Aufgemotzt und abgespeckt

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Aufgemotzt und abgespeckt
1:10 TUNING SMI Motorsport (www.smi-motorsport.de)
XRAY NT1
Aufgemotzt und abgespeckt
Text und Fotos: François Legrand
Extrem-Edeltuning am XRAY NT1
Manchmal gelingt einer Firma ein Wurf, der dafür sorgt, dass sie an die Spitze einer ganzen Branche katapultiert wird. Apple gelang dies zum Beispiel mit dem iPod. Hat man dann erst einmal die Spitze erreicht,
reichen Kleinigkeiten aus, etwas gutes noch besser zu machen. So hat Apple über die Jahre an dem Prinzip
dieses MP3-Players nichts geändert, sondern nur einzelne Komponenten verbessert. Das gibt es natürlich
auch in der RC-Szene: der XRAY NT1 ist dafür das beste Beispiel.
Seit seiner Präsentation im Frühjahr 2007, hat sich der
NT1 im Handumdrehen zum beliebtesten und erfolgreichsten Vertreter der Nitro-Scale-Szene entwickelt.
Da es auch keinen Grund gab das Erfolgsrezept zu
ändern, wurde das Chassis, das nun sogar serienmäßig
mit CVD-Antriebswellen vorne ausgestattet ist, für
2008 unverändert übernommen. Allerdings wird eine
Vielzahl von Zubehör- und Tuningteilen angeboten,
die wir Euch im Einzelnen vorstellen wollen.
sich der NT1 2008 von der Version, die wir Euch in
CARS & Details 9/2007 vorgestellt haben insoweit,
dass die vorderen, bisher nur optional erhältlichen
CVD-Antriebswellen nun serienmäßig zur Ausstattung gehören − und dies zum gleichen Preis. Daher
möchten wir auch nicht näher auf den Baukasten
eingehen, sondern das reichhaltige Zubehör- und
Tuningteileprogramm vorstellen.
Innovationen
Im Testbericht des ungetunten Wagens berichteten wir
vom Flex des Chassis und dem Versteifen in mehreren Stufen. Aus diesem Grund soll es zuerst um den
neuen Motorträger gehen, der mit und ohne zusätzliche Kohlenfaserstreben montiert werden kann und bereits eine spürbare Versteifung des originalen Chassis
erlaubt. Deutlich rigider wird das Fahrzeug allerdings
mit dem optionalen 4-Millimeter-Chassis. Doch selbst
die Top-Fahrer von XRAY setzten nur in seltenen
Fällen die dickere Version ein und bevorzugen die
Flexibilität des normalen Chassis, gelegentlich mit
dem Tuningmotorhalter. Es geht beim Antrieb weniger
um Steifigkeit, sondern um Gewicht, denn hier steht eine
Die erste Frage die sich stellt ist, wie hat es XRAY
geschafft, sich innerhalb eines Jahres an der Spitze
der Nitro-Scale-Klasse zu etablieren. Ganz einfach: durch Qualität. Auch wenn Herrn Hudy ganz
gerne unterstellt wird, sich bei der Konstruktion der
Chassis an erfolgreichen Modellen auf dem Markt zu
orientieren, so muss man doch anerkennen, dass alle
XRAY-Produkte stets durch ihr hohes Qualitätslevel
und inno­vativen Detaillösungen überzeugen. Und
letztlich sorgen die beispiellose Klasse der Dokumentationen oftmals für die abschließende Überzeugung
der Interessenten. Wie bereits erwähnt, unterscheidet
Die serienmäßigen Teile der Hinterachse (rechts) wurden
gegen die Tuning-Versionen (links) ersetzt. Die hohl gebohrte
­Getriebewelle ist fast 50 Prozent leichter als das Original
möglichst geringe rotierende Masse im Vordergrund.
