Vom schnellsten Elektromotorrad der Welt werden ab

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Vom schnellsten Elektromotorrad der Welt werden ab
E-BIKE-TEST
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ie Erfolgsliste der in der kalifornischen Spezialschmiede Lightning hergestellten
E-Bikes ist beachtlich. Zum Beispiel
hält man den derzeitigen Geschwindigkeitsweltrekord für elektrische
Zweiräder: Das sind immerhin tüchtige 347,394 km/h als Mittel aus zwei
Läufen in entgegengesetzte Richtung. 2013 gewann eine Lightning
das legendäre Bergrennen auf den
Pikes Peak und war schneller als alle
benzinbetriebenen Motorräder. Und
im Jahr zuvor gewann Michael Barnes auf einer Lightning das elektrische Rahmenrennen zum MotoGP in
Laguna Seca.
Lightning-Gründer Richard Hatfield
(das Interview mit ihm lesen Sie
auf Seite 12 in diesem Heft) baut ESportbikes unter Verwendung von
Lithium-Zellen länger als jeder andere in diesem Geschäft, und er ist in
den verschiedensten Wettbewerben
LIGHTNING LS-218
Vom schnellsten Elektromotorrad
der Welt werden ab sofort 150
Exemplare pro Jahr hergestellt.
Mit Alu-Monocoque und CarbonBodywork. Zu haben um 38.800
Dollar plus Steuern. Wir machen
die erste Probefahrt
TEXT ALAN CATHCART
FOTOS KEVIN WING
STROMMEILENSTEIN
Lightning ist der
bislang erfolgreichste
E-Bike-Pionier
erfolgreicher als seine Rivalen – auch
als Michael Czysz, der mit seiner MotoCzysz E1pc (Test in „motomobil“Folge 011 und auf www.motomobil.
at) vier Jahre lang das wichtigste ERennen, die TT Zero auf der Isle of
Man, dominierte.
Die Lightning LS-218 kommt mit
über 150 kW (201 PS) Nennleistung
aus einem ölgekühlten 380-Volt-Dreiphasenmotor und schreibt sich damit
in den 200-PS-Hypersport-Club ein,
in dem sich die neuesten Ausgaben
der Aprilia RSV4, BMW S1000RR,
Yamaha YZF-R1 und Ducati 1299 Panigale ein Stelldichein geben. Ganz zu
schweigen von der kompressoraufgeladenen, nur für die Rennstrecke zugelassenen Kawasaki H2R mit ihren
310 PS. Genau hier kommen wir auch
zum Kern der Angelegenheit: Kawasaki gibt für die H2R 156 Newtonmeter Drehmoment bei 12.500 Touren
an – das ist noch ein hübsches Stück
von den 228 Newtonmetern entfernt,
die bei der Lightning ab der ersten
Motorumdrehung da sind. Hat man
auch nur ein bisschen Erfahrung mit
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ZUM AUTOR
ALAN CATHCART ist seit vielen
Jahren Englands profiliertester
Zweiradjournalist mit
internationalen Kontakten zu
allen Herstellern. Er studierte
Rechtswissenschaft an der
Cambridge University, war
später Tourismusmanager und
spricht fließend fünf Sprachen.
Als Rennfahrer war er in europäischen und amerikanischen Einund Zweizylinder-Rennserien
erfolgreich. Zahlreiche Ehrungen
für außergewöhnliche Leistungen als Journalist und für den
Motorsport. Als unerschöpflicher
Quell des Wissens versorgt er
den „motomobil“-Herausgeber
seit 1986 mit richtungsweisenden Stories aus aller Welt
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Elektromotorrädern, kann man sich
unschwer ausmalen, welche Dynamik beim Beschleunigen mit der LS218 freigesetzt wird.
Nachdem die – ebenfalls kalifornische
– Mission R (Test in „motomobil“-Folge 009 und auf www.motomobil.at)
trotz zweimaligen Anlaufs bis jetzt
nicht in Serienproduktion ging, ist
die Lightning LS-218 derzeit das einzige käufliche E-Superbike aus amerikanischer Produktion. In einem
Marktsegment, das nach wie vor sehr
klein ist, und in dem es weltweit bis
jetzt sonst nur die italienische Energica Ego (Test in „motomobil“-Folge
017 und auf www.motomobil.at) gibt.
Im Vergleich zum Preis der Kawasaki H2R sind die für die Lightning
aufgerufenen 38.000 Dollar äußerst
konkurrenzfähig – aber so ein Betrag
spaziert natürlich nicht auf der Straße herum.
Z
ur intensiven Probefahrt begeben wir uns auf die ikonische
„Racer Road“ vor den Toren von Los
Angeles: Auf den legendären Mulholland Highway, der sich durch die San
Gabriel Mountains im Norden der
Stadt bis zum nicht minder legendären Rock Store (dem beliebtesten
Stromgeben ist
wie die Auslösung
eines Katapults
Hangout der Locals) windet. Der in
Frankreich arbeitende britische Designer Glynn Kerr hat mit der LS-218
brillante Arbeit abgeliefert, das Styling ist Haute Couture. Man findet
zahlreiche schöne und edle Details,
am auffälligsten davon das Arrangement von insgesamt acht Projektorscheinwerfern in der Verkleidung.
