GmbH-Info 04/2014

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GmbH-Info 04/2014
Mandanten-Information für GmbH-Geschäftsführer Nr. 4/2014
Sehr geehrte Damen und Herren,
wieder einmal ist das Thema „Geschäftsführervergütung“ ein Schwerpunkt unserer Mandanten-Information, wobei es vorrangig um die Pensionszusage an Gesellschafter-Geschäftsführer geht (Nr. 2 und 5). Darf ein nach Erreichen des Pensionsalters noch aktiver
Geschäftsführer Gehalt und Pension gleichzeitig von seiner GmbH beziehen? Die Antwort
finden Sie in den Beiträgen Nr. 3 und 4.
Wir berichten ferner über aktuelle Rechtsprechung zur Sozialversicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern (Nr. 9) und zur Treuepflicht eines Geschäftsführers gegenüber
seiner GmbH (Nr. 10).
Mit freundlichen Grüßen
Aus dem Inhalt:
1Erbschaftsteuer: Prüfung der Verfassungsmäßigkeit auf der Zielgeraden
2Pensionszusage an Mehrheitsgesellschafter: Verdeckte Gewinnausschüttung bei
Verletzung des Nachzahlungsverbots
3Fremdgeschäftsführer: Pension neben Gehalt als Betriebsausgabe abzugsfähig
4Gesellschafter-Geschäftsführer: Pension neben Gehalt als verdeckte
Gewinnausschüttung
5Pensionszusage an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer: Kein Mindestpensionsalter im Gesetz vorgeschrieben
6Vergütung für Gesellschafter-Geschäftsführer: Wann drohen verdeckte
Gewinnausschüttungen?
7Betriebsaufspaltung: Steuerliche Auswirkungen eines Pachtverzichts durch das
Besitzunternehmen
8Ausgeschiedener Gesellschafter: Kein Auskunfts- und Einsichtsrecht nach
GmbH-Recht
9Gesellschafter-Geschäftsführer: Sozialversicherungspflicht auch bei Übernahme
erheblicher Bürgschaftsverpflichtungen zugunsten der GmbH
10Gesellschafter-Geschäftsführer: Verstoß gegen Treuepflicht bei persönlicher
Ausnutzung einer der GmbH zustehenden Geschäftschance
Mandanten-Information für GmbH-Geschäftsführer
1Erbschaftsteuer: Prüfung der Verfassungsmäßigkeit auf der Zielgeraden
Am 8.7.2014 wird das Bundesverfassungsgericht zur Erbschaftsteuer verhandeln. Das Verfahren ist für viele Steuerzahler von grundlegender Bedeutung, weil zurzeit in
der Praxis große Verunsicherung darüber besteht, ob das
geltende Erbschaftsteuerrecht verfassungswidrig ist oder
nicht. Das Bundesfinanzministerium wurde bereits aufgefordert, statistische Angaben zu den jährlichen Schenkungen und Erbschaften bis zum 12.5.2014 vorzulegen.
Nr. 4/2014
Daher wurde die A-Sozietät in die X-GmbH eingebracht.
Da die X-GmbH danach Umsätze und Erträge erzielte,
schloss sie mit Wirkung vom 1.11.2002 mit A einen neuen
Geschäftsführervertrag und erteilte ihm am 9.11.2002 eine
Versorgungszusage. Die Pensionsrückstellungen zugunsten von A wurden unter Berücksichtigung des Dienstantritts im Jahr 1998 ermittelt.
Das Finanzamt ging im Hinblick auf die Ermittlung des Teilwerts der Pensionsverpflichtung gegenüber A davon aus,
dass das Dienstverhältnis nicht schon am 21.2.1998, sondern erst am 1.11.2002 begonnen habe.
Im Verfahren wird es um die Frage gehen, ob das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Artikel 3
Grundgesetz verstößt. Streitpunkt sind die sogenannten
Verschonungsregeln bei der Schenkung oder Vererbung
von Betriebsvermögen und GmbH-Beteiligungen von
mehr als 25 Prozent (§ 13a ErbStG). Nach der geltenden
Gesetzeslage können diese Werte unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich günstiger übertragen werden
als Privatvermögen. Diese Verschonungsregeln hatte der
Gesetzgeber eingeführt, um den Erhalt von Arbeitsplätzen
zu sichern und sonstige Gemeinwohlgründe zu fördern.