Einen wesentlichen Beitrag leisten hier die beiden hohl
gebohrten Wellen, die eine Gewichtersparnis von 17
Gramm bringen. Weitere 2 Gramm werden durch den
Einsatz des Riemenrad- und Scheibenbremsenadapters
erzielt. Addiert man hierzu noch die gewichtsoptimierten
Zahnradmitnehmer des ersten und zweiten Gangs sowie
die leichtgewichtige Schwungscheibe und Kupplungsglocke, sind weitere 8 Gramm fällig. So purzeln
am Ende schlappe 28 Gramm. Apropos Kupplung:
Ebenfalls sehr interessant sind die härtere Kupplungsfeder und der gelbliche Kupplungsbelag, die eine bessere
Leistungsausbeute des Motors ermöglichen. In diesem
Zusammenhang sollten auch die silbernen Federn des
Zweigangs gegen die härteren schwarzen Modelle getauscht werden, so verzögert sich der Schaltvorgang.
Die Sechskant-Radaufnahmen aus Aluminium gehören
eindeutig zu den Must-have-Teilen. Sie garantieren nicht
nur eine perfekte Führung, sondern verhindern auch,
dass die Mitnehmer bei stramm sitzenden Felgen in diesen stecken bleiben. Zu den Mitnehmern werden außerdem zwei Modelle mit +0,5 und -0,5 Millimeter Offset
angeboten. So lässt sich zusätzlich mit der Spurweite des
Chassis arbeiten. Da die 2008er-Version des NT1 an der
Vorderachse serienmäßig mit CVD-Antriebswellen bestückt ist, bleibt nur zu überlegen, ob die edlen Teile aus
dem berühmten Hudy-Federstahl auch an der Hinterachse einsetzen werden sollen. Wirklich notwendig sind sie
dort nicht, sparen aber nochmals 2 Gramm.
Auch die Leichtgängigkeit des Antriebsstrangs
wurde noch verbessert. Die bräunlichen Geweberiemen mit dem Teflon beschichteten Zähnen sind bei
Elektro Modellen seit Jahren Standard. Außerdem
haben sie den Vorteil, dass nach starker Beanspruchung keine Zähne ausbrechen, sondern lediglich
etwas ausfransen.
Angepasst
Üblicherweise beginnt man die Anpassung des
Chassis an die Strecke mit der richtigen Untersetzung.
XRAY bietet hierfür zahlreiche Getriebezahnräder
aus Kunststoff und Motorritzel aus hart beschichtetem
Aluminium an. Der besondere Clou dabei ist, dass
durch Anpassung des Moduls, die Untersetzung gewechselt werden kann, ohne dabei den Motor loszu-
Edelmetall
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Die Ritzel und Zahnräder
von XRAY garantieren
hohe Zuverlässigkeit.
Das Montagewerkzeug erweist sich als
­unverzichtbare Hilfe
Blue Motion – die Auswahl an Zubehörteilen
für den NT1 ist wirklich riesig
schrauben und das Zahnflankenspiel neu anpassen zu
müssen. Das Wichtigste aber ist die Zuverlässigkeit
der Kunststoffzahnräder. Ein Rennausfall aufgrund
von Karies beim zweiten Gang war bei unserem
XRAY noch nie ein Thema.
Die meisten Fahrer arbeiten bei der Abstimmung des
Chassis mit den Dämpferfedern. Auch wenn die serienmäßigen silbernen Modelle eine perfekte Basis darstellen, sollte man doch mehrere Sätze mit sich führen.
XRAY stellt hierfür fünf verschiedene Härtegrade zur
Wahl, die mittels unterschiedlichen Farben codiert sind.
Da die hinteren Federn identisch mit denen aus dem
elektro-Tourenwagen sind, werden sie im vierer-Set, die
vorderen aber im Doppelpack geliefert.
