämtliche Bauunternehmer beinhaltet. • Im Rahmen von Besuchen in China auf Einladung des ACGB sind seitens der Mitgliedsgewerkschaften kontinuierlich Themen wie Arbeitnehmerrechte sowie die Anerkennung von Gewerkschaften und Aushandlung von Tarifvereinbarungen mit den chinesischen MNUs anzusprechen. • Lancierung einer Kampagne für Arbeitnehmerrechte unter Einbeziehung verschiedener Beteiligten, darunter Interessengruppen für Arbeitnehmerrechte, Intellektuelle und NGOs, sofern kein Dialog möglich ist. Auf internationaler Ebene überprüft die BHI derzeit, welche Möglichkeiten zur Ausübung von Druck auf internationaler Ebene am wirksamsten sind: • UN-Menschenrechtsmechanismen: Der Menschenrechtsrat ist ein wichtiges Instrument, der eine universelle periodische Überprüfung (China wird im Oktober 2013 überprüft) umfasst. Zudem nimmt er das Follow-up des Mandats des Sonderberichterstatters über Wirtschaftsaktivitäten und Wahrung der Menschenrechte wahr. Die Leitprinzipien der Vereinten Nationen zu Durchführung von Wirtschaftsaktivitäten und Wahrung der Menschenrechte können, obwohl sie nicht bindend sind, als wichtiges Instrument genutzt werden, um Druck auf die Unternehmen zur Einhaltung der Menschenrechte auszuüben – unabhängig davon, ob sie vom jeweiligen nationalen Gesetz 20 Für China erarbeitet die BHI derzeit verschiedene Möglichkeiten für einen Dialog: • Gewerkschaften: Ein zentrales Dilemma ist die Fragestellung, in welchem Ausmaß die BHI mit dem ACGB und seinen sektoralen Gewerkschaften in den Bauunternehmen zusammenarbeiten sollte. Die Kontaktaufnahme mit dem ACGB wird für die Beilegung der mit den chinesischen MNUs bestehenden Problemfelder nicht als strategisch wichtig angesehen, da dieser über keinen direkten Einfluss auf Gewerkschaften außerhalb Chinas sowie die Aushandlung von Tarifvereinbarungen mit den Zentralunternehmen in China verfügt. Viele Mitgliedsgewerkschaften haben sich darüber beklagt, dass der ACGB kein Interesse an der Verteidigung der Rechte von Beschäftigten in zahlreichen chinesischen Auslandsauprojekten sowie an der Ergreifung entsprechender Maßnahmen gezeigt hat. • Regierung: Möglicherweise sind die bislang bestehenden bedeutendsten Richtlinien die Richtlinien für das Arbeitnehmermanagement chinesischer Unternehmen im Ausland aus dem Jahr 2011. Diese wurden vom Handelsministerium (MOFCOM), der Kommission des Staatsrates zur Kontrolle und Verwaltung des Staatsvermögens (SASAC), dem chinesischen Außenministerium sowie der chinesischen Industrie- und Handelskammer All-China Federation of Industry and Commerce (ACFIC) verabschiedet. Können die in diesen Richtlinien enthaltenen Klauseln dazu eingesetzt werden, Bedenken bezüglich der Arbeitsbedingungen und des Rechts auf gewerkschaftliche Organisierung zum Ausdruck zu bringen? Die BHI muss auch weiterhin Informationen über Fälle sammeln, in denen Arbeits- und Sozialrechte durch chinesische MNUs verletzt werden. Es ist wichtig, dass diese Informationen in verschiedenen internationalen Foren kommuniziert und auch mit chinesischen Wissenschaftlern und ThinkTanks erörtert werden, die chinesische Unternehmen und Investitionen überwachen. • Bausektor: Wäre es für die BHI angebracht, Kontakte mit dem chinesischen Verband Internationaler Bauunternehmer (CHINCA) aufzunehmen? Könnten die bestehenden Richtlinien zur unternehmerischen Sozialverantwortung (CSR) der CHINCA aus dem Jahr 2010 als Ansatzpunkt zur Eröffnung des Dialogs genutzt werden, in dessen Verlauf ein gemeinsamer Rahmen zur Erweiterung der Verpflichtungen ausgearbeitet wird? So könnte die BHI den Dialog und den Informationsaustausch mit dem CHINCA testen. Mit Hilfe von FIDIC und CICA, zu denen die BHI positive Beziehungen aufgebaut hat, könnte dieser Dialog erleichtert werden. Das Engagement der BHI im Rahmen von GRI, UN Global Compact und den anderen CSRForen würde den Weg für einen Dialog mit dem CHINCA bzw. chinesischen MNUs ebnen. • Zivilgesellschaft: Die BHI kann Möglichkeiten zur Zusammenarbeit, zum Kommunikationsaustausch und gemeinsamen Studien mit chinesischen NGOs, Intellektuellen und Anwaltsverbänden zum Verhalten der chinesischen MNUs prüfen. 