Chinesische Bauunternehmen

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Chinesische Bauunternehmen
Chinas Öffnung nach außen:
Chinesische Bauunternehmen
auf dem globalen Markt und das
Engagement der BHI
BHI
Bau- und Holzarbeiter
Internationale
www.bwint.org
Die Bau- und Holzarbeiter Internationale (BHI) ist ein Weltverband von freien
und demokratischen Gewerkschaften mit Mitgliedern in der Bauindustrie, im
Baustoffgewerbe, in der Holzindustrie und der Forstwirtschaft und verwandten
Industriezweigen. Die BHI hat 333 Mitgliedsorganisationen mit 12 Millionen Mitgliedern
aus 130 Ländern. Der Sitz der Organisation ist Genf in der Schweiz. Die BHI verfügt
außerdem über Regionalbüros und Projektbüros in Panama, Malaysia, Südafrika, Indien,
Burkina Faso, Kenia, Südafrika, Thailand, Russland, Peru und Brasilien. Die Mission
der BHI ist die Entwicklung von Gewerkschaften in der Bau- und Holzindustrie weltweit
zu fördern und Arbeitnehmerrechte in Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung zu
fordern und zu stärken.
Bau- und Holzarbeiter Internationale (BHI), Genf, Oktober 2013
www.bwint.org
Chinesische Bauunternehmen gehören heute in vielen Ländern weltweit zu den größten
Arbeitgebern und führen umfangreiche Infrastruktur- und andere Bauprojekte durch.
Obwohl die BHI über einen Wissens- und Erfahrungsschatz im Umgang mit europäischen
multinationalen Unternehmen (MNUs) verfügt, stellen die chinesischen Unternehmen eine
ganz neue Herausforderung dar, da hier keinerlei Tradition im Rahmen eines Sozialdialogs
besteht. Ebenso wenig kann die BHI auf die Unterstützung und die Erfahrungen ihrer
Mitgliedsgewerkschaft im Stammland des multinationalen Unternehmens zurückgreifen
und es bestehen keine internationalen Rahmenvereinbarungen. Auch die multilateralen
Entwicklungsbanken sind nicht beteiligt, so dass ihre Beschaffungsrichtlinien nicht direkt zur
Anwendung kommen.
Wie können die BHI und ihre Mitgliedsgewerkschaften die gewerkschaftliche
Organisierungsarbeit auf chinesischen Projektbaustellen verstärken? Welche
Informationen könnten für die Entwicklung eines besseren Verständnisses seitens der
Unternehmen hilfreich sein, auf dessen Grundlage sich eine Organisierungsstrategie
ausarbeiten ließe? Wie sehen die bislang gemachten Erfahrungen der
Mitgliedsgewerkschaften aus?
Die Zielsetzung dieser Broschüre1 besteht darin, einige Gründe zu erläutern, die der
außergewöhnlichen Expansion chinesischer Bauunternehmen in den vergangenen zehn Jahren
weltweit zugrunde liegen. Zudem liefert sie Informationen über Strukturen und Funktionsweisen der
Unternehmen sowie über die derzeit gültigen gesetzlichen Rahmenbedingungen und Richtlinien
zur unternehmerischen Sozialverantwortung (CSR). Darüber hinaus werden Erfahrungen der
Mitgliedsgewerkschaften mit chinesischen Bauunternehmen sowie die Herausforderungen und
potentiellen Strategien und Anknüpfungspunkte für ein mögliches gewerkschaftliches Engagement
der BHI und ihrer Mitglieder für die kommende Kongressperiode dargestellt.
1
Sämtliche technische Informationen sind einer von der BHI in Auftrag gegebenen Studie über chinesische Bauunternehmen vom Februar 2013 entnommen.
3
Chinesische Bauunternehmen sind keine unabhängigen Marktakteure. Die
bedeutendsten von ihnen sind staatseigene Betriebe oder deren Tochtergesellschaften.
Internationale Bauprojekte sind integraler Bestandteil der Politik und der Prioritäten
der Regierung und werden größtenteils im Rahmen regionaler oder zwischenstaatlicher
Kooperationsvereinbarungen über Darlehen von Regierungsbanken finanziert. Die
Führungsstrukturen der Unternehmen befinden sich – auch in den börsennotierten
Tochtergesellschaften – weitgehend unter der Kontrolle des chinesischen Staatsrates
und der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Für die Weiterentwicklung der
BHI-Strategien ist es von Bedeutung, all diese bestehenden Verflechtungen zu
berücksichtigen.
Die chinesische Auslandshilfepolitik im Wandel
Die chinesische Auslandshilfepolitik hat sich von einer ideologisch motivierten Hilfe zu einer Politik
des gegenseitigen wirtschaftlichen Interesses entwickelt. Ihre zentralen Zielsetzungen bestehen
darin, die Investitionen der chinesischen Unternehmen, die geopolitische Strategien verfolgen, zu
stärken. Dabei geht es in erster Linie darum, den Energiebedarf des Landes zu decken und es mit
den dafür erforderlichen natürlichen Ressourcen zu versorgen.
In den Jahren vor dem Beitritt in die Welthandelsorganisation 2005 unterstützte die chinesische
Regierung ausländische Investitionen mit großem Nachdruck – diese Strategie ist unter dem
Begriff “wirtschaftliche Öffnung nach außen“ bekannt. Als Folge daraus erhöhten chinesische
Bauunternehmen ihren Anteil am Weltmarkt in erheblichem Maß.
China hat die USA als internationalen Bauunternehmer inzwischen überholt. Im Jahr
2010 führte China nahezu 15% der internationalen Bauverträge auf dem Weltmarkt aus.
Davon entfielen 25% auf den asiatischen und knapp 40% auf den afrikanischen Markt.
Die große Mehrheit der chinesischen Bauprojekte ist Bestandteil bilateraler regionaler oder
zwischenstaatlicher Kooperationsabkommen. So hat China über die Shanghaier Organisation
für Zusammenarbeit (SCO) mittels umfangreicher Entwicklungs- und Investitionsprojekte die
Führungsrolle bei der Förderung der regionalen Zusammenarbeit in Asien übernommen. Ein
weiteres Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit ist das im Jahr 2012 zwischen China und der
Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) abgeschlossene Strategieabkommen für
grenzübergreifende Infrastrukturprojekte, gemeinsame Produktion und Technologietransfer.
Bilaterale zwischenstaatliche Abkommen bestehen im Allgemeinen aus einem Paket von
Darlehensvereinbarungen, technischer Unterstützung und bestimmten Formen des kulturellen
Austausches. Der Hauptschwerpunkt liegt auf Infrastrukturprojekten in den Bereichen Verkehr,
Elektrizität, Energie sowie auf der Rohstoffwirtschaft, darunter Öl und Mineralstoffe. Zahlreiche
Projekte stehen miteinander In Verbindung und verfolgen das Ziel, die subregionale Entwicklung
durch integrierte Straßennetze, Häfen, Energie und Bergbauprojekte sowie durch Investitionen
in die Landwirtschaft zu fördern. In einigen Ländern sind auch die Exporthandelszonen (EPZ) mit
eingeschlossen.
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Internationale chinesische Bauprojekte werden größtenteils durch die staatseigenen
Banken, die Chinesische Export-Import Bank (China Exim-Bank) und die Chinesische
Entwicklungsbank (CDB) finanziert. Zusammen übersteigt das Darlehensportfolio dieser
beiden Banken das der Weltbank.
Im Jahr 2010 verfügte die China Exim-Bank über mehr als 70 Projekte, die in diesem Jahr auf einen
Wert von 13.6 Milliarden USD geschätzt wurden. Die Chinesische Entwicklungsbank finanzierte
60 Projekte in 30 afrikanischen Ländern und stellte lateinamerikanischen Ländern mehr als 61
Milliarden USD als Darlehen für Energie-, Transport- und Wohnungsbauprojekte bereit.
Auslandshilfe wird entweder über Darlehen zu besonders guten Bedingungen und niedrigen
Zinssätzen, Subventionen und Direktinvestitionen oder durch „Rohstoffe gegen Infrastruktur“Vereinbarungen bereitgestellt. Die Darlehen sind in der Regel daran gebunden, dass chinesische
Bauunternehmen beauftragt werden und chinesische Maschinen und Güter zum Einsatz kommen.
Demzufolge werden die Projekte nicht öffentlich ausgeschrieben oder unterstehen den im
Empfängerland bei der öffentlichen Auftragsvergabe üblichen Vorgehensweisen. Die Darlehen sind
“nicht-interventionistisch”, was bedeutet, dass sie nicht an die Annahme bestimmter wirtschaftlicher
Strategien, die Durchführung demokratischer Reformen, die Einhaltung der Menschenrechte oder
bestimmter Umwelt- oder Arbeitsnormen gekoppelt sind.
Während die China Exim-Bank in der Regel Darlehen bereitstellt, setzt die Chinesische
Entwicklungsbank auf ein anderes Investitionsmodell. Dieses versucht zu vermeiden, dass
Entwicklungsländer mit umfangreichen Darlehen und Schulden belastet werden. So gründete die
Chinesische Entwicklungsbank beispielsweise den Chinesisch-Afrikanischen Entwicklungsfonds
(CAD-Fonds) und stellt in strategischen Bereichen wie Landwirtschaft, Exporthandelszonen (EPZ),
Infrastruktur und natürlichen Ressourcen Kapitalinvestitionen an den afrikanischen Projekten der
chinesischen Unternehmen bereit.
In jüngster Zeit hat sich ein drittes Finanzierungsmuster herausgebildet: Das Empfängerland bzw.
der ausländische Projekteigner bietet den chinesischen Unternehmen Vorzugsverträge an, in der
Hoffnung, dass der chinesische Bauherr ihnen den Zugang zu Darlehen mit besonders günstigen
Bedingungen von chinesischen Banken erleichtert.
Chinesische Bauunternehmen und der Staat
Die wichtigsten chinesischen Bauunternehmen sind nahezu allesamt staatseigene Betriebe
und werden als staatseigene Zentralunternehmen bezeichnet. Die Zentralunternehmen wurden
im Rahmen der 1979 durchgeführten Unternehmensreform mit der Zielsetzung gegründet,
Geschäftstätigkeiten von den Ministerien zu trennen. In den 1990er-Jahren wurden Eigentum,
Geschäftsführung und Aufsichtsfunktionen voneinander getrennt. In jüngster Vergangenheit
wurde als Reaktion auf die Zunahme internationaler Verträge erneut eine Umstrukturierung der
Zentralunternehmen vorgenommen. So wurden börsenkotierte Tochterunternehmen gegründet,
deren größter Vermögensanteil dem Staat vorbehalten bleibt. Die Unternehmen sind hauptsächlich
an den Börsen in Hong Kong und Shanghai kotiert.
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Die sieben Riesen der chinesischen Bauindustrie
Unter den zahlreichen Bauunternehmen befinden sich sieben besonders wichtige
Zentralunternehmen. Hierbei handelt es sich um die Unternehmen, denen in den
Sektoren Eisenbahn, Häfen, maritime Infrastruktur, Bergbau, Maschinenbau und
Wasserkraft die wichtigste strategische Bedeutung zufällt. Sie hatten im Zusammenhang
mit den chinesischen Hilfsprojekten im Ausland in den 1950er- und 1960er-Jahren eine
Vorreiterrolle inne und profitierten als Erste von der Regierungspolitik der „Öffnung nach
außen“. Ein hoher Anteil ihrer Einnahmen wird inzwischen durch ihre internationalen
Geschäfte generiert.
China Railway Group Ltd, CRG (China Railway Engineering Corporation)
& China Railway Construction Corporation Ltd., CRCC (China Railway Construction
Corporation)
Diese beiden Unternehmen sind im Hinblick auf ihren Gesamtumsatz gemäß des wöchentlich
erstellten Rankings des Engineering News Record – der sogenannten ENR-Liste – weltweit
führend. Bis 2011 hatte die CRG mehr als 230 Auslandsprojekte in 55 Ländern durchgeführt.
In Lateinamerika nahm die CRG im Jahr 2011 den sechsten Platz unter den internationalen
Bauunternehmen ein.
Die auf Schieneninfrastruktur spezialisierte CRCC hat bereits in 60 Ländern Projekte
durchgeführt. Das Unternehmen beschäftigt in seinen Auslandsprojekten mehr als 10.000
Mitarbeiter. Im Jahr 2011 führte das Unternehmen insgesamt 283 internationale Projekte in 48
Ländern durch und war das zehntgrößte internationale Bauunternehmen in Afrika.
China Communications Construction Corporation Ltd., CCCC
Die CCCC ist gemessen am Gesamtumsatz das fünftgrößte Bauunternehmen und nimmt
gemäß ENR-Liste hinsichtlich ihres Umsatzes aus internationalen Verträgen den elften Rang
ein. Seit 2006 generiert das Unternehmen mehr als 20% seines Gesamtumsatzes aus
internationalen Bauprojekten. Dies ist der höchste Anteil unter den sieben in diese Erhebung
einbezogenen Unternehmen. Im Jahr 2011 führte die CCCC in 80 Ländern der Welt Projekte
und Geschäfte durch. Das Unternehmen beabsichtigt, während des Fünfjahreszeitraums 20122017 seine internationalen Geschäfte auf 30 bis 40% seines Gesamtumsatzes zu erhöhen.