Mit 813 Millimetern hat der fesche
Corbin-Sattel eine vernünftige Sitzhöhe.
Nach der Prozedur Zündschlüssel, roter Knopf links und roter Knopf rechts
sollte man sich auf armverlängernde
Ereignisse einstellen, man sollte sich
festhalten. SEHR festhalten. Die Beschleunigung ist absolut monströs.
Man fokussiert einen Punkt in weiter
Entfernung und ist im selben Mo-
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(1) Der legendäre
Rock Store nördlich
von Los Angeles
ist einer der besten
Motorradplätze
der Erde
(2) Der Asphalt ist
hier fast so griffig wie
auf einer Rennpiste
ment auch schon dort. Das Bewusstsein versucht, mit der radikalen Ortsveränderung einigermaßen Schritt
zu halten, es ist wie man sich einen
Transmittersprung in eine andere Galaxis vorstellt. Lightning-Chef Richard
Hatfield gibt für die Beschleunigung
von null auf hundert Meilen pro Stunde ziemlich genau drei Sekunden an;
von 160 km/h bis zur Weltrekordgeschwindigkeit soll es dann noch zehn
Sekunden dauern. Ich glaub’ ihm das
aufs Wort. Kein Sportmotorrad mit
konventionellem Motor, ob mit Kompressor oder ohne, liefert so ein Spektakel – sorry, Kawasaki!
gewinnung. Beim Zurücknehmen
des Gasgriffs gibt es in der mittleren
Stellung eine Art Coasting-Funktion,
man segelt ohne Bremswirkung dahin. Bei geschlossenem Drehgriff ist
die Rekuperation recht heftig, aber
ohne das Hinterrad zum Stempeln
zu bringen.
Das alles lässt sich jedenfalls detailliert abstimmen. Nebenbei bemerkt,
funktioniert die Brembo-Bremsanlage mit konventioneller Hand- und
Fußhebelanordnung ganz ausgezeichnet. Dennoch würde man sich
ABS wünschen, was aber für den
Verkauf in Europa demnächst sowieso vorgeschrieben ist. Die meisten Bestellvormerkungen für die Lightning
LS-218 kommen bis jetzt aus Ame-
Mehr Beschleunigung
kann man derzeit
nicht kaufen
rika, dann aus Australien, England,
Frankreich, Südafrika und dem Mittleren Osten. Im deutschsprachigen
Raum ist das Motorrad bis jetzt noch
nicht sehr bekannt. >>
G
leichzeitig ist es eine Orgie, die
extrem gut zu kontrollieren ist.
Die meisten High-Performance-EBikes bis jetzt reagieren auf das Öffnen des Gasgriffs recht brüsk. Das Ride-by-wire-System der Lightning ist
über den flüssig gekühlten Controller
so programmiert, dass man auf den
ersten 50 Prozent des Drehgriffs nur
30 Prozent des Drehmoments aktivieren kann. Dann – und bei höheren
Tempi – kommt progressiv immer
mehr Drehmoment ins Spiel. Das
lässt sich individuell programmieren,
genauso wie das Einsetzen und das
Ausmaß der Rekuperation, somit die
über das Hinterrad gefühlte Motorbremswirkung durch Energierück-
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er Kraftakt der Lightning ist
nicht so völlig lautlos wie bei der
MotoCzysz, aber auch nicht auffällig
singend wie bei der Mission R mit
ihrem Primärgetriebe – hochfrequentes Säuseln könnte man dazu sagen.
Ein Motorrad mit dieser Performance
stellt natürlich die ernsthafte Frage
nach dem Fahrwerk und dem Handling. Die mit 12.000-WattstundenAkku (der kleinsten der drei angebotenen Optionen) 226 Kilo fahrbereit
sind für Superbike-Verhältniss nicht
überirdisch schwer. Man spürt aber
den durch das Batterypack verursachten hohen Schwerpunkt – wenn
man härter fahren will, muss man
auch härter arbeiten. Obwohl bei der
Lightning durch das Fehlen einer
Kurbelwelle das gyroskopische Träg-
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Elektrofahrräder, Pedelecs
Elektroscooter (max. 25km/h, rechtlich Fahrrad)
Elektro Mopeds (45 km/h) Landesförderung: NÖ und BGL.
Mit der „Big Battery“
gibt’s 250 Kilometer
Reichweite
heitsmoment wegfällt, fährt man mit
einer Aprilia RSV4 oder einer Ducati
Panigale definitiv leichter durch enge
Kehren und Wechselkombinationen.
Das Handling ist nicht so intuitiv
wie zum Beispiel das der MotoCzysz
E1pc, dem mehrfachen TT-Zero-Siegermotorrad. Gewöhnungsbedürftig
ist auch der sehr geringe Lenkeinschlag, der im Lauf der Modellpflege
vergrößert werden soll.
