I 045/2007 STA 28. Februar 2007 STA C Interpellation 0315 Zuber

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I 045/2007 STA 28. Februar 2007 STA C Interpellation 0315 Zuber
I 045/2007
STA
28. Februar 2007 STA C
Interpellation
0315
Zuber, Moutier (PSA)
Weitere Unterschriften:
1
Eingereicht am:
29.01.2007
Cablecom benachteiligt Französisch- und Italienischsprachige in Biel
Da die Cablecom die Stadt Biel als rein deutschsprachige Stadt betrachtet, hat sie die
beiden italienischen Sender Canale 5 und Rai Uno vom analogen Netz genommen;
ausserdem hat sie vor, auch die französischen Sender TF1, France 2 und M6 vom Netz zu
nehmen.
Die Absichten des Kabelnetzbetreibers sorgen in Biel bei den Welschen und bei den
Italienischsprachigen für Irritation, und sie empfinden diese arrogante Politik der Cablecom
zu Recht als einseitige Ausgrenzung der lateinischen Sprachengemeinschaft. Sie rufen zu
einem Aufstand der betroffenen Abonnenten auf und bitten die Vertreterinnen und
Vertreter der Politik um Hilfe.
Die Diskriminierung der italienischen Sprachgemeinschaft hat bereits zu einer Intervention
des italienischen Vizeaussenministers geführt, der sich mit Bundesrat Moritz Leuenberger
zu einem Gespräch treffen will.
Aufgrund dieser Situation und in der Sorge um den Schutz der sprachlichen Minderheiten
in der Region Biel bitte ich den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen:
1. Versteht die Kantonsregierung die Irritation der Romands und der
Italienischsprachigen in Biel?
2. Welche Massnahmen gedenkt sie zu treffen, um ihren berechtigten Forderungen
gemäss Artikel 4 Absatz 1 der Kantonsverfassung («Den Bedürfnissen von
sprachlichen, kulturellen und regionalen Minderheiten ist Rechnung zu tragen»)
nachzukommen?
3. Gibt es für die einzelnen Bewilligungen, die den Kabelnetzbetreibern von den
Behörden erteilt werden, Auflagen in Bezug auf die Anerkennung der Sprachgruppen
und besonders in Bezug auf die Berücksichtigung der Landessprachen?
4. Dass die Stadt Biel offiziell zweisprachig ist, beruht gerade auf der Tatsache, dass sie
eine grosse französischsprachige Minderheit aufweist. Viele Massnahmen des
privaten Sektors (Lehrstellen für zweisprachige Lehrlinge, Unternehmenspolitik
gewisser Medien, eingedeutschte Werbung usw.) tragen dazu bei, die Stellung der
Welschbieler zu schwächen. Ist die Regierung nicht auch der Meinung, dass die
Absichten der Cablecom ebenfalls in diese Richtung gehen? Wäre somit nicht eine
gemeinsame und abgesprochene Intervention der kantonalen, kommunalen und
regionalen (RFB) Behörden angebracht?
5. Widerspricht es nicht den Anstrengungen, die der Kanton Bern unternimmt, um seine
Attraktivität zu steigern, wenn ein im Kanton niedergelassenes Unternehmen mit
seiner Politik die Reaktion des Aussenministers eines Nachbarstaates provoziert?
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2
Es wird Dringlichkeit verlangt.
Antwort des Regierungsrates
1.
Bereits als die Cablecom beschloss, in Bern den Kultursender France 3 aus dem
analogen Netz zu nehmen, hat der Regierungsrat reagiert. Er hat in Erfüllung der vom
Grossen Rat am 7. September 2005 überwiesenen Motion Astier M 054/2005
«Beibehaltung des französischen Fernsehsenders France 3 in der Stadt Bern»
(Tagblatt des Grossen Rates 2005, S. 774 f.) mit Schreiben vom 26.10.2005 schriftlich
bei der Direktion der Cablecom interveniert. Am 15. Mai 2006 kam es dann zu einem
Treffen zwischen einer Regierungsdelegation und der Cablecom. Leider ist diese
Aussprache erfolglos geblieben.
2.
Gemäss Artikel 66 Absatz 2 der Kantonsverfassung ist, wer öffentliche Aufgaben
wahrnimmt, an die Verfassung und Gesetzgebung gebunden. Die Cablecom ist ein
Privatunternehmen, das keine Aufgaben im Auftrag der Kantonsbehörden erfüllt. Dem
Regierungsrat stehen keine Mittel zur Verfügung, um von der Cablecom zu verlangen,
dass sie in Erfüllung von Artikel 4 Absatz 1 der Kantonsverfassung den Bedürfnissen
der sprachlichen, kulturellen und regionalen Minderheiten Rechnung trägt. Der Kanton
hat auf diesem Gebiet keinerlei Kompetenzen, und der Regierungsrat kann somit
keine Massnahmen ergreifen, um die Cablecom zu zwingen, den Forderungen der
Bieler Bevölkerung nachzukommen.
3.
Im vorliegenden Fall ist das Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über Radio und
Fernsehen (RTVG; SR 784.40) ausschlaggebend, und dies bis zum Inkrafttreten des
Gesetzes am 1. April 2007. Das Gesetz legt in Artikel 39 ff. fest, dass für die
Weiterverbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen über Leitungen mit über 100
Anschlüssen eine Konzession erforderlich ist. Der Konzessionär ist dann in der
Auswahl der Programme, die er weiterverbreiten will, unter Vorbehalt gewisser
Bestimmungen frei. Es bestehen für ihn keine Pflichten in Bezug auf die
Landessprachen oder die Sprachgemeinschaften.
Das Gesetz vom 13. September 2004 über das Sonderstatut des Berner Juras und
über die französischsprachige Minderheit des zweisprachigen Amtsbezirks Biel
(Sonderstatutsgesetz, SStG, BSG 102.1) bezweckt die Förderung der
Zweisprachigkeit im Amtsbezirk Biel und die Stärkung der Stellung der
französischsprachigen Bevölkerung als sprachliche und kulturelle Minderheit. Das
Gesetz sieht dafür den Rat für französischsprachige Angelegenheiten des
zweisprachigen Amtsbezirks Biel (RFB) vor, der seine Arbeit Anfang Juni 2006
aufgenommen hat. Diese Gesetzesbestimmungen bezeugen den Willen der
Kantonsbehörden dafür zu sorgen, dass die institutionelle Anerkennung des
Zweisprachigkeitsstatuts im Amtsbezirk Biel auch entsprechende Folgen zeitigen wird.
Der Regierungsrat geht davon aus, dass es in erster Linie am RFB ist, die Probleme
der welschen Minderheit im Bezirk zu eruieren und gegebenenfalls um eine
Intervention seitens der Kantonsregierung zu ersuchen. Eine Koordination mit den
Gemeindebehörden ist einfach, da diese im RFB vertreten sind. Der Regierungsrat
wäre bereit, die Modalitäten einer gemeinsamen und abgesprochenen Intervention der
kantonalen, kommunalen und regionalen Behörden zu prüfen, wenn dies von der
Stadt Biel und vom RFB verlangt wird.
4.
5.
Ob sich die Massnahmen der Cablecom negativ auf die Attraktivität des Kantons Bern
auswirken, kann ohne weitergehende Abklärungen nicht beurteilt werden.
An den Grossen Rat