Metallurgical Corporation of China, MCC (China Metallurgical Group Company)
Die MCC ist der größte Hersteller von Stahlkonstruktionen in China sowie das
Zentralunternehmen, das am meisten Wohnungen zu erschwinglichen Preisen bereitstellt.
Sein Produktionsvolumen stieg von 200 Millionen im Jahr 2003 auf 700 Millionen Tonnen im
Jahr 2011 an. Seit 2002 hat die MCC einen Teil ihrer Geschäftstätigkeit in den Bergbausektor
verlagert. Der Umsatz aus internationalen Bergbauverträgen belief sich im Jahr 2010 auf 20%
bis 30% des Neuvertragsvolumens.
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China State Construction and Engineering Corporation Group, CSCEC
Die CSCEC war im Jahr 2010 gemäß ENR-Liste auf Grundlage ihres Gesamtumsatzes
das drittgrößte international tätige Bauunternehmen und führte in den vergangenen drei
Jahrzehnten über 5.000 Projekte in 116 Ländern durch. Derzeit ist die Gesellschaft in 27
Ländern aktiv und erwirtschaftete im Jahr 2011 460 Milliarden CNY (57 Milliarden USD) aus
internationalen Verträgen. Dies entspricht 20% des Gesamtumsatzes.
China National Machinery Industry Corporation, Sinomach
Sinomach war 2010 gemäß ENR-Liste das viertgrößte internationale MaschinenbauUnternehmen. Es verfügt über den höchsten Umsatzanteil aus internationalen Verträgen und
erwirtschaftete 80% seines Umsatzes im Jahr 2008 (2010: 75%) aus Auslandsprojekten. Im
Zeitraum 2006-2010 steigerte Sinomach seinen Bruttoertrag um sagenhafte 574%.
Sinohydro Corporation (Sinohydro) /Power Construction Corporation of China (Power
China)
Power China nimmt gemäß ENR-Liste den 16. Platz im Bereich der Bauplanung ein und
generierte 30% seines Umsatzes, 40% seiner laufenden Verträge und 57% seiner Erträge aus
dem internationalen Geschäft. Im Jahr 2013 führte Power China 728 Projekte in 81 Ländern
durch. Sinohydro war im Jahr 2010 gemäß ENR-Liste der weltweit drittgrößte Konzern im
Bereich Kraftwerksbau und generierte nahezu 25% seines Umsatzes durch internationale
Geschäfte. Das Unternehmen hat in den Bereichen Wasserkraft, Wärmekraft, Wohnungsbau
und Infrastruktur bereits über 2.500 Projekte in 62 Ländern durchgeführt.
Regulierung und Führung der Zentralunternehmen
Der Staatsrat und die KPCh verfügen in Verwaltung und Führung der Zentralunternehmen über einen allumfassenden Einfluss. Darüber soll die politische Linientreue
des Unternehmens sichergestellt und die Geschäftstätigkeiten des Unternehmens und
seiner Mitarbeiter kontrolliert werden.
Die Zentralunternehmen stehen unter der Kontrolle der Kommission des Staatsrates zur Kontrolle
und Verwaltung des Staatsvermögens (SASAC), die wiederum dem Staatsrat unterstellt ist. Das
SASAC-Büro für Parteiaufbau und das Büro für Massenbeschäftigung bauen eine Parallelstruktur
mit KPCh-Komitees und Branchengewerkschaften auf, die in den einzelnen Zentralunternehmen
dem All-Chinesischen Gewerkschaftsbund (ACGB) angegliedert sind. In ähnlicher Weise verfügt die
Zentrale Kommission für Disziplin-Inspektion (CCDI), ein Parteiorgan zur Überwachung der Integrität
der Parteiführer und zur Vorbeugung von Korruption, ebenfalls über Parallelstrukturen in der SASAC
und den Zentralunternehmen.
Jedes Zentralunternehmen verfügt über einen Aufsichts- und Verwaltungsrat sowie – im Falle der
börsenkotierten Unternehmen – über eine Hauptversammlung. Die Arbeitnehmerbeteiligung wird
durch die Ernennung eines Arbeitnehmeraufsehers, eines Arbeitnehmerverantwortlichen sowie
die Arbeitnehmervertreterversammlung sichergestellt. Diese Vertreterpositionen werden durch den
zuständigen Sektor des ACGB oder des KPCh-Komitees kontrolliert.
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Die Mehrzahl der Zentralunternehmen geben hohe Organisierungsraten mit über 97% der
Mitarbeiter an. Die wichtigste Rolle des ACGB in den Zentralunternehmen besteht darin, die
Stabilität innerhalb der Belegschaft aufrechtzuerhalten.
Zentralunternehmen und die Rolle des
All-Chinesischen Gewerkschaftsbundes (ACGB)
Der All-Chinesische Gewerkschaftsbund (ACGB) ist die offizielle und einzige
Gewerkschaft in China. In den Zentralunternehmen werden die entsprechenden
Gewerkschaftssektoren über ein duales Führungssystem bestehend aus dem SASACBüro für Massenbeschäftigung und dem jeweiligen Provinz- oder Städteverband des
ACGB geführt. Den Gewerkschaften werden finanzielle Mittel und bezahlte Mitarbeiter
bereitgestellt. Um den Einfluss der KPCh sicherzustellen, besteht ein System der
wechselseitigen Vertretung zwischen den Gewerkschaften, der Geschäftsführung und
dem Parteikomitee. So ist etwa der Gewerkschaftsvorsitzende häufig gleichzeitig ein
Mitglied der Geschäftsleitung. Darüber hinaus kann er zudem auch noch Sekretär bzw.
stellvertretender Sekretär des KPCh-Komitees im Unternehmen sein.
Das Büro für Massenbeschäftigung sorgt für die ideologische Ausrichtung der
Gewerkschaften in den Zentralunternehmen und organisiert Schulungen für die
Arbeitnehmer. Im Jahr 2012 erstellte das Büro 17 Richtlinien für die Gewerkschaften
in den Zentralunternehmen zu einer Reihe von Themen. So wurde in einer dieser
Richtlinien erläutert, wie der Infiltrierung feindlicher Kräfte in die Arbeitnehmerschaft
vorgebeugt werden kann. Dies war offensichtlich eine Reaktion auf die Mobilisierungen
der Arbeitnehmer und die Generalstreiks in Europa. Andere Themenfelder sind
häufig allgemeiner Natur. So geht es um zunehmende Teilnehmerraten in den
Arbeitnehmerversammlungen, die Fähigkeit zur gewerkschaftlichen Organisierung oder
um Produktivitätswettbewerbe. Auffällig ist das Fehlen von Informationen bezüglich
Tarifverträgen oder Lohnverhandlungen.
Korruption und spekulative Investitionen in den Zentralunternehmen
Die Kommission des Staatsrates zur Kontrolle und Verwaltung des Staatsvermögens (SASAC)
und der Staatsrat haben zunehmend Schwierigkeiten, ein effizientes System von Überprüfungen
und Kontrollen einzurichten, mit dem sich hoch-riskante und willkürliche Investitionen und korrupte
Vorgehensweisen verhindern lassen. Offensichtlich als Folge der steigenden Besorgnis darüber
hat die SASAC in den Jahren 2011 und 2012 eine Reihe von Maßnahmen verabschiedet, die den
Vermögens-, Immobilien- und Kapitaltransfer über ausländische Tochterunternehmen verbieten und
die Führungskräfte für Verluste und Wertrückgänge von Vermögenswerten des Unternehmens zur
Rechenschaft ziehen. Infolge der Finanzkrise 2008 verzeichneten 68 Zentralunternehmen erhebliche
Verluste, die auf spekulative Investitionen in hochriskante Wertpapiere und Derivate zurückzuführen
waren.
Seit 2009 unterliegen die Finanzberichte der Zentralunternehmen externen Prüfungen durch das
dem Staatsrat unterstellte Ministerium für Rechnungsprüfung. Die externen Prüfungen im Jahr
2012 brachten zahlreiche Missbrauchsfälle im Zusammenhang mit dem unrechtmäßigen Besitz
von Aktien- und Vermögensanteilen sowie unrechtmäßigem Kapitaltransfer und illegalen Methoden
im Rahmen von Ausschreibungsverfahren ans Tageslicht. Darüber hinaus bestehen systematisch
Probleme hinsichtlich nicht ordnungsgemäßer Rechnungslegungspraktiken.
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Auslandsinvestitionen und Genehmigung internationaler Verträge
Die ausländischen Investitionen der Zentralunternehmen werden von der Staatlichen
Kommission für Entwicklung und Reform (NDRC) sowie dem Ministerium für Handel und
Wirtschaftliche Zusammenarbeit der Volksrepublik China (MOFCOM) reguliert. Die NDRC erstellt
die makroökonomischen Pläne, während das MOFCOM für die Verwaltung der ausländischen
Investitionen und die Handelsvereinbarungen mit anderen Ländern - darunter auch das
internationale Vertragswesen sowie die Entsendung chinesischer Arbeitnehmer ins Ausland verantwortlich ist.
Für sämtliche Großinvestitionen ist die vorherige Genehmigung durch die NDRC oder das MOFCOM
erforderlich. In den letzten Jahren ist den Zentralunternehmen bei den Investitionsentscheidungen
eine größere Autonomie eingeräumt worden. Die NRDC erhöhte 2011 das Mindestvolumen, ab
dem die Unternehmen eine staatliche Genehmigung einholen müssen, auf 5 Millionen USD.
Der vom Handelsministerium erstellte Fünfjahresplan für internationale Verträge und Kooperation für
den Zeitraum 2011-2015 beinhaltet beispielsweise folgende Aspekte:
• 7% Zunahme der ausländischen Direktinvestitionen
• 6% Umsatzsteigerung über neue internationale Verträge
• Erhöhung der Anzahl der ins Ausland entsandten chinesischen Arbeitnehmer auf über eine
Million.
Umwelt- und Sozialstandards und die unternehmerische
Sozialverantwortung (CSR)
China verfügt über kein Gesetz, das Auslandshilfe und ausländische Investitionsprojekte
reguliert. Zudem ist keine Regierungsbehörde ausschließlich für Umwelt- und Sozialstandards
zuständig. Hierfür sind vielmehr verschiedene Behörden wie etwa die Entwicklungsbanken, das
Außenministerium sowie das Handelsministerium MOFCOM verantwortlich.
Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfungen sowie die unternehmerische
Sozialverantwortung (CRS) sind relative neue Themenfelder für China und in hohem
Ausmaß eine Reaktion auf internationale Kritik. Die derzeit bestehenden Standards sind
schwach und in der Praxis schwierig umzusetzen. Zudem beziehen sie sich nicht explizit
auf die ILO-Arbeitsnormen. Es existieren eine Reihe sich überschneidender Richtlinien
und Mechanismen, die für die BHI und ihre Mitgliedsgewerkschaften möglicherweise
von Nutzen sein könnten.
Richtlinien der Finanzierungsbanken
Im Jahr 2007 gaben die China Exim-Bank wie auch die Chinesische Entwicklungsbank (CDB)
Umwelt- und Sicherheitsrichtlinien heraus. Diese Richtlinien wurden vom internationalen
Umweltbündnis International Rivers and Friends of the Earth kritisiert, da sie nur vage Grundsätze
und keine spezifischen Standards oder Indikatoren für eine entsprechende Umsetzung
enthalten. Im Jahr 2012 legte der Chinesische Bankregulierungsausschuss die Richtlinien
zur Umweltrisikobewertung vor. Auch diese Richtlinien sind sehr vage und nehmen auf keine
spezifischen ILO-Standards Bezug. Artikel 21 lautet wie folgt:
“Die Bankinstitutionen müssen das Risikomanagement im Hinblick auf Umwelt- und Sozialstandards
im Zusammenhang mit den durch ihre Kredite finanzierten Projekte im Ausland stärken und
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sicherstellen, dass die Geldgeber die gültigen Gesetze und Bestimmungen zum Umweltschutz
sowie die Gesundheitsschutz- und Sicherheitsbestimmungen usw. des Landes einhalten, in dem
das Projekt durchgeführt wird. Die Banken müssen sich öffentlich zur Einhaltung angemessener
internationaler Vorgehensweisen bzw. internationaler Normen sowie deren Befolgung im Rahmen
ihrer hiervon betroffenen Auslandsprojekte bekennen, damit die Einhaltung der guten internationalen
Vorgehensweisen sichergestellt werden kann.“
MOFCOM, SASAC, das chinesische Außenministerium und der Chinesische
Industrie- und Handelsverband (CIHD) geben im Jahr 2011 die Richtlinien für das
Arbeitnehmermanagement chinesischer Auftragsunternehmen im Ausland heraus
Diese Richtlinien sind ein erster Schritt hin zu einer regulierten Arbeitsverwaltung – eine Thematik,
die bis dahin als „unbeschriebenes Blatt“ bezeichnet wurde. Diese Richtlinien gelten für alle
chinesischen Unternehmen, die im Ausland investieren sowie für alle Beschäftigen, also sowohl die
chinesischen und lokalen Arbeitnehmer sowie Beschäftigte einer anderen Nationalität. Artikel 3 und
7 lauten wie folgt:
“Verpflichtungen chinesischer Unternehmen: Chinesische Unternehmen haben die
Arbeitsgesetzgebung Chinas sowie diejenige des Projektlandes genau zu kennen und strikt
einzuhalten.