21 dazu verpflichtet werden. Aufgrund der Tatsache, dass diese auch für Geschäftspartner gelten, die indirekt in Beziehung zum chinesischen MNU stehen, besteht hierüber die Möglichkeit, sie über die anderen Unternehmen zu erreichen. Weiterhin kann die BHI versuchen, einen Musterfall vor die regionalen Menschenrechtsgremien wie die Afrikanische Kommission für Menschen- und Völkerrechte oder die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte zu bringen. • Internationale Arbeitsorganisation (ILO): Es können mehrere ILO-Mechanismen, u.a. der Ausschuss für Vereinigungsfreiheit oder die MNU-Richtlinien zum Einsatz gebracht werden. Der Vorteil Ausschusses für Vereinigungsfreiheit ist, dass er unabhängig davon zum Einsatz gebracht werden kann, ob das jeweilige Land die ILO-Konventionen 87 und/oder 98 ratifiziert hat. Klagen erfolgen gegen Staatsregierungen (in diesem Fall die Regierungen der Projektländer). • Multilaterale Banken (Weltbank und regionale Banken). Die BHI gehört der internationalen Beratungsgruppe für die Überprüfung der öffentlichen Auftragsvergabe der Weltbank an, die im Jahr 2014 abgeschlossen sein soll. Wie kann die BWI diese Möglichkeit nutzen, um Bedenken hinsichtlich mangelhafter Umwelt- und Sozialstandards in von chinesisch finanzierten Projekten anzumelden? Sowohl die wichtigsten chinesischen Investitionsbanken sowie die chinesische Bankenregulierungsbehörde haben allgemeine Richtlinien verabschiedet. Könnte die BHI möglicherweise über die bereits bestehenden Verträge in den regionalen Entwicklungsbanken einen Dialog mit den chinesischen Investitionsbanken einleiten? Die China Exim-Bank unterhält mit der Asiatischen Entwicklungsbank, der Afrikanischen Entwicklungsbank sowie der Weltbank regionale Partnerschaften. Aus diesem Grund wird die Überarbeitung ihrer Standards erforderlich sein, um diese weiter an Standards der anderen multilateralen Banken anzugleichen. Die Standardbestimmung der International Finance Corporation (IFC) könnte, wie bereits in Uganda ihm Rahmen eines Dammbauprojekts gegenüber einem italienischen MNU, möglicherweise auch im Bezug auf chinesische Investitionen zur Anwendung kommen. • UN Global Compact und die Global Reporting Initiative (GRI): Global Compact umfasst die Grundsätze der Erklärung aus dem Jahr 1998 (einschließlich derer, die sich aus den Konventionen 87 und 98 ableiten). Über die als „Integritätsmaßnahmen“ bezeichneten Vorgehensweisen im Rahmen des UN Global Compact wird sichergestellt, dass Unternehmen regelmäßig Berichte („Mitteilungen über erzielte Fortschritte“) anfertigen, sie das Global Contact Logo nicht missbräuchlich zur Anwendung bringen und im Falle einer Beschwerde den Dialog suchen. Falls diese drei Voraussetzungen nicht erfüllt werden, kann ein Land von der Liste der Global Compact unterstützenden Länder gestrichen werden. Die BHI kann Global Compact einsetzen, um multinationale chinesische Unternehmen, die den Global Compact unterzeichnet haben, öffentlich anzuprangern. Darüber hinaus kann die GRI eine weitere Plattform darstellen, über die das Verhalten der chinesischen multinationalen Unternehmen zur Sprache gebracht werden kann. • Internationale NGOs: Die BHI kann mit NGOs aus dem Umwelt- und Entwicklungsbereich im Rahmen von Kampagnen gegen die negativen Auswirkungen chinesischer Infrastrukturprojekte zusammenarbeiten. Die BHI kann eine konsequentere Zusammenarbeit mit Online-RessourcenZentren wie etwa dem Business and Human Rights Centre sowie anderen Online-Kampagnen anstreben. 22 Die “Große Öffnung nach außen” der chinesischen Bauunternehmen hat im vergangenen Jahrzehnt zu richtungsweisenden Veränderungen im internationalen Bauwesen geführt. Die Ausarbeitung einer effizienten globalen Antwort, aus der vor Ort konkrete Organisierungserfolge erwachsen, gehört mit zu den wichtigsten Herausforderungen für die BHI in der kommenden Kongressperiode. Dabei gilt es für die BHI, zahlreiche Möglichkeiten auszuloten. In einigen Ländern berichten Mitgliedsgewerkschaften bereits über positive Organisierungserfolge. Die BHI hat ihr Hauptaugenmerk nun auf China zu richten und eine umfassende Strategie auf internationaler, regionaler und nationaler Ebene auszuarbeiten. Gelingt es den Mitgliedsgewerkschaften, ihre Präsenz in chinesischen Bauprojekten zu verankern, gewinnen sie an Stärke. Die BHI wird dadurch unter den Aspekten der nachhaltigen Entwicklung als globale Fürsprecherin für die Arbeitnehmerrechte an Einfluss hinzugewinnen. 