Der Bundesfinanzhof hält die Verschonung hingegen für
verfassungswidrig. Seit dem 14.11.2012 werden alle noch
offenen Steuerfälle nur noch vorläufig entschieden.
Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das vorinstanzliche Urteil auf und verwies die Sache an das FG
zurück.
Auslöser des Verfahrens war vor allem die Möglichkeit,
Kapitalvermögen in eine sogenannte Cash-GmbH einzulegen und damit die günstigeren Steuerregeln für die Vererbung von Betriebsvermögen zu nutzen. Bei der CashGmbH handelt es sich um ein gewerbliches Unternehmen,
das ausschließlich Liquidität und Forderungen verwaltet.
Diese Lücke wurde jedoch vom Gesetzgeber zwischenzeitlich geschlossen, sodass abzuwarten bleibt, wie das
Bundesverfassungsgericht auf die Argumentation des
Bundesfinanzhofs reagiert.
Allerdings hat die Vorinstanz nicht beachtet, dass Pensionszusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer nicht nur die Wartezeit beachten müssen, sondern
auch dem sogenannten Nachzahlungsverbot unterliegen. Demgemäß sind sie insoweit durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wie sie nicht an den Zeitpunkt
der Erteilung der Pensionszusage, sondern an den früheren Zeitpunkt des (erstmaligen) Dienstantritts anknüpfen.
Die Chancen stehen nicht schlecht, dass Übertragungen
bis zu einer Neuregelung noch vom geltenden Recht profitieren können. Vorsichtshalber sollte bei einer vorweggenommenen Erbfolge eine Rückfallklausel in den Übertragungsvertrag aufgenommen werden für den Fall, dass
eine verschärfende Gesetzesänderung auf bereits erfolgte
Übertragungen Anwendung finden sollte.
2Pensionszusage an Mehrheitsgesellschafter: Verdeckte Gewinnausschüttung bei Verletzung des Nachzahlungsverbots
Gesellschafter der 1998 gegründeten X-GmbH waren A
mit einer Stammeinlage von 30.000 DM sowie B und C
mit Stammeinlagen von jeweils 10.000 DM. Am 21.2.1998
schlossen die X-GmbH und A einen Geschäftsführervertrag, wonach A für die Geschäftsführung zunächst keine
Vergütung erhalten sollte. A sollte hauptberuflich für die
A-Sozietät tätig sein. Das entwickelte Konzept konnte aber
nicht umgesetzt werden.
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Nach ständiger Rechtsprechung des BFH beginnt ein
Dienstverhältnis mit dem tatsächlichen Dienstantritt. Wird
der Anstellungsvertrag beendet und ein neuer Dienstvertrag geschlossen, so sind die Dienstzeiten aus dem ersten Rechtsverhältnis — sogenannte Vordienstzeiten — auf
die sogenannte Wartezeit anzurechnen, nach deren Ablauf erstmals eine Pensionszusage einem Gesellschafter-Geschäftsführer erteilt werden kann. Diese Wartezeit
beträgt nach Auffassung der Finanzverwaltung zwei bis
drei Jahre und bei einer neu gegründeten GmbH wenigstens fünf Jahre.
In der Praxis muss beachtet werden, dass die GmbH eine
Vordienstzeit zwar bei der Berechnung der Wartezeit, nicht
aber bei der Rückstellungsberechnung nach § 6a Einkommensteuergesetz, einbeziehen darf. Bei Nichtbeachtung
sind auf Vordienstzeiten entfallende Rückstellungen als
verdeckte Gewinnausschüttungen zu qualifizieren und
dem Gewinn der GmbH wieder hinzuzurechnen. Im Streitfall hat die Anrechnungsabrede zur Folge, dass die Höhe
der Pensionsrückstellung nicht nach dem Zusagezeitpunkt
(9.11.2002), sondern nach dem früheren Dienstbeginn
(21.2.1998) berechnet und damit das Vermögen der pensionsverpflichteten X-GmbH höher als nach der Rechtsprechung zulässig gemindert wurde.