Beschäftigungspraktiken: Gleiche Beschäftigungschancen sind zu beachten. Es gilt
Diskriminierungen zu vermeiden, die auf die Zugehörigkeit zu einer Rasse, einem Stamm, zu
ethnischen bzw. religiösen Gruppen zurückzuführen sind. Die lokalen Gesetze zur Beschäftigung
und zu Arbeitsverträgen sind zu beachten. Den Arbeitnehmern sind Ansprüche entsprechend
der lokalen Gesetzgebung und den Vertragsbedingungen zu gewähren. Darüber hinaus gilt es,
die Beschäftigung zu schützen und die lokalen Gesetze zur Sicherheit am Arbeitsplatz sowie zur
beruflichen Unfallversicherung einzuhalten. Es sind regelmäßige Kommunikationsmechanismen mit
den Beschäftigten einzuführen, um ihren Fragen und Forderungen nachzukommen. Des Weiteren ist
eine Abteilung einzurichten bzw. eine Führungskraft für die Verbindungs- und Kommunikationsarbeit
mit der lokalen, aus Beschäftigten des Projektlands bestehenden Gewerkschaft zu bestimmen.
Arbeitsstreitigkeiten: Die chinesische Botschaft im Projektland ist regelmäßig, unverzüglich und
wahrheitsgemäß über Arbeitsstreitigkeiten in Kenntnis zu setzen.”
Diese Richtlinien erkennen Gewerkschaftsrechte bzw. lokales Gewerkschaftsrecht nicht explizit
an. Vielmehr sprechen sie sich für “Kommunikationsmechanismen” anstatt für die Anerkennung
von Gewerkschaften bzw. die Aushandlung von Tarifvereinbarungen mit lokalen Gewerkschaften
aus. Es ist klar zu erkennen, dass der chinesischen Botschaft hier eine Schlüsselrolle zukommt.
Zudem sehen die Mechanismen keinerlei Verpflichtungen gegenüber den Gewerkschaften vor –
unabhängig davon, ob es sich dabei um lokale Gewerkschaften im Projektland oder um den ACGB
handelt.
Der Leitfaden des Chinesischen Verbands internationaler Bauunternehmer (CHINCA) zur
unternehmerischen Sozialverantwortung (CSR) der international tätigen chinesischen
Bauindustrie 2010
Die im Jahr 1988 gegründete CHINCA ist eine nationale Handelsvereinigung internationaler Bau-,
Leiharbeits- und Anlageinvestitionsunternehmen. Sie verfügt über 1.300 Mitglieder. Obwohl sie eine
mitgliederbasierte Organisation darstellt, ist sie direkt der Überwachung des MOFCOM unterstellt.
CHINCA stellt sich auf internationaler Ebene selbst als offizieller Vertreter der Bauunternehmen
dar. Der vom Handelsministerium MOFCOM herausgegebene Leitfaden stellt ein relativ allgemein
gehaltenes Rahmenwerk dar, das weder auf nationale chinesische Gesetze noch auf Gesetze
des Projektlandes Bezug nimmt. Allerdings weist er – wenn auch nicht näher spezifiziert – auf die
“relevanten ILO-Konventionen” hin und hält unter anderem fest:
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“Entlohnung und Sozialleistungen: Die Löhne dürfen die lokalen Mindestlöhne bzw. die
allgemeinen Branchenstandards nicht unterschreiten. Die Sozialleistungen sollten den
lokalen Gepflogenheiten und Geschäftspraktiken entsprechen. Zudem ist ein jährlicher
Lohnerhöhungsmechanismus für die Arbeitnehmer einzuführen.
Kommunikation und Beteiligung der Arbeitnehmer: Die Mechanismen für die Verhandlungen
zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern müssen den lokalen Gepflogenheiten entsprechen, die
Kommunikation hat in beide Richtungen zu erfolgen.“
Die jährlichen CSR-Berichte der großen Bauunternehmen
Die größten Zentralunternehmen veröffentlichen nun jährliche CSR-Berichte, die sich
weitestgehend auf die Richtlinien der CHINCA stützen. Allerdings beziehen sich einige auch auf
die Global Reporting Initiative (GRI) sowie auf den ISO-Standard 26000 zur unternehmerischen
Sozialverantwortung. Die der stärksten Kritik ausgesetzten Unternehmen – darunter die an
Staudammprojekten beteiligten Gesellschaften – haben die Anhörung von Interessengruppen in ihr
CSR-Konzept aufgenommen. Die CSR-Konzepte und Zielsetzungen werden in der Regel von der
Hauptniederlassung des Unternehmens erstellt und dann an die Tochterunternehmen sowie die
Zulieferer weitergegeben. Allerdings sind die bestehenden Überwachungs-mechanismen weder
klar noch effizient. Dennoch wird die Aufnahme von Beziehungen zu Gewerkschaften vor Ort im
Rahmen von Auslandsprojekten von keinem Zentralunternehmen als gangbare Strategie anerkannt
und es wird keinerlei Bezug auf die von der ILO verabschiedeten Kernarbeitsnormen hergestellt.
Die Erfahrungen der BHI-Mitgliedsgewerkschaften mit
chinesischen Bauunternehmen
Die chinesischen Bauunternehmen scheinen ziemlich unterschiedliche Ansätze in Bezug auf die
gewerkschaftliche Organisierung ihrer in internationalen Projekten beschäftigten Arbeitnehmer
zu haben. Woher diese Unterschiede kommen, ist nicht klar. Möglicherweise besteht ein
Zusammenhang mit den Beziehungen der chinesischen Staatsführung zur jeweiligen nationalen
Regierung oder dem Auftraggeber. Zudem variieren die Vorgehensweisen auch je nach der
politischen Ausrichtung innerhalb der chinesischen Botschaft, den nationalen Gegebenheiten
zwischen den Sozialpartnern oder hängen von anderen Faktoren ab.
In einigen Ländern hat sich die Einstellung der Unternehmen in Bezug auf die gewerkschaftliche
Organisierung offenbar verändert. Lokale BHI-Mitgliedsgewerkschaften in Ghana, Kenia und
Uganda berichten, dass sie sich organisieren konnten und es vor kurzem sogar zur Unterzeichnung
von Tarifvereinbarungen kam. In anderen afrikanischen Ländern wie etwa Tansania entsprechen
die Unternehmen zwar mittlerweile dem minimalen Lohn- und Gehaltsniveau, halten jedoch
andere Beschäftigungsgesetze sowie die Bestimmungen zur Gesundheit und Sicherheit am
Arbeitsplatz nicht ein. In diesen Unternehmen scheint die Geschäftsleitung die gewerkschaftliche
Organisierung ihrer Beschäftigten sogar aktiv zu unterbinden. Anderswo drücken die Regierungen
in ihrer Eigenschaft als Auftraggeber von Infrastrukturprojekten an chinesische Bauunternehmen
bei Missachtung der Beschäftigungsgesetze gern ein Auge zu, wie dies zum Beispiel in Namibia
der Fall ist. Schließlich gibt es Länder, wie etwa Pakistan, in denen die Regierungen aktiv die
Unterdrückung von Gewerkschaften unterstützen.
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Ghana:
Gewerkschaft unterzeichnet
acht Tarifvereinbarungen mit
chinesischen Unternehmen
Bis Anfang des Jahres 2013 hatte die
Gewerkschaft der Beschäftigten der
ghanaischen Baumaterialindustrie (CBMWU)
acht Tarifvereinbarungen mit verschiedenen
chinesischen Unternehmen unterzeichnet.
Die Tarifvereinbarungen beinhalten die
Anerkennung von Gewerkschaften, weisen
gewerkschaftliche Sicherheitsklauseln auf und
gewähren individuelle und kollektive Rechte.
Darüber hinaus legen sie Vorgehensweisen
im Rahmen von Konflikten zwischen den
Sozialpartnern sowie zur Verteidigung von Arbeitnehmerrechten, monetäre und nicht monetäre
Zuwendungen, bezahlten Urlaub und Abfindungsvergütungen fest.
„Ursprünglich gab es Widerstand, jetzt haben sich die Unternehmen jedoch geöffnet. Sie
ermöglichen nun gewerkschaftliche Organisierung, den Abschluss von Tarifvereinbarungen mit
unserer Gewerkschaft und respektieren die Beschäftigungsgesetze und Gewerkschaftsverträge. Wir
haben erhebliche Verbesserungen festgestellt, was einen Anstieg unserer Mitgliedszahlen um 30%
zur Folge hatte.“ Pius Quainoo, Generalsekretär, Gewerkschaft der Beschäftigten der ghanaischen
Bau- und Baumaterialienindustrie (CBMWU).
KenIa:
Gewerkschaft unterzeichnet vier
Tarifvereinbarungen – weiteres
Abkommen in Vorbereitung
Die kenianische Gewerkschaft für
Beschäftigte im Hoch- und Tiefbau sowie
der Holz- und Möbelindustrie konnte vier
Tarifvereinbarungen mit den Unternehmen
China Road and Bridge Corporation, China
Sinohydro Cooperation, China Overseas
Corporation und China Jiangsu International
unterzeichnen. Der Tarifvertrag beinhaltet
Standardklauseln zur gewerkschaftlichen
Anerkennung, Mechanismen zur Streitschlichtung, Verbesserung der Löhne und Gehälter
sowie Abgeltung von Überstunden, Reisezeit, Wohn- und Arbeitswegzulagen, Urlaubsgeld,
Entschädigungen bei Berufsunfällen, Mutterschaftsurlaub, Entlassungs- und Rentenregelungen
sowie die Definition der Vorgehensweise bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Allerdings
sind die Klauseln bezüglich der Verantwortung des Hauptbauunternehmens im Rahmen des
Einsatzes von Subunternehmern nicht bindend. Die Vereinbarung legt fest, dass das Unternehmen
die Subunternehmer und Leiharbeitsfirmen auf die Existenz einer solchen Tarifvereinbarung
“aufmerksam zu machen“ und “ihnen dringend zu empfehlen“ habe, auf allen Baustellen faire
Beschäftigungspraktiken einzuhalten und der Unterbezahlung ihrer Beschäftigten vorzubeugen.
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Uganda:
Gewerkschaft und nationaler
Gewerkschaftbund
handeln Anerkennung und
Tarifvereinbarungen aus
Die chinesischen Bauunternehmen verfügen
in den großen Infrastrukturprojekten in
Uganda sprichwörtlich über ein Monopol und
decken über 80% der Verträge ab. Auf den
meisten Baustellen werden die grundlegenden
Beschäftigungsrechte nicht respektiert und
Bestimmungen zur Gesundheit und Sicherheit
am Arbeitsplatz ignoriert. Zudem scheint die
Regierung in ihrer Rolle als größter Auftraggeber gerne ein Auge zuzudrücken und die Realität zu
ignorieren und unternimmt keine ausreichenden Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer.
In jüngster Zeit waren bei der gewerkschaftlichen Organisierung der Baustellen Fortschritte
festzustellen. Im Jahr 2012 rekrutierte die ugandische Baugewerkschaft (UBCCECAWU) mehr als
200 weibliche sowie 1.600 männliche Mitglieder in chinesischen Unternehmen. Zudem gelang es
der Gewerkschaft, auch Arbeitnehmer der notorisch schwierigen chinesischen Arbeitgeber, darunter
China Sinohydro Construction Corporation (Ntugamo-Projekt) und China Chonguing International
Construction Corporation (CICO) als Mitglieder zu gewinnen. Derzeit führt die Gewerkschaft unter
anderem in den Unternehmen China Railways Seventh Group (C.R.S.G), China Communications
Construction Company (C.C.C.C) und China Henan International Construction Company Group
(CHICO) Rekrutierungskampagnen durch.
Bislang konnte die Gewerkschaft eine Tarifvereinbarung mit China Sinohydro aushandeln. Darüber
hinaus wurden vier Verträge zur Anerkennung der Gewerkschaft mit chinesischen Unternehmen
ausgehandelt, die zur Unterzeichnung von weiteren Tarifverträgen führen dürften.