23 ANHANG Unternehmensprofile: China Railway Group Ltd (CRG) & China Railway Engineering Corporation (CREC) China Railway Construction Corporation Ltd (CRCC Ltd) & China Railway Construction Corporation (CRCC) Diese beiden Unternehmen sind die dominierenden Eisenbahnbauunternehmen in China und im Ausland. Seit den 1960er-Jahren nehmen sie an chinesischen Entwicklungshilfeprogrammen teil. Beide Zentralunternehmen haben Aktiengesellschaften gegründet, die an den Börsen in Shanghai und Hongkong kotiert sind. Obgleich der Umsatzanteil aus internationalen Verträgen im Vergleich zu anderen Unternehmen relativ gering ist (3% bis 4% am Gesamtumsatz von CRG sowie 4% bis 6 % von CRCC) sind sie laut ENR-Liste im Hinblick auf den Gesamtumsatz die beiden größten internationalen Unternehmen. Beide Gesellschaften konzentrieren sich derzeit wieder vermehrt auf ihre Geschäftstätigkeit im Ausland. Die CRG beteiligte sich bereits in den 1960er-Jahren am Bau der Tansania-SambiaEisenbahnstrecke. Bis zum Jahr 2011 hatte sie über 230 Auslandsprojekte in 55 Ländern durchgeführt. So war die CRG etwa die sechstgrößte internationale Baufirma in Lateinamerika. Die CRCC führte bereits Projekte in 60 Ländern durch und beschäftigt in ihren Auslandsprojekten 10.000 Mitarbeiter. Im Jahr 2011 unterhielt das Unternehmen 283 laufende internationale Projekte in 48 Ländern und war der zehntgrößte internationale Bauunternehmer in Afrika. Die Investitionen, Strategien und Geschäftstätigkeiten beider Gesellschaften sind in hohem Maße von der Regierung und dem Eisenbahnministerium abhängig. Nach der Finanzkrise im Jahr 2008 nutzte das Eisenbahnministerium die finanziellen Anreize der chinesischen Regierung und begann ein ehrgeiziges Projekt zum Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes in China. Gleichzeitig stockte es seine internationalen Verträge auf. Im Jahr 2008 stiegen die aus internationalen Verträgen generierten Umsätze der CRG um 54%, die CRCC konnte ihre Umsätze sogar um sagenhafte 370% steigern. Nach dem tragischen Unglück zweier Hochgeschwindigkeitszüge in Wenzhou im Jahr 2010 geriet die Expansion des Eisenbahnbaus im Inland zwar ins Stocken, beide Unternehmen konnten ihr Überleben jedoch durch kontinuierliches Wachstum in Überseeprojekten und durch Investitionen in einheimische Immobilienprojekte sichern. Zu den neuen Märkten in den Industrienationen gehören die USA, das Vereinigte Königreich und Deutschland, die Schwellenländer im Nahen und Mittleren Osten sowie Brasilien. Die regionalen Eisenbahnen CRG und CRCC beteiligen sich am Bau umfangreicher regionaler Eisenbahnnetze, die mit chinesischen Staatsgeldern finanziert werden. 24 • Afrika Die CRG und die CRCC modernisieren die nationalen Eisenbahnnetze in den afrikanischen Ländern und verbinden noch fehlende Streckenabschnitte. So baut die CRG derzeit an der Eisenbahnverbindung zwischen Äthiopien und Dschibuti, die CRCC an der Eisenbahnstrecke zwischen Tansania und Uganda sowie am Streckennetz zwischen dem Tschad, Kamerun und dem Sudan. Diese Eisenbahnverbindungen unterstützen auch die chinesischen Investitionen in den Subregionen. • Transasiatische Eisenbahn Dieses umfangreiche Projekt, an dem sowohl die CRG und die CRCC beteiligt sind, verbindet Kunming und die südchinesische Provinz Yunnan mit Laos, Kambodscha und Vietnam in der Mekong-Subregion. Zudem ist die CRG am Bau der Eisenbahnlinie entlang der KyaukpyuPipelines in Myanmar beteiligt. CRCC baut derzeit den durch Myanmar führenden Abschnitt der Panasiatischen Eisenbahn. • Bahnkorridor zwischen China und Zentralasien Seit 2010 hat China Kooperationsverträge zum Eisenbahnbau mit den zentralasiatischen Staaten abgeschlossen, um seiner westlichen Provinz Xingjiang einen Anschluss an Zentralasien zu ermöglichen und damit auch eine Verbindung nach Europa herzustellen. Unter anderem bestehen Verträge mit Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und der Türkei. Zudem finanziert China das Inlandseisenbahnnetz des Iran und führt derzeit eine Durchführbarkeitsstudie für Eisenbahnprojekte in Afghanistan durch. • Latin America Latin America is a relatively new market but with the support of the Ministry of Railways, CRCC has put in tenders for high-speed rail projects