Die stylischen Öldruckstoßdämpfer sind aus schwarz
eloxiertem Aluminium. Die prinzipiell identischen
Shocks, gefallen in erster Linie durch die einfache
Handhabung und die gute Abdichtung, auch wenn sie
seitens der Performance nicht wirklich besser sind als
die Standardmodelle aus Kunststoff.
Ebenfalls nicht verzichten sollte man auf die verschiedenen Stabilisatoren, deren Wirkung bei der Abstimmung des Chassis oftmals unterschätzt wird. Eine
einfache und günstige Möglichkeit zur Anpassung
des Fahrwerks bieten die klassischen Drahtstabis an
der Hinterachse. Sie werden, vom serienmäßigen
2-Millimeter-Stabilisator abgesehen, mit einer Stärke
von 2,2 sowie 2,4 und 2,6 Millimeter angeboten.
Weniger gebräuchlich, aber dafür schön ist der einstellbare Messerstabilisator für die Hinterachse, der
aber wegen des erhöhten Gewichts praktisch keine
Anwendung findet. Kleiner Tipp: Wenn die Piste
extrem rutschig und auf der Hinterachse kein Grip ist,
solltet Ihr diesen aber auf jeden Fall mal in Betracht
ziehen. Die aus Hudy-Federstahl gefertigten StabiMesser gibt es sowohl für vorne als auch hinten in
einer dünneren, also weicheren Ausführung.
Eins, zwei oder drei, heißt es bei der Wahl des richtigen Antriebsmediums der Vorderachse. Grundsätzlich
bietet das serienmäßige Kegeldifferenzial in Verbindung mit unterschiedlichen Ölen die beste Alternative. Sehr beliebt ist aber auch das vom Elektromodell
übernommene Multi-Differenzial, das eigentlich gar
kein Diff, sondern eine Kombination aus Freilaufund Starrachse darstellt. Inzwischen bietet XRAY
Die Tuningteile der
Kupplung und des
Getriebes gehören
zu den wichtigsten
Neuerungen. Sie
sorgen für vehementen Vortrieb und satte
Schaltvorgänge
Die verschiedenen
klassischen Stabis für
die Hinterachse sollte
man auf jeden Fall
parat haben. XRAY
bietet aber auch
dünnere Messerstabis
für Vorder- und
Hinterachse an
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Die zusätzliche Umlenkrolle, die wir selbst
­angefertigt haben, verlängert die Haltbarkeit des
langen Zahnriemens
Außer dem serien­mäßigen Differenzial können an der Vorderachse auch das
Multi-Diff oder die reine Starrachse (Spool) zum Einsatz kommen
aber eine reine Starrachse an. Dirk Wischnewski setzte sie bereits bei seinem EM-Sieg im französischen
Ampuis ein. Ein wirklich edles Tuningteil, natürlich
aus Hudy-Federstahl.
Slowakisches Allerlei
Der neue superharte
Schaumstoff-Bumper
kann alleine oder in
Verbindung mit dem
extrabreiten Rammer
installiert werden. Die
obere Versteifungsplatte aus Kohlenfaser
genügt dem optischen
Anspruch
Für diejenigen, die immer noch nicht genug haben,
bietet XRAY noch zahlreiche Zubehörartikel an, die teils
praktischen, teils aber auch nur optischen Wert haben.
Dies gilt beispielsweise für die vordere Dämpferbrücke sowie die hintere Brücke zur Montage der oberen
Querlenker (Rechts-links-Gewindestangen). Beide sind
etwas dicker als die serienmäßigen Kohlenfaserteile.
Oder aber die Carbonplatte für den Empfängerakku.
Sie harmoniert zwar optisch sehr gut mit den restlichen
Teilen aus schwarzem Verbundstoff, doch technisch
tut es die serienmäßige Kunststoffplatte ebenfalls. Wer
allerdings die Empfängerbox nicht mag, wird um die
schmale Kohlenfaserplatte zur Befestigung des Empfängers nicht herum kommen. Und wer öfter auf „Bretterpisten“ oder Parkplätzen fährt, sollte sich unbedingt den
breitem Frontrammer wahlweise mit dem superharten
Schaumstoff Bumper anschaffen. Letztlich wäre noch
die kleine Halteplatte für den Transponder zu nennen,
die eher selten als schön ist und daher getrost weggelassen werden kann.