Mit der Unterstützung des nationalen Gewerkschaftsbundes (NOTU) ruft die Gewerkschaft die
Regierung nun dazu auf, Maßnahmen zur Durchsetzung der Arbeitsgesetze und Bestimmungen
über das zuständige Handelsgericht sowie über mehrere erst seit kurzem bestehende dreigliedrige
Beschäftigungsbeiräte zu ergreifen. Zudem hat die Gewerkschaft die weit verbreitete HIV/AIDSErkrankung in die Gesundheits- und Sicherheitsregeln aufgenommen und einen bilateralen
Ausschuss für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie den Ausschuss für HIV/AIDS ins
Leben gerufen. In den Tarifvereinbarungen wird diese Thematik ebenfalls berücksichtigt.
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TanSania:
Weit verbreiteter Missbrauch
und Gewerkschaftsverbot auf
chinesischen Baustellen
Im Jahr 2012 waren in Tansania mehr als 30
chinesische Bauunternehmen mit nahezu
3.000 chinesischen Mitarbeitern und über
30.000 tansanischen Beschäftigten aktiv.
Zu ihren Projekten gehören der Bau von
Straßen und Brücken, Wasserversorgung,
Gebäude, Telekommunikation und
weiterer Infrastrukturvorhaben. Anders
als in Tansania oder Kenia gewähren die
chinesischen Unternehmen in Tansania
den Organisierungskampagnen keinen Zugang zu den Baustellen, obwohl die Gewerkschaften
sämtliche erforderlichen Bedingungen eingehalten haben.
Untersuchungen, die im Jahr 2012 auf vier von chinesischen Bauunternehmen betriebenen
Baustellen durchgeführt wurden, zeigten einen sehr hohen Anteil an Gelegenheitsbeschäftigten
und einen Anteil an lokalen Arbeitnehmern von über 80%. Die Gelegenheitsbeschäftigten verfügten
über keine Arbeitsverträge, waren nicht bei der nationalen Sozialversicherung gemeldet und hatten
somit keinerlei Ansprüche auf Sozialleistungen wie etwa der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Der gesetzliche Mindestlohn in Tansania wurde nicht an die steigenden Lebenshaltungskosten
angepasst und befindet sich auf einem Armutsniveau von 1,80 USD pro Tag. Die meisten
Unternehmen zahlen zwar Gehälter, die geringfügig über diesem Betrag liegen, entlohnen aber in
den meisten Fällen keine geleisteten Überstunden.
Obwohl Tansania aufgrund der vertraglichen Bedingungen für die Durchführung eines Bauprojekts
über gute Gesundheits- und Sicherheitsgesetze verfügt, haben Besuche auf den Baustellen
gezeigt, dass es dort keine Gesundheits- und Sicherheitsausschüsse gab und den Arbeitnehmern
– abgesehen von Sicherheitshelmen – keinerlei Arbeitskleidung zur Verfügung gestellt wurde. An
der Baustelle für das internationale Julius Nyerere-Kongresszentrum des Bauunternehmens Fujian
Construction Engineering Group, das vom tansanischen Außenministerium in Auftrag gegeben
worden war, wurden sehr schlechte Sicherheitsbedingungen festgestellt: Zudem war dort eine hohe
Zahl an jungen Gelegenheitsarbeitern tätig, die keinerlei Arbeitskleidung erhielten und sogar barfuß
arbeiten mussten. Dies steht in harschem Kontrast zu den chinesischen Beschäftigten, die allesamt
mit Schutzkleidung und Helmen versorgt wurden.
“Wenn die chinesischen Unternehmen vor die Vermittlungs- und Schlichtungskommission geladen
werden, tun sie so, als ob sie das Gesagte dort nicht verstünden, obwohl wir wissen, dass sie auf
den Baustellen klar mit den Arbeitnehmern kommunizieren.“ Anasimbo Nico Lema, Regionalsekretär
der tansanischen Bergbau- und Baugewerkschaft (TAMICO).
Das internationale Julius Nyerere-Kongresszentrum ist ein Projekt des tansanischen
Außenministeriums. Es erscheint unwahrscheinlich, dass das Ministerium nicht über die
Verletzungen der Beschäftigungsbedingungen im Rahmen eines so umfangreichen Bauprojekts
informiert ist.
14
“Wir haben weit verbreitete Klagen über die Behandlung durch die chinesischen Arbeitgeber
erhalten. In den meisten Unternehmen sind Gewerkschaften nicht gern gesehen und sie erhalten
keinen Zutritt zu den Baustellen. Wir haben uns sogar mit Regierungsbeamten getroffen, um sie
darüber zu informieren. Ein Hauptproblem besteht darin, dass die Regierung chinesische Investoren
in Schutz nimmt, sobald wir etwas gegen ihre Verhaltensweisen unternehmen möchten.“ Hezron
Kaya, Stellvertretender Generalsekretär des tansanischen Gewerkschaftskongresses (TUCTA).
Namibia:
Chinesische Unternehmen zahlen
50% des offiziellen Mindestlohns
In Namibia besteht eine solide rechtliche
Basis für Beziehungen zwischen den
Sozialpartnern. Dazu gehört auch ein
gültiger Tarifvertrag für die Bauindustrie,
der zwischen der namibischen
Metallarbeitergewerkschaft (MANWU) und
dem namibischen Bauunternehmerverband
(CIF) unterzeichnet wurde. Die Vereinbarung
ist nun seit über einem Jahrzehnt in Kraft,
wird alle zwei Jahre überarbeitet und
dann offiziell als Parlamentsbeschluss im
Amtsblatt bekanntgegeben. Nach offizieller
Bekanntmachung sind sämtliche Arbeitgeber
gesetzlich daran gebunden, unabhängig von der Größe ihres Unternehmens sowie davon, ob es sich
um eine lokale oder internationale Bauunternehmung handelt.
Sämtliche Mitglieder des Bauunternehmerverbandes (CIF) müssen bestätigen, dass sie die
namibischen Gesetze einhalten und ein Zertifikat der Staatlichen Kommission für soziale Sicherheit
sowie ein Schreiben der Metallarbeitergesellschaft MANWU vorweisen, in dem zertifiziert wird, sie das
Beschäftigungsgesetz einhalten. Derzeit sind nur zwei chinesische Bauunternehmen Mitglieder des
CIF. Zudem verweigerte der Bauarbeitnehmerverband im Jahr 2012 der chinesischen Gesellschaft
New Era Investments die Mitgliedschaft, weil es das erforderliche MANWU-Zertifikat nicht vorlegen
konnte.
2012 erhielten Beschäftigte an der Baustelle der Militärakademie in Okahandja, einem
Projekt der chinesischen Jiangsu Zhengtai Company nur 50% des Minimallohns. Außerdem
verfügten die Arbeitnehmer über keine Arbeitsverträge, erhielten keine Lohnabrechnungen,
bekamen keinerlei Lohnfortzahlung im Urlaubs- oder Krankheitsfall und verfügten über keine
Sozialversicherungsdeckung.
“Die Minimallöhne wurden offiziell kommuniziert. Sie sind gesetzlich festgelegt. Realität und
beschriftetes Papier sind aber zweierlei Dinge. Die asiatischen Unternehmen haben die Tendenz, sich
nicht an die Gesetze zu halten. Die Arbeitnehmer erhalten dort nicht einmal Lohnabrechnungen. Es ist
wie im Mittelalter. Allerdings bezahlen nicht nur die asiatischen Unternehmen keine Minimalgehälter.
Dies ist auch bei den kleinen und mittleren Bauunternehmen – sogar unter unseren Mitgliedern – der
Fall.” Malte Beierdörffer, Leitender Fachberater, CIF.
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In Bezug auf die Militärakademie in Okahandja stellte MANWU-Generalsekretär Bernard Milinga fest:
“Wir haben immer noch Schwierigkeiten wenn es darum geht, unsere Forderungen nach einem
Mindestgehalt und Jahresurlaub sowie im Bezug auf Sozialversicherung, unfaire Entlassungen,
der Aushändigung von Schutzkleidung, Probleme bei der Unterbringung oder aufgrund der
unzureichenden Anzahl an Toiletten sowie an Wasch- und Verpflegungsräumen anzusprechen“.
Pakistan:
Die Gewerkschaften bringen
chinesisches Konsortium
wegen Verstößen gegen
Beschäftigungsgesetze vor Gericht
In Pakistan stellte sich das chinesische
Konsortium CGGC-CMEC entschieden
gegen die gewerkschaftliche Organisierung
und verstößt damit gegen zahlreiche
Beschäftigungsgesetze. Das Neelam
Jhelam-Staudammprojekt ist ein über acht
Jahre angelegtes Projekt (2008-2016),
mit geschätzten Gesamtkosten in Höhe
von 2.1 Milliarden USD. Hierbei handelt es sich um ein Regierungsprojekt unter der Aufsicht
der pakistanischen Behörde für Wasser- und Stromversorgung (WAPDA). Das chinesische
CGGC-CMEC-Konsortium erhielt im Januar 2010 nach einer Ausschreibung den Zuschlag für
den Bauauftrag. Auf der Baustelle sind 600 chinesische und 2.400 pakistanische Arbeitnehmer
beschäftigt, von denen viele über pakistanische Subunternehmen angestellt sind.
Die pakistanischen Arbeitnehmer bildeten im Rahmen des Staudammprojekts die Gewerkschaft
Awami Labour Union, die im August 2010 amtlich registriert wurde. Als die chinesische
Geschäftsführung darüber informiert wurde, kündigte sie 300 Arbeitnehmern, um die Gewerkschaft
einzuschüchtern. Die Gewerkschaft wich jedoch nicht von ihren Forderungen zurück, sondern legte
der Geschäftsleitung vielmehr eine ganze Reihe von Forderungen vor, die sie zum Einhalten der
Beschäftigungsgesetze bewegen sollten.
Die Gewerkschaft organisierte daraufhin eine Streikaktion zur Bekräftigung ihrer Forderungen,
woraufhin die Geschäftsführung die Armee hinzuzog und den Arbeitnehmern mitteilte, dass ihnen,
falls sie die Arbeit nicht wieder aufnähmen, gekündigt und sie von anderen Arbeitnehmern ersetzt
würden. Aufgrund der weit verbreiteten Arbeitslosigkeit in der Region kamen die Arbeitnehmer
ihrer Pflicht nach. Später, im Oktober 2011, wurde von der Geschäftsleitung und der Gewerkschaft
in Anwesenheit der Behörde für Wasser- und Stromversorgung (WAPDA) eine Tarifvereinbarung
unterzeichnet. Allerdings setzte die Geschäftsleitung die Vereinbarung nicht um, woraufhin die
Gewerkschaft bei den lokalen Arbeitsgerichten klagte. Obwohl die Geschäftsleitung bereits zweimal
vorgeladen wurde, erschien sie bislang nicht vor Gericht.
Die Geschäftsleitung verletzt zahlreiche Beschäftigungsgesetze:
• Keine Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns für ungelernte und halb angelernte
Arbeitnehmer
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• Keine Bezahlung von Überstunden
• Kein Ausgleich für Verletzungen durch Unfälle am Arbeitsplatz
• Kein sauberes Trinkwasser und keine Kantine
Weitere Erfahrungen mit chinesischen Bauunternehmen
Für die BHI-Mitgliedsgewerkschaften bestehen Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit UmweltNGOs oder Organisationen, die sich für die Rechte indigener Völker einsetzen. So können
gemeinsame Aktionen zum Erhalt der Umwelt- und Beschäftigungsstandards durchgeführt werden.
Ebenso besteht die Möglichkeit zur Zusammenarbeit mit Anti-Korruptions-Kampagnen.
Umwelt-NGOs wie etwa das Umweltbündnis International Rivers and Friends of the Earth haben
erfolgreiche Kampagnen zum Protest gegen Umweltverschmutzung und -kontaminierung durch
chinesische Energie- und Bergwerksprojekte durchgeführt. Starke lokale Kampagnen können
zusammen mit internationalem Druck Wirkung auf chinesische multinationale Unternehmen haben
und der Stärkung der lokalen rechtlichen Prozesse vor Ort dienlich sein.
Papua-Neuguinea:
Internationale NGOs erfolgreich bei Umweltkampagnen
Das Ramu-Nickelprojekt in Madang/Papua-Neuguinea ist eine der größten Nickel-Kobalt-Minen
und besteht aus einem Joint Venture zwischen der MCC, der australischen Highlands Pacific Ltd.
und anderen chinesischen Unternehmen. Das Projekt wurde im Jahr 2008 begonnen. Bereits
im Jahr 2009 kam es aufgrund von schlechten Sicherheitsbedingungen, Ungleichbehandlung
und Kommunikationsbarrieren zu Auseinandersetzungen zwischen chinesischen Arbeitnehmern
und lokalen Arbeitnehmern aus Papua-Neuguinea. Im März 2010 wurde das Projekt infolge der
Einleitung eines Strafverfahrens und dem darauffolgenden Gerichtsprozess gestoppt. Das Verfahren
hatten lokale Landbesitzer aufgrund der Entsorgung von Minenabraum ins Meer angestrengt.
Sie klagten die MCC und die Regierung von Papua-Neuguinea wegen Nichteinhaltung des
Umweltgesetzes an. Die Regierung erweiterte daraufhin das Umweltgesetz und verbot Projekte, die
im Vorfeld bereits die Zustimmung der Regierung erhalten hatten.