in Brazil and is constructing a railway which will “rival” the Panama Canal, by providing a link from the Atlantic to Pacific Oceans. Entwicklung natürlicher Ressourcen Beide Gesellschaften nehmen derzeit eine Umverteilung ihrer Ressourcen vor und bewegen sich von der Bautätigkeit hin zu längerfristigen Investitionen. Dies ist insbesondere bei den Infrastrukturpartnerschaften und den von China finanzierten Exporthandelszonen (EPZ) der Fall. So verfügt die CRG nun über einen Anteil von 72% am Luishia-Bergwerk in der Demokratischen Republik Kongo. Gleichzeitig baut sie im Rahmen des zwischen China und der Demokratischen Republik Kongo abgeschlossenen Ölabkommens die Eisenbahnverbindungen zum LuishiaBergwerk sowie andere Infrastrukturprojekte. Die CRCC verfügt nun über einen 65%-Anteil an der Betreibergesellschaft der Lekki-Exporthandelszone in Nigeria. Zur Unterstützung dieser Investitionen gründete die CRG die China Railway Financial Group und die CRCC die China Railway Construction International Group Co. Ltd. Durch diese Neugründungen erfolgt eine Spezialisierung auf Kapitalbeteiligungen, Holdings und strategische Partnerschaften. Gleichzeitig wird das Fondsmanagement auf Konzernebene unterstützt. 25 China Communications Construction Corporation Ltd., CCCC & China Communications Construction Group (CCCG) Diese Gesellschaft verfügt mit den Geschäftseinheiten Entwicklung von Infrastrukturkonzepten, Infrastrukturbau, Ausbaggerung und Maritime Konstruktionen über vier Hauptgeschäftsbereiche. Hiervon ist der Bereich Infrastrukturbau – insbesondere Transport und maritime Konstruktionen – das größte Betätigungsfeld. Die China Communications Construction Group (CCCG) ist ein Zentralunternehmen, das aus einer Fusion der beiden Gesellschaften China Harbour Engineering Co. Ltd (CHEC) und China Road and Bridge Co. Ltd (CRBC) hervorgegangen ist. Diese beiden Gesellschaften waren seit den 1960er-Jahren die größten internationalen Bauunternehmen für chinesische Entwicklungshilfeprojekte in den Bereichen Hafen- und Straßenbau. Die von der CCCG gegründete Tochtergesellschaft China Communications Construction Corporation Ltd. ist seit 2006 an der Hongkonger Börse sowie seit 2012 an der Börse in Shanghai kotiert. Die CCCC ist gemessen am Gesamtumsatz das fünftgrößte Bauunternehmen und nimmt gemäß ENR-Liste hinsichtlich ihres Umsatzes aus internationalen Verträgen den elften Rang ein. Seit 2006 generiert das Unternehmen mehr als 20% seines Gesamtumsatzes aus internationalen Bauprojekten. Dies ist der höchste Anteil unter den sieben in diese Erhebung einbezogenen Unternehmen. Im Jahr 2011 führte die CCCC in 80 Ländern der Welt Projekte und Geschäfte durch. Das Unternehmen beabsichtigt, während des Fünfjahreszeitraums 2012-2017 seine internationalen Geschäfte auf 30% bis 40% seines Gesamtumsatzes zu steigern. • Afrika Das Unternehmen konnte seine Geschäftsaktivitäten in Afrika seit 2008 jährlich jeweils um 30% ausbauen. In den Jahren 2011 und 2012 stellte es mit dem Bau von sieben neuen Häfen einen neuen Rekord auf. In Westafrika errichtete es den Hafen in Tonkolili in Sierra Leone und die Häfen Takoradi in Ghana, Lekki-Exporthandelszone (EPZ) in Nigeria, Kribi in Kamerun sowie das Inlandsterminal in Oyo in der Demokratischen Republik Kongo. Über all diese Häfen kann der Export von Mineralressourcen in Südatlantikregionen sichergestellt werden. In Ostafrika kann der Export von Mineralressourcen aus dem Sudan und Äthiopien durch das Rote Meer über die Häfen in Lolabe (Sudan) und Ghoubet (Djibouti) erfolgen. Darüber hinaus war die CCCC der Hauptbauunternehmer im mit der kenianischen Regierung ausgehandelten Abkommen zum Bau der Eisenbahnverbindung von Mombasa nach Nairobi. Durch diesen Vertrag werden die anderen Länder der Ostafrikanischen Gemeinschaft (Uganda, Ruanda und Burundi) unter Druck gesetzt, mit der Gesellschaft beim Bau des nördlichen Regionaleisenbahnnetzes zusammen zu arbeiten. Dieses Projekt wird immer noch zwischen den beteiligten Regierungen verhandelt. • Asien Asien ist der Hauptmarkt der CCCC und machte im Jahr 2010 beinahe die Hälfte des Gesamtwertes der neuen Verträge des Unternehmens aus. CCCC ist das drittgrößte Bauunternehmen in Asien. Derzeit versucht die Gesellschaft, die Kontrolle über strategisch wichtige