Batterietechnisch ist die Lightning
am letzten Stand der Dinge: Zum
Einsatz kommen flache Zellen aus
koreanischer Fertigung mit LMNCTechnologie
(Lithium-Mangan-Nickel-Kobaltoxid). Diese Bauweise hat
höhere Energiedichte als die sonst
in hochwertigen E-Fahrzeugen verbreiteten Lithium-Eisen-PhosphatAkkus (LiFePO4). Nach Meinung
von Fachleuten sollen LMNC-Akkus
bis zur Verfügbarkeit der LithiumLuft-Technik (zirka im Jahr 2030) die
erste Wahl sein. Die flüssig gekühlte
Regelelektronik und der ölgekühlte 380-Volt-Dreiphasenmotor sind
Lightning-Eigenentwicklungen. Der
Permanentmagnetmotor kann auch
mit 410 Volt betrieben werden, dann
gibt er sogar 170 kW (230 PS) Leistung her.
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Peter Nejedly - Handelsunternehmen
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ie Akkus können mit 12.000,
15.000 oder 20.000 Wattstunden Energieinhalt gewählt werden.
In der größten Variante wiegt die
LS-218 dann 244 Kilo und bietet bei
straßenlegalem Tempo eine Reichweite von über 250 Kilometern. Allergrößten Wert legt Lightning-Chef
Hatfield auf möglichst kurze Ladezeiten: Selbst der 20-kWh-Akku wäre
in weniger als einer Stunde geladen,
das Limit ist lediglich die Stromquelle. In den Vereinigen Staaten gibt
es mittlerweile über 20.000 öffentliche J1772-Ladestationen (Typ-1-Stecker), die mit acht kWh laden – das
12.000-Wattstunden-Batterypack
ist hier in eineinhalb Stunden voll.
Eine Option mit zwei Ladegeräten
im Motorrad ist in Vorbereitung,
dann halbiert sich die Zeit. An einer
konventionellen Haushaltssteckdose
muss der Lightning-Besitzer mit acht
Stunden Ladezeit rechnen.
Das Alugehäuse der Akkus ist gleichzeitig – ähnlich wie beim BMWElektroroller – die tragende Verbindung vom E-Motor, dessen Welle
das Anriebsritzel trägt, zum Steu-
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eMail: [email protected] Web: http://www.scooterman.at
Schauraum: Mo - Fr 14:00 bis 18:00 Uhr
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erkopf. Gegen Zuzahlung können
Öhlins-Federelemente anstelle der
RaceTech-Komponenten
geordert
werden. Serienmäßig ist das aufwändige Kohlefaser-Bodywork; statt AluMarchesinis kann man BST-Carbonfelgen bestellen. Von den ersten 150
Exemplaren der Lightning LS-218
sind etliche noch frei – nach Eintreffen der Anzahlung soll die Lieferzeit
drei Monate betragen. Dann hat
man einen Meilenstein der E-BikeGeschichte.
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(1) Kurventheoretische
Diskussion mit LightningChef Richard Hatfield
(2) Pro Jahr sollen 150
Exemplare der LS-218
produziert werden
(3) Die Leistung der LS-218
verlangt nach kräftigen Bremsen
(4) Der Schwingendrehpunkt ist
gleichzeitig die Motorachse
(5) Sehr sportliche, aber
nicht extreme Sitzposition
(6) Der 200er-Hinterreifen
wird natürlich stark gefordert
(7) Edler Sportsattel von MIke Corbin
(8) Die markante LS-Scheinwerferfront
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für Kinder 4 - 14 Jahre
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jeden Freitag:
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MOTOR...........ölgekühlter Dreiphasen-Wechselstrommotor , 380 V
LEISTUNG................................................über 150 kW (201 PS)
DREHMOMENT............................................................. 228 Nm
FAHRWERK............................................Aluminium-Monocoque
AUFHÄNGUNG vo/hi.............. RaceTech USD 43 mm/Monoshock
FEDERWEG vo/hi................................................................n. a.
RADSTAND................................................................. 1420 mm
LENKKOPFWINKEL/NACHLAUF.....................................66°/105 mm
BEREIFUNG vo/hi................Pirelli Diablo SC 120/70-17, 200/50-17
BREMSEN vo/hi........ 2 x Brembo 320 mm radial/Brembo 245 mm
AKKUS............ LMNC (Li-Mangan-Nickel-Kobaltoxid) 12/15/20 kWh
LADEZEIT.............. 40 min - 8h (je nach Ladegerät/Zapfsäule)
REICHWEITE............. + 250 km (20-kWh-Akku, Landstraßentempo)
GEWICHT (fahrfertig)...................... 226 kg (mit 12-kWh-Akku)
HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT..........347 km/h (Bonneville Salt Flats)
PREIS............................................ US-$ 38.800,– zuz. Steuern
HERSTELLER.............................. www.lightningmotorcycle.com
www.motomobil.at
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