Das Earth Action Network lancierte eine erfolgreiche E-Mail-Kampagne, die über 1.700.000
Protestmails aus 112 Ländern aktivierte. Als im Jahr 2011 eine neue Regierung die Macht
übernahm, kündigte der neue für Bergwerke zuständige Minister die Anerkennung und den
Schutz der Rechte der traditionellen Landbesitzer an. Zudem wurden die Anfechtungen gegen die
Erweiterung des Umweltgesetzes zurückgewiesen. Die Produktion wurde erst im August 2012
wieder aufgenommen.
Anti-Korruptions-Kampagnen
Bei Projekten, die von der Weltbank oder anderen internationalen Kreditanstalten finanziert werden,
müssen die chinesischen Unternehmen Dritten transparenten Einblick gewähren. Das Unternehmen
CSCEC und die Straßen- und Brückenbaubranche der CCCC wurden für eine Dauer von bis zu
acht Jahren von Ausschreibungen für von der Weltbank finanzierte Projekte ausgeschlossen,
17
nachdem herausgekommen war, dass sie in einen Bestechungsskandal im Rahmen eines von der
Weltbank finanzierten Straßenerweiterungsprojekts auf den Philippinen beteiligt gewesen waren.
Beide Gesellschaften wurden auch wegen Betrugs und illegaler Absprachen bei Ausschreibungen
im Rahmen des Baus der Hochgeschwindigkeitsverbindung Peking-Shanghai für schuldig
befunden.
Schlussfolgerungen
Im Verlauf des letzten Jahrzehnts nahmen die Auslandsgeschäfte der chinesischen staatseigenen
Unternehmen, insbesondere im Bereich Infrastrukturentwicklung und der rohstofffördernden
Industrie signifikant zu. Diese Investitionen wurden von der chinesischen Regierung über die
Import-Export-Bank Chinas und der chinesischen Entwicklungsbank angeführt und unterstützt.
Die Regierung schloss subregionale und bilaterale Verträge ab, die ein Paket an Investitionen und
Darlehen umfassen und an den Einsatz chinesischer Vertragsunternehmen, die Ausrüstung mit
chinesischen Maschinen und anderen Produkten gebunden sind.
Die Entwicklungshilfe aus China wird von Entwicklungsländern oftmals aufgrund des
Ausmaßes der getätigten Investitionen, den vergleichbar geringen Kosten und der Art der
Darlehensmechanismen bevorzugt. Die Darlehen sind mit niedrigen Zinssätzen verbunden
und sind insofern „nicht interventionistisch“, als sie nicht an die Übernahme einer spezifischen
Wirtschaftspolitik, demokratische Reformen sowie die Umsetzung von Menschenrechten oder
Beschäftigungsstandards gebunden sind.
Die dominanten chinesischen Bauunternehmen sind allesamt Zentralunternehmen, die von den
Staatsministerien abgetrennt wurden und nun unter der Aufsicht der Kommission des Staatsrates
zur Kontrolle und Verwaltung des Staatsvermögens (SASAC) stehen. So besteht ein durchgehender
Einfluss des Staates und der Kommunistischen Partei. Die branchenspezifischen Sektoren des
All-Chinesischen Gewerkschaftsbunds (ACGB) spielen in diesen Unternehmen eine untergeordnete
Rolle, ihre Aufgabe beschränkt sich auf den Erhalt der Beschäftigungsstabilität.
Die SASAC verfügt über keine Kontrollmechanismen zum Erhalt eines genauen Bestandes
der Auslandsvermögensbestände, Investitionen und rechtlichen Übereinstimmung der
Zentralunternehmern und ihrer Tochtergesellschaften. Viele Zentralunternehmen waren stark
von der Finanzkrise im Jahr 2008 betroffen, weil sie in hochriskante und spekulative Anlagen
verwickelt waren. Vielen Zentralunternehmen machen die nicht dem Standard entsprechenden
Rechnungslegungspraktiken sowie Korruption auf Geschäftsleitungsebene zu schaffen.
Chinesische Bauunternehmen sind mehr und mehr nicht nur an internationale Bauaktivitäten
beteiligt. So sind sie häufig auch über Kapitalinvestitionen in die Projekte, mit denen sie beauftragt
wurden, involviert. Zudem bewerben sie sich um verschiedene Vertragsformen wie zum Beispiel
BOT- und PPP-Verträge, um so die Risiken zu minimieren und stabile Einkommen zu schaffen.
Als Reaktion auf die internationale Kritik insbesondere in Bezug auf die ökologischen Auswirkungen
von Staudammgroßprojekten und Bergwerken, haben die chinesischen Entwicklungsbanken,
der chinesische Bauunternehmerverband (CHINCA) und die meisten Staatsunternehmen jüngst
Sozial- und Umweltrichtlinien beschlossen. Diese Richtlinien bestehen allesamt aus schwachen,
allgemeinen Prinzipien, die nichts mit spezifischen Standards, messbaren Kennzahlen oder
Sanktionsmechanismen zu tun haben. Sie enthalten keinerlei Bezug auf die Grundrechte und
Prinzipien der ILO.
18
Die chinesische Export-Import-Bank hat zu regionalen Finanzpartnerschaften mit asiatischen und
afrikanischen Entwicklungsbanken sowie der Weltbank aufgefordert. Infolgedessen müssen die
chinesischen Banken ihre Standards in Zukunft überprüfen, um sie denen der multilateralen Banken
noch weiter anzupassen.
Die Regierung und der All-Chinesische Handels- und Industrieverband brachten im Jahr 2011
erstmals Richtlinien für die Personalführung von aus China finanzierten Auslandsunternehmen
heraus. Obwohl diese Richtlinien nicht obligatorisch zu befolgen sind, sind sie doch ein erster
Schritt hin zu einer Regulierung der Beschäftigung – ein Bereich, der bislang ein vollkommen
unbeschriebenes Blatt war. Sie halten fest, dass die im Ausland tätigen chinesischen
Bauunternehmen sich an den lokalen Beschäftigungsgesetzen zu orientieren haben.
Obwohl nach Aussagen der Staatsunternehmen selbst 97% ihrer in China Beschäftigten
Gewerkschaftsmitglieder sind, richten sich die im Ausland tätigen Tochtergesellschaften
meist entschieden gegen eine gewerkschaftliche Organisierung ihrer lokalen Belegschaften.
Fallstudien zeigen, dass die Unternehmen in einigen Ländern Bereitschaft zeigen, gegenüber den
Gewerkschaften Verpflichtungen einzugehen und Tarifvereinbarungen unterzeichnen, wohingegen
sie anderswo nicht einmal die minimalen Beschäftigungsgesetze und Bestimmungen für Sicherheit
und Gesundheit am Arbeitsplatz respektieren.
Es gibt keine spezifische staatliche Stelle, die für die Beziehungen zwischen den Sozialpartnern
und für die Beschäftigungspraktiken im Rahmen der chinesischen Auslandsbeteiligungen
verantwortlich ist. Internationale Bestimmungen für Leiharbeitsverträge heben die Vorgehensweise
beim Umgang mit Streitigkeiten und Notfällen im Ausland hervor. Die chinesische Botschaft spielt
dabei eine wesentliche Rolle und übernimmt eine Vermittlerrolle zwischen dem Außenministerium,
der chinesischen Bauunternehmervereinigung CHINCA und den jeweiligen lokalen Regierungen
der Länder, in denen sich die Vermittlungsagentur befindet. Diese Mechanismen sehen keinerlei
Beteiligung weder der lokalen Gewerkschaften im Projektland noch seitens des ACGB vor.
Der Umweltstreit, in den die MCC im Rahmen des Nickel-Bergwerkprojekts in Ramu/PapuaNeuguinea involviert ist, zeigt den typischen Mangel an Bereitschaft und Fähigkeit seitens
der chinesischen Gesellschaften, zur Beilegung von Konflikten auf der Grundlage der lokalen
Bestimmungen in Kontakt mit den Beteiligten vor Ort zu treten. Stattdessen suchen die
Zentralunternehmen den Schutz der Regierung im Projektland. Allerdings zeigt der Fall Ramu, dass
starke lokale Kampagnen im Zusammenspiel mit internationalem Druck effizient sein können. Die
BHI kann daraus durchaus nützliche Lehren ziehen.
Zukunftsperspektiven
Obwohl es verschiedene Ansichten über Vor- und Nachteile der Entwicklungshilfepolitik der
chinesischen Regierung sowie die allgemeinen Auswirkungen der chinesischen Infrastrukturund anderer Bauprojekte geben mag, kann angesichts des Umfangs und der wachsenden
Präsenz chinesischer Unternehmen kein Zweifel daran bestehen, dass die BHI alles daran
setzen muss, die in den Projekten beschäftigten Arbeitnehmer gewerkschaftlich zu organisieren.
So bestehen erhebliche Missstände bei den Arbeitsbedingungen. In vielen Fällen werden in
unorganisierten Bauunternehmen keine Arbeitsverträge abgeschlossen und niedrige Löhne unter
der Mindestlohngrenze ausgezahlt. Zudem ist Gelegenheitsarbeit weit verbreitet und es bestehen
keinerlei Sozialversicherungsschutz, mangelnde Arbeitnehmerbeteiligung am Entscheidungsprozess
sowie schlechte Gesundheitsschutz- und Sicherheitsmaßnahmen.
19
In diesem Stadium ist es wichtig, eine klare BHI-Politik und Strategie zu verfolgen, um den
Mitgliedsgewerkschaften in der gewerkschaftlichen Organisierung und Verhandlung mit den
chinesischen MNUs auf den Baustellen Orientierungshilfen zu bieten. Derzeit bestehen jedoch noch
viel mehr Fragen als Antworten. Da wir auch weiterhin Informationen erhalten, die verschiedenen
Ansätze untersuchen und an einem effektiveren Ansatz arbeiten, haben wir nachfolgend nützliche
Richtlinien oder Instrumente angeführt, derer sich die Mitgliedsgewerkschaften bedienen können,
wann und wo immer dies erforderlich ist:
Auf nationaler Ebene haben die Gewerkschaften eine Reihe von Konzepten erarbeitet, die in
einem gewissen Ausmaß auch von der Bereitschaft ihrer jeweiligen Staatsführung abhängen, die
Gewerkschaft bei ihrer Arbeit im Zusammenhang mit der Einhaltung der nationalen Arbeitsgesetze
zu unterstützen. Während die Gewerkschaften bislang stets versucht haben, die Arbeitskräfte durch
traditionelle Rekrutierungsmethoden zu organisieren, haben sie nun auch zusätzliche Strategien
verabschiedet oder in Erwägung gezogen. Hierzu gehören:
• Annäherung an die Auftraggeber der Bauprojekte in den entsprechenden Staatsministerien. Die
Gewerkschaften haben die Ministerien aufgefordert, Druck auf die chinesischen Bauunternehmen
zur Einhaltung der nationalen Arbeitsgesetzgebung auszuüben.
• Sitzungen mit Mitgliedern der Geschäftsleitungen in der chinesischen Botschaft zur
Dokumentierung konkreter Fälle, in deren Rahmen die chinesischen Bauunternehmen
die nationalen Arbeitsgesetze nicht einhalten sowie darauffolgende Veröffentlichung einer
entsprechenden Pressemitteilung.
• Sitzungen mit dem nationalen Bauunternehmerverband oder der Branchenvereinigung, um
Probleme hinsichtlich der Nichteinhaltung von Bestimmungen und Gesetzen sowie in Bezug auf
unlauteren Wettbewerb anzusprechen.
• Erörterung von Fällen der Nichteinhaltung der Regelungen durch chinesische Unternehmen im
Rahmen der Sitzungen des dreigliedrigen sektoralen Sozialdialogs.
• Lobbyarbeit für ein unabhängiges Regulierungsorgan für die Bauindustrie, das auch die
Durchsetzungsmechanismen zur Einhaltung der Bestimmungen für sämtliche Bauunternehmer
beinhaltet.
• Im Rahmen von Besuchen in China auf Einladung des ACGB sind seitens der
Mitgliedsgewerkschaften kontinuierlich Themen wie Arbeitnehmerrechte sowie die Anerkennung
von Gewerkschaften und Aushandlung von Tarifvereinbarungen mit den chinesischen MNUs
anzusprechen.
• Lancierung einer Kampagne für Arbeitnehmerrechte unter Einbeziehung verschiedener
Beteiligten, darunter Interessengruppen für Arbeitnehmerrechte, Intellektuelle und NGOs, sofern
kein Dialog möglich ist.