3Fremdgeschäftsführer: Pension neben
Gehalt als Betriebsausgabe abzugsfähig
Es ist gar nicht so selten, dass ein Geschäftsführer mit
65 Jahren noch keinen geeigneten Nachfolger gefunden
hat und deshalb – mit Zustimmung der Gesellschafter
– weiterhin für die Gesellschaft tätig ist. Eventuell ist er
aber auch noch so fit, dass er weiterhin „Freude“ am Geschäftsführeramt hat. Oder er verfügt über ein derartiges
Knowhow, dass die Gesellschaft darauf schlichtweg nicht
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verzichten kann, wenn sie nicht Umsatzeinbußen hinnehmen will.
Bei der Weiterarbeit für die Gesellschaft nach Erreichen
der Altersgrenze stellt sich die Frage, ob ein Geschäftsführer mit einer Versorgungszusage seiner Gesellschaft ein
laufendes Gehalt neben der Betriebsrente beziehen kann.
Handelt es sich um einen – nicht am Stammkapital der
GmbH beteiligten – Fremdgeschäftsführer – würde
man gegen eine parallele Zahlung von Rente und Gehalt keinerlei Bedenken haben. Immerhin hat der Versorgungsempfänger seine Betriebsrente in der Zeit seiner
bisherigen Betriebszugehörigkeit erdient. Es handelt sich
also nicht um eine Vergütung für die Fortführung der Geschäftsführung. Dafür hat er (zusätzlich) Anspruch auf
ein angemessenes Gehalt. Und die Gesellschaft würde
auch nicht zögern, ihm dieses Gehalt neben seinen Versorgungsbezügen zu zahlen, wenn sie sich das Knowhow
dieses Mannes (dieser Frau) weiterhin sichern wollte (sog.
Fremdvergleich).
Überhaupt ist eine Weiterbeschäftigung im Anschluss an
die Pensionierung vor dem Hintergrund der steigenden
Lebenserwartung heute keine Ausnahme mehr. Es gab
schon vor etlichen Jahren einen Verteidigungsminister
(Wörner), der hohe Ministerialbeamte mit 55 Jahren mit
einem „vergoldeten Handschlag“ in den Ruhestand schickte, um einem Beförderungsstau in seinem Ministerium
vorzubeugen. Diese Ex-Beamten übernahmen sodann gut
dotierte Jobs in der deutschen Industrie – selbstverständlich ohne Kürzung ihrer Pension.
Fazit: Ein (fiktiver) ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer hätte keine Bedenken, einen jahrelang bewährten und immer noch fitten Manager auch weiterhin
für die Gesellschaft zu verpflichten – unter Zahlung der
bislang erdienten Betriebsrente und eines angemessenen
laufenden Gehalts für die weitere Geschäftsführung. Das
Gehalt müsste schließlich auch an einen Nachfolger-Geschäftsführer gezahlt werden, wenn der Ex-Chef das Amt
nicht fortführen wollte.
Doch was für einen Fremdgeschäftsführer gilt, ist nach
Auffassung der BFH-Richter nicht auf einen Gesellschafter-Geschäftsführer übertragbar (siehe den folgenden Beitrag).
Nr. 4/2014
Am 1.10.1991 sagte die X-GmbH ihren beiden Gesellschafter-Geschäftsführern A und B eine Pensionsanwartschaft zu, und zwar ein Ruhegehalt und ein Witwengeld.
Die Auszahlung des Ruhegehalts an A sollte davon abhängen, dass er entweder wegen Dienstunfähigkeit aus den
Diensten der X-GmbH ausscheidet oder das 65. Lebensjahr vollendet hat. Für B war als Versorgungsfall allein das
vollendete 67. Lebensjahr am 8.3.2000 bestimmt.
Im Februar 2000 vereinbarte B mit der X-GmbH, dass er
ab dem 1.3.2000 seine Tätigkeit auf 20 Prozent reduziert
und hierfür ein abgesenktes Monatsgehalt gezahlt wird.
Gleichzeitig zahlte die X-GmbH dem B die vereinbarte
monatliche Pension.
Da keine Anrechnung des laufenden Gehalts auf die Pension des B erfolgte, nahm das Finanzamt insoweit eine
vGA an.
