University of British Columbia, Vancouver

Transcrição

University of British Columbia, Vancouver
Erfahrungsbericht zur Masterarbeit an der University of British Columbia
Sommer 2014 in Vancouver, Kanada
Erfahrungsbericht zur Abschlussarbeit im Ausland
gefördert durch den DAAD im Rahmen des PROMOSPROMOS-Programms
Masterarbeit an der University of British Columbia, April bis Oktober 2014
Vorbereitung
Nach Abschluss der Bachelorarbeit war mir wichtig meine Masterarbeit auf Englisch zu verfassen.
Mein Auslandssemester hat mich zusätzlich darin bestärkt diese im Ausland zu verschriftlichen. Seit
Mitte 2013 hat sich für mich dazu die University of British Columbia (UBC) in Kanada
herauskristallisiert. Durch meine Arbeit bei Fraunhofer in Oberhausen wurde ich auf eine kleine
Kooperation mit dieser Uni und dem angegliederten Clean Energy Research Centre aufmerksam.
Der mit dem Projekt assoziierte Hochschullehrer der Ruhr-Uni bot sich als Prüfer an. Ferner sollte
ich das Glück haben meinen zweiten deutschen Prüfer in Kanada an meiner Seite zu wissen,
welcher dort ein eigenes Projekt abwickeln würde. Der beteiligte Professor auf kanadischer Seite
war froh die Kooperation durch eine Masterarbeit zu stärken, sodass ich nach der üblichen
Kurzbewerbung (inkl. Lebenslauf, Leistungsübersicht & Bestätigung der RUB) mit einer Bestätigung
über „ausreichende“ finanzielle Mittel (Definition unbekannt!), eine Einladung an die Uni als
„visiting scholar“ erhielt. Mit diesem Status als Gastwissenschaftler und den erhaltenen Unterlagen,
wurde meine Einreise ohne Visum (max. 180 Tage) ermöglicht, sodass ich schon meinen Flug
buchen konnte. Der Aufwand an Formalien war damit äußerst gering. Zwar musste ich damit auch
keine Studiengebühren nach nordamerikanischem Standard zahlen, bekam aber auch keine
Vergütung seitens der Uni. Da ich während meiner Zeit im Ausland auch nicht für Fraunhofer
arbeiten würde, sollte es also an das Ersparte gehen. Die Bewerbung um ein PROMOS-Stipendium
war damit schon vorprogrammiert, auch wenn ich für die Erfahrung auch einen finanziellen
Engpass zum Ende meines Aufenthaltes in Kauf genommen hätte. Im Endeffekt stellte die
PROMOS Bewerbung den wohl größten Aufwand dar, hat sich aber am Ende doch bezahlt
gemacht. Um ein interessantes Thema für beide Seiten zu finden einigten sich mein deutscher
Betreuer und der kanadische Professor auf mein Forschungsthema
Unterkunft
Um meine Unterkunft habe ich mich von Deutschland aus noch nicht gekümmert, da ich entfernte
Verwandte in der Stadt hatte, bei denen ich die ersten Tage unterkommen konnte. Nach meiner
Ankunft vor Ort habe ich mir daher die ersten Tage Zeit genommen die lokalen WG/ZimmerAngebote zu durchstöbern, persönlich zu besichtigen und mich in der Stadt zurechtzufinden.
Nach kurzer Zeit war ich über craiglist.ca1 erfolgreich und entschied mich für ein Zimmer in einem
schönen Haus im Stadtteil Kerrisdale: Etwa 14 m², möbliert, Erdgeschoss mit Blick in den Garten für
1
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Sommer 2014 in Vancouver, Kanada
$675 im Monat. Für die Kriterien ein ziemlich günstiges Zimmer für Vancouver! (Der
Immobilienmarkt ist sehr stark durch asiatische Investoren geprägt.) Die sechs anderen
Mitbewohner waren weitestgehend andere Studenten verschiedenster Fachrichtungen und
Hintergründe.
Ablauf des Auslandsaufenthaltes
In den ersten sechs Wochen bekam ich einen Arbeitsplatz im Büro der Arbeitsgruppe meines
kanadischen Professors (vom Typ Forschungsgarage). Da deren Forschungsthemen mit meiner
Arbeit wenig zu tun hatte, konzentrierte ich mich in dieser Zeit vor allem auf eine allgemeinere
Recherche des Energiemarktes Kanadas in Datenbanken und Online-Bibliotheken der Uni. Auch
durch das ein oder andere Kollegengespräch (inkl. Professoren) lernte ich den Aufbau des
Strommarktes in British Columbia besser kennen. Nach Ankunft meines deutschen Betreuers
haben wir uns dann zu zweit ein Büro im Center for Interactive Research on Sustainability geteilt,
einem der neusten Gebäude des Campus:
Nachdem ich mich nun schon etwas intensiver mit Canada beschäftigt hatte, erschien es uns für
sinnvoll den Fokus meiner Masterarbeit auf British Columbia zu richten, da sich die
Randbedingungen je nach Provinz sehr stark unterscheiden. Meine Arbeit vor Ort lehnte sich
dabei stark an die Arbeit meines Betreuers an, der die Uni zur Senkung von Spitzenlasten beriet.