Auf internationaler Ebene überprüft die BHI derzeit, welche Möglichkeiten zur Ausübung von
Druck auf internationaler Ebene am wirksamsten sind:
• UN-Menschenrechtsmechanismen: Der Menschenrechtsrat ist ein wichtiges Instrument, der
eine universelle periodische Überprüfung (China wird im Oktober 2013 überprüft) umfasst. Zudem
nimmt er das Follow-up des Mandats des Sonderberichterstatters über Wirtschaftsaktivitäten und
Wahrung der Menschenrechte wahr. Die Leitprinzipien der Vereinten Nationen zu Durchführung
von Wirtschaftsaktivitäten und Wahrung der Menschenrechte können, obwohl sie nicht bindend
sind, als wichtiges Instrument genutzt werden, um Druck auf die Unternehmen zur Einhaltung
der Menschenrechte auszuüben – unabhängig davon, ob sie vom jeweiligen nationalen Gesetz
20
Für China erarbeitet die BHI derzeit verschiedene Möglichkeiten für einen Dialog:
• Gewerkschaften: Ein zentrales Dilemma ist die Fragestellung, in welchem Ausmaß
die BHI mit dem ACGB und seinen sektoralen Gewerkschaften in den Bauunternehmen
zusammenarbeiten sollte. Die Kontaktaufnahme mit dem ACGB wird für die Beilegung der mit
den chinesischen MNUs bestehenden Problemfelder nicht als strategisch wichtig angesehen,
da dieser über keinen direkten Einfluss auf Gewerkschaften außerhalb Chinas sowie die
Aushandlung von Tarifvereinbarungen mit den Zentralunternehmen in China verfügt. Viele
Mitgliedsgewerkschaften haben sich darüber beklagt, dass der ACGB kein Interesse an der
Verteidigung der Rechte von Beschäftigten in zahlreichen chinesischen Auslandsauprojekten
sowie an der Ergreifung entsprechender Maßnahmen gezeigt hat.
• Regierung: Möglicherweise sind die bislang bestehenden bedeutendsten Richtlinien die
Richtlinien für das Arbeitnehmermanagement chinesischer Unternehmen im Ausland aus
dem Jahr 2011. Diese wurden vom Handelsministerium (MOFCOM), der Kommission des
Staatsrates zur Kontrolle und Verwaltung des Staatsvermögens (SASAC), dem chinesischen
Außenministerium sowie der chinesischen Industrie- und Handelskammer All-China Federation
of Industry and Commerce (ACFIC) verabschiedet. Können die in diesen Richtlinien enthaltenen
Klauseln dazu eingesetzt werden, Bedenken bezüglich der Arbeitsbedingungen und des
Rechts auf gewerkschaftliche Organisierung zum Ausdruck zu bringen? Die BHI muss
auch weiterhin Informationen über Fälle sammeln, in denen Arbeits- und Sozialrechte durch
chinesische MNUs verletzt werden. Es ist wichtig, dass diese Informationen in verschiedenen
internationalen Foren kommuniziert und auch mit chinesischen Wissenschaftlern und ThinkTanks erörtert werden, die chinesische Unternehmen und Investitionen überwachen.
• Bausektor: Wäre es für die BHI angebracht, Kontakte mit dem chinesischen Verband
Internationaler Bauunternehmer (CHINCA) aufzunehmen? Könnten die bestehenden Richtlinien
zur unternehmerischen Sozialverantwortung (CSR) der CHINCA aus dem Jahr 2010 als
Ansatzpunkt zur Eröffnung des Dialogs genutzt werden, in dessen Verlauf ein gemeinsamer
Rahmen zur Erweiterung der Verpflichtungen ausgearbeitet wird? So könnte die BHI den
Dialog und den Informationsaustausch mit dem CHINCA testen. Mit Hilfe von FIDIC und CICA,
zu denen die BHI positive Beziehungen aufgebaut hat, könnte dieser Dialog erleichtert werden.
Das Engagement der BHI im Rahmen von GRI, UN Global Compact und den anderen CSRForen würde den Weg für einen Dialog mit dem CHINCA bzw. chinesischen MNUs ebnen.
• Zivilgesellschaft: Die BHI kann Möglichkeiten zur Zusammenarbeit, zum
Kommunikationsaustausch und gemeinsamen Studien mit chinesischen NGOs, Intellektuellen
und Anwaltsverbänden zum Verhalten der chinesischen MNUs prüfen.
21
dazu verpflichtet werden. Aufgrund der Tatsache, dass diese auch für Geschäftspartner gelten,
die indirekt in Beziehung zum chinesischen MNU stehen, besteht hierüber die Möglichkeit, sie
über die anderen Unternehmen zu erreichen. Weiterhin kann die BHI versuchen, einen Musterfall
vor die regionalen Menschenrechtsgremien wie die Afrikanische Kommission für Menschen- und
Völkerrechte oder die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte zu bringen.
• Internationale Arbeitsorganisation (ILO): Es können mehrere ILO-Mechanismen, u.a. der
Ausschuss für Vereinigungsfreiheit oder die MNU-Richtlinien zum Einsatz gebracht werden. Der
Vorteil Ausschusses für Vereinigungsfreiheit ist, dass er unabhängig davon zum Einsatz gebracht
werden kann, ob das jeweilige Land die ILO-Konventionen 87 und/oder 98 ratifiziert hat. Klagen
erfolgen gegen Staatsregierungen (in diesem Fall die Regierungen der Projektländer).
• Multilaterale Banken (Weltbank und regionale Banken). Die BHI gehört der internationalen
Beratungsgruppe für die Überprüfung der öffentlichen Auftragsvergabe der Weltbank an, die im
Jahr 2014 abgeschlossen sein soll. Wie kann die BWI diese Möglichkeit nutzen, um Bedenken
hinsichtlich mangelhafter Umwelt- und Sozialstandards in von chinesisch finanzierten Projekten
anzumelden? Sowohl die wichtigsten chinesischen Investitionsbanken sowie die chinesische
Bankenregulierungsbehörde haben allgemeine Richtlinien verabschiedet. Könnte die BHI
möglicherweise über die bereits bestehenden Verträge in den regionalen Entwicklungsbanken
einen Dialog mit den chinesischen Investitionsbanken einleiten? Die China Exim-Bank unterhält
mit der Asiatischen Entwicklungsbank, der Afrikanischen Entwicklungsbank sowie der Weltbank
regionale Partnerschaften. Aus diesem Grund wird die Überarbeitung ihrer Standards erforderlich
sein, um diese weiter an Standards der anderen multilateralen Banken anzugleichen. Die
Standardbestimmung der International Finance Corporation (IFC) könnte, wie bereits in Uganda
ihm Rahmen eines Dammbauprojekts gegenüber einem italienischen MNU, möglicherweise auch
im Bezug auf chinesische Investitionen zur Anwendung kommen.
• UN Global Compact und die Global Reporting Initiative (GRI): Global Compact umfasst
die Grundsätze der Erklärung aus dem Jahr 1998 (einschließlich derer, die sich aus den
Konventionen 87 und 98 ableiten). Über die als „Integritätsmaßnahmen“ bezeichneten
Vorgehensweisen im Rahmen des UN Global Compact wird sichergestellt, dass Unternehmen
regelmäßig Berichte („Mitteilungen über erzielte Fortschritte“) anfertigen, sie das Global Contact
Logo nicht missbräuchlich zur Anwendung bringen und im Falle einer Beschwerde den Dialog
suchen. Falls diese drei Voraussetzungen nicht erfüllt werden, kann ein Land von der Liste der
Global Compact unterstützenden Länder gestrichen werden. Die BHI kann Global Compact
einsetzen, um multinationale chinesische Unternehmen, die den Global Compact unterzeichnet
haben, öffentlich anzuprangern. Darüber hinaus kann die GRI eine weitere Plattform darstellen,
über die das Verhalten der chinesischen multinationalen Unternehmen zur Sprache gebracht
werden kann.
• Internationale NGOs: Die BHI kann mit NGOs aus dem Umwelt- und Entwicklungsbereich im
Rahmen von Kampagnen gegen die negativen Auswirkungen chinesischer Infrastrukturprojekte
zusammenarbeiten. Die BHI kann eine konsequentere Zusammenarbeit mit Online-RessourcenZentren wie etwa dem Business and Human Rights Centre sowie anderen Online-Kampagnen
anstreben.
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Die “Große Öffnung nach außen” der chinesischen Bauunternehmen hat im vergangenen
Jahrzehnt zu richtungsweisenden Veränderungen im internationalen Bauwesen geführt. Die
Ausarbeitung einer effizienten globalen Antwort, aus der vor Ort konkrete Organisierungserfolge
erwachsen, gehört mit zu den wichtigsten Herausforderungen für die BHI in der kommenden
Kongressperiode. Dabei gilt es für die BHI, zahlreiche Möglichkeiten auszuloten. In einigen Ländern
berichten Mitgliedsgewerkschaften bereits über positive Organisierungserfolge. Die BHI hat ihr
Hauptaugenmerk nun auf China zu richten und eine umfassende Strategie auf internationaler,
regionaler und nationaler Ebene auszuarbeiten. Gelingt es den Mitgliedsgewerkschaften, ihre
Präsenz in chinesischen Bauprojekten zu verankern, gewinnen sie an Stärke. Die BHI wird
dadurch unter den Aspekten der nachhaltigen Entwicklung als globale Fürsprecherin für die
Arbeitnehmerrechte an Einfluss hinzugewinnen.
23
ANHANG
Unternehmensprofile:
China Railway Group Ltd (CRG) & China Railway Engineering Corporation
(CREC)
China Railway Construction Corporation Ltd (CRCC Ltd) & China Railway
Construction Corporation (CRCC)
Diese beiden Unternehmen sind die dominierenden Eisenbahnbauunternehmen in China und im
Ausland. Seit den 1960er-Jahren nehmen sie an chinesischen Entwicklungshilfeprogrammen teil.
Beide Zentralunternehmen haben Aktiengesellschaften gegründet, die an den Börsen in Shanghai
und Hongkong kotiert sind. Obgleich der Umsatzanteil aus internationalen Verträgen im Vergleich
zu anderen Unternehmen relativ gering ist (3% bis 4% am Gesamtumsatz von CRG sowie 4% bis
6 % von CRCC) sind sie laut ENR-Liste im Hinblick auf den Gesamtumsatz die beiden größten
internationalen Unternehmen. Beide Gesellschaften konzentrieren sich derzeit wieder vermehrt auf
ihre Geschäftstätigkeit im Ausland.
Die CRG beteiligte sich bereits in den 1960er-Jahren am Bau der Tansania-SambiaEisenbahnstrecke. Bis zum Jahr 2011 hatte sie über 230 Auslandsprojekte in 55
Ländern durchgeführt. So war die CRG etwa die sechstgrößte internationale Baufirma in
Lateinamerika.
Die CRCC führte bereits Projekte in 60 Ländern durch und beschäftigt in ihren
Auslandsprojekten 10.000 Mitarbeiter. Im Jahr 2011 unterhielt das Unternehmen 283
laufende internationale Projekte in 48 Ländern und war der zehntgrößte internationale
Bauunternehmer in Afrika.
Die Investitionen, Strategien und Geschäftstätigkeiten beider Gesellschaften sind in hohem Maße
von der Regierung und dem Eisenbahnministerium abhängig. Nach der Finanzkrise im Jahr 2008
nutzte das Eisenbahnministerium die finanziellen Anreize der chinesischen Regierung und begann
ein ehrgeiziges Projekt zum Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes in China. Gleichzeitig stockte
es seine internationalen Verträge auf. Im Jahr 2008 stiegen die aus internationalen Verträgen
generierten Umsätze der CRG um 54%, die CRCC konnte ihre Umsätze sogar um sagenhafte
370% steigern.
Nach dem tragischen Unglück zweier Hochgeschwindigkeitszüge in Wenzhou im Jahr 2010 geriet
die Expansion des Eisenbahnbaus im Inland zwar ins Stocken, beide Unternehmen konnten ihr
Überleben jedoch durch kontinuierliches Wachstum in Überseeprojekten und durch Investitionen in
einheimische Immobilienprojekte sichern. Zu den neuen Märkten in den Industrienationen gehören
die USA, das Vereinigte Königreich und Deutschland, die Schwellenländer im Nahen und Mittleren
Osten sowie Brasilien.
Die regionalen Eisenbahnen
CRG und CRCC beteiligen sich am Bau umfangreicher regionaler Eisenbahnnetze, die mit
chinesischen Staatsgeldern finanziert werden.
24
• Afrika
Die CRG und die CRCC modernisieren die nationalen Eisenbahnnetze in den afrikanischen
Ländern und verbinden noch fehlende Streckenabschnitte. So baut die CRG derzeit an der
Eisenbahnverbindung zwischen Äthiopien und Dschibuti, die CRCC an der Eisenbahnstrecke
zwischen Tansania und Uganda sowie am Streckennetz zwischen dem Tschad, Kamerun und dem
Sudan. Diese Eisenbahnverbindungen unterstützen auch die chinesischen Investitionen in den
Subregionen.
• Transasiatische Eisenbahn
Dieses umfangreiche Projekt, an dem sowohl die CRG und die CRCC beteiligt sind, verbindet
Kunming und die südchinesische Provinz Yunnan mit Laos, Kambodscha und Vietnam in der
Mekong-Subregion. Zudem ist die CRG am Bau der Eisenbahnlinie entlang der KyaukpyuPipelines in Myanmar beteiligt. CRCC baut derzeit den durch Myanmar führenden Abschnitt der
Panasiatischen Eisenbahn.