Der BFH gab dem Finanzamt Recht. Die Zahlung der Altersrente ab Vollendung des 67. Lebensjahrs von B zieht
wegen der fortbestehenden entgeltlichen Tätigkeit von
B als Geschäftsführer der X-GmbH eine vGA nach sich.
Dabei stellt der BFH auf den ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter ab, der entweder verlangt hätte,
das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als
Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung anzurechnen oder aber den Eintritt der Versorgungsfälligkeit aufzuschieben, bis der Begünstigte endgültig seine Geschäftsführerfunktion beendet hat. Beides parallel gezahlt hätte
er jedoch nicht. Denn die Altersrente soll in erster Linie zur
Deckung des Versorgungsbedarfs beitragen, regelmäßig
also erst beim Wegfall der Aktivbezüge einsetzen.
Der Geschäftsführer einer GmbH kann aber neben seinem laufenden Gehalt Altersbezüge aus einem anderen
Dienstverhältnis beziehen. Weiterhin kann der „verrentete“
Geschäftsführer in anderer Funktion, z.B. als Berater, für
die GmbH tätig werden und daneben Altersbezüge vereinnahmen.
Schließlich ist es – so der BFH – möglich, den Beginn der
Rentenzahlungen gegen Vereinbarung eines Barwertausgleichs in die Zukunft zu verlagern. In diesem Fall würden
die wegen der Weiterbeschäftigung des Geschäftsführers
nicht ausgezahlten Versorgungsbezüge die später einsetzenden Rentenzahlungen entsprechend erhöhen.
4Gesellschafter-Geschäftsführer: Pension neben Gehalt als verdeckte Gewinnausschüttung
5Pensionszusage an beherrschende
Gesellschafter-Geschäftsführer: Kein
Mindestpensionsalter im Gesetz vorgeschrieben
Obgleich die Zahlung von Betriebsrente neben einem
laufenden Gehalt in Einklang mit dem sog. Fremdvergleich steht (siehe vorstehenden Beitrag), hat der BFH
in einem Urteil vom 23.10.2013 die gleichzeitige Zahlung
beider Vergütungsbestandteile an einen GesellschafterGeschäftsführer abgelehnt und teilweise als verdeckte
Gewinnausschüttung (vGA) behandelt. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Bis Anfang der 80iger Jahre erkannte die Finanzverwaltung Pensionsrückstellungen für einen Gesellschafter-Geschäftsführer grundsätzlich nur an, wenn sie auf ein Pensionsalter von 75 Jahren gebildet wurden. Auf ein früheres
Alter gebildete (höhere) Pensionsrückstellungen wurden
dementsprechend anteilig als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) behandelt. Danach wurde das Mindestpensionsalter für beherrschende Gesellschafter-Geschäfts3
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führer auf 65 Jahre abgesenkt. Seit 2008 gilt wieder ein
höheres Pensionsalter, das aus der Regelaltersgrenze für
die gesetzliche Rentenversicherung abgeleitet worden ist
und in Abhängigkeit vom Geburtsjahrgang bis zu 67 Jahren beträgt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem Urteil vom
11.9.2013 der Berechnung der Pensionsrückstellungen
für einen beherrschenden Gesellschafter nach einem bestimmten Mindestpensionsalter eine klare Absage erteilt.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die X-GmbH erteilte ihrem alleinvertretungsberechtigten
Geschäftsführer A im Jahr 1987 eine Pensionszusage.
Zum Zusagezeitpunkt war A an der X-GmbH mit 25 Prozent beteiligt. Nach der Pensionszusage hatte A unter anderem einen Anspruch auf Altersrente in Höhe von 60 Prozent seiner Gesamtbezüge bei seinem Ausscheiden aus
der X-GmbH nach Vollendung des 60. Lebensjahrs.
Durch einen Gesellschafterwechsel in 2002 war A seitdem
mit 60 Prozent an der X-GmbH beteiligt. Die X-GmbH veränderte die Grundlagen für die Bewertung der Pensionsrückstellung nicht. Im Rahmen einer Außenprüfung für die
Jahre 2002 bis 2004 blieb dies unbeanstandet.
Für das Streitjahr 2005 führte die X-GmbH der Pensionsrückstellung Gewinn mindernd den Betrag von 117.189 Euro zu; bei einem Pensionsalter von 65 Jahren hätte die
Zuführung nur 60.601 Euro betragen.