Da wir mit unserem Testmodell aus dem vergangenen Jahr an zahlreichen Rennen teilgenommen und
entsprechend viel Erfahrungen gesammelt hatten, waren
Spannung und Erwartung beim Roll-out des getunten
NT1 08, verständlicherweise verhalten. Hier sei noch
mal erwähnt, dass die korrekte Einstellung des Chassis,
insbesondere die Justierung der Kupplung und des Getriebes das A und O für ein rundum zufrieden stellendes
Fahrzeug sind. Wir können Euch daher nur empfehlen,
die sehr gute Bauanleitung, das Setup-Book sowie die
Tech-Tipps von XRAY zu beachten. Wir haben unseren
Testtag zwar dazu genutzt einige der zahlreichen Tuningteile zu testen, alle Kombinationen auszuprobieren
ist aber unmöglich. Daher lag der Fokus auf Antrieb und
Getriebe sowie der Vorderachse.
Wie erwartet profitierte unser Orcan-LR3-gepowerter
XRAY durch die Gewichtsersparnis bei den Antriebsteilen und der härteren Kupplungsfeder. Auch wirken
die Schaltvorgänge dank der härteren Federn etwas
eindeutiger und weniger schwammig. Mit dem nach
Baukasten-Anleitung abgestimmten Differenzial der
Vorderachse fuhr sich der NT1 gewohnt präzise, ohne
dass die Hinterachse die Kontrolle verlor. Ganz anders
sieht die Sache beim Einsatz des Freilaufs aus. Hier
sind eine konzentrierte Fahrweise und ein sensibler
Bremsfinger vonnöten. Zwar wird die Lenkung deutlich bissiger, aber die Hinterachse auch viel sensibler,
denn die fehlende Verzögerung an den Vorderrädern
hat beim Anbremsen meist ein Wegrutschen des Hecks
zur Folge. Der Freilauf empfiehlt sich daher nur für
große und flüssige Strecken ohne aggressive Bremszonen. Wer ein stabiles Heck und mächtig Vortrieb
bevorzugt, wird mit der Starrachse glücklicher werden.
Allerdings zulasten der Vorderachse, die mehr zum
untersteuern tendiert. Dieses Phänomen lässt sich
beispielsweise durch den dünneren Messerstabi vorne,
einen dickeren Stabilisator hinten oder etwas weniger
Vorspur der Hinterachse kompensieren.
Feelings
Trotz des Einbaus zahlreicher Tuningteile unterscheidet sich
unser NT1 „Full Option“ optisch nur wenig vom Serienmodell
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Angesichts unserer Bestnotenvergabe beim Test des
NT1 in CARS & Details 9/2007 scheint eine Steigerung kaum noch möglich. Die von uns gewünschten
Alu-Radaufnahmen gehören zwar immer noch nicht
zur Serienausstattung, dafür aber ein Satz CVDAntriebswellen vorne, die einen deutlichen Mehrwert
darstellen. Generell können wir die äußerst positiven
Ergebnisse unseres ersten Tests nur bestätigen. Dass
der NT1 ein hervorragendes Wettbewerbsmodell ist,
haben zahlreiche Siege in den vergangenen Monaten
bewiesen. Was uns aber ganz besonders gefallen
hat, ist die fabelhafte Grundperformance auf allen
Strecken und die beispiellose Zuverlässigkeit. Die
vielfältige Auswahl an Zubehör- und Tuningteilen
bietet darüber hinaus eine individuelle Anpassung an
persönliche Bedürfnisse. Besser geht’s kaum.
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