Mein Anteil daran waren vor allem die Berechnungen, die als Grundlage dazu dienten die
Machbarkeit unserer Ideen unter Einbezug der örtlichen Bedingungen zu überprüfen. Dabei
arbeitete ich eng mit den Professoren der Arbeitsgruppe zusammen, sowie dem Technischen
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Leiter des universitären Stromnetzes. Für eine kleine Studie zum Potential der Solarenergie für die
UBC setzte ich mich außerdem mit dem Techniker des Hauses zusammen. Erstmalig bündelten wir
die Daten der installierten Photovoltaik-Anlage des Gebäudes (und einzigen Systems der Uni),
damit ich die Leistung und Wirtschaftlichkeit des PV-Systems berechnen konnte. Dem Thema
Energiespeicher widmete ich mich erst gegen Ende und besichtigte dazu auch einen
Batteriehersteller, deren Batterien auch in der UBC eingesetzt sind. Besonders froh war ich direkt
mit den Verantwortlichen zusammenzuarbeiten und zu sehen, dass meine Berechnungen im
Gegensatz zum Studium auch praktische Verwendung finden.
An dieser Stelle muss ich klarstellen, dass sich mein Zugang zu den Verantwortlichen durch die
Anwesenheit und Stellung meines deutschen Betreuers als Experte sehr stark vereinfachte.
Abgesehen von meinem Interesse gute Kontakte im Ausland zu knüpfen wäre es auch bezogen
auf die Arbeit äußerst schwierig geworden die mir jetzt vorliegenden Daten und Erfahrungen ohne
diesen Einfluss zu bekommen. Alleine durch die offiziellen Besprechungen zu dem Thema wurden
wir immer wieder auf neue Herausforderungen des Standortes aufmerksam gemacht und konnten
diese in unsere Analyse einfließen lassen.
Die Verschriftlichung der Arbeit werde ich letztendlich in Deutschland fertigstellen, da mein
Schwerpunkt vor Ort die Zusammenarbeit mit den Kollegen war um viel zu lernen, anstatt isoliert
am Schreibtisch zu sitzen.
Alltag und Freizeit
Was die Finanzen anbetrifft habe ich Vancouver sicherlich als teure Stadt erlebt. Besonders
Immobilien, Milchprodukte und Alkohol sind Luxus. Einige deutsche Freunde haben daher (wie
auch in Norwegen üblich) ihr eigenes Bier gebraut. In Bezug auf die Lebensmittelauswahl ist es
eher mit den USA vergleichbar. Die riesigen Regale gaukeln einem eine enorme Produktpalette
vor, die bei genauerem Hinsehen aber als Hersteller- und Packungsgrößenvielfalt des gleichen
Produkts entlarvt wird. Ein Glück, wenn man dann zwischen dem Analogkäse auch mal einen
echten findet oder den richtigen Laden mit europäischen Spezialitäten kennt. An der Uni ist man in
Deutschland an gute & günstige Mensaküche gewöhnt. Im Gegensatz dazu gibt es in Vancouver
nur Ansammlungen von Franchise Fast Food (je nach Aktionstag ab 3,5 €) oder kleinen, teuren
Cafeterien die vielleicht auch besondere Bio-Mahlzeiten (bis 9 €) anbieten. Durch das erhaltene
Stipendium musste ich nicht jeden Tag auf die Rabatte achten oder meine Nudeln zu Hause
vorkochen, sondern konnte mir doch öfter leisten mittags mit meinem Chef auf dem Campus
essen zu gehen.
Zu Beginn meines Aufenthaltes habe ich mir ein Fahrrad besorgt, um nicht zwangsweise jeden
Monat 63 € für den Bus zu bezahlen. Mit 20 Minuten für die acht Kilometer war man von Tür zu
Tür sogar schneller als der Bus. Im Vergleich zum Fahrradweg-Paradies Deutschland muss Kanada
zwar noch viel lernen, aber in Nordamerika gibt es anscheinend kein besseres System als in
Vancouver (das gilt auch für die Busverbindungen). Der beste Weg die Stadt zu erkunden ist
demnach definitiv das Fahrrad!
Da ich an keine Arbeitszeiten gebunden war, begann ich meist gegen 9 Uhr morgens und
arbeitete in den in der ersten Zeit bis etwa 17h bevor es an den Strand ging. Vom Büro waren es
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nur zehn Minuten Fußweg zum Strand. An anderen Tagen traf man sich zum Grillen mit Freunden
an anderen Stränden, die sich rund um die Bucht vor Vancouver verteilen. Ungewohnt ist dabei an
öffentlichen Plätzen kein Bier zu seiner Grillwurst trinken zu dürfen. Daher schlechteste Erfahrungin
Kanada: sein Bier nach Polizeianweisung in den Sand leeren zu müssen. :D Rund um das Thema
Alkohol gibt es auch weitere Regelungen, die man nicht unbedingt verstehen muss, wenn man
sieht das jeder zweite Kanadier seinen Joint in der Öffentlichkeit raucht und danach keine
Gewissensbisse hat am Straßenverkehr teilzunehmen/Auto zu fahren?!