Häfen und Meeresverbindungen zwischen Asien und Zentralasien zu gewinnen. So werden die chinesischen Interessen in der Subregion sowie in der Region zwischen dem arabischen Meer und dem indischen Ozean unterstützt. Derzeit ist die CCCC am Bau von Häfen beteiligt, die an Wärmekraftwerke in Kambodscha und Vietnam angeschlossen sind. Die CHEC baut derzeit ein Rohölterminal und hebt Kanäle für den Bau der Rohölpipeline zwischen China und Myanmar aus. Darüber hinaus erwarb die CHEC 60% des Aktienkapitals am Hafen Gwadar in Pakistan, als sich die Hafenautorität Singapur aus dem Projekt 26 zurückzog. Auch hier baut das Unternehmen eine Exporthandelszone und ist zudem am Bau von Straßen- und Eisenbahninfrastrukturprojekten bis an die pakistanisch-chinesische Grenze in der Provinz Xinjiang beteiligt. In Sri Lanka hat die CHEC die erste Phase des Hafenbaus in Hambantota vollendet und die angrenzende Exporthandelszone erbaut. Sie wird ebenfalls an der zweiten Phase des südlichen Hafens im Rahmen eines 1,5 Milliarden USD umfassenden BOT-Projekts beteiligt sein. Eigentümer und Betreiber dieses Hafendrehkreuzes ist ein anderes chinesisches Zentralunternehmen. • Zentralasien und Europa Die CCCC und ihre Tochtergesellschaft CRBC wurden damit beauftragt, eine Durchführbarkeitsstudie für den Bau einer Eisenbahnlinie von China über Kirgisien nach Usbekistan durchzuführen. Diese Studie ist Teil eines regionalen Kooperationsprojekts, in dessen Rahmen die kirgisischen Eisenerzminen in Zhetim-Too und Sandyk in chinesischen Besitz übertragen wurden. Dies stieß vor Ort auf großen Widerspruch. Die CCCC steht derzeit auch in Verhandlungen mit Grönland über Bodenschätze in der Arktis. Dort wird das Unternehmen mit dem Bau eines Hafens und von Straßen betraut sein und sich mit dem chinesischen Unternehmen Sinosteel auch an Bergbauprojekten beteiligen. • Lateinamerika und Karibik China verfolgt in der Karibik geostrategische Interessen. Insbesondere sollen durch den Abschluss neuer Verträge zum Bau von Touristenorten auf den Cayman-Inseln, den Bahamas und Jamaika politische Verbündete für die Taiwan-Problematik gefunden werden. Zudem führt die CCCC technische Industrieprojekte in den Bereichen Handel und Technik im Rahmen eines staatlichen bilateralen Kooperationsabkommen mit Mexiko und Venezuela durch. In Mexiko baut das Unternehmen derzeit das Containerhafenterminal in Manzanillo, in Venezuela führt es den Bau des petrochemischen Komplexes Moron durch. China Metallurgical Corporation Ltd., MCC and China Metallurgical Group Company (CMGC) Die chinesische Metallurgical Group Company (CMGC) ist auf die Produktion und Installation von metallurgischen Anlagen und Stahlstrukturen spezialisiert. Das Zentralunternehmen stand ursprünglich unter der Leitung des Chinesischen Ministeriums für Hüttenindustrie. Im Jahr 2008 führte die CMGC zusammen mit der Baosteel Group Corporation das Unternehmen China Metallurgical Corporation Ltd. (MCC) an den Börsen von Shanghai und Hongkong ein. Die MCC ist der größte Hersteller von Stahlkonstruktionen in China sowie das Zentralunternehmen, das am meisten Wohnungen zu erschwinglichen Preisen bereitstellt. Sein Produktionsvolumen stieg von 200 Millionen im Jahr 2003 auf 700 Millionen Tonnen im Jahr 2011 an. Seit 2002 hat die MCC einen Teil ihrer Geschäftstätigkeit in den Bergbausektor verlagert. Der Umsatz aus internationalen Bergbauverträgen belief sich im Jahr 2010 auf 20% bis 30% des Neuvertragsvolumens. Obwohl die Stahlproduktion seit der Finanzkrise 2008 exponentiell anstieg, haben sich die Gewinnmargen aufgrund von Unwirtschaftlichkeit, Überkapazität und mangelnder Regulierung verschlechtert. Berichten zufolge schloss die MCC das Jahr 2012 mit einem Defizit in Höhe von 7.2 Millionen CNY (90 Millionen USD) ab. Die MCC diversifiziert nun ihre Geschäftstätigkeiten und orientiert sich nun auch an Geschäftsbereichen außerhalb des Hüttenwesens. 