Das Finanzamt vertrat in entsprechenden Änderungsbescheiden die Auffassung, die Pensionsrückstellung sei
aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen beherrschenden Gesellschafterstellung des A auf das 65. Lebensjahr
zu berechnen und damit in Höhe von 461.213 Euro einkommenswirksam aufzulösen. Das Finanzgericht gab der
Klage der X-GmbH zum überwiegenden Teil statt.
Der BFH wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück. Nach Ansicht des BFH hat das FG zutreffend
auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Zusageerteilung
abgestellt. Der Umstand, dass A im Jahr 2002 durch das
Aufstocken seiner Beteiligung zum beherrschenden Gesellschafter der X-GmbH geworden ist, berührt den Inhalt
des ursprünglichen Versorgungsversprechens nicht.
Nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 EStG sind die bei der
Pensionsrückstellung zu berücksichtigenden Jahresbeträge zugrunde zu legen, die vom Beginn des Wirtschaftsjahrs, in dem das Dienstverhältnis begonnen hat, bis zu
dem in der Pensionszusage vorgesehenen Zeitpunkt
des Eintritts des Versorgungsfalls aufzubringen sind. Im
Streitfall ist daher vom Eintritt des Versorgungsfalls mit
Vollendung des 60. Lebensjahrs des A auszugehen.
Der Ansicht des Finanzamts, die Rückstellung sei auf der
Grundlage eines Pensionsalters von 65 Jahren zu berechnen, folgt der BFH nicht.
Auch gibt es im Falle der Erteilung einer Pensionszusage keine automatische Verknüpfung des Eintritts des
Versorgungsfalls an die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung. Möglicherweise lässt sich
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Nr. 4/2014
eine verdeckte Gewinnausschüttung daraus ableiten,
dass das auf das 60. Lebensjahr bestimmte Pensionsalter nach dem Wechsel des A vom Minderheits- zum
Mehrheitsgesellschafter nicht auf das für einen Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer übliche 65. Lebensjahr angehoben wurde. Doch diese Frage musste das
Gericht nicht entscheiden.
6Vergütung für GesellschafterGeschäftsführer: Wann drohen verdeckte Gewinnausschüttungen?
Das Sächsische Finanzgericht hatte die Angemessenheit der Vergütung von zwei jeweils zur Hälfte beteiligten
Gesellschafter-Geschäftsführern zu beurteilen. Die Geschäftsführer bezogen ein Fixgehalt und eine nach oben
nicht begrenzte Tantieme. Das Gericht kam zu folgenden
Kernaussagen (Urteil vom 14.11.2013):
–Für die GmbH tätige Gesellschafter-Geschäftsführer
dürfen insgesamt maximal 50 Prozent des Jahresüberschusses als Tantieme beziehen (sog. Halbleistungsgrundsatz). Die restlichen 50 Prozent müssen der
Gesellschaft verbleiben.
–Im Vergleich zur Kienbaum-Vergütungsstudie und zu
den Erhebungen der Oberfinanzdirektion Karlsruhe
ist die jährliche BBE-Gehaltsstrukturuntersuchung
wesentlich aussagekräftiger und damit für die Beurteilung der Angemessenheit der Geschäftsführervergütung vorzuziehen.
–Verbleibt der Gesellschaft ein angemessener Gewinn
und damit eine angemessene Verzinsung ihres Eigenkapitals, kann von einer Gewinnabsaugung durch
überhöhte Geschäftsführerbezüge nicht gesprochen
werden.
–Die Auffassung des Finanzamts, wonach der GmbH
mindestens ein Gewinn vor Ertragsteuer in Höhe der
gezahlten Geschäftsführerbezüge verbleiben müsse,
lehnt das Gericht ab.
–Eine Gewinntantieme sollte der Höhe nach gedeckelt
sein (Festlegung eines Höchstbetrags), damit die
Tantieme in Verbindung mit den übrigen Gehaltsbestandteilen nicht zu einer unangemessen hohen Gesamtausstattung führt.