• Bahnkorridor zwischen China und Zentralasien
Seit 2010 hat China Kooperationsverträge zum Eisenbahnbau mit den zentralasiatischen Staaten
abgeschlossen, um seiner westlichen Provinz Xingjiang einen Anschluss an Zentralasien zu
ermöglichen und damit auch eine Verbindung nach Europa herzustellen. Unter anderem bestehen
Verträge mit Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und der Türkei. Zudem finanziert
China das Inlandseisenbahnnetz des Iran und führt derzeit eine Durchführbarkeitsstudie für
Eisenbahnprojekte in Afghanistan durch.
• Latin America
Latin America is a relatively new market but with the support of the Ministry of Railways, CRCC has
put in tenders for high-speed rail projects in Brazil and is constructing a railway which will “rival” the
Panama Canal, by providing a link from the Atlantic to Pacific Oceans.
Entwicklung natürlicher Ressourcen
Beide Gesellschaften nehmen derzeit eine Umverteilung ihrer Ressourcen vor und bewegen
sich von der Bautätigkeit hin zu längerfristigen Investitionen. Dies ist insbesondere bei den
Infrastrukturpartnerschaften und den von China finanzierten Exporthandelszonen (EPZ) der Fall.
So verfügt die CRG nun über einen Anteil von 72% am Luishia-Bergwerk in der Demokratischen
Republik Kongo. Gleichzeitig baut sie im Rahmen des zwischen China und der Demokratischen
Republik Kongo abgeschlossenen Ölabkommens die Eisenbahnverbindungen zum LuishiaBergwerk sowie andere Infrastrukturprojekte. Die CRCC verfügt nun über einen 65%-Anteil
an der Betreibergesellschaft der Lekki-Exporthandelszone in Nigeria. Zur Unterstützung dieser
Investitionen gründete die CRG die China Railway Financial Group und die CRCC die China Railway
Construction International Group Co. Ltd. Durch diese Neugründungen erfolgt eine Spezialisierung
auf Kapitalbeteiligungen, Holdings und strategische Partnerschaften. Gleichzeitig wird das
Fondsmanagement auf Konzernebene unterstützt.
25
China Communications Construction Corporation Ltd., CCCC & China
Communications Construction Group (CCCG)
Diese Gesellschaft verfügt mit den Geschäftseinheiten Entwicklung von Infrastrukturkonzepten,
Infrastrukturbau, Ausbaggerung und Maritime Konstruktionen über vier Hauptgeschäftsbereiche.
Hiervon ist der Bereich Infrastrukturbau – insbesondere Transport und maritime Konstruktionen
– das größte Betätigungsfeld. Die China Communications Construction Group (CCCG) ist ein
Zentralunternehmen, das aus einer Fusion der beiden Gesellschaften China Harbour Engineering
Co. Ltd (CHEC) und China Road and Bridge Co. Ltd (CRBC) hervorgegangen ist. Diese beiden
Gesellschaften waren seit den 1960er-Jahren die größten internationalen Bauunternehmen für
chinesische Entwicklungshilfeprojekte in den Bereichen Hafen- und Straßenbau. Die von der CCCG
gegründete Tochtergesellschaft China Communications Construction Corporation Ltd. ist seit 2006
an der Hongkonger Börse sowie seit 2012 an der Börse in Shanghai kotiert.
Die CCCC ist gemessen am Gesamtumsatz das fünftgrößte Bauunternehmen und nimmt
gemäß ENR-Liste hinsichtlich ihres Umsatzes aus internationalen Verträgen den elften
Rang ein. Seit 2006 generiert das Unternehmen mehr als 20% seines Gesamtumsatzes
aus internationalen Bauprojekten. Dies ist der höchste Anteil unter den sieben in diese
Erhebung einbezogenen Unternehmen. Im Jahr 2011 führte die CCCC in 80 Ländern
der Welt Projekte und Geschäfte durch. Das Unternehmen beabsichtigt, während des
Fünfjahreszeitraums 2012-2017 seine internationalen Geschäfte auf 30% bis 40% seines
Gesamtumsatzes zu steigern.
• Afrika
Das Unternehmen konnte seine Geschäftsaktivitäten in Afrika seit 2008 jährlich jeweils um 30%
ausbauen. In den Jahren 2011 und 2012 stellte es mit dem Bau von sieben neuen Häfen einen
neuen Rekord auf. In Westafrika errichtete es den Hafen in Tonkolili in Sierra Leone und die
Häfen Takoradi in Ghana, Lekki-Exporthandelszone (EPZ) in Nigeria, Kribi in Kamerun sowie das
Inlandsterminal in Oyo in der Demokratischen Republik Kongo. Über all diese Häfen kann der
Export von Mineralressourcen in Südatlantikregionen sichergestellt werden. In Ostafrika kann
der Export von Mineralressourcen aus dem Sudan und Äthiopien durch das Rote Meer über
die Häfen in Lolabe (Sudan) und Ghoubet (Djibouti) erfolgen. Darüber hinaus war die CCCC der
Hauptbauunternehmer im mit der kenianischen Regierung ausgehandelten Abkommen zum Bau
der Eisenbahnverbindung von Mombasa nach Nairobi. Durch diesen Vertrag werden die anderen
Länder der Ostafrikanischen Gemeinschaft (Uganda, Ruanda und Burundi) unter Druck gesetzt, mit
der Gesellschaft beim Bau des nördlichen Regionaleisenbahnnetzes zusammen zu arbeiten. Dieses
Projekt wird immer noch zwischen den beteiligten Regierungen verhandelt.
• Asien
Asien ist der Hauptmarkt der CCCC und machte im Jahr 2010 beinahe die Hälfte des
Gesamtwertes der neuen Verträge des Unternehmens aus. CCCC ist das drittgrößte
Bauunternehmen in Asien. Derzeit versucht die Gesellschaft, die Kontrolle über strategisch wichtige
Häfen und Meeresverbindungen zwischen Asien und Zentralasien zu gewinnen. So werden die
chinesischen Interessen in der Subregion sowie in der Region zwischen dem arabischen Meer und
dem indischen Ozean unterstützt.
Derzeit ist die CCCC am Bau von Häfen beteiligt, die an Wärmekraftwerke in Kambodscha und
Vietnam angeschlossen sind. Die CHEC baut derzeit ein Rohölterminal und hebt Kanäle für den Bau
der Rohölpipeline zwischen China und Myanmar aus. Darüber hinaus erwarb die CHEC 60% des
Aktienkapitals am Hafen Gwadar in Pakistan, als sich die Hafenautorität Singapur aus dem Projekt
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zurückzog. Auch hier baut das Unternehmen eine Exporthandelszone und ist zudem am Bau von
Straßen- und Eisenbahninfrastrukturprojekten bis an die pakistanisch-chinesische Grenze in der
Provinz Xinjiang beteiligt.
In Sri Lanka hat die CHEC die erste Phase des Hafenbaus in Hambantota vollendet und die
angrenzende Exporthandelszone erbaut. Sie wird ebenfalls an der zweiten Phase des südlichen
Hafens im Rahmen eines 1,5 Milliarden USD umfassenden BOT-Projekts beteiligt sein. Eigentümer
und Betreiber dieses Hafendrehkreuzes ist ein anderes chinesisches Zentralunternehmen.
• Zentralasien und Europa
Die CCCC und ihre Tochtergesellschaft CRBC wurden damit beauftragt, eine
Durchführbarkeitsstudie für den Bau einer Eisenbahnlinie von China über Kirgisien nach Usbekistan
durchzuführen. Diese Studie ist Teil eines regionalen Kooperationsprojekts, in dessen Rahmen die
kirgisischen Eisenerzminen in Zhetim-Too und Sandyk in chinesischen Besitz übertragen wurden.
Dies stieß vor Ort auf großen Widerspruch. Die CCCC steht derzeit auch in Verhandlungen mit
Grönland über Bodenschätze in der Arktis. Dort wird das Unternehmen mit dem Bau eines Hafens
und von Straßen betraut sein und sich mit dem chinesischen Unternehmen Sinosteel auch an
Bergbauprojekten beteiligen.
• Lateinamerika und Karibik
China verfolgt in der Karibik geostrategische Interessen. Insbesondere sollen durch den Abschluss
neuer Verträge zum Bau von Touristenorten auf den Cayman-Inseln, den Bahamas und Jamaika
politische Verbündete für die Taiwan-Problematik gefunden werden. Zudem führt die CCCC
technische Industrieprojekte in den Bereichen Handel und Technik im Rahmen eines staatlichen
bilateralen Kooperationsabkommen mit Mexiko und Venezuela durch. In Mexiko baut das
Unternehmen derzeit das Containerhafenterminal in Manzanillo, in Venezuela führt es den Bau des
petrochemischen Komplexes Moron durch.
China Metallurgical Corporation Ltd., MCC and China Metallurgical Group
Company (CMGC)
Die chinesische Metallurgical Group Company (CMGC) ist auf die Produktion und Installation
von metallurgischen Anlagen und Stahlstrukturen spezialisiert. Das Zentralunternehmen stand
ursprünglich unter der Leitung des Chinesischen Ministeriums für Hüttenindustrie. Im Jahr 2008
führte die CMGC zusammen mit der Baosteel Group Corporation das Unternehmen China
Metallurgical Corporation Ltd. (MCC) an den Börsen von Shanghai und Hongkong ein.
Die MCC ist der größte Hersteller von Stahlkonstruktionen in China sowie das
Zentralunternehmen, das am meisten Wohnungen zu erschwinglichen Preisen
bereitstellt. Sein Produktionsvolumen stieg von 200 Millionen im Jahr 2003 auf
700 Millionen Tonnen im Jahr 2011 an. Seit 2002 hat die MCC einen Teil ihrer
Geschäftstätigkeit in den Bergbausektor verlagert. Der Umsatz aus internationalen
Bergbauverträgen belief sich im Jahr 2010 auf 20% bis 30% des Neuvertragsvolumens.
Obwohl die Stahlproduktion seit der Finanzkrise 2008 exponentiell anstieg, haben sich die
Gewinnmargen aufgrund von Unwirtschaftlichkeit, Überkapazität und mangelnder Regulierung
verschlechtert. Berichten zufolge schloss die MCC das Jahr 2012 mit einem Defizit in Höhe von
7.2 Millionen CNY (90 Millionen USD) ab. Die MCC diversifiziert nun ihre Geschäftstätigkeiten und
orientiert sich nun auch an Geschäftsbereichen außerhalb des Hüttenwesens.
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Extraktiver Bergbau in Asien, Lateinamerika und der Pazifikregion
Im Jahr 2002 übernahm die MCC die Kontrolle der pakistanischen Kupfer- und Goldmine in
Saindak und betreut seither ausländische Bergbauprojekte mit einem Gesamtvolumen von 10
Milliarden USD. Das Unternehmen ist nun Eigentümer bzw. Leasingnehmer von acht Nickel-,
Kobalt-, Kupfer- und Eisenerzbergbauprojekten in Papua-Neuguinea, Afghanistan, Australien und
Argentinien. In der Regel werden die Bergbaurechte 30 bis 40 Jahre lang von der Regierung als
Eigentum oder Joint-Venture-Projekte mit anderen chinesischen Unternehmen garantiert.
Rechtsstreitigkeiten und Konflikte mit MCC
Die MCC hatte einige Schwierigkeiten im Zusammenhang mit seinen Auslandsgeschäften. In
Afghanistan hatte die drohende politische Instabilität einige Probleme zur Folge. In Australien
verzögerte sich die Produktion in der Lambert-Mine aufgrund steigender Kosten und
Einwanderungsbeschränkungen für chinesische Leiharbeiter. In Papua-Neuguinea kam es
aufgrund von Umweltbelangen sowie dem Widerstand lokaler Gemeinschaften zu erheblichen
Produktionsunterbrechungen.
China State Construction and Engineering Corporation Group (CSCEC)
Der Konzern CSEC ist die größte staatseigene Bauunternehmung im Wohnungs- und
Infrastrukturbau. Es wurde 1957 gegründet und war das erste Zentralunternehmen, das sich in
Entwicklungshilfeprojekten engagierte. Es brachte die China State Construction and Engineering
Corporation (CSEC) an die Shanghaier Börse. Danach führte das Unternehmen eine Reihe anderer
Tochtergesellschaften an Börsenplätzen ein:
• China State Construction Engineering Corporation Ltd. (Börse Shanghai)
• China Overseas Land and Investment Limited (Börse Hongkong)
• China State Construction International Holdings Ltd. (Börse Hongkong)
• China Construction (South Pacific) Development Company Pte Ltd. (Börse Singapur)
Die CSCEC war im Jahr 2010 gemäß ENR-Liste auf Grundlage ihres Gesamtumsatzes
das drittgrößte international tätige Bauunternehmen und führte in den vergangenen drei
Jahrzehnten über 5.000 Projekte in 116 Ländern durch. Derzeit ist die Gesellschaft in 27
Ländern aktiv und erwirtschaftete im Jahr 2011 460 Milliarden CNY (57 Milliarden USD)
aus internationalen Verträgen. Dies entspricht 20% des Gesamtumsatzes.