27 Extraktiver Bergbau in Asien, Lateinamerika und der Pazifikregion Im Jahr 2002 übernahm die MCC die Kontrolle der pakistanischen Kupfer- und Goldmine in Saindak und betreut seither ausländische Bergbauprojekte mit einem Gesamtvolumen von 10 Milliarden USD. Das Unternehmen ist nun Eigentümer bzw. Leasingnehmer von acht Nickel-, Kobalt-, Kupfer- und Eisenerzbergbauprojekten in Papua-Neuguinea, Afghanistan, Australien und Argentinien. In der Regel werden die Bergbaurechte 30 bis 40 Jahre lang von der Regierung als Eigentum oder Joint-Venture-Projekte mit anderen chinesischen Unternehmen garantiert. Rechtsstreitigkeiten und Konflikte mit MCC Die MCC hatte einige Schwierigkeiten im Zusammenhang mit seinen Auslandsgeschäften. In Afghanistan hatte die drohende politische Instabilität einige Probleme zur Folge. In Australien verzögerte sich die Produktion in der Lambert-Mine aufgrund steigender Kosten und Einwanderungsbeschränkungen für chinesische Leiharbeiter. In Papua-Neuguinea kam es aufgrund von Umweltbelangen sowie dem Widerstand lokaler Gemeinschaften zu erheblichen Produktionsunterbrechungen. China State Construction and Engineering Corporation Group (CSCEC) Der Konzern CSEC ist die größte staatseigene Bauunternehmung im Wohnungs- und Infrastrukturbau. Es wurde 1957 gegründet und war das erste Zentralunternehmen, das sich in Entwicklungshilfeprojekten engagierte. Es brachte die China State Construction and Engineering Corporation (CSEC) an die Shanghaier Börse. Danach führte das Unternehmen eine Reihe anderer Tochtergesellschaften an Börsenplätzen ein: • China State Construction Engineering Corporation Ltd. (Börse Shanghai) • China Overseas Land and Investment Limited (Börse Hongkong) • China State Construction International Holdings Ltd. (Börse Hongkong) • China Construction (South Pacific) Development Company Pte Ltd. (Börse Singapur) Die CSCEC war im Jahr 2010 gemäß ENR-Liste auf Grundlage ihres Gesamtumsatzes das drittgrößte international tätige Bauunternehmen und führte in den vergangenen drei Jahrzehnten über 5.000 Projekte in 116 Ländern durch. Derzeit ist die Gesellschaft in 27 Ländern aktiv und erwirtschaftete im Jahr 2011 460 Milliarden CNY (57 Milliarden USD) aus internationalen Verträgen. Dies entspricht 20% des Gesamtumsatzes. Wichtigste Auslandsmärkte Hongkong ist der größte Markt und umfasst öffentliche Infrastrukturprojekte, gewerbliche Immobilien sowie Immobilienentwicklung. Weitere wichtige Märkte sind unter anderem Macau und Singapur in Asien, die Vereinigten Arabischen Emirate im Nahen Osten, Algerien, Botswana, Äquatorialguinea und die Demokratische Republik Kongo in Afrika sowie Russland und Kasachstan in Zentralasien. Geschäftsstrategien und Vereinbarungen In der Vergangenheit orientierte die CSCEC ihre unternehmerischen Entscheidungen im Zusammenhang mit internationalen Investitionen eher an Marktleistungskriterien als an den staatlichen strategischen Prioritäten der chinesischen Staatsführung. In jüngster Zeit profitierte die 28 CSCEC jedoch von den Finanzierungsmöglichkeiten der chinesischen Regierung, wie etwa „Öl für Infrastruktur“-Verträge in Nigeria sowie von den chinesischen Exportkrediten zur Finanzierung des Straßenbaus in der Demokratischen Republik Kongo und in Äthiopien. Zudem hat das Unternehmen seinen Anteil an EPC-, BO-, BOT- und PPP-Verträgen aufgestockt und profitiert vom derzeitigen Kapitalmangel an den Finanzmärkten in den USA und Europa. In den Auslandsverträgen schließt die CSCEC strategische Kooperationen mit anderen chinesischen Unternehmen. Die CSCEC hat außerdem Kooperationsabkommen mit wichtigen Partnern abgeschlossen. Es hat einen maßgeblichen Anteil an der Global Group Ltd. und unterhält strategische Partnerschaften mit wichtigen Zulieferunternehmen wie beispielsweise der Lafarge-Gruppe und Tishman Speyer in den USA. Das Unternehmen verfügt über einen Finanzierungsvertrag im Wert von 100 Milliarden CNY (12,5 Milliarden USD) mit der Chinesischen Entwicklungsbank sowie ein dreigliedriges Abkommen mit der Aveng-Gruppe und dem chinesisch-afrikanischen Entwicklungsfond (CAD-Fonds) für die Durchführung von Joint Ventures in Afrika. China National Machinery Industry Corporation (Sinomach) Sinomach ist das größte Maschinenbauunternehmen in China und produziert Landwirtschafts-, Bau-, Schwerlast und Energiebaumaschinen. Zudem stellt das Unternehmen Maschinen für den Schiffsbau und die Bergwerksindustrie her. Die Sinomach-Gruppe gehört vollumfänglich zur Kommission des Staatsrates zur Kontrolle und Verwaltung des Staatsvermögens (SASAC). Sie verfügt über 50 Tochtergesellschaften und beschäftigt nahezu 100.000 Mitarbeiter weltweit. Sieben