7Betriebsaufspaltung: Steuerliche Auswirkungen eines Pachtverzichts durch
das Besitzunternehmen
Verpachtet ein mehrheitlich beteiligter Gesellschafter wesentliche Betriebsgrundlagen (z.B. ein Grundstück oder
sein bisheriges Einzelunternehmen) an seine GmbH,
liegt eine Betriebsaufspaltung vor. Kommt die Gesellschaft später wirtschaftlich in Bedrängnis, bietet sich eine
Pachtreduzierung oder gar ein Pachtverzicht an. Welche
steuerlichen Konsequenzen sind damit für den Verpächter
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(= Besitzunternehmen) verbunden? Die Antwort gibt ein
Urteil des BFH vom 17.7.2013.
Finanzamt das Halbeinkünfteverfahren auch insoweit angewendet hatte.
Im Urteilsfall wurde die Pacht ab 1997 zunächst auf
ca. 15 Prozent der bisherigen Pacht reduziert. In den
Streitjahren 2002 bis 2006 zahlte die GmbH keine Pacht
mehr. Der Pachtvertrag konnte mit einer Frist von einem
Jahr und bei Mietrückständen fristlos gekündigt werden.
Beachten Sie: Immer dann, wenn ein Besitzunternehmen
über einen längeren (mehrjährigen) Zeitraum auf Pachteinnahmen verzichtet, ist davon auszugehen, dass der
Verzicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist.
Allein die Behauptung, der Pachtverzicht diene dem Bestand und der Erhaltung des Mietverhältnisses, reicht nicht
aus, um diese Annahme zu widerlegen.
Das Finanzamt wendete das Halbeinkünfteverfahren
an und kürzte den Betriebsausgabenabzug im Besitzunternehmen hinsichtlich der überlassenen Wirtschaftsgüter für die Jahre 2002 bis 2006 auf die Hälfte. Nach dem
Halbeinkünfteverfahren waren Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft – aber auch alle gleichstehenden
Gewinnübertragungen – an die Gesellschafter bei diesen
nur mit 50 Prozent der Bruttoeinnahmen zu erfassen. Im
Gegenzug konnte der Gesellschafter nur 50 Prozent seiner Aufwendungen steuerlich absetzen. Ab 2009 wurde
das Halbeinkünfteverfahren durch das Teileinkünfteverfahren (Anhebung des steuerpflichtigen Teils der Gewinnausschüttungen und der abziehbaren Ausgaben von
50 auf 60 Prozent) ersetzt und auf betriebliche Einkünfte
beschränkt.
Das Finanzgericht (FG) schloss sich der Beurteilung durch
das Finanzamt an. Der BFH gab der Revision statt und
verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.
Auch der BFH bejahte die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens und entschied demnach wie folgt:
–Der volle bzw. anteilige Abzug von Betriebsausgaben
auf der Ebene des Besitzunternehmens hängt davon
ab, wodurch die Betriebsausgaben ausgelöst wurden
(entweder durch die Erzielung von Pachteinnahmen
oder von Dividenden).
–Die Betriebsausgaben sind in voller Höhe abziehbar,
wenn die Wirtschaftsgüter zu fremdüblichen Konditionen verpachtet werden (andernfalls greift das Halbbzw. Teileinkünfteverfahren).
–Abschreibungen und Erhaltungsaufwendungen sind
stets in vollem Umfang abziehbar.
–Im Fall eines Pachtverzichts kommt es darauf an,
ob dieser durch das Pacht- oder das Gesellschafterverhältnis veranlasst und der Pachtverzicht letztlich
fremdüblich ist.
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall führt
dazu, dass der Pachtverzicht nicht als fremdüblich angesehen wird, weil
–der Pachtverzicht nicht zeitlich begrenzt war und
–sich ein fremder Dritter angesichts der relativ kurzen
Kündigungsfrist nicht auf einen derartigen Pachtverzicht eingelassen hätte.
Das FG muss im zweiten Rechtsgang noch prüfen, in
welchem Umfang Abschreibungen und Erhaltungsaufwendungen im Besitzunternehmen abzugsfähig sind, da das
Daher gilt es, andere Wege bzw. Argumente für die Erhaltung des vollen Betriebsausgabenabzugs auf der
Ebene des Besitzunternehmens zu finden.
