Interview mit der deutschen Botschafterin Ulrike Knotz für die

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Interview mit der deutschen Botschafterin Ulrike Knotz für die
Interview mit der deutschen Botschafterin Ulrike Knotz für die
Tageszeitung, Večernji list, 04.08.2014
1. Bald verlassen Sie Bosnien und Herzegowina. Wie würden Sie Ihr
Mandat sowie die Lage in Bosnien und Herzegowina während dieser
Zeit bewerten?
Ich habe es immer als ein Privileg empfunden, Deutschland in Boesnien und
Herzegowina zu vertreten. Die Beziehungen zwischen unseren Ländern
beruhen auf einem soliden zwischenmenschlichen Fundament, das die
Gastarbeiter gebaut haben, aber auch die über 360 000 Flüchtlinge, die
während des Krieges in Deutschland Aufnahme gefunden haben. Es hat mich
immer wieder gefreut, zu hören, welche positiven Erfahrungen diese Menschen
in Deutschland gemacht haben, und ich denke, dass dies zum großen Teil auch
an den Bosniern und Herzegowinern liegt, die sich in der Fremde gut anpassen
und als fleißig bekannt sind. Deutschland wird hier viel Vertrauen
entgegengebracht. Allerdings sind die Erwartungen auch sehr hoch, viel höher,
als wir sie erfüllen können. Zuweilen hat man mich allen Ernstes gefragt, ob
Deutschland nicht einfach Bosnien und Herzegowina regieren könnte,
sozusagen als 17. Bundesland in territorialer Diskontinuität.
Was die Lage in Bosnien und Herzegowina betrifft, so habe ich während meines
Mandats leider wenig positive Entwicklungen verzeichnen können. 2012 hätte
das «Europäische Jahr» werden sollen, aber obwohl viele einzelne Aufgaben
erfolgreich abgearbeitet wurden, u.a. die nicht geringe Herausforderung der
Volkszählung, konnte dann doch bis heute das Ziel nicht erreicht werden – die
Inkraftsetzung des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens und der
Kandidatenstatus. Es fehlen eben noch zwei «Hausaufgaben» - die Umsetzung
des Urteils in der Sache Sejdic-Finci und die Schaffung des EUKoordinierungsmechanismus. Mit Pragmatismus, gutem Willen und Blick auf
das Gemeinwohl statt auf Parteiinteressen hätte zu schaffen sein sollen, denke
ich. Ich hoffe, dass sich nach den Wahlen im Oktober neue Chancen auftun.
Die Proteste vom Februar und auch die Unzufriedenheit der Bevölkerung über
die mangelnde Unterstützung nach der Flutkatastrophe zeigen: es ist höchste
Zeit, umzudenken.
2. Was sehen Sie als Hindernis für Fortschritt in Bosnien und
Herzegowinas, für den Aufbau eines funktionierenden Staates und für
Fortschritte auf dem Weg der europäischen Integration?
Bosnien und Herzegowina hat es auf dem Weg zur EU ganz offensichtlich
schwerer als seine Nachbarn, und ich denke, das liegt daran, dass das
staatliche System so, wie es jetzt aufgebaut ist, nicht die notwendigen
Entscheidungen liefern kann. Es ist ineffizient und dazu auch noch viel zu teuer.
Allerdings macht man es sich zu einfach, wenn man dem «Dayton-System» die
Schuld gibt. Es scheint mir eher so, dass das eigentliche Problem die Art ist, in
der von dem System Gebrauch gemacht wird. Der Sinn des Dayton-Systems
war ja zunächst, nach dem Krieg den verschiedenen Volksgruppen wieder das
Zusammenleben in einem Staat zu ermöglichen. Die
Zustimmungserfordernisse und Blockademöglichkeiten sollten
Majorisierungsängsten Rechnung tragen und eine konsensorientierte Politik
fördern. Tatsächlich hat sich das Dayton-System jedoch zu einem reichhaltigen
Arsenal entwickelt, dessen sich die Parteien bedienen, um sich gegenseitig zu
behindern, zu erpressen und im Tauschhandel Zugeständnisse zu erzielen. Es
besteht Reformbedarf, darüber ist man sich weitgehend einig. Die
Herausforderung ist jetzt, auch einen Konsens über die Richtung zu erzielen, in
die die Reform gehen soll. Ich bin überzeugt, dass dies zwar schwierig, aber
nicht unmöglich ist.
Was auf keinen Fall passieren darf, ist, dass über dem Thema einer
Verfassungsreform die Arbeit auf einer anderen Baustelle eingestellt bzw. gar
nicht erst aufgenommen wird, die für die Zukunftsperspektive der Bürger von
größter Bedeutung ist: die Strukturreform der Wirtschaft. Bosnien und
Herzegowina hat die Herausforderung der Wirtschaftstransformation, d.h. den
Übergang von der staatlich gelenkten Wirtschaft des Sozialismus zu einer
funktionierenden Privatwirtschaft, noch nicht wirklich bewältigt. Natürlich gibt
es private Unternehmen, gerade in der Herzegowina, aber viel zu wenige, und
sie arbeiten oft unter schwierigen Umständen. Das Land braucht einen
florierenden privaten Sektor, der nicht nur Arbeitsplätze schafft, sondern auch
den Wohlstand, ohne den es kein befriedigendes System der sozialen
Sicherung gebe kann. Dies bringt mich zu einem weiteren Problem: dem des
Rechtsstaates. Investoren brauchen Rechtssicherheit, und da besteht
Nachholbedarf, insbesondere bei der Bekämpfung der Korruption. Insgesamt
kann die Bedeutung des Rechtsstaats für Wirtschaft und Gesellschaft gar nicht
überschätzt werden. Abgesehen von der Bedeutung für die Wirtschaft Menschen können, denke ich, Armut besser ertragen als Ungerechtigkeit, d.h.
das Gefühl, dass das Recht nicht für alle gleich gilt. Die EU rückt jetzt diese
beiden Bereiche, Wirtschaftstransformation und Rechtsstaatlichkeit, noch
stärker in den Mittelpunkt ihrer Politik gegenüber Bosnien und Herzegowina als
bisher. Wir unterstützen diese Linie, was ja auch Bundesminister Steinmeier
zum Ausdruck gebracht hat, als er anlässlich der Eröffnungsveranstaltung zum
„Compact for Growth“ nach Sarajevo kam.
3. In letzter Zeit wird viel über eine aktivere Rolle Deutschlands auf
dem Balkan gesprochen. Wie kann sich diese neue
Schwerpunktsetzung positive auswirken auf die Lage in Bosnien und
Herzegowina?
Es stimmt, Deutschland möchte gerne dazu beitragen, dass aus Bosnien und
Herzegowina ein Staat wird, der die grundlegenden Bedürfnisse seiner
Bevölkerung erfüllen kann und der international, insbesondere auf dem Weg
der Euroatlantischen Integration, handlungsfähig ist. Bosnien und Herzegowina
ist spätestens seit dem EU-Beitritt von Kroatien unser direkter Nachbar, und
Stabilität und Wohlstand sind daher auch in unserem eigenen Interesse. Wie
gesagt - wir sind bereit, zu helfen, zu unterstützen; die Verantwortung für den
Reformprozess liegt jedoch bei den maßgeblichen politischen Kräften. Der
Wunsch nach einem «Deus ex machina», nach jemandem, der uns unsere
Probleme einfach abnimmt, ist ein weit verbreitetes, menschlich verständliches
Phänomen. In der Politik funktioniert es aber nicht. Eine dauerhafte politische
Ordnung kann nur geschaffen werden, wenn sie auf dem Konsens der
Beteiligten beruht. Den herzustellen ist Sache der politischen Parteien, die die
entsprechenden Mehrheiten im Parlament bilden müssen, aber auch
gesellschaftliche Gruppen wie die Unternehmerschaft, Medien, Intellektuelle
u.s.w. tragen Verantwortung für ein entsprechendes Klima in der Öffentlichkeit.
Es geht um das Bewusstsein, dass nicht selten Kompromiss und Nachgeben
dem eigenen Interesse besser dient als wenn man sich rücksichtslos
durchsetzt. Politik vollzieht sich nicht im luftleeren Raum. Ich habe hier viel zu
oft gehört: „Wir werden uns hier niemals einigen können, ihr (und damit meint
man dann uns, die sog. „Internationale Gemeinschaft“) müsst „Druck
ausüben“. Das ist viel zu bequem. Bitte, haben Sie mehr Vertrauen in sich
selbst!
4. Wenn Sie künftig an Bosnien und Herzegowina zurückdenken
werden – woran werden Sie sich besonder erinnern? Gibt es etwas,
das Sie besonders vermissen werden?
Ich war sehr gerne in Bosnien und Herzegowina. In Erinnerung bleiben wird mir
ganz sicher die Schönheit der Landschaft, und ich hoffe, dass es mir nicht
politisch ausgelegt wird, wenn ich sage, dass mir die Kargheit, das Licht und die
Farben der Herzegowina immer besonders gut gefallen haben. Ich werde auch
bestimmt gerne an meine morgendlichen Spaziergänge auf dem Weg zur Arbeit
zurückdenken, durch die Bascarsia von Sarajevo. Und natürlich gibt es viele
Begegnungen, die mich berührt haben, Herzlichkeit, Gastfreundschaft und viele
interessante Gespräche, die mir in lebhafter Erinnerung bleiben werden. Das
«Vecernjakov Pecat» auf das ich stolz bin, ist natürlich in meinem Reisegepäck!
Ja, es gibt hier so manches, das ich vermissen werde. Und ich hoffe, dass
Bosnien und Herzegowina für seine Bewohner eines Tages das wird, was es
sein könnte, nämlich ein kleines Paradies.
5. Können Sie uns etwas über Ihre Zukunftspläne sagen?
Ich bleibe der Region Südosteuropa im weitesten Sinne erhalten – mein
nächster Posten heißt Chisinau, Moldavien. Ich kenne dieses Land noch nicht,
habe mich aber inzwischen informiert, und einige der politischen Themen
kommen mir bekannt vor. Es soll dort auch guten Wein geben, aber ich habe
meine Zweifel, ob der es mit den Weinen der Herzegowina aufnehmen kann.
Ich werde sehen.
Intervju njemačke ambasadorice Ulrike Knotz za dnevne novine
Večernji list, 04.08.2014.
1. Uskoro odlazite iz BiH. Kako biste ocijenili svoj mandat, ali i
situaciju u BiH za to vrijeme?
Za mene je uvijek bila privilegija predstavljati Njemačku u Bosni i Hercegovini.
Odnosi između naših zemalja baziraju na solidnim međuljudskim temeljima,
koje su izgradili Gastarbeiteri, ali i preko 360 000 izbjeglica koje su tokom rata
našli utočište u Njemačkoj. Uvijek mi je bilo drago čuti pozitivna iskustva tih
ljudi u Njemačkoj i mislim da je velikim dijelom zasluga Bosanaca i
Hercegovaca koji se dobro prilagode u tuđini i što su poznati po marljivosti.
Njemačkoj se ovdje ukazuje veliko povjerenje. Ali su i očekivanja veoma velika,
mnogo veća nego šti ih mi možemo ispuniti. Ponekad su me ljudi nasamo
ozbiljno pitali, da li bi Njemačka mogla upravljati Bosnom i Hercegovinom tako
reći kao 17. saveznom pokrajinom u teritorijalnom diskontinuitetu.
Što se tiče situacije u Bosni i Hercegovini tokom mog mandata sam nažalost
mogla vidjeti jako malo pozitivnih pomaka. 2012. godina je trebala biti
"Evropska godina", ali iako su mnogi pojedinačni zadaci uspješno završeni,
uključujući ne tako beznačajan izazov popisa stanovništva, cilj se ipak ni do
danas nije mogao postići - stupanje na snagu Sporazuma o stabilizaciji i
pridruživanju i kandidaski status. Nedostaju još dvije "domaće zadaće" provedba presude Sejdić-Finci i stvaranje EU-mehanizma koordinacije. Mislim
da se to moglo postići pragmatizmom, dobrom voljom i pogledom na opšte
dobro, umjesto na stranačke interese. Nadam se da će se stvoriti nove šanse
nakon oktobarskih izbora. Februarski protesti kao i nezadovoljstvo stanovništva
zbog nedostatka podrške nakon katastrofalne poplave pokazuju: krajnje je
vrijeme da se promijeni način razmišljanja.
2. Sto vidite kao glavni problem za napredak BiH, izgradnju
funkcionalne države i njen europski put?
Bosni i Hercegovini je očigledno puno teže na putu ka EU nego njenim
susjedima, mislim da je to zato što državni sistem kako je sada uspostavljen ne
može pružiti potrebne odluke. On je neučinkovit a pored toga veoma skup.
Međutim, čovjek si neće olakšati ako krivnju prebacuje na "Dejtonski sistem".
Čini mi se da je stvarni problem način na koji se koristi sistem. Svrha
Dejtonskog sistema je prije svega bila ta da se različitim narodima nakon rata
omogući suživot u državi. Zahtjevi za odobrenja i mogućnosti blokada su trebali
voditi računa o strahovima od majorizacije i podržati politiku koja je okrenuta
prema konsenzusu. Međutim, Dejtonski sistem se stvarno razvio u bogat
arsenal kojim se stranke koriste za međusobno ometanje, ucjene i kako bi se u
razmjeni trgovine došlo do željenih ustupaka. Postoji potreba za reformom, o
čemu je u velikoj mjeri postignuta saglasnost. Sada je takođe izazov da se
postigne konsenzus o smjeru u kom reforma treba ići. Mišljenja sam da je ovo
teško, ali ne i nemoguće.
Ono što se ni u kom slučaju ne smije dogoditi jeste to da se na temu ustavne
reforme rad obustavi na nekom drugom gradilištu odnosno da se uopšte ne
započne, a koji je od najvećeg značaja za buduće perspektive građana:
Strukturne reforme ekonomije. Bosna i Hercegovina još uvijek nije savladala
izazov ekonomske transformacije, tj. prelaz sa socijalističkog načina državnog
upravljanja ekonomijom u funkcionalnu tržišnu ekonomiju. Naravno, ima
privatnih firmi, baš u Hercegovini, ali premalo i one često rade pod teškim
okolnostima. Ova zemlja treba napredan privatni sektor, koji će stvoriti ne
samo radna mjesta već i prosperitet na kom se može izgraditi sistem socijalne
sigurnosti. To me dovodi do drugog problema: problema vladavine prava.
Investitori trebaju pravnu sigurnost i na tome se mora raditi, posebo u borbi
protiv korupcije. Sve u svemu značaj pravne države za ekonomiju i društvo ne
može biti precijenjen. Osim značaja za ekonomiju - ljudi mogu, barem ja mislim,
bolje podnijeti neimaštinu od nepravde dakle taj osjećaj da pravo ne važi isto
za sve. Evropska unija više nego do sada stvalja ove dvije oblasti,
transformaciju ekonomije i vladavinu prava u središte pažnje svoje politike
prema Bosni i Hercegovini. Mi podržavamo tu liniju što je naglasio i Savezni
ministar Steinmeier prilikom otvaranja konferencije "Compact for Growth" čijim
povodom je došao u Sarajevo.
3. U zadnje vrijeme se sve više govori o jačoj ulozi Njemačke na
Balkanu. Koliko ta pojačana aktivnost može potaknuti pozitivne
procese, posebno kada je BiH u pitanju?
Istina, Njemačka želi rado doprinijeti tome da se od Bosne i Hercegovine stvori
država koja može zadovoljiti osnovne potrebe svog stanovništva i koja će na
međunarodnom planu, posebno na putu evroatlanskih integracija biti
funkcionalna. Bosna i Hercegovina je barem od ulaska Hrvatske u EU naš
direktni susjed, stoga je stabilnost i prosperitet i u našem ličnom interesu. Kao
što sam rekla - mi smo spremni pomoći, podržati međutim, odgovornost za
reformski proces leži u rukama mjerodavnih političkih snaga. Želja za jednim
"Deus ex machina", za nekim ko će nam jednostavno uzeti sve naše probleme
je širom svijeta rasprostranjen razuman ljudski fenomen. Ali to ne funkcioniše u
politici. Trajno političko uređenje se može postići samo onda kada se temelji na
konsenzusu sudionika. To stvaraju političke stranake koje moraju oformiti
odgovarajuću većinu u Parlamentu, međutim i društvene grupe kao što su
poslovne zajednice, mediji, intelektualci i sl. snose odogovornost za
odogvarajuću klimu u javnosti. Riječ je o svijesti da nerijetko kompromis i
popuštanje idu više u prilog ličnom interesu, nego kada se sa bezobzirnošću
želi nešto ostvariti. Politika se ne odvija u vakuumu. Ovdje čak previše često
čujem: "Mi se ovdje nikada nećemo moći dogovriti, vi (tj. Međunarodna
zajednica) morate vršiti pritisak". To je veoma komforno. Molim Vas, imajte više
povjerenja u sebe!
4. Što ćete najviše pamtiti iz BiH i hoće li Vam nešto posebno
nedostajati?
Rado sam boravila u Bosni i Hercegovini. Sigurno će mi ostati u sjećanju
prirodne ljepote krajolika, a ja se nadam da neće imati previše političkog
prizvuka ako kažem da mi se posebno dopada hercegovačka golet, svjetlost i
boje Hercegovine. Naravno sigurno ću se rado sjećati i mojih jutarnjih šetnji do
posla, kroz sarajevsku Baščaršiju. Naravno, tu je i jako puno susreta koji su me
dirnuli, srdačnost, gostoprimstvo i mnogo zanimljivih razgovora koji će mi
ostati u svježem u sjećanju. "Večernjakov pečat" na koji sam ponosna, je
naravno u mom prtljagu! Da, ovdje ima puno toga što će mi nedostajati. I
nadam se, da će Bosna i Hercegovina jednog dana za svoje stanovnike postati
ono što može biti, a to je mali raj.
5. Možete li nam reći nešto o svom budućem angažmanu?
Ostajem vjerna regionu Jugoistočne Evrope - moja sljedeća službena destinacija
se zove Kišinjev, Moldavija. Ne poznajem ovu zemlju, ali sam se u
međuvremenu informisala i neke od političkih tema mi se čine poznatim.
Navodno se i tamo može naći dobro vino, ali sumnjam da se mogu takmičiti sa
vinima iz Hercegovine. Vidjet ću.