ihrer Tochtergesellschaften sind an der Börse Shanghai sowie eine in Hongkong kotiert. Ursprünglich wurde das Unternehmen im Jahr 1997 als Gesellschaft gegründet, die auch Import- und Export-Untergesellschaften des ehemaligen Handelsministeriums umfasste. Diese Unternehmen waren im Import- und Export von Maschinen sowie der Aushandlung internationaler Verträge seit den 1950er-Jahren beteiligt. Sinomach war 2010 gemäß ENR-Liste das viertgrößte internationale MaschinenbauUnternehmen. Es verfügt über den höchsten Umsatzanteil aus internationalen Verträgen und erwirtschaftete 80% seines Umsatzes im Jahr 2008 (2010: 75%) aus Auslandsprojekten. Im Zeitraum 2006-2010 steigerte Sinomach seinen Bruttoertrag um sagenhafte 574%. Die chinesische Regierung fördert den Export von chinesischen Maschinenbauerzeugnissen in die internationalen Märkte aktiv und ist stets um die Verbesserung der Designqualität bemüht. Sinomach wird voraussichtlich von dieser Politik profitieren und noch weiter expandieren. Auslandsverträge Im Jahr 2011 war Sinomach nach eigenen Angaben in 407 Bauingenieursprojekten (Bauprojekten) mit einem Gesamtvertragswert in Höhe von 28.3 Milliarden USD beteiligt. Seit einiger Zeit konzentriert sich der Konzern auf die Erschließung neuer Märkte in Lateinamerika sowie in den Industrienationen, darunter auch Europa und die USA. Zudem investiert es seit einiger Zeit in Bautätigkeiten im Kraftwerks- und Energiebereich. Darunter befinden sich Wasser- und Wärmekraftwerke sowie Solar- und Windfarmprojekte in Asien, Afrika, Lateinamerika und Zentralasien sowie im US-Bundesstaat Texas. GUS-Staaten: Sinomach nimmt am Privatisierungsplan von 180 Maschinenbau-, Energieerzeugungs- und Verarbeitungsunternehmen in Weißrussland teil. Zudem ist es über ein 19 Milliarden USD umfassendes Darlehen der China Exim-Bank am Bau des chinesisch29 weißrussischen Industrieparks beteiligt. Dieser Industriepark ist ein gemeinsames, über 30 Jahre laufendes Kooperationsprojekt, das für die dort hergestellten Produkte freien Zugang in die GUS-Märkte ermöglicht. Darüber hinaus führt Sinomach Gespräche über mögliche Investitionen in einen chinesisch-ukrainischen Industriepark in Odessa am Schwarzen Meer. Zudem baut das Unternehmen Solar- und Windfarmprojekte in Weißrussland und der Ukraine. Asien/Naher Osten: Sinomach ist am ersten Ölraffinerie-Projekt in Kompong Som zur Unterstützung der Exporthandelszonen in Kambodscha und dem Wasserkraftwerk in Kelani (Sri Lanka) beteiligt. Zudem baut das Unternehmen Wärmekraftwerke in Bangladesch, Thailand, Afghanistan, Iran und Irak. Afrika: In Afrika investiert die Sinomach-Tochtergesellschaft CAMCE (China CAMC Engineering Co.) in Projekte zur Ergänzung und Unterstützung des Baus von Eisenbahnnetzen, mit denen andere chinesische Unternehmen beauftragt wurden. Im Rahmen des 2012 unterzeichneten Strategieabkommens zwischen China und der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) fungiert CAMCE als Hauptbauunternehmer für den westlichen Abschnitt des transafrikanischen Autobahnprojekts in Ghana und Sierra Leone sowie für das südafrikanische Autobahnprojekt in Sambia. Zudem ist das Unternehmen an einem Bewässerungsprojekt im Sudan sowie einem Flughafenbauprojekt im Tschad beteiligt. Das gesamte Vertragsvolumen der CAMCE in Afrika belief sich 2012 auf 14 Milliarden CNY (1.75 Milliarden USD). Lateinamerika: Sinomach wird von den chinesischen bilateralen Kooperationsabkommen profitieren. Hierzu gehören der Eisenbahnbau in Argentinien, die landwirtschaftliche Entwicklung in Venezuela sowie neun Wasserkraftwerke im Rahmen des Minas-San-Francisco- Projekts in Ecuador, das in Zusammenarbeit mit anderen chinesischen Unternehmen durchgeführt wird. Geschäftsstrategien und Vereinbarungen von Sinomach und seinen Tochtergesellschaften Die folgenden in jüngster Vergangenheit eingegangenen Kooperationsabkommen und Übernahmen sind von wesentlicher Bedeutung: • Kooperationsmemorandum zwischen Sinoconst und GS E&C (Korea) im Jahr 2012; • Übernahme von 60% der kanadischen Procon Holdings (Alberta) Inc. durch CAMCE im Jahr 2012; • Übernahme des europäischen Betriebszweigs der MAG-Gruppe, (ein deutschamerikanisches Werkzeugbauunternehmen) im Jahr 2012; • Übernahme von McCormick France SAS im Jahr 2011 (Herstellung