Eine Möglichkeit kann darin bestehen, dass die BetriebsGmbH die Pacht aus Mitteln zahlt, die ihr das Besitzunternehmen als Darlehen zur Verfügung gestellt hat. In diesem
Fall könnte das Besitzunternehmen zudem die Darlehen
unter den üblichen – allerdings recht engen – Voraussetzungen wertberichtigen.
8Ausgeschiedener Gesellschafter: Kein
Auskunfts- und Einsichtsrecht nach
GmbH-Recht
Wird ein Gesellschafter zwangsweise aus der Gesellschaft
ausgeschlossen oder tritt er freiwillig aus der Gesellschaft
aus, hat er in der Regel einen Anspruch auf ein Abfindungsguthaben – im Zweifel in Höhe des Verkehrswertes
seines Anteils. Ist er mit der Berechnung des Abfindungsbetrags nicht einverstanden, stellt sich die Frage, ob der
Ex-Gesellschafter ein Recht hat, die Geschäftsunterlagen
und Bücher der GmbH einzusehen oder von seinem Steuerberater einsehen zu lassen, um sich selbst ein Bild von
der Höhe der Abfindung machen zu können.
Gemäß § 51a Abs. 1 GmbHG hat jeder Gesellschafter
ein Recht auf Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft und auf Einsicht in ihre Geschäftsunterlagen.
Auskunft und Einsicht dürfen nur durch einen Gesellschafterbeschluss verweigert werden, wenn zu befürchten
ist, dass der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden
Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft einen
nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird (§ 51a Abs. 2
GmbHG).
Vorbehaltlich abweichender Regelung im Gesellschaftsvertrag kann auch ein Vertreter das Einsichtsrecht ausüben. In jedem Fall darf sich der Gesellschafter bei der
Einsicht der Bücher eines Sachverständigen bedienen,
sofern dieser einer beruflichen Schweigepflicht unterliegt
(z.B. Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwalt).
Einem ausgeschiedenen Gesellschafter steht das Recht
nach § 51a GmbHG nicht zu. Scheidet ein Gesellschafter während des Verfahrens aus, erlischt sein Einsichtsrecht.
Die Rechtsprechung gewährt aber einem ausgeschiedenen Gesellschafter, der z.B. ein besonderes Informationsbedürfnis hinsichtlich berechnungserheblicher Tatsachen für seinen Abfindungsanspruch haben kann, ein
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Einsichtsrecht nach § 810 BGB. Hiernach kann u.a. die
Einsicht in Urkunden verlangt werden, die ein zwischen
dem Anspruchsteller (= Ex-Gesellschafter) und dem Besitzer der Urkunden (= GmbH) bestehendes Rechtsverhältnis dokumentieren, wozu auch Geschäftsunterlagen und
die Buchführung zählen.
Strittig ist, ob die Beschränkung des § 51a Abs. 2 GmbHG
(Verweigerung der Einsichtnahme bei drohendem Mißbrauch) auch für den Anspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters nach § 810 BGB gilt. Das Oberlandesgericht
Naumburg hat mit Urteil vom 12.12.2013 entschieden, dass
in diesem Fall dem Einsichtsrecht des Ex-Gesellschafters
nach § 810 BGB der Grundsatz von Treu und Glauben
entgegenstehen kann, wie zum Beispiel im Urteilsfall. Hier
war der ausgeschiedene Gesellschafter zwischenzeitlich
zum Geschäftsführer eines unmittelbaren Konkurrenten
bestellt worden.
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staltung und Bestimmung des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenübersteht.
10Gesellschafter-Geschäftsführer: Verstoß gegen Treuepflicht bei persönlicher Ausnutzung einer der GmbH
zustehenden Geschäftschance
X war geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit dem Geschäftszweck „Erwerb und Verwaltung von Immobilien“. Ende 2004 erfuhr X, dass Grundstücke in der Nähe von
bereits im Eigentum der GbR stehenden Grundstücken
zum Kauf angeboten wurden. Hierüber informierte er seine
Mitgesellschafter. Er veranlasste dann im Namen der GbR
eine Klärung durch die zuständige Baubehörde, inwieweit
etwaige Baumaßnahmen auf den angebotenen Grundstücken zulässig seien.