Wichtigste Auslandsmärkte
Hongkong ist der größte Markt und umfasst öffentliche Infrastrukturprojekte, gewerbliche
Immobilien sowie Immobilienentwicklung. Weitere wichtige Märkte sind unter anderem Macau
und Singapur in Asien, die Vereinigten Arabischen Emirate im Nahen Osten, Algerien, Botswana,
Äquatorialguinea und die Demokratische Republik Kongo in Afrika sowie Russland und Kasachstan
in Zentralasien.
Geschäftsstrategien und Vereinbarungen
In der Vergangenheit orientierte die CSCEC ihre unternehmerischen Entscheidungen im
Zusammenhang mit internationalen Investitionen eher an Marktleistungskriterien als an den
staatlichen strategischen Prioritäten der chinesischen Staatsführung. In jüngster Zeit profitierte die
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CSCEC jedoch von den Finanzierungsmöglichkeiten der chinesischen Regierung, wie etwa „Öl
für Infrastruktur“-Verträge in Nigeria sowie von den chinesischen Exportkrediten zur Finanzierung
des Straßenbaus in der Demokratischen Republik Kongo und in Äthiopien. Zudem hat das
Unternehmen seinen Anteil an EPC-, BO-, BOT- und PPP-Verträgen aufgestockt und profitiert vom
derzeitigen Kapitalmangel an den Finanzmärkten in den USA und Europa. In den Auslandsverträgen
schließt die CSCEC strategische Kooperationen mit anderen chinesischen Unternehmen.
Die CSCEC hat außerdem Kooperationsabkommen mit wichtigen Partnern abgeschlossen. Es hat
einen maßgeblichen Anteil an der Global Group Ltd. und unterhält strategische Partnerschaften mit
wichtigen Zulieferunternehmen wie beispielsweise der Lafarge-Gruppe und Tishman Speyer in den
USA. Das Unternehmen verfügt über einen Finanzierungsvertrag im Wert von 100 Milliarden CNY
(12,5 Milliarden USD) mit der Chinesischen Entwicklungsbank sowie ein dreigliedriges Abkommen
mit der Aveng-Gruppe und dem chinesisch-afrikanischen Entwicklungsfond (CAD-Fonds) für die
Durchführung von Joint Ventures in Afrika.
China National Machinery Industry Corporation (Sinomach)
Sinomach ist das größte Maschinenbauunternehmen in China und produziert Landwirtschafts-,
Bau-, Schwerlast und Energiebaumaschinen. Zudem stellt das Unternehmen Maschinen für
den Schiffsbau und die Bergwerksindustrie her. Die Sinomach-Gruppe gehört vollumfänglich
zur Kommission des Staatsrates zur Kontrolle und Verwaltung des Staatsvermögens (SASAC).
Sie verfügt über 50 Tochtergesellschaften und beschäftigt nahezu 100.000 Mitarbeiter weltweit.
Sieben ihrer Tochtergesellschaften sind an der Börse Shanghai sowie eine in Hongkong kotiert.
Ursprünglich wurde das Unternehmen im Jahr 1997 als Gesellschaft gegründet, die auch
Import- und Export-Untergesellschaften des ehemaligen Handelsministeriums umfasste. Diese
Unternehmen waren im Import- und Export von Maschinen sowie der Aushandlung internationaler
Verträge seit den 1950er-Jahren beteiligt.
Sinomach war 2010 gemäß ENR-Liste das viertgrößte internationale MaschinenbauUnternehmen. Es verfügt über den höchsten Umsatzanteil aus internationalen
Verträgen und erwirtschaftete 80% seines Umsatzes im Jahr 2008 (2010: 75%) aus
Auslandsprojekten. Im Zeitraum 2006-2010 steigerte Sinomach seinen Bruttoertrag um
sagenhafte 574%.
Die chinesische Regierung fördert den Export von chinesischen Maschinenbauerzeugnissen in
die internationalen Märkte aktiv und ist stets um die Verbesserung der Designqualität bemüht.
Sinomach wird voraussichtlich von dieser Politik profitieren und noch weiter expandieren.
Auslandsverträge
Im Jahr 2011 war Sinomach nach eigenen Angaben in 407 Bauingenieursprojekten (Bauprojekten)
mit einem Gesamtvertragswert in Höhe von 28.3 Milliarden USD beteiligt. Seit einiger Zeit
konzentriert sich der Konzern auf die Erschließung neuer Märkte in Lateinamerika sowie in
den Industrienationen, darunter auch Europa und die USA. Zudem investiert es seit einiger
Zeit in Bautätigkeiten im Kraftwerks- und Energiebereich. Darunter befinden sich Wasser- und
Wärmekraftwerke sowie Solar- und Windfarmprojekte in Asien, Afrika, Lateinamerika und
Zentralasien sowie im US-Bundesstaat Texas.
GUS-Staaten: Sinomach nimmt am Privatisierungsplan von 180 Maschinenbau-,
Energieerzeugungs- und Verarbeitungsunternehmen in Weißrussland teil. Zudem ist es über
ein 19 Milliarden USD umfassendes Darlehen der China Exim-Bank am Bau des chinesisch29
weißrussischen Industrieparks beteiligt. Dieser Industriepark ist ein gemeinsames, über 30 Jahre
laufendes Kooperationsprojekt, das für die dort hergestellten Produkte freien Zugang in die
GUS-Märkte ermöglicht. Darüber hinaus führt Sinomach Gespräche über mögliche Investitionen
in einen chinesisch-ukrainischen Industriepark in Odessa am Schwarzen Meer. Zudem baut das
Unternehmen Solar- und Windfarmprojekte in Weißrussland und der Ukraine.
Asien/Naher Osten: Sinomach ist am ersten Ölraffinerie-Projekt in Kompong Som zur
Unterstützung der Exporthandelszonen in Kambodscha und dem Wasserkraftwerk in Kelani (Sri
Lanka) beteiligt. Zudem baut das Unternehmen Wärmekraftwerke in Bangladesch, Thailand,
Afghanistan, Iran und Irak.
Afrika: In Afrika investiert die Sinomach-Tochtergesellschaft CAMCE (China CAMC Engineering
Co.) in Projekte zur Ergänzung und Unterstützung des Baus von Eisenbahnnetzen, mit denen
andere chinesische Unternehmen beauftragt wurden. Im Rahmen des 2012 unterzeichneten
Strategieabkommens zwischen China und der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft
(ECOWAS) fungiert CAMCE als Hauptbauunternehmer für den westlichen Abschnitt des
transafrikanischen Autobahnprojekts in Ghana und Sierra Leone sowie für das südafrikanische
Autobahnprojekt in Sambia. Zudem ist das Unternehmen an einem Bewässerungsprojekt im Sudan
sowie einem Flughafenbauprojekt im Tschad beteiligt. Das gesamte Vertragsvolumen der CAMCE in
Afrika belief sich 2012 auf 14 Milliarden CNY (1.75 Milliarden USD).
Lateinamerika: Sinomach wird von den chinesischen bilateralen Kooperationsabkommen
profitieren. Hierzu gehören der Eisenbahnbau in Argentinien, die landwirtschaftliche Entwicklung
in Venezuela sowie neun Wasserkraftwerke im Rahmen des Minas-San-Francisco- Projekts in
Ecuador, das in Zusammenarbeit mit anderen chinesischen Unternehmen durchgeführt wird.
Geschäftsstrategien und Vereinbarungen von Sinomach und seinen Tochtergesellschaften
Die folgenden in jüngster Vergangenheit eingegangenen Kooperationsabkommen und Übernahmen
sind von wesentlicher Bedeutung:
• Kooperationsmemorandum zwischen Sinoconst und GS E&C (Korea) im Jahr 2012;
• Übernahme von 60% der kanadischen Procon Holdings (Alberta) Inc. durch CAMCE im
Jahr 2012;
• Übernahme des europäischen Betriebszweigs der MAG-Gruppe, (ein deutschamerikanisches Werkzeugbauunternehmen) im Jahr 2012;
• Übernahme von McCormick France SAS im Jahr 2011 (Herstellung von
Landwirtschaftsmaschinen)
Sinohydro Corporation (Sinohydro)/Power Construction Corporation of
China (Power China)
Die Sinohydro Corporation ist das vorherrschende Unternehmen für die Konzipierung
und den Bau von Wasserkraftwerken zur Stromerzeugung. Sinohydro ging im Jahr 2002
aus der Restrukturierung der Wasserkraft- und Maschinenbaueinheiten des ehemaligen
Energieministeriums sowie des Ministeriums für Elektrizität und Industrie hervor. Das
Unternehmen ist im vollständigen Besitz der Kommission des Staatsrates zur Kontrolle und
Verwaltung des Staatsvermögens (SASAC). Die Sinohydro Group Ltd. ist seit 2011 an der
Shanghaier Börse kotiert.
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Im Jahr 2011 setzte die SASAC die Restrukturierung der Strom- und Netzunternehmen
weiter fort. Die Sinohydro Corporation und HydroChina Corporation fusionierten mit 58
Provinznetzgesellschaften und bildeten die Power Construction Corporation of China (Power
China).
Power China nimmt gemäß ENR-Liste den 16. Platz im Bereich der Bauplanung ein
und generiert 30% seines Umsatzes, 40% seiner laufenden Verträge sowie 57%
seiner Erträge aus dem internationalen Geschäft. Im Jahr 2013 führte Power China
728 Projekte in 81 Ländern durch. Sinohydro war im Jahr 2010 gemäß ENR-Liste
der weltweit drittgrößte Konzern im Bereich Kraftwerksbau und generierte nahezu
25% seines Umsatzes durch internationale Geschäfte. Das Unternehmen hat in den
Bereichen Wasserkraft, Wärmekraft, Wohnungsbau und Infrastruktur bereits über 2.500
Projekte in 62 Ländern durchgeführt.
Die internationalen Verträge von Sinohydro
Chinesische Banken und Unternehmen sind derzeit an über 200 umfangreichen Dammbauprojekten
weltweit beteiligt. Diese Verträge sind im Allgemeinen Teil der bilateralen Vereinbarungen
und Verträge, zu denen auch die Stromgewinnung durch Wasserkraft gehört. So sieht die
Wasserkraftvereinbarung in Asien den Bau von sieben Staudämmen vor, die von der China EximBank und der Chinesischen Entwicklungsbank finanziert werden. Das China- Myanmar Wasserkraftund Ölprojekt umfasst den Bau von 56 Dämmen, von denen 17 von Sinohydro gebaut werden.
In Afrika hat China einen Vertrag mit dem Verbund der nationalen Stromunternehmen der ECOWASStaaten, dem West African Power Pool, unterzeichnet. Der Ausbau der Wasserkraftaktivitäten ist
auch ein Teil der Ölinfrastrukturverträge zwischen China und der Demokratischen Republik Kongo.
Soziale und ökologische Auswirkungen
Sinohydro wurde von Gruppierungen der Zivilgesellschaften in den Projektländern
sowie von international tätigen Umweltaktivisten stark kritisiert. Grund war die
Umweltzerstörung sowie Zwangsumsiedlung der lokalen Bevölkerung infolge des
Staudammbaus. Des Weiteren wurde die fehlende Transparenz und mangelnde
Konsultierung hinsichtlich der gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen
des Projekts kritisiert. In vielen Ländern wie beispielsweise in Äthiopien, Mosambik,
Sudan, Laos, Myanmar, Vietnam und Honduras war eine starke Gegenbewegung
zu verzeichnen. In einigen Ländern umgingen die Behörden die Verfahrensweisen
zur Vergabe öffentlicher Aufträge, um chinesischen Bauunternehmern Vorteile zu
verschaffen. Dies führte auch zu Wut und Angst vor einer übermäßigen Abhängigkeit
von chinesischen Investitionen. Dies war beispielsweise in der Demokratischen Republik
Kongo, Sambia und Ecuador der Fall.
Infolge internationaler Kampagnen hat Sinohydro seinen eigenen Verhaltenskodex auf
der Grundlage der SASAC- und CHINCA-Richtlinien ausgearbeitet.
Seit 2010 hat Sinohydro – teilweise als Konsequenz auf die internationale Kritik – seine Geschäftsaktivitäten
vermehrt in die Sektoren Wärmeenergie, neue Energien sowie den Wohnungsbau und die Immobilienentwicklung
verlagert. Ende des Jahres 2012 machten diese Nicht-Wasserkraftbereiche 40% des Gesamtumsatzes des
Unternehmens aus. Sowohl Sinohydro als auch Power China setzen vermehrt auf den Einsatz integrierter
Investitionsmodelle (EPC-, BT-, BOT-, TOT- und PPP-Verträge).
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Chinas Öffnung nach außen:
Chinesische Bauunternehmen
auf dem globalen Markt und das
Engagement der BHI
Bau- und Holzarbeiter Internationale - BHI
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