Ein paar Couchsurfing-Gästen zeigte ich die Stadt und lernte so auch selbst immer wieder neue
Stadtteile kennen. Da ich neben meinen Mitbewohnern und Kollegen noch weitere Kanadier
kennen lernen wollte, wurde ich für $60 Mitglied im Varsity Outdoor Club der Uni. Dieser Verein
dient Anfängern vor allem als Einstieg in den Outdoor-sport und wird daraufhin auch als Plattform
genutzt Gleichgesinnte seiner Lieblingssportart in seinem Schwierigkeitsgrad zu finden. Auf diese
Weise war ich einfach und günstig in den Bergen um Vancouver unterwegs. Vor allem in Bezug
auf Klettern am Fels und Hochtouren auf Gletschern habe ich besonders viel zu Techniken und
Sicherheitsmaßnahmen gelernt.
Erreichen des Gipfels von Mount Baker kurz nach Sonnenaufgang, 14. Sept. 2014
In den letzten Wochen habe ich länger gearbeitet (~19/20h), sodass meine Tage immer stärker
durchgeplant waren und abgesehen vom Alltagsgeschäft wenig Zeit übrig blieb Vancouver weiter
zu erkunden.
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Um mit Freunden entferntere Ziele zu erkunden ist in Nordamerika auf jeden Fall ein Leihwagen zu
empfehlen (USA günstiger als Kanada)! Teuer wird es wenn man unter 25 Jahre alt ist und direkt
bei dem kanadischen Vermieter bestellt, da dieser gerne ein paar Versicherungen extra verkauft.
Empfehlenswert ist daher die Buchung über deutsche online-Plattformen, da hier keine
Extrakosten anfallen und die Versicherungen ganz klar festgelegt sind. In meinem Urlaub ging es
für ein paar Kurztrips zunächst nach Washington & Oregon, sowie nach Vancouver Island, und die
kanadischen Rocky Mountains.
Fazit
Das halbe Jahr in Vancouver war aus professioneller, aber auch persönlicher Sicht eine
unglaubliche Erfahrung. In den Gesprächen und Besprechungen mit den zuständigen Technikern
und Professoren der Uni habe ich die kanadische Arbeitsweise ganz gut kennen gelernt und viele
Eindrücke mitgenommen. Etwas enttäuscht war ich dabei allerdings von der Unterstützung meines
kanadischen Betreuers, der mir zwar einige gute Kontakte hat zukommen lassen, mich aber vor
allem in den wichtigen ersten Wochen hat alleine stehen lassen. Nach Ankunft meines deutschen
Betreuers war das kein Thema mehr, da ich von Ihm immer wieder gute Impulse bekommen habe.
Meine Aufgabe war es vor allem diskutierte technische Lösungsansätze auf Wirtschaftlichkeit zu
Überprüfen. Dadurch habe ich ein gutes Gefühl dafür bekommen, wie sich der kanadische
Energiemarkt von dem Deutschen unterscheidet. Mit diesem Perspektivwechsel war es eine
positive
Herausforderung
unsere
europäischen/deutschen
Herangehensweisen
an
die
Rahmenbedingungen und Möglichkeiten vor Ort anzupassen. Auf der anderen Seite war es aber
auch ernüchternd zu sehen wie abhängig die eingesetzte Technologie von Politik und Wirtschaft
(z.B. Strompreis) sein kann. Im Sinne der Nachhaltigkeit bedarf es großer Anstrengungen und
Änderungen diese Lücke zum Stand der Technik zu schließen. Bezogen darauf verstehe ich auch
umso mehr, warum Westeuropa Technologisch so weit entwickelt ist.
Nach Auslandspraktika und -studium bin ich besonders froh, nun die universitäre Arbeit mit
ausländischen Kollegen kennen gelernt zu haben. Da die Lösungsansätze meist wirtschaftlich und
weniger wissenschaftlich motiviert waren, wird mich diese Erfahrung vor allem im sozialen Umgang
mit meinen zukünftigen Kollegen stärken.
Sprachlich hat sich mein Englisch wieder auf eine neue Mundart eingestellt und wurde mit
technischem Wortschatz in Bezug auf das Thema Energie bereichert. Interessant war es im Alltag
vor allem die lokalen Umgangsformen kennen zu lernen, die trotz der Nähe zu den USA
manchmal sogar britischer Natur sind.
Für mich war es die beste Lösung nach der eigentlichen Arbeit und Analyse im Ausland, den
Hauptteil der Thesis zu Hause zu schreiben, da ich die wertvolle Zeit im Ausland dadurch viel
besser nutzten konnte. Die Wochenenden in den Bergen waren ein perfekter Gegensatz zum
Leben in der Stadt und gehören wohl zu den schönsten Erfahrungen dieses Sommers. Die
Bergkulisse im Norden der Stadt begleitet einen jeden Tag.
Auch wenn dies nicht mein erster studienförderlicher Auslandsaufenthalt war ist es wieder eine
ganz neue Erfahrung gewesen und besonders durch die charakterstärkenden Herausforderungen
jedem zu empfehlen!