9Gesellschafter-Geschäftsführer: Sozialversicherungspflicht auch bei Übernahme erheblicher Bürgschaftsverpflichtungen zugunsten der GmbH
Ende November 2005 gründete X gemeinsam mit seiner
Ehefrau die B-GmbH, welche im selben Jahr die angebotenen Grundstücke erwarb und dort seitdem einen entgeltlichen Parkplatz betrieb.
K hielt einen Anteil an einer GmbH in Höhe von 16,6 Prozent. Als Geschäftsführer des Produktionsbereichs verantwortete er drei Viertel des Gesamtumsatzes des Unternehmens. Sein Geschäftsführerdienstvertrag sah ein
monatliches Festgehalt in Höhe von 4.800 Euro zzgl. Tantieme vor. Im Krankheitsfall wurde sein Entgelt für die Dauer von sechs Monaten fortgezahlt. Vertraglich standen ihm
ein Urlaubsanspruch von 28 Arbeitstagen und die Zahlung
eines Entgelts bei Übernahme von Bürgschaften zu. Zwischen 2005 und 2012 hat K in nicht unerheblichem Umfang (rund 1,4 Millionen Euro) Bürgschaftsverpflichtungen
zugunsten der Gesellschaft (zuletzt jährliches Umsatzvolumen von 6,5 Millionen Euro) übernommen.
Die GbR hat den X auf Schadenersatz und auf Eigentumsübertragung an den durch die B-GmbH erworbenen
Grundstücken verklagt. Die Vorinstanzen haben der Klage
stattgegeben.
Am 31.5.2006 beantragte die V-GmbH die Prüfung des sozialversicherungsrechtlichen Status, weil K seine Tätigkeit
bei ihr frei bestimmen und gestalten kann. Er sei nicht –
wie ein fremder Arbeitnehmer – dem Direktionsrecht der
Gesellschaft bezüglich Zeit, Art und Ort der Beschäftigung
unterworfen. Das Sozialgericht und das Landessozialgericht haben eine Versicherungsfreiheit verneint.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine versicherungspflichtige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber
persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem
fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte
in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit,
Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ist regelmäßig dann
abhängig beschäftigt, wenn er nicht mehr als 50 Prozent des Stammkapitals hält, über keine Sperrminorität
verfügt und im Verhältnis zu den Mitgesellschaftern auch
nach den tatsächlichen Umständen keine Weisungsfreiheit besteht. Allein die Übernahme von Bürgschaften für
die GmbH führt nicht zur Annahme einer selbstständigen
Tätigkeit, wenn dem keine größere Freiheit bei der Ge6
Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und den
Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das Oberlandesgericht (OLG) zurückverwiesen. Im Grundsatz sieht
der BGH aber eine Verpflichtung des X sowohl zur Zahlung von Schadenersatz als auch zur Grundstücksübertragung auf die GbR. X hat sich eine Geschäftschance der
GbR selbst zunutze gemacht und damit gegen seine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoßen.
Der BGH hat bejaht, dass die sogenannte Geschäftschancen-Lehre auf den geschäftsführenden Gesellschafter einer GbR jedenfalls dann anwendbar ist, wenn
diese eine „Erwerbsgesellschaft“ oder eine „unternehmenstragende“ Gesellschaft darstellt oder gewerblich tätig ist. Sie gilt unabhängig von einem eventuell innerhalb
der Gesellschaft bestehenden Wettbewerbsverbot. Die
Treuepflicht des Geschäftsführers besagt, dass es diesem ohne eine ausdrückliche Erlaubnis nicht gestattet
ist, im Geschäftszweig der Gesellschaft Geschäfte auf
eigene Rechnung zu tätigen oder tätigen zu lassen oder
den Vollzug bereits von der Gesellschaft abgeschlossener Verträge durch Abwicklung auf eigene Rechnung oder in sonstiger Weise zu beeinträchtigen oder
zu vereiteln. Dies bedeutet, dass der Geschäftsführer
Geschäftschancen nur für die Gesellschaft ausnutzen
darf und nicht für sich persönlich, und dass er bei einem
Verstoß gegen diese Pflicht einen dadurch entstanden
Schaden ersetzen muss.
Dieses Urteil ist ohne Abstriche übertragbar auf den Geschäftsführer einer GmbH.