Capital, Ausgabe 7/2011 - wasser

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Capital, Ausgabe 7/2011 - wasser
Was zählt, ist im Glas
Verkostung. Zugegeben, der deutsche Weißwein-Jahrgang
2010 hat so seine Probleme. Umso wichtiger sind für Liebhaber
die herausragenden Fundstücke der Capital-Jury
Text: David Schumacher
Foto: Thomas Rabsch
Der Jahrgang 2010 leidet an einem ernsthaften Imageproblem: Er galt schon als
verkorkst, lange bevor die erste Flasche
verkorkt war. Schlechtes Wetter, schwache Ernte, geringe Mengen – Argumente
gab’s zuhauf, um den jüngsten Weißwein
aus Deutschland abzumeiern. Doch jetzt
wirbt der frisch gekürte beste Sommelier
des Landes, Thomas Sommer vom DreiSterne-Restaurant Lerbach, für Rehabi­
litierung: „Den Jahrgang 2010 haben alle
viel zu früh an die Wand geschrieben!“ Die
Wahrheit zeige sich eben erst im Glas.
Und um nichts als die Wahrheit ging
es bei der 17. jährlichen Blindverkostung
deutschen Weißweins, zu der Capital
Sommer und zahlreiche Kollegen einlud,
ins Kameha Grand in Bonn. Die Weine,
die es in ihrer Kategorie aufs Treppchen
schafften, strafen die Schwarzmaler Lügen. Exzellenter Wein made in 2010 ist
rar, aber möglich. Das renommierte
Weingut Karthäuserhof deklassierte in
der Kategorie „Riesling Kabinett trocken“
gar die Konkurrenz, mit sensationellen
3,5 Punkten Vorsprung.
Die Ergebnisse zeigen auch: Je härter
das Jahr, umso wichtiger die Lage. „Güter,
die im Tal liegen, sind abgeschmiert“, fasst
Frank Schillings zusammen, Chef des
Weinhandels Les Amis du Vin in Köln,
der die Verkostung gemeinsam mit Capital durchführte und die Gewinnerweine
exklusiv im Probenpaket anbietet.
Die Jury, so stark besetzt wie nie zuvor,
förderte eine Entdeckung zutage: Das
Weingut Georg Gustav Huff belegte nicht
Die Capital-Weißwein-Jury
Natalie Lumpp Selbstständige Sommelière; Oliver Scheer Handelshof, Köln;
Theresa Stenzel Hotel Excelsior Ernst,
Köln; Sebastian Bordthäuser Casino
Vinophil, Frechen; David Schumacher
Capital-Redakteur; Frank Schillings
Les Amis du Vin, Köln; Birgitt Mockler
Aromakost, Ludwigsburg; Norbert
Dobler Dobler’s Restaurant, Mannheim;
Rakhshan Zhouleh Tantris, München;
Albert Schamaun Diplom-Önologe,
Lohmar; Werner Kleine Weinsammler,
Bonn; Michael Noack Victorian,
Düsseldorf; Markus Del Monego Caveco,
Essen; Edmund Diesler Präsident Bund
Deutscher Oenologen; Mathias Däubler
Breidenbacher Hof, Düsseldorf; Jürgen
Fendt Bareiss, Baiersbronn; Norbert
Strohschen Weinsammler, Köln; Peter
Frühsammer Frühsammers Restaurant,
Berlin; Tanja Storm Gaumenkitzel, Köln;
Josef Laufer Zum Krug, Hattenheim;
Anja Maria Sandkühler Gaumenkitzel,
Köln; Thomas Sommer Lerbach,
Bergisch Gladbach; Rainer
Hensen Burgstuben-Residenz,
Heinsberg-Randerath; Ulla
Weber Em ahle Kohberg, Köln;
Sarah Zörb Kameha Grand,
Bonn; Maren Fendt Selbst­
ständige Sommelière;
Arno Steguweit Wine &
Waters, Berlin (im Foto v. l.)
Topwert: 95,7 Punkte
für die Trockenbeerenauslese von Robert Weil
nur die beiden ersten Plätze in der Kategorie „Riesling Premium trocken“. Die
Rheinhessen kamen auch mit einem
­guten Chardonnay auf Platz drei. In
­weiteren Kategorien scheiterten sie nur
knapp am Treppchen.
Am Gesamteindruck ändert all das
nichts: Der Musterschüler unter den
deutschen Weinen brilliert tatsächlich
nicht wie gewohnt mit tiefgründiger Aromatik. „Rieslinge haben es schwer“, resümiert Edmund Diesler, Präsident vom
Bund Deutscher Oenologen, „aber es gibt
doch auch gute von jenen Winzern, die
noch spät gelesen haben.“ Die Oktobersonne gab noch mal einen späten Schub.
Trotzdem fiel die Ernte spärlich aus,
teils wurde kaum die Hälfte des Vorjahrs
eingefahren, sodass sich die Winzer mit
Spielereien zurückhielten. Konsequenz:
„Apfel!“, ruft Jürgen Fendt, Sommelier im
Drei-Sterne-Restaurant Bareiss. „Man
findet wenige Genussspitzen in diesem
Jahrgang.“ Die straffe, äpflige Säure sehen
viele Kollegen als Merkmal des Rieslings
2010. Zwar haben viele Winzer entsäuert.
Aber Sommelier Sommer moniert: „Das
nimmt viel vom Pep.“
Und noch eine weitere Eigenart des
2010er könnte die Laune trüben: Viele
gute Weine sind außergewöhnlich knapp.
Händler Schillings berichtet von harten
Verhandlungen mit Winzern, die ihre Abgabemenge deckeln.
Der große Preisanstieg wird aber ausbleiben. Die internationale Konkurrenz
hält die Deutschen davon ab, den Literpreis um mehr als 30 Cent anzuheben.
Nicht so richtig gut und dann noch teuer –
das hätte das Image vollends ruiniert.
Capital-Verkostung: Die besten deutschen Weißweine des Jahrgangs 2010
Rang
Capital-Montage: Thomas Rabsch (2)
1
2
3
1
2
3
1
2
3
1
2
3
Wein/Lage/Bezeichnung
Riesling Qba trocken
Dürkheimer Hochbenn
Quinterra
Maximin Grünhaus Herrenberg Alte Reben
Riesling Premium trocken
Niersteiner Hipping Alte Reben***
Niersteiner Pettenthal***
Kiedrich Gräfenberg
Riesling Kabinett trocken
Eitelsbacher Karthäuserhofberg
Forster Musenhang
Serriger Schloss Saarsteiner
Riesling Spätlese trocken
Walsheimer Silberberg
Forster Freundstück
Forster Kirchenstück
Weingut
Region
Egon Schmitt
Kühling-Gillot
Schlosskellerei C. von Schubert
Pfalz
Rheinhessen
Mosel
Georg Gustav Huff
Georg Gustav Huff
Robert Weil
Trinkreife
Preis
Punkte
2011–2014
2011–2014
2011–2015
8,50 (S)
9,50 (G)
14,95
91,9
90,3
89,1
Rheinhessen
Rheinhessen
Rheingau
2011–2016
2011–2016
2011–2019
16,90 (S)
12,50 (G)
22,90
90,8
89,3
89,0
Karthäuserhof
Lucashof Pfarrweingut
Schloss Saarstein
Mosel
Pfalz
Mosel
2011–2015
2011–2015
2011–2015
11,90 (S)
8,50 (G)
9,95 (G)
93,2
89,7
87,8
Karl Pfaffmann
Eugen Müller
Eugen Müller
Pfalz
Pfalz
Pfalz
2011–2015
2011–2015
2011–2015
9,95 (S)
13,90
15,90
89,4
88,8
88,7
∂
Guide: Verkostung
c 07/2011 139
Rang
1
2
3
1
2
3
1
2
3
1
1
3
1
2
3
1
2
3
1
2
3
1
2
3
3
1
2
3
1
2
3
1
2
3
1
2
3
1
2
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1
2
3
1
2
3
1
2
3
1
2
3
Wein/Lage/Bezeichnung
Silvaner Qba trocken
Silvaner trocken
Rödelseer Schwanleite Alte Reben
Münsterer Silvaner trocken
Silvaner Kabinett trocken
Rödelseer Küchenmeister
Escherndorfer Lump
Anna-Lena
Silvaner Spätlese trocken
Escherndorfer Lump
Bechtheimer Geyersberg „S“
Gau-Algesheimer Terrassen
Weißburgunder Qba trocken
ohne Lage
ohne Lage
Johannes K.
Weißburgunder Kabinett trocken
Frankweiler Kalkgrube
Hofgarten
Nußdorfer Bischofskreuz
Weißburgunder Spätlese trocken
Durbacher Plauelrain
Sausenheimer Honigsack
Lössriedel
Grauburgunder Qba trocken
ohne Lage
Laumersheim vom Löss
Vom Kalkstein Monsheimer Silberberg
Grauburgunder Kabinett trocken
Sausenheimer Höllenpfad
Kalkmineral Retzbacher Benediktusberg
Sulzfelder Cyriakusberg
Durbacher Plauelrain
Grauburgunder Spätlese trocken
ohne Lage
Rhodter Schlossberg Rosswingert
Durbacher Plauelrain
Chardonnay trocken
Gau-Algesheimer Kapelle
Sulzfelder Cyriakusberg
Niersteiner Hipping***
Sauvignon Blanc Qba trocken
Sauvignon Blanc
Sauvignon Blanc***
Sauvignon Blanc
Riesling feinherb/halbtrocken
Vom Schiefer Berg Rottland
Fährfels
Vom Rotliegenden
Riesling Kabinett fruchtig
Münsterer Rheinberg
Leiwener Klostergarten
Piesporter Goldtröpfchen
Riesling Spätlese fruchtig
Piesporter Goldtröpfchen
Kestener Paulinsberg
Oberemmeler Altenberg
Riesling Auslese
Bopparder Hamm Mandelstein 0,375 Ltr.
Trittenheimer Apotheke Alte Reben 0,5 Ltr.
Bernkasteler Doctor 1. Lage
Riesling Beerenauslese 0,375 Ltr.
Maximin Herrenberg 1. Lage
Kiedrich Gräfenberg
Ungsteiner Weilberg
Riesling Trockenbeerenauslese 0,375 Ltr.
Kiedrich Gräfenberg
Kiedrich Turmberg
Ürziger Würzgarten
Weingut
Region
Trinkreife
Preis
Punkte
Ludi Neiss
Weltner
Kruger-Rumpf
Pfalz
Franken
Nahe
2011–2014
2011–2014
2011–2014
6,90 (S)
9,90
5,90 (G)
87,9
86,5
86,1
Weltner
Rainer Sauer
Brennfleck
Franken
Franken
Franken
2011–2015
2011–2015
2011–2015
7,90 (S)
8,50 (G)
8,90
89,3
87,7
87,6
Rainer Sauer
Johann Geil Erben
Bischel Sonnenhof
Franken
Rheinhessen
Rheinhessen
2011–2015
2011–2015
2011–2014
10,90 (S)
9,95
9,50 (G)
92,3
89,9
89,7
Karl May
Lindenhof
Korrell Johanneshof
Rheinhessen
Nahe
Nahe
2011–2015
2011–2015
2011–2015
7,50 (S)
13,50 (S)
14,00
90,1
90,1
89,4
Rolf und Tina Pfaffmann
Freiherr von Gleichenstein
Karl Pfaffmann
Pfalz
Baden
Pfalz
2011–2015
2011–2015
2011–2015
6,90 (S)
8,50 (G)
6,50 (G)
90,7
88,6
88,4
Andreas Laible
Baden
Karl-Heinz Gaul
Pfalz
Bergdolt Klostergut St. Lamprecht Pfalz
2011–2015
2011–2015
2011–2015
15,90 (S)
10,90 (G)
14,90
88,2
87,7
87,6
Spiess
Philipp Kuhn
Karl-Hermann Milch
Rheinhessen
Pfalz
Rheinhessen
2011–2014
2011–2014
2011–2014
8,90 (S)
11,90
7,50 (G)
87,6
87,3
86,9
Karl-Heinz Gaul
Rudolf May
Brennfleck
Andreas Laible
Pfalz
Franken
Franken
Baden
2011–2014
2011–2014
2011–2014
2011–2015
7,90 (S)
8,90 (G)
9,50
12,90
87,9
86,8
86,8
86,8
Knipser Johannishof
Christian Heußler
Andreas Laible
Pfalz
Pfalz
Baden
2011–2015
2011–2014
2011–2015
13,90 (S)
11,00 (G)
15,90
91,7
89,0
87,0
Bischel Sonnenhof
Zehnthof Luckert
Georg Gustav Huff
Rheinhessen
Franken
Rheinhessen
2011–2014
2011–2014
2011–2014
12,50 (S)
12,50
9,50 (G)
90,2
89,5
88,1
Georg Mosbacher
Aldinger
Dr. v. Bassermann-Jordan
Pfalz
Württemberg
Pfalz
2011–2014
2011–2014
2011–2014
11,50 (G)
19,90
11,00 (S)
88,5
88,4
87,9
Corvers-Kauter
Clüsserath-Eifel
Korrell Johanneshof
Rheingau
Mosel
Nahe
2011–2016
2011–2016
2011–2016
18,50 (S)
27,50
8,50 (G)
91,2
90,5
90,0
Kruger-Rumpf
Josef Rosch
Kurt Hain
Nahe
Mosel
Mosel
2012–2020
2012–2020
2012–2020
8,75 (S)
9,00
8,50
91,6
89,7
89,4
Kurt Hain
Paulinshof
Willems-Willems
Mosel
Mosel
Mosel
2012–2025
2012–2020
2012–2020
13,50
13,90
11,50
93,3
92,3
91,3
Matthias Müller
Loersch-Eifel
Weingüter Wegeler
Mittelrhein
Mosel
Mosel
2013–2030
2013–2030
2013–2030
15,50
17,90
26,50
91,8
90,8
90,6
Carl Loewen
Robert Weil
Rings
Mosel
Rheingau
Pfalz
2015–2038
2015–2040
2015–2038
45,00
145,00
59,00
90,8
90,5
90,3
Robert Weil
Robert Weil
Karl Erbes
Rheingau
Rheingau
Mosel
2016–2050
2016–2050
2016–2040
298,00
298,00
75,00
95,7
94,8
94,2
(S) gehört zum Probenpaket „Siegerweine“, 198 Euro; (G) gehört zum Probenpaket „Preis-Genuss-Verhältnis“, 167 Euro; Bewertung: 100 = Jahrhundertwein, 99 bis 95 = erlesene Weltklasse,
94 bis 90 = herausragend, 89 bis 85 = sehr gut; Bezug jeweils über Weinhandel Les Amis du Vin in Köln, Tel. 0221/500 60 90, www.les-amis-du-vin.de
Guide: Verkostung
140 c 07/2011

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