von Landwirtschaftsmaschinen) Sinohydro Corporation (Sinohydro)/Power Construction Corporation of China (Power China) Die Sinohydro Corporation ist das vorherrschende Unternehmen für die Konzipierung und den Bau von Wasserkraftwerken zur Stromerzeugung. Sinohydro ging im Jahr 2002 aus der Restrukturierung der Wasserkraft- und Maschinenbaueinheiten des ehemaligen Energieministeriums sowie des Ministeriums für Elektrizität und Industrie hervor. Das Unternehmen ist im vollständigen Besitz der Kommission des Staatsrates zur Kontrolle und Verwaltung des Staatsvermögens (SASAC). Die Sinohydro Group Ltd. ist seit 2011 an der Shanghaier Börse kotiert. 30 Im Jahr 2011 setzte die SASAC die Restrukturierung der Strom- und Netzunternehmen weiter fort. Die Sinohydro Corporation und HydroChina Corporation fusionierten mit 58 Provinznetzgesellschaften und bildeten die Power Construction Corporation of China (Power China). Power China nimmt gemäß ENR-Liste den 16. Platz im Bereich der Bauplanung ein und generiert 30% seines Umsatzes, 40% seiner laufenden Verträge sowie 57% seiner Erträge aus dem internationalen Geschäft. Im Jahr 2013 führte Power China 728 Projekte in 81 Ländern durch. Sinohydro war im Jahr 2010 gemäß ENR-Liste der weltweit drittgrößte Konzern im Bereich Kraftwerksbau und generierte nahezu 25% seines Umsatzes durch internationale Geschäfte. Das Unternehmen hat in den Bereichen Wasserkraft, Wärmekraft, Wohnungsbau und Infrastruktur bereits über 2.500 Projekte in 62 Ländern durchgeführt. Die internationalen Verträge von Sinohydro Chinesische Banken und Unternehmen sind derzeit an über 200 umfangreichen Dammbauprojekten weltweit beteiligt. Diese Verträge sind im Allgemeinen Teil der bilateralen Vereinbarungen und Verträge, zu denen auch die Stromgewinnung durch Wasserkraft gehört. So sieht die Wasserkraftvereinbarung in Asien den Bau von sieben Staudämmen vor, die von der China EximBank und der Chinesischen Entwicklungsbank finanziert werden. Das China- Myanmar Wasserkraftund Ölprojekt umfasst den Bau von 56 Dämmen, von denen 17 von Sinohydro gebaut werden. In Afrika hat China einen Vertrag mit dem Verbund der nationalen Stromunternehmen der ECOWASStaaten, dem West African Power Pool, unterzeichnet. Der Ausbau der Wasserkraftaktivitäten ist auch ein Teil der Ölinfrastrukturverträge zwischen China und der Demokratischen Republik Kongo. Soziale und ökologische Auswirkungen Sinohydro wurde von Gruppierungen der Zivilgesellschaften in den Projektländern sowie von international tätigen Umweltaktivisten stark kritisiert. Grund war die Umweltzerstörung sowie Zwangsumsiedlung der lokalen Bevölkerung infolge des Staudammbaus. Des Weiteren wurde die fehlende Transparenz und mangelnde Konsultierung hinsichtlich der gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen des Projekts kritisiert. In vielen Ländern wie beispielsweise in Äthiopien, Mosambik, Sudan, Laos, Myanmar, Vietnam und Honduras war eine starke Gegenbewegung zu verzeichnen. In einigen Ländern umgingen die Behörden die Verfahrensweisen zur Vergabe öffentlicher Aufträge, um chinesischen Bauunternehmern Vorteile zu verschaffen. Dies führte auch zu Wut und Angst vor einer übermäßigen Abhängigkeit von chinesischen Investitionen. Dies war beispielsweise in der Demokratischen Republik Kongo, Sambia und Ecuador der Fall. Infolge internationaler Kampagnen hat Sinohydro seinen eigenen Verhaltenskodex auf der Grundlage der SASAC- und CHINCA-Richtlinien ausgearbeitet. Seit 2010 hat Sinohydro – teilweise als Konsequenz auf die internationale Kritik – seine Geschäftsaktivitäten vermehrt in die Sektoren Wärmeenergie, neue Energien sowie den Wohnungsbau und die Immobilienentwicklung verlagert. Ende des Jahres 2012 machten diese Nicht-Wasserkraftbereiche 40% des Gesamtumsatzes des Unternehmens aus. Sowohl Sinohydro als auch Power China setzen vermehrt auf den Einsatz integrierter Investitionsmodelle (EPC-, BT-, BOT-, TOT- und PPP-Verträge). 31 Chinas Öffnung nach außen: Chinesische Bauunternehmen auf dem globalen Markt und das Engagement der BHI Bau- und Holzarbeiter Internationale - BHI 54 route des Acacias CH-1227 Carouge GE Schweiz Tel.: +41 22 827 37 77 Fax: +41 22 827 37 70 Email: [email protected] www.bwint.org BHI Bau- und Holzarbeiter Internationale www.bwint.org