Strenge Ästhetik in S/W - Drucken - Kultur - Nordsee

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Strenge Ästhetik in S/W - Drucken - Kultur - Nordsee
Strenge Ästhetik in S/W
Bremerhaven. Nachdem Thorsten Brinkmanns „Kaffee dü Welt“ für bunte Opulenz
sorgte, ist jetzt wieder eine strenge Schwarz-Weiß-Ästhetik in die Kunsthalle
Bremerhaven eingezogen. Bis zum 9. Juni werden im Haus an der Karlsburg
Fotografien von Gabriele und Helmut Nothhelfer gezeigt, und auch die Ausstellung
„Unter Menschen gehen“ lohnt unbedingt einen Besuch. Von Ulrich müller
In Reih und Glied: Von Gabriele und
Helmut Nothhelfer sind in der
Bremerhavener Kunsthalle 55
Fotografien aus mehr als vier
Jahrzehnten zu sehen.
55 Fotografien in Reih und Glied, künstlerische Bilddokumente
aus 41 Jahren, die Zeitspanne reicht von 1970 bis 2011. Die
Fotografen haben dabei nur das erste und letzte Exponat
vorgegeben, den Rest der Hängung besorgte Kurator Klaus
Becké. Und der ließ sich dabei weder von der Chronologie
noch von den Motiven leiten, hörte vielmehr auf sein Gefühl
und fand dafür die volle Zustimmung des Berliner KünstlerEhepaars, das zur Vernissage nach Bremerhaven gereist war.
Ebenso gut kam übrigens auch die Wahl der Ouvertüre zur
Rossini-Oper „Die diebische Elster“ an, mit der Becké den im
Graphischen Kabinett laufenden Super-8-Farbfilm über eine
US-Waffenschau auf dem Flughafen Tempelhof unterlegt hat.
Der wiederum wurde 1972 von den Nothhelfers gedreht und zeigt Schlaghosen, Krawatten und
Hüte, Paradeuniformen und Dauerwellen, einen Auftritt von Peggy March und kleine Störungen
durch Demonstranten, die aber die allgemeine Festtagsstimmung kaum trüben können. In die
fröhlichen Publikumsfahrten mit dem Schützenpanzer sind kurze Sequenzen aus dem
Vietnamkrieg geschnitten, Gabriele und Helmut Nothhelfer beziehen hier ausdrücklich politisch
Stellung.
Die fotografischen Porträts, die ausschließlich das Freizeitverhalten der Berliner abbilden, gehen
dagegen subtiler vor: Der junge CDU-Propagandist schaut 1988 ebenso nachdenklich unter
seiner Kappe hervor wie der junge Mann, der 1990 mit einem Lenin-Wimpel am Brandenburger
Tor sitzt.
„Sie schaffen es, den Menschen nahezukommen, ohne ihnen zu nahe zu treten“, sagte der
Kunsthistoriker Detlef Stein bei seinen einleitenden Worten anlässlich der
Ausstellungseröffnung zur Arbeitsweise des Ehepaars. „Obwohl die in den Titeln angegebenen
Anlässe eigentlich Unterhaltung versprechen, fangen die Bilder zumeist einen Moment des
Innehaltens und Nachdenkens ein.“
Die meisterliche Komposition ist dabei immer augenfällig und zugleich das Ergebnis einer
konsequenten Auswahl: Von Abertausenden Fotos haben es bis zum heutigen Tag exakt 136
Fotografien in die Sammlung der Nothhelfers geschafft. Und die gehört mittlerweile zum festen
Bestand namhafter Museen im In- und Ausland – die in vielerlei Hinsicht beeindruckende
Auswahl in der Kunsthalle sollte man sich also nicht entgehen lassen.
Ausstellung
Was: „Unter Menschen gehen“, Fotografien von Gabriele und Helmut Nothhelfer
Wo: Kunsthalle Bremerhaven
Wann: Bis 9. Juni, dienstags bis freitags 11 bis 18 Uhr, sonnabends und sonntags 11 bis 17 Uhr
Eintritt: 2 (ermäßigt 1) Euro
Artikel vom 06.05